Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 01, 1914, Image 3

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    thHt CmaS IriSunf. Mittwoch, den 1, April 1011
Orplid, mein Lllttd.
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r'T .r r ,'-2SSsirv:. .'-V pJfJ2ZZ
t;: (2. Fortsetzung.) . ,
"' Bon ht Wänden lamm bitüBoitt
zurück, in jeder lide hallten sie nach,
in ihren Ohren dröhnten sie.
Und dazwischen eine Glimme
seine Stimme, die weiter sprach:
.Mein f leint Kapital du
lreiht, ti sollte für die unerläßliche
Zulage verwendet werden musste
ich Ciirib zur Verfügung stellen sur
ihre Binder. Gie weiß nicht ein
noch aus. Wir haben die Jungen in
die Kadettenanstalt gebracht das
'Billigste, vielleicht auch bai Beste.
Sie selbst bat ein Unterkommen als
Nepräsentationödame im Hause deS
Konsul Zhordikken in Bremen ge
funden. Und ich' er beugte sich
iiber MalveS weißes Gesicht, au dem
ihm die Augen wie erloschen entge
genblickten .Ich sann mich, ganz
lich mittellos, nicht bis zum Haupt
mann hier herumdrücken. ES wäre
eine vö ig nutzlose Quälerei also,
die Kolonien.'
' Ja!" sagte sie. Ganz mechanisch,
wie man ein Letztes, ein Ende bestä
'tigt. Ja!"
' Er nahm ihre Hände. Eiskalt,
ohne Gegendruck lagen sie in den sei
neu.
Sich darum kam ich. Cehen
mußte ich dich noch einmal.'
-Ja!" sagte sie wieder. .Sehen
'mußten wir uns dann wenn
Ihr Blick irrte umher, hilflos, ge
hetzt ein Wanken ging durch ihre
Gestalt, sekundenlang dann stand
jie wieder sest auf den Füßen.
Ruhe trat in ihre Augen, ein AuS
, druck von Entschlossenheit in daS
, Hasse Gesicht.
Mit einer Ergriffenheit ohneglei
' chen sah es der Äann, wie sie Kraft
errang Ergebung in daS Unab
' iinderliche um seinetwillen.
.Wenn es sein muß und eS
muß ia sein so geh. Harald!"
Ihre Lippen umflog ein seilsames
Lächeln, ihre Augen blickten wie in
Fernen.
.Vielleicht' srrach sie leise
. .vielleicht findest du dort das Land,
wo auch der Arn e glücklich sein
kann.'
, , .Und wenn ich es finde? Gibst du
; mir eine schöne, eine große Hoffnung
, mit aus den Weg?"
Eie schüttelte, immer mit dem
, weiten Blick hinzu-sehcnd, den
. Kopf.
.Nein! Wer keine hegen kann, soll
, euch ' keinem Menschen eine vortäu
schen. Mein Ehrgeiz. Harald, geht
nur so weit, daß ich genügend Kraft
für jeden Tag der Gegenwart auf
bringe. 'Du aber geh und nichts
soll dich beschweren."
!
! Hundertmal in den trüben Tagen
der letzten Vergangenheit hatte sich
Malve früh beim Erwachen gefragt:
.WaS wird dieser. Tag mir brin
gen?"
Und müde, in der Borahnung
neuen LeideS, hatte sie nochmals die
Augen geschlossen, bis sie dann an
-ein Tagewerk ohne Freude und Er
folg, nur voll von Aufregungen ge
gangen war.
Jetzt unterbrach nichts den eintö
nkgen, gleichmäßigen Schritt der
Stunden.
Eine , Stille war eS, in der daS
, Alter ausruhen mag, der Jugend
i aber lähmt sie die Spannkraft.
Und Malve spürte oft eine Mü.
- digkeit, die nicht mehr die Folge über
standen Mühen und Schmerzen,
fondern das ermattende Resultat ei
' neS ereignislosen Dahinleben war.
Ueber Frau von Becken kam gleich
. nach ihrer Übersiedlung ein völliges
, Nachlassen aller Energie.
Die Reaktion trat so plötzlich ein,
hielt so lange, fast wie ein schleichen
des Fieber an, daß eine Lerwirkli
chung ihres Arbeitsplanes, Stunden
geben und Uebersetzen, ausgeschlossen
war.
-' Malve stand vor der Notwendig
-seit, jede Beschäftigung, die sich ihr
S bot. zu nehmen.
' 'Vorläufig wußte sie noch nicht.
woher und von wem eine bekom
. men. ,
' Sie ging durch die Museen. Und
während sich ihre Augen an der
Herrlichkeit der Meisterwerke erquick
ten, lebte nur der eine Gedanke in
ihr: .Hätte ich wenigstens eine Kunst
'schule besuchen können! Aber Kunst
studiert kosten Geld!"
Muilrs stieg sie die breite, schöne
Treppe des AuSstellungSgebäudcs
; wieder lzinunler langsam, wie in
, schwerem Traum.
Bor ihr der freie Platz lag hell im
Sonnenglanz. Der Himmel war
blau, und alle Menschen hatten fr'öh
llche Gesichter.
- Elektrische klingelten vorüber,
übervoll nach den Vororten hinaui
besetzt. An den Haltestellen Ge
dränge, Lachen, heiteres Schmatzen.
.Mal sah die Fröhlichkeit, spurte.
wie sie die Menschen zusammenführte,
J sie einander freundlich zunicken ließ:
,
!
V!
W
rifa lJlUvJeru,
Willst du auch hinaus au der engen
Stadt?
Und plötzlich packte sie eine heiße
Sehnsucht, einmal ouS SIraf,enslaul
und Häusekinuikn l:ciu,iiifi.'mmert
Felder zu sehen, Bäume rauschen
zu hören
Ach. Beekendorf! Vcckendorf!
Ehe sie' klar gedacht, war sie auf
Ue Platform einer Straßenbahn ge
sprungcn. Drinnen kein Platz mehr,
sie mußte bleiben, wo sie war, eilige
keilt zwischen Herren, die den Rauch
ihrer Zigarren in die reine, schöne
Lust bliesen.
So weit wie möglich trat sie an
sie, Balustrade.
Und nun. wo sie mitten drin war
in dieser Fröhlichkeit, die vor Minu
ten sie noch unwiderstehlich gelockt
hatte, nun fühlte sie sich von dem
Schwatzen und Lachen abgestoßen,
kam sich unsäglich vereinsamt vor.
Ohne zu wissen, wie hochmütig
ihre Haltung und ihr Ausdruck wa
ten. sah sie starr geradeaus.
Ein paar junge Leute, die ver
sucht, ihre Aufmerksamkeit auf sich
zu lenken, wandten sich bald von ihr
ab.
An der nächsten Haltestelle sprang
sie. bevor daö Ziel aller, daS Bergnü
gungSlokal draußen im Walde, er
reicht war, eilig und voll Unruhe ab.
Auf Seitenwegen, die der
Schwärm der Ausflügler nicht de
trat, strebte sie dem freien Felde zu.
Und nun spürte sie ihn, den alt
bekannten, lang vermißten Dust von
Erde und Wald.
Bor ihr dehnten sich Felder, und
fern, ganz in der Weite, lag die
Welt, von Schimmer Übergossen, ge
heimnisvoll verheißend.
Und vor dieser goldenen Weit
versank die enge Nähe um sie. Was
sie noch eben gelockt, beglückt im Hei
maigcdcnkcn, das war nicht mehr.
Fort, fort zog ihre Seele ein un
sägliches Verlangen. Ein Sonnen
land tauchte vor ihr auf endlo
weit sie starrte hinaus unker zit
ternden Herzschlägen mit Augen,
aus denen die Sehnsucht schrie
und sie wußte, wußte so genau, daß
alle die geheimnisvolle, verheißende
Ferne Sehnsucht bleibt.
Tränen legten einen Schleier über
ihre Augen hinab hinab, du
süßer, du holder Traum! DaS
Land, das ferne ihr geleuchtet, ver
sank.
Langsam verflutet die Woge hei
ße? Liebessehnsucht, ihre Blicke, die
eben noch in sonnengoldene Endlosig
keit getaucht, kamen zurück, hefteten
sich auf den Boden.
Ihr armeS Herz, schwer von immer
erneuten Entsagungskämpfen, ward
matt.
Sie setzte sich am Wegrain auf ei
ne Böschung.
Recht von ihr lag eine Wiese, llp
pig und reif zum zweiten Schnitt.
Hier und da ragte aus der grll
nen Fläche ein einzelner hoher Baum.
Sie haben etwas fo Stolzeinfames,
so Königliches, diese einzelnen Bau
me.
Breit fiel ihr Schatten auf das
goldig glänzende Wiesengrün.
Rechts wogte ein Kornfeld. Schwe
re Aehren neigten sich im Winde, der
Ernte harrend.
Ueberall spürte man'S: bereit war
die Erde, zu geben, auS unerfchopf
licher Fülle. . Nicht einen ließ sie oh
ne Gabe, der ihre Forderung erfüllt:
Erst du daS Deine, dann ich daS
Meine.
Keiner blieb ohne ihren Segen,
dessen Herz jemals daS Wort ver
nommen: Bist du auch würdig, hast
du gelernt, meine Güter zu empfan
gen?
Mit tausend Stimmen sprach diese
erntereife Welt zu Malve. Ander
al in der Heimat, mahnender, for
dernder.
Und vlöklich begriff sie die Fehler
der Vergangenheit und die Aufgabe
der Zukunft.
Sie hatte gesorgt und geschafft,
um einst, wenn ihr Tagewerk dennoch
vergeblich gewesen, mit ruhigem Ge
wissen vor dem Zusammenbruch sie
hen zu können.
In schlaflosen Nächten, in mühe
belasteten Stunden waren heiße Ge
bete, flehentliche Bitten aus ihrem
Herzen aufgestiegen, und als ihnen
keine Erfüllung geworden, hatte sie
mutlos die gefalteten Hände gelöst:
.Ei soll nicht sein! Mir ist kein
Glück beschieden.'
Schließlich erwartete sie nicht?
mehr, nahm schweigend, klaglos alle
Verneinungen ihrer Wünsche hin.
Aber sie tat auch nichts mehr.
Kampfmüde, arbeitsmüde beugte sie
daS Haupt.
Und meinte wohl in mancher lan
gen. trüben Stunde, Ergebung in
dal Geschick sei olles, ja sei mehr,
als die Vorsehung gcrechterweise von
ihr verlangen könne.
Jetzt im Anblick dieser im Früchte
tragen prangenden Erde sank es wie
ein Schleier von ihrem zagenden Ge
tniit.
Sie begriff: Bitten ist nichts, wenn
die heitere Zuversicht auf Erfüllung
fehlt. Gläubig und froh wie ein
Kind muß ich vertrauen, muß fest
und unerschütterlich überzeugt sein von
meinem Anteil an ollen unermeßli
chcn Gütern, der Wclt. muß durch
freudige Arbeit, durch fröhliche
Hossei, den Geber oller Gaben ehren.
Ich bin nicht bereit gewesen zum
Empfange, darum, weil ich on kein
Glück mehr glaubte.
Mein furchtcrfülltes, matte Herz
stammelte wohl sein zitterndes Ge
bet in Angst und Schmerz, aber e
wußte nicht, daß e laut und freu
dig sprechen durfte: Du. Schöpser
dieser überreichen Erde, hast so viel.
Gib auch mir mein Recht! Ich werd'S
verdienen und dich lieben.
Weitgcöffnct sahen MalveS Au
gen in olle Pracht hinaus. Und wäh
rend dieses Schaucns strahlt, mit
dem Verstehen ein Freuen in ihnen
auf.
Zum erstenmal seit langem fühlte
sie sich nicht als Ausgeschlossene von
Sonnenschein und Freude.
In Wehmut schmolz die Starrheit
ihres Schmerzes. Und stark und be
freiend von tatenloser Ergebung
strömte ein neuer Wille, eine beglük
kende Arbeitskraft ihr durch Herz
und Glieder.
Glauben, daß man wa kann,
glauben an den Erfolg ehrlichen
StrebenS, glauben mit heiterem Ver
trauen an den vom Schöpfer verhei
ßenen Anteil eines jeden an den
Schätzen der Welt daö ist die Lö
sung.
Krank vor Sehnsucht hatte sie sich
vor kaum einer Stunde in daS duf
tende, weiche Gras sinken lassen,
nicht? andere wünschend, als fo
still und abseits die Augen schließen
zu können, die Seele fortziehen las
sen auf dieser Woge grenzenlosen
Heimwehs, erstickender, tötender
Sehnsucht, unmerklich, schmerzlos
eingehen zu dürfen in daS Land des
Vergessens
Jetzt stand sie auf mit jugend
starken Gliedern, bereit zum Kampf
mit Schwäche und Weh, bereit zur
Arbeit, Erfüllung hoffend und des
halb würdig zum Empfangen ihre
Lohnes.
Ihre schönen leidvollen Augen sa
hen rings in die Runde. Diese Herr
lichkeit hatte sie entweiht durch in
kummervolles Gesicht! -
Nicht allein ihre Mitarbeit in
dieser Schöpfung ohnegleichen hatte
sie versagt, fondern auch den Dank
dafür. Hatte fahnenflüchtig vom
Posten weichen wollen. Sei er auch
noch so winzig und trotzdem noch so
schwer nie mehr! Nie mehr!
Leichten Schrittes ging siz auf
schmalem Pfad neben der Wiese da
hin, auf deren Goldgrün sich allge
mach lange malerische Schatten leg
ten Schatten, die das Sonnen
licht um so glühender, um so verhei
ßungsvoller machten.
M j
(Fortsetzung folgt.) '
Wie der Itttffel inifUnlv-
Ueber den Diamanten der Küche,
die Trüffel, die schwarze Perle von
Pc'rigord, gibt es eine kleine, hübsche
Legende. Zu einem armen Holzhauer
kommt eines Abends eine Frau, zer
lumpt, ermüdet und abgespannt. Er
teilt mit ihr das Abendbrot, das in
erster Linie aus selbstgcbratcnen Kar
toffeln besteht. Da, mit einem Male,
verwandelt sich die Bettlerin in eine
glänzende Fe?, die mit ihrem Zauber
stabe die Kartoffel berührt, die der
Holzhauer gerade verzehren will.
Während die Kartoffel sich zusehends
schwarz särbt, spricht die Fee mit
feierlicher Stimme: .Geh in Deinen
Garten, grabe die Erde um und Du
wirst dort eine Frucht finden, deren
Ursprung niemand erfahren wird'
Dai, war die Trüffel. Der Bauer
füllte damit einen Korb, den er sei
nem Herrn anbot, der in der Nähe
von Pörigueuz ein großes Schloß de
wohnte. Dieser fand die zubereiteten
Früchte sehr köstlich, und- der Bauer
sandte einen kleinen Korb voll davon
zum Könige nach Paris. TaS wurde
fein Glück. Die Kinder des Holz
Hauers wurden steinreich, fuhren in
prächtigen Wagen und i ndcn
dünkelhaft und hochmütig, bis sie ei
nes Abends eine alte Frau, die der
suck atte, in daS Schloß einzu
.ajen, hinauswerfen ließen. Tod
und Teufel! ES war die Fee Von
Pörigord, die mit ernster Stimme
rief: Die Trüffel wird sich fortan
über das ganze Land verbreiten und
nicht mehr allein in Eurem Garten
gedeihen." Darauf berührte sie die
Söhne des Holzhauers mit ihrem
Zauberstabe, diese würden zu Schwei
nen und feit jener Zeit wühlen diese
Tiere nach Trüffeln. Die Legende
ist hübsch, hat aber einen kleinen
Haken, denn bereits am Altertum
war die Trüffel bekannt, wahrend
die Kartoffel erst feit wenigen Jahr
Hunderten in Europa bekannt ist.
Dannallerdingk. Stu
dent: .Gemeinheit, ich bin im 2ja
men glatt durchgefallen, trotzdem ich
von den gestellten sechs Fragen die
ersten drei tadellos beantworten
konnte!"
Wie haben die denn gelautet?'"'
Wie ich heiße, wo ich geboren se:
und wie alt ich wäre!" ,
Junge Liebe.
i-
H'imoreüke ton öJeorfl JWüHcr'$elm,
TI schriftlichen und mündlichen
Reifeprüfungen am Gymnasium zu
Auberg waren vorüber. Kurt Erler
hatte da Elamen mit der Zwei be
standen. Gestern war die feierlich
Entlassung, gewesen und nun schick
ten sich die Abiturientea an. bei
ihren einstigen Lehrern Besuche ,u
machen.
Kurt war auf dem Weg zur Ab
schiedsvisite M feinem Rektor. Froh
öemut schritt er au, und seine Ge
sanken schweiften zurück zu dem
Tag, da er sich auf Wochen von
.ihr". Eva Thiele, der jungen, an
mutigen Tochter deS Rektors, hatte
trennen müssen. Das unselige Schul
verbot war dran schuld gewesen, da
besagte, daß allen Oberprimanern in
der Zeit von Weihnachten bis Ostern
ker Berkebr mit den jungen Mädchen
der Tanzstunde verboten war: die
Abiturienten sollten in diesen letzten
Wochen vorm Ezamen ganz ihrem
Studium leben.
Wenige Tage nach dem Schluß
der Weihnachtöferien hatte der Rck
tor den Oberprimanern das Berbot
eingeschärft und strenge Bestrafung
für Ungehorsam angekündigt.
Kurt Erler aber hatte dennoch das
Verbot überschritten, zwar nur ein
einziges Mal, damals, als er Eva
Thiele, seine einstige Tanzstunden
dame, beim Einkauf in den Straßen
der Stadt getroffen, und sie bis in
die Nähe der väterlichen Billa an
der Promenade begleitet hatte. Sei
nen Wunsch, ihm zum Andenken für
die Zeit bis Ostern eine Photographie
zu schenken, hatte sie damals nicht er
süllen können, aber auf ihre Visiten
karte hatte sie ihm ein paar Worte
geschrieben. Dieses Kärtchen ' war
ihm zum Talisman geworden: im
mer hatte er es bei sich getragen in der
Brieftasche, selbst während des Exa
mens. Und oft, sehr oft hatte er die
feinen, hohen Bleiftiftstriche von Eva
Hand betrachlct und dabei an sie, sei
nes jungen, begeisterten Herzens Kö
nigin gedacht.
Bon seiner Uebertretung des Schul
Verbots war nichts ruchbar geworden?
in seinem Fruhnngszeugnis prangte
die blanke EinS.
Das Herz pochte ihm, als er an
der Wohnung des Rektors auf die
Klingel drückte. Die Tür öffnet sich,
Kurt entnimmt seiner Brieftasche
feine Karte und übergibt sie dem
Mädchen. Nach einer Weile, die
ihm ein wenig lang erscheint, mel
det das Wäschen: Herr Rektor läßt
bitten!"
Ein paar Sekunden vergehen. . .
da tritt auZ seinem Arbeitszimmer
Rektor Thiele ein, begrüßt Kurt
höflich, aber kühl und bittet ihn.
Platz zu nehiiien. - Kurt ist betroffen
über die ernste Miene des Rektors.
Er, der gerade ihm gegenüber im
mer so freundlich war, ist auf ein
mal ganz verwandelt. Sie reden von
olltäglichen Dingen, dann über das
Studium, bu Zensuren. . . Seine
Hoffnung, daß der Rektor Eva ins
Zimmer rufen werde, sieht Kurt
schwinden.
Nach einign Minuten erhebt sich
Kurt. Förmlich reicht ihm der Rek
tor die Hand:
.Leben Sie wchl und beherzigen
Sie immer: Gehorsam ist der Ja
gend schönste Zier. Mit Redlichkeit
und Offenheit kommt man am weite
sten!"
So sehr sich Kur! den Kopf zer
bricht, er steht vor einem Rätsel.
Sollte am Ende Eva sich verplau
dert haben? Oder hat man ihn da
mals doch mit ihr zusammen gesehen?
Nein! Dann würde er seinem Schick
fal nicht entgangen sein. Denn er
kennt des Rektors strenge UnPartei
lichkeit zu genau.
Die ganze Freude der schönen Abi
turientenzeit ist ihm vergällt, bis
ihm die Post am anderen Morgen ei
nen Brie bringt:
Wir aden Sie, lieber Herr Er
ler, morgen zum Abendbrot ein.
Rektor Thiele."
Eine kleine, fröhliche Runde ist im
Rektorhaus vereint. Der Gerichts
rat, ein alter Studiengenosse des
Hausherrn, unterhält sich eifrig mit
diesem über sein Lieblingsthema: die
Strafsällizkeit der Jugendlichen, und
seine Frau ist indessen mit der
Schwester des verwitweten Rektors in
ein hauöwirtschastliche Thema ver
tieft. Kurt aber und Eva, in der
heute ein Kobrld steckt, amüsieren sich
lostlich, plaudern und scherzen und las
sen die Gläser klingen.
Mit einemmale das Essen ist
beendet bittet der Hausherr um
einige Augenblicke Gehör:
.Meine lieben Gäste! Ich mochte
Ihnen eine kleine Geschichte erzählen,
die auch du, Schwester, noch nicht
kennst. Ich sitze vorgestern vormit
tag an meinem Schreibtisch, al mir
das Mädchen eine Visitenkarte her
eindringt. Ein junger Herr mochte
mich sprechen.' .
Bei diesen Worten greift der HauZ
Herr in feine Brusttafche und bringt
ein weißes Kärtchen , zum Vorschein.
Eva lauschte gespannt, Kurt aber
möchte in die Erde sinken. alZ der
Rektor jetzt seine Augen scharf auf
,-.hn richtet; - - -
kJch lest die Karte; daraus
sieht: .Eva Thiele ihrem lieben
Kurt- Erlcr in treuer Freund
schasts p. Januar 1312. abend 6
Uh?.-
Eva Hand zittert merklich, all sie
da Gla ergreift, um ihre tätliche
Verlegenheit zu verbergen. Ein
fchneller Blick streift Kurt. Der rafft
allen Mut zusammen und sieht seinem
Rektor offen infl Auge.
.Und al ich in den Salon trete",
fährt der unbeirrt fort, .da find ich
H:rrn Er'.er vor. mit der un
schuldigsten Miene von der Welt. All
wäre er sich gar nichts Schlimmen
bewußt, unterhält er sich mit mir.
Man muß aber wissen, daß ich am
S. Januar vormittags der Oberprima
da Verbot einschärfte, daS den Schü
lern bis Ostern untersagt, junae
Damen zu begleiten, sei eS nun in
der Stadt oder auf der Eisbahn
und sa weiter. Am selben Abend
muß doch aber meine eigene Toch'er
von diesem Sünder da heimgeleiiet
worden sein, wie diese Karte per
rät.
Da beschloß ich, ihn nachträglich
zu bestrafen: denn dem Schulgesetz
ist er ja definitiv entronnen. Und
ich behandelte ihn so kühl und ge
messen, daß er glauben mußte, er
habe meine Sympathie verloren, on
der ihm, wie ich vermute, doch etwa?
zu liegen scheint. Um aber da Maß
der Straf voll zu machen, nicht nur
für Sie. mein lieber Erler, sondern
auch, um meinem .folgsamen" Töch
terlein eine heilsame Lektion zu er
teilen, habe ich die Geschichte hier zum
besten gegeben!"
In oa herzliche Lachen der Ta
fclrunde, in da der Gerichtörat auch
noch fein Stichwort: .Zunahme der
Straffälligkeit der Jugendlichen!'
hincingerufen hatte, stimmten nur
Eva und Kurt nicht ein. Der stand
auf und ginz zum Hausherrn: .Ver
zeihen Sie mir, Herr Rektor! Seien
Sie versichert, daß ich allein der
schuldige Teil war. Ihr Fräulein
Tochter hat mich damals mehrmals
gewarnt. Aber ich wollte so gern
ein Andenken haben. Und da be
kam ich die Karte, die ich immer
bei mir getragen habe, und vie mir
nun eben darum zum Verräter
wurde!"
Mit warmem Druck ergriff der
Hausherr des jungen Mannes Hand:
f v . . . . . (r i . r l. 1 : .
toi: iino ein oraocr ccnill), nc
ber Erler! Ich bin Ihnen durchaus
nicht böse: Sie haben mir ja ein'n
großartigen Spaß bereitet, aber auch
eine gute Lehre gegeben: ich muß die
Jugend und auch mein eigenes Kind
noch besser verstehen lernen, ehe ich
wieder ein Verbot erlasse. Denn da?
alte wird nach alledem wohl eingezo
gen werden müssen."
Die beiden älteren Herren saßen
in des Hausherrn Zimmer, rauchten
und erzählten sich von gemänsam ver
lebten Jugenezeitcn; die Damen aber
hatten es sich bei einer Tasse Kaffee
gemütlich gemacht.
Eva saß im Salon am Flügel und
ließ die schlanken Finger leise über
die Tasten gleiten.
Sind Sie mir auch wirklich nicht
böse, Eva, daß ich Sie durch meine
Unvorsichtigkeit in solche Verlegenheit
gebracht habe? Aber ich hatte mich
bei meinem Besuch vorgestern so un
endlich gefreut, Sie wiederzusehen.
Und da ergriff ich in der freudigen
Aufregung die falsche Karte, die ich
rmmer wie meinen Augapfel gehütet
hatte. Sind Sie mir döse?"
Eva sprach kein Wort. Dem
Flügel aber entquollen jene lieben
trauten Klänge: .Ach, wie ist's mög
lich dann, daß ich dich lassen
kann. . . ."
Weiter kam sie nicht. Kurt hatte
ihr den Kopf in beide Hände genom
men, sah ihr ganz nah in die Augen
und flüsterte:
Du. Eva! Ich küss' dich, ja?"
Sie schloß nur selig die Augen,
Da fanden sich die Lippen zweier
junger , Menschen zum ersten Male
:m heißen Kusse treu für' Le
bcn. . .
Im Rauchzimmer aber sagte ge
rade der Landgerichtsrat:
Du kannst doch nicht leugnen,
lieber Thiele,' daß die Straffällig
keit der Jugend erschreckend zugcnom
men hat!". . , ,
.pil
Zciluiigs-Tpitznamcll.
Erklärung der BolksökLeichniiiige der
Londoner Tagesblätter.
Der Ausländer, der nach London
kommt, rst anfangs nicht wenig er
staunt, wenn er im Gespräche mit
Engländern hört, daß Mrs. Gamp"
das und das geschrieben, oder daß
der Donnerer" so und so zu einer
Frage Stellung genommen habe.
Fragt er dann, wer diese .Mrs.
Gamp" oder wer der .Donnerer" sei.
die im öffentlichen Leben eine folche
Rolle spielten, fo wird ihm die über
raschende Antwort, daß .Mrs.
Gamp" kein anderer al der
.Standard", da große konservative
Organ, sei, und der .Donnerer" ent
puppt sich als die .Times". ES
ist nämlich eine Londoner Eigentum
lichkeit. die großen englischen Tages
zeitungen nur mit . Spitznamen zu
nennen, und im populären Gebrauch
tritt der offizielle Titel fast ganz zu
rück. Diese Spitznamen sind durch
weg für die Art und die Stellung
der Blatter höchst charakteristisch, und
Allsere Z
Jedes NZustev 15 Cents.
Rktjendet Tchulkleiz, N. 7750.
Da langtailllge Blusenkleidchen zählt
,u den belikdtestka mamtn für urnm
Schulmädltn. Immer wirkt tt araziö.
und skin Hcrstelluna littet feine Tchmik
rigreii. Sio. nw ist ein nikioajkri 0111
einem ElUck mit Mcklnschluh und finer
tingkskhtkN Passe, die einen kleinen tun
den HallalllsHmtt jrigl; dazu halblange
Aermel kikbst hüdschkk Clulpe. Die in
legte üaltt an bkidkn Seiten bei Röck
ckjtni erlaubt dem Kinde arökte Lew
gungreihkit.
Zur Verarbeitung für diese Schnitt
muslkk. da in 5 mikn. von 412
Jahren, vorrä'lhig ist unö 2 ?)ard Mate
rial erfordert sind Serge, Ratine oder
einer der neuen Crepeslssfe am geeignet
sten. Auch Waschstofse in modernen bun
tkn gkdkckten Mustern gkbkn praktisch
Schulkleidkr für größere und kleine Mäd
chen. Breite Soutachegiirtcl sind ein hub
scher AuSputz für einfarbige Stoffe. Sie
werden aui geblümtem Erelonne derge
stellt und mit schmaler Soutacheborte in
den ssarben de ilUM benäht. Auch
Kragen und Manschetten werden, in die
ser Weise garnirt.
B e st e l I u ,l g s ,
Diese Muster werden an irgend
Wrt'iUa. mfiiirff TOiin ftpfic summet
f,JbWVV n
deutlich geschrieben an und schicke den
v. . rt . tit . frri ri . . ' - 3
oeieliie iiiiujicr an aaa
rfS
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WM
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'J?:tTrWr I
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xier - laJ
Pattern Department, Omaha Tribune,
1311 Howard Ct.
Acr Hmaßa Hriöüm" Fattcrn ßoupon.
Ich wünsch Muster 5la......
'j'.'
.... 3o2, Brust oder TMnrweite
(Iah .... bei Kindersach.)
Slam .. .... ........
Sta, Ctraße .v..rAA4...i....0
! ' "' ' -
i . ....i
einige von ihnen haben sogar eine hi
storische Vergangenheit. Daß der
Standard" vom Volksmunde .Mrs.'
Gamp" getaust wurde, das hat er
seiner Gepflogenheit zu verdanken,
ebenso wie die Dickenssche Nomanhel
din stets im stolzen Brustton der
Ueberzeugung seine Unabhängigkeit zu
betonen.
Die Morning Post" ist allgemein
unter dem Namen Freund James"
bekannt. Das ist wohl darauf zu
rückzuführen, daß die Morning
Post' das englische Hos und Gesell
schaftsorgan ist. Heißt doch der eng
lische Hof in der diplomatischen
Sprache kurz der .Hof von St.
James" nach der alten früheren eng
lischen Königsresidenz. dem St.
James Palast, der die englischen Mo
narchcn in seinen Mauern beherberg
te. Kürzlich erst gelangte der St.
James Palast zu internationalem
Ruhm durch die Balkankonferenz und
die Friedensvcrhandlungen, die in sei,
nen Näumcn gepflogen wurden.
Die Times" führt, wie schon oben
erwähnt, den erschrecklichen Namen
Der Donnerer". Dieser Spitzname
kam auf folgende, höchst originelle
Weise zustande. Im Jahre 183
promenieren an einem schönen Tage
im Parke von Kew unweit London,
wo heute der Botanische Garten sich
erstreckt, zwei Damen, als plötzlich
ein Reiter vorbeigaloppierte. Von
dem kräftig ausgreifenden Pferd:
wurden die Damen über und über
mit Kot bespritzt, und sie gerieten
um so mehr in Harnisck, als der Rei
ter eS nicht für der Mühe wert hielt,
fein Pferd zu zügeln und bei den
Damen sich zu entschuldigen. Am
folgenden Tage nahm die .Times"
Gelegenheit, den unhöflichen Gentle
man. in dem sie den Herzog von
Cumberland vermutete, gehörig den
Text zu lesen. Der Herzog schickte
der Zeitung sofort eine Berichtigung,
die die Times" wohl abdruckte,
gleichzeitig aber mit der unglücklichen
Phrase kommentierte: Wir donnern
gegen die Ungezogenheit der jungen
Herren von heute". Seit diesem
Tage hat die Times" ihren Spitz
namen der Donnerer" weg. den sie
seither Nicht Mehr los wurde,
lljllWiljler - Wck
VluicnjSlkchen sur junge
JiaJ;(lV:
No. 7813.
1i iisTir.fji fusfnfslifi't 1(1 tncl heW
praktischsten, lr auch klcldsawsten Mo
delledal die Mode diesen Winter h:rj
uigebracht hat. Wählt man ,ur He
stcllung einen der nmn ModeVosfe. fal
kann ei solch-! Jäckchen ,u allen niM
lichtn Nocken, schwarzen wie auch farbig
gen. getragen werden. AuberordentliÄ
reizend ist eine Zusammenstellung tcri
einer einsarbigtn ad$ und einem kaniri
tem r Nock. ; einem Anzug,der sonverch
Jl
für junge Mädchen sehr kleidsam ' '
Velvet oder velvettn sind zur Bevarbu
tung dies .Modell speziell gut greigne
und machen, in , Verbindung mit einei
Pelzstreifmgarnitur. inen sehr elegaiu
ten Eindruck. Beim' Anpasse de a
mel stellt ei'sich oft herau, daß in bti'
Tchultnnaht Überflüssige Stoffrocite vor,
Handen ist, die sich nirgends unterbring '
läßt. Der HauSfchneiderin wird dahei
folgender Wink von Nutzen .sein,. der dici
fern Drehtet leicht, abhilft. Man dü'gell
den Stoss iibet.einem feuchten' Tuche, bii
alle überflüssige Weite eingelaufen tstf
Man wiederholtes Verfahren, biS.d
Zweck erreicht' ist.'. Da Muster hier is
in 6 Groben, von 22 bi 42 borräthik
und erfordert 3 VardMatr!al..Kei M
MJStejtc
A n w e i s u tt g e n
eine Adresse gegen Einsendung des
imS fflrnfi uns fct hnlt. Adteil
tV ' 1
Coupon nebst IS .Cent. S für jedeS
ladt
Ter Hund als Wahrsager. "
Die sprechenden Hunde und , den
kenden Pferde werden vor Neid er
blassen, wenn sie von der neiusten
Rolle eines Vierfüßlers hören. Diel
Blumenhändlerin Harnes in Kiel k,e
sitzt einen Hund, der die Gave m
Wahrsagens" besitzt, wie wenigstens
in einer Verhandlung vor der Kieles
Strafkammer zur Sprache kam, vor;,
der sich Frau Harries wegen Betrug
ges zu verantworten' hatte. Die An
geklagte galt in den Kreisen derer, di
nicht alle werden, für eine weise"
Frau, die über allerlei geheime ftüm
sie verfuge. Eines Ä,ages roar tms,
kranke Frau bei ihr gewesen und hattjej
um Hilfe gegen ein Leiden gebete.Z
Die Angeklagte verschaffte der Slxat
Zen verschiedene wertlose Pulver uns
befragte nach dem Sitz der Krankheitj
ihren Hund, der auch ganz kr
teste Auskunft" gegeben, haben soll, i
Die Angeklagte rauhte auch mit
Liebestränken umzugehen, die sie aa
heiratslustige Mädchen und Frauen
verkaufte. Natürlich waren diese Lei-
stunaen nicht umsonst. In einenl
Falle ließ sich die Angeklagte als Ent-1
lohnung über 200 Mr. zahlen, trotz!
dem es sich um eine arme Frau han
, , iL.i v- mr-i. t.'.r 1
oeiie. Als oic jcijciuc uvn vkzs
Sache erfuhr, wurde ein Verfahre
gegen die Angeklagte anhängig ge'
macht, und das Schöffengericht verur,'
teilte sie zu einer Gefängnisstrafe von
neun Monaten. Gegen diese Straf
hatte Frau HarrieS Berufung einge
legt. In der erneuten Verhandlung;
k fif GZirnf Inmmer feifth hl in
I
Betracht kommende geschädigte Frau'
aus. daß sie noch heute glaube, durch'
die Angeklagte geheilt worden zu seinz'
sie fühle sich nicht betrogen. Der Ge
richtshof nahm darauf Rücksicht, dag
die Angeklagte noch nicht bestraft war,
und ermäßigte die Strafe auf fünf
Monate Gefängnis. v,,;
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Renommage. Frau HJ
In Ihrer Familie wird wohl gut
gelebt, Frau Wamperl? '
Frau Wamperl: Da? will ich mei
nen. meine Kinder machen allcZ
schon mit fünfzehn Jahren eine Ent
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