Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 25, 1913, Image 6

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    In Dunkel gehüllt.
Roman von
(2D. Fortsetzung,)
Sinzenj von Lüderitz fuhr sich mit
bcidcn Händcn durch das volle Haar,
ein gequälter Blick, wie der eines
verwundeten Tieres, richtete sich fast
httslos auf das junge Mädchen, des
sen Herz in heißem Erbarmen dem
schwergeprüften Manne entgegen
schlug.
Liselotte ftreckte dem Baron die
Hand entgegen, die er mit seinen
leiden ergriff, wie ein Echiffbrüch!
per, der nach einem letzten Halt
ßreif t. ...
Tinchen halte sich bereits hinaus
geschlichen? allein wenn sie sich auch
noch im Zimmer befunden hätte, die
beiden Menschen hätten in ihrer See
lenqual nicht an sie aedacht. Wie
selbstvergessen standen sie selunden
lang da. dann gab der Baron die
Hznd des Zungen Mädchen frei. Sr
sank auf einen Stuhl, stützte die Eil
bogen auf den Tisch. Iigte den Kopf
in beide Hände und schluchzte ein
paarmal trocken auf.
Ter verhängnisvolle Brief lag im
beachtet auf dem zierlich gedeckten Eß
tisch, an welchem sich heute niemand
zu dem Mahle niedersetzen sollte. Er
lag so. daß Liselotte die wenigen
feilen lesen konnte. Tatsächlich glitt
ihr Auge darüber hin. wie mecha
irisch; sie wäre jedoch nicht imstande
gewesen, den Inhalt wiederzugeben.
Mit vollem Bewußtsein hätte sie sich
niemals der Indiskretion schuldig
eemackt. von einem fremden Briefe
ohne Erlaubnis Kenntnis zu nehmen.
.Meine Gola, mein rothaariges,
schönes Weib." stand da zu lesen.
.Wir sind verraten. Ich zittere noch
an ollen Gliedern. Soeben war ein
Teufel in Menschengestalt bei mir
und forderte Schweigegeld. Ich gab
ihm. jedoch man kennt Erpresserart.
Geliebte, ich fliehe. Diesen Brief
schicke ich als Eilbrief an die be
wußte Adresse. Hoffentlich komm:
er nicht zu spät in Deine Hände.
Komm mit mir. Geliebte. Du Won
ne meines Lebens. Ich warte bis
Freitag früh. Bist Du um diese
Zeit nicht in Ritters Hotel eingetrof
fen. muß ich allein fort. Doch flehe
ich Dich cm: Komm!
Vinzenz von Lüderitz hob endlich
daS Gesicht aus den Händen. Sein
Blick war erloschen,, er schien um
Jahre gealtert. . ,
.Ich muh eö tragen", sagte er,
sich erhebend. DaS heißt, ihre Un
treue laß! mich kalt, ihre Flucht kann
ich nur als ein Gluck betrachten
allein waS mir noch bevorsteht, ist
für mich vernichtend. Kommen Sie.
.Fräulein Ollenschläger. Die Ge
schichte mit dem Briefbeschwerer
muß klargestellt werden. Wir wol.
len ihr aber ein paar Tage Zeit las
sen. damit sie sich erst in Sicherheit
bringen kann mit ihrem Galan. Es
steht kein Ort am Kofe des Schrei
kens angegeben, keine Namensunter
schnft befindet sich in demselben. Da
tappt man also im Dunkeln. Das
Kuvert mit dem Ortsstempel scheint
nicht mehr vorhanden zu sein. Nun
das ist Sache der Polizei."
Liselotte folgte dem Baron in die
Zimmer seiner Gattin. Hier sah es
sauber aus. Tinchen hatte bereits
Ordnung geschafft, und selbstredend
wacker in ihre eigenen Taschen auf
geräumt. Mochte sie. Das kam hier
ent nicht in Betracht. Alles würde
der Gutsherr aus diesen Zimmern
verbannen, die Möbel, die Bilder
alles, alles. Er wollte durch nichts
Aeußerliches mehr an die rota Gola
erinnert werden, die drei lange Jahre
ruf dem alten Edelsitz Rodenhorst
als Herrin gethront hatte.
Der Schlüssel zum Schreibtisch
steckte im Schloß. Der Baron off
neie die Jacher von dem Brief-
beschwer keine Spur.
, Tinchen wußte vielleicht, wo der
selbe geblieben. Sie war eingeschüch
tert. 'sie würde bekennen, was sie
wüßte.
. Und abermals schrillte die Glocke.
Tinchen kam sofort
Unter den Effekten der Baronin
befand sich ein Briefbeschwerer," sagte
der Baron, wo ist derselbe geblie
ben?" .Mit einem Totenkopf darauf?"
.Jawohl."
..Das gräßliche Ding sollte ,ch
wegwerfen."
. .Wohin haben Sie es geworfen?"
.Ich ging nach dem Teich, gnä'
Herr. , Ich sollte ihn dort hineinwer
sen." ' Nun. Sie haben es nicht getan?
Die Wahrheit, Tinchen, keme Faxen
: gemacht. Es wäre mir lieb, wenn
er nsch vorhanden wäre."
' Der eine Wirtschaftscleve. Herr
!i?crpclz. begegnete mir auf dem
Wege nach dem Teich," beichtete Tin
Sen. Wollen Sie sich ertränken?"
fragte er mich. Da zeigte ich ihm
den schauderhaften Totenkopf. .Den
in:!I ich ertranken," antwortete ich
ihm. Er kat mich, ihm doch das
Ding- zu geben, da es ein köstliches
'' "nrlar sei, wie er sagte. Und da
o lym oen Ävicniops.
von Luderitz begab fich
'-.-.!!! .;. J..' '
A. Wilckcn.
f '."TT.
sofort inö Jnspektorhaus. wo die
beiden Eleven ire Wohnung hatten.
Wenige Minuten später kehrte er
mit dem gesuchten Gegenstände ins
HauS zurück.
Fünfzehnte Kapitel.
Es war. al wenn mit einem
Male jegliches Leben auS dem Her
renhause zu Rodenhorst geflohen sei.
LautloS, scheu drückte sich die Diener
fchaft umHerz eS wurde unten in den
Soutcrrainräumlichkciten getuschelt,
gemunkelt: ein jeder teilte flüsternd
feine Beobachtungen dem andern mit.
Die Baronin war mit ihrem Ge
liebten auf und davon.
Die Heidorn hatte die Briefe heim
lich befördert.
.Die wird sich 'n guten Rock dabei
angezogen haben," hieß eS.
Wer mochte der Liebhaber, sein?
Jedenfalls ein feiner, reicher Herr.
Die Baronin würde sich schon gehü
tet haben, einen solchen Besitz, Rang
und Titel für nichts aufzugeben. Ne.
die machte sicher einen guten Tausch.
Sängerin war sie vor ihrer Hei
rat. Tinchen hatte das schon längst
ausgeplauscht. War sie doch die
Vertraute ihrer Herrin gewesen.
Sängerin! Nun ja! Tinchen meinte,
unter den Sängerinnen wären Da
men auS den besten Familien zu fin
den, feine Damen. Die Baronin
aber konnte nuc etwas fehr Unter
geordnetes gewesen sein, das könne
ein Blinder sehen. Und Tinchen war
in solchen Sachcn Autorität.
Was aber hatte der Briefbeschwerer
mit der Liebesgeschichte der Baronin
zu tun?
Man steckte die Kopse noch dichter
zusammen. Man riet hin und her.
Der Brie de chwerer sollte partout
weggeworfen werden; es war gottlob
nicht geschehen. Und der Baron
wollte ihn ietzt haben.
So beschäftigte sich das Personal
von Rodenhorft ohne Unterlaß mit
der durchgebrannten Herrin, und ob
gleich die Wege von einem Nachbarn
zum andern ziemlich lang warn, so
dramz die Kunde von der Flucht der
Baronin von Lüderitz doch mit Win-
deselle rn die Umgegend.
Herr von Siemens kam ganz atem
los ins kleine idyllische Schweizer
Häuschen zu den Geschwistern Boh
siebt angesetzt.
.Erbarmt cuch, wißt ihr schon?!"
Gott im Himmel.' das war ja
schrecklich. Und Liselotte Ollenschlä
ger. befand die sich denn jetzt ganz
allein mit dem Baron? Sie hatte
sich vor einiger Zeit schriftlich bei
ihnen entschuldigt. Sie könne nicht
kommen, weil man den Umgang mit
der Baronin meide. Es wäre ihr
peinlich, in Kreisen zugelassen zu
werden, die ihrer Herrin verschlossen
wären.
Damals war Frau von Bohstedt
im höchsten Grade empört gewesen;
heute war sie geneigt, dem jungen,
irregeführten Mädchen auch diese Ex
travaganz, des Bruders wegen, zu
verzeihen.
.Ich werde mich morgen mal nach
der kleinen Ollenschläger umsehen,
Guido," sagte sie wie tröstend zu
diesem. .Ich bringe sie mit, verlaß
Dich darauf. Sie weiß sonst so ge
nau, was sich schickt, hier wird ihr
Begriffsvermögen sie hoffentlich nicht
im Stiche lassen."
Die also Bekrittelte erwog derweil
len stark den Tag ihrer Abreise. Es
war selbstverständlich, daß sie nicht
länger bleiben konnte. Doch hatte
sie durchaus keinen Grund, gleich
der Baronin, Rodenhorst in fliegen
der Eile zu verlassen. Sie befand
sich unter dem Dache eines Edelman
nes von vornehmer Gesinnung. Wo
zu also fliehen?
Sie beschloß, an Onkel Max zu
schreiben, ihm alles klarzulegen und
um seinen Rat zu bitten. Sie war
gewiß, er würde keinen Augenblick
säumen, sie zu holen.
Sie wollte jedoch mit der Ab
sendung ihres Briefes noch einen Tag
warten, da Baron von Lüderitz sei
ner Frau gerne einen Vcrsprung las
sen wollte. Er zweifelte ja natür
lich jetzt nicht mehr an der Schuld
Giselas. Bei einem abermaligen Ver
hör der Jungfer, welches der Baron
am Nachmittag mit dieser vornahm,
stellte sich voraus, daß die Baronin
tatsächlich am sechsten Oktober ver
reist gewesen.
Da der Gutsherr derzeit gerade
für einige Tage zu einer landwirt
schaftlichen Sitzung in Flensburg
weilte, hatte er natürlich keine Kennt
nis von der Abwesenheit seiner Frau
gehabt.
Vinzenz von Lüdcritz billigte das
Vorgehen Liselottens. am folgenden
Tage ihrem Onkel, dem Regierungs
rat. den Fall vorzutragen; er selber
beschloß, ihrem Schreiben ein paar
Worte beizufügen. Es konnte ihm
nur angenehm fein, sich mit einem
an der Sache Beteiligten, und zwar
mit einem erfahrenen Manne zu ver
binden, um die erforderlichen Schrit
te gemeinsam zu , unternehmen.
Der Brief an den Regierungsrat
Tägliche Omaha
wurde länger, ali Liselotte beabsich
tigt. Gab e doch so manchen Punkt,
der der Erörterung bedürfte.
Lei Tisch traf sie mit dem Baron
zusammen, dem sie erklärte, daß ihr
Brief fertig sei und nur seiner Ein-
läge bedurse
p& vkvuii.
r.!.r. . ni..i" .i.
jsK e ug zur eriugulig, lunn r; ..: . . , :,,,
der Brief geschlossen werden. Der e -C soll rn für Um, Utbtr
Gutsherr wollte ihn am Nachmittag Sr Harte meine Sckwagerin
selbst besorgen, da er in die Stadt Dieser 23. Mai. war zufällig da,
u reiten gedachte.' Noch aber war s Wiegenfest meiner kleinen Nichte,
er nicht fort, als die Hclmhaufener . S,e kam aber mcht alle,
. . ... ' iTn ! Ynt TOnSm-n MkiNkk UCi'
Equipage vorrome. .
Der Gutsherr hatte Herrn von
Siemen, darin vermutet" war also
erstaunt, alö eine Dame dem Ge-,
säbrt entstieg
ragn eniincg.
Liselotte, die sich allein im Salon
befand, wecklelte d ftarb?
.Frau von Bohstedt", murmelte sie,
unangenehm berührt.
Diese hatte dem Diener ihre Karte
übergeben. Ihr Besuch galt Fräu
lein Ollenschläger.
Liselotte trat der Bekannten
freundlich gemessen entgegen. Sie
hatte nichts gegen die Dame, doch
empfand sie deren Kommen gerade
zu dieser Zeit als eine Aufdringlich
keit.
.Ja. ja." sagte Frau von Boh
stedt. Liselotte freundlich auf die
Wangen klopfend, wenn Moham
med nicht zum Berge kommt, kommt
der Berg zu ihm. Ihr Schreiben
hat mich befremdet, liebes Kind.
Weshalb kamen Sie nicht zu mir?
Daß diese Frau, die Sie Ihre Her
rin zu nennen beliebten, keinen Zu
tritt zu der Gesellschaft hatte, stimmt
wohl nicht ganz. Man ist ihr, so
viel ich horte, des Barons wegen
freundlich, wenn auch reserviert ent
gegengekommen. Daß sie sich nicht
behaupten konnte, ist eine Sache für
sich. Und die Affäre mit meinem
Bruder. na, meine Liebe, so nach
träglich sind wir nicht. Ich halte
es für meine Pflicht, die Hände ein
wenig schützend über Ihr Haupt zu
breiten; Sie waren hier schlecht un
tergebracht."
.Gnädige Frau, ich danke Ihnen
für Ihr Interesse." sagte Liselotte,
und ohne daß sie es beabsichtigte.
klang es kühl und ablehnend.
Na und nun, kleine Unschuld,
fällt ja auch die Rücksicht auf die
Baronin weg." fuhr Frau von Boh
stedt fort. .Dieser Skandal! Mein
liebes Kind, hier können Sie nicht
bleiben, was würde Ihre Frau Mut-
ter sagen. Oh. oh, es wäre zu
sckrecklick. wenn Sie erführe, dak
ihre Tochter die Untergebene einer
ehemaligen obskuren Sängerin gewe-
fen ist. Ich nehme fete mit, liebe
Liselotte. Siedeln Sie wenigstens
sür die ersten Tage dieses schokieren
den Ereignisses zu uns über; bei
uns läßt sich Ihre Zukunft leichter
überschauen."
.Gnädige Frau, ich sagte Ihnen
schon, wie sehr ich Ihnen für Ihr
Interesse dankbar bin. Das Recht,
über mich zu verfügen, behalte ich
mir aber unter allen Umständen
selber vor. Natürlick kann ick bier
nicht bleiben, da man meiner Dienste
nicht mehr bedarf. Onkel Max wird
in den nächsten Tagen herkommen
und mich holen."
Das sagte Likselotie ruhig, aber
dennoch merkte Frau von Bohstedt,
daß sie erregt war. Natürlich war
Guido der Grund ihrer Weigerung.
Das Mädel war einfach nicht klein
zu kriegen. Könnte eine fo bevor
zugte Stellung in der Welt einneh
men und bummelte nun wieder vo
gelfrei umher, jeder Unbill des Le
bens preisgegeben.
Das Gespräch berührte nur ober
flächlich die Flucht der Baronin.
Frau von Bohstedt nahm in begreif
licher Neugier ein reges Interesse an
dem Falle, während Liselotte zurück
haltend antwortete.
Die Baronin sah ein, daß, ihr Be
such erfolglos blieb, und da sie auch
sonst keineswegs auf ihre -Rechnung
kommen würde, was ihren übergro
ßen Wissensdurst betraf, fo empfahl
sie sich bald, ohne jedoch den Unmut
zu zeigen, den sie durch die ableh
nenre Haltung der verarmten hoch
mütigen Kaufmannstochter empfand.
Am folgenden Tage ltaxCs sich
Liselottens Brief in Maz Ollenschlä
gers Händen. Der Regierungsrat
konnte sich nicht erinnern, je in sei
nem Leben so konsterniert gewesen zu
sein, als beim Lesen dieses seltsamen
Briefes. Er wäre unfehlbar sofort
zum Kriminalkommissar geeilt, ihn
von der Wendung der Dinge in
Kenntnis zu seken. wenn nicht der
Guisherr von Rodenhorst um seinen
sofortigen Besuch gebeten. Auch Li
selotte legte ihrein Onkel besonders
ans Herz, , keine Schritte zu unter
nehmen, bevor er nicht mit ihr uno
dem Baron Rücksprache genommen,
und sich selber überzeugt habe, daß
betreffs des Briefbeschwerers keinerlei
Zweifel obwalten konnte.
Das leuchtete dem Regierungsrat
ein. Natürlich, bevor in der Mord
sacke abermals Staub aufgewirbelt
wurde, mukte man sich über die
Identität der Briefbeschwerers voll
ständig klar sein.
(Fortsetzung folgt).
der Kucke. Soldat
(als die rotwangige, saubere Köchin
f4 SV!. 4is,iirB (t irt' rtiiS
Vll lUUJftfc.lL UIUUUV ww vvfc
Minne nimmt, in sick, selbst): .Eine
so appetitlich wie die andere?" '
Tribüe.Tamtt,a. fcm 25. I,u,r
Llz Besuch.
HmnoreSke von Hennann Tttßler.
Am 23. Mal zog' Lulu in mein
l'oaii ein. obaleick dieS durchaus nicht
für die Aufnahme zweier Personen
i', in
unttftimui ist.
. k..- .,
wandten: ersten, em Sortim nt Pup.
. jj" 1 .gj
Harrn nach nur benannt!).
ein Aiaivua, mu oen vozu".
!.,.. w-m.- nf, mit Nk.
. '
band Svielkram und viertens ein
Paket Kinderwäsche.
Dieses drückt mir meine Schwage
rin in die Arme und sagte: .Für den
Fall, daß etwa, passiert. Tu bist
zwar Junggeselle, aber gerade zu Dir
habe ich da, Bertrauen. daßDu m.t
Kindern umiuakben verstehst."
Ich machte meiner Schwägerin ein
verbindliches Kompliment unv
wünschte ihr Glück aus oie klniag'gr
Reise. Ich war allein allein Mit
Lulu und meinem Spitze Tobby.
.Na. komm mal her. ruiuqenj
Wo steckst Du denn?"
Keine Antwort.
.Lulu! Lulu!"
Wohnzimmer. Schlafzimmer. Kam
mer. Küche. Badestube werden abge
sucht Lulu ist nicht zu finden.
Da. ein Klirren auf dem finsteren
Korridor. Ich stürze hinaus. Lulu
hm mit m-inern zerbrochenen Spa
zierstock vor dem zertrümmerten Spie
gel der Borsaalgaroerove.
.So in Racker! WaS machst Du
da?"
.Lulu su tlein!" sagte sie.
Dieses Wort stammt von meiner
Schwägerin. Sie hat es einmal als
Entschuldigung gebraucht, als der
Bater verlangte: Lulu soll nicht
naschen. fi , .
Lulu su tlein! ist .nun ihre stehende
Redensart, wenn sie was Dummes
angestellt hat.
Wir gehen hinein. Ich gebe ihr die
Puppen.
Puppy Harry kann die Augen aus
und zu machen. Sie sieht dann sehr
naiv aus. waS ihr gut zu Gesicht
sieht Das hat Lulu erfaßt.
Da ich sie artig spielen sehe, wende
ich mich meiner Arbeit zu. bis ich ein
eigentümliches Raspeln höre. Ich
dreh mich um.
Da hat Lulu aus ihrem Spielkram
ein kleines Puppnreidisen hervorge
holt. Mit diesem bearbeitet sie Harrys
Nase wie mit einer Feile.
Ich sag aber - nichts. Lulu hat
heute Geburtstag, muß ich ihr
schon etwas nacksehen.
Dabei fällt mir ein, daß ich ihr
noch gar nicht daS übliche Präsent ge
macht habe. Zugleich erinnert sie mich
selbst daran.
Lulu will Lade!"
Sie verwendet die Schokolade so
snrt aU Bersölmunasmittel und hat
sich bereits nach zwei Mmuten aus
der kaukasischen Raile georuar uno i,i
unter die Nigger geflüchtet. Das rote
Kleidchen hat auch ganz eigenartige
Untertön erhaltn Es sieht plötzlich
aus. als wäre es beim Trödler an g
kauft worden.
Was nun tun? Aha. die weit
blickende Schwägerin! Für den Fall,
daß etwas passiert, hat sie mir ja ein
Bündel in den Arm gedrückt.
Lulu läßt sich endlich bewegen. m,r
ins Schlafzimmer an den Waschtisch
, solaen. Dort erbebt sie aber ein
Geschrei und widerstrebt so stark, daß
ich den Hauptante,I ver Wai,cyproze
dur davontrage, nicht sie.
Nachdem ich also triefend, die leid
lich gereinigte Lulu an der Hand, dem
Duschbade entstiegen bin. geht es an
eine Neueinkleidung.
Lulu beteiligte sich am Auspaaen.
indem sie herausreißt, was ihr gerade
in die Krallen paroon! yanv-
chen fällt. Ich wähle also das Soll
beste aus und beginne nun, Luiu ,u
entkleiden. Ha. das hat aber den
Teufel!
.Lulu. wie wird das aufgemacht?"
frage ich.
.Lulu su tlein 1"
Jn meiner Verzweiflung greife ich
zur Zigarrenschere und durchschneide
vorsichtig einige Fäden einer Längs
naht.
Das dauert ihr wieder zu lange.
Sie sas?t ibr Kleid mit den stramm
Fingerchen an den Husten und
ritsch ratsch! Hegt es ,n zwei
Hälften rechts und links am Boden,
wie der freche Türke in Uhlonds
Dichtung
Nun entdeckte ich auch die Knöpfe
sie sind an den Achselteilen ange
bracht. Zu spät!
Doch die Hauptschwierigkeit stet
mir noch bedor. Das neue Klei
dungsstück hat zwar Knöpfe und
5knopflöchkr zweie von jeder Sorte
aber ich kann es d:ehen und wen
den wie ich will, ich finde keine den
menschlichen Körper entsprechende
Form. Zwei Oeffnungen habe ich
endlich entdeckt, die in kurze, zylindri
fche Formen auslaufen. Aha, ein
kurzärmeliges Kleid! Doch etwa',
leichtsinnig sür die Jahreszeit!
sage ich mir.
Ich ziehe Lulu also das Gewand
an und knopse es einstweilen mal hin-
-
UN ZU.
- j Su tlein! Su ilein!" meint Lulu,
bezieht dai iltt dWmal aus ihr
neues Kostüm.
Wirklich! Da, arme Kind kann
die Arme kaum acch der Seite de
wegen! ,
Bielleicht wirbt vorn zugemacht.
Ich probiere eS. Gar nicht daran zu
denken!
Also ziehe ich e, wieder wie erst an
und schimpfe dabei weidlick über die
Verrücktheiten der Mode, die sogar
harmlosen dreijährigen Kindern schon
die Daseinöfreude verbittert.
In meinem Hause wohnt ein alter
Witwer. Her: Cchummelman?. der
ein Mädel aufgezogen hat. Vielleicht
weiß der Rat. Lulu muß aber die
Zwangsjacke einstweilen anbehalten.
Ich kann sie doch nicht nackt lausen
lassen. WaS sollen Tobbq und die
Puppen denken! Harry aukgenom
men. Harry denkt nicht mehr. Er
schläft in seiner Ecke den ewigen Ur
schlaf, den Gott der Menschheit von
Anbeginn der Welt geschenkt hat.
Ich springt di zwei Etagen zu
Hrrn Schummelmann hinauf. Er
verspricht mir, herunterzukommen.
DaS ist vormittags um 11 Uhr.
Ali ich meine Wohnstube wieder be
trete, ist keine Spur von Lulu zu fin
den. Dafür liegt mein Tintenfaß am
Boden, und ein breiter, schwarzer
Streifen führt deutlich hinaus.
Ich hinterher.
Lulu steht vor meinem Bett und
hat gerade die schwartn Fingerchen
an mein schneeweißen Uebcrzüg: ge
wischt. Auch nicht übel! Für derar
tige Hantierungen bietet also das neue
Gewand noch genügend Spielraum.
Ich bitte im stillen die beleidigte
Mode um Verzeihung und mache ihr
die größten Zugeständnisse, besonders
waS das Verhindern der Bewegung!'
freiheit anlangt.
Mittlerweile wird es 12 Uhr.
Herr Schummclmann wird mich
vergessen haben.
Wir essen Mittag, das ich mir heute
aus dem Hotel holen lasse. Lulu
taucht den Finger in die Bratensau'e
und malt sinnige Figuren auf den
Tisch. In den Pudding schlägt sie
mit dem Löffel, daß die roten Tröpf
cken rundum fliegen. Ein ergötzliches
Spiel! Kartoffeln liebt sie nicht, die
fliegen unter den Tisck. Dafür wirft
sie mir die Kerne der Kompottkirschcn
ins Gesicht.
Herr Schummelmann kommt immer
noch nicht. Ich laufe noch einmal hin
auf.
Als ich nachher in meine bequemen
Hausschuhe fahren will, fühle ich. daß
sie Lulu mit Steinkohlen gepolstert
hat.
Sie soll nun schlafen. Ihre Mama
hat das mit aufs Programm gesetzt.
.Lulu su tlein!" opponiert sie.
Ich habe für derartige Logik zu
wenig Einsehen, und meiner Beharr
lichkeit gelingt es endlich, sie ruhig zu
kriegen, nachdem ich sie bis um 2 Uhr
singend im Zimmer herumgetragen
habe.
Ich lege sie ins Bett! Lulu schläft!
Gott sei Tank.
Jetzt kommt Herr Schummelmann!
Da ich aber Lulu aus leicht be
greiflichcm Egoismus nicht aus ihrem
Schlummer stören will, fordere ich
Herrn Schummelmann auf. mir bis
zu Lulus Erwachen Gesellschaft zu
leisten.
Er nimmt oho! natürlich
dankend oho! an. raucht drei
Zigarren, trinkt sechs Kognaks und
erzählt mir eine unendlich langweilige
Geschichte, die davon handelte, wie
sein Bruder nach einem Schnupfen,
den er durch Ansteckung erhielt, nur
auf einem Auge farbenblind wurde,
weil er auf dem anderen fchon seit
Kindheit überhaupt nicht sah. Mitt
lerweile wird es 4 Uhr. Lulu cr
wacht und schreit. Ich trage sie her
ein. Herr Schummelmann setzt
seine Brille aus. :'.ntersucht das e
wand und erklärt im Tone des
Ge-
müismenschen: Das ist gar
kein
Kleid, das sind Hosen!"
Er steckt noch zwei Zigarren zu sich
und entfernt sich mit diesem Honorar.
Da soll doch der Teufel dreinschlz
gen! Meine Röcke okr Hosen werden ihr
wohl nicht passen. Aber so wird's
gehen! Ich ziehe ihr eine meiner
Westen an. Jamos: Lulu steckt
warm, die Weste reicht ihr bis unter
die Kni. Außerdem kann sie sich frei
bewegen! Sonderbar sieht das natür
lich aus. Aber Lulu hat sich trotzdem
mit ihrer Garderobe sehr schnell be
freundet, zumal da ich versehentlich
meinen Chronometer in einer der
Taschen stecken ließ, den Lulu auch im
nächsten Augenblicke durch einen kräf
tigen Wurf bis in feine kleinsten Teil
chen detailliert hat. Auch das noch!
Wenn es dach bloß erst 8 Uhr
wär! Dann kehren Lulus Eltern
zurück und befreien mich von dem
.harmlosen" Kinde.
Bekanntlich schlägt dem Glücklichen
keine Stunde. Lulu ist der Bciveis
dafür. Si fühlt sich glücklich, denn
sie ist über meinen Schreibtisch geraten
und zerreißt mit großer Geschicklichkeit
das fast vollendete Konzept eines Ro
manes. Und ich lass sie gewähren.
Sie ist ja noch su tlein"! ,
Endlich schrill! meine Worsaal
glocke. Lulus Eltern sind da. .
Das Jnterme,M. das folgte, vcr
schweige ich.. Lyrisch war eö nicht. '
Leb wohl Lulu, mein kleines,
süßes- Engelchcn. aber' bitte, komme
, nie. nie wicoer. . . ;
Um MWr - Mck.
v.
kl 12.
("in kiübschkr (kont sür Madchcn und kleine raue.
Vrauncs Broadclolh mit B:sah ans schivarzeni Tamt und vergoldeten Schnal
l, sind hier dargesiellt ?üt htn rfilujj und ql3 erziernna im Rücken werdn,
funrti Mnöpfe bknut. Tas Tcssin eianct ich für ifflfn? einen der Coat-Ttofse, tii
je?t mndkln sind- Tas Timtcx 't in 5 Wriifccii ncfitiiüen: 14, 15, IC, 17 HD
Satire. ES oenöriflt 3 ?wrds rM. Stoss für dir 15jährige Größe.
Preis des AlinerS 10 Ccnlö.
B e st e l l tt g s - ?l n w e i s u n g e n
Ticse Musicr werden an irgend eine Adresse gegen Einsendimg Be
Preise gespickt. Man pebe Hummer vi.d Qkcf,t und die volle Adresse deut
lich und fit'ckf len Coupon nebst dem oben erwäbnten Preis an da
katteru Department. Omaka Iribüne,
1311 sward Ct,
Acr Gmaßa Ariöün?" Faltern ßoupon.
Ich wünsche Muster No
.... Zoll, Brust oder TailerrmeZt?
(Jahr .... bei Kinderfachen.)
Name
Na. Straße
CUV H-rw,
.........'
Naturdenkmäler 1913.
' Der Leiter der staatlichen Stelle
für Naturdenkmalpslege in Preußen.
Geh. Rat Conwentz. hat sich m,s An
laß der bevorstehenden Jahrhundert
feier der Befreiungskriege und des W
jährigen Regierungsjubiläums des
Kaisers mit einer Anregung a.r sämt
liche zuständige Behörden in Preußen
gewendet. Er führt aus. daß es viel
leicht möglich sei, weitere Kr?ise und
opferfreudige Stellen für d'e Auf
fafsung zu gewinnen, daß ach Na
turdenkmäler, die von der Gemeinde
zur Freude der ganzen Bevölterung
bewahrt werden, wohl geeignet seien,
die Erinnerung an jen' hervonagen
den Ereignisse wachzuhalten. Wie
die Altenburger zum Mjährigen Rc
gierungsjubiläum ihres Regenten
1903 einen Herzog Ernst-W'.'io, wie
Berlin 1840 zum Jubiläum des Re
gierungsantritts Friedrichs deZ Gro
ßen den Friedrichshain anlegt: und
wie die Stadt Dresden beim 2?jäh
rigen Regierungsjubiläum Kernig Al
berts die Dresdener Haide ankaufte,
um sie dauernd als Wald zu erhal
ten. 'so könnte jetzt die eine oder an
dcre Gemeinde ihre Teilnahme an den
patriotischen Feiern dadurch bckun
den. daß sie einen bemerkenswerten
Teil der umgebenden Natur sicherte.
Fast jede Gemeinde sei in der Lage,
ein oder mehrere Naturdenkmäler,
sei es einen schönen Felsen, einen reiz
vollen Wasserfall, einen hervorragen-
den Aussichtspunkt, einen vemeriens
merten Baum, ein Stück Wald oder
Haide. eine geeignete Fläche für Bo-
gclschutzzweae oder anderes erarii
ges dauernd zu schützen. Vs? allem
sollten Gemeinden in ihrer Nlihe ein
Wäldchen zur Erholung und zum
?;nturgcnuß ihrer Bevölkerung sichern.
Diese Ehrung würde auch im Sinne
des Kaisers liegen.
Leichtsinnig. .Ihre Frau
erzählte mir, daß sie zum Geburtstag
immer fünfzig Dollars von Ihnen
kriegt, wofür sie sich ihr Geschenk sel
her kaufen darf' stimmt das?"
, Freilich! Gott möge sie recht lange
leben lassen . . . denn -chis zu ihrem
siinfundneunzigsten Geburtstage ist sie
iaaü m Borlckickr
Papier aus BambuS.
Papier, hergestellt aus Bambus
rohr, wird bald etwas alltägliches
sein. Vor kurzem sandte eine Edin
burgcr Firma zwei vollständige Ma
schinenanlagen nach dem seinen Osten,
die für die Verarbeitung von Bam
busrohr zu Papier eingerichtet sind.
Die eine der Maschinen stellt die Pa
piermasse her, die andere weißes Pa
pier. In der Nähe von Kagi in Ja
pan wird die Fabrik rrichtet und sie
wird anfangs 300 Tonnen Papier
masse monatlich herstellen. Das Pa
pier selbst wird in Formosa hergestellt.
Man ist in Japan der Ansicht, daß die
eigene Papierfabrikation in absehbarer
Zeit erfolgreich gegen die britische und
amerikanische Einfuhr aufkommen
kann. Es muß jedoch berücksichtigt
werden, daß sich die Fabrikation von
Papier aus Bambusrohr bedeutend
teurer stellt als die aus Holz. Aber
auch hier werden sich allmählich Wer
besserungen ergeben, die die Fabrika
tion verbilligen. Die Vorräte an
Bambus sind so gut wie unerschöpf
lich. Die Papiermasse sieht sehr gut
aus und soll ein hervorragend gutes
Papier liefern.
?r Wortklauber.
In einem feinen Weinrestaurant 's
regt Leib Baruch Hosenknopf den Un
willen verschiedener Gäste da er ihnii
ihre Gläser austrinkt. Man stellt ihn
zur Rede und droht mit dem Schi:!;
mann. Hosenknopf protestiert dag.'
gen und sagt mit ehrlicher Entrü
stung: Wie heißt Schutzmann? Äns
dem Schild draußen steht doch ganz
deutlich: Hier kann man fremde W'i
ne trinlcn!"
Er weiß sich zu helfen
Patient: .Herr Doktor. Sie saolk!
niir neulich, eine einzige Flasche Wcir
könnte mein Tod sein, und gesterr
hab' ich mit meinem Freunde sechsc
getrunken und bin heute gesund! Wi:
kommt denn das?" , V .
Tntni" TirtS 10 ttXvr !wf.A!
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war nau geraoe tue, meime tte
hatte tolen können Kt dabei."
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