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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 7, 1918)
III-Zitternin « Roman von sind-ins ON Os— Milettmax , Dann wandte sie sich, zornig aus lachend, und mit sunlelnven Augen u ihre-e Mutter: »Das könnte denen o wskenl Die denken in Paris: Wenn le nur ihren Etbprinzen wie der haben, was liegt dann an ver Mutter! Die muß dann selber zu Kreuze kriechen. Deswegen hni mein Mann in diesen ganzen acht Tagen auch noch kein Sterbenswörtchen von sich hisren lassen. Aber sie sollen sich mindern Jch bin eine Deutsche. Ich bin ihnen hier in Deutschland sehnnml übet!' l Frau von Teussern halte sich ge sehn Sie sah seit dem Tooe ihre; Mannes seht verfallen aus. Es ging ihr nicht gut Inii ihn Gesund l,eii. Sie blickte zu ihrer schönen Ischiek empor, die hochenfgerichtsi und kriegerisch vor ihr stand-. «Man muß sehen, wie nun aIIes wird, Gretel« sagte sie milde .Jch bin zufrieden, daß ich weniqi iiens io weit bin!« Frau von Teuisern suhr sortt i «siiher ist noch nichts an die grohe Glorie gekommen. Ich habe itherali erzählt, Du seiest bei mir auf Besuch. Das geht ja eine Weile.i Aber schließlich» ,« , » «Sag’ nur: ich sei von meineml Mann fort! Das ist fiir mich wahr-; hastig teine Schnabel« » »Gewiß nicht! Silber salls Du? Dich doch entschließen solltest, zu ihm zuriickzutehren . . . .'« s Margarete Feddersen machte groß-l Ingen. z »Seht Nach Paris zuriilti Ma ma, ich verstehe Dich wirklich nicht!«j Eint-, wieviel Geld hast Du eisl gentlieh bei Diri" " ! Die Frage tanl der jungen Iraus unerwartet. Sie stuhte llnd sagteJ dann halb widerwillig: l «Jeh weiß wahrhaftig iln Augen-I blick nicht genau, Mantel« l »Über ungefähri« - l »Ich habe so eln Bündel Hundert-; srancislheine iln TöskizchenF l «Und was machst Du. wenn das» Viindel alle ist?« ! Jhre Tochter schwieg. ! »Ich mischte Dir ja von herzes gerne sagen: Bleibe bei mir! Ader Du bist eine unendlich verwöhnte Frau. Der Luxus ist Dir zur-Le lenslust geworden Und hiel wiirs ten wir uns bitt zum äußersten ein-» schränten miissen, unl mit meins-» winzigen Pension durchzntonlmen!' . «Das stillt mir auch gar n::l;t ein» Dir aus die Dauer zur Last zu fal-» ten, Mama!« j ,Wohin willst Du denn dann?« I «J will nirgends das Gnadensj brot e ieut Weder bei meinem M.lnn,l noch sonstwo!' . «sder von der Lust lannst Du roch nicht leben!« ’ »Ich tann lnir etwas verdienenki »Wpdurch denni lind noch dalel snit einem tleinen Kind aus denll Hals! Mach« Dir das nur einmali star, was das siir eine Stellung inls Leben ist: eine aus dem Hause ihresl Mannes davongegangene Frau! Das hiitet sich jeder. Da helsen uns aud,’ alle unsere gesellschaftlichen Vale Jungen nitche. Da kommst Du beian ersten Schritt auf ichiese Ehe-tel· Ge-« eade Du mit Deiner Erscheinung .. ’ Deinen Ansprüchen ..... Deinem Temperament . i l ( Nun ließ sich anch Mikgaiele nie-. der und stützte düster das driiitiez Haupt aus die Hand. Nach eine-; Weile i.1chte sie bitter ans: i »Allo, Du, mein. Mutter, rötst mir, ans meinen einsachsten natiiriis chen Stolz zn verzichten-" »Ich rate nichts, Grete!·.. Jch mache mir nnr meine Gedanken, ivasz geschehen solt. Schutz können wir Dirs hier nicht viel bieten. Dein gnters Vater ist tot. Was wurde es heiseiH wenn ich oder einer Deiner Brüder-I Deinem Mann die Leoiten lesen wollten? -—— einein Franzosen einein Millioan irgendwo im Anstand-s Wir sind ja ausser jeder Beziehung1 mit ihm nnd Deinem ganzen Lebens-i l treis. Es iviirde womöglich nat trink Antwort von dort toinmen!« l «Maena... kannst Du inir das« Herz nicht noch schwerer machen?'« i »Ich Inn mit Dir darüber spre chen! Ich chiase schon keine Nacht Du haft dnrnals diese Bernanstehe geschlossen Dir weißt, wie haben Dich nicht netnged.ringt! Wir haben es ganz iner Wahl überlassen· Du bist iider den Rhein gegangen. Du biit Ironzösin geworden. Wenn Du nnn so zuriicktommst, mein armes Kind —- ich zerbreche mir den Kopf, was aus Dir werden soll.« Die junge Frau hatte sich nervöi wieder erhoben Die Hände aus dem Rücken verschtungen, trat sie zum Fenster. Dort draußen ging wieder der baettose M nich von vorhin vor iiber. Ein Bier stiirmniger Kerl, der wie ein liner Viiditer aussah, besieitete ihn. Sie buntnielten, lang sam, schweigend, anscheinend iniiszig. tun die Ecke. »Du wirst To und Nacht damit zn tun sie-den« den un en zu den-akust dnß sie ihn Dir-at t sie ten«« te kIr Jena von Iei- iern. « ie neben noch etwos anderes on - — «- --- — —.« .-«-—-q s— - fangen spion, in mit beim denan Willen nicht tlart«' I »Mir auch nicht. Mein Kopf ist ganz dumm« Mamat Jch btn auf ein mal so mitbet« Sie verstummten beide. Sie warte ten. Diesen Tag. den nächsten des-I dritten. Kein Brief laen aus Poet-, tetn Lebenszeichen Nichts rührte sich. Auch dte oerdächtigen Gestalten oot, den Fenstern blieben ans. Was da sich zeigte, toar unverfälschtes glotz dam. Die Gorde-Ulanen ritten mit flatternden weiß-schwarzen Fähnchens wald vorüber, Soldaten Ichlenderten am Abend mit Ihrem Schatz. Brosch len voll Fremder rollten nach Sans souci —- in Margarete Fedderlen wuchs die Ungeduld. Es war. als habe man sie am Strand der Seine schon ganz vergessen. Sie nnd the Kind. Das konnte nicht sein. Jhr Mann brauchte feinen Stammhalter. Sie, dte Mutter-, gab et wohl her, jenen nicht. Aber wag plante er? Von woher tam der Streich? Diese Ungewißheit nahm die Nerven mehr mit als ein offener Kampf. Margare te wagte sich taum aus dem hause, und mußte doch einmal hinüber nach Berlin, um Einkäuse zu machen. War sie doch, wie sie ging und stand, von Paris weggefahren Sie wählte eine frühe Morgen stunde und ein Warenhaus ganz im Westen, um möglichst seine Bekannten zu treöfen Sie fuhr, um zu sparen, vom « otsdamer Platz mit der Stra ßendahn, was sie seit ihrer Mädchen seit nicht mehr getan. Mit stiller Wehmut sah sie, aus dem Hinterperi ron stehend, die altvertrauten nüch ternen Straßen und Plätze lleberall wurden Erinnerungen wach, tauchten vergessene Eindrücke auf. Sie schaute lange einem fchlanlen jungen Mäd chen nach. das in der Viilowstraße elaftisch vom Wagen sprang und mit raschen Schritten einer Seittnstrafze zueilte. Sie dachte dabei: Das tonns te ich gewesen sein« so .wie ich damals war. So ging ich. So trug ich den Kon irn Nacken. stritt und hochmü tig. Was lonnte einem denn Großes un Leben geschehen-i hoffentlich gehst der da hesser als mit Jm Warenhaus erstand sie -— ih rer Meinung nach — n r das Aller nötigste und tam schießlich doch, halb aus Gewohnheit, ins tlausen hinein. Als sie an der Kasse stand und zahlte, wurde das Päckcheu lCzuindertsrancgscheine« das sie in der Hand hielt, um die hälsie dünner. vie zählte, dem Ausgang zuschrei tend, verstohlen den Rest nach und erschraet: Es blieben nur noch ein paar hundert Mart übrig; sie hatte Mühe, sich das tlar zu machen. Seit langen Jahren griff sie unter wegs, rein mechanisch, ohne mehr an Geld und Geldeswert zu denken,. in ihre lleine, edelsteinbeseste Börse. Das Schertbuch lag daheim immer zur hand. Charley zog, wenn sTe ihn um Geld anging, lächelnd nie weniger als ein Tausendsranesdillet aus sei ner Brusttaschr. Wenn diese tleine Summe, die sie jetzt noch lesaf3, auf gebraucht war« was danni Sie war in ei er gedrückten Stimmung« als sie au die Straße lam. Es war ihr, als wehte da eirk talter Wind, als machten die Menschen seindselig fremde Gesichten Ein Gefühl der hilflosigteit, eine leise Angst vor dem Leben überfchlich sie. Da hörte sie hinter sich eine tiesei Altstimine: »Gute, Grete, bist Dis-« wirklich? LIdJr ist’s Dein Geist?« Sie wandte sich inn. Eine große, frische Blondine stand da und streckte ihr lachend beide Hände entgegen. »Willst hastig... sie ist eg! Und noch schö ner geworden wie als Mädchenl Du —— dars nian denn überhaupt noch mit Dir reden, seit Du zwanzig Mil: lionen hast-! Oder sinds vierzig? Darüber sind sich die Gelehrten hier nämlich noch nicht einig!... Wie geht’s Dir den«-» Fainos natür lich! Was machst Du denn in Ber lini« Margarete sah schwach lächelnd ih rer Jugendireundim dein Fräulein von Frisching, ins Gesicht, die ihr rnit der Wucht -iner Waltiire die Hand drückte, und erwiderte ihren, Kuß. »Gott, Magda," sagte sie. »Ich den le, Du steckst längst in Siidwestasris la!" »Ich bin wieder zurück. Aber ich gehe nächsten Monat wieder hin. Jch equipiere mich eben da drinnen in dem Store. Weißt Du, seine Farcn ist ja riesig, aber weit draußen. Da kriegt man nichts. Jch ninß alles mitbrin geni« · «Wesien Farnt?« «Karls —- natiirlichi Riesig, sag· ich Dir! Zehn deutsche Ritteraiiter sind nichts dagegen! Wir werden auch Stranße itchteni« «Wer it denn Nerli-« »Ach so, das weißt Du in noch gar nichtl Jch hab' mich oriiben stan te pede verlobtl Jch beitaie in einem Vierteljahr-No —- Dtr mit Deiner Bambenpariie mag das ja komisch vorlonimeni Aber ich bin böllisch veräniigh Kerlchen! Jch sreue rnich un nnig. G ist ein eachtleben da draußen. Wenn Dr acht schon ver orgt wärst, witrde ich Dir gleich agen: Komm mit! Wir haben aus der anrn Platz file 'ne ganze Korn pagn e. Aber wer natiirlich einen hal ben Rothschild un. Mann bat —- wie geikl denn De nein Manns Erinneest Du Dich: i war noch dabei, wie ihn der Ritimei er Elendt uns bei Adlon on den Tisch sente. Elendt hat seinen Abschied genommen, dont seinen Kot-l in Ostprensien und macht Politii. Und unsere tleine Gräsin, die er im mer hoben wollte, dent Dir nur: die it gliteilich einen Kaiserjiiger in nnsdrnck geheirntei —- ist nach Oe erreich verschlagen Ja, die Welt ist rund . . .« Fräulein von Frisching sprudelte in ihrer Wiedersehenssreude das nur so heraus nnd betrachtete dabei mit schwesierlichem Wohlgefallen den zar ten, blossen, drüneiien Kops ihr ge genüber. »WRßi Du, daß Du noch viel reisender aussiehst?« wiederholte sie. »llngelogen! Du kannst so blei ben! Ein Nippsiichelchen Aber süß. Na, Dir ist ja auch der Ernst des Lebens erspart! . .. Du . .. gerade dieser Tage haben wir von Dir ge sprochen... Oder vielmehr von Dei nein einstigen Verehrer-, dem Linie inann . . »Trisst man Dich mal wieder, Magbai Jch muß seht heim zu inei ner Mutter nach Potsvam Jch ver siiume sonst den Zugl« »Ich lomm’ mal dieser Tage zu Dir ’raus. Also hör’ mal...« s Margarete reichte ihr die Hand zuni Abschied-. »Du hast mir noch gar nicht ge sagt, wie Dein Mann heißt!« s »Ka« . . .? Das ist ein Gellin. Eins Bruder von dem, ver damals drun ten in Südwest tot blieb —- weißt. Du noch? Wir redeten do b gerade ba von, als Du Deinen jetzigen Mann kennen lerntest. Ja, also der Lune mann hat sich ja toll herausgemustert in Zivilt Alle sinb starr! Ein Ver wandter von mir hat in der Artille riesPriisungskommission dienstlich mit ihm zu tun, Der sagt, er sei aus dem Schießpkasz die rechte Hand dieses« großen Jndustriebonzen - - Du weißt schon, wen ich meine...« « Herrn Moll-ney.«« «Jn! Nun hat sich der Liinemann auch verloth Auch mit Umsicht nnd Verstand... Der Alte hat Berglverte in Westsalen... Ein ganz bekannter Name. . . Herrgott, ja, mein Gedacht-» nis...« »So. Er hat-sich verlobt?« »Wa: Dir das auch neui Grete, Du kommst wirklich rein vom Mond! Na, natürlich .. Deine Wege sind ja längst nicht mehr unsere Wege!... Schließlich... nicht wahr, er lann Dir ja nicht ewig nachtrauern2 Na..s Jch koinin’ also zu einer Eritis-Visite ’riiber! hab' mich riesig gefreut! Gras-, an Exzellenzl Adieu! Adieu!«. Margarete Feddersen stieg in eine Droschte. Aus das Markstiict kain es» ihr seht auch nicht mehr an. Es wars ja gleich. ob man einen Tag früher oder später mit seinem bißchen Bar schast zu Ende war. Sie winkte der» Freundin noch einmal lächean mit der hanb zurück. Dann, als sie sichs im Wagen zurechtsetzte, berdiistertenj sich ihre Züge. Langsam, ganz lang-s sain tam eine tiefe, unendliche Inn-s rigtut über sie. ein Empsiribem alsl sei nun erst wirklich alles zu Ende . .. Sie hatte plötzlich nachträglich, nach Jahren, das Gesiihl, von Moritz Liiuemann verraten und verlassen( woan zu sein .Sie tat ihm unrecht. Sie sagte es sich selbst. Er mußte doch auch einmal heiraten. Sie hattet ihm ja das Beispiel gegeben. Es war Zeit siir ihn. Sie rechnete nach: Er wurde im Herbst siebeniiiiddreiszig. Warum sollte er nicht auch vernünf tig sein und sein Konipromiß mit dein Leben schließen? Ober hatte er sich wirktichverlieth Es gab ihr einen Stich durchs Herz. Sie erkannte aus einmal, was sitt ein unbewußter Trost in diesen Jahren der Einsam keit siir sie oie Vorstellung gewesen. war, doch irgendwo noch ein heim in einer Menschenseele zu haben. Nun war auch dies letzte. schwache Flämm chen, dies bißchen Licht oon einst er loschen. Kein Stern am Himmel. Dunkel iiberm Meer. Der totanz Berlins war vor ihren Augen grau, auf den besonnten Fel dern laa, als sie nach Potsdam heim suhr, ein triiber Nebel. Sie saß in schweren Gedanten und sann und sann. Hätte sie nur die Frischung nicht getrossenk Die war immer eine ausgeregte Plapperliese. Ohne die hätte see nichts von Lünemanns Ver lobung gehört. Oder wenigstens spä ter, zu einer Zeit, wo sie ihr bißchen seelisches Gleichgewicht nicht so bitter notwendig brauchte wie eben jetzt. Er hätte es ihr auch selber schreiben tön nen. Es tat ihr weh, daß er das un terlcssen. Sie hätte ihm als Freundin· geantwortet und Glück gewiinscht. Warum sollten sie einander denn noch böse sein? Aber er war es. Er blieb es. Für immer. Wieder faßte sie die Weh-nut. Jn der lag etwas Lähmu des. Die Willenötrast gegenüber dem Leben schwand. Sie täinptte«gegen diese Schwächeantoandlung. Sie schritt von der« Sation die Lange Brücke dahin und dachte sich scho nnngilos und trotzig: Gut! Er geht seinen Weg und schaut nicht rechts und linti und lii hinter sich, was nicht mit will. J muß es gerabeso machen! Jch musz ihn endgültig ver gessen. .. · Wenn nur nicht hier in Berlin und Potsdam siie sie alles von Erinne rungen voll an ihn gewesen wäret Dort drüben siihrte ez hinunter zum Kadetienhaus. Dahin hatte sie ihrs einmal zusammen mit anderen jungen Mädchen nnd Lentnnnts begleitet, zum Besuch von Reisen, die im Vor-l iorps waren, nnd iiber die pniigen kleinen Männer in bunten Massen eöcken gelacht, die aus dein Spielplatz Sand schippten- und durcheinander wimmeltem Aus dem heimweg anl einem iinden Sommerabend hatten sie sich hinter einem Baum den ersten Kuß gegeben. Seitdem betrachteten sie sich als verlobt... »Ich does nicht mehr nn ihn den-. len," mueinelte sie vor sich hin unt-s gab sich selber das Gelübde. Es war-; de still in ihr. Leer. Sie ginq mecha-Y nisch weiter nnd mochte erst wieder aus dieser miiden Geistesnbwesenheit ans, ais ihr im Hause der Mutter das Mädchen die’Flnrtijr ösfnetr. « Ein Heer sei gekommen, meldete fie. Aus Paris. Er warte schon seit einer halben Stunde drinnen ans die gnä diae Frau Jetzt war Margarete sofort wieder ganz bei sich. KampsbereiL Sie über legte. Wer konnte das sein? Ein sehr feiner Herr —- grofz und schlank, mit einem spitzen, schwarzen Vollbart, wie ihn die Magd schilderte. Sie schüttelte den Kopf und trat hastig über dir Schwelle nnd blieb vor Erstaunen ste hen. Das hatte sie am wenigsten er wartet: Alphonse Feddersen.» Der Vetter Alphonse... Das schwarze Schaf der Familie... Sie sah trotz ihrer Verwirrung das Aeufzerliche an ihm: die graue Rie seuperle in der genial gebauschten getiipselten Weste, die sonderbare Glut tensorm des Schoßroels, den Glanz der Zylinderscheibe —" er wirkte in dieser nüchterneu Umgebung wie so eben einem etwas über-hinten Schnei derhirn entsprungen. Aber sein Ge sichtsausdtuch den sie ironisch und gutmütig frivol in Erinnerung hatte, war ernst und vertrauenerweckend· Sie« war so verblüfft, daß sie nur sa gen tonnte: »Um Himmels willen, Vetter Al-» phonset —- Wo tomrnen Sie denn her?« I Er hatte sich ihr genähert und ihre hand respektvoll an die Lippen gezo gen. »Ja —- ich bin’s!« erwiderte er in einem Ton, als bedauerte er selbst diese Tatsache am meisten. »Dirett aus Paris! Sie werden denken: Da haben die dort den Bock zum Gärt ner gemacht! Nicht wahr?« « »Bitte-, sehen Sie fich doch einen Augenblickl« Alphonse Feddersen nahm der jun gen Frau gegenüber Platz und schlug ungezwungen ein Bein über das an dere, dasi der graugetönte Seiden struinpf über dem Lackfchuh zum Vor schein lam: Ein ganz leiser exotischer Hauen ging von ihm aus und zu ihr hinüber. Größlich --- ein parsiimiers ter Mann! Und doch Inißfiel er ihr eigentlich nicht. Es war ihr im Grun de deo Herzens lieber, daß ihr dieser Siiuder gegenüberskrsk, als einer von den Gerechten, etwa der trockene, ner vöse ZahlenIneUsch Sascha. Es war, als ob Alphonse ihre Gedanken erriet. Sein lönglicheg, lebhaftes Gesicht, dein die weichen Augen etwas Träu merifches verliehen, zeigte unverhohle nes Mitleid mit ihr. »Nicht wahr... die chdersen sind eine größliche Fainilie?« begann er offen und treuherzig, als seien sie bei .de gegen jene im Bunde. »Entweder sie taugen von Hause ans nichts wie ich —--- oder es sind hoffnungslose Philister-. Wenn solche Leute dann aus Abwege geraten, wirken sie doppelt Peinlichl Ich halJ’ er- Charleu, als er zu mir hereinwaulte, gleich zur Be ariisniug gesagt.» Mensch Tn verdienst Prügel! Du hast diese Frau eine Frau, wo jeder andere täglich dafür dem lieben Gott auf den Knien danken wiirde s-- eine Frau, der Du nicht wert bis, die Schuhrieinen zu lösen , . .« »Vetter . ·. bitte . . »Nein. Jch mus; der Wahrheit die» Ehre geben, Cousine Margot. Ich weisz, was Sie Ihrem Mann sein« könnten nnd nur durch seine Schuld nicht sind. Jch bedanke Sie seit Jah ren! Jch habe ihm gesagt: Elle a tontes les qu.rlito-s!... Warum bist Du so dumm-? Warum bist Du so blind? Einmal mas; auch die Geduld einer Heiligen reißen. ,,.Vetter »Dir geschieht ganz recht mon cher! Nun siyst Du da ohne Weib und Rind! Nun hast Da ja Zeit, zsi Le ron zn sabren!... Allons dont! Man erwartet Dich! Aber nun macht's Dir keinen Spaß mehr! Nun blöst Du daheim in Deinem leeren haus Trübsal. Aber wenn Du Dir auch das Haar ausransil, die unglück liche Frau, die Da verraten hast tommt so leicht«»nicht Ivieder...« »Bitte, Vetter,« sagte Margarete kühl. »Damit Sie mich doch nicht siir so dumm, daß ich an diese Art Ber zweislung meines Mannes glaube!« »Eine Nuine!« Alpbonse Feddersen bog sich im Sessel vor und wieder holte leise und eindringlich: »Ehe Ruine von einem Mann! Er ist ein sach untröstlich. Er ist ganz zer lnirscht. Er saß bei mir und weinte bitterlich. »Wenn ich es nur unge scheben machen konntet« Das war sei ne Rede hundertmal bintereinanderf »Das beißt: er möchte den Jungen haben! Seien Sie doch ehrlich!« »Was ist ein Kind ohne die Mut ter? Was soll er allein in seinem haus?... Er packte mich ais beiden Schultern und bat mich: «Fahr’ ZU ihr! Sprich fiir michl«... Ech hab’ mich nicht so leicht rnifehlo en! Jeh weiß, Sie haben ein-as gegen michil Es ist ein Fluch meines Lebens, daßl das gerade den besseren Naturen mit: mik on so geht. Jn- teidk sen-n am! meisten darunter. Aber dann sagte ichs mir-« Wenn ich der armen Frau nicht« ein Helfer und Berater zu sein ver-»l suche, —- die anderen Feddersen, die; sich dann einmischen. tun ihr in ihrer! Plumpheit noch mehr und ganz nn niiy meh. Alle Fedderlen sind im: Grunde roh und ungebildet. Jm Aus-l land, ohne jeden veredelnden Einfluß der Zeit nnd der allmählichen Ent wicklung, zu Geld gekommen. Es mangelt ihnen, was oft der Aermsle hat: die Kultur des Herzens-! Daran haben Sie in Ihrer ganzen Ehe ges-« lrantt, Cousine. Jeh sah es Ihnen wohl an. Jch kenne doch meinen gil-! ten Eharleyl Aber er wird sich jetzt bessern nach dieser Lehre...« »Nein Mensch wird anders als er ist!« »Dann wissen Sie nicht« was Frauen aus uns machen tönnen,« Cousim Margotl Jch wollte, ich hiitt’ in jungen Jahren eine Frau getroffen wie Sie! Dann wär' ich auch ein anderer Mensch geworden! Charleh wird es jetzt noch. Der Anfang ist die Reue. Er betennt sich in vollem Umfang fiir schuldig. Er begreift hin-J terher gar nicht mehr, wie es möglich war. Er bittet um Verzeihung!" s Alphonse Feddersen schwieg, selhfts ganz ergriffen von feinen WortenJ und glättete mechanisch die Krempe seines Zhlinderö. Es tvar etwas Gibt tiges in der Art, wie er sprach. Er! schmeichelte sich ein. i Aber zu seinem Erstaunen lachte» Margarete auf. »Zu komisch seid Jhr Franzosen!« sagte sie. »Ihr haltet mich immer siirl ein Gänschen, bloß weil ich eine Deutsche bin!.·. Denken Sie denn wirtlich, daß ich darauf hereinfallen soll?«. Jch tenne doch auch meinen Manns Natürlich ist er ärgerlich, daß er ertoppt worden ist« und schämt sich vielleicht vor feinere Bekannten, daß ihm seine Frau aus dem Hause gelau fen ist« Und, wie gesagt. vor allem er möchte den Jungen. Er versuchte es schon die ganze Zeit. Aber er kriegt ihn nicht!« Ihr Besucher gab es auf, mit sei nen Schilderungen Eindruck auf sie zu machen. Er saß bekümmert da. Er war ihr nicht unangenehm. Er hatte sie schon in Paris gerade deswegen arniisiert, weil er den Inderen Fed dersen ein Dorn im Auge war undi jenseits von ihrer selbstgerechtenl Nächternheit nnd ihren tleineni Scheinheiligteiten stand. Er gab sich wenigstens ganz, wie er war. Eine gutmiitige Drohne. Und doch jeder Zoll ein echter Feddersen —- nicht Franzose, nicht Russe, uicht Deutscher -— ohne Heimat, ohne Ueberlieserung. Gerade hier in Potsdatm wo alles von hartem Preußentnm starrte, sahj man das doppelt. l »Ganz richtig!" versetzte er nach. einer Pause der tieberlcguna. »Vin faugs hatte Charley wirklich den Kopf verloren und wollte zu Gewalt mafzregeln greifen. Ich l-,ab’ ihm das ausgeredet Solange ich hier bin, gest schieht nichts -- weder gegen Sie noch s gegen das Kind. Mein Wort damqu Wenn ich freilich mit leeren HandenI nach Paris ziiriicllomnie . . H »Sage« Zie, Vetter — was-.- haben Sie denn nun davon, srena Sie mich« glücklich im Triumph l«,ei«ndri-ichten.' Jch bewundere Sie-, daß Sie sich überhaupt mit so nndantlsaren Aus gaben befassen!« 1 Llltshonse Feddersrn sah feine schij ne Geissiiie weich an. I l »Man möchte sieh doch auch einmal ein wenig nützlich machen!« meinte er, nnd sie musite wieder beinahe iiber ihn lachen. Sie fragte iiihl, mit kaum berhehltem Spott: i »Was wollen Sie also eigentlichl von mir, Vetter Alphoiiset« »Bloß Sie bitten, Charleh noch einmal zn sehen und zu sprechen! Man soll niemanden ungehört ver dammen!« »Ist U »Aber tsonfine Mnkgot . . »Nein! Es ift zivecklds2 Jch h.ib’ es friiher oft genug versucht. Wir re den aneinander vorbei, ins Leere! Wir sprechen zwei verfchiedene Spra chen!« »Vedenten Sie nur: Sie sind jetzt die Stärkeret Sie haben eine ganz andere Stellung ihm gegenüber-t« ,,Ent1viirdigt hat er mich! Ich will nichts mehr von ihm wissen! Das ift mein leyeg Wort!« Es war ein Schweigen. Dann fragte Alphvnfe höflich: »Wie denken Sie sich denn dn Jhr tünftiges Leben?« »Das geht Sie gar nichts nn!« ,,Mich nicht! Aber Ihren Mann, als dessen Beauftragter ich hier sitze." Margarete warf den dunkeln Ron in den Nacken »Sngen Sie ihm nnc, er möge sich um rnich nicht forgent Jch werde mich fchon durchs Leben fchlagen!« »Wie denn?« »Ich werde mir irgendwie Geld verdienen!« Jetzt hufchte ein Schatten von Iro nie itver das Antlitz drüben. Das er bitterte fie. Sie kannte dies stehende Fedderfenfche Millionärliicheln, halb Mitleid-, halb Verachtung vor der Frau ohne Mitgift nnd Erbe. Er lachie nochsichiig. wie man zu einem Kinde spricht: »Seid verdienen, Cos sine?... Bei einer Schönheit-konkre renz! — Ja, das glaub« ichi Aber sonii...« Und nun sprang sie mit einem jähen Anfnll von Zorn empor-. Sie stieß ihren Stuhl beiseite Ihr Auge suchte unwilliiirlich die Tiir. »Sie gehen jehi wohl, Vetter M phonie!« sagte sie ichtvii »Es W wirklich keinen Zweck, daß wir mitei nander reden.« »Aber liebste, beste Freundin ..« Alphvnie Feddersen stand bestürzt da, den Hut in der Hand. Er hatte den jähen Umschwung ihrer Stim mung nicht geahnt Sie blickte ihn förmlich h.1ßerfijlli, feinbielig nn, ais wäre er die Veriörperung feiner gan zen Familie Sie hatte die Hände ge ballt nnd schieuderie ihm ihre Leiden schaft ins Gxsichh - »Hätt' ich-Euch alle bloß nie gefe hen! . « Meinen Mann nicht. .. Euch alle nicht... Was hab’ ich fchon die Stunde bereut... Wie es aneh pe tommen wäre, es wäre besser als fo geworden. Und wenn ich nie was vom Leben gehabt hätte nnd fehl noch hier bei meiner Mutter fiifze oder bei fremden Leuten mir mein Brot ver diente, ich hätte doch meinen Stolz! Jeh hätte noch Hoffnung auf die Zu kunft. Jch wäre nicht fo ganz matt nnd tapntt vom Leben, wie Ihr das mit mir fertig gebracht habtl . .. Zer trampelt habt Jhr mich. Und dann flehen Sie da nnd lachen! Aber ich ducke mich nicht mehr Sagen Sie das nur in Paris...« Der Vetter Alphonfe blieb ganz liihl. »Daß Sie ohne weiteres nach Paris zurückreifen, ift ausgeschlos fen!« räumte er ein. »Das hieße unfe ren renigen Sünder dort ungehört begnadigen Das dürfen Sie ebenfa wenig, als ihn angehört verdammen Er käme ja aneh gerne hierher gl Jhnenl« »Nein!« »Aber liebste Cousine.« »Nein. Reini« »Und wenn er fchon ba wäre..." »Ich will ihn nicht fehenl« »Schon als reuiger Sünder vor der Tür ftände!" »Um Gottes willen...« , »Was würden Sie dann faaen, Cousine Daify?« »Gehcn Sie!« Alphonfe ging wohl zur Tür, aber nar, um sie zu öffnen, draußen ftand ihr Gatte auf der Schwelle-, stattlich, blond, wohlgepflegt. Er machte ein Gesicht voll niichterner Refpeltabiliiiit« fo liefernfl nnd würdig wie etwa bei der Teilnahme an einein Begräbnis. Aber ganz wohl war ihm nicht in fei ner Haut. Das verrieten feine Angen. Die irrten unftät zur Seite und ver mieten es, ihrem Blick zu begegnen Und wie der lalt auf ihm lag, da er faßte sie beinahe ein Schrecken, daß sie fo gar nichts empfand —- nicht Zorn, nicht Absehen, nicht Kränkung. Sie fühlte jetzt: sie war fo niiile an Karl Fedberfen geworden, fo todmü de, daß sie eine leidenfchaftliche Ver zloeiflnngsszene zwifchen ihnen beiden noch mehr fürchtete als er selber. Er schien das zu ahnen. Er fchlnclle ein paarmal, er tiimpfte mit sich, um von dem bösen Gewissen frei zu kenn-new und begann dann in feiner kühlen, halblanten Art, in der er fonfl ge schäftliche Unternehmungen führte: »Ich bitte Dich nm Verzeihung Margot !« Sie blieb flnmm. »Ich weiß wirklich nicht, Margoi. wag in mich gefahren w.ir. CWait komme nn conp de fondrel C’('-tait plus fort qne mail Ich bin doch fonlt nicht fo!... Also vsrzeil)’!« Noch immer erhielt er keine Ant wori. a »Jet) verspreche Dir-« Lfss kommt nicht wieder vor!... Jch hal)’ mir selbst genug Vorwiirfe gemacht und von anderen gehört und mehr Ver druß aehabt, als die"ganze Saite wert war. Ich lsin jetzt acwitzigL Ich werde tiinftia solche Seitenfpriinge lassen!« Sie zurlte bei dem banalen Wort ,,3eitenfpriinac« zufammen. Es ging ihr durch den miiden Kopf: Die Fed derfen haben eine Gabe, alles, aber auch alles ins Alltägliche zu ziehen! ...Er ficht das nur als ein lleines Lllsenteuer an, ein bißchen Pariser Sichklehenlaffem bei dem man sich dummerweife erioifcheu liefe, wag für mich ein Ston mitten ins Herz war . . Jshre Stille gab ihm Mut. Er nä herte sich vorsichtig, zog sich einen Stuhl heran und setzte fich. Die un ruhige Spannung auf feinen Zügen verschwand Das Schlimmfte war überstanden Er hatte fein Sprüchlein als reniaer Eheinann aufgefagt Nun war es an thr, als Frau von Welt den Ztoifchenfall zu beenden. Wenn sie dabei noch für sich ein paar Be dingungen heraus-schlug —- oh gewiß s - er war zu fehr Kaufmann, um the das zu verargen. Er wartete nur dat anf. Sie wollte auch sprechen. Aber ei fiel ihr nichts ein, nichts, was fte ihrem Mann hätte sagen tönnen Sie fchaute ihn nur an. Es war eine fol che hilflose, stumme Verzweiflung in ihren dunklen Augen, daß ihm wieder nicht ganz sicher zumute wurde und er unbehaglich auf feinem Stuhl hin und herritckte. Dann versuchte er es mit einem leichteren Ton (Fortfehung folgt.)