Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 22, 1917, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-Ratt de
Staaks Anzeiger und Wer-old
Orhnw Jst dRebk» Donner rastg ven2
«- Der Latiellan
Slizze rot-. Hans Land.
Die verwilwete Peinzeffin Cle
nsenline fuhr in die hofoper. Ei war
«Figaroö Hochzeit«. Da fehlte die alte
Dame nie —- felbfl nicht bei der be
denklichsten Besetzung der hauptrols
len. Die Hofdaine und Freundin Cle
nientinenj« Gröfin Borlhnufeiy lag
wieder init ihrer Veneiientziindung
auf der Nase, und deshalb fuhren
Königliche Hoheit diesmal allein in
die Oper. Sie liebten liefes alte dor
nehnie wohlige Haus. Die kleinen lo
letten und versieclten Hoslogen waren
so einziehend Tief zurückgelehnt in
ihre schaltenreichen Winkel, lognte
man, ooin Publiluin ungesehen, hin
ter purputrotfeidenen Gardinen Mo
zart trinken und von vergangenen
jagen von zerflobeneni Getändel
triiiimen, das in diesen altvertraiiten
Räumen vor vierzig, funfzig Jahren
tei mancher Hofmaeierade sich abge
fpielt hatte
Jn der ganzen großen Königsrefis
deng gab es flir die Pri.izessiii kein
Platz-then fiifierer Erinnerungen als
diese alte Lperiiloge, die Goti fei
dank heim Figaro wenigstens regel
miifzig leer war, wenn nich gerade
einmal der große Rattenfänger Ca
riiio auf deni Zeitel ftanls. Ader dann
blieb Clemeniine hübsch zu haufe.
Sie haßie den Masseiiandrang dei
Hofgeielifchaft... Jn der zuversichti
liaien Gewißheit heute abend wieder
einmal ganz —- ganz ungestört und
allein in der kleinen Log: ihr Erin
neruiigobad genießen zii lönnea, fah
Ihre Königliche Hoheit die aliiiiodi
sche Equipage iAutos haßte sie) mit«
den beiden Tralehnerii in die Ein-?
i.ihrt fiir Hofgefiihrte iinliieqeii —«
das ivolslige l«acheln siuf den feinen
alten Zagen, das die Erwartung
einer festlichen Stunde Dorthin gezan
beki hatte.
Jetzt hielt der Wogen mit einem
Ruck. Der Unten sprang ooni Beet,
riß den Schlag aus und Var mit ent
broßtem hiiupte der Prinzessin beim
Aus-steigen behilflich.
Der alte hochgeivachsene lang- und
weißbiirtige Türoiiteiy in seiner reich
betresiten Giilaunisorrti, Der hier ivoht
schon on oie vierzig Jahre seinen
Dienst t.it, riß vie Gleistiir mit den
olitzenoen riesigen Spiegelscheiben aus
und stand, sich tief verneigeno, on ver
gelben Marinorionnd Leg Beim-um«
iils me Prinzessin jetzt. von dem La
tai geiolgr, ooriibersch:iit. Sie nictte
dem alten Porlier gnädig zu; auch
er ioJr iiii Ulnise oer Jiyrzehnte ihr
hier eine Akt vertriiiiien Jnoentrrrs
stutg gevorden uno prszte iiiit seiner
Helreri,iesiili uno den angenehmen
heilte schon ehrwürdigen Fugen so
wiiiirserooll in diese tonigliclse Atmo
s, hore hinein, die dirs Jlse Lperiihaiis
mit ihrem so .inrnuterioen Zank-r
· hauch ersirlltesToctY on sie dein grei
ien Tiirhiitee ebenso qiiätig zuniclte,
ersitriict Die Prinzessiit heftig.
Welch eine Versiijrunn s.ih sie heute
in Dein alten niohlbetnniiteii Gesicht!
ise iriir verfallen, roie von tiefen
Mir sen zerpiliigt und zerstört. Die gu
t.n grcszen, schonen, sliiuen Llugeii
Les Alten richteten fich mit einein
s.t·,reitlict,eii Ausdruck der Verzweif
lung aus die Prinzesslm
Einen Moment stockte diese im
Weiterschreiren
Es zuitie ihr der Gedanke durch
den Kopf, den Alten zu fragen, ob
er etwa trank sei.
Aber diese Aliion schien Jhrerz
Jldniglichen Hoheit im Augenbliet ein:
wenig zu csitsfalleud, In ein Hause
Iteustieriger. von Schusleuten zur-tel
gedriingt, iu das Vesiid«äl von der os
sineu tlinsxihrtslelle her, hir.eingasste,
und sibliigliche Hoheit verabscheute
nichts heftiger, nls den Gasseru Gra
, usichauspiele zu geben.
Sie wird den Alten im Zwischen
nlt in ihre Lege besehlen und ihn sta
gen, was ihm eigentlich zugestoßen sei.
Haszlich eigentlich und seltsam ge
nug von ihr, daß sie im Laufe all
der endlosen Jahre, dir-sie hier an
ihm vorbeigeschritten war — er hat
sie ais Konsirnmndim Its Braut, ais
Witwe gesehen —- dasf sie in all die
sen Jahren nie ein freundliches Wort
an den Mann gerichtet halte. Wie
osi hätte sie dazu Gelegenheit gehabt,
und wie leicht wäre es ihr gewesen,
ihn durch irgend eine lleine Ausmerls
samleit glücklich zu machen. Und
schließlich ivnr er doch such mit ihreni
Leben verbunden. Er war der hütet
einer ihr deitrauten lieben alten
St.itie. Es wäre sicherlich hier in
schinerzlichsler Weise etwas verändert,
siiude ste, die Prinzessim etwa an
einein der nächsten Mozartabende hier
vor dieser Ein-litt einen anderen
Meister
sis W seid-gei- gösse-Lo
K.
ster loie der Türhiitey in die gleiche
Zeitheimot hinein — nnd das ver
knüpfte ihre Lose miteinander ge
wissermaßen —
Sie nickte mit dem Haupte, wie
grüßend.
Ja, sa, in der großen Pause wird
sie den Alten in die Loge bitten und
ihm die Teilnahme bezeigem deren er
sraglos wert und würdig mer«
Wenige Augenblicke später saß die
Prinzessin in ihrem holden Traum
lvintel und genoß ihr Seelenbad bei
Mozarttlilngen mit geschlossenen
Augen, in solcher Jnnigkeit, daß die
gesamte iibrige Welt im Nu ihr rest
los versank. Als die große Pause
lam, entdectte die alte.Dame unter
dem aus der Brüstung siir sie bereit
gelegten Programm einen zweiten
Zettel. Er war aus Seide gedruckt,
trug das Datum ihres Hochzeitstages
vor 43 J.1breil.
Aus nllerhöchsten Befehl, zur Feier
der Vermöhlnng Jhrer Königlichen
hoheiten der Prinzessm Clenientine
und des Prinzen Sigismund: wFigas
rog Hochzeit«.
45 Jahre! Der cheoalereste alte
Gras,.der den Posten des Generalini
tendanten der Königliche-n Schauspiele
seit einem Menschenalter schon beilei
»dete, hatte in der sicheren Erwartung,
idaß die Prinzessin die heutige »Is
Tgaro«-Vorstellnng wieder besuchen
Twerde, ihr dieses alte Dolnment in
die Loge gelegt und auf so zarte Art
ihr diesen Abend zu eine-n ganz be
sonderen Gedächtnis-feste geweiht.
Tränmend richtete die Prinzessin
ihre noch immer jugendlich strahlen
den Blanaugen aus die große Kö
nigslrsge rechts über ihr und suchte
sich das gesellschaftliche Bild zurück
zuzauberm das an jenem einzigen un
vergeszlichen Maiabead ihres Hoch
zeitstages die Riesenloge oort oben
umrainnt hatte. «
Tiefes Gewimmel von Königen,
Prinzen und Fürsten, m ihrer Spitze
weilend ihres Vaters Masestijt —
und vorn an der Logenbriistung sie
selbst im Brautschmuet und neben ihr
—- die gliin ende Gestalt ihres jungen
schönen Pl nllgemath
Ach —- Himmel —- roo waren siei
heute alle, die erlauchten Gäste jeneol
strahlenden hochzeitstages —- ui.d wo
waren die, die der Prinzessin damals
—- mit Mozarts »Figaro" — den
hochzeitsreigen sangen
Sie durchstog die Reihen der
Künstlernnmen aus dem seidenen
Thsatekprcgrnmm —- die goldene
Lorgnerte gegen die Augen drückend
«— tot —- tot —- tot — gestorben —
hin — Sänger und Sängerinnen von
damals verschwunden und vergessen«
Jetzt verdunkelte sich das haus, die
große Pause war vorüber —- die
Oper nnhm,ihren Fortgang.
Tiei,« ties in ihre Erinnerungen
eingesponnen. wohnte die Prinzessin
dem Nest der Vorstellung bei, an de
ren Schluß Clementine mit dem heu
tigen Programm auch den seidenen,
den historischen Theaterzettel mit
nahm, um ihn daheim der Barthaui
sen zu zeigen und ihn ihrer eigenen
Reliquiensacumlung einznvtlsiben
Eine Zeile des Dante-s morgen
noch an den Generalintendanten, der
— tnttooll wie immer -— an diesem
Abend sich nicht gezeigt hntte...
Aber die alte Königliche Hoheit —
ein noch heute höchst spontnneö Frau
engemiit —- rergasz den ganzen lhris
schen Mozartabend schon über ihrem
nächsten, recht umfangreichen Tages
progrcimm, da- sie noch diesen Abend
eifrig disponierte, so gründlich, daß
weder der Dantbries an den General
intendanten geschrieben noch der sei
dene Theaterzettel der trnnten Bart
hnnsen porgelegt wurde
um m oer zweiten, aus den »He-s
gikro«-?lbend folgenden Nacht fuhr diel
Peinzesiin aus iiesecn Schlummer mit’
eine-n Angstschrei plötzlich aus, denn»
sie hat ein ganz entsetzliche-Z Traum
bild gesehen.
Der alle, weißbärtige einsiellnn des
Opernhauses wur vor ihren Augen
s- in seiner G.Ilnunisorni — ins
Wasser gesprungen und ini Augenblick
lautlos darin versunken . . .
Von dem Angstschrei. den sie selbst
nusgestoszem war die Prinzessin in
ihrem Bett jäh erwacht und lag jeßt
mit cvildtlopsendem herzen eine Weile
regungslos da —- in Angsischweiß
;gebndet.
Jehi ordneien sich "hre Gedanken
allmählich. und sie sing an, diesem
Alpdruct dankbar dosiir zu sein, daß
er ihr die Erinnerung on den eilten
Kastellan zurückbrachte, um den sie
sich gleich morgen sriih liimmern
wollte.
Himmel —- himmel —- dem Gra
fen Laste, dein Generalintendnnten,
hatte sie auch nicht siir seine große
Aufmerksamteit gedanltt
Ach — ach —- nmn wurde alt. Das
Gedächtnis sing nn auszusetzen».
Man mußte die Ohren steis holten·
» Sie entzündete spgie das elektri
xche Licht aus ihrer Ra tioileite und
Orieb auf eine· Schreiten-seh die
dort lag, mit goldenem Stiste in gro
ßen Buchstaben den Namen des Ge
neralintenoanten. Dann verlöschte vie
Prinzessin das Licht, nachdem sie aus
ver lleinen Repetieruhr gesehen hatte.
daß es, drei Uhr morgens war.
Zehn Minuten später fiel sie wieder
in ihren tiefen, gewohnten, gesunden
ruhigen Schlos.
Arn nächsten Morgen, gleich nach
dem Bade, sehte sich Prinzessin Cle
mentine an ihren Schreivtisch und
richtete diese Zeilen an den General
intendantem
»Mein lieber Grasl
Nehmen Sie, wenn auch verspätet
meinen herzlichsten Dant siir die zart
sinnige Ausmerlsamteil, die Sieh mir
am letzten »Figaro«-Abeno erwiesen.
Das hochzeitöprograsnm von dem
ich ein Exemplar nicht mehr besaß,
bereitete mir wehmütige Freude und
tauchte mich in eine Flut seliger Er
innerungen.
Wollen Sie Ihrer Güte die Krone
aussetzen, so bemühen Sie sich doch
möglichst sogleich zu mir: ich möchte
etwas mit Ihnen besprechen.
Aus Wiedersehen
Ihre Jhnen wohlgesinnte Clementine.«
Ein Lalai trachte das Hand-schrei
ben dem Generalintendanten in seine
Bienstwohnnng
Eine halbe Stunde später wurde
ver Gras oer Prinzessin gemeldet· Sie
reichte dein schlankem heute noch statt
lichen, weißhaarigen Kavalier, dem
ver schwarze Gehrock mächtig stand,
vie Hand zusn Kasse und Jud ihn zum
»Sitzen ein.
Dann ging sie in ihrer entschlosse
»nen Art sofort zu ihrem Gegenstande
über.
»Es ist lieh von Ihnen, Gras, daß
Sie meine Bitte so rasch ersiillen und
cnir die Freude Jhres Besuches
schenten
Jch habe Sie lange nicht gesehen
und freue mich um so mehr, Sie end
lich wieder einmal hier zu haben,
wenngleich so viel ernster als sonst
——— unv ein wenig blaß s— und mit
genommen, wie mir scheint.
Lieber Gras, haben Zie iiber Jhre
Gesundheit zu tlagen?«
»Nein, Königliche Hoheit
»Was ich Ihnen fegen wollte, ift
folgendeö... An der Einfahrt zur
Hofloge im Opernhaus steht seit mehr
als vierzig Jahren allabendlieh —
ein hochgewachfener, fnmpathifeher
Mann — heute —- ein dreis. . .'«
Die Prinzeffin stockte. Denn ent
geaen allen Regeln des hofzeremm
niells war der Graf,ol·otzlich aufge
fprnngen und hatte sich init einem tie
fen Seufzer abgewendet · . .
Gebeugten Hauptes stand er da.
Die Prinzessin fühlte, wie ein eisi
ges Grauen ihr ans Herz griff. Es
nahm ihr den Atem. Mit neitgeöff
neten Augen starrte sie ins Leere —
ein banget- Schmeigen ging hellem
mend durch den töniglichen Prunts
raunk
Die Prinzeffin tonnte oies Schwei
gen nicht länger ertragen Jn der
qualvollen Gespanntheit ihrer Seele,
in der lörverlich-fchmerzvollen Ge
wißheit, etwas Furchtbares im näch
sten Augenblick erfahren zu müssen,
stieß sie das Folgende turz und abge
rissen hervor
»An jenem Abend — vorgeftern —
alo ich zum »Figaro« tam — be
merkte ich, daß ver —- der Kastellan
—— dessen Gesicht mir seit Jahrzehnten
vertraut ist und angenehm war, un
füglich — verstört aussah — ganz
unsäglich s-— —
Es Ivar nur der —- Ler Bruchteil
einer Setunde —- daß mein Auge in
feinen Bliet tauchte —- -cnd darinnen
Todesqual sah —- Todesqual jaivohl.
Jch wollte den Mann in meine
Loge bitten — ihn fragen — ob —
ob —- man ihm nicht helfen könne
osrgaß —- ja — vergaß es aber dann
—- —— Total...
Man ist ja so zersahren und
sprunghast. Kommt vom Hundertsten
ins Tausendste· Sieht nnc sieht nicht.
Veschlieszt nnd vergißt, den Beschluß
augznsiihrm Hat so wenig Samm
lung nnd Rast. Ein Bilo verdrängt
das andere.
So geschehen solche Unterlassungen,
iiber die man sich hernach die bitter
Isten Vorwürfe machen snusz.
Man hat zu viel im Kops — zu
viel — zu viel...« ·
Sie hielt inne —- noch immer den
angstvoll gespannten Blick aus den
Grasen gerichtet, dessen weißer Kopf
nur noch tieser herabsant.
Der sonst korrekte Hopnann stand
noch immer abgewendet —- jent zog
er das Taschentuch und führte es an
die Augen-»
Da sprang die Prinzessin aus
ihrem Sessel aus, von Angst ge
peitscht, packte sie den Grasen mit bei
den hönden an den Schultern.
»Was ist mit dem ManneW ries
steck hat sich heute nacht erschossen,«
slltsteete der Gras, der sich je t der
Prinsessin zugewendet hatte. D VII-·
Ime waren ihm schlaff herabgesunken.
FSein Gesicht guckte vor Erregung.
Die Prinzefsin wankte, sie ergriff,
wie uin einen Halt zu suchen, des
Grafen Rechte. Dann aber riß sie
ihren Willen traftdoll zusammen,
tiirnpfte ihre Erschiitterung nieder,
führte den Grafen zu feinem Sessel
.gutiirt, nahm ihren eigenen Platz wie
lder ein und sagte in einem befehlchas
ibetischeu Ton:
«Was ist-. geschehen? Berichten
Stei«
Der Generalintendant faßte sich.
Er berichtete seht mit fester Stimme:
»Wer einer Stunde, Königliche
hohen, erhielt ich den Brief des alten
Kastellans, in dein er mir mitteilt,
dasz er die Schulden nicht bezahlen
könne, die fein einziger Sohn, ein
junger Leutnant der Linie, im Elsaß
gemacht hat« Dieser Sohn war des
Alten ganzer Stolz gewesen. Er hatte
den Jungen mit unerhört-n persönli
chen Opfern endlich so weit gebracht;
— und nun tam dieser Schlag .. ’
Zehntauseud Mart oder schlichten
Abschied
Der brave Alte, ein hochachtbarer
Mann, sah keine Möglichleit einer
Rettung, war stolz uud verschlossen
und ging schweigend aus dem Leben.
Heute nacht erfchoß er sich —- heute
nacht — um drei Uhr.«
»Heute nacht —- ucu dreis« —
hauchte die Prinzesfin, die totenblaß
geworden war und wie abwesend vor
sich binniclte·
hätte ich —-- vorgestern — dachte
sie —- hiitte ich mit dein alten Mann
auch nur ein Wort gesprochen...
Sie strich nerdös über die Stirn,
als wollte sie etwas aus ihren Ge
danteu gewaltsam fort-bischen Eine
lange Pause entstand. Endlich sagte
die Prinzessim »Mein lieber Gras,
ich weise Jhnen hiermit aus meiner
Schatulle die zehntausend Mart an.
Reiten Sie die Karriere des jungen
LeutnautsZ Ich —- ich lege diese Sa
che — vertrauensvoll — in Ihre
hand. Berichten Sie mir später dar
über!
Jetzt —- jetzt — leben Sie wohl!
—- Jch danle Jhnen.«
Lin Schluck-sen erfliclle ihre
mme.
Der Gras liißte die dargeeeichte
Hand nnd ging, sich dreimal vernei
gend, zur Tür
Die PrInzessin weinte lange —
weinte einsam in ihrem Gemach uber
das jähe Sterben eines alten Men
schen« dessen Namen sie nicht einmal
kannte.
Die Prinzessin weinte über diesen
Toten, iidek sich selbst, über uns alle.
Sie weinte über uns Menschen, die
wir unbewegt und tatenlos an der
Qual des Nächsten vorübergehen, und
uns in Knnstträumem Erinnernngen
nnd Genuß verlieren, indessen der
Nächste — der Nächste in Qual and
Verzweiflung hilflos dahinsaheen
un .
—-«-.—.. os- —
— Trost. »Wenn Se slooben.
ick komme hier alle Tage unt die
Rechnung. da täuschen Se sich!«
»Schön —- da tonuuen Je nich!«
»Hm! Hast Du denn die Schnei
dertechnung gleich iiiitgkbracht?«
— Der Pedant. Professor
(leiluehiueud zum Vater des Schn
lei«-«:s): ,,«.tllso nui lebten Ferieuthe
ist Ihr guter Sohn gestorben? Des
tut mir unendlich leid... Hatte er
übrigen-J schon seine zernnuinsgalnsn
gemacht V«
— Kur-z und bündig On
kel (dee seinen Reisen zum Heiratrn
animiert): ,.:)llso, Fritz- eriuaune
Tich nud benreibe Lin-l'«
— Ein kleiner Schlan
tops. Ter tleiue Paul (iu den
Laden treteudn Fräulein, wieviel ist
jetzt die llhrf
Verkiiiiferun Ein uiertel nach drei,
mein Sohn.
Paul: Bitte, geben Sie mir ein
paar Boubonö znl
—Der Triumle det
Zeit. Dann-: Jch bin mit Jhrer
Arbeit sehr unzufrieden. Vor sechs
Ltllonaten habe ich meinen Papagei
erst stopfen lassen, nnd seht gehen
ihm schon die Federn ans-!
Vogelstopser: Ja, gniidige Fran,
das ist eben der Triumph unserer
Kunst; ich habe im Ansstopsen von
Vögeln eine so grosse Fertigkeit, dasz
dieselben niansern, als wenn sie le
bendig wärenl
—DicvegelarischeHerrs
schnit. Jette: »Alle liebe Tage
Kohl nnd Niibessj Da iveisd’ iih
wohl meine Herztätigteit bald ein
stellen niiissen. Soldatenliebe tansi
man nicht beim Gärtner-l«
—- Weiß mau? Professor
(znm Vadenieister): »Unerhörtl mir
ist die Hose aus der Zelle gestohlen
wordenl«
«Kann ich niir gar nicht denken,
Herr Professor. Wissen Sie wirklich
ganz genau, daß Sie eine anhat
neue
J s s o IOOI 00000000000000000 ·
Medizin
Humoresle von A. Awerlschenlo
0000000000000000000 000 · s ev
Beim Morgenlee belrnchlete Rats
Kotsuchina aufmerksamst und be
sorgt then Gaum Sie fuhr mit
oee Hund durch sein Haue und
fragte:
»Warum siehst du denn so gelb
aus« mein Freunv?«
Verwundert sah er sie un und
sagte: »Gewe! Jn, wovon soll ich
denn gelb aussehen?«
»Ich weiß es auch nicht, aber du
siehst gelb aus Imo mir gefällt deinel
Farbe gne nichl!' !
»JluII, IveIII dem so ist, so muß!
ich mich beinahe-II, daß e- unders.
Ivird.« l
lloksuchin erhob sich und ging ins
Amt. ·
(WIO-s"is
Zwei Tage später sagte sein Fraul
am frühen Morgen wieder mit Be
sorgnis: »Weißt ou, du siehst wieder
gelb aus Deine Farbe geat so
gar ins Bläuliche und an den Schlä
sen ins Bräunliche über.··
»Erschrectt ries er aus: »Was sagst
dul« Hofe der Teufel wer wem,
was da noch siir eine Geschichte nach
tömmtt«
»Das Trinten ist dir gewiß schäd
lich. Frage einmal den Arzt."
»Die Aerzte sind alle Spisbuben.«
»Nun, nicht alle, es gibt auch ehr
liche Leute unter ihnen. Wenn du
wünschest« rufe ich meinen Arzt her,
der mich im Winter behandeln-. Er
ist sehr tüchtig. Jch schreibe ihm
ein paar Worte, und er wird sicher
heute nachniittag vorbeilonnnen "
»Sehe ich denn wittlich so gelb
und blau aus?«
»Schreclltch, entsetzlich, du trinmst
rnir sogar schon grunlich vorl«
' »Und eben sah ich noch in den
Spiegel, ohne daß mir etwas ausge
sallen wäre."
zSo die Frau täuscht dich
also und der Spiegel nicht!'·
»Lasz den Doktor toinrnen!«
Gleich nach dem Essen tarn der
Doktor und sagte: ,,Guten Tag, Na
talia Pawlotrna. Jch habe Jhr Bil
lett betoninien und möchte Ehren
Gatten untersuchen.'·
Die Untersuchung war bald voll
endet. Der Arzt hörte den Patien
ten aus, ließ sich seine Zunge zeigen
und erklärte im Tone der lteberzens
gung:
»Sie diirsen nicht trinlen. Das
ist Gift siir Sie.'
»Was sagen Eie? —- Was scll ich
denn nur tun-« fragte stor
suchin erschrectt.
»Was trintea Sie denn gewöhn
lich?«
»Ein wenig Schmutz Champag
ner, Liliire. . . .«'
»Schnap5 dürfen Sie nun schon
gar nicht trinken, auch Champagner
und Litöre sind Ihnen schädlich-«
,,Lohnt es da noch zu let-e!i"."«
»Es lohnt, nian must sich nur
mehr cnit geistigen Fragen beiihastii
Geli.
»Das will ich tun!« erwiderte Fior
suchin mit verhaltenein lstriinnk
»Du hust im Traume gehustet
Weißt du dass«
»Nein, im schlies.«
»Du hast gehustet« ich hörte es
ganz genan, denn ich schlief nicht«
»Warum hnbe ich es denn aber
selbst nicht gemerlts«
»Ganz eitisachr weil du schliekst
Das Rnuchen scheitit dir aber recht
schädlich zn sein schon l.inge
sind mir deine mächtigen Zigiitrenv
ein Dorn im Aug-e Wir lassen
heute den Arzt kommen —— er muß
tich wieder unterstul;eti.«
,,Komisch gestern gerade wur
oe tnir itn Departement noch gesagt:
Wie gut Sie sich erholt hoben!«
So? Tort sngt man dir nisr nn
nenehmeT inqe, aber ich sehe tiefer,
ich betruchte dich mit dettt Auge der
Liebe....'«
«Lnß det: TolDr lomnten, laß ihn
lominen !«
Er lum nnd untersuchte wieder
Korsuchin. Seine Frau hatte wieder
einmal recht. Der Arzt tonr kaum
mit der Untersuchung fertig, als er
sich die Hände rieb und spr-.1ch: »O.
Sie müssen das Rauchen ganz unf
geben, sonst können höchst unange
nehme Folgen eintreten.«
Mit zusammengebissenen Zähnen
und einer Märtyrermiene trat Fior
suchin an seinem Rauchtisrh und
wars ihn mitsamt dem Jnhnlt ins
skeiminseuen
»So ist es recht. Einen schlimtneni
Zahn muß nmn tnit einein Ruck ent
sernen."
As I
Eine Woche später eilte der Arzt
trieder herbei aus einen telephoni
schen Ruf von Natalia Patvlownn.
»Sie phantasieren in der Nacht,
wie ich höre»»«
W
»Ich weiß bei Gott nichts davon.
Wovon soll ich denn phiintasieten?«
,,Entlleiden Sie sich, wie wollen
mal ehen tja, tja mit Ih
ren erven ist es nicht weit her« . .«
»Was soll ich denn nun tun um
Himinelswillenl . . . .·«
»Gehen Sie spät zu Bett?«
»So gegen drei, vier, je nachdem,
wie friih ich aus dem Klub tomnie.«
»Mein Mann spielt nämlich gern
Karten!« erklärte Nnta mitleidigen
Seines
,,Wus sagen Sie? Das ist ja
Selbstmordl Wollen Sie noch den
Rest Jhrer Gesundheit bewahren?«
,,Allerdings!«
Dann mögen Klub und Karten
zum Teufel gehen. Um zwölf späte
stens müssen Sie im Bett fein und
vorher eine kalte Abteibung huben.«
»Schön ich ivill mich abwi
ben,« erwiderte Korfuchin Demütig.
i - -s
Der Doktor wurde ein häufiger
Gast iin Hause Korsuchin. Die zer
riitteteii Nerven des Hausherrn ga
ben ihnt zu denken.
«Vielleicht wird gute Musik Jhre
Nerven berithigen, es finden ietzt bald
wieder Wagner-Ausführungen statt
,,Eine Bekannte von mir will mir
gerade zwei Billette abgeben
laß uns zu den Wagner-Ottern ge
hen!« unterbrach ihn händetlatschend
Niltii. ,
»Vielleicht genügt eine leichtere
Musik, ich verstehe mich nämlich nicht
recht aus Wagner bemerkte der
titalieiit schüchtern.
»Es ist besser, Sie gehen in die
Wagner-Ylufjiihriiiigen’.« lautete die
Entscheidung des Arztes, der nun
mehr Haugtxrzt bei tiorsitchin gewor
den war·
. .
Ein paar Monate waren ins Land
gegangen, als der Arzt wieder in
elttion treten mußte. Er priifte ten
Bitte-, das Herz des Faniilietihauptes
iind ertlarte schließlich: »Sie werden
sich ein Autoinobil anschaffen mits
seti! Die Erschiitteruiig rer Wa
gensahrt ist Ihnen nicht zitträglich·«
»Tergle«ichen habe ich noch nie ge
hört. Man verschrein wohl einem
Patienten eiiie Mixtitr, eine Salbe,
aber daß ieiniind mit dein Rezept
nach der Garage liiiisen soll ....!«
»Sie vergessen die physische Heil
methode, die :Uiechiiiiotherapie.«
»Wenn v»Sie niir noch ein billiges
Fihriad verordnen wollten« aber
gleich ein Autoinobil....«
Ter Litrzt zog finster die Stirn zit
ianinien iitid erwiderte: »WendetiSie
ssch lieber an einen Hoinoopaihen.«
s I s
Es war iin Herbst, als Korsitchin
sich nach dein Mittagessen hinlegte.
Er toiiiite aber nicht einschlaiem da
ihiii die Angst vor verschiedenen
Siraiitheiteii teine Ruhe ließ. Er er
hob sich und wollte ins Band-dir sei
iter Frau gehen. Hinter der Por
tiere ließen sich Stiiniiieii vernehmen.
List horchte iiiiioillliirlich hin und ver
iolgte tiactssteheiidesJ Zwiegespräch:
»Sie ittiitseit es niir tun, Doktor!«
Vliis teiiieii Fall, Sie irserdsxii maß
loö in Jhreii Lliispriirhen»..«
»Ich weiß Maß zu halten. aber
ciii griiiiez Gastziiiiiiier ist iiitH nn
ciitbehrlitt), das alte rote ist iiiir schon
zum Etel.«
»Was geht mich das an, das ist
Eiiihe leg Iapezierer!"
,,Li-rsiiiiien Sie doch etwas, sagen
Sie ihm, das; Die griine Farbe vor
teilhafter siir den Blutkreislaiis sei,
ils oic rote
»Ich icsiire schon mit dein Autoinoi
bil beinahe ieiiigesallen». « meine
ersten Versuche griiiireteii sieh doch
ioiiii isteiiz aus tatsächlich schädliche
Wirkungen Teis Liliohols und Niko
iin5, aber ietzt fordern Sie Dinge,
Lie nur be ircisen, Daß Ihnen die Lo
git fehlt. «
»Nun aut, sehen Sie nur zu, daß
ich ein ariiiieg Gastziiiimer bekomme,
mehr verlange ich nicht, und ivie Sie
lag anstellen, Das ist Ihre Sache» «
Nata und der Doktor begaben sich
nach dein Eilslasziiiiiiier, um Korsa
iiiin aiisziisucheiif Er ivar aber nicht
Da und wurde schließlich im roten
Gastziiiinier gesunden. Dort sasi er
aiis Dein Tiioaii, tauchte eine Riesen
zigarie und gosi sich gerade ein Gläs
chen Feoaniil ein«
»Ah, Doktor,« sagte ek, »gute-.
Tan, sinden Sie nicht« oasz die rote
Farbe des Salons meine Nerven
schädlich beeiiiilusth Leider miisi ich
gleich ioeqsahren, um mein Auto: no
bil zu verlaufen, nnd so muß ich
Jhneii Adieu sagen, und zwar siir
immer Sie nehmen aber den
Trost mit, den trauten Ziorsuchin
gründlichst kuriert zu haben.«
—--·- —,,
—- Vorbereitiiiig. Bauern
biirsch (als eine Nauserei auszubre
cheii droht): «J glaub, der Burgke
inoasta macht heiint aa mit; die
Zähn hat er schon in San q'sleekt.«