Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 10, 1913, Image 2

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    Tägliche CmoH Tritismf.
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Cine der vielen Eigenarten der
titsjährigm Iriihjahrlmvde ist die.
dah man zu den hocheleganten
?ioch!iitagdkleidkrn verschiedenartige
GürteZschärpn, trögt, die auch on
den Schneiderkostümen und an den
Gesellschaft"" eine Rolle spielen.
Sind die Schärpen, deren Länge und
Breite üom persönlichen Geschmack
athZngen, an dem Stoff bei An
zugel, so nxrden sie mit schmalen
Pelzpreisen. auch mit Spitzen, tixtV
sach gold oder silbergestickt, um
säumt, an den' unteren Enden ent
weder besranzr oder auch m einer be
schweren den Quaste zusammengenom.
rren. Cchärpea aus Liberty in he!,
Kn strahlenden Farben, deren Mate
xlal in Gruppen von schmalen
LangZfalien gelegt, in die Länge
oder die Breite durchweg gefaltet
oder gebauscht, auch mit Puffen zwi
schen Stoffspalten geziert wird, pas
s:n zu einfarbigen FrühjahrSkleidern.
Orientalische, sehr breite, weiche Sei
denschärpen in den lebhaftesten
Cchattierunaen umwickeln die Gestalt
in breiten Lagen bis zur Büste Hin
auf und bis über die Hüften hinab,
iriihrend die Enden dorn lose der
sckjungen herabfallen. Bajaderen
schärpen aus ' perlen- und flitter
durchwirkter Seidengaze unterftrei
chen die moderne Neigung des vorn
hohen, rückseitig' sehr tiefen, seitlich
schrägten Gürtelschlusses, oder um
ivinden, von den Schultern ausge
hend, seitlich geknotet, die Gestalt.
Bon den Phantasieschärpen bis zu
der. Fichumantillen ist nur ein
schritt; man trägt diese jetzt noch
auS Rauchwerk, meist aus Chinchilla,
vielfach aus reinwkißem Hermelin:
letzterer wird mit den kleinen dunk-
len Schwanzchen, die auf emem be
pulten breiten Spitzenvolant ruhen,
umfranzt und zu ersteren setzt man
gern Goldspitzen oder auch goioqe
stickte persische Seidenborten zu. Mit
der zunehmenden Wärme entfernt
man sich allmählich von den kleineren
Pelzhüllen und trägt anstatt ihrer -um
doch auch daS Gefällige an der
jcgen Mode, hervorzuheben sehr
IWsche lose Oberhüllen, sogenannte
Ocstc directoires. die im Rücken
leicht anliegend, vorn ziemlich gerade
r:7.d lose herabfallen. Die wenig
'-.fangreiche.' sehr bequeme Früh
'4:JhülIt öffnet sich über einem we
s:7.artigen Halbmieder, daS in Far
li iJ Stoff m,it,dem. sehr hohen,
' ' z Um lege! gen uns dem den
:l völlig umsäumenden lose
übereinstimmt. . Man fer
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ciertem Taft oder aus Charmeuse,
und manschettiert die ziemlich weiten
geraden Aermel mit dem Innen
bezw. Kragen- und Umschlagstoff.
Das Modell unseres ersten mm
(Fig. 1) ist geeignet für ein Kleid
aus leichter rühjahrsseide oder ei
nem Stoff wie Eponge und derglei
chen. Der aufgesetzte Vorderteil der
Bluse hat einen Einschnitt, durch
welchen scheinbar die Enden einer
Spigenrllsche tretet, die als Fortsei-
zung eines Spitzenkragens erscheinen
können. Dieses Kleid würde sich
sehr hübsch ausnehmen, wenn es aus
naturfarbiger Pong- oder Shan-
tunz Seide, die kleinen Schleifchen,
welche die Bluse und Aermel verzie-
ren, aus goldbraunem Atlas qefer
tigt würden, während die Spitze am
Kragen und den Aermclmanschetten
eine reiche Ecru - Farbe haben
würde. Der dazu passende Hut aus
naturfarbigem Stroh hat eine Krone
aus gelben Rosen, mit Schleifen aus
braunem Atlas.
Das einfache Kleid des nächsten
Bildes (Fig. 2) kann aus Eingham.
Leinen. Chambray oder irgend einem
anderen passenden Waschstoff geser
tigt werden. Die Bluse weist eine
schmale eingesetzte Weste aus demsel-
den oder einem kontrastierenden
Stoff auf, der, wenn er karriert ist,
schräg geschnitten werden kann. Der
Kragen und die breiten Aermelauf
schlage sind mit einer schmalen Stil
sche aus Spitze oder einfachem Ba
tist besetzt, ebenso die Kanten der
Llusentaille, welche über die Weste
fallen. Der Rock hat ein einfaches
Mittclpanel ohne Lesatz. Zur Wer
zierung von Bluse und Rock wurden
kleine Perlmutterknopfe verwandt.
Die eng anschließenden Turbane,
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wie ein solcher Im nächsten Bilde
iFig. 3) skizziert ist. sind besonder,
kleidsam für junge Mädchen. Sie
passen vor allem sehr gut zu 2ail
leurkleidern. Diese neuesten Fa?onk
sind aus so seinem Stroh gefertigt,
deß sie in irgend eine beliebige Form
gebogen werden können. Bei unserem
Modell wurde seine schwarze! Stroh
verwandt, mit Kronenband und Ein
fassunq aus Samt. Tie einzige an
dere Garnitur bildet ein durch star
ken Draht aufrecht gehaltene Schlei
fenraar ans weißem Tüll.
Das nächste Kleid (Fig. 4) ist ein
Sommerkleid für ein sechzehnjähri
ges Mädchen und ist auS waschbarem
Hxift gefertigt. AU Besatz wurden
Streifen von besticktem Cr,pe der
wandt. Tie Stickerei kann in Weih
oder farbig ausgeführt werden. Eine
breite Falte auf der Bluse ruft einen
Bolero-Effekt hervor, der noch er
lwht wird durch den schmalen Band-
besatz auS besticktem Erpe. welcher
mit dem Rande parallel läuft. Den
XL
vorn befindlichen Schluß der Bluse
ui.d des Rockes bilden aebalelte
Knöpfe. Der Rock ist unten auf je
der Seite oeschlidt und mit den
Knöpfen und der Stickerei verziert.
Das für den Strakengevrauch be
stimmte Kinderkleidchen des nächsten
Bildes (Fig. 5) ist aus dunkelblauer
Serge gefertigt, während für Kra
gen. Aermclauffchläge und Gürtel
ein Seidenstoff in matter blauer
ssarbe verwandt wurde. Auch kann
das Kleidchen sehr vorteilhaft aus
irgend einem waschbaren Stoss her
gestellt werden. Der Schnitt ist im
Stil der russischen Bluse gehalten,
mit Schulterstreifen, die mit Knöp
fen besetzt sind. Dieselbe Knopfver
zierung tragen die breiten Aermel
aufschläae. unter welchen die ziemlich
weiten Aermel ein wenig eingezogen
sind. Tie im Schisserknoten ver
tnüpfte Krawatte kann aus Seide
oder ähnlichem Stoff gefertigt wer
den.
Ein bübsckes RachmittaaSkleid auS
changierender Faille-Seide einer
da schönsten Seidenstoffe, die es gibt
ist im lebten Bilde (Fia. 6) dar
gestellt. Die Schönheit des Stoffes
spricht bei dem einfachen, aber gra
liefen Schnitt für sich selber. Die
Bluse schließt schräg über der Brust
und zwischen zwei schmalen Revers,
die ebenso wie der Kragen und die
Aermelmanschetien auS dunklerem
Atlasstoff gefertigt sind, tritt eine
schmale Weste aus getauftem Aez
stoff zu Tage. Der überaus einfa
che Rock hat seinen Schluß gerade
an der Front herunter. Durch den
Hut aus Hanf und Seide ist eine
Pfauenfeder gesteckt, deren schillern
den, Farben mit der oes Klel0stosses
harmonieren. .
In unerhörter Weise
ist in Rom die jugendliche Tochter
des Münchener Psychiater Profes
sor Kreapelin am hellichten Tage
belästigt worden. Auf der Piazza
San Carlo wurde die junge Dame
plötzlich von einem Manne sestge
halten, der sich für einen Kriminal
Polizisten ausgab und ' Fräulein
Kraepelin aufforderte, ihm zu fol
gen. AIS die Dame sich entschieden
weigerte, faßte der rohe Bursche sie
brutal an, um sie zu einem Wagen
zu schleppen. Die Dame wehrte sich:
es sammelte sich eine große Men
schenmenge an, vor der der angeb
liehe Polizist das Mädchen einem mi
nutiösen Berhör unterzog, wobei er
wahrhaft groteske Fragen stellte. Die
Dame antwortete ,n mangelhaftem
Italienisch, so gut sie konnte, bestand
cber auf ihrer Weigerung, in den Wa
gen einzusteigen, als der Bursche daS
Ansinnen nach beendetem Verhöre
nochmals an sie stellte. Da die Men
e nun gegen ihn Partei zu ergreifen
begann, mußte er 'schließlich . von jev
turn Opfer ablassen.' ES ist; rüchr
festgestellt, ob es sich um den Ueber
griff eines wirklichen Polizisten oder
tm einen Rowdy mit üblen Wich
t,tcn handelt.
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5s r er äfft.
Von Hermann Horn.
Bon einer Brise gebeugt, über der
tf- blaue Himmel lachte, ward die
Bark von ihren weißen Segeln über
daS windgestreiste Meer nach der
Küste gktwgen. Die Anker rasselten
in die liefe, und wie die Matrosen
oben auf den Rahen daS Segeltuch
beschlugen. sahen sie die Küste deut
lich vor sich liegen. Gerade vor ih
nen war schneeweißer Sana, links
d.wirn eine Bucht, in die ein Fluß
mundete, hinter dem sich die Maha
aoni und Zedern Wälder dehnten,
deren Stämme sie laden sollten; und
rechts träumte dai Meer über der
borgene Klippen hinweg, über die es
von Zeit zu Zeit erschrocken ausfuhr
und wilde Satze machte.
Gegen Abend schwieg der Wind,
und während das Land in schwere
Farben gehüllt langsam in der Tun
kelheit versank, kam ein Boot geru
dert. Bon seinen Riemen glitzerte
daS tropfende Wasser von vielen sun
kelnden Pünktchen durchseht und vorn
glitten die Lcuchtwcllen ins weiche
Meer. Ein bleicher deuischer Kauf
mann, mit blauen Augen, stieg auS
zum Besuche des Kapitäns. Und un
ten im Boot legten sich die braunen
Ruderer lang auS, starrten gegen den
Himmel, der Sterne bekm, und san
gen eintönig vor sich hin.
Die Mannschaft guckie kaum da
nach; sie kannten die braunen Umbri
zur Genüge, weil sie sä:on seit vie
len Wochen hier an der Küste um
hersegelten und hungrig waren nach
den gebratenen Bananen, die aus der
Küche dufteten.
AIs sie aber nach dem Essen vor
sich hinträumend vorn in der Dun
kelheit umherlagen und ihre Pfeifen
rauchten, ertönte plötzlich ein wüten-
des Bellen des kleinen, weißen Hun
des des Steuermanns, und als einer
hinlief, fah er daS Tier aufgeregt
nach einer Masse bellen, die auf der
Reling gelagert schien. Tem Matro
sen ward unheimlich. ,He", schrie
er, waS ist das?" .Verdammt,
waS ist das", feuerte er sich selber an.
Da kam plötzlich Leben in die
Masse, man hörte behende Sohlen
auf dem Rand der Reling sich davon
greifen, dann plumpste etwas ms
Wasser, ein glühender Streifen glitt
durchs Meer, und einen Augenblick
sah der Mairose einen Mann in ei
nem kleinen Boot in der Dunkelheit
verschwinden. Aber drüben lagen
noch die beiden braunen Umbri im
Boot und sangen gegen den Himmel.
Der Matrose lief das Schiff bis
zur Kapitänskajüte, um nach dem
Boote zu spähet, und rief den Ka
pitän mit aufgeregten Werten an.
Der tauchte aus dem' hellen Raum
auf mit dem Steuermann und dem
Gast dahinter.
Der Kapitän hörte ihm zu. dann
sagte er: ,O, das war nur der See
äffe" und wandte sich an den blei
chen Deutschen: Hast Du ihn gese
hen?" Aber der lächelte wie zu
etwas Bekanntem und Natürlichem,
und schüttelte den Kopf.
Seeaffe Seeaffe , dachte der
Matrose, wahrend er wieder . nach
vorn ging, und füllte die Köpfe der
andern mit seiner Erzählung.
Den andern Tag fing die schwere
Arbeit an. Anker mit Bojen dran
wurden ausgeworfen gegen daS Land
zu, und schwere Taue liefen daran
vom Ufer nach der Bark, die ihre lee
ren Rahen spreizte. An dem Tau
es waren noch Boote vorgespannt
zogen die braunen Arbeiter die Flö
ße von gelben viereckig behauenen
Zedernftämmen von jener Flußmün
dung aus anS Schiff. Tief lagen die
Rafften im Wasser, daö darüber
hinspülte.
AIS der erste Balken an Bord ge.
hievt ujix, sprang plötzlich etwa?
davon ab und saß auf der Reling
wie ein großer Affe. Aber es war
ein Mann ohne Beine. Der ganze
Rumpf war mit grauen Haaren be
deckt, und die Arme wuchsen wie zwei
rotbraune, keulenartige Stamme au!
der Bordwand, die die großen Hän
umspannten. Er schaukelte den Kör
per mit vorsichtigen Bewegungen
zwischen den Armen hin und her,
während seine braunen, .wilden Au
gen tastloS von einem zum andern
wanderten.
Wie er den kleinen, weißen Hund
des Steuermanns an Deck herum
springen sah, der seiner noch nicht
gewahr geworden war, warf, er plöh
lich mit einem Ruck den Körper nach
hinten, ließ sich in die Ellbogen fal
len, und blökte den Hund zähneflet
schend an, daß das Tier erschrocken
zurückwich. Als eS dann wütend zu
bellen begann, ließ dieses seltsame
Wesen ein hartes, lauteS Gelächter
erschallen, wie es Taubstumme an
sich haben. Darauf watschelte er bIS
zur nächsten Wante. an der er stq
wie der Wind hinaufhantelte. In
halber Masthöhe hängte er sich an ei
nen Arm, daß er wie eine große Fle
dermauS aussah. Dann nahm er in
Sturm den ganzen Mast bis zur
obersten Rahe. Dort hing er in bei
den Armen, ließ wie ein Vogel klat
schend etwa an Deck fallen und stieß
ein wildes Gelächter aus. Am Ende
fukjr! er bis an die Rahnock hinaus,
ergriff in Brassentau und ließ sich
dargn heruntergleiten, daß er mit
dem nachgebenden Tu in weiten
Bögen in der 'Luft sckwana. bis er
aus einmal wieder auf seiner Reling
sag. den Körper langsam zwischen
den Keulenarmen schaukelte und die
Augen von einem zum andern glei
ten ließ.
Jetzt setzte er sich, trommelte sich
mit beiden Handen aus Brust uns
Bauch und schrie: mangcr, man
tjer, plcnty Iningcr, plcnty
liiinjrcr r
Aber ehe ihm noch einer etwaS
hatte geben können, fuhr er plötzlich
wie besessen mit einem dumpsknur
renden Laut von innen die Wanten
hinauf: und wie er jetzt mit einer
Hand hängen blieb, sah man. daß
der kleine, weiße Hund dei Steuer
mannS sich tn seine Hüfte verbissen
hatte und an ihm hing. Er tastete
vorsichtig nach ihm und schloß seine
riesige Hand, die innen faltig und
hart wie eine Bärentatze war, um die
Kehle bei Hundei. bis der die Zäh
ne frei gab. Tann hob er ihn mit
dem Kopf zu sich und beobachtet;
ihn, wie er zu verenden schien unter
seiner mörderischen Faust.
Da gerade hieb ihm der Steuer
mann mit einem harten Tauende
quer über den Buckel, daß er den
Hund erschrocken fallen ließ und wei
ter hinauf eilte, ehe er sich umsah.
Da stand der Steuermann noch
und drohte ihm hinauf. Die Mann
schaft stand erschrocken und aufgeregt
vor dem Spuk. Der Kapitän und
der bleiche deutsche Kaufmann waren
auch gerade an Deck gekommen und
lachten, ohne daS Vorhergehende ge
sehen zu haben. .He. der Seeafse."
rief der Kapitän und verzog grin
send sein Schisfergestcht. laß ,hn
man. Steuermann!"
Darüber wurde der Steuermann noch
weißer als er schon war, und seine
schwarzen Augen glühten: Egal,"
rief er. so lange ich hier bin. komm!
er mir nicht mehr an Bord!"
Der Kapitän wollte noch etwas
sagen, aber er schwieg, als er dem
Steuermann ins Gesicht sah, uns
ging in seine Kajüte; denn wenn der
von diesen Anfällen besessen war,
konnte sich ihm keiner widersetzen.
Tie Schauerleute in Hamburg sind
gewiß verwegene und selbstherrliche
Leute. Aber der Kapitän und die
Mannschaft hatten einmal mitange
sehen, wie er mehr denn zwanzig von
ihnen in solchem Anfall zu Paaren
getrieben hatte. Er hatte ihnen de
fohlen, die Lücken des Laderaumes
zu schließen, und sie wollten davon
laufen, ohne gehorcht zu haben. Da
war er vor sie getreten und hatte
geschworen: keiner verließe das
Schiff, ehe die Arbeit nicht getan sei;
und so machtig hatte seine Stimme
und seine Leidenschaft gewirkt, daß
die erregten und schreienden Leute
plötzlich ganz still wurden und das
Verlangte taten. Und vor seinen
Augen mußten sie, die Lücken so dich!
machen, als ginge es in See. Als
sie fertig waren, hatte er leise auf
geseufzt, und jeder war überzeugt
gewesen, er hätte den getötet, der
nicht gehorcht hätte.
Ter Seeaffe guckte eine Weile nach
dem Steuermann herunter, dann j
schwang er sich mit einem PlumpS
ins Meer, und man sah ihn mit
seinen langen Armen den roten Kör
per unter dem Wasser vorwärts be
wegen, daß er aussah wie ein krebs
artiges Meertier. In seinem kleinen
Boot hockte er sich nieder, rang sein
blaueS Lendentuch aus. befühlte fei
ne Wunde mit den Fingern und de
trachtete daS Blut, daS an denen
klebte. Bald darauf sah man ihn
in seinem Boote treiben, worin er
vorn kauerte und mit dem Speer
in der Hand auf Fische lauerte. Wenn
er einen gespießt hatte, stieß er einen
gellenden Schrei dei Triumphes aui.
An Bord war ein brauner Lotse,
dem befahl der Steuermann, er rnö
ge dem Seeaffen mitteilen, wenn er
noch einmal an Bord und in die
Masten käme, schösse er ihn herun
ter. Die braunen Umbri. denen der
Lotse daS mitteilte, erhuben ein Ge
schnatter und Gelächter, und riefen
dem Seeaffen allerlei zu.
Keiner wußte mehr von dem See
offen. Er wohnte weit oben am
Flußufer tn einer Hütte für sich. Kei
ner vermochte zu sagen, ob er seine
Beine verloren oder von Geburt an
so hatte. Nur wenn Schiffe kamen,
war er da, half den braunen Umbri
wie dem Schiffsvolk, bettelte um al
lerhand Dinge und kletterte stun
denlang in den Masten umher. Der
Steuermann war nach dem Borfall
mit der Mannschaft wieder an di:
Arbeit gegangen und sprach kein
Wort darüber. Als aber am Abend
der Seeaffe kam und Fische zum
Kauf anbot, wieS ihn der Steuer
mann, ohne ein Wort zu sagen mit
erhobenem Arme fort. DaS seltsame
Geschöpf gab einen Schwall von
Worten von sich, griff an feine blu
tende Wunde, zeigte sie und schwang
seine Arme. Aber der Steuermann
sah ihn nur mit seinen glühenden
Augen an und streckte weiterhin die
Hand fortdeutend auS. So wandte
der Seeaffe sein Boot und ruderte
wieder davon. '
MS aber der Steuermann zum
Essen unter Deck gegangen war und
die Mannfchaft nach dem Boote quS
guckte, lag eS langsfeit und "der
Seeaffe mit lauernden Augen darin
nen. Als sie sich ' vorbeugten, um
besser zu sehen erhob er,, ..sich und
zog me Decke von einem Haufin
Muscheln. Fischen, geschnitzten Sto
koSnußschalen und Flaschenkürbissen.
Jedem drückte er davon in die Hans
mit eindringlichen Gebärden. Und
während die Matrosen daS zögernd
nahmen und betrachteten, deutete er
nach dem Masten, stieß allerlei kla
gende und sehnsüchtige Laute aui
und suchte mit den Augen zwinkernd
ihr Einverständnis. Die Leute lacq
ten verlegen, zuckten die Achseln, lie
ßen ihn aber gewähren, als er dai
Schiff bestieg.
Bald faß er oben auf der Bram
rahe und schaukelte den Körper mit
vorsichtigen Bewegungen zwischen den
Armen hin und her, und als die
glitzernde, leuchtende Dämmerung
des heutigen Abends daö Takelwert
in schwarze Kreuze und dunkle Netze
verwandelte, hing er wie in Stück
davon, ganz versunken da oben in
seinen Armen und ward mit den
verschlafenen Bewegungen de Schis
sei hin und her gewiegt. So ge,
wahrte ihn der Steuermann, als er
wieder an Deck kam. Er betrachtete
ihn genau durch sein GlaS und ging
dann, als sehe er die herumstehende
Mannschaft nicht, mit festen Schril
ten ?ach seiner Kammer. Bald kam
er wieder mit seiner Flinte. Er luv
sie vor aller Augen und schoß nach
dem Seeaffen hinauf.
Der fuhr, vom Bogeldunst getrof
fen, wild zusammen, hantelte sich ei
lig die Rahe entlang und ließ sich von
ganz da eben sofort ins Wasser fal
len.
Wie ein Seehund taucht er vor
sichtig mit dem Kopf neben seinem
Boot auf, bestieg ei eilig und rüder
te davon. Außer Schußweite fuhr
er dreimal um da Schiff herum,
dann hörte man ihn ein Gebrüll
ausstoßen, in welchem Schmerz und
Zorn gemischt waren, und er der
schwand m der Dunkelheit.
Drohend wuchsen die Mairosen in
der Dunkelheit zusammen, und da sie
sich beieinander suhlten, erhoben sie
ein Gemurmel. Da drang des Steu
ermanns Stimme in einem seltsam
gellenden Ton, als bändigte sie einen
Sturm, vom Achterdeck herüber:
.Wenn einer waS zu sagen hat her
mit ihm wenn nicht in die Ko
je und die Ankerwache an Deck!"
DaS Gemurmel verstummte, und ihre
Gestalten verschwanden.
Die Matrosen hatten dem Seeaf-
fen durch die braunen Umbri Tabak.
Salzfleisch und Hartbrot schicken
lassen. Er kam zedoch nur selten
in die Nähe des Schiffes. Bon wei
tem sah man ihn bisweilen nach dem
Schiff herüberstarren; und wenn er
seinen Speer nach den Fischen warf,
vernahm man nicht mehr seinen get
lenden Schrei.
Eines Spätnachmittags war eine
Rafft von Zedernftämmen abgetrieben
und ein Teil der Mannschaft rüder
te sie mit dem großen Boot wieder
heran. Der Steuermann ließ gleich
zeitig vom Bord aus an einem Tau
ziehen, das an der Rafft befestigt
war.
Sein kleiner, weißer Hund war
vom Boot aus aufs Floß gesprun
gen und bellte von da aus die Wel
len an, die nach seinen kleinen Pfo
ten leckten.
AIS er eben ein wenig zitternd,
mit eingeklemmtem Schwanzstummel
am Rande stand, kam unter dem
Heck der Bark der Seeafse in seinem
kleinen Boot angeschossen und kriegte
ihn zu fassen. Er schwang ihn in
sein Boot, ließ die Ruder sinken und
zerpflückte das schrecklich brüllende
Tierchen vor den Augen seines Herrn.
Glied um Glied riß er ihm auS mit
seinen Keulenarmen und Bärentatzen,
und schleuderte sie knurrend und bel
lend nach dem Steuermann on Deck.
Dann stieß er sein gellendes Lachen
quS und ruderte davon.
Der Steuermann ward schneeweiß
vor der versammelten Mannschaft
und hielt sich am Geländer fest, wo
er stand. Plötzlich riß er feinen
schweren Körper herum und lief mir
vorgebeugtem Kopf und gebogenen
Knien davon. Alle' seine Bewegun
gen fingen sich in einem feltsamen,
schweren Gestampfe, wie bei einer
angeheizten Maschine, und ebenso
kam er wieder mit seinem Gewehre
und einer Hand voll Patronen.
Steuermann, Ihr werdet Euch
doch nicht unglücklich machen." raun
te ihm der Kapitän zu.
Doch der Steuermann blickte nur
nach dem enteilenden Boote, berech
nele, daß eS für einen Schrotschuß
schon $u weit sei, wandte sich, nur
mit seiner Leidenschaft beschäftigt,
mit ebenso seltsam schweren ,Bewe
gungen um, eilte daS Deck entlang
und sprang in deS Kapitäns kleine
Gig, die neben der Fallreep schau
leite.
Bald darauf sah man ihn hinter
dem andern Boot dreinfahren. Lan
ge sahen ihm alle nach, bis er mit
dem Boot deS Seeaffen in einem fei
nen, weißlichen Dunst der Ferne ver
schwand. Und bald kam die Nacht.
Keiner sah die beiden wieder. Kein
Schuß, kein Schrei war vernommen
worden, selbst die Boote waren nichl
mehr aufzufinden. Wahrscheinlich
hatten die braunen, schnatternden
Umbri sie gestohlen..
Gedankensplitter. Bei
gilbte .Stammbücher" lehren uni, wie t
anspruchslos wir tinjt waren.
Schlampige Unisormen.
Elfllinmf (inrl ArinniftH
ttitb rini
(Inttwt feirtnf.
,SInd Sie schon einmal
in
.Deutschland gewesen?" fragt Clment,
! Baute! im Pariser Matin". SDeniF
! Sie dort waren, ist Ihnen sicherlich
die Eleganz der deutschen Soldaten
uniformen aufgefallen. Am Sonn
tag kann der Ausländer leicht auf den
rti.V 1 L.C i.!. fU..Mlf.
i viiuuiiicn icmmrn, vag Die uiuinu
nur aus Unteroffizieren bestehe. Der
gemeine Soldat trägt ine Uniform
von feinem Tuch, die offenbar eigeni
für ihn angefertigt worden ist; sein
Ledergurt ist lackiert; seine Kopfbe
deckung. Helm oder Mütze, ist beinahe
schick ... Wenn man nicht Bescheid
weiß, sagt man bewundernd: Wil
Helm hat sich aber sehr in Unkosten
gestürzt, um seine Soldaten proper
zu kleiden!" ... So ist daS aber
nicht. Diese Uniformen kommen
nicht auS dem Kompagniemagazin.
Nach alter Sitte nimmt der deutsche
Soldat, wenn er eingezogen wird,
eine nagelneue Eztrauniform mit: sie
ist in Geschenk seiner Familie oder,
wai noch häufiger der Fall ist, der
Familie seiner Braut. Damit Fritz. .
Hermann oder Otto al! Soldat schön
aussehen, bringen ihre Angehörigen
manche! Opfer: sie rüsten den Rekru
ten vom Kopf bis zu den Füßen aui.
ES braucht kaum gesagt zu werden, ,
daß diese Uniform nur für die Son 1
tagsouSgänge dient; daneben gibt 's
eine weit weniger schmucke vorschrifti
mäßige Uniform, die der deutsche
Soldat an der Kaserne oder bei der
Uebung trägt.
Ich will nicht vorschlagen, daß dai
alles, auch in Frankreich, so gemacht
werden soll. Wir sind sparsamer ali
die Deutschen, und unserem Dumanet
ist ein Postanweisung lieber als ein
noch so blitzblanker Ledergurt. Gan,
abgesehen davon, daß in Frankreich
der gemeine Soldat eine Extrauni
form nicht tragen darf. Da nun aber
die dreijährige Dienstzeit wieder ein
geführt werden soll, möchten wir die
Militärbehörde bitten, diese Pille ein ,
wenig zu überzuckern, indem sie unsere
Soldaten ein bischen besser kleidet.
Wenn man Liebe zur Uniform er
wecken will, muß man diese Uniform
reizvoller gestalten ... Und man
wende mir nicht ein. daß dieS nutzlos
vertanes Geld wäre: gar viele gehen
nur deshalb zum Militär, weil ihnen
die Litzen und die Uniformschnüre sa
gut gefallen ..."
'Auf diesen Vorschlag zur Gute hat
Element Baute! bereits e.ine Antwort
erhalten; ein Schneider schreibt ihm:
Geehrter Herr! Sie behaupten,
daß die Uniformen unserer Soldaten
nicht elegant genug aussehen, weil sie
schlecht zugeschnitten und schlecht ge .
arbeitet seien . . . Sehr richtig! Und Z
als Schneider und Patriot bin ich
sehr betrübt darüber, daß unsere Sol
daien so herumlaufen müssen. O,
diese Röcke, die mit dem Hackbeil zuge
schnitten zu sein scheinen! Und diese
Hosen, mein Herr, die um zehn Zenti .
meter zu kurz sind, und deren Ta
schenöffnungen so wit auseinander
klaffen wie die Zugänge zur Unier
grundbahn! Deswegen sind wohl
auch die Freiwilligen bei unS so sel
ten ... Mit 18 oder 20 Jahren ist
man noch eitel, will man noch gefal
len: die jüngeren unter meinen Kun
den sind besonders schwer zufrieden
zustellen. Sie lönnen sich also den
ken, daß sie keine besondere Lust
haben, einen Beruf zu ergreifen, in
dem man so schlecht gekleidet ist! ...
Gegenwärtig werden neue Unifor
men entworfen. Eine vortreffliche
Gelegenheit für Herren da oben, sich
ein wenig um die Eleganz unserer
Soldaten zu kümmern. Kraft alter
Tradition werden mit dem Ent
Wurf" der Uniformen die Maler be
traut. Mische ich mich etwa ein, wenn
es gilt, Fresken für dai Pantheon zu
entwerfen? Könnt man nach so viel
mißlungenen Versuchen nicht die
Schneidermeister, also Leute, die
etwas vom Zuschneiden und vom Nä
hen verstehen, beauftragen, die neuen
Uniformen zu entwerfen? Ich sehe
Sie lächeln... Warum denn? Sind
wir nicht dazu da. die Mode zu schaf
fen und die Leute anzuziehen? Ist
es txnn gar so komisch wenn ein
Buchhalterposten ausnahmsweise ein
mal einem Buchhalter und nicht einem
Tanzmeister übertragen wird? Wir
wollen die französische Armee anzie
hen, dann mögen die Herren Maler sie
anmalen ... Wenn wir diese Ee
nugtuung nicht erhalten, sind wir
Schneidermeister entschlossen, im Sa
lon festzustellen!"
Der 19jiihrige Rechts,
braktikant Mat. vo. Scbesfel. btt des
Dichters Namen forterhalten sollt, ist
rv . . . in 5. ? . cni . ia . r r.
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von Scheffel, in Karlsruhe an dest
Folgen einer Lungenentzündung ge
storben. -
7-Auf seinem Gute tn
der Nähe von Newport ist dieser Ta
ge der angeblich reichste Mann von
England, Bjscount Tredegar. gestor
len. Sein jährliches Einkommen
(meistens aus Minen in WaleS und
anderen Teilen deS Königreiches so
wie großen Besitzungen in Indien
und anderen Kolonien) wird auf l
fünf Millionen Dollar attä'M.
Den Kriinkrieg hatte er als junger
issizier mllgemacyt uno warz einer
der beiden einzigen Lberlebendetz Os
siziere die den berühmten TodeSritt
c.uf Balaclava mitgemacht hatten.