Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 06, 1917, Sonntagsblatt, Image 10

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    set gen Direktor
Von G Busie Paalma
.
l
Der here Direktor hatte die neues
Stellung erst vor wenigen Stunden
Adernonimen JnI Armstuhl sißend»
den masjioen Körper leicht oorniiber·
geneigt, durchging er mit denI ersten
Buchhalier und einem jüngeren An
gestellten die Geschäftsbücher der Zie
getei. Bei der Erläuterung einer
Zahlenrrihe geschah es einmal daß
der braune Bolltsart des jungens
Mannes die Wange des neuen Herrn
berührt.
Neroös fuhr dieser aus. «Sagen
Sie, herr —
«Leymann«, ergänzte der Ange
sprochene höflich.
»den Lehmann also, finden Sie.
es besonders schön, einen Vollbras zu
tragen?«
Der junge Mann errötete bis in.
die Stirn.
Jsjme alte Gewohnheit, Herr Di
rettor!"
Jst-in, zum mindesten ein sehr
selisatner Geschmack. «
Dann rechneten sie weiter-, und es
wurde später Abend, ehe der Dereliors
Zone Fabrik verließ nnd in das große.
Haus hinüberging, in dem sichs
seine Privatxvohnung befand
Arn nächsten Morgen saß er um
die neunte Stunde gerade denn Früh
stack, als das Dienstmädchen den sem
tuelvlonden Kopf nochmals durch den
Türspalt schob.
.Der Barbier ist da, hetr Direk
torl Wo soll ich ihn hinführeii?"
»«,Det Barbier-? hin! Er soll nur
hier herein."
Gut, daß er kommt, dachte er da
bei und fühlte sich mit der hand an
das Kinn, die Bartstoppeln gucken
schon allzusehr heraus.
Der Barbier trat ein.
Es war ein lang nufgepchoneney
junger Mann niit branvroteni hast«
das ihm borstensteif auf dem eckigen
Schädel stand. Er machte eine tiefe
Verbeugung und grüßte rnit niederge
ichlagenen Augen.
»Arie) Sie find der neue Verschö
trerungskatim rief ihm ver Direttor
«opiat zu. »Ist auch altes va, scharf
iel Messer, leichte hand, was?'«
Die schmalen Lippen des jungen
Menschen verzogen sich zu einem
stummen Lachen.
«Jch hoffe, Herr Direktor!« sagte
er dann. .Wenn here Direktor sich
aber erst überzeugen wollen. . ."
Er hatte das Leveretui und vie
Seifenviichie ·anf den Tisch gestellt
uns zog umkvaä Rasiejmetfey eine
bit-sende, voppelschneipige Klinge her
vor «
»Ganz neu und scharf wie Gift.
Herr Direttori Geht durch Fleisch
und Knochen, wenn-« fein sollt«
Er grinfte dabei und zeigte seinem
Kunden den Stahl, ihn aus kleinen,
hatte zusammengelmffenen Augen tin
blinzetnv.
Ja dem Direktor stieg ein unan
stneyines Gefahl anf. Der Mensch
gefiet ihm nicht, und es war ihin aan
fo, als od ek ihn kennen müsse. Von
woher-, war ihm freitich ratsethaft.
Aber schließt-M was ging ihn auch
dief Perfdnlichteit feines Bart-fees
ern
tjxr lvmlie nzio nnzp:r3.1) ab.
»Schon gut, iclioii put! Stellen
Sie den ciuni Dort .i:i oiig Fen
fterx«
Der Barbier gel)ord;te, und der
Titellor setzte fich.
Er bekam Die Lercietie um den
hats nnd wurde einziefeijL Bei vie
fer Prozeour fieer i.,i:i Die großen.
ungeschinditelen Hände desJ jun-im
Menschen auf. ·
»Wenn Sie this »leirk,t« i:ennen!«
spötielie er mit bezeistxirezider Ge
biirde
Der Barbier hielt inil dem Seier
ein und l·e··.il) feine itrnntm
»Nicht ini qenve n-. .1,,t' meinte er·
dann gethlxchi »··1l·er sichre und
festL Sicher und fest! Zehen Ziel
mal, was vie packen wollen, das
Wen fie; und was sie haue- wei
len, das halten sie! Und um's nicht
glaubt. .
Der Direttor hob unwilltiirlichs
feinen Arm « zur Abwehr ein we
Ins in die hö Wu- zum Teufel
hatte ver Kerl nur« Während ver
ten Worten hatte ee wahrhaftig.
den Zähnen getnirscht, und sein"s
Blick war tückisch griin geworden
Its sbler Kunde! dachte er sich.
Wenn das mein Feind wäre, ließ' ;ch
M set-iß nicht von ihm rcisierem
gluub’s schon!« erwiderte er
instit gezwungenein Lächeln. »Aber
«beeilen· Sie sich. Der Brief
Wuß nämlich jeden Augenliitetl
II Instete dabei. Diese Liige
ins-ihm ganz unwilltiielich ent
fjccsft und et war sich selber nicht
Its-, Zirkels-ern Zwecke er sie
W m Oe des Vorhin-,
gleich Idee in die vor
Ituhe gelegt hatt-,
Richtig vie ioethqlteuee
»Mit-IN W«
essen-lei
ben abgegeben. und hierher ksnmt
gewiß keinerl« ;
Der Direktor biß sich aus die Lip- i
M. !
»Woher wisenjsie denn dasiU
fragte er gereizt. i
»Ich habe den früheren Herrn
auch bedien-!
Darnit griss er nach denr Messer.
legte«prüsend die Iinserspihe aus die
Schneide und begann langsam zu ra
steten.
.Starter Bariwuch5!« sagte er an
ertennend. »Kriistige. dicke Haare!
Hätte das sriiber gar nicht geglaubt,
weil Herr Direktor — init Verlaub
gesagt E- schon eine leichte Platte ha
ben. Aber Herr Direktor tennen mich
wohl nicht mehr? Natiirlich nichti
Jsch war ja noch ein Juni-»F
Also doch! dachte sich der Direktor.
Mir war doch gleich so!
»Hm, odu wo tennnen Sie mich
denn-"
»Aus Franzensdorf. Wenn der
herr Direktor sich erinnrn wollten.
an die alte Groschen die draußen am
Walde wohnte, wo der Herr Direktor
nebenbei seine Jain hatte. Ich bin
ihr Sohns«
.Goschen. Geschen-«· überlegte der
Rasierte zweifelnd· llnd piöglich stieg
eine Erinnerung in ihm auf.
Richtig: das war ja das alte Weib
mit dein spisem mageren Rauboogels
gesicht, mit dein er so viel Scherereien
gehabt hatte! Hm! Sehr behaglich
wurde ihm dabei ganz und gar nicht.
Er hatte ein boses Gewissen, und
der junge Mensch hier, der ihr Sohn
.war und das haarscharse Blasier-nis
ser so langsam; nnd schwerfällig
über seine Wang? gleiten ließ. sah
nicht gerade oertrauenerweckend aus«
»Richtig!« erwiderte er also. »Ich
erinnere mich dunkel. Wie gebt es
iJhrer Mutter denn jetzt?« -
. Ein unangenehmes Grinsen zog
»sich über das Gesicht des Barbiers.
s .Dante siir vie Nachfrage, here
lDirettor. bunte! Jetzt geht’s ihr gut.
chin. stiu und so friedlich, wie fass
»besser nicht wünschen tann lSie Jst
snärnlieh lange tot. Und vielleicht rote
Iver rnit der alten Fine zusammen, der
hündin mein' ich, die Herr Direttpr
Ioarnals aus ver Jagd erschossen ha
ben. An der hing mein Mütterchen
sehLunv hat sich trant gehärmt dat
iiber.« .
Der Direktor machte eine nervöse
,Bewegung, und als ver Barbier sein
IMesset siir einen Augenblick von sei
snem Gesicht entfernte, stieß er hastig
jhervon »Das ist eine Lüge! Nicht
sich habe den Hund erscho»ssen. Und
irr-as zum Teufel geht das mich heut
Poch an? Beeilen Sie sich lieber mit
dem Rasierern Jch habe leine Lust,
Ihier eine halbe Stunde zu sitzen.«
k »O Verzeihung!« sagte der Bar
jbietz ohne sich ini geringsten aus der
sFassung Tringen zu lassen, »Herr
»Direltpr haben recht. Ich geh’ ein
bischen langsam vor. Aber sest und
sicher, sest und sicher. Und ich meine,
der Herr Direttor sollten es auch da
bei lassen. Herr Direktor haben ei
nen woblgeniihrten hals. Bein-Ihr
fett! Wirklich, beinahe sett! Wenn
da das Messer in der Eile mal ein
bischen zu tief ginge! Wär« ’ne
kitzlige Geschichte! ’ne verdammt
titzlige!"
Der Direktor spürte, wie er ihm
während dieser Worte init zwei Fin
gern beinahe zoolliistig iiber das ge
str.ifste Fleisch strich.
Fiir einen Augenblick dachte er da
ran, ihn plötzlich zurückzustoßen und
auszusvringen Aber wer konnte wis
sen, ,ob der schlaung heimtiickische
Bursche nicljt ebenso fiint war und
»dann vielleicht erst recht losgingi Er
brauchte ihm ja nur die Schneide ge
ichiclt vorzuhalten, und er schnitt sich
leider beim Auisvringen .das Leben
weg! Nein, nein! das war zu ge
fährlich. Und außerdem: vielleicht
ivar alle Befürchtung nur ein Hirn
gespinst seiner erregten Phantasie. Es
war ja möglich, sogar wahrscheinlich,
daß der Rothaarige ein ganz harm
loses Wesen war, das sich nur durch
sein sonderbareg Benehmen so ver
zweifelt unangenehm macht. Und dann
wäre er unauslöschlich blnmiert gewe
sen, wenn er alö halbrusierter davon
gelausen wäret Nein. als Angsthase
tonnte er sich in seinem neuen Wir
kungskreis nicht von vornherein ver
schreien lassen!
Aeuszerlich ru ig, lehnte er sich in
den Stuhl zuruch
· — «’ne Lüge want eigentlich doch
nicht, here Direktor,« nahen der Bar
bier das Gespräch wieder aus. »Mut
ter hat mir oft genug erzählt, wie's
dabei zugegangen war. Die Fine
war so’n unendlich treuei, gutmüti
geö Tier, das selten mal freiwillig
von ihr weglies. Aber manchmal be
tam’s doch den Kollet und wollt'
sich aukwden und ausspielen, wi«
die hunde mal so an sich haben. Ja
und wie der Herr Direltor da mit
den andern herren und den drei Tö- »
len an unserem hause vorbei aus die
haoelwiesen gingen, da war zufällig
mal ie Gartenvsorte aus« und hor
war e- hinterher. Kam ja so selten
Tau-, das alte Zieht Mutter gleich
hinterdrein, oder wie sie glücklich lo
weit gehnmpelt war, daß sie ihre
Eine vergnilgt iiber die Wiese sprin- ;
IS- Mtt da tnallte schsu Ists-WI- «
ad sda heulte zine schon so sam
M ass, bat M ei m an
Im Is- nlse sehe Me- loss
te. Und dann lnaste es nochmal.
und dann schleifte der Herr Direltor
das sterbende Tier hinter die Weiden
kund ftiefi es dort in eine funipfige
»Kulsle. Wissen das der here Direk
tor noch? Jine was- nich nicht tot
und schnappte nach Ihrer Stiefel
ffdise dabei. Das hat der alte Wolf
Jgefehen, der grad auf dem Dadelfteg
sporbeitant, nnd den der here Direk
"tor am Sonnabend drauf aus der
IFabrit jagten. Er ging dann betteln,
jweil er anderswo teine Arbeit fand.
So mass doch. Herr Direttori Oder
Nichts« Er hielt mit dem Rafieren
ein und fab, ebne das Messer dont
IHalS zu entfernen, den Befragten
; haßerfiillt an·
’ .Jch schoß nicht«, fagte Her Di-;
Ireltor mit Wut-endet Stimme«
»Das tat ein Gast. Der Apothe-«
ter —'«
«Tluf wessen Geheiß?« fragte der
Barbier gäb weiter. .Jagdherr waren
Sie, und Sie alle wußten, daß das
Tier tein fremder Wilderer war, fon
dern einer armen Nachbarin gehörte,
aus deren Garten, er fajt nie heraus
tam. Jch tvar damals in der Lehre,
und meine Mutter war ganz einfatn
danach. Ihren einzigen Schuh nd
Freund hatten Sie weglnallen lasten
Jhr Jagdrecht, nicht wahrt Aber tut
das ein guter Menschz Tut das ein
guter Menfch?"
Seine Brust hob sich erregt und
keuchend, und durch den fchmalen
Spalt unter den niedergefchlagenen
Wimpern flimmerte es ganz grän
»So! Hier wären wir fertigt« fagte
er mit belegter Stimme. »Bitte die.
andere Seite-, Herr Direttor."
Worflos, mit fest zufammengetnifs
fenen Lippen drehte er feinen Kopf.
Er konnte iich noch ganz deutlich an
die Geschichte erinnern nnd wußte fel
ber, daß er sich nicht grade porbilds
lich benommen hatte. Aber das alte
Weib war ihm immer ein Dorn im
Auge gewesen. Jbr Häuschen hatte
genau auf der Grenze zwischen feiner
Jagd und dein Königlichen Iorst ges
standen, und wenn er einem wech
selnden Bock mal ein bischen zu weit
nachsoigen Ioollte — iiber sein Revier
hinaus niimlich —- hatte er sie man
ches Mai noch tief in der Schlafeng
zeit aus ihrem kleinen Balton tau
ern sehen, stumm und traurig wie
eine Nachteule. Manch sicherer
Schuß-- war ihm dadurch verdorben
worden«
»Donnerroetter!« schrie er plötzlich
aus und suhr sich mit der hand schüt
zend oot den Hals. Er war geschnit
ten worden, nnd seine Fingerspitze
wurde toarrn von Blut.
Bestiirzt wiegte der Barbier den
Kopf. «
»Ein Pickelchen, nur ein Piitels
chen!« entschuldigte er sich. »Eine Se
kunde, Herr Direktor.«
Eilig holte er seinen Stein hervor
und rieb die tleine Schnittwunde
sorgfältig ein. Dem Direktor war
es aber, als ob für einen Augen
blick wieder das abscheuliche Lächeln
um seinen Mund gezuat wäre, das er
schon vorher einmal bemerkt hatte.
.So, so! Es biutek schon nicht
mehrt« sagte der Barbier beruhigend
und legte den Stein sort. »Wenn ich
Pickel überhaupt vermutet hätte, wäre
das nie geschehen. Aber bei einem
so glatten, vollen hals. . . Meine
Mutter sagte schon vor Jahren, da
malO, zwei Tage nach Fines Tod«
als der here Direktor sie durch den
Portier aus der Fabrik treiben iiesz,
weil sie klagen getommen war —- ja
damalo schon sagte sie oom Herrn
Direktor: »Wenn er ’ne Aehre wäre,
wär’ sie reis zum Schneiden!' Herr
Direktor waren auch damals schon
gut der Nahrung, und meine Mutter
hatte gute Augen, wenn sie wen haß
Ztr. Und gehaßt hat sie den herru
tDirektorl Ja, das hat stel«
« Schin schab kratzte das Messer über
die andere Kinnbarkr. Langsam, ganz
siangiarm als oh der unheimliche
Bursche, in dessen Augen es immer
so wütend ausklinimerte, ihn kiir eine
Ewigkeit auf dern Matterjtuhle fest
Ihalten wollte. Aber der Direktor
I sagte sich doch: Besser ich schweige und
laß ihn ruhig ausredem als daß ich
ihn reize. Einmal muß dies oers
darnnite Abschahen doch ein Ende ha
ben· «
» «Lebt die Dogge eigentlich nachk«
isragte der junge Goschen. .Der
:Nero? War ein wunderschönes, herr
’schastliches Tier, nur ein bischen böse
»und gefährlich. Herr Direktor wissen
doch noch, wie sie uns die Milchziege
«und das Zischen zusammenbiß. herr»
Direktor waren ja ganz in der Nähe,
waren aber wohl heiser und konnte sie»
darum nicht zurückrusem Nero wollte
wohl auch nur spielen, und ei war
nur Spaß von ihm, daß er dein
Kleinen mit seinem·prachtoollen Ge
biß gleich die Kehie zerrnalmtr. Und
daß er wild wurde, als die alte Ziege
bei diesem Anblick sich vorn Pilocl
loßriß und rnit gesenkten hörnern
tollktihn gegen ihn vorging, lonnte
man ihm auch nicht übelnehmen. Nicht
wahr, Herr Direktor? Er war doch
herrschaftlich, und das war nur ’ne
Brunnen-Siegel Ja« und er ver
ichasste sich auch den gebührenden
Respekt! Brach ihr erst mal das eine
Vorderbein und biß ihr dann-mit den
edlen Zähnen das Euter zuschanden
Jch karn gerade dass-, als tte tlber
dein blutenden seichter-r der Meinen
zusammenbrach nnd bald ihre eige
«
nen Winden nnd bald die der Toten
lockte. Der Jnnge ,der damals so
kaut schrie. war ich, und ich habe die
Ermordeten von ihrem WeideplsM
heim in den Stall gebracht. Dat.
hätten Sie sehen selten, Derr Di-—
rettor, wie die Alte da den Kopf in
den fiM Sittei schob und aus
ftölinte, ganz wie ein Mensch. drrnt
man die Eingeweide out dem Leibe
gerissen hat. Sie stöhnte bis alles
aus war. Zuletzt nur noch selten
und ganz leise. So wie meine Mut
ter es machte, als sie starb-«
»Ich hätt ihr den Wert erseht,
wenn sie in schicklicher Weise darum
gebeten hätte«, stieß- der Direltor
glntrot hervor.
.Miiglich, Den Direktor, möglich.
Aber Mutter war wohl zu dumm.
uin schicklich zu bitten.s- Sie hatte so
’ne tomische Idee, daß sie ein Recht
besaße, eine Entschuldigung und eine
Entschädigung zu verlangen. Na
tiirlich verbot da dem Herrn Direltor
sein Stolz, etwas zu tun! Wir böt
ten ja auch vor Gericht klagen kön
nen. Nichts einsacher als das! Drei
Stunden Wagenfahrt bis nach Span
dau, wo das Gericht ist, Advokatens
oorschiisse, Zedrgeld, Schaden in.der.
Wirtschaft —- mehs den-s in nichts
aeiostet! Und hinterher hätt« der;
lViert Direktor fünfzehn Mart oder;
so was siir die Ziegen bezahlt undj
hätt’ lachen lönnen über das tranle,«
arme Weibchen, das noch sein’
Schwein nachschmeiszen mußte, nrn
sür eine Ziege entschiidigt zu werden
Recht ist schon da, nur holen tann
man sich’s«nicht, wenn man ein ar-«
mer Teufel ist, der auf dem Lande
lebt! Herr Direktor hätten keine
Flasche Wein weniger getrunken. aber
meiner Mutter ist sasi das Herz ge
;brochen. als sie einsah. dasi sie gegen
den Geldbeutel nicht aufkommt.
Arme Leute, Herr Direitor. arme
.Leute!«
s Schad, schab. .
? »So. herr Direktor. Jetzt nur
Noch eine Minute-· Nur noch ein
bißchen nachrasieren.«
Ehe der herr Direktor gegen diese
Nacharbeit. die ihm heute ganz nn
nötia schien, noch Einspruch erheben
konnte· siihlte er die Schneide schon
wieder aus der Gurgel. und oben
drein nicht schräg, sondern steil und
drohend. Langsani nnd grinsend,
mit schiesgezogeneni Mundwiniel«
beugte sich der Barbier ganz nahe an
sein Gesicht und sagte. seinen Blick
böse und tückisch in die Anan des
Direttbrs bohrend. im Flüstertom
»Und wissen Sie, was meine Mutter
noch gesagt hat? Noch nus dem To
tenbett gesagt hat? »Tiefe: Mensch«,
sagte sie und hat den herrn Direktor
damit gemein, »sollte hingeschlachtet
werden, wie mein armer Hund und
wie die Ziegen. Jch hasse ihn so·
daß ich ihm seht noch nicht verzeihen
inmi- Und du sollst ihn hassen und
an unsern Haß denlen, wenn du ihn
mal nnters Rasiermesser triegst!«
Bald daraus siarb sie, und nun, here
Direttor. ist es an mir —«
Der herr Direttor war einer Ohn
macht nahe. Es lvar lein Zweifel
mehr, daß der Bursche ihm ans Le
ben wollte. Käseweisz stresz er einen
schwachen. tlanglosen Hitseschrei aus.
Jni gleichen Moment trat der Bar
bier anscheinend bestürzt zurück.
«Sind here Direttor nicht nwth
fragte er teilnehmend. .Bielteicht
Wasser dienlich?«
Eilig legte er sein Messer beiseite
und goß-aus der Karosse aus dem
Mitteltisch ein Glas voll ein.
»Dostentlcch have ich-Herrn Di
rektor nicht mit meinen Jugenderin
nerungen beunruhigt?'· erkundigte er
sich, ais er es überreichte. »Und das
letzte, was meine Mutter gesagt hat
. . lieber Gott« das arme Frau
ichen lag ja ties im Fieber! So was
ltut natürlich keiner! Der Barbier
gewiß- nicht! Nein, wie der Herr
iDirektoe nur so erschraken konnten!«
Der here Direktor erholte sich wie
der. Er stand aus und ging mit er
regten Sehritten wortlos im Zimmer
aus und ab·
«Waren ver herr Direktor sonst
,zusrieden«i Und wann besehlen der
»Den Direktor, daß ich wiederkom
men solls« sragte er dann bescheiden»
während ein verhalten triumphierenss
rei, gesättigtes Lachen in seinen Au
gen stand. .
.Jeh werde Sie benachrtchtigen·
!assent'· antwortete der Direktor kur4.i
Mit einem tiesen Bückling herab-(
schiedete sich der Barbier. l
Eine Stunde später, als der herrs
Direktor bereits wieder in der Fabrits
arn Schreibtiseh saß, brachte ihm!
huk Lehmann einige Schritts-we I
«Nanu!« rief der Direktor »er
taunt. «Wo haben Sie denn Ihren
schönen Volldart gelassen?'
Abnehmen lassen, here Direk
tor!« antwortete der junge Mann
errötend.« »Den Direktor äußerteni
gestern so deutlich Ihr Mißsallen-—«
»Oh! Das war aber übereilt!«
Er tonnte sein Mißbehagen so we
nig unterdrücken, daß der junge
Mann ihn ganz sassungskoi ansah.
d »Aber « here Direktor sagten
»Man kann seine Meinung än
dern, junger Trennt-. Sehen Sie
Wmiiit Bis-WORK
s e o r e en
soll. Die plasieroerhsktn e ,
hier miseraiel In sei-R M i
u pag-site
sen Indern- Vot tei.
»Das Ereignis,« so erzählt iin
Kapitän Nat-ins Eazarnn aus Mar
seille, »in-g sich vor einer langen
Reihe von Jahren zu, doch erinnere
ich mich seiner so tebhast, als sei
es erst gestern geschehen. Ich war
damals erster Ossizier an Bord desi
Dampsers »Phöuix«, unter dem Be
sehl meines Lnlel—:—, des Flapitijniss
Borel
Im Hasen von Vordeaux lenken
wir gerade im Ventiis, die :·lnter
zur Ausreise nach Brasitien zu lich
ten, ais unser ,Pnssagier antun-.
Aus einem kleinen Hasenbooi war er
an Bord gekommen nnd löste sofort
seine Falstlarte nach Peruamlniro,
nnserem Bestinnunngsort Ein et-.
was sonderbarer Mensch, von nur«-s
hinein, doch energischer-n Wesen. Ta«
wir jedoch an Bord unieresI Fracht
schisses hänsiger eigentümliche Per«
sönlichieiten sahen, so nahm mein
Onkel. der in erster Linie mit dem
Gelt-verdienst rechnen-, ihn anstand-s
las ani. «
Der Fremde beliistigte uns auch
keineswegs-L Während der ernen
vieruudznmnzig Stunden verließ
er iiberljannt seine sladine nichtj die
man ilnn an Teil überlassen hatte
Er beriihrle die Speisen sann-, die
der Stetnard ihm brachte.
Am Morgen des dritten Tasse-Es
rief der Kapitiiiruiich in seine Flam
mer. Er war sichtlich beitiirn:
»Weis3 du, wer unser Passagier
ists-" ries er mir erregt zu. —- »Er
ist ein Mörder!«
»Wie kommst du ans den lsiedan
sank-« irasste ich betroffen.
»Ich hin iiberieuth dass er ein
i
slcllol IIIIIII Uclluculcc XII-l III·( III
ein Pariser Arzt, der kürzlich att
einer Frau einen Ranbntord be
nannt-it hat. Doktor Verlanchiy
iheisit er nnd nicht Morin, wie m
sich hier nennt!«
s »Bisher willst dn das toissen?"
«anch die Zeitungen, die utan
nns vor der Absahrt brachte« Ich
hatte erst gestern abend :3eit. sie zn
lesen. Der Mord ist tnit allen
iEinzelheiten beschrieben. Ter Mör
der toird steckbkieslich verfolgt. Man
vermutet, das; er sich zur Flucht
nach einein siidwestasrikanischen Ha
sen eingeschisst hat. Es ist miser
Passagier. Ich bin meiner Sache
gewiss. Uebrigens habe ich ihn be
obachtt «
»Wo und wann hast du ihn ge
sehen?«
»an dieser Nacht —- dnrch eine
Tiirspalte seiner Kabine. Er nähte
Edelsteine in den Gurt seiner Bein
kleidet Er ist’L-! Jch bin dnvou
überzeugt t«
»Das erscheint inir noch nicht so
geioisz,« erwiderte ich nteiuetn Ou
tel. »Dir glaubst es —- nnd mög
lich ists-« aber tnan sollte doch ohne
ztvinaende Beweise keinen Menschen
ldes Mordes bezichtigen.«
s »Vewkiie —- Vcwcisc!« kict mer
sDntel erregt. »Ich habe Bei-seist
sgenitg. Tn sollst sehen. er wird
Tsich noch selbst verraten. Glaubst
»du vielleicht, daß ich rnich zu seinen
Mitschuldigeu machen werde, indent
sich ihn entweichen lasset-l — Nit,
vorläufig kann er ja nicht sort, noch
dazu, da er sich eingeschlossen,hiitt.«
Ue trenvtllige Ulesangenschait nn
seres Passagiere- war jedoch nicht
von Dauer. Zwei Tage sviiter ton
er wieder zmn Vorschein. Er hat-i
sich von seiner Seelrankheit erholt,
erklärte er, spazierte geniiitlirh nn
Teck ninher nnd plnnderte mit der
Sehissgmannsrhasr tvesvriiel Inn-iss
stellte er sich als llhrmncher vor, der
in Rio de Janeiro Geschoste zn er
ledigen habe. Doch weder meinem
Onkel noch mir gelang es, ihn zum
Selbstverrat zu veranlassen-. Er
merkte alsbald, dass etwas- gegen
ihn im Werke sei nnd zog sich mie
der von unserer Gesellschaft zurück.
Ich hatte inziwschen den Steckt-rief
gegen den Mörder Doktor Leclonchy
gelesen und war doch nicht so iiveri
zedgt wie mein Onkel, dass das
Signolement ans unseren llhrniai
cher Worin paßte.
I I .
Mehrere Tage vergingen in pein
licher Ungewißheit Nie in meine-n
Leben have ich wieder eine onnhei
hagtiche Reise durchgemacht, wie je
ne mit dem «Phönir«. trotzdan die
Fahrt von herrlichem Wetter vegiin-’
stigt wor.
Ja der zweiten Woche ereignete
sich die Katastrophe, die ans mich
den stärksten Eindrnrk genmcht hat
von attein, was ich je erlebte. Un
ser Steward erkrankte plötzlich nn
ter hestigen Fiebererscheinnngen nnd
Erstickungsansiillen Seine Kehle
war mit gelbliche-n Eiterblägchen an
gefüllt. Diphtheritist Die
nose vermochte ich dank meinem av
solvierten Samariterknrsas festzu
stellen. Damit war aber meine
medizinische Kunst auch am Ende.
Keiner von uns vermochte dein
Stint-erkranken zu heiser-. Ratlos
sur-standen wir alle sein-Lager nnd
mußten Leb-w wie der arme
M wir alle gern hatten
Diags ·
L
s
its-it dein Tode rang. Es tvnr anal- .
wil.
»Unser Pafsngier,'· rannte tnir
ins-tu OUTel plötzlich tnit unsicherer
Stimme zu- «
»Was foll der Pnffttgier?«
sp- «Et ift Arzt —- er tännte hel
full«
»Seit-it wenn er es wäre, se zviirs
de er sich tun keinen Preis verka
ten,·« flüsterte ich.
Jtn selben Augenblick fühlte ich
tnich beiseite geschoben Der Passa
giek bnhnte sich einen Weg zum
Bette. Er hielt einen offenen Kn
ften mit blinkendeu - Instrumenten
in der Hand. Akte tin-I- zu beach
ten, beugte er sich uber den Kran
ken. Ein paar ruhige, sichere Bewe
gungen: Zaun siclerte Blut aus der
geöffneteu Kehle des- Pntieutem der
wieder freier zu nttuen begann.
Wenige Minuten später hatte der
Oberntenr feitte Arbeit vollendet.
»Er wirko wohl überwinden-«
stieft er halblaut durch die Zähne
hervor. Täun wandte er sieh dem
Kapitän zu, fah ihin gerade Ein die
Augen nnd erklärte mit frfter
Stimme-:
»Ich bin Arzt!«
Der Knpitän uumrutte ihn ftiirs
unsch, dann ftiefz er ibn heftig von
sich und euleilte in feine Kabine.
Tet· Stenmrd genas unter der
sorgfältigen Pflege des Arztes, der
sonst tnit uieumnden mehr ein Wort
tbechielte, selbst nicht tnit den'Mn
trosrn, die nichts- bou feiner Person
wußte-h nnd ihm unt dem größten
Nefttett begegnen-n
Der statiitiiu tunr während dieser
ganzen Zeit die Beute der wider
strebendften Enipfindutnfeir Er gab
»nur zwar keine Rechenschaft iiber
seine list-buntem aber er vermochte
leisten Augenblick zur Ruhe zu tout
Iuen. Jrh hörte ihn beständig itt
feiner tinbine int Selbstgespräch
heftig disltntieren. wie es feine Akt
wär, meint ihn eine schwierige Frä
ge beschäftigte-,
eines Morgens- entnnn schien er
einen Entschluß gesaszt zu haben.
Er suchte in meiner Begleitung den
Pasiagier ans nnd erklärte ihm mit
abgewandtem Blick: »Herr Motivi
es erscheint mir nicht angebracht-, gn
erst in Pernambnco anzulegen. wo
wir erwartet werden. Jch gedenle
einen llnnveg iiber Caraeas zu mai
ehen. Die Stadt ist sehr schön gele
gen. Vielleicht paßt es Ihnen, dort
auszusteigen Wie denlen Sie« dar
üben-«
»Ich stehe ganz zu Ihren Dien
sten,« erwiderte der Passagier ein
fach. -
So blin das Verbrechen des Dok
tor Leelandky, das seinerzeit so nn
gehenres Flnsiehen erregte, unge
siihnt. lind seit unser Passagier im
Staate Veneznela an Land gegan
gen war, hat man nie wieder etwa-Z
von ihm gehört Als wir nns wie
der ans hoher See befanden, rings
mitgeben bon Himmel nnd Wasser.
nnd sern aller irdischen Verbrechen.
da legte der liapitiin mir die Hand
ans die Schulter und sagte:
»Weißt dn, der Mann hat ein
Menschenleben vorsiihlich vernichtet
-— aber er hat ein anderes dasiic
dein Leben gerettet, ohne Rücksicht
ans eigene Gefahr« Jch denke, diese
beiden Taten halten einander die
Wage. Aber eini- will ich dir sa
gen. mein Junge-: nie .viedec sahre
ich mit einem Paiiagiert"
—-.
«
United Waisen
Als der von anmeon lll. ver
sbtsnnte große sr.m;önsche Dichter
FLIiuor Hugo sich uns die englische
Insel Gnernsey zuriictgerogen hatte,
besuchte ihn eines Tage-«- sein Kollege
Tit-nas, der skenndtich ausgenommen
uno zum Frühsttict etngetaden wur
de. Durnng entdectte bitte-, das-Hugo
sich in ver Pose eines verbannten
Propheten gesiet, denn tesiteree sagte
ehe ver meisz noch vorüber war,
mit einer rnetttnchotisch-majestiitischen
handbecvegung:
«Dti siehst mich hier, mein lieber
Damit-, nus meinem Felsen der Per
bonnung gleich einem Geächteten des
·Altertums«
»Mache dir nichts daraus,« ant
wortete Dunmö sreuntstich und mit
votlem Munde. »Die Butter ist hier
nus jeden Fall weit besser als die in
Paris. Darüber liiszt sich durchaus
nicht streiten-«
——.s..
— Inn-sei- int Bilde.
Setnnuhl hat zum zweite-sinnt ge
heirntrt.« Tn tragt sein Sohn-inn:
»Ton-, hnite de neit- Mnnnnc mich
wo nlt netttttst?«
—- Dcc erwiichte Auster-.
Vater: »Daß ihr mir den Fisch jetzt
mit der. nötigen Andacht ver.zehrt,
ihr Range-it Der hat drei Mark ge
kostet —- die nnsß ich nächste Woche
not-nunman
—- Jrren ist menschlich.
Sonntauosiiqer wer sehr tnrzsichtiq
ist nnd eben ein Hut-n gefehlt hat,
ais itnn sein Hund einen Oasen ap
portiert): »Sollte ich den so ver
kennt haben k« ,
— Vorn Abeeiszknlender.
Irsihlitmsislrisnsig.
Herz nteitt Herz, was soll das
sehen? ·
sollt-hakt mit sauer-traut
« . J. Ists.
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