Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 08, 1917, Sonntagsblatt, Image 10

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    Eines Wams Skyku
lmchhlåttquns Ungarn.
(Ski.zze von J. W.)
- ch sog durchs weite Ungarn-nd
Mein Derz fand feine Freude,
Als Busch nnd Baum und Strauch
verschwand.
qu einer grünen Heidc.' I
c Lettau.
Sternhelle Nacht. Luftig prasselt
ein Feuer, umringt von malerifchen
Gestalten ungarifcher Czitos. Sie
braten Speck« um ihn dann, mit Pa
prita gewürzt, mit großem Behagen
zu verzehren.
Jch mache es mir am Lagerfeurr f be
quem und unterhalte mich, so gut es
geht« mit den fonngebröunten, ur
toiichfigen Söhnen der Pußta. Jhre
wohllauknde Sprache mir beizubrin
gen, sind sie bald emsig bemüht; an
den Fingern herzählend muß ich ih
nen nachfprechen:«egh, täten-. lherkom.
misch« n. f. n-. Klappt nicht alles
erregt's allgemeine Heiterkeit.
Jn malerifcher Gruppierung, von
den Flammen mit rötlichem Licht
ubergoffen, dessen vertläeenoek Schein
fonft ichmnyiges Hund und Gatgos
hofen beleuchtet; ein tleines rotes
Tonpfeifchen im Mundwintel, wird
fröhiich gefcherzt und gewandert
während röftender Speck abtropfend,
tniflernd die Flamme nährt.
Nur durch Weidengefirupp von un
ferem Lager getrennt, ziehen die trit
oen Wogen der hochgefchroolleneni
Thisza, während zur Linien im«
Dunkel phantaftifch geformter Wei
den, deren feian Gezweig leife im
Winde rauscht, müde eine Herde ed
ier Pferde nn Grase ruht.
»Den sei-« Gat- unrein-J
Die ftaubige Straße oerlassend,
betten ich die endloie Steppe und
wundere, trotz glühendem Sonnen
stand, immer hoffend, noch irgend
was Schönes oder Besonderes zu ent
denen, munter drauf los.
Ueber Flächen, bewachsen mit fchös
nen großen Diftelblumen, über ver
dorrtes Gras, oft auch uber fnmpfis
gen Boden führt mein Weg. So
weit mein Auge reicht — tein Baum,
rein Strauch, kein Haus noch hof,
weder Tier«noch Mensch in der gren
zenloien Stille.
Ueber deni glühenden Boden zit
tert die heiße Lust.
Halt! Was ist das ain fernen Ho
rizonti Jrn flimmerndcn Dunst, in
weiter Ferne erscheint wie et- Mar
azen aus «Tausendundeinernacl;t« in
schininiernder Pracht eine Stadt rnit
herrlichen Marmorpaliisten, umgeben
von grünen Bäumen, eine Oase in
mitten der Wüste.
Ists eine Täuschung der ils-inne-l
Nein, es ist toirllich da irn sernens
Osten, es ist ein Spiegelbild, eine.
Fata morgana. s
Endlich nach langer ermüdenders
Wanderung erreich’ nh den weit in»
der Steppe liegenden Brunnen. Orts
brennt die Sonne und nirgends sin
de ich Schatten, darinnen zu ruhen.
Trotz brennendem Durst wage ich
nicht, von dein tostlnhen Naß zu
trinten, siirchtend, es moge mir wie
dein Kollegen ergehen, der sich ani
Brunnen den Typhus holte.
Da ich beschlossen, ein Bild «ani
Pusztabrunnen" zu malen, beginne ich
sogleich mit der Slizze, zeichne den
Stamm niit dein horizontal darauf
in einer Gaolung geliigerten Quec
tzolz. An dem dunneren, längeren
seen hängt an starleni Tau der Ei
iner, statt geinauerter Brüstung uni
gibt ein Geruste von Holz den schma
ien Schacht des Brunnens-.
Geht die Sonne zur Neige, so ent
saltet sich reicheg Leben hier; da koni
nien von weit her die Herden zur
Tränle. Aus storrisazeni Gr.iutier,j
den zottigen Epitz zur Seite, reitet?
ein Schaser inmitten seiner staubaus
wirbelnden Herde.
Der Kanash (Saubirl) und oer
Gulyas Minderhirts in rnitleiischerT
Geioandung erscheinen mit ihren dur
stigen Psleglingen.
Langbezopste, schwarziiugige Töch
ter der Paßt-a mit Banoern im Haar,
rnit hohen Schaststieselm komme-» uui
in roten oder auch schwarzen schön
gesorinien Itrugen erquickenden Irunt
sich zii holen.
hoch ans prächtigeni Bollblut reitet
inmitten einer Pserdeherde ein sonn
gedräunler junger Czilo, bittet die
Maid urn den Krug, den sie holder
rötend ihm darreicht.
Endlich versinkt hinter sernen Ala
Iien das glänzende Tugesgeslirn noch
einmal alle die prächtigen Bil mit
galt-extent Licht übergießend, noch ein
iniil alle die anmutigen Szenen am
Brunnen, abstehende Herden und die
rize weite Steppe in glühende Zar
exs tauche-d
Ich war am steilen, ichlüpftigen
Ufer der Theis (Tl;153a) hinabges
Mttert, um einen besseren Blick über
die Gegend und den Fluß, dessen Ge
Æee wild vorwärtsfturmtem zu se
wlnnem Sinnend schaute ich hinab
in die gut-geladen Fluten, feierlich
still lag die Welt im glühenden
S mehr-Ind. Horch, was ist das?
ferner Donner zuerst, dann lan
tee und lauter. Ei kommt IMM,
es Ichnaubl und wiehert — ein
super wie von tausend Vase-,
des Boden erzittert. »
Da! sie kommen. sie stürzen, mit
nahe, die steile Böschung herab
Jch will fliehen, doch wohinf Ue
berall seb ich sie nahm eine herde
prächtiger Pferde. Sie springen und
kutschen, gleiten auf dem glatten, leh
migen Ufer hinab it die reißenden
Fluten.
Ein Weidengesirüpp, das ich schnell
noch erreiche, gibt mir vorerst noch
Schutz, ich halte tnich fest on den
Zweigen.
Indessen stürzen die Pferde, die
selbst überrascht durch die Steilbeit
des Userg oft lopfiiber in die eilen
den Wasser.
Gott«-ti, sie lominen alle zu mei
ner Rechten und Linien vorbei und
schwimmen munter eineStrecte strom
abwärts und ich erhole mich bald von
dem Schrecken.
Schon breiten sich die Schatten der
Nacht über die weite Ebene; es ist
Zeit on den Heimweg zu denken. Aus
der Landstraße, vie am Ufer bet
Theisz hinziehend, Czotnot mit Szai
iol verbindet begegnet mir. vorn
Markt heimkehrend, lustiges Volk;
wie die wilde Jagd duhersausende,
prächtig bespannte Bauernwagem
Möchtig greifen die schönen Tiere
aus, mit weitgeöffneten Nüstern stür
men sie vorwärts.
Als ich so etwa eine Stunde ge
wandert, erblick ich zur Linien eine
Czatda(Schenle), heller Lichtschein
strahlt aus der weitgeössnuen Türe
und fröhliche Zigeunermusit dringt
on mein Ohr. «
Da ich müde, hungrig und durstigN
so trete ich ein.
Welch ein Bild!
Jn dichtern Tabaksqualrn, ein wil
deo Treiben, ein Lachen und Flu
chen bei Karten- und Würfelspiel
Welch eine bunt durcheinandergewiirs
telte Gesellschaft —- hirtem Zigeu
ner, fahrendel Volk, Bauern und —
Spiybubem
Jrgendwo ist noch eine Ecke stei
ich lasse mich nieder und sehe mir
bei einem Glase Tokayer die Gesell
schast etwas genauer an.
An der Decke hängt eine schmälen
de Lampe, wildblickende Kerle.mei,
stern den Fremdling, zerbrechen sich
den Kons, wo der wohl hertommt,
«.-ohin und was will er?
Da ich müde und eine Nachen-an
derung iiber die Pußka mir nicht rat
sam erschien, srug ich den siidischen
Wirt, ob ich in der Czarda nächtigen
könne« was er bejaht. Jch trage nach
einem Zimmer und Bett, doch was
er mir zeigt, ist nur ein elender Win
tel, von der Czarda nur durch eine
Brettertoand getrennt, mit schmiss
starrendem Bett. An der Türe war
wohl ein Schloß, doch eingerostet und
ohne Riegel.
So zog ich denn dor, trotz großer
Müdigkeit weiter Zu wandern, als
in dieser gottverlassenen Spelunte »du
bleiben; es wäre ja auch bei dem wü
sten Lärm taum an Ruhe und Schlaf
zu denten gewesen. -
Vorsichtig nun Kreuzer um Kreu
zer aus der Westentasche ziehend, um
nicht durch den Anblick großer-er Mita
zen verwegnes Gesindel zu reizen
zahl’ ich die Zeche und verlasse das
ungastliche Haus.
Bieibe anfänglich des öfteren lau
schend stehen« borche gespannt, ob
nicht raublustig Volk, das mich vor
hin so srech getnustert, mir folge: doch
alles bleibt still. Stille lagert über
der weiten Steppe, nur in der Ferne
heult kläglich ein hund·
Nun gilts, die Richtung nicht zu
sel;len, denii obgleich sternhell die
Leucht, finde ich ooeh keinen Weg, doch
zeigt mir im Norden ein Lichtstreii
cixn Himmel oie Gegend von Czolnot.
Also schreite ich rüstig siirboß, der
seriten Heimat gedenkend, und sirecke
nach oiersiündigem Wege die müderi
Glieder zur Ruhe, am Ziel meiner
heutigen Wanderung.
»Die Heide war so still, so leer,
Tini Yloeiidhiiiiinel flogen
Eis Wollen hin gcioiiicrschioer,
lind leise Blitze slogeii.«
Sitz« ich da heute wieder am Brun
nen zeichnenb und maleno, und mich
cm Leben und Treiben von Tier und
sillensch erfreuend, tommt da eine
fchivcirzbezopste Matt-, die ich schoii
vorher beim Wasserschöpsen bewun
dert, spricht mich an und lädt mich
ein, ihr zu folgen.
Also llapp ich mein Slizzeiibuch
zu und solge ver schwarzaugigen
Dirne, neugierig, wohin sie mich süh
re. Was sie mir ungarisch sagt
oermag ich nicht zu deuten. doch lost
sich das Rätsel gar bald.
Nachdem wir einen Hügel über
schritten, lag vor uns ein Blei-haus,
aus demselben kommt ein freundli
cher Mann uns entgegen im prächti
gen Ratiorialtosiiim, weitbauschigen
ossenen Hemdiirmelry roter Weste,
weiten, weißen Gatgahosen und ho
hen Stulpstieseln. Treuherzig reicht
ier mir die hand und lädt mich ein«
sein Gast zu sein
» So herzlich angebotene Gasisreuridi
schast nehme ich dankend an.
F Gleich holt Ergile (Elisabeth)- die
Eschivorzeiugige Schöne, tösilicheir Un
erweis, der unt bald iri vie beste
lauderstimiming versestk Mein
seieugeivoieriener Freund Klaon weiß
,rriir nun par viel zu erzählen nnd
mehr noch zu Este-gez nnd iiber dem
Halle-vergeht ,es wird
Misde ich me; can die Mehr deu
Mwnukuwouiseiy Mira-I
W
zu bleiben, mit seiner litte, seinem·
Bett dorlteb zu nehmen; arilber wart
ich nicht böse, denn es war schwül
und weit noch war mein Heimweg
nach Czoltonz auch drohte ein schwe
res Gewitter.
Da in der Hütte nur ein einziges
Bett, litt es der Gute nicht anders,
ich mußte sitt heute darin ruhn. wäh
rend er selbst in wollene Decken ge
hüllt, da die Hütte nur klein, sich
auf dem Boden vor derselben seinl
Lager bereitete.
Nachdem ich noch sorgfältig das
Mostitdnetz über die Lagerstätte auf
gehängt, gedachte ich nach all den
schönen Erlebnissen des heutigen Ta
ges erquickenden Schlummer zu fin
den; doch hatte ich noch nicht lange
geruht, als ein mächtiger Donner
schlag mich wieder erwecltr. Jm Bett
mich aufrichtend sah ich durch rasch
sich folgende Blitze taghell die Nacht
erleuchtet; immer stärker dröhnte der
Donner, es bebten die Wände let
Hütte.
Durch ein kleines Fenster ins Freie
blickend, gewahrt ich bald ein eigen
artiges Bild. Weit hinaus in der
Ebene sah- ich dan Feld init frisch
geschichtetein Korn bestellt; in demsel
ben batien die Schnitter,· Männlein
and Weiblein genächtigt. Als nun
das furchtbare Tonnern anhub nnd
grelle Blitze die Nacht erbellten, ver
ließ jung und alt die schützenden
Kornbauiem um aus den Knien vor
einein unweit der Hütte stehenden
Kruzifix zu beten.
Diese von ineißlichein Licht schari
beleuchteten Gruppen waren ein ei
genartiges Bild von großer Wirlung
und mach n aus mich einen unt-ergeb
lichen Eindruck. Mein guter Freund
Alajos aber wurde iin Schlaf über
rascht vom Wetter, kam herein zur
Hütte, die Decke hinter sich drein zie
hend, und legte sich aus den Boden.
vor mein Bett· Noch ehe die ersten
Strahlen der Morgensonne den Hirn
niel getötet war ich fröbtich erwacht
.Es schwieg der ciurrn, da« Weiter
schwand
Froh, daß es sorlgezogeii,
sprang ubch ganze pcidrland
Der junge Regenbogens
Alajos war lange vor mir schon
auf und davon; mit zwei prächtigeir
Vollblutpserden stebrte er bald zu
rück, zum Ritt iiber die Pußta mich
freundlich zu laden.
Und eh das hcrz mir dreimal schlug
so lagen sie zu Pferde
llnd aui und davon in ichnislleni Flug,
Laß rings erbcbic die Erde «
Schöner, strahlender als sonst,
steigt heute die Sonne aus deni leich
ieri ioletten Dunst, der aus derSteps
pe ageri, über dem Horizont empor,
oder will es mir nur so scheinen,
ioeil ich selbst so srohgemut2 Gebt’s
doch morgen wieder der lieben deut
schen Heimat entgegen.
heuie gilts Abschied nehmen von
den gasilichen Magyaren.
Alajos aus prächtiger Fuchsstute
sprengt voran, ich soY ge auf schwar
zein Rappen· Der braucht keine
Sporen; wie die Windsbraut stürnien
wir vorwärts.
heil wie fliegen wir da uder die
Steppe, wie greifen die edlen Nen
ner weitaus; uber Sand und Geröll,
durch Wasser und Sumpf geht die
wilde Jagd. Jn ein Meer hochra
genden Schilfs reiten wir lustig hin
ein, daß uns die langen Gräier wild
um die Ohren schlagen.
Voll Ungestüm nimmt jegt mein
Rappe die Führung, kaum tann ihm
die Stute folgen. Alajoö ruft mit
zu, mein Röslein soll nicht warnt
werden, sonst tönne ich’o nimmer
halten; ich tlopfe denksWildfang den
prächtig geschwungenen Hals und
dringe ihn in ruhige Gangart.
Dort in der dunstcgen Ferne et
tlicten wir jetzt die weißgetallten,
ftrohgedeaten Dritten und hauser von
Szandaz näher. hinter schattenspens
denden Bäumen liegt halbveriteat ei
ne chga (Gehöft). Da und dort
steht ein Bäuerlein an des Weges
Rand, reißt respettvoll seinen abge
tragenen Filzhut und ruft uns ein
freundliches «joeozagat« zu.
Bald erreichen wir die gastliche
hCzardaz fröhliche Zigeunermusiti
lHitzallt und daraus entgegen. ( Wcki
Meigen ad und stillen den ob desv
rangen Yitts über ionnige Pußta
entstandenen gewaltigen Durst.
Gar lebhaft und fröhlich geht ei
hier zu; nacktesigeunerlinder, schwar
ze Schweinchen wälzen sich munter
ain Boden.
Profit Alapo profit gut Freund,
morgen gehks heimwärts. Ade du
gaftltches Ungarland. Profit du
schwatzt-kaum Ungarmaid, morgen
gehsö heimwärts. Ade!
—
—- B oshaft. »Wer ist denn vie
Dame du«-«
»Die! — das ist die Tochter des
Antiquitätenhänvlers Meyet.«
»So! — tja, so steht sie auch
aus«
—- Bothast —- A.: Wissen
Sie schon, diese Nacht haben Diebe
bei mit ausgediqu
Q: Na, vie hatten gewiß viel zu
tun in Jhrek unotdentlichen Bude.
—FatalerRachfaI. A.(ztt
B.): Ihre Tochter hat so ein feine-,
durchgeiftigtes Gefichtchem ich möchte
sie vergleichen mit einem Gedicht —
Vater: Das nicht atzeptiert wirdt
wer zuletzt lacht.
Cmc lustige Mesdridjtc von Paul
Wird
Der Kommerzienrat Edel, Inhaber
der großen Zigarren-Fabrit und Zi
garrenhandlung Edel se Knopf, rief
feinen erften Gefchäftsfiihrer ins Pri
oationtor. -
»Mein lieber Spielernmnn,« be
gann der alte Herr, »ich fehe da eben
die Proben der aus der Fabrik neu
eingegangenen Matten durch, und da
finde ich, daß die neue Marle Pro
ferpina hervorragend gut ansgefallen
ist« Was ift denn da drinnen? Wissen
Sie es genaus«
»Gewiß, Here Kommerzienrntl
Bratil-Einlage, Sumatra - Umfchlag
und Hat-ana-Deckblatt.«
»So, fo. Und wie soll sie in den
Handel kommen?«
»Engros 45 Mart pro Mille und
Ladenpreis 8 Mark pro yundert.«
Der alte her; neigte den Kopf he
döchtig hin und her und befah die
Probezigarre unausgefesn Endlich
sagte er feft und bestimmt: uDas ift
zu billig, Spietermann, viel zu billig,
die sieht nach mehr ans; ich will
Ihnen etwas sagen —- wir lassen sie
in Staniol wickeln, geben ihr eine
Leibbiidq lassen die Packung elegant
ausstatten und stellen sie als Ge
fchentzigarre mit 15 Mart pro hun
dert nus." —
»Gewif3, Herr Kommerzienrat, wie
Sie befehlen,« entgegnete der Ge
fchäftsfiihrer, der wohl wußte, daß
sein Chef leinen Widerspruch duldete.
Acht Tage fpiiter «-and in dein
Hauptgefchaft der Firma die ganze
Auf-lage voll mit der neuen Geschenk
zigarre Profperina, die als außeror
dentlich preiswert angeoriefen war.
Nachmittags ging der Wirkliche Ge
heime Regierungsrat Dr. d. Lassen,
an der reich detorierten Auslage vor
über und fah die prächtig ausgestat
tete Zigarrr.
»Alle Weiten- dachte er, »oamir
könnte ich Lehseld eine tleine Freude
bereiten. Kleine Aufmerksamkeiten der
Art ioirlen stets vortrefflich — über
dies bin ich ihm eine Anerkennung
schuldig für die tadellofe Ausarbei
tung meines legten Vortrags, der Ex
zellenz so gut gefallen hat."
So sging er hinein und erstand eine
Kiste der Proserpina für 15 Mart,
die er dann mit einigen liebenswür
digen Begleitrvorten an seinen Nachst
untergebenen, den Geheimen Regie
rungsrat Dr. Lehfeld, sandte.
Der Geheime Regierungsrat ist
äußerst beglückt iiber die Huld seines
Herrn Chcfs und danlt in einem Jer
bindlichen Schreiben.
Als er dann die in Staniol ge
miaelten Zigarren mit der vielver
sprechenden Leibbinde ansieht, über
tommt ihn ein tiefes Bedauern, denn
e: selbst ist tein Raucher, und so hat
er also rein gar keine Freude an dem
Geschenk.
«·21h,« denkt er plötzlich, »dnmit
lannst du ja dem Braumann eine
tleine Ueberraschung machen —- liber
dies bist du ihm so wie so noch Dank
schuldig für die brillante Vorarbeit
zu dem letzten Vortrag, der dem Chef
so gut gefallen hat. «
Atso packte er das Kistchen sein
sauber ein und sandte es mit den be
sten Empfehlungen an Herrn Regie
rungsrat Braumann.
Als bei ihm das Geschenk ankam.
nahm es seine Gattin in Empfang
und ließ eine schöne Empfehlung an
den herrn Geheimrat sagen
Als sie aber mit ihrem Mann al
lein war, warf sie das Kistchen auf
den Tisch und meinte »Na, der hätte
dir auch was anderes schicken tönnen,
als die paar lumpigen Zigarren.«
»Aber Gustchen,« beschwichtigte der
stille Mann seine resolute Frau,
»sprich doch nicht so laut, er ist doch
mein Vorgesetterf
«Ausgerechnet Zigarren,« tobte
»Madame weiter, «als ob du nicht
schon übergenug zusammenpafftestt
sAlle Gardinen riechen nach Tabak,
lund die Wäscherin hat jedesmal ihre
Wot, den Geruch herauszukriegenk
, «Abet Frau, ich bitt’ dich, hor nur
aus. Jch will ja die neuen Zigarren
gar nicht selber rauchen; ich werde sie
dem Assessor Brand schicken, der mir
neulich das Material zu dem Vortrag
so gesichtet hat."
Dagegen tdnnte nun Madame
nichts einwenden, und wurden die
Zigarren mit bestem Gruß an den
herrn Assessor geschickt.
here Assessor Brandt. ein Mann
von sünsunddreißig Jahren, ist Jung-s
geselle, leidlich wohlhabend und ne-;
benbei ein leidenschaftlicher Ratsher.s
Als er das Kistchen lvon seinem
Vorgesetzten bekam, wickelte et ei be
dächtig aus und besah die so elegant
ausgestatteten Zigatten seht aufmerk
sam und lange.
Erstens habe ich gegen geschentte
Zigarren stets ein Mißtruuen,« dachte
er, «und besonders gegen solche in
Staniol und Leibbinde. Und deshalb
werde ich mich wohl hüten, mit an
diesen Giststengeln den Geschmack zu
verderben!«
Lächelnd nahm er das Kistchen,«
packte et sauber in einen neuen so
gen, adressiette ei an her-n Mutin
rat Wetter und schrieb dazu aus eineY
Vifttentartu »Mein werter Herr
Kanzleiratt Sie waren so freundlich,
mir zu der letzten Arbeit sur unsern
Herrn Regierungsrat pas Material
zu beschaffen; gestatten Sie mir, daß
ich Jhnen als kleine Gegenleistung fitr
die gehabte Mühe ein Kisfschen guter
Zigarren sende. Mögen sie Ihnen gut
schmecken. Das wünscht Jhr bestens
grüßender Brandt.« .
Als der Kanzteirat das Kistchen
belam, geriet er in helle Freude.
»Sieh doch nur« Matchen,« rief er
begeistert, .diese Liebenskviirdigieit
von dein Assessoet Darauf tann ich
doch wirklich itoiz fein, nicht«-«
Die einfache, tteine Frau tam neu
gierig heran und beschaute die Herr
tichteit mit staunenden Augen.
»Ja-e ist einzeln eingemictelt und
hat sogar noch ein Bändchen," sagte
sie ehrs.srcl-tgvoll.
»Ja, es scheint was feines zu sein,«
meinte er. »Na, der here Assessor
raucht übrigens auch nichts Schlech
tes.«' ,
Dann sie: »Aber Martin. fiir dich
werden die Zigarren, wenn auch nicht
zu schade« so doch sicher zu schwer
seini«
Zustimmend nictte das bescheidene
Männchen: ,Jch werde sie auch gewiß
nicht rauchen, Mal-pen, nein, etwas
so Feine-s bin ich nicht gewöhnt. Aber
wein du, der Ontel Johann hat in
acht Tagen Geburtstag, dem werde
ich sie schenken, der deriteht ja auch
etwas von Zigarten.«
Dabei blieb es.
Acht Tage später bekam Onlel Jo
hann die Zigarren aufgebaut.
Der Ontel, ein pensionierter Ober
förster, besah schmunzelnd das stift
chen, dann meinte er in feiner der
ben Art: »Na, Martin, da hast du
dich mal angeftrengts Dat is ja wohl
janz wat Feines!"
«Laß sie dir nur gut schmecken,
Ontelchen,« entgegnete der Lan-lei
rat verlegen, indem er sich empfahl.
Am Nachmittag zum Kasfee, als
der alte Herr allein war und gemin
lich in feinem Lehnstshl saß, wollte
er sich einen besonderen Genuß gön
nen und wickelte eine der Proserpina
aus.
c·Mit langen behaglichen Zügen be
gann er zu rauchen, aber statt des
erträumten Hochgenusses betam er
einen äußerst iiblen Mißgeschmack zu
tasten, der sich von Zug zu Zug be
deutend derschlimmerte.
Endlich warf er die Zigarre wü
tend in den Aschenbecher und ging
schimpfend hin und her.
Nach einem Weilchen beruhigte er
sich —— vielleicht war eben nur eine
znißratene darunter —- und so zün
dete er sich eine neue an.
Aber siehe da, taum hatte er fiinf
Zuge getan, da war der etelhafte Ge
schmack wieder da. und er mußte auch
tiefe ngarre fortwerfen.
Und nun in Wut geraten, probierte
er noch eine, und diese dritte war auch
silzt besser.
Jetzt läuft der alte Herr umher
und weiß sich vor Aerger gar nicht
zu fassen. Er schimpft auf seinen Ref
f.n, der es gewagt hat, ihm fo etwas
zt schenken, —- dann aber sagt er sich,
daß der ja tan Kenner sei, sondern
daß man ihn einfach setrogen habe.
Und nun untersuchte er das stift
chen genau, um zu erfahren, aus wel
cher Fabrik es stammt.
«Ah,« jubelte er auf, »du haben
wiss ja! Natürlich, was tann denn
dovxsibet ä- Knopf auch Gutes toms
men.
Onlel Johann war ein Mann ders
schnellen Entschlusse, außerdem wars
er auch praktisch und griff jedes Ding
beim rechten Ende an. Deshalb ging
er direkt ins Hauptgeichäst zu Ebel
ef- Knopf und schlug furchtbaren
Lärm — wie man es wagen könne«
file· schweres Geld eine so minderwer
iige Zigarre zu oerlauset — es sei
unerrjors» das Publikum so zu räu
scken, denn nach der Augslattuag er
wart« man eine bessere Zigarxe, mäh
rend die gelieferte kaum die Hälfte des
Preises wert sei.
Und die Reilamation schlug der
maszen ein, daß nicht nur alle anwe
senden Läusen sondern auch die Ver
siänfer einen Augenbl sa lang aufge
fbratt waren. Dann aber tam der
Herr Geschäftsführer, lud den altenk
Herrn ein, ihm ins Pridaiiontor zu
folgen, und da man sich auch hier
nicht einigen kennte, wurden ihm 15
Mart fiir ein Kisichen Proferpina zu
rückgezahlt, mit denen Ontelchen zu
frieden lächelnd nach hause ging.
Aber unter den Räuferm die den
Standal icn Laden .mt anhörlen,
war auch zufällig der wirkliche Ge
beiine Regierungsrat Dr. von Lassen.
Und als er diese Reuigkeit hörte,
schlug ihm plötzlich das Gewissen
«Sappernieni!« dachte er, «da bin
ich ja schön reingefallen! Wenn die
Zigarre wirklich so .niseeabel ist«
dann habe ich mich bei Lehfeld ja rie
sig blaenieri.«
Und schnell sauste er ein Kistchens
feiner Jmporten, wie er sie im gebei«
men selber zu tauchen pslsir. Diese
schiate er an den Geheimen Regie
rungsrat Dr. Lebfeld und schrieb da
zu, daß er ihm versehentlich zuerst
eine minderwertige igarre gesandt
habe — er möge en schuldigen und
sich statt dessen diese Jenporte gut
schmecken l.aIen
s Als Dr. Lehfeld die Sendung be
karn. packte er sie erst gar nicht aus«
sondern sente sich hin, schrieb sosort
an den Regierungsrat Brautnann
einen gleichen Entschuldigungsbries
und sandte ihm das neue Kistchen.
Und Brauninnn, der ja auch wußte,
daß der Assessor Brandt e:n guter
Zigcirrenkenner fei, wollte sich erei
tiirlich auch nicht vlnmieren, und so
schickte er die Jmporten sosort tnit
einein Entschuldigung-schreiben ein
Brandt weiter.
Dieser legte der Sendung mich ein
«Sntsaiuldigungsschreiden bei und nach
kurzer Zeit wrir ssie untictoegs an den
Heirn Knnzleirnt.
Und der, alr- er das schreit-sen las,
bekam es erst recht init der Angst.
»O weh," jammerte er, »was wird
der Onkel gesagt haben? Vielleicht
enterbt er mich gnr." «
Zitternd ging er zu dein alten
Herrn, der ihn niit unheiloertiindens
den Blicken empfing.
Aber der Knnzlerrnt ließ ihn erst
gar nicht zu Worte toinrnen. Sosort
begann er: »Hier, lieber Onlet, das
sind die richtigen Zigarrem die ich
dir zum Geburtstag schenken toolltei
Die erste Kiste iviir ja niir minder
wertig, die habe ich dir nur aus Ver
sehen gebracht, — nei, schenke sie dei
iicrn Portier, und laß dir statt dessen
diese Jmporten mundeii!«
Onkel Johann, als er diese Bot
schaft hörte, war merkwürdig still,
denn natürlich begriff er den Zu
sammenhang nicht. Da er oder tin der
Etikette der Kiste die dirklichen Im
porten sofort erkannte, nahm er auch
das neue Geschenk dankend in End
sang und zeigte sich äußerst wohlwol
lend und gut gelciunt, so daß der
Herr Ranzleirnt beglückt nach Hause
ging.
Dann Jnuchte der Hete Obersöister
a. D. mit schmnnzcliitnm Behagen
eiiie te- neuen Jmpoxteu und das
Dunste ilsii dermaßen in Stimmung,
dasz er sich eiiis den Schenkel schlug
und roh-ei ousriei:
»Ah, Weiter! Zii so’n feines Kraut
un) irra. Hi siinszehn Mark extra bin
ict dcch .-t: mein Lebth noch nicht so
leid-l gclomnien!« Und e: lachte, wie
e: neit- nie im Leben gekocht hatte.
- Ver hundert Jahren.
Wer alten Stichen und derglei
chen nachgeht, den erinnert bisweilen
ein Flttgulatt an die Freude der
Menschen vor gennn hundert Juli-»
ren ülzer die gesegnete Ernte. So
zeigt eines itn Hintergrunde ei.t
Terslein in goldenen Hahnen, im
Vordergrttnde ziehen vier Giinle ki
nen von gesrhnnimen Schnitterinncn
geleiteten hochgetiirmten Ernte-wa
gen, dein Trompeter vorntiijnuln.
llnd der Pinltnist tontmt dndei
reichlich tnit schonen Ztrophen zn
Ehren —- iiberall ragt ein umtriinzs
tesz Schild mit einein Dantsttrnche
aus
Eine Kriegsdnner von tnehr als
28 Jahren war t:l)erstnnden. Miß-I
erttten des Weines und des Obstes
hatte es von ldll vis- 1817 gege
ben, und ldlnp io berichtet dieses
siiddentsche Flngblatt, have 75 Tage
long anhaltende-:- Regentvetter und
allgemeiner Ougeljchlng die besten
Erntentissirhten vernichtet. Eine un
gemeine, beistiiellose Teuernng, die
beinahe den allgemeinen und völli
gen Hnnger erzeugte, war das sam
niervolle Los. Zur ein Mutter
Flernen wurden 120 Gulden lie
zahlt. siir einen Sitxessel Ozerste uiz
nnd siir einen Scheinst Tintel its
Gulden. Vielsnrh suchte tnnn Grn
zn kochen nnd Brot aus slleie un
Vanmrinde zu lmeletn To gnd aber-.
daLs Jahr 1617 das beste Getrei e,
dessen man sich nach vielen Jahren
erinnern konnte, dazu itn lieber
slniie Gemiise und Bol)tteiisriict)te,
so dasz man sieh, toie das alterherrs
lichite, «ntit Speisen erquicken und
sättigen totnt, wofür der allerbars
menden Güte Gottes innigster See
len- nnd Herzens-Dank gesagt und
aus-gesprochen sehe-".
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Bekehrung des Begrtnriqners. !
Vensmuin anllnh der Erfinder
deI Blinalileilers:» snnd einst eine
Schrift, aus- der er entnahm, das;
der ausschließliche Genuss von Ve
getabilien das einzige Mittel sei, on
Leib und Seele zu gesunden. So
sort einschloß er sich, diesen Grund
satz zu dein seinen zu nmehen, und
est von der Stunde an nur noch
vegetorische Kost. Lange Zeit blieb
Her dieser viel bestritteneu Ernäh
rungsweise tren, bei der er sieh
äusserst wohl liess-nd. Eine-s Tages
jedoch passierte sihui etwa-D dass ihn»
von der bisherigen Lebensweise ur
plötzlich nlolimchle. Jin Magen ei
nes grosxen Fisches snud er niiknlich
einen kleinen Fisch. «So,« meinte
er da, ,,sreszt ihr- euch unter eisum
der ans, so sehe ich gar uiiht ein,
worum wir Menschen euch nicht auch
verzehren sollen.« Er ging nun wie
der zur Fleistlzlost iilier und erzähl
te dies Erlebniss, Lin-s eine solche
Wandlung seiner Anschauungen
hervorgerusen hatte, gern im Freun
deskreisr. Er Pslegte dann hinzu-,
zusiigem »Das beweist wieder ein
mal, daß der Mensch des-halb süe
ein vernünftiges Wesen gilt, weil er
so leicht Gründe zu finden weist- um
sein Tun zu rechtserligen.'