Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 11, 1918, Sonntagsblatt, Image 9

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    Smntagiblatt de
r Staats Anzeiger und Herold.
« CHOR-IR- .Dsf;vag.vtl.asf-sfril
Irr Micher
Imsmk m am H. Sinkt -«
Der Direltor telephonierte es dem
Theaterselretiin der eben alle Greuel
der Wolfsschlucht hinnehmen mußte
der Theaterselretär ließ die unge
heure Reuigteit sofort auf den sie-.
gisseur iitterstriimen. der Regisseur
leitete sie auf Samiel, Agathe und
Las-at weiter, die Igathe fagte es
dem Kollegen vom Schauspiel, der
tie ist Dunkel der Kulissen bewun
derte und, toie ein Daisersall von
der hohe stiirzt, rauschte die Rach
richt aus den hellen W. der
cselnd, sich derbeeiternd, alle hinder
ntsse Meist-ringend suntelnd nnddes
ital-end bis er den unternen Dun
-«lelheiten der terarbeitee. Dann
quoll die Nachricht in die Stadt hin
aus und brachte die Welt. deren
Mittelpunkt die Iiaritäten des Thea
ters sind, in quregsng. 1Illle
Stände der Kunst fchsittelten die
e, und die ältesten unter ihnenf
konnten gar nicht wieder ausser-H
als wären sie durch den Schreiten in»
Moden verwandelt Ins dieser
Nachricht riittelte sich eine Menge
m Gespräch-flossen von Vermutun
gea, von soweit-um von guten und
schlechten Athen wie die Bänder.
Sie-Fuße, Vonbonnierem Kaninchen
aus dem Zhlinder eines Magnet
Vormittags um elf hatte Josefl
Priitz dem Direttoe mitgeteilt, das
er bereit sei, den harnlet zu spielen,
und alt ee nachmitirth um drei nach
hause lam, erwartete· ihn seine Wir
tin mit festlich oerdoppellen Schmints
fchichten und vor Erregung etwas
miäratenen Augenbrauen.
Jhre Fußspiheu quälten sich mit
Schweden ad, und ihre Arme klapp
ten auf und nieder wie die Flügel
einer oerlastenen Windmühle: . ch
höre, höre.....o,ichdin au
mir. I es möglich. here Prinzt
O, Sie Ioilen unb wieder ich fasse
s
, ««,:,
dieser I«onolo9t e Sie diesen
Monolog gesprochen habet-P
Prinz drängte an den Windmühl
ftiigetn vordei und kämpfte sich gegen
die Tiir seiner Wohnung zu. Zwi
schen zwei Drehungen und drei llluii
rusen entschlüpfte er der Gefahr,
nahm aut der Schwelle seiner Tiir
die Bose eines Cäsars an, der einen
Welttei! oerschentt, und ries: »Sie
sollen ein Freibillett haben.' Daan
schilhte er sich durch einen starken, ein
bruchsrcheren Riegel. Ader um vier
mußte er dein Theaterdiener öffnen,
der ihm die Rolle und einen Strauß
tattloser Fragen und Indeutungen
brachte. Um siins übergab ihm der
Brieftriiger dreiundzwanzig Brief
chen in zarten Frieden don lila dis
rosa, mit allen Geruchen von Mo
schut die heliotrotn mit den glühend
sten Ilusdriitlen innigster Verehrung
und heiser Sehnsucht nach dem Wie
dersehn des göttlichen Damiet.
Um halbsechs latn mit der Däm
merung sein Freund Gustav Rietschl.
Er fand hamlet in grau gehüllt, mit
zwei roten Blutsletten des sintenden
dends auf Brust und Schultern
und den Degen sinnend vor sich, daß
die schmale itlinge im aldtreii oom
Korb zum Fußboden prang. Der
Spiegel wiederholte dies alles noch
einmal, fahlen grauer und leblos
starrer als die Wirtlichteit.
»Ich höre. dass du wieder den
hamlet spielen willfi.«
»Ich habe mich dazu entfchlofsen.
Der Direttor hat mir start zugesegt,
um den Shalespearezhtlui zu er
möglichen, und ich . . · . warum sollte
ich nicht wieder einmal den himlet
spielen. Meine beste Rolle ta
ansicht
«Wenn du selbst das von damals
überwunden ball, warum solltest du
ihn nicht spielen? Gewiß.«
«Jch ich Habe es überwun
den-« Prinz lieh die Klinge auf
sptknsts, das sie leise im Noth
Meile. Die blutigen Flecken aus
Stufe nnd Schultern steile-en sich jin
Grau qui, verschwammen und zitter
len ins Daniel hinliber.
Der Freund fah den schmale-,
Esparset- Stteifen det Klinge vo
hand das-stets ausgehen wie ei
nen ins nassen-Mc seeichlelen Ulls
gis .Wie lange ls das doch schon
r '
»Du bifl glücklich, daß du nl e die
Jahre zählen ums-est- llnl ahee
Meinung von dein n und
W meiner Kraft-«
DE kann es mit denken. daß vie
jede Wiederholung auch alles Ent
fesen von dwmqls bitte furchtbar zu
Melnien Mille-f
,Iisesasse,-ein8lebee,elne
Iscmsr. Oder glaubß du vielleicht
Trunks Gewissen Witlsi ds viel
kieicht sage-, das mehr als ein un
jgliicklichet Zufall»..'
I Jst-et aber, Bringt Du
sich-ins noch immer nickt ganz über
fwgtzdm zu habet-. Tit Unfugs-ZU
Idamals hat deine Nerven statt nut
Fsenommm.·
.Ja,et soar furchtbar, als er so
Idor mir lag. Blut auf seinem
kWamt und mein Degen voll Blut.
Rein Theatertod, non dein man sich
erhebt, uae sich oor dem Beifall des
Publilutni lächelnd zu derbeugen, son
idern der wirkliche Tod. Noch ein
idaar Zuckungen und Kramdfe und
Idann taub fiir das Menschen. Die
Eses Klatschen war furchtbar. Sie
wußten nichts und glaubten an einen
Triumph der Schauspiellunit. Iortins
vbreit mußte die Worte iinden, die
kund andern erfiarrt waren.«
Die Wirtin brachte die Lampe,
froh, einen Vorn-and gefunden zu
haben, um zu Bring vorzudringen.
Aber ihre Liebenswiirdigteiten und
fdie erhöhte ardigteit ihres Eeiichti
nnen si keine Beachtung. Ali
e schmollend gegangen war, legte
damlet den Degen auf den Tifch
.Ein Zufall, rennt-, ein ungläu
· r Zufall. n herfehen des-Ie
q teure, und der Tod iiand unter
uni. Ich fchwiire dir. ein Zufall.'
»Es sweiielt niemand daran.«
«Seitdein trage ich meine eigenen
Lassen« von denen ich weit-« daß sie
Rumpf und unschädlich sind.« Er
bohrte die Spihe des Degens gegen
die handfliiche, als wollte er Richter
von seiner Unfchuld überzeugen. .Und
doch wenn sich aui der Bühne
die Klingen treuzen, so zittere ich,
und meine Fechterliinfie find nicht
besser als die irgendeines Statiften.«
»Ich habe ei bemerkt.«
»Daß du ei bemerkt? Nicht wahr!
Vielleicht hat ei auch das Publikum
bemertt. Und überhaupt, weiht du,
ich fühle seitdem nicht mehr doll.
Die Kritit schont mich nut. Aber ich
will tein Almosen des Beifall-L
Denn ich den hatt-let wieder gespielt
habe bin ich im Jch muß wieder
MXMJS
heu, weißt du. Dann habe ich die
ses greuliche Gespenst besiegt-'
Er wuchs zu voller Schlanlheit
empor und fiel aus einer raicheii
Irchterilellung mit einigen Stößen
aus, die einen lörperloien Feind
durchbohrten. Dann sani der Degen
wie in Verzweiflung am Sieg. »Du
warst nicht wahr, du warst doch
damals meiit um mich? Als ich im
Nervenfieber lag. Was habe ich in
meinen Delirien gesprochen? Jch
meine, woraus fehlen sich meine
Phantasie-i zuianiinen?«
Eruchitiiete aus hnmlet zumeift
Von Ophelia kam viel vor und auch
vrn Laertest Du nannleft sie mit
ihren biirgerlichen Namen und warist
die Beziehungen durcheinander. Ein
wenig Wirtlichteit war auch dabei,
denn ich dente, das Gerücht non dei
nen Beziehungen zu der Bitte hatte
doch eecht.'
.Uttsinn!«
,.Also nicht? Jch dachte, weil sie
doch gleich nachher aus dem Engages
nient ging. Man sprach davon, und
einige wollten wissen, daß es zwi
schen euch wegen dek- Laertes Tiefen
bach einen großen Iiruch gab«
«Unsinn! llniinn!«
Es scheint dich aber doch bean
rudigt zu dgl-en. Du sprachst .
freilich waren das Jieberideen.'«
.Richts als siebet-ideen. Mein
Gehirn nabrn aus, was es davon
sond, und mengte alles durcheinan
der. Jeb danke dir aber du
sprichst nicht davon, überhaupt ist ej
tun besten, wenn wir nicht mehr da
von sprechen. Komm« Geist meines
Vaters, wir wollen geben und Da
mon Altodol beschwören.« ---
Die Proben zu »dem-let« wurden
diesmal sehr gründlich genommen
Prinz, der mit zutannnengebissenen
Lippen bleich und entschlossen aus
der hilhne stand, wehrte sich gegen
jeden Schlendrian und alles zitterte
davor. einen zweiten solchen Aus-—
druch In erleben wie bei der eeiten
Probe. Er hatte einen nachläsfigen
Statisten gepackt nnd mit zwei Opt
seigen in die Kulissen igeworfem daß
er winseind su den I sen des Po
lot-ins niederßiirztr. Der Zwist
hatte nun den rauhen Vanilet per
tl t, aber kie andern hüteten sich
US durch die Unarten der Proben
seinen seen arise-rufen Fast un
heimlich, reg unkkslos wie deuteinerne
Mstand unter den in ihre
Stimmung ebr gedriietten Kollegen,
und die leichten Wise schlichen geil
dulden in den dunklen Winteln um«
Itsoie easy Free few-eiserne To i
W «, et dnig
M dä- csfud Iietschl su,;
v
ver ve- Seist w sammt Vom zul
mimeu hatte. Der fange Darsteller
des Laut-s, ver ers zwei Jahre-im
Engagement war, wagte die gefähr
liche Frage nach dem Unfall feines
Vorgänger-. Un Metfchls Schweig
iamkeit prallte feine Neugierde a .
und et mußte sich mit dem begnüge-,
was ihm König Maul-ins noch-vit
tags on uszusazamenhängeaven Seil
iüchtsiagmeumk ducke-» Bkuchamsj
teu, get-sagten Zumutungen und bot
haftea Anspielungen mitteilen konn
te. Was et da hörte, regte ihn qan
und et empfand ptickelud vie tit
ftetue Senfatioth an eine Stelle zu
treten, vie vom Tod verflucht mit-»
geweiht war. I
.Man f richt, aber du wirfi der-l
von den und halten« dass das da
mals nicht Zu l war, sondern .
na also Cl weil der Tiefli
seit der damaligen Arbeiter-.
Der junge Laertes mußte sich
selbst in den Zauberwald der M
lichieiien auf die Suche begeben.
Eifer und seine nerdöfe Anspannung
stiegen, je wunderbarer ihm das Er
lebnis erschien, mit einem Mörder
die Klingen leeuzen zu sollen. Diese
Vorstellung wette ihn an wie ein
Ibgrund und er laut sich so irr-»
teressant dor, wie der LändiIer ri
ner ungeheuren Gefahr, die tensasherr
und deshalb um io größer und s ·
Ier ift. Er war darum ga au er
sich und zweifelte an der g ttlichen
Gerechtigkeit. als er am Tag vor der
Ausführung die Anzeichen einer schwe
rrn Jnfluenza fühlte. Trohdem er
einen Teil seiner Monats-zeige in
Kognal anlegte, zwang ihn das Fie
her nachmittagj ins Bett, und der
Arzt nahm ihm alle Aussicht auf
das große Erlebnis des morgigrn
Abends.
Der Direktor und der Theaterses
lretiir waren nicht weniger verzwei
felt, sluchten auf das schlechte Wetter-,
das den Spielplan gar nicht beachti,
und griffen gleichfalls zum Kognat.
Bei-n fiinften Glas machte der Se
lretär den Vorschlag, den Laertei
durch einen minderm Darsteller zu
besehen. Aber der Direktor warf
ihm. seine Gegenstände in das Se
ficht: «Me nie nie wiirde
Prinz eine seseiung durch eine min
derwer e Kraft zugeben. Er will
lich dtoä gewissermaßen rehabilitiei
ren. Glanzend einführen und alles
zeigen, was er kann. Das ist ein
fach unmöglich« Beim siebenten
Glas endlich erstrahlte der Ausweg
in wunderbarer helle. Oildemann
aus Prag als Ausbilfe!« schrie der
Selretiir und erhob sich halb von
seinem Samtfautenil, und «Hilde
mann aus Prag!« donnerte der Di
reltor.
Sie brachten ihren Vorschlag vor
Prinz, und er nieste mit der diifteren
Miene Hamlets Gewährung
,Hildemann aus Prag ist gut,"
sagte Guftav Rietschl und beschwich
tigte den Freund, den der Wechsel
doch unruhig machte. »Mit bilde
mann brauchft du leiue Probe, der ift
feft und hat schon mit den besten
Leuten gespielt, verlasz dich auf ihn.'«
Hildetnann fagte zu und versprach
zur rechten Zeit, noch kurz vor der
Vorstellung — früher war es ihm
unmöglich — einzutreffen. Fiir
Prinz war der Tag der Ausführung
ooll lochender Unruhe.
»Ich hätte doch gern noch mit ihm
geprobt,« sagte er abends zum Gar
derobier. als er den Tsegen umhiingtr.
Dann schritt er auf der dunllen
Bühne auf und ab und fah in das
noch leere haus, immer wieder zu
dem in die Schleier des Geiste- ge
hiillten Freund zurückkehrend. »Ich
bin sehr aufgeregt, ich bitte dich, der
laß mich nicht« —
Jkein Wunder-, wenn du heute
Lompeniieber hast....«
.Larnpenfieber«t Inst möchte
ich sagen, Angst Weiß der Teu
fe! ist Hildurmnn ichon hieri«
. ch weiß es nicht. Aber er ist
gewi schon hier«
Und Prinz wanderte weiter auf
der noch mit altem Grauen des Un
tebenhigen erfüllten Bühne, vom
Vorhang zum Rand der Schloßters
rasse von heisingör und wieder zu
riiet, als ob et mit feinen Schritten
vie Qual ver Einiamteit zerreißen
wollte. Die Wachen zogen auf und
iegten die Hellehnrden on die ge
malten Türme, um sich noch die Stie
fet hochzuziehem hie Vatikan-sen zu
rechtzunmchen, und hatnlet erschauerte
vor ihren Schatten, ati ob sie aus
einer fremden, unbegrissena Welt
über die Viihne iröehen.
Das Zeichen zum Beginn riß ihn
empor, nah mit einem ptöhlichen Cri
schreiten begann et has nai- Unwi
derrufliche In bedauern. Die Frage,
warum er sich auf dieses grau-innre
Spiel voll unbehaglicher Erinnerun
gen. holt htat er Gestalten einge
t.1iien habe, be uni- ihn, und er
hoffte nun« den Sinn des set-zwei
selten hin und Her im Dintergrnnd
ide- Zahne im suec-leihen have
Manns zu finden. Ader nach seiner
ersten Szene erwartete ihn ein Schat
ten nnd trat ans ihn zu.
«herr hildemann?«
»Den Prinzi«
harnlets Vater scherzte iider die
Verspätung
»Oh, ich bin zuverlässig. Wenn
ich zugesagt habe, so komme ich
«Wolien wir nicht rasch die leste
Szene probieren?·
»Das Gesechti Es ist nicht nötig.
Sie sechten gut, und Sie sollen se
hn, dass ich ein tüchtiger Gegner
din. Wir wollen es schon machen-»
Laertes nahm Abschied von Po
sitinns und Ovhelim Seine War
nwng vor Hamlet war trocken und
geschäftimö'ig und doch seltsam er
regend. Dann verschwand er, und
Its ihn Damiet, der von einer schreck
hqsten Unruhe umher-getrieben wur
de, suchen wollte, war er nicht zu
-sinden, als wäre er wirklich jenseit
eines nniiderbriickdaren Meere-. Zit
ternd lag hamlets Seele in der
Szene mit dem Geist seines Vaters
ans den Knien Das Unertlarliche
nnd Gespenstige des so vertrauten
Vorganges wirlte wie Gift aus sein
Isiut bis er mit Ilimmern vor den
Augen und Sausen vor den Ohreni
Ins Ende sasi zusammenbrach.
Im Publikum antworteten Schauer
der Ichtung aus die in die Grenzen
der Kunst gezwungene Angst Dam
let-. Man siihlte sich vor der Os
sendarnng mostischer Ereignisse, vor
einer seltsamen Symbiose von Schau
spiel und Wirilichieit nnd schrieb
alle Erregung der unvergleichlichen
Kinstlerschaft des Darstellers zu.
Hamlet erschien an der Rainve
und verneigte sich, totenblasz und mit
zuckenden Händen vor dem begeister
ten haus. Dann jagte er wieder
hiidernann nach, ohne ihn finden zu
tönneir. Rieischi hatte die Schleier
del Geistes zurückgestreist nnd sah
aus wie ein Bedninenhin-mutig. Er
weilte dem Freund durch seinen hän
dedrseck von den kühlen Schaden sei
ner Ruhe geben. Aber Prinz faßte
Mnudrididuiostumi Ost-fid
hörst du das ist gar nicht bilde
mann!«
«Na, erlaube, wer sollte das denn
sein....«
«Hildemann ists nicht. Jch tenne
ihn nach den Bildern
uUnd ich kenne ihn persönlich und
sage dir, es ist Hildenmnn».."
»Mettst du denn nicht, Mensch,
um Gottes willen, wie sich unter
seinem Gesicht ein zweites immer dor
schiehen will. Es ist, als ob er zwei
Schichten übereinander hätte· Er
tiirnpst mit dein andern und drängt
es zurück aber es wird aus
«hast dii vielleicht aus Angst dor
der Jnsluenza zu diel segnet-·
»Um Gottes willen! Sieht das
niemandf sieht denn das nie
mand, daß er mich haßt? Ja der
Szene mit Ophelia wie er mit
den Zähnen knirschte und mit den
Augen rollte, als er don hanilet
sprach. Das ist nicht Spiel, das ist
echter Haß jenseit aller Maste
.. . Und wo ist er, wo steckt et? Jch
will ihn zur Rede stellen....«
«Wiltetn, fall nich bonI Jeriist.«
.Mach teine Spaße. Jch bitte
dich, verlasz mich nicht bleib in
meiner Nähe. Immer in meiner
Räde. Jch will dir etwas Schreck
liches tagen ich ich fürchte
mich«
Rietsehl begann zu besorgen, daß
die Vorstellung mit einer Absage en
digen werde, und verstärtte alle sug
gestiden Kräfte seiner Freundschaft
Zwischen stumpsstnnigern Brüten, ei
ner verlorenen Gleichgültigteit, einem
hastigen Auszucken und einer unste
ten Reizbarteit ging die Darstellung
Des hatnlet weiter. Er gab das
Schauspiel eines Verurteilten, der
sich vor der Vernichtung in sich der
trieeht und dann wieder mit den
Fäusten gegen die Wände schlägt.
Der Monolog iiber Sein und Nicht
sein schwanlte zwischen melancholii
scher Teilnahmlosigkeit und furcht
baren Ausbriichem die lehten Sätze
lamen mühsam und undeuilich her
vor« während die Zähne die Lippen
zerbissen, daß nach den legten Wor
ten zwei dünne Blutstrahlen über das
naäe Kinn rieselten. So grausam
hatte noch nie jemand gelacht, so klir
rend und spitz war noch nie der hohn
der Bühne gewesen, eine ganze
Sammlung von sein ausgeiliigelten
Folterinstrumentem und das Publi
tum jubelte und konnte sich vor Ent
zückung nicht fassen.
Der Theaterarzt lam im Zwischen
alt aus die Bühne und sing Hamlet
in einer Ecke ein: »Sie reiben sich
aus. Was treiben Sie heute-P Aber
Prinz lachte, stieß den Arzt grob von
sich und rannte, don seinem verswei
Iselten Freund begleitet, sort, um sit-l
Idenmnn zu s.uchen Seine Angstl
wirkte aus die Ihrigen Darstelleq
und die Vorstellung begann stch über
den Schein det Bühne zur Ahnung
gräßlichet Bedeutsamkeit zu erheben.
sn alle Tiefen durchwühlt zitterte
die Dichtung, und die Schauspielek
sahen sich in den Zwischenntten an,
als ob se nun den eigentlichen Sinn
spllet dieser Vorgänge ersohken muß
ten.
’ «Suchen Sie, suchen Sie,' schrie
hamlet dem Jnspizientem dem Re
gisseur-, den Gnkderobietz zu, und
alle suchten den verschwundenen Leer
tei
i An vie Szene nim- Niickrehx im
vierten Alt lam, war er plößlich da,
betrat die Biihne und siigte sich talt
Hund steinern in das Spiel als ob er
nicht bemertte, daß die iibrigen sich
Ifiirchtetem nahe bei ihm zu stehen. Er
besprach mit König Klaudiuö den
Mord hamletg und blieb ruhig und
sicher, nur wie von einer heimlichen
Freude belebt, als ob sich etwas lang
Ersebntei nun endlich unabwendbar
erfüllen müßte. hamlet hörte hin
ter der Szene, schwer auf den Freund
gestilßt, alle heimlichteiten des An
schlag-S gespannt an, und es schien,
daß er sie wie neue und unerwartete
Nachrichten in sich überwinden müsse.
Seine Unruhe wurde von einer gro
ßen Schwere erdrückt und erstarrte
vor einem trägen, drohenden Koloß,
der aus kleinen, grausamen Augen
blinzelt. Aber die handlnng strömte
unaufhaltsam weiter und riß itber
alle Berzögerungen hinweg, die Ham
let im Zwischenatt zu erfinden suchte
Man verlängerte die Pause, und er
genoß sir wie eine Gnadenfrist, stumm
mit dem Freund zwischen den Grä
bern ans- und abwandernd, die man
fiir die nächste Szene auswars.
Auf dem Friedhof, am Grab der
Ophelia stießen Hamlet und Laerteg
aufeinander· Es war ein Anprall.
der das Publikum erschütterte, und
grauenooll einft entspann »sich das
Ringen in dem offenen Grab, ein
Kampf. dem hamlet mit leeren Au
gen und wanlenden Knien enttam.
Den Beifall des hauses driictte
die Angst, und nnr Laertes erschien
aus der Bühne, mit langen, feltsam
schlenternden Armen und einem Lä
cheln, das to durchaus unpassend
und verwirrend schien. während
hamtet hinter der Szene den Freund
umtlamrnert hielt.
»Das ist der Tod« —- er leuchte
- »Das ist der Topf
»Unsinn; halt aus, dann ists zu
Ende."
»Es ist zu Ende . . .. ja, denn das
ist der Tod. Er hatte mich gefaßt
und ließ mich noch einmal los· hast
du nicht gesehen, wie sein anderes
Gesicht auftauchte und, als er mich
preßtr, spürte ich ich spürte.
er atmet nicht. Er atmet nicht,
Mensch1«
»Du mußte nachher gleich ins
Bett. Du haft Fieber. Es hat dich
zu sehr angegriffen. Die Erinne
rung ist noch zu stark... «
»Sie ist wieder lebendig geworden,
sie bringt mich um. Dieser Laertes
wird mich töten. Jch will nicht
mehr hinaus» «
Der Direktor und der Regisseur
bekämpften seinen Widerstand, zer
brachrn ihn und jagten Hainlet hin
Gus.
»Herr Prinz!" rief der JnspizienL
«Gleich.« Er packte den Freund
bei der Schulter und riß sein Gesicht
zu sich. »Ich muß dir's sagen, be
vor ich gehe. Einer muß es wissen
Du! Das damals war tein Zufall.
Es war Absicht Mord. Laertes
ist erinordet worden, ich habe ihn
umgebracht.«
»Herr Prinz!!«
»Ich toknine.« Und Hamlet trat
zu Horatio in die halle des Kampf
spiels. Laertes stand in der Nähe,
irgendwo zwischen den Kulissen nui
sein Stichwort wartend. Man sah
ihn nicht, nbec man wußte, daß er
hier war, und daß ihn nichts hin
dern würde, die Bühne zu betreten
Hinter Rietschl machten zwei
Feuerwehrleute hulblnute Bemerkun
gen: »Der hnmlet, der spielt heut,
das ist eine Pracht.«
»Ja, der spielt wie Aus Tod
und Leben·«
Plöhlich stand Laertes unter den
Personen der Szene. Rietschl sah,
wie sich alles ihrn zuwandte, zugleich
angezogen und nhgestoßen, und wie
sie sich unwillkürlich mit Hamlet nls
einen entgegengesetzten Pol zu sam
meln suchten. Das Gesüge des Dra
knas schwankte wie ein vom Sturm
bernnnter Turm ohne Gefahr des
Sturzeö, aber stark genug, ucn den
Bau erzittern zu machen. Lnertes
stand unter den Höflingem schlnnt,
geschmeidig, lächelnd, und ei schien
Rietschl nun selbst, als ob dies nicht
hildernann sein könne. Er spielte
derbeißungidoll mit der Klinge und
zwang ihre Gefchineidigkeit zu tollen
Linien, die einen Augenblick wie Zei
chen in der Luft standen.
Der Kampf begann. Die Klin
gen fanden und banden sich, zischten
wie Schlangen und begegneten sich
in wilden Stöße und Paraden. Sie
waren rasch und heimtiickisch, lauernd
und brutal, belebte Wesen, die am
Rand eines Abgrundes miteinander
ringen. Der Kampf zog sich in die
Länge, weit iiber die Dauer eines
bloßen Spielö hinaus, und während
der Regisseur verzweifelt auf Fortins
bras einsprach, sah Rietschl entfest,
daß sich Hamlet im Ernst zu wehren
hatte, und daß ihn Laertes mit ei
nem tollen Feuer von Stößen be
drängte» Um diesen Kampf bilde
ten sich Gruppen von Zufchauern, die
der unbesonnenen Mimil wirklicher
Angst folgten, und selbjt die toten
Massen der Statisten belebten sich.
Da fah RietfchL daß Laertes mit
einem Doppelstoß Hamleti Brust be
rührte, und daß er die Klinge lä
chelnd und langsam zurückzog. hom
let stürzte, bäumte sich auf, griff
nach dem hats und fiel zurück. Er
langte mit trarnpfigen Fingern nach
dem Kleid der Königin und wälzte
sich röchelnd zur -Seite.
«Barl)ang, Vorhang!" schrie der
Regisseur, der Theaterarzt rannte
Rietschl fast um und drängte sich zu
dem Gefallenen. Während der Re
gisseur vor dem Vorhang in das
unruhige Murmeln des Publikums
von einem kleinen, bedauerlichen Un
fall sprach und um geordnetes Ver
lassen des Hauer bat, untersuchte
der Arzt den Körper des Verungliicks
ten·
Vamiet war tor.
»Laertes, Laertes lvo ist hil
demann?« schrie der Direktor, und
der Polizeitoinrnissar rannte davon,
urn ihn zu suchen. Aber Laertes war
verschwunden. — ·- —
Ein Pottbete durchbrach den Kreis
der kreifchenden Frauen und ver
stummten Männer niit einein Tele
grainni an den Direktor. Es ent
hielt eine sonderbare Nachricht. Der
Zug, niit dein Oildeniann zur Abend
oorsteltuiig eintreffen wollte, war auf
halbem Weg durch einen Schienen
brnch verunglückt. Die Direktion
wnrde gebeten, in Anbetracht des Ei
fenbahnnnfalls das Ausbleiben Hil
eemanns zu entschuldiaen.
——-.-..-.---- -.
Schädlikhk Hunde.
Hunde richteten iiiiihrend der sechs
Monate voin 1. Juli bis Lil. Dezem
ber tttt7 iiir 871762 Schaden in
der animalischen Industrie des
Staates- Neio York an, niie ans der
staatlichen Statistik iiber die Klage
anspriiche hervorgeht, die bei dein
Ackerban - Tepartinnent eingereicht
wurden.
Hunde haben in dieier Zeit 295l
Schafe getötet nnd 12,t;92 verletzt.
Sie töteten serner its-is Hühner nnd
andere-I Geflügel nnd I)()0 andere
Tiere verschiedener Gattungen
Der staatliche Hunde-Zenin-3 nn
ter dein Blicks-Gesetz stellte die An
zahl der Hunde innerhalb deg- Staa
tes ani BUT-stät seit. Das Wirt-J
Hunde-gesetz wird von vielen Lein-J
latoren aiment-Mein und ein Tut
zend Liniendements sind bereit-s vor
geschlagen worden. Einige Gesegne
ber verlangen seinen widerrnp wah
rend andere, besonders ans den Di
striktem wo die Schnizucht größeren
Stils betrieben wird, aus dem
Standpunkt st«.hen, daß es noch
mehr verichiirst werden sollte.
——..0--—
—Ans Barksiichleinss Ta
qebnch »So recht bitterlich wei
nen —- ach, wie ist das iiißl«
— Notwendig. Koch: Wollen
Maiestiit den Autler sofort verspei-.
ienf
Flannibalenhiinptlingc Bewohn
der muß erst einige Tage andliiiteut
—- stichtig oesetchneh —
.Ra, das wird ein schöner Prozeß
werdens Angetlagt ist die Tratschneb
die alte Klats baiez Kliigerin die
a·t: rothoarige ißnerz Zeugen sind
die krumme Zule, die lohnie höteris
aus der Teichstraßg drei Spitalroeis
der und die Walchfrau von der Biß
ner.«
— S p e k r e. Seh-mitergme
»Wenn wir nun diese Modctorhoit
der Herren mitnmchen wollten nnd
auch ein Monorle trüge-mä«
Hort-: »Das wäre ein Segen für
nnd-, d. h» Sie müßten das Glas
in die Mundöffnung einklrnnncn.««
—- Füts Prottilchr.« «Wp
geht Jhk heute abend hins«
«Jn Tannhäuiet.'
»Ach wash wir gehen lieber In —
Wirt-Wec