Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, May 21, 1913, Image 2

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    ?s gliche Cutifia triSSie.
Z? grohe Nelchlhum.
, Jbyl! o Wiihe! holzam.
Herr Kaspar Gulöerlttt. der Gcfjut
lehre: von Dcrnborf, faß mit seiner
Frau Katharina, genannt Kathchen,
em zsfeküsch. Eie waren ganz allein.
Denn es war heute der erst .Herbst".
Taa, d waren die Kinder schon au
ejeflcgen, und da jüngste, da noch
im auksuegen konnte, schiies noch
T,ie Wmzer hatten sich endlich ent
schlussen. .den Herbst beginnen zu las
fen", denn daS Wetter war so, daß aus
eine bessere Reife nicht mehr zu rechnen
, war. Trocken und scharf, und kaum
richtet Nebel, die e Trauben btiM
ten". Da hatten sie gestern Abend die
Herdftglocke geläutet, und gleich waren
die Schulkinder in Haufen gesprungen
aekonnnen: Herr Lehrer, ' t .Herbst
morgen! Diese Ankündigung war zu
gleich eine Frag?, und der Lehrer be
antwortete sie: Ja, ich weih schon.
Ihr habt also drei Tage frei. Aber
hört! nicht davonlaufen, ehe ich
fertig geredet habe hört: vorsichtig
sein mit Feuer und Pulver! Wem was
vGfr.rt, der kriegt noch Strafe dazu
Und nicht geraucht! Ei gibt uner
sittlich Strafe! Geht nun!
Sie schössen doch alle und rauchten
euch alle. DaZ war von jeher so, und
bai änderte kein Schulverbot und kein
Lehrer. Am wenigsten Herr Kaspar
Öatöerlett, denn der war ein viel zu
guter Kerl. Er besann sich zehnmal,
b'.Z er dai Stöckelchen nahm, und
nahm er'S endlich, so strich er nur, hieb
aber nicht... Und sehr kräftig war er
überhaupt n:cht. Außerdem dachte er
immer an andere Sachen, und wenn er
eine Strafe diktirt hatte, so hatte er sie
lneift auch schon vergessen.
Der Lehrer Kaspar Gutberlett hatte
'sieben lebendige Kinder und kaum noch
Haare auf dem Kopfe. Sie aßen sie
ihA alle weg, sagten die Leute und oe
dauerten ihn. Ade? er blieb heiter.
l?r war ein Philosoph. Er philoso
Pinne: erstens sei er halt einmal dazu
is, v:e.e Kinder zu haben; zweitens
seien dir vielen Kinder ein Segen Got
H; dritten? müsse man am Leben
richt verzweifeln? und viertens erhiel
Un die Kinder da 3 Herz jung. Es
war keine rechte Logik in seiner Philo
sophie. aber es gibt Menschen, die
kommen ohne Logik besser auS als an
tee mit aller klaren Logik und Ord
nung. Und so einer war Herr Kaspar
u:berlett. Er hatte hochaufgerichtete
Llugenlider und eine helle Stirn, zu
kurze Hosen und einen zu langen Geh
red, dessen hintere Taschen Frau Ka
tharina schon längst zum Flicken des
erschlissenen Futters herausgeschnitten
hatte, so daß es oft geschah, daß dem
Herrn Lehrer das Taschentuch auf die
Erde fiel, wenn er's in Gedanken in
die Rocktasche hinten stecken wollte.
Aber das genirte ihn nicht. Er hob
dann die Augenlider noch höher, und
auf seiner Stirn war ein noch hellerer
Elanz. Er ließ keinen Unmuth auf
ihr durchkommen. Denn seder Un
rnuth. meinte er, trübe die Seele. Das
predigte er auch immer seiner Frau,
und es war das einzige, was er ihr zu
predigen hatte. In allem sonst war sie
ganz nach seinen Wünschen.
Da die Winzer Herbst' gemach! hat
ten, so war natürlich Nebel gekommen.
Ein recht dichter sogar. Er hing brau
ß!n vor dein Fenster als ein schwerer
Vorhang und warf einen öden, un
freundlichen Schein in die Stube. Und
gerade eben hatte Herr Kaspar Gut
lerlett wieder von dem Unmuth gepre
digt.
Der Unmuth ist niemals in unserem
Herzen, hatte er gesagt, er kommt im
wer nur von außen in das Herz hin
ein. So dürfen wir ihn nicht hinein
lassen. Wir müssen uns gegen ihn
ausrichten. Das ist dann gerade, wie
wenn man eine Thür verschließt.
Überhaupt, daß wir uns ausrief)
ten -
Er fuhr nicht fort, derGedanke schien
ftrn zu weit zu gehen. So war es ein
Ceilckjen still zwischen den beiden.
Sieben Kinder, denk nur, Kaspar!
sagte auf einmal wehmüthig die Frau
mitten im Kauen. ,
Jedes ein anderes Glück! entgegncie
er pünktlich und kaute sein trocken
L rot weiter.
Te: Große braucht Schuhe, gestand
ifcie Frau.
Kriegt er.
Die Große ha! kein Sonntagskleid
Q:hr.
Wird eins kriegen. -
An den Hemdchen hält bald kein Ja
Un mehr.
Na, na, wird so schlimm nicht sein.
Qi ist nie so schlimm, wie's auf den
ersten Blick aussieht. Es ist auch da
so, wie meine Mutter gesagt hat: Die
Supp' wird nit so heiß gegessen, wie
sie gekocht wird. Daran halt ich mich
immer, und ich znuß sagen, es ist
Cut.
Die Strumpf die Hosen die
C32chen, fuhr die Frau beharrlich fort
iLsd warf verzweiflungsvolle Blicke
v- Z.
Ct Uait Wr sanft die Hand auf den
Crnt, streichelte sie ei wenig, pfiff
uns als die traurige Miene der
":zi r.uht verflog, bat er: Sieh.
das ändert'S nicht. Sei ver
"-"-i. Cenn wir nur unsere Seele
. ::.:t fitten. Das Leben ist wie eine
'") ilaMgkl, in die man hinein
' ; Tritt man nahe, ist alleö der
' tritt man weiter, sieht man alle!
- in schöner Bewegung. Di'
trittst leicht in nahe. Kathchkg. Tritt
etwas weiter entfernt. Und sieh, die
liebe!
Ach. sagt, sie, die Liebe. Kaspar, die
Liebe ist ein Unglück!
Das betonte sie so eigenartig, und er
verstand. So steht's? Ach. du arm
ltathchen! ?!un hatten wir zwei Jahre
lttuhk. Aber laß. nicht traurig sein.
Kathchen. Will's Gott, wird's da
Nesthäkchen werden. Und sieh. d!,l
Kinder sind doch ein großer Neich
tl)llM.
Auch wenn man arm ist?
Erst recht, wenn man arm ist. Denn
sieh, dann sind sie ja das einzige, was
man hat. Dann hat man doch sonst
gar nichts, und darum hat man die
Kinder.
Ach. Mann, ich weiß nicht, wie du
mir vorkommst. Xie Kinder sind un
ser Sorg und Leid, unser Qual und
Noth. Denk, wir hätten keine oder
nur ein paar denk, wie wir so glück
lich wären!
Ter Lehrer wurde ernst. Bersün
dige dich nicht, Kathchen. Man muß
der Welt ihren Lauf lassen. Je mehr
Gott auf einen legt, desto freudiger
muh man es tragen. Man muß Zu
verficht haben. Und wenn die Kinder
groß sein werden, dann wirst du erst
recht begreifen, wag eS für ein Glück
ist. Dann wirst du stolz fein. Weißt
du. was Stolz ist? Da ist ein Strah
len. Und das ist. wie wenn man be
strahlt würde. Daß wir tragen müs
seit an unserem Look, das ist ja natur
lich. aber das Loos. das man hat, er
spart einem immer ein Loos. das man
haben könnte, und das noch schwerer
wäre als das eigene.
Hier gerieth die Philosophie des
Herrn Kaspar Gutberlett in die
Sphäre der Möglichleiten, und in der
hatte sie keinen Mangel an Tröstungs
gründen.
Er war kein dummer Mann etwa,
der Herr Lehrer, er war nur ein biß
chcn zu gut, und darum erschien er
manchmal dumm. Und er besaß nur
die Welt, die er in seinen Augen trug,
und er bemerkte es nicht, daß es außer
dem noch eine gab, die dieser arg ent
gegen sein konnte. Er war mit zu viel
Zufriedenheit begabt. Darum hatte
er sich auch eines Tages drein gegeben,
ß er Schullebrer werden sollte, trotz
der schlechten Bezahlung und des ge
ringen Ansehens denn seine Mutter
war immerhin eine gräsliche Rentamt
mannswittwe gewesen. Er hätte auch
etwas anderes werden können, gerade
so gut. wenn er nur einen rechten Wil
len gehabt hätte, etwas, darin man
nicht wie der-Bogel auf der Leimstange
zu sein brauchte und auch besser satt zu
essen hatte. Vor zwölf Jahren hatte
er sich verheiraihet damals gerade
dreiundzwanz:g Jahre alt jung und
unerfahren, weltfremd von Natur und
vom Seminar her, und mehr schöne ge
lernte Citate auf der Zunge als eigent
liche Gefühle im Herzen. Er blieb
immer unerfahren, trotz der Erfahrun
gen, die er hätte machen können. Er
hatte Ideale. Auch in seinem Berufe.
Aber es störte ihn nicht, daß sie sich
nicht verwirklichten. Er behielt sie des
halb doch. Anfangs hatte er bessere
Stellen, nahe dem Verkehr, noch ein
paar Kollegen im Orte. Als die Kin
der wie die Orgelpfeifen kamen, gerieth
er in Schwierigkeiten. Es haperte an
den nöthigen Mitteln, besonders als
auch noch die paar tausend Märkelchen
der Frau ein Kapitälchen, das er
unerschöpflich hielt aufgezehrt wa
ren. Er wurde versetzt, immer ein
Srückelchen weiter abseits, bis er eines
Tages hier in Dorndorf abseits, ganz
und gar abseits faß. Sein Nacken '
war nur ein klein wenig gebeugt er
that ja nun auch schon geschlagene
sechzehn Jahre Dienst , aber feine
Lider waren noch so hoch, seine Stirne
noch so hell. Seine Hosen wurden frei
lich immer kürzer, und sein Gehrock
wurde nicht länger, aber immer abge
schahter.' Auch in Dorndorf kamen
noch Kinder; nur die letzten zwei Jahre
war eine Pause gewesen.
Der Lehrer Kaspar Gutberlett hätte
seine Erfahrungen machen können,
aber er machte keine. Auf den Konfe
renzen hatte er an den jungen Lehrern
studiren können, daß neue Forderun
gen in der Welt waren. Er hörte sie
an, nickte zu, stimmte für sie, aber sie
berührten rhn nicht tiefer. Er sah, daß
die Generation der Lehrer eine andere
geworden war. ES war etwas verlo
ren gegangen. Was es sei, daS ergrll
belte er nicht. Er fand nur, daß die
fangen Lehrer sich etwas Ungebührli
cher betrugen, und er dachte an feine
gute Kinderstube, die er bei seiner
Mutter gehabt hatte, und fühlte, daß
sie besser war, als die der neuen Gene
ration gewesen sein mußte. An einen
allgemeinen Niedergang deS Lehrer
standes auS wirthschaftlichen oder an
deren Gründen, daran hätte er nie und
nimmer gedacht, im Gegentheil. Er
glaubte an den großen und schonen
Aufgang, von dem sein Gemüth seit
den ersten pädagogischen Lehren erfüllt
war. Und doch sammelte sich auch bei
ihm mit der Zeit der Rest, der ihn von
den anderen trennte. Er hielt sich also
nur mehr und mehr abseits. Denn er
war zart. Er vertrug Lautheit und
Ungebühr nicht. Er sah auf Beneh
men. Das fehlte vielen. Darum saß
er auch Neber bei den Alten, die grau
waren. Da war auch Liebe. Und bei
ihnen fand er diese Schein und
Schimmer, der für ihn über den Din
gen liegt mußte, wen sie ihm lieb
I v. vl. lm..tli V .
ytin jcmin, v.no ?r
Dingen erhalten wußten, wenn ihm die
Menschen angenehm sein sollten. '
Auch seine Frau hatte sich schon tU
was von ihm angewohnt, diesen Schein
und Schimmer zu sehen, obgleich sie
eigentlich eine nüchterne Natur war.
Aber dat war nun gut für sie. Ten
sie trug nicht leicht an ihrem Leben, an
dem, was hart und arm darin war,
und wenn sie es auch äußerlich besser
hatte als daheim, wo sie doch nur ein
besseres Bauernmädchen gewesen war.
das zuzeiten wie eine Dicnstmagd hatte
schaffen müssen, so trug sie doch nun
innerlich weit schwerer. Sie trug alles
ziemlich allein. All' die Sorgen des
Alltazs. die weniz-n Mittel, die vielen
Kosten, die die Kinder verursachten, die
Schulden, die zuletzt immer an's Mi
nisterium berichtet wurden, so daß erst
die Abzüge am Gehalt verfügt wurden
und dann die Versetzung. Heimlich
weinte sie manchmal. Da sie aber eine
gerade und kräftige Natur war. faßte
sie immer wieder frisch zu und nahm's
immer wieder muthiz mit den Verhält
nissen auf.
Jetzt aber, nachdem ihr die Erkennt
niß ihres Zustandes gekommen war,
überfiel sie doch eine gelinde Verzweif
lung. Wo wollte das hinaus? Wie
sollte dai werden? In ihren Wimpern
hing eine schwere Thräne. Sie siel,
und eine zweite trat an ihre Stelle.
Ihr Mann strich ihr über den Schei
tel. Du weinst. Kathchen? Gelt, wein
nicht, gelt, wein nicht! ES wird schon
gut werden. eS wird alles schon gut
werden. ES ist vielen schon gut ge
worden, und eS wird vielen noch gut
werden nach unS, denen eö erst zum
Verzweifeln war.
Dann stand er aus und nahm sie am
Arm und führte sie um den Tisch her
um. Ceine xitdtz waren yocy. ivie wa
ren tief. Sie ging fchwer neben ihm.
Er legte seinen Arm sanft um ihre
Hüften und zog sie an sich. Sieh, nun
gehen wir unser Besitzthum ad.
Sie machten die zweite Runde, und
die Frau ging schon etwas leichter und
hob auch zeitweilig auf e:nen Augen
blick die Lider, die ihr schwer waren.
Siehst du. sagte er, dies ,st olles
unser.
Er meinte zunächst nur den Tisch
und die Stube, daö alte Pianino und
die Geige und ten Kasten, die Stuhle
und das verschossene Sofa und die ein
fachen Bilder an den Wanden. Ader
dann packte ihn der Gedanke, und er
fuhr fort: Und siehst du, Kathchen. da
oben, da sind unsere Weinberge. Sie
stehen schon. Die anderen haben den
Mehlthau, unsere sind verschont. Wir
werden ein schönes Wemchen machen.
Ein schönes Weinchen. Und zum Ab
stechen laden wir alle guten Freunde
ein. und der Kollege in Sobernheim,
weißt du. der erst am GlaS so riecht,
ehe er trinkt, der kann mal einS verfu
chen so hat er keinen im Keller.
Sie waren um den halben Tisch
herum. Und hier, da unten, sieh.
Kathchen, das sind unsere Wiesen.
Ohmet und Grummet sind trocken her
ehr. Und wie Zucker. Das Vieh
glänzt ordentlich von der Fütterung.
Daö nährt. Und wie die Wiese lie
gen. Hier guck nur. der Schatten vom
Hügel fällt jetzt hinein, aber der Bach
blinkt doch heraus. Und die alten Wei
den! Wie alte Frau Basen stehen sie
neben einander und klatschen über die
Leute. Laß sie stehen. Sie werden alt
und hohl, aber sie haben zedes Früh
jähr grüne Gerte. Und eine Baum
erde ist drin! Ja. Kathchen. woher hät
test du denn die schönen Geramen und
die schönen Fuchsien und die schöne
Calla und den Gummibaum, vor dem
die Leute stehen bleiben, und den gro
ßen Oleander, der hundert Mark werth
,st unter Freunden, wen du die schone
Baumerd: nicht hättest!
Sie waren wieder ein Stück weiter
um den Tisch herum gekommen, und er
blieb wieder stehen. Nun hielten sie
gerade dem Fenster gegenüber. Drau
ßen war die Sonne hinter dem vtmi
her. Er deutete hinaus. Ganz lang
sam wurde der Blick frei. Die Frau
lehnte sich an ihn. Siehst du, Kath
chen, wo der Weg hinführt, erst den
kleinen Hügel hinauf, dann verschwin
det, dann wieder den zweiten Hügel
hinaufkrabbelt, guck, und dann weiter
führt auf die Höhe hin. weit, o. so weit,
bis die Höhe mählich sinkt siehst du,
da wo die Pappel steht, eben geht ein
bißchen Sonnenschein über sie hin, klein
wie ein Mannchen siehst du, das :fl
all' unser. DaS sind unsere Felder.
Nun sind sie leer. Aber im Frühling
werdcn sie grün, im Sommer. Frau
chen, da werden sie blühen. Da gehen
wir den Weg hin ich führe dich,
wenn er dir schon schwer werden sollte,
unddu und die Felder, ihr seid eines
wie das andere, wie ein Gedanke Got
tes, der das lebendige Leben schafft.
Nun war das bißchen Sonnenschein
von der Pappel bis in daS Fenster ge
kommen. Auch die Frau war hinge
rissen, und sie fielen einander in die
Arme.
Dann löste sie sich von ihm loS und
sah ihn mit großen Augen an und sagte
vorwurfsvoll: Wir mit unserer großen
Armuth, Kaspar du hältst dich nur
selbst zum Narren. Und eS kann nie,
nie für unS anders werden, wenn du
dich selbst weiter an der Nase herum
führst.
Da klappte er zusammen. Einen
Augenblick lang fielen ihm die Lider
und lagen schwer über seinen Augen.
Dann hob er sie, und hob sie so hoch,
wie er sie immer trug. Er saaje:
Man kann doch nichll gegen daS
Schicksal. Arbeiten thu ich. sparen thu
ich auch. Aber ich will nun die aroßt
Armuth fühlen wie du. Vielleicht
kommt dann der große Reichthum.
Li jetzt hab' ich immer den großen
Reichthum gefühlt, da hatten wir die
große Armuth.
Ee beugte sich nieder auf seine Frau,
küßt, sie und gab ihr aute Worte. Sie
hob den Kopf und sah ihm in die Au
gen. Da sah sie. daß es nie ander für
sie werden würde. Denn sie verstand
etwa von der Augensprache für einen
Menschen.
Sie löste sich ko. räumte den Kaf
feetisch ad und ging an ihre Hauar
beit. Und doch mußte sie dabei kestön
big denken e ist etwa Goldene in
der Welt, fo wie er gesagt hat. Ek
hat wahrhaftig recht.
Sie arbeitete rascher und seufzte we
Niger. Und manchmal ging ganz still
und heimlich ein Leuchten und ein Lö
cheln über ihr Antlitz, so daß sie das
Gesicht in sich hinein versteckte und er
röthete.
- :tt
P,m,rsch Vtltil&nit.
In Pommern haben sich allerer!
die traulichen Volkstänze der Altvor
dern erhalten und werden besonder
in den Faschingitagen eifrig gepflegt.
Von den besonders bemerkenswerthen
Tänzen, die außerhalb der Provin
wenig oder nicht bekannt sind, sei
in erster Linie die .Schüttelbüchl"
genannt, eine Polka Art, die be
sonders auf der Rügen'schen Halbin
sel Möncbgut zu 'Hause ist. und bei
der der Tänzer seine Partnerin im
mer wieder mit einem Ruck in die
Höhe schnellt. Ebenso eigenartig ist
die im Pyritzer Weizacker viel getanzte
Rutsch , Polka, wobei sich Bursch
und Dirne gegenüberstehen und Polka
tanzen, ohne sich zu berühren. Prach
tige Bilder geben ferner Panirschen
fchoh. Musseline, Triolet, Küssedanz
und Rundohr. Den Pinkeschottisch.
auch Klapppolka, trifft man in ganz
Mittel und Hinterpommern an. Wo
immer eine Fedel oder Ziehharmonika
ertönt, läßt sich auch das Tanzlied
hören. Mit den ZZüßen trapp, trapp,
trapp, mit den Händen klapp, klapp,
klapp usw. Eine besondere Abart des
Walzers ist bei den Kassuben beliebt.
Merkwürdigerweise wird er nach dem
Lied .ES zogen drei Bursche wohl
über den Rhein" getanzt, und zwar
ungefähr in der Weise, daß am
Schlüsse jeder Verszeile der Walzer
durch einen Stampffchritt unterbro
chen wird, daß selbst der Lehmboden
der Tenn erzittert. Eine pommer'
sche Hochzeit wird nie ohne den frier
lich langsamen Schlummerwalzer en
den. Daß sich schließlich auch die
Spottsucht des VolkshumorS des
Tanzes bemächtigt hat, zeigt der
.Hiddensoeer Flickhirring". ein Wal
zer mit wunderlicher Komik, den man
an Rügens Westküste tanzt, und der
die guten, aber etwas stark unbeholfe
neu Bewohner der einsamen Hallig
Hiddensee aufzieht. ViS in den
Franzburger Kreis hinein kennt man
den .Flickhirring", wehe aber dem,
der versuchte, ihn in Hiddenso selbst
zu tanzen!
- - 'L!
'demisch eschtchtche.
In Heidelberg erzählt man sich vom
göttlichen Kuno Fischer folgendes
Geschichtchen: Beim sünfhundertjäh
rigen Jubiläum der Universität hielt
der gefeierte Philosoph eine jener eft
reden, die wegen ihrer Länge gefürch
tet warn. Ta der Redner gegen Stö
rungcn sehr empfindlich war, mußten
die Thüren der Aula geschlossen ge
halten werden. AIS Fischer schon
einige Stunden gesprochen hatte, be
fiel einen der Zuhörer ein Unwohl
sein, und er versuchte, möglichst un
auffällig den Saal zu verlassen. Aber
er hatte nicht mit dem wackeren Pe
dell gerechnet. Der erklärte ihm in
fach: .Des mache mer et.' Wann
ich Sie herauSloß', wolle die annern
auch alle enauS!" Und der Aermste
mußte bis zum Schlüsse ausharren.
$it evfufl,
Sobald sie ein Biöchen besser be
kannt waren, nahm Adam seine Frau
auS, um sich etwas im Paradiese um
zusehen. Er führte sie zunächst auf
den höchsten Hügel, von dein auS sie
einen prächtigen Ausblick über wech
felndeö, grünes, in Urfrische duften
deS Land genossen. Eine Weile ge
nossen sie den Anblick in stummem
Entzücken.
.Und daS?' fragte Eva schließlich,
tief und fast zitternd, ist die Schö
pfung?"
.Sicherlich", erklärte Adam, zär!
lich lächelnd.
.Na, da muß ich doch sagen", ant
wortete sie enttäuscht .ich glaubte.
eine .Schöpfung" wäre etwas, wa
man auf den Kopf setzen oder anzie
hen kann."
,
Galant. Fräulein: .Glauben
Sie. daß man meine Gedichte accep
tirt?" Herr: .Wenn Sie selbst da
mit kommen gewiß!"
VorGericht. Richter: .Nun
sagen Sie mal. wie ist eS möglich, ei
nen solchen Geldschrank zu erbrechen?"
Dieb: .Da ist Geschäftsgeheim
niß!", - -
Jum pinrc besohlt;
WiliMtt)umKlfe fi. Knlnlti,
Am Abend dk 28. Juli fand sich im
Dien tvuch de xttn geidjazerdatail
Ion nach dem welterfchütternden 2ejl
dk Tagkölxseh! solgkildt Eintra
gung: .Ich lade hiermit sämmtliche Herren
Offiziere det jweiteit Haldbataillon
riebst ihren im Lager u Kalischt an
wesenden Damen zu einem um Uhr
beginnenden Diner für den 2. August
l. I. in dat Kasino det ersten Halb
dataillont nach Hruschitz ein. Oberst
leutnant von Rerhausen, Bataillon
kommandeur."
Dies Mittheilung erlegte bei den
Herrschaften de detachirten zweiten
Halbbataillon keine ungemischte
Freude. Man fühlte sich so unmensch
lich wohl in dem entlegenen Waldnest,
in dem die beiden Kompagnien zu
folge eine in feinen Ursache und
Wirkungen unersorschlichen Rath
schlusses de hohen k. und k. Korps
kommando in Prag seit fast drei
Wochen Lager bezogen hatten. Die
Mannschaften in den Scheunen, die
Offiziere, zum Theil mit ihren Fami
lien, in den primitwe Bauernhäusern,
das Kasino in dem einzigen Zimmer
des einzigen Wirthshauses, ein über
alle Begriffe nachsichtiger ältester
Häuptling, der soeben nach mehrjähri
gem Gastspiel im karthographischen
Institut in Wien mit dem Wiedererler
nen det gründlich verschivitzten Front
dienstet taftend sich bemühte, dai
allet waren paradiesische Zustande, die
keinerlei oberhirtliche Unterbrechung
wünschenSwerth erscheinen ließen.
.Der Alte soll seinen Schlangenfraß
allein futtern!" grollte der lange Leut
nant Kattas. .Die Kommandeuse
wird gleich die R?!he umfragen," pro
phezeite der hagere Freigeist Ober
leutnant Hoffer; .weh' dem. der nicht
jeden Sonntag in der Mess' war!"
.Sie müssen 'die Sippschaft bissel
aufmöbeln, gnä' Frau." sagte Wertzka,
der übermüthigste Offizier der Armee,
zu seiner Nachbarm, der lustigen Frau
des SommerleutnantS Krafa. .In
acht Tagen pferfen'S ja doch auf die
militärische Rangordnung."
.Uhjeh. die edle Weiblichkeit deS er
sie Halöbataillons!" entsetzte sich
Leutnant Schnitzler. DaS sind Mu
sterputen!" flüsterte Wertzka hinter
vorgehaltener Hand.
Frau Hauptmann von Clarion, die
schräg gegenüber saß, drohte lächelnd
mit dem Finger: Liebe deine
Feinde !"
Und thue Gute denen, die dir
UebleS gethan haben, Amen!"
DaS war der lange KattaS wieder,
der sich im Predigerton so vernehmen
liefe.
.Na. alleS, waS recht iS, verthei
dkgte sich Wretzka, ,is er nicht gerade
wie verhext? HaHen die in Hruschitz
drüben auch nur eine einzigeDame von
solchem Temperament, tme bet unS alle
miteinand' sind?"
.Der Druck der hohen Obricckeit!"
erklärte Hcruptmann Bartonek. der be
sagte Aelteste und emeritirte Karto
graph.
.Pordon. Herr Hauptmann I Sie
werden schaun so waS von Mopsen
grbt'S überhaupt nicht! versicherte
Hoffer.
.Wer wn, begütigte die hübsche
Frau Krasa, vielleicht wird'S diesmal
juftament recht fidel. ES kommt ja be
kanntlich immer anders!"
.Da müßt' schon der liebe Gott
selbst dreinreden!" seufzte Hoffer.
.AmenV thut er'S. Herr Overleut
nant. Wer kann'S wissen?"
.Mir thut am 2. August ein Zahn
weh." erklärte Frau Steinar, die fern
melblonde Gattin deS zweiten Som
merleutnants.
.DaS lassen'! lieber bleiben." rieth
Wertzka. .sonst. wissen'S gnä' Frau,
kann S leicht sein, daß der Oberst den
Zahn, 'der Ihnen wehthut. Ihrem
Herrn und Gebieter außi zieht!"
Genua. Man hat auS dieser Unter
Haltungsprobe zur Genüge gesehen, daß
die AvangSeinladung deS Oberstleut
nantS den Kalnchtern kein besonderes
Vergnügen bereitete.
Leutnant Kattas wurde nit dem
Arrangement deS Transports der gan
zen Gesellschaft an den Ort deS
Schreckens beauftragt. Das war keine
leichte Aufgabe., Anderthalb Stunden
Berg ab, Berg auf, und eine einziae
viersitzrge Kalesche m Ort. Für fünf
zehn ausgewachsene Personen! Darun
ter vier Damen, die sich entschieden
weigerten, die lange Strecke mit Auö
schluß aller männlichen Begleitung zu
überwinden '
.Wir wevden'ö schon kriegen!" sagte
KattaS. '
Um 3 Uhr standen zwei festlich ge
schmückte Leiterwagen auf dem Dorf
platze. Stroh, Guirlanden und Pferde
decken waren nicht gespart. An jedem
Vehikel lehnte eine Leiter, von kräfti
gen Kommißfäusten gehalten, zur Be
quemlichkeit der Damen.
.DaS is für heute die letzte Bequem
lichkeit!" behauptete Wertzka.
Unter lebhaftem Gekicher voltiairlen
die Holden m ihren duftigen und koket
ten Sommertolletten auf rhre Sitze.
Nur die beiden Häuptling folgten auf
demselben Wege. Die .Jugend" oder
noch besser: .Die Zukunft der Armee"
erreichte dasselbe Ziel, mehr oder min
der graziös, mittelst det Hechtsprun
gel.
.Meine Herren, nehmen Sie Ihn
Mäntel mit." rieth Hauvtmann Bar
tonek. alt eS lokgehen sollte.
Ach wo -!"
Bei dem herrlichen Wetter!"
,27 Grad Reaumur!"
.Im Scchatten!" '
Der Vorschlag war mit erdrückender
Majorität abgelehnt.
Die wackeren ckergäule setzten sich
in einen gelinden Trab; die lieblichsten
Erschütterungen von fünfzehn inneren
Menschen nahmen ihren Anfang. Alt
die Insassen de ersten Wagen wie
Einmachegläser durcheinander koller
ten. sagte Wertzka:
.Ideale Straßen habe wir halt
doch!"
Wer unt jetzt sieht.' behauptete
Kaltat. muß an eine Exvasion de
Olymp denken."
Wegen der vier Grazien?" fragte
Frau Krasa, .oder wegen Ihrer wei
ßen Pantalon?'
In dieser geistvollen Weise unter
hielt man sich, immer bereit, mit einem
wiehernden Gelächter jede noch so be
langlose Aeußerung zu auittiren.
Man war auf halbem Wege, al
Oberleutnant Hofser plötzlich sein Au
genmerk mit einiger Verblüffung auf
einen schwarzen Fleck lenkte, der soeben
auf dem Aermel seines hechtgrauen
neuesten Waffenrockes erschienen war.
und dann mißtrauisch ge Himmel
starrte.
.Meine Herrschaften S regnet!"
Die Unterhaltung stockte. Aller Au
gen richteten sich noch oben.
.Noch ein Tropfen!" konsiatirte
Katta.
.Miene Straußenfedern!" ängstigte
sich Frau Steinar.
.Die Damen haben ja Sonnen
schirme!" beruhigte Wertzka. .Aber
wir! Gefleckt wie Leoparden werden
wir vor den gestrengen Gastgeber tre
ten müssen."
Hol'S der Teufel!" fluchte Hoffer.
ES wird ungemüthlich!"
Ein paar Riefenwolken, blauschwarz
und scheinbar sehr pressirt, segelten vor
dem jäh aufkommenden Winde heran.
Immer schneller fiele große und
schwere Tropfen.
Ohne Mäntel!" jammerte KattaS.
.Recht g'schieht unS," philosophirte
Wertzka, .warum gehorchen wir nicht
den Mahnungen derer, die unS eine
gnädige Vorsehung schon durch die
arökere Anzahl der Kragensterne alö
die Klügeren kenntlich gemacht hat?"
Jetzt kam eS aus Eimer und Kan
neu vom Himmel herunter. Alle rück
ten zusammen; die tapfere Offiziere
steckten ihre Köpfe je zu dreien mit un
ter die kleinen Sonnenschirme der Da
men. Zwei rothe gab es. einen weißen
und einen grünen. Ueber die straffen
Seidenbezüge hüpsten und sprangen
die munteren Wasser. Dunkler und
dunkler, schwärzer und schwärzer wur
den sie die rothen, der weiße und
der grüne. Und die hechtgrauen Was
fenröcke wechselte in gleicher Weise
ihre Farbe. Etwat länger hielten die
Spitzenröcke der Damen und die wei
ße Pantaloni der Herren Stand;
denn man schützte sie, so gut es ging,
mit den zusammengekauerten Oberkör
pern. Hier und da tropfte eö aber doch
auch darauf durch, wie auS Dach
raufen.
Die Pferdedecken, die man von den
Sitzen riß, reichten nicht rechts und
nicht links. Die fchutzbedürftigen Kör
perflächen schienen sich beständig zu
vergrößern.
.Verdammt! Wie viel Paar Beine
hat denn Jeder?" fragte Wertzka der
zweifelt. Er hatte soeben emen Knie
guß verspürt, der in WöriShofen mit
Glanz bestanden hätte.
.Ach. mein Rücken!" kreischte Frcru
Steinar.
.Sind Sie auch naß?" erkundigte
sich Frau Krasa theilnahmSvoll und
klapperte mit den Zähnen.
.Den Damen die Decke!" kommsn
dirte Leutnant KattaS, in feiner ret
tungslofen Durchweichung von einer
Regung der Ritterlichkeit gepackt. Er
riß die klitschnassen Decken an sich und
warf s um die Kitternden Schultern
der beiden Frauen.
Jetzt ist daS Sprengreservoir für
die himmlischen Paradiesyärten ge
platzt!" behauptete Wertzka. Im
Schwimmbad ist' entschieden trocte
ner!"
.Wo sind Ihre Mäntel, meine Her
ren?" höhnte Hauptmann Bartonek
auS dem ersten Wagen.
.Fortgeschwommen, Herr Haupt
mann!" - rief 'Hoffer zurück.
.Wenn der Alte was einfädelt,
gibt'S immer ein Malheur!" sagte
KattaS.
MS die ersten Häuschen von ru
schitz in Sicht kamen, gab es keinen
trockenen Faden mehr auf den beiden
Leiterwagen.
Da hörte et allmählich auf zu reg
nen. Ueber der Kirchthurmspitze leuch,
tete der Himmel im satten Blau.
Dort betet die Frau Komman
deuse," spottete Hoffer grimmig.
Im goldigsten Sonnenschein fuhren
die Gäste an dem Kastno vor. Da wa
ren die Kameraden vom ersten Halb
bataillon in aller Tadellosigkeit und
Pracht ihrer Männerschönheit zum
Empfang ausmarschiert.
.Yesses. wi schaut' Ihr denn
auS?!'
Wie die Wasserleichen!"
Kattak! Du haft ja nicht einmal
Dllgelfalten!
.Sie haben sich zut Marine ircmS
feriren lassen!"
So schwirrte S den Ankömmlingen
entgegen, die triefend von ihren Sitze
kletterten. - - ...
I hab' doch kan Fischessen machen
lassen sagte Leutnant Vidali. der
Menagechef, der soeben au dem Haus
trat. Er hatt die Größe de langen
Katta. aber dat doppelte Volumen.
Du leihst mir wat zum Umziehen!"
forderte der ihn auf.
Umziehen natürlich, umziehen!
Der Gedanke erweckt geradezu Begei
sterung.
Wann immer zwek und zwei in eine
Uniform 'relnstelgen." meinte Vidali.
Verdammt ja! Die Hruschitzer wa
ren durchweg vorn Schlage der wohl
genährten Männer, die Nachil gut
schlafen. Die Kalischt waren He
ringe.
.Ganz egal!" entschied Wertzka.
Lieber eine trockene Karrikatur l
ein feuchter AdoniS!"
Da kam auch schon die Jungfer der
Kommandeuse über den Platz gelaufen.
Die Damen möchten doch bei der
Frau Oberstleutnant eintreten. Die
Frau Oberstleutnant stelle ihnen ihre
Garderobe zur Verfügung."
So ii recht!" sagte Hoffer. Der
reine Maskenball!"
Und Wertzka kommandirte:
Auf. in die fremden Hosen!"
Mit dem killerstrengsten Worgesetz
iengesicht betrat Herr von Rehaus
das Speisezimmer. Während er aber
die Reihe seiner Gäste abschritt, wur
den seine Züge immer lichter und hei
terer, bis endlich die groteske Gestalt
des Leutnants KattaS in Vidali't
schlotternden Gewändern ihm ein
schallendes Gelächter ccbnöthigte. Noch
nie hatte man den Alten so aufge
räumt gesehen, wie an diesem Tag..
Erwünschter Rippneftoß.
Anläßlich der .Elcktra" . Auffüh
rungen in der ComSdie Franaise ia
Paris erzählt der .GauloiS" eine
amüsante kleine Anekdote von dem be
rühmten Gegner Racine'S, Pradon, der
ebenfalls eine .Elektra" geschrieben hat.
Am Tage der Premiere schlich sich der
Dichter, ties vermummt in einen wei
ten Hantel, in's Parterre, um sich vort
ungestört und unerkannt an der Begei
sterung des Publikums weiden zu kön
nen. Aber daS Schicksal hat seine Lau
nen. ES gab durchaus keine Begeiste
rung, und schon die ersten Tiraden det
Dichters wurden mit einem frifchfxöh
lichen Pfeifkonzert beantwortet. Pra
don war außer sich. DaS hatte er nach
seiner Meinung nicht verdient. Er
verlor völlig die Fassung und war
nahe daran, ohnmächtig zu werden.
Ein Freund rüttelte ihn auf, redet
ihm zu und gab ihm schließlich den gu
ten Rath, selbst mitzupfeifen und so
den Widerspruch deS Schicksals her
auszufordern". Also Pradon begann:
selbst sein Werk auözupfeifen; er pfiff
zwar gründlich, er pfiff zwar laut,
aber nicht lange. Sein Nachbar zur
Rechten, ein alter Musketier deS Kö
nigs, schien mit diesen Mißfallens
kundgcbungen nicht einverstanden. Er
versetzte Pradon einen nicht sehr zarte
Rippenstoß und herrschte ihn wüthend
an: .Warum pfeifen Sie, mein Herr?
DaS Stück ist sehr schön und der Ver
fasser keineswegs ein Dummkopf, ja,
bei Hofe ist er sogar sehr angesehen "
Pradon, ganz verängstigt, hörte auf z
pfeifen? in seinem Innersten war er
aber froh und glücklich, wenigstenik ei
nen Bewunderer seiner Muse gesunde
zu haben. So hatte er denn doch we
nigstens nicht umsonst gepfiffen. w'
.l
Ein dlhrn Tamesp.
Der als Sonderling bekannte engli
sche Lord Hamilton versuchte i eigen
thümlicher Weise daS unterhaltende
Moment mit dem belehrenden zu ver
binden. Er veranstaltete nämlich all
jährlich glänzende Ballfeste, bei denen
die Ueberrafchung stets in etwas Be
lehrendem bestand. Einsi ließ er seinen
Besucherinnen einen in Elfenbein ge
bundenen Folianten als Damenspende
überreichen, der nebst dem Tanzver
zeichnisse mehrere Dutzend der vor
trefflichsten Kochrezepte der beliebtestem
englischen Nationalspeisen enthielt.
Ein Nachwort rechtfertigte diese Ueber
raschungen folgendermaßen: Meine
Verehrten! Man ist nicht immer schön,
nicht immer jung, man verbringt sei
Leben nicht auf dem Ball, es kommt
eine Zeit, wo man andere Zerstreuun
gen wünscht, und so ist et von Vor
theil, wenn man eS versteht, leckere Ge
richte herzustellen. In frühere Jahr
hunderten war eS nichts Ungewöhnli
ches, daß die vornehmen Damen sich in
die Küche begaben und ihr weißen
Arme in Mehl badeten; scheuen Hie
daher nicht davor zurück, von meine
Anweisungen Gebrauch zu machen,
denn wenn schon Ihre Männer kein
Herzen besitze sollten, so werden sie
doch Magen haben, und eS ist doch eine
alte Wahrheit, daß der Weg zum Her
zen deS ManneS durch den Magen
geht!" ' Ob die so sinnig beschenkten
Damen diese Mahnung beherzigt ha
ben, ist nicht bekannt geworden. Da
gegen aber ist sicher, daß die belehren
den Ueberraschungen nicht modexn wer,
den dürften.
Auch ein Vergnügen.
WaS ist denn daS täglich nach Redak
tionsschluß für ein Gelächter in JY
rem Bureau?" Ach, da liest nur un
ser Bureaudiener den Putzioeibent die
lyrischen Gedichte auS dem Papierkor
l vor."