Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, March 08, 1913, Image 2

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    I .
Udr ,hscht. '
Von Llse von Schioarh.
tln Wh Heimni fiiüen wn
2ürnt sich ixt tchrtf u fccljcn t n'en
Hun'ln.
Und fctliDftfiin, mit stimmn Klügeln
Echivingt sin tnütx üiflljeiiMiar.
tf 1a Tammrrn rtrfcü Iri fjernitbet
Und ttitlt da Land tn Träume ein
iinftre Heimat ftiOtn Wegen ,
Bin Ich allein.
iu bist ein Wandrer in ter EJrlt
werden,
ll-.id nur, fco sich die fern Hiele zeigen,
'aut si.h dein Mit in flüdbfi Ha
An dein Heimat stille rgrn
-vun ruhe aus.
ZNirzelsZöpft.
Skizze don 51 rühme.
Mirzel Flemming war ein hübsches
Mädchen. Jeder mußte das zugeben.
Ihre Augen waren groß und dunkel.
Die Lippen voll und weich. Ihre
Zähne reihten sich wie Perlen nein,
nder. Ihre Sestalt war schlank und
ihr Gang klastisch. Dazu kam noch
der Zauber ihrer Jugenv. Ja. olles
war jchön an ihr.. Aber am schönsten
waren ihre Zöpfe. Ihre beiden gold
blonden Zöpse. Sie reichten ihr bis
an bU'jini und wenn sie daS Haar
auflöste, so umhüllte ti sie wie ein
Mantel. , Aber . Mirzel war arm.
Sehr arm. Soza: die Aermsie im
ganzen Torfe.
Mityl, Kbte mit ihrer Mutter, die
früher in einer größeren Stadt ae
wohnt! und bessere Taqe gesehn hatte,
in einer durstigen Wohnung am Ende
deS !DorfeZ. Mutter und Tochter
riahrten sich on nähen und sonstigen
Handarbeiten. Aber, da die Mutter
oft krank war. hatte Mirzel die größte
Last 'der Arbeit zu tragen und ihr
Verdienst wollte bei allem Fleiß nicht
immer für die nötigsten Lebensbedürf'
isse ausreichen.
Me heiratSfähiflen Bauernburschen
Kare in sie verliebt. Einen Heirats
ntrcrg hatte ihr jedoch noch keiner ge
macht. Wohl manche! htte damit
nicht gezögert wenn die Eltern
nicht wären. Aber so ein alter Bauer
will keine Schwiegertochter, die nichts
iceitet mitbringt, als waZ sie auf dem
Leibe trägt.
Und wie stand ti mit MtrzelS Her
, zen? Sie wußte genau, daß sie kei-
Titx von den Söhnen der wvhlhaben
den Lauern heiraten konnte, obwohl sie
1 vielleicht ganz gern als Bäuerin in
einerr stattlichen Bauernhof eingezogen
' id5. :- Sie kannte die Lauern zu ge
au und baut keine Luftschlösser, die
doch bald' wieder einstürzen würden.
Sie ließ ti sich gefallen, wenn man
ihr nach bäuerischer Art den Hof
-irMfa Sie war ja noch so jung und
welches Zunge. Madchen sollte es nicht
gern sehen, wenn man ihr den Hof
macht. Es wäre nicht weiblich, wäre
ti anders. Aber sie dachte nicht anZ
Heiraten, wenigstens wollte s: nicht
daran denken, und ihre Armut machte
sie nicht traurig.
Ei war wieder einmal eine Zeit ge
kommen, ws sie allein für ihren Le
densunterhalt sorgen mußte, denn die
Mutter lag auf dem Krankenlager
und konnt nicht arbeiten. Um mehr
zu verdienen verrichtete sie bei dm
alten Förster Waldarbeiter trotzdem
sie daran gar nicht gewöhnt war.
EineS Sonntags war die Mutter
so schwach, daß Mirzel in ihrer Angst
deq Doktor rief, der gerade im Dorfe
war. obwohl st keinen Pfennig hatte,
sagte er: .Deine Mutter ist sehr
krank, Mirzel. und wenn nicht balö
Hilfe geschaffen wird, siehe ich für
Nichts.'
- .WaS fehlt denn der Mutter?"
(ragte Mirzel, der di: Tränen in die
lugen kamen,
.Was ihr fehlt? Hm, so eine tick)
tige Krankheit, die man mit Tropfen
und Pillen heilen konnte, hat sie nicht.
n.; m:n. i.. ,!.
i 'JlUll, JitopCH uiu Piucii tun rs tici
nicht. Damit ist nichts zu machen
Die Mittel, die hier helfen, holt man
nicht aus der Apotheke."
.0 Herr Doktor," rief das junge
Mädchen ängstlich, sagen Sie mir.
tvaS meiner Mutter hilft."
.Ja, Kind, das will ich Dir sagen.
Das einzige, was hier hilft, ist eine
ichliche und kräftige Nahrung.
Deine Mutter ist ganz von Kräften,
. wie man zu sagen pflegt. Eine Ms
tige Fleischbrühe, ein paar Tauben,
ein Glas guten Wein und dergleichen,
daS hilft. Wier Wochen lana eine
solche Pflege und eS ginge nicht mit
.rechten Dingen zu. wenn Deine Mut
ter nicht wieder auf die Beine käme."
.Ach, Herr Doktor, wir sind ja ,'o
arm."
.Leider, leider. Kind. Mußt Dich
an die reichen Bauern wenden."
Mittel schüttelte den Kopf. .Die
geben nichts," sagte jte traurig.
.Armes Kind, just mir leid . . .'
.Wenn ich nur nicht zu arm wäre.
seufzte Mirzel. Ich habe schon alles
Entbehrliche derkoust.
Der Dokter. der selber zu Hause
sechs Kinder und nichts zu verschenken
hatte, zuckte di Achseln und wollte sich
entfernen. Da fiel sein Blick auf die
vräckticen Ätofc un! er sagte scher
zend: Du bist nicht so arm. wie Du
v...rt ni?;f 5, fcnft fnnnr ,!nn
,vtiutf anifln. vi i-o- " "
reichen Schad.'
. . Mttzet ölickte den Arzt fragend an.
. ..Dem beiden Zöpfe sind viel Geld
tr-,t. Wenn Du sie verkaufst in der
f ,t, ttlOmrnu. jü UllNiXlinia viti
' bafiit..; V
'--i t'tlt noch nichts davon ge
r.23 sein Haar verkaufen
tonnte und daß jemand sich Haar
taufte. In ihrem Dorfe Irntte jeder
Ha.ik qenuz und wer nichts qenug
halte, nun.' dem war eben nicht zu
helfen. E ging dann auch so. Sie
machte ein rerdutztes Gesiebt,
jitratictft rniA nicht so .'?wundert
angesehen, 5llkine
Es iit lo. ivie ich!
'l
sä?'." c , . n
.jst könnte meine 'vU rkfcn
- für dreißig !U!arl.'-
aus mein M, Madchtii.
Wer n-iirde f;e den.: kaufen?"
Viun, hast Tu denn noch keine
MrSkjurn.ile ae''then?"
Mir,el sZzütlelte der Kopf. -Mol,
joutiule Linien nickt in ihr einkames
Walddorf, das fünf stunden tcn der
nächsten Stadt entfernt las. Und eS
war auch nicht nötig. Man ltt'.(
sich dort noch so. wie die ältern und
kcßiüern stch gekleidet hatten. Hoch,
siens ein buntkü Äand mehr. DaS
war altes.
.Siedit Du." fuhr der Ar,t fort,
.die Ä!ädcken und Frauen in der
Stadt wissen. d:ß der schönste
2chmuch das H.iar ist. Ohne Haar
auf dem 5iorie sehcn die Frauen haß
nnä. Tai wirst Du wodl innen.
Da nun vielen zu wenig Haar auf
dem Schäöel gewachsen ist. )o kausen
e sich fremdes Haar uns Nken es
ch an."
Und merkt man denn das nicht?"
ragte ganz erstaunt Mirzel.
Nein. Und wenn man es mer:i.
hznn kckadet es auch weiter nicht;.
Die Damen wissen ganz genau, daß
das vrächtiae öaar ihrer guten
Freundinnen "nicht af deren Kopfe
Lkioachfen ist.' - ,
.Und dafür zayien lie creiiZiz
Mark?"
Manchmal mehr, manchmal wenl-
L , rv im
ger. as lornmi aus oie iisa un.
Und Sie meinen. Herr Tckwr.
daß ich dreißig Mark für meine Zöpfe
bekomme?"
.3a, der Friseur gibt Dir minde
stens soviel. Aber es wäre Sckade
um Deine Zöpfe. Kind."
Die letzten Worte rief er vem
Mädchen zu. als. er schon in der Tür
rcar.' Mirzel lay dem Ärzr nnneno
nach. .Dreißig Mark." murmelte sie.
,das ist viel Geld. Dafür konrne ich
der Mutter alles kaufen, was der
Doktor sagt: Fleisch und Eier und
Wein. Aber mein Haar! Meine
Zöpfe! Alle beneiden mich darum.
Ich wurde häßlich aussehen oyne
meine ?.opte. Man wurde uder miq
potten. Nein, nein, ich tue es nicht.
Ich kann nicht."
Sie war an daS Fenster r arm-
eliaen Stube getreten und blickte
traurig durch die kleinen Scheiben.
Ein Sröhnen der Mutter riet st an
:as Krankenbett.
.Hast Du nichts zu essen. Mirzel?
Mich hungert." flüsterte die Kranke
mit schwacher Stimme.
.Gleich. Mutter, qleich. Ich werde
Dir sofort Deine Suppe bringen."
Und sie nahm die leiden letzten Löffel
Mehl und kochte eine Suppe für die
Mutter. Es war das letzte Meyl.
Was nun'. Betteln! Bei den Bau
ern! Nein. Lieder hungern. Arer
die Mutter sollte nicht hunaern, sollte
kräftige Nahrung essen. Das arme
Mädchen strengte sich an. um einen
Ausweg zu finden. Aber sie fand kei
nen. Lon dem bitzchen verdienn
konnte sie kein' Fleisch kaufen. Den
ekten Wochenlohn hatte sie dem irk
geben müssen.
.Es muß sein. Ich darf die Mut-
:tr nickt sterben lassen. Und sie
stirbt, saat der Doktor. Ich bin ihr
Mörder. ? kann sie retten, aber ich
will es nicht, wegen meine: Eitelkeit.
O Gatt! Q Gott! Es geht nik
anders. MöM sie alle spotten. Ich
muß Hilfe schaffen. Und gleich mor
gkn will ich in die Stadt gehen. Ja.
gleich morgen fruy, eve es mir wieoer
leid wird. Und ich will gleich jetzt
zum Förster gehen und ihm sagen,
daß ich morgen nicht zur Arbeit kom
men kann. Ja, das will ich."
Das arme Mädchen machte sich auf
km Wea zum Z?orslhaus. nachdem sie
sich überzeugt hatte, daß die Kranke
wieder eingeschlafen war.
Der sttrsier ist in den Wald
gangen. Mirzel," sagte die alte Magd.
als das zunge Maöcyen nacy vem
Förster fragte. .Aber Herr Feldheim
ist in seiner Stube. Geh nur hinein,
wenn Du was willst."
Herr Feldheim war der Gehilfe des
Försters. Er galt allgemein als
dessen 'Nachfolger im lenfle uno o?e
jungen Mädchen schauten tym yeim
lich nach, sobald er an ihren Fenstern
vorbeikam. Mehr wie eine hätte es
gern gesehen, wenn c sie als Frau
Försterin inS Forsthaus geführt hätte.
. . . rm rr . r i
AVer ver zunge 'cann zuzien nq niazr
diel um die Mädchen zu kümmern, er
ging feine eigenen Wege und hatte
fast gar keinen Verkehr mit den Leu
ten seines Alters, llno so glaubte
man denn, er habe bereits feine
Braut. Trotzdem unterhielten sich
die jungen Mädchen am liebsten von
ihm und wenn zwer ooer orer verfam
wen waren, so konnte man sicher sein.
daß von ihm gesprochen wurde.
Mnzel wutzte natürlich ganzge
nau, was die Mädchen im Dorfe über
Feldheim redeten. Man sprach in
ihrer Gegenwart unbefangen über ihn
und um so ' unbefangener, weil sie
hierbei gar nicht in Frage kam. . So
eine, die nicht einmal in Sonntags
kleid hatte und nicht zum Tanze gehen
konnte, würd er doch nicht heiraten.
Crfinn Vier . fSednnfe darart . hirire
.
lächerlich gewesen. Auch Mirzel selbst
war davon vollständig überzeugt und
sie gab sich nicht den geringsten Hosf
nungen hin. Aber zuweilen konnte
sie es doch nicht hindern, daß leise
Wünsck in Ihrer Seele aufstiegen und
eine Sehnsucht nach Liede in ihrem
jungen Herzen wach wurde. Und
. . . ,. (CJl.
wenn sie ch undemern giauoie. cnajc
cuifi sie vkkllolilkn riack dein Forstat
Hilfen, der so schön und stattlich war.
und in Seukzer entquoll wobl dann
ihrer 'Brust. Einige Male hatte t
bemerkt, daß auch Feldheim sie bei der
Arbeit forschend betrachtete und ihre
Wanken waren unwillkürlich rot ge
worden, wenn ihre Augen den seini
gen begegneten. Sie wußte selbst
nicht warum. Auch er hatte dann
schnell weggeseben. Gesprochen hatten
sie noch nie zusammen.
Und nun sollt se zu ihm in sein
Zimmer gehen. Allein mit ihm sein.
ES überkam ste eine Angst, ihr Herz
zitterte und sie wollte umkehre.!. Da
wurde plötzlich von innen die Tür ge
öffnet und Felkheim stand auf der
Schwelle.
Der junge Fsrstgkbilse war ebenso
erschrocten wie das Mädchen, ols er
sich so unerwartet ihr gegenüber be
fand.
Mirzel faßte sich zuerst.
Ich wollte' zum Herrn Förster."
stotterte sie.
.Der ist nicht zu Hause, aber viel
leicht können Sie es mir lagen, nxis
Sie von ihm wollen." erwiderte Feld
h'im. der inzwischen 'eine Fassung
wieder gewonnen hatte. .Kommen
Sie. bitte, ins Zimmer." Und er
trat zurück und ließ Mirzel eintreten.
.Ich wolle den Herrn Förster nur
bitten, mir moraen frei zu geben. Ich
muß nach der Stadt."
.Es ist zwar viel zu tun gerade,
aber wenn Sie müssen "
.Ja, ich muß. ich muß."
.Tann bleiben Sie nur von der
Arbeit fort. Ich werde es dem Herrn
Förster sagen."
Mirzel wollte nun wieder geben,
aber sie blieb noch stehen und dachte
einige Sekunden darüber nach, ob es
nicht fckicklich wäre, den Grund deZ
Wegbleibens von ihrer Arbeit näher
anzugeben.
.Es ist wegen meiner Mutter." sagte
ste dann verlegene .2:e ist so krank.
, -h fcnt bstönn nth'ört " erwiderte
Feldtieim. der seine 'Augen nicht von
dem jungen Mädchen gewandt h.itte.
.Aber können Sie denn den nxitcn
Weg zu Fuß gehen. Ist es nicht zu
weit?"
Es muß gehen, ich gehe früh
fort."
,Jch muß übermorgen selbst nach
der Stadt. Ich habe einen Termin.
Vielleicht könnte ich es besorgen."
,Ne,n. das geht nicht, lch mufe
selbst hin. Es ist ja wegen meiner
?r.
OuH'-
Feldheim starrte sie an. .Wegen
M nr.o
xS'" onc
rtcki will sie mir abschneiden las-
sen," sagte sie, und die Tränen traten
ihr in die Augen.
Sie wollen sich ihre Zöpfe be
schneiden lassen?"
Mine! nickte, eldbeim blickte das
junge Mädchen verständnislos an.
Ds dürfen Sie nicht." sagte er
exilch. um nur etwas zu sagen.
Ich muß ,a, ich muß. ch wiä es
,a nicht. Aver im mun. eine
Mutter stirbt sonst."
Ihre Mutier stirbt, wenn ie sich
nicht die Zöpfe abschneiden lassen?"
fragte er lachend.
.Ja, der Doktor sagt es."
.Das begreife ich nicht."
.Meine Mutter soll Wein trinken."
fuhr Mirzel fort, .und Fleisch und
Eier essen, hat der Doktor gesagt.
Aber wir baben dock kein Geld, das
zu kaufen und da hat der Doktor noch
gesagt, ich bekäme dreißig Mark für
meine Zöpfe."
.Und für dreißig Mark wollen Sie
sich die Zopfe abschneiden lasieni
rief fast entiekt der orstaebilfe. dem
die Sache jetzt klar zu werden anfing.
.Ja. ii t woy! nicht wayrl
sraate ängstlich Mirzel. die das Ent
setzen des jungen Mannes anders
deutete. .Ich wollte es auch nicht
glauben. Der Tottor hat gewiß nur
Spaß gemacht.
.Verkaufen wollen Sie Ihre Zöpfe
Und für dreißig Mark?"
.Ach. wenn ich nur zwanzig Mark
oder zehn bekäme, dann könnte ich
doch meiner Mutter das kaufen, was
der Doktor gesagt hat.
.Das durken i-te nicht. Mirzel
Denken Sie doch nur, die schönen
Vvfe."
ck tut es auch nickt aern. ein.
gar nicht. Aber ich kann doch meine
Mutter nicht sterben lassen.
.Und für dreißig Mark? Für dret
ßia Mark? Diese Zöpfe?"
.Sie sind gewiß nicht soviel wert.
nicht wahr?
.Ach sie sind viel mehr wert. Hun
dert. tausend Mark."
.Ach. Sie wollen sich über mich
lustig machen, wie der Herr Doktor,
rief iekt weinerlich Mirzel.
.O, wte tonnt ich oas. lies
schönen Zöpfe, dieseS schone Haar, es
ist ni, (Seide." entaeanete Keldbeiin.
Und unwillkürlich nahm er Mirzels
Zöpfe in seine Hand und streichelte
sre. Mnn veugte er nq nieoer ou
hna 4iinn MadckkN. daS l'bm willen
kns ibre 5ZLvs überliek. Und als sein
Mesickt ikrem Lmar nabe war. füdlte
er einen Duft daraus entströmen, der
ihn berauschte uno setne Kippen v:
ILgllche Omaha Tribüne.
rührten die Stelle, wo die Zöpfe sich
eilten.
.Diesel Haar soll einem andern ae
hören, vielleicht sogar einer Dirne!
?.'ein. dai darf nicht sein. Die Zöpfe
gehören mir. hörst Du. Mirzel. Tu
darfst sie keinem anderen geben.
Mirzel verstand nicht, wa Fei?.
heim sagte. Sie merkte es gar nicht,
was er zu ihr sagte. Da erinnerte s
ch plodlich ihrer kranken Mutter uno
e wollte nach Hause. Aber sie konnte
nicht. , Feldheim hatte ibre Zorsk in
einen Händen und ließ sie nicht oi.
.Du darfst Deine Zorfe Nicht od.
chneiden lassen. Keiner darf sie br
rühren. Sie, sind mein. Ich la'se sie
einem andern."
Mirzel wußte nicht, was s,e sa:en
ollte. Er wollte ihre Zöpse. Für
eine Braut? Denn warum sonst?
Eine Traurigkeit kam über sie. Sie
konnte sich keine Ltechenichaft geben.
warum. Aber sie konnte auch vie
Tränen, die von neuem ihr aus den
Augen fielen, nicht zurückhalten.
Willst Du mir Deine Zorfe geben.
Mirzel? Willst Du? Sollen sie
mein sein? Sprich!
Mirzel wischte ihre Iranen ab und
erwiderte traurig:
Wenn Sie ste haben wollen, so
will ich ste zu Hause abschneiden."
.Abschneiden! Be.sielüt Du mich
enn nicht? Ich will Deine Zöpse
und Dich Dich mit als mein
Weib. Äerstehst Tu mich jetzt. Mir
zel. meine lieb: Mind. Ich liebe
Dich ja so sebr, nicht erst seit zetz'.
Ich liebte Dich, als ich Dich zum
ersten Male sah."
Ueber das tunge Madchen kam e,n
Beben und Zittern. Trämte sie denn?
Konnte das wahr sein? Konnte es
oviel Seligkeit gehn? Sie schloß
die Augen und wag!e nicht aufzu-
blicken.
Da nahm sie der junge Mann in
eine Arme und küßte ihren Mund
und ihre Zöpfe.
Sine Tek,nug eegntinit.
Während Segantini wenige Tage
vor seinem Tode an dem Triptychon
.Natur. Leben und Tod' arbeitete.
hatte er eine merkwürdige Todes-
ahnung, die wort-wörtlich in Erfül-
lung ging. Ernesto Bozano. der da-
von erzählt, führt zum Belege einen
Brief der Gattin Segantinis an. den
diese am 7. Mai lsX)0 geschrieben
bat. Tarin erzählt ste ungefähr fol-
gendes: Tei letzten Sonntag, den
Segantini i , Malojt erlebte, ver
brachte er zum Teil in seinem Ar-
beitsaemache. wo er stch auf einen
Sessel zur Ruhe gelegt hatte. Ich
blieb draußen und spielte mit den
Kindern. AIs ich wieder ins Zimmer
trat, dachte ich, er hätte geschlafen
und sagte zu ihm: .Es tut mir leid,
daß ich Tich aufgeweckt habe. Du hast
den Schlaf so nötig." Er sagte dar
auf: .Nein. Teure, es ist gut. daß Du
gekommen bist; denke Dir, ich habe
geträumt, daß ich auf jener Bahre
lag. die man dort aus dem Haufe
trägt (dabei zeigte er auf das Ee
mälde des Todes); Du warst eine
von den Frauen und ich sah Dich
weinen." Ich sagte ihm natürlich, daß
er wirklich geschlafen und dabei ge
träumt habe, aber er blieb dabei,
wach gewesen zu sein und alles mit
offenen Augen geschaut zu haben.
Was er gesehen haben wollte, traf
13 Tage später ein. Sein Bild des
Todes, auf dem man eine Gruppe
von Leuten steht, die aus einem
Alpenhause einen Sarg auf ei.nen be
reitstehendkN bespannten Schlitten ge
bracht haben, stellt wirklich sein
eigenes Begräbnis dar, und die
Landschaft des Begräbnisses ist die
dieses Gemäldes, und die weinende
Frau bin ich.
Laune Bandelairel.
Einige charakteristische Beispiele
von den wunderlichen Launen des
Dichters der Fleurs du Mal werden
in einer Pariser Zeitung erzählt. Je
den Morgen gab er einer alten Frau,
die er .seine Bettlerin" zu nennen
pflegte, etwas Kleingeld. Diese Bett
lerin, eine gekrümmte, verwitterte
Alte, die mit ihrer roten Stumpfnase
und ibren aelben Zäbnen aroteek wie
eine Radierung von Goya wirkte, be-
schaftigte die Phantasie BaudelaireS
immer wieder von neuem, wenn er ihr
läckelnd seinen Obolus reichte. Er
wolle Hexenmeister werden, erzählte
er dann der Alten, und bat ste, beim
Teufel für ihn Fürsprache einzulegen.
Ein andermal ließ er in dem Re
staurant.'in dem er aß, der Katze ein
Dutzend Austern servieren und im
Botanischen Garten konnte er der
Versuchung nicht widerstehen, dem
Löwen eine brennende Zigarre unter
die Nase zu halten, was ihm beinahe
seine Hand gekostet hätte. Als er sich
bei einer berühmten .Dame" ansagte,
schrieb er lakonisch: .Ich werde Ihnen
heute abend meine Aufwartung ma
chen: kämmen Sie sich gut," fo daß
man der Versicherung AsselineauS
beinahe Glauben schenken möchte. Er
erzählte von Baudelaire, daß er,
wenn er abends nach Hause käme, sich
unter sein Bett zu legen pslege, um
daS Bett zu verblüffen.
- Die Damen verstehen alles besser;
r.ur die Liebe, lassen sie sich immer
wieder gern .erklären".
Klumknkorss'
dkizze von Wo$t flffliS,
Langsam rückten die Wagen vor
wärt, während di: Blumen durch d','
Üust flogen und einen schvii!en,
drlllkenden Dult veibreitetcn. Ter
Höhepunkt des Korso war erreicht.
Unter dem blauen Himmel der
di,ra. der nur nock durch das Blcnl
der Fluten übertreffen wurde, fch't'
nen die Menschen w,e verwand i.
Alle Sorgen waren cbestreist. di5
.Morgen" war vergessen, eine bcicchan'
tische Ziigellostakeit hatte die Mnze
er'jsfen. Ter Blumenkerso in Nmj
za. die Apotheose de! Taumel i, der
cirnuf,fuchl. . .
weißer als sonst schien die Sonne,
böher IS sonst stiegen die Wellen h:
Lust und des UkbermutcS. jranbeln
den (Märten gleich bahnten die Wa
,'en sich mühsam einen Wea durch frt
dlcktgestauten Massen der Fesl!ri',n?h'
mer und Zuschauer.
Ein Waien war es kes.'ndkr?. der
die allgemeine Ausmerts.imkkit aus
stch zoa'. In einem prachtvoll!N Lan
dauer. der vollständig unler Pa'inll'
rkilchen verschwand, sa?! eng cneinder
geschmiegt ein junges Pzar.
Er. der echie Zrp der rr.'vcnzili
schen Nasse, war ein Mann von
,vi Tiljrcn. mit düiikklm
Teint und 'brennenden schwarzen Au j
gen. während seine Gesährtin mt
ihrem blonden yacir uno m t -:n
Teint die Nordländerin rcpräien
tierie. Neugierig, bewundernd, neid'ch
wurden sie' von allen Seilen belrzch-'
tet. aber ste schienen r.iils Zu sehen,
nichts zu böien. Hand in Hand und
Auae in Auae saßen sie stumm ne
beneinander. aler ihr Schweigen war
beredter, als die beißest?n LebeZ
schwüre. Es war ein junges Pa.ir aus der
Hockzeitkrsise. Eilig waren ste dem
trüben kalten Norden mit ''einen me
lancholischen Nebeln eniflolxn. um
ihrer Liebe in dem sonnigen bilden
einen würdigen Rahirrt zu etlen.
Eine Woche weilten sie nun in Ni;p.
und diese Woche war ihnen wie ein
entzückender 2raum zu sch7ell cnt
'ckwunden. Blanche träumte. . .
Sie sah ihre kalte sreudlofe In
aend vor stch. da unte.t in Tiintir
chen. in dem Hiuse ihrer Ellern. de
ren aanzes Leben aus Arbeit und
Pflicklersullnna bestand. Ruhig und
eintönia war ihre Jugend versehen.
und ihre schwankend eunol,etr
hatte ihr nicht erlaubt, an den Spe-
len ihrer Altttsgefabrten teiltUN'v
wen. Einer zarten Blume gleich. d?r
jeder raube Windzug schade:, wurde
ste aerflegt und von der Außenwelt
abgeschlossen, und oft. wenn ihr Herz
sich schmerzhaft krampfte. hatten die
Eltern ängstlich geseufzt: .Wir dür
fen sie nicht verheiraten, ste muß bei
uns bleiben."
Und die Jahre vergingen, und
Blancke war auf-eblüh. we eine
zarte, aber um so kostbarere Blume.
Und eines Abende war jemand an
dem Fenster, hinter dem sie mit einer
fandarbeit beschäftigt saß. ror!ib?r
geaangen. ein Zunaer eleaanter Mann.
Einen Auaenblick hatte er sich nach
ihr umgesehen, ihre Blicke batlen sich
i?kreuzt und dasselbe Lächeln bei
der Lippen geschürzt. B'anches Herz
begann schmerzhaft zu schlagen, aber
dieser Schmerz berauschte ste. in ih-
ren Adern rollte das Blut siurmischer
als sonst, und ein unaek.mntes Ge
fühl ließ ste vor Aufregung und
Erwartung erbeben. Am nächsten
Tage kam der junge Mann wieder
vorüber und ariint: sie lächelnd. Sie
schloß errötend b; Vorhänge, aber
ieden Abend wiederholte sich das
Spiel.
Eines Tages glaubte sich Blonche
einer Ohnmacht nahe. Als ste den
Salon betrat, plauderte ihr Voter mit
dem jungen Mann und stellte ihn
auf seinen Wunsch ihr vor. Es war
ein reicher Gutsbesitzer aus der Um
gegend. den der Zufall an ihr Fen
ste'r führt hatte. . . Jetzt sahen sie
sich öfters, und eines Tages bat er
die Eltern um die Hand ihrer Toch
ter. Zuerst macht der Vater einige
Einwendungen:
Sie ist noch zu jung. ihre Ge
sundheit ist sehr schwankend. viel
leicht hat ihr Herz überhaupt noch
nicht gesprochen. .
Als Blancke aefraat wurde, brach
sie in Tränen aus. Ja. sie liebte ihn
. . . und endlich gaben die Eltern
ihre Einwilligung.
Dann kamen die schönen Monate
des Brautstandes, in denen jeder Tag
ihr neue Ueberraschungen. sei es Alu
men oder kostbare Geschenke, brachte.
Und schließlich nahte der Hochzeits
tag. Als wäre es gestern gewesen,
stand es noch deutlich vor ihren Au
gen. Die Kirche war voll von Ver
wandten, Freunden und Neugierigen.
r?in lanaer schmaler Tevvick, sübrte
hin zum Altar, endlos, wie der Weg
des luaes, ven ne nun reiqrnr.
Betäubend duftete die Blumen, mit
denen die Säulen geschmückt waren,
tn! in firitnne des Triumvbks er
schollen die Klänge der Orgel, und
der Mittelpunkt des Festes, eingehüllt
vn kostbaren Sviken und Kalb be
rauscht vun Glück sie selbst, die
Braut an oer" Seite des geliebten
Mannes. An demselben Abend noch
waren sie nach Nizza gereist, dcrt
sollte sich ihr Traum vollenden. . .
Langsam schob sich der Landauer
vorwärts. Von ollen Seiten wurki
da, junge Paar, tat selbstvergkssen
.,ur einander liebte, mit Blumen
überschüttet.
Plötzlich s!oq ein 9!oWkauj der
jungen Frau direkt in Gesicht. Mit
einem Schreckensruf sank Bianche nach
hinten und Robert leuzte sich besorzt
über sie.
.Hast Tu Schmerzen. Liebling?"
Ja."
iDit Rosen haken Tich verletziV
.Rein, nein, nicht daS. . ."
.Du weißt, mein Herz. . ti schlägt
so stark. . . es tut mir weh. . ."
.Tiefer Tvlpel hat lich mit je,
nein Bonqtiet erschreckt."
.Ja. ich glaubte, daß mir da Herz
stehen bliebe."
Robert konnte seine Unruhe nicht
länger bemustern und lehnte sich ouS
dem Wagen.
.Rasch. Kutscher, sah'en Sie unS
auf dem schnellsten Wege nach Hau
se."
.Aber Herr, das ist ja unmög
lich. Mehr als bundert Wagen sind
vor uns, an denen ich nicht vorbei
kann."
.Dann drekxn Sie um."
.Ich darf nicht wenden, und au
ßerlvnt ist es ganz unmöglich."
Mann, schen Sie nicht, kß meine
Frau krank ist? Wir müssen sofort
nach .Hause, oder zum mindesten nach
einer Avotheke.
Ich will es versuchen."
Der Kutscher knallte mit der Peit
sche und sci: Stimme übertönte den
Lärm.
Als Antwort wurde der Wagen von
neuem mit Blumen bombardikrt, und
das Gedränge wurde immer lx'
ängstigender. Inzwischen hatte Ro
bert sich wieder besorgt über seine
Frau gebeugt ?nd ihre Hände ac
saßt. Sie war eiskalt. Er legte sein
Ohr an ihre Brust. Das Herz schlug
nicht mehr. Da rang stch ein dump
feS Stöhnen aus seiner Brust:
.Meine Frau ist tot."
Niemand hörte ihn. Das Lärmen
der Menge vermisch! stch mit den
Tönen einer Musikkapelle, die in ei
nem Pavillon konzertierte. In ohn
mächtiger Verzweiflung rang der
Mann die Hän: Meine Frau ist
tot. um des Himels willen, laßt mich
passieren'" Aber niemand wollte ihn
verstehen. Terg?bcns versuchte er ge
gen die ihn umgebende Menge an
zukämpfen, dann sank er endlich restg-
t in die Kissen zurück. Mit bei
den Handen die schlanke Gestalt um
klammernd, stammelte er: Blanche,
meine süße Blanche."
Der leblose Körper sank gegen die
Brust des Gatten, als wollte er dort
Schutz suchen, und langsam, müh
sa:n suchend, setzte der Wagen seinen
Wea fort. Blumen sloaen in den
Wagen, und da keine Hand ihnen
ircyrte, dccZeaten sie langam oen
.,örpcr des jungen Weibes, das mit
len in Glück und Seligkeit gestorben
nrar. . .
SLielan al Tlxalexdirtltor.
Eine kaum bekannte Episode im
Leben Wielands zeig! ihn unö in den
sechziger Jahren als Leiter der Bühne
in Biberach, der er durch seine Tätig
keit zu besonderer Bedeutung in der
Theatergeschichte verhelfen sollte. Mit
27 Jahren kam Wieland, der schon
bei der berühmten Ackermannschen
Truppe, die seine Lady Johanna
Gray" ausführte, Theaterlust einge
sogen hatte, als neugebackener Sena
tor und Kanzleidirektor in das
Sckwabenstädtle. in dem er seine
Kindheit verbracht hatte. 1701 über
trug man ihm die Leitung des Thea
ter, aus dem von Handwerkern gar
nicht übel agiert wurde. Als Direktor
hat unser Poet nur ein Jahr sun
giert, aber er hat stch auch noch die
nächsten sieben Jahre bis zum Ab
laus seiner Biderachec Zeit gründlich
um alles, was mit der Bühne zusam
menhing, um Repertoiregestaltung.
Ausbildung der Echauspieler usw.
gekümmert. Hatten die Biberacher
erwartet, Wicland werde eins seiner
eigenen Dramen zur Ausführung
bringen, so überraschte er sie gründ
lick. Er kam auf den Gedanken, der
für die damalige Zeit absonderlich
genug war, ein Drama von lyake
speare zu spielen, der ja überhaupt
noch nicht in deutscher Uebertragung
existierte, und er wählte zu diesem
Behufe den Sturm". Am -22. Sep
tember 17G1 fand in Biberach die
überlaupt erste Aufführung eines
Shaiespeare-Dramas in Deutschland
statt. Bekanntlich ist der Hamlet"
erst volle zwölf Jahre später in
Wien gegeben worden, und die un
gleich wichtigere Hamlet"Auffüh
rung in Hamburg mit Brockmann als
Hamlet fand sogar erst 1776 statt.
Wielands Versuch verlief erfolgreich,
und kur, vor seinem Weggang hat er
noch die Aufführung von Antoniuö
und Kleopatra" folgen lassen. Vor
allem aber gaben diese Ausführungen
den Anstok zu Wielands berühmter
Shakespeare-Uebersehung. Ohne die
Aufführung des .Sturm' wäre eS
dazu vielleicht nie gekommen.
all v
. In jeder Freude ist schon der Keim
zu einem retoe verborgen. ,
Za Shakespeare' Zeit.
lie ebnenrkdlffe ?ngln. tr
Zeit k ,r,hk Zramatiknß.
Ueber die BühntndcrtUtnlsse gng
land in den Tagen Shakespeare
sind jüngsthin interessante neue Auf
fchlüsse und Funde zutage getreten,
die der Anglizist Ma? I. Wolfs in
seiner Shakespeare Biographie der
wertet. Nachdem da Thäter seinen
Spielplatz au der Kirche, wo e an
den hohen Feiertagen regelmäßig hei
utisch gewesen war. auf die Etraße
verlegt latte. spielte man entweder
auf den etwa zurechtgestutzten Wagen
der fahrenden Komödianten oder auf
improvisierten Schaubühnen, die auf
einem freien Platze oder in den Ho
fcn den
Gastw
rtsckasten errichtet
wurden
Das er
ste stehende Theater
h5t London erst gegen Ende deS sech
zehnten Jahrhunderts in einer iuor
statt erhalten. Ein gewisser Burbage.
der Vater des berühmten engeren
Kollegen von Shakespeare, yalte otese
Bühne geschaffen. Von HauS au
Zlmmcrmann, befaß er eine besondere
Eignung für ein solche Werk. Der
äußerst primitive Bau dieser ersten
Londoner Bühne, die einfach del
.Theater" hieß, fand bald Nach
ahmung. so daß Burbage kurz vor
der Jahrhundertwende in dem Black
friar?thkater ouf dem Platz eine ehe
maligen KlosterS die Konkurrenz
durch ein weit stattlicheres Theater
:i..-L t. Cl.
uinnuiiivicii iiiuisu.
Wenn wir in! siebzehnte Jahrhun
dert eintreten, finden wir in London
bereits nicht weniger als zwölf Vüh.
nen, ein sichtbarer Beweis für die
außerordentliche Schaulust dieser
Epoche. Da ist der Schwan, die
Rose, die Hoffnung, der Rote Ochse,
die Fortuna und alS wichtigste jene
viel zitierte GlobuStheater, in dem
Shakespeare seine Erfolge errang.
Dieses Theater au? Holz, in einem
Hose errichtet, entspricht etwa einem
primitiven Zirkusbau. Der billigste
Platz, das Stehparterre. nennt sich
Hof oder Grube und hat keinen
Schutz gegen die Unbilden der Witte
rung. Rings um diese? Parterre
ziehen sich drei amphitheatralifch
aufsteigende Galerien, die ausschließ
lich Logen enthalten und mit Stroh
überdacht sind. Die Bühne, die eigent
lich nicht mehr war als ein großes,
rückwärts durch ein Dach geschütztes
Brett, das über starke Pfosten gelegt
war. prangt tief in den Zuschauer
räum hinein. Die altere Annahme.
hah wir zwischen einer Vorder und
Hinterbühne zu scheiden haben, hat
stch längst als irrig erwiesen. :Man
nahm sich allerdings die Freiheit, auf
der Szene mehrere Schauplätze anzu
deuten, und da? phantasievolle Publi
kum. das noch nichts von modernen
Drehbühnen und ähnlichen Wer
Wandlungskünsten wußte, ging willig
darauf ein. einen Teil der Bühne für
Asten, den anderen für Afrika zu hal
ten. und in dem, was eben noch ein
blühender Garten war. vato eine
Klippe oder ein scheiterndes Boot zu
erblicken. Wie willig sich der Hörer
den Forderungen des Viqlers an
paßte, geht schon daraus hervor, daß
! ?iwiflnn nrn friisien Nack
Wlt 1VLUUUtl.ll - .
mittage. gewöhnlich um drei Uhr. be
gannen. Man fand also nichts Unge
wöhnliches dabei, wenn die Spieler,
wie so oft bei Shakespeare, in angeb
licher Dunkelheit bei heuem Tages
licht umherirrten, ohne sich zu erkens
nen. ' .'
Die Sbakesvearebü'hne ha! keiner
lei Kulissen und ist nur nach hinten
durck Vorhänge abgeschlossen. Soll
es Nacht sein, so wird im Hinterz
rund, smmarzes.-vei 2.aae ein
sflf,tYn,a ?uck aufaebänat. Die kle
mentarsten Requisiten werden auf der
immer o fenen Szene entweder vurq
Mitspieler oder durch dritte, am
Spiel unbeteiligte Personen yeretn
gebracht. Die Zahl der Platze hat
man aus etwa sunsyunoerr vt iau
s,nk anzuseken. der billiaste Vlak
kostete einen Penny. etwa 12$ Cent
ti .fv..-i.o y;! V. ,4
heurigen wciuiccuc. tjut uit
Pnn'tiblslfee wurden aber bis zu 5
nach heutiger Umrechnung aufgewen
bet. Im Parterre stellten stq oie
Arbeiter. Handwerker und Soldaten
auf. Man saß an Tischen., trank,
spielte, rauchte, so daß oft eine ent,,
setzliche Luft herrschte. Die Borstel.
lung selbst dauerte gewöhnlich nicht,
länger als zwei Stunden. Zu diesem
Zwecke wurden die Meisterdramen
Shakespeares schonungslos zufam
mengestrichen. Beim NUcktranSvort
vom Landgericht Rottweil in Ge
fängnis machte ein Wiayrtgkr Blgeu
ner, der wegen DiebstohlS verhaftet
war. einen Flucht.. Der thn
begleitende Landjäger rief ihm drei
mal zu und feuerte ihm dann drei
Schüsse nach, von denen einer den so
fortigen Tod deS Flüchtlings., zut
Folge hatte. - - '"t'
In Jsfolre. Frankreich,
ereignete sich während der BorpeNung
einer . wandernden Schaufpielertruppe
ein tragischer Zwischenfall. Nach dem
Stück mußte der . Hauptdarsteller im
letzten Akt erstochen werden, i Hierbei
funktionierte die Vorrichtung t.3 Dol
ches nicht, und der Dchaufpik! 7, Itt
Direktor der Truppe, namens s ',zt:t,
wurde so schwer verletzt,' daS lr t:'.y
luj...e 1.- rrlLt ti a. j
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