Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 04, 1917, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-blau du
Staats Art-Zeiger uned Merolä
»Ur-This- Whirx
»Ich krim- stit, fstets
Antin urzuttesru».«
k—« »Ist-«
Jn deithedaktionkleben kiiudigt
sich der Wechsel der Jahreszeiten
durch verschiedene regelmäßig wie
derkehrende Ereignisse on· Dienichts
Weis-ec- dnldeude Sonne hat die
letzten Schneespureu ans Acker und
Wiesen tnnni vernichtet, da kotntut
auch schon der Redaktiensdienertnit
einein Postpnlet daher, in welchem
ein »treuet Leser« oder ein »mein
siitzrigee Abounent« vom Lande die
ersten Veilchen schielt; dann verge
hen wieder ein paar Wochen uott
, siiihtmgshcisteu — leider gewöhn
lich nur henctslerischeu Sonnen
schein-T da flattert der Fiotsltoeistiug
zum Fenster herein- der »erste
Sckxtigetterliug« und drei Wochen
späte-r bringt der Postbote ein
Scknickxtelchem in detu es geheimnis
voll lenbbelt und inuunt. ein alter
Verehrer unserer geschätzten Zei
tung erlaubt sich uns die zuverläss
lichsten Fkiihlingsboten y- die »er
steu Mailiiser« —- zu iiberseudeu.
Tann tout-neu die so und soviele
Just holten Korniihren, nnd die tue
toelserische »satn«e Gut-les eine dein
Journalisten sehr sympathisches Stie
" ciesJ des Pslattzeiireichekz, denn mith
i
rend sie in Flor steht, tritt er den
ilzin lentrultlich zustehenden Urlaub
on. Tit-I Korn ist längst in die
Erkenne gebrach-d dep Urlaub ist zn
Ende und ein Jahr der Arbeit liegt
wieder vor und, da erscheint denn
der Redattiensdiener zum ersten
Mute mit einer Karte »Hast-Z Buch
t)el.z«, herzogtich dessnuschcr Hos
ittcxsittteletY
s »Der Here ist draußen, er will
seine Aufwartung tunchen.«
; Tieser Fall wiederholt sich ain
nächsten Tone wiederum; ein Künst
ler, eine Künstleein wollen ihre
Hinsumktuuq machen, denn in den
nächsten Tagen etössnen «,die Thea
ter dersGeoßstodt. und die neuen
i Mitglieder lassen sich’5 nicht nely
men, sich den kritischen Beisisern
des ä«tethischen Geschwoeenengecichts
For i reni Unsteeten zu präsentie
ten.
»Ich erlanbe mik, mich Ihnen
vorzustellen. . . . «
Teig ist alles, was sie zu sagen
haben. —- erut mich seht-, nehmen
Sie Platz, erwidekln wir. —- Sie
sind on das ....t)enter engagiert?
I —- Ja wohl, Herr Dottokl —- Fiie
)
welches Fach? —- Fiir Wickeltinder
und Hausknechte, Henk- Doltoct —
Schom es war iuir ein Vergnügen
—- 'n Mokgeut —- ’n Moment
Tag ist die kürzeste Form einer
solchen llntekkedung, der qiinstigste
Fntl; nun gibt es auch Künstler-, die
« ein minder einpsindsauies Gesicht
haben, wann es an der Zeit ist --
den ihnen angebotene-i Platz zu
räumen Mitnnter bringen sie Emp
fehlunqu entfernt bekannter Zet
tungstollegen Init, iibek deren pri
vate Verhältnisse sie uns aus-s ge
naneste nistet-richten zik Iniissen
glauben, dabei lassen sie wohl auch
geschickt einslieszcih daß sie dein
tunitsiimiqen Publikum von Kyritz
on des Ilnattee kein den Kot-s ver
dreht hat-en usw. Ein mit zweifel
tmkier Bescheidenheit vorgebrachter
lepeil an unsere Nnchsicht beschließt
die llntekkedmm. zwischen Itrititer
und Wange-sicht
Tsc Götter nnd Halbgöttek der
Ethik-ne vermag nmn iich, wenn ri
. ;.s mir etwas höiltchc Entschlos
·.1-"--:3t zn Gebote steht, bald »ob
,.:k.!;inmtcn«, Anfpietnngen ans ihr
s-«-k!)iä1«tes Talent wird auch der
).- Lizdzttzvole Znhökrk rechtzeitig ad
,-«-1skt:nctdcn wissen, aber die Damen,
sc Damens Und sie erscheint-n
»unan paakweije, das heißt, mit
Muster oder —- Tante. Manto ist
ugktzt selten tnit einein ansehnliche-I
Bande ausgestattet, auf dessen Dek
trt dass Monogrannn der Künstle
cinottkter ersichtlich ist. Das Jn
ntre dcö Buches enthält aber —
stkitttcm ans allen Städte-n, die El
nim durch ihre Kunitletstnngen bis
her entzückt hat. Da iit alles tän
1sr1ich nnd genau eingesteht von
drin Referate an, welches sich auf
Etvtrens erstes Bühnendebüt be
zieht, bis zn der toten-ten Abschied
vorstellnng tn Wrieäm s an der
Oder; ein Band rovtnztheaters
Krititent Herz, was willst du
mehrt
Aber dte Manns der Künstlean
weiß, das vie Herren Journqltsten
nicht viel Zeit til-cis hob-II- ste ver
langt nicht, daß tote das interes
sante Sanknielwerl, welches die
künstlerische Laufbahn der Tochter
skizziert, durchstudieren sollen, nur
die ,,paar Zeilen Crineiuhalb Sei
ten) sollen wir lesen, welche der
Kollege von der »Ur-Messer Wo
chenchronik" über Elvira geschrieben
hat, als sie den Bewohnern der klei
nen Oderstadt die Kränkung berei
tete, einem Muse nach Berlin solgen
zn wollen.
Hier, Herr Doktor-, nur die paar
fZeilen».. Aha, ich danke. Wir le—
en:
»Der Abschieddabend ou welchem
sieh das geschätzte Mitglied unserer
Bühnen Fräulein Schulze, in Goe
thes immer wieder beisällig aus
genonuuenem »Im-ist« als Gretchen
Präsentierte, wird sedrtn Wriehener
lange in Erinnerung bleiben: die
Erscheinung dieser Dame, die sieh
auch im privaten Leben durch ta
dellose Führung die Smupathien
des Publikums erworben hat, die
Wärme ihres Tons, die Fülle der
geniale-n Züge, womit sie diese Rol
le ans-statuten stempett sie zu einer
GretetketisDarstellerin ersten Nanges,
und mir-können uns nicht entsin—
neu, einen so genulzreichen Abend
ver-lebt zu haben. Als Fräulein
Schutze in der bekannten Szene
wo Faust bereits das Gist der Ver
siihknng in ihr Herz getriiuselt hat,
schwermiitig und tiesbetiinunert in
ihrem lninsliehenllreise au der Näh
»maichine sitzend, die jedem Weiche
ner bekannten Worte sprach: »Mei
ne slinhe ist hin, mein Herz ist
zschwerz ich sinde sie nie nnd nim
imerniehr«, da ging eine Begeisles
irung durch das Haus-, wie wir das
selten hatten, nnd Fräulein Schutze
mußte jene Worte noch einmal vor
strageu und noch einmal wiederho
len: der Beifall wollte sich nicht le
gen, und inir gestehen ohne weite
res-, dass wir selbst enthnsiastisch in
den betäubenden Lipplaus mit ein«
stimmten.... Wer die Kränze zäh
len wollte, die an diesem Abend ih
ren Weg von den elitegeiiillteu Lo
gen unseres Theaters aui die Büh
ne nnhmen, wer die Hervorruse zäh
len wollte, welche das große Ta
lent unserer scheidenden Tragödin
würdigte-h —- tvir nicht« . . .«
Jn dein Tone geht es weiter,
wir werfen nnr einen Blick ans den
Schluß dieses Artikel5:
»... .Wie wie hören, solgt Fräns
lein Schutze einem illuse nach Ver
lin. Wie Ungein wir nnd mit uns
mancher Theatecbesncher diese Dante
scheiden sehen, es hieße Eulen nale
Athen tragen, wolltest wie es noch
einmal anzudeuten versuchen. Je
denialls wird das schöne Talent
dieser Priesterin der Musen, aus
welches wir so est ansnieeliani ok
nIacl,-t haben, in der Reichshanptstadt
llinaenderen Loin sindenz ob der
Wirkungskreis, welchen sie in den
ini Verfall bearissenen Tlieaiekvers
hält-rissen Berlin-s sinden its-ird, ib
rein Talent angemessen ist, das
möchten wir übrige-is bezweifeln
Wie sagt doch der Altnieister Goe
th: Es bildet ein Talent sich in de·
Siillel —- llnd sa knüpfen wir dar
an nne die Hoffnung, daß Fräulein
Schulze durch die Gunst nndsereåi
lunstsinnigen Publiltnns etwas ver«
zogen, ans den ihr von nns vorge
zeichneten skiuisttoeaen ·tiiitia vors
toiirisschreiten möge. Wir wieder
isolen es: sie besiyt ein großes Ta
lent, welches ani dein richtigen
Boden schöne Früchte treiben toiie«
de, nnd Wrieuen war dieser Vo«
den!. . . . «
Wir veriichern dein etwas refer
vierten Fräuleins Sehnle welches
ans Eli-Theater als — dreizehnte
Liebhaberin engagiert ist, nnd ihrer
stolzen Manni, daß wir bei Beurtei
tnng ihrer Leistungen stets der
glänzenden Wriehener Vergnngeni
heit eingedenk bleiben werden. Frriu
lrin Schutze tnt etwas verschiinit, fn
nirtt itnnnn — nnd blickt öfter-i
verwirrt zu Boden, die Frau Mai
nn: ift minder frhiirhtern, fie hätte
nicht iibel Luft, nng noch einen
Ansfrhnitt ans dein »Pt)kiher Meis
blatt« zur Lekliire zu empfehlen
Miitter und Tochter entfernen firtj
endlich, ein paar Stunden fpiitet
empfangen wir den Befnch eineå
anderen Paar-es. Manna fiihrtdat
tritiiche Dagebuch ihrer Tochte
gleichfalls rnit; Elife foll am N
Theater kleine Naive spielen, eiiu
Mitteilung, die uns etwas über·
rafcht, denn Fräulein Etife macht
uns den Eindruck einer —- etwas
gesehm-en Künstlern-. Die Mutter
legt das Buch der Krititen in nnferi
Hände, wir fetten die lehte Kritil
lesen, zufällig fchtagen wir die erftt
auf: Stadttheatec tn Halle, 25.0ki
tot-er 1872, Fräulein Seht-öder all
«Lorle«.... Alte vor zwölf sah
ren, der Schein trügt doch nicht.
Die nnverwlistliche Naive gestehts
mit einein — sehr tunstvolle Gold
ploniben blaßlegenden Lächeln, daß
sie vor der gestrengen Berliner Kri
tik gewaltigen Respekt habe, - daß
sie mit Zittern und Bangen ihr
Engagenient antrete.
Kein Kritiler wäre so nngalaiit,
diese Bedenken nicht sofort zu ver
scheiichen unter der Zusicherung bil
liger Nachsicht, nnd damit ist die
llnterrednng zu Ende.
Das sind die Debiitanten, die
Gäste-, die lliibelannteiu aber anch
die Träger bekannter Namen sah
ren bei den Kritjtern vor. Sie brin
gen sich nnr in Erinnerung, ihre
Höslichleit verlangt Nachsicht, ob
wohl sie insgeheim überzeugt sind
dasz sie nnr Lob verdienen nnd daß
ihnen dasselbe bei gerechter Beurtei
lnng in iiberschtiiänglicheni Mast
zuteil werden innsz. Ein großer
Teil der Schanspieler beschränkt sich
nnr daraus, die Bisitenlarte in der
Redaltion abzugeben, nnd ans dem
Tische des Tlieaterreserenten ent
steht dadnrch eine ganz interessante
Sammlung von Visitenlarten von
dein a la miniite gedruckten schosi
leii Blättchen der Provinzliebhaberin
bis zii dem liandgroszen steifen
Karten mit dein litliograplsierten
Namen nnd Titel des Hosschanspies
let-s. ,,Einpsiel)lt sich Jlsreianhls
wollen« ,,....Jl)rer Nachsicht« steht
ans der Rückseite Dieser stimmte
Modus ist den Krititern eriviinschter
- III . »Er »
Null- Uvsscllusuj uns uicsc entstu
lung bald an die Stelle der persön
lichen Priisentatiom die beiden Par
teien Zeit kostet, ohne etwas ande
res als einen gewöhnlichen Phras
ienanstausch zu bezwecken. Beson
ders in Provinzstädten ist die per
sönliche Vorstellung noch sehr üb
lich, nnd einzelne Künstler verfolgen
ihre Opser, wenn diese den Versuch
machen sollten, sich zu« verleugnen,
bis in ihre Privatwohnnng
Eine liebenswürdige, in Oesteri
reich iehr bekannte Schanspieleritu
die sich an keinem der verschiedenen
Dekainerone beteiligt hat, obwohl
ihr Leben an pikanten nnd amti
santen Zusätlen ziemlich reich ist
erzählte mir ktirzlich ein Geschicht
chen, welches zu dein hier behan
delten Thema gehört.
»Es war in den Sechziger Jah
ren in G. Jch war als Naive an
das Stadttheater engagiert wor
den, und da ich leiste wirkliche nnd
keine Theatekmutter hatte· mußte
ich meine Wege allein machen. Ein
paarmal hatte ich vergeblich gesucht.
den Referenten des gelesensten Ta
ges-Journals in seiner Redaktion
zu sprechen, der Tag meines De
buts riickte heran, und ich hatte
noch immer nicht Gelegenheit ge
sunden, mich dem gestrenge-n Dr
V.,zu empfehlen. Gehen Sie in
seine Wohnungl —- riet mir eine
Kollegin —- er ist nämlich verheim·
let. —- Tiesen Rat befolgte ich. Zur
Visitenzeit begab ich mich nach der,
in einer winleligen Sackgasse gete
genen Wohnung des Krititers. Eine
junge Frau mit einem genialen Ti
tustopi össnete mir, ihr Teint war
uunatiirlich, aber keineswegs durch
die mir in ihren Wirkungen be
kannte Schminke getötet, nnd ein
pikantes Kiichenparsiim striinite mir
entgegen. Ostenbar hatte die junge
Frau eben den stochherd verlassen.
—- ttann ich den Herrn Dotter
sprechens
— Tut niir leid —- antwortete
sie in nntnsrjaijitjteni Oefteereiajijclj
—- ich tin-iß nit, wo er jetzt atlenieii
lieruinrennh aber er nian alei koni
nien; meines die ttliite haben woll
ten, ein lnssel Ovarien
Nachdem ich den Zweit meinet
Befnches erklärt hatte, wurde ich
in den ,,2alan« gestiler nnd wah
rend inich die klledaltenrszjattin da
hin geleitete-, isiej sie in eine offen
bar nach der siiiclje führende kleine
Seitentiie: Salt, gib acht anj die
Nudeln, daß jie nit iibektochem
hörst?
Wir standen im Salon. Aber
bitte, lege-US doch ein bijjel ab, dei
Zelix muß ja jede Minute commen
und tlandalifieren Sie sich nicht, daß
ich so schlainpert ausschan, aber
wenn man in der Küch« nachtchauen
mnß.... Die junae Frau stand ini
Begriffs-, ihr etwas talonpes Aens
here tliichtig in Ordnung zu brin
aen, als tm anstoßenden Zimmer
Kindekaejchrei ertönte. Die junge
Frau stand auf: Sie verzeih’n Ichon,
mein Meiner is wacht Und die
Schleppe ihres Morgenrocks rai
- tend, verschwand sie.
Dann vernahm ich tm Neben-zins
s mer unmuiikalijchen Geianq. »Seht
s dort auf steilen öl)’n, den Mann
- von edler ist-t- lduna lteh’nlDer
«Kletne«- schien sich aber nicht beru
hiqen zu wollen« Die Mutter er
schien endnch mit einem Stechnnenl
im Solon »Er will nicht schlafen,
der kleine Nigl,« sagte sie, wieder
ihren Platz einnehmend· Während
sie den Säugliug licbloste, bemiihte
Hsie sich, mich in die Chroniqne flun
ldaleuse des Theaters einzuweihen;
lbiese ziemlich einseitig gesiihrte Un
sierhaltung schläsertes den Kleinen
endlich ein.
« Die glückliche, aber vielsnch in
Anspruch genommene Mutter sprach
ganz leise, aber ohne Inmitten in
einem sort. Plötzlich wurde ein
Brausen und Zischen verstehn-bar,
sein blechernek Topsbeelel iiel klir
rend zu Boden-... Jesan Mariens
sie how übekkocheu lassen! ries bit-i
kleine Redakteur-Titeln —— im näch
iten Augenblick lag der Siingling
in meinem Schoß, die Mutter stiirzi
le zur Tür hinaus, in die stritt-:
Derielbe Mund, der eben erst die
süßeiteu Ziirtlichleitsntsstsdriicke dem
Babn zugesliistert hatte, entlud siib
ietzt in derbere-: Weise:
Tu Guns» du Nonen-, du llrichls
....Dnnn ging es liitschzllntfch ..
ein Geräusch, dessen Ursache unver·
lennbnr war; die schlecht genmrteteu
Nudelu waren gerächtl
Jetzt liiugelie ess, und bald dar
aus tmt der Hausherr in den Sa
lou. Jch erhob mich, dass schlafend-.
Kind im Arm nnd stellte mich im
Fliiiterton dem Krititer Vol-. Er fal)
mich mit großen Augen nn, dann
rieb er sich das Ohr, er bekämpfte
eine kleine Verlegenheit, dann kaut
es aber tun so riickiictnssloier iibet
seine Lippen: Ich musz sehnen gleich
sagen, daß Sie da bei unseren jun-«
gen Herren wenig Glück haben mer
den, wir haben iu dein Ersatz siik
die Nnive ein -—— Mädchen erinnr
iet.... Sie verstehen mich doch; —
wenn ich Ihnen einen guten Rot
geben soll, soYertuselienExs die ganze
G’fcl)icht. . . .
—- Welche Geschichte? sagte ixij
schreckenostart l
—- Na —- die mit dem Kind!
fliislerte der Redakteur To sum
gerade als den-Z ex nimliinn die
junge Frau wieder zur Türe her
ein: O Fränl’n, Sie find doch nn
bös, ich l)c1b’ ja ganz des-gessen onj
den Klein’, gebe-US ihn mir hekl
Tei- Herr Doktor sah seinen Jer
hnn ein, und während feine Frau
init dein schlafenden Knäblein ans
dem Solon vekfcknonnd,«bemühte er
fich« seine Ungeschicklichkeit wieder
gut zu machen.
Er hat mir übrigean für das klei
ne Unrecht großtniitigit Satisfaktion
gegeben, denn in den höchst wohl
nsollenden Nezenfionen wurden an
mir die schnieichelhnftesten Epithetii
verschwendet, da wechseltc stets der
,,1«ngendliche Liebzeiz« mit dem «li.«l)
lichen Jugeicdrciz«, bis ich endlich
das Entgegen-ein mechselte
So beschrieb mir die Kiinsilerin
diese heitere ,,Vorftellung«»
—.—-—
Ztizzc von Etljmd Breitnck.
Ein Daimyka l
gelt. Die junge Fran, die heute zum
erstenmal Tranertleidnng trägt nnd
gerade damit beschäftigt war, den»
Schrank ihres gefallenen Manne-J znl
ordnen, unterbricht ihre Arbeit, um
zu öffnen. Draußen jieht ein freut-l
des Mädchen i
Die junge Fran: Was wünschen
Sie? « j
Dies Fremde (sehr fchiichtern:))
Wenn ich bitten durfte . . . ein!
Paar Minuten nut. . . ich hatte Sie«
gsrne in einer Angelegenheit gefprosj
chen. «
Die junge Frau (erftaunt, miß-«
trauisch): Michi Aber ich kenne Ziei
ja gar nicht« Doch kommen Sie. . .
hier die Tür geradeang. .
Die Fremde: Jch darf mich woth
fetten.
(Beide nehmen PlatzJ
Die Fremde (for«iahrend): Es
fällt mir wahrhaftig sehr schwer, das;
richtige Wort zu finden, und ich habet
aueh lange gezögert, ob ich Sie auf-;
suchen foll, gnädige Frau! Aber ich;
dachte. . . nun, ich wollte Ihnen meint
Beileid ausdrücken zu dem Berluste,l
den Sie. . . den Sie erlitten habenJ
Herr han« Martini, Jhr Gatte, ist
doch türzlich gefallen.
Die junge Frau (talt und abwei-!
feud): Darf ich fragen, was Sie zui
dieser-. . . zu dieser Aeußerung der
Teilnahme veranlaßt.-«Jch verstehe
nicht. . . s
Die Fremde: Deshalb kam ich ja,
um Ihnen das zu erklären. Jeh
wallte nicht« da Sie darüber län
ger tn Unwissen it bleiben sollen. . .
Aii«der Cingangstiir hat eH getlinsi
W
Die junge Frau lin ansdöinnierni
der Ertenntniyz Sie haben meinen
Mann getannti
Die Fremde nickt.
Die junge Frau-. . . Minnen Sie
mir vielleicht sagen, woher Sie ihn
tannten, wie lange schoni
Die Fremde: Jch tannte ihn seit
zehn Jahren, lan e ehe er heiratete.
Wir — er und is —- tonren einmal,
turze Zeit, verlobt. .
Die junge Frau: Sie waren seine
Freundin?
Die Fremde: Nein. Wir waren
regelrecht oerlobt. Aber es wurde
nichts daraus. . . .Die alte Geschichte:
Jch hatte leinen Pfennig Geld, nnd
er verdiente damals auch noch recht
wenig. Deshalb gingen toir ausein
ander. Ganz im Guten übrigens.
Die junge Frau (nach langer
schwerer Pause): Von all diesen
Dingen wußte ich nichts. Er hat
mir niemals ein Wort von dieser. . .
dieser Geschichte erzählt. Jedenfalls
danie ich Jhnen fiir Ihre Aufrich
tigleit.
Die Fremde: Jch glaube, gnädige
Frau, daß er in seiner Ehe sehr
glücklich gewesen ist. Manchmal, so
ungefähr, zwei-, dreimal im Jahre
pflegte er mir zu schreiben, rein
freundschaftlich- Sie können es glau
ben. Er schrieb, um mich, sozusageii,;
zu trösten. Er muß wohl gespiirts
haben, daß ich ihn noch immer-l
. . . .liebte. . . .ja, dafiir kann man
nichts Sie, gnädige Frau, werden
mir verzeihen. . . .ich hoffe wenig
stfens. . . jetzt, wo doch alles dort-ei
n. . . .
Die junge Frau schweigt.
Die Fremd-e: Jch habe seine Ehe
stets hochgeachtet, steigt tlnd halten
Sie mich nicht siir unverschämt, weit
ich heute gewagt habe, hierher zu
kommen. Es wäre nicht geschehen,
wenn nicht dringende Grunde vorlä
gen. . . «
Die junge Frau (hastig): Welche
Gründe«
Die Fremde: Furchten sie nicht-se
Jch habe keinerlei Ansprüche Aber
es sind vielleicht noch einige Briese
da, die er im Laufe der Jahre von
mir erhalten hat« ganz gewöhnliche
Briefe, in denen leine Geheininisse
stehen, und ich dachte, daß er sie mög
licherweise aufgehoben haben könnte.
Es wäre mir nun sehr viel daran ge- l
legen, diese acht oder zehn Briefe zu
riickzuhetornmen So viele werden ess
wohl itn ganzen sein. l
Die junge Frau: . . ich. . . ch
l
werde nachsehen, und wenn ich Ihre
Briese finde, so sollen Sie alles wie
der haben.
Die Fremde: Jch danle Ihnen-Ja
und dann. . .
Die junge Frau (-nit neroöser
Fohroffheit):· Es siillt mir schwer,
Sie anzuhören, mein Fräulein Ohne
Sie tränken zu wollen. . . . aber
Ihre Mitteilungen kamen denn doch
zu iiberraschend, gerade jetzt, wo noch
alles so srisch ist. . . glauben Sie
nicht, daß es . . · daß es Eifersucht
. nein. dazu scheint lein Grund
oorzuliegen . . . und ich bin über
zeugt. . . .aber, oerstehen Sie mich
recht, mit einem Male. . . . Mit ei
nem Male soll ich meine Trauer mit
irgend jemand teilen, den ich garz
nicht kenne, mit einer Fremden, die
zur Tiir hineingeschneit kommt! Jch
will Ihnen nicht wehtun! (Die
Fremde erhebt sich) Nein, bitte, bleisJ
den Sie bleiben Sir! (-tierwirrt.) Sie
wollten doch noch etwas-, sagten Sie
nicht. . . ;
Bie IFremde: »Ich wage gar
nicht« . .
Die junge Fran: Sie iniissen mir»
zugute halten. Daß ich heute, ein we-;
nig unhöflich bin —- entschuldigcn
Sie ——
Die Fremder Ich hätte noch eine
Bitte: Wenn ich. . . wenn ich ein
Bild von ihm haben diirste, irgend
eine altc Photographie, die Sie ent
behren können, oder, falls das nicht
geht« etwas andere-» Sie wiirven
mich mit einem tleinen Andenken
glücklich innchent Sehen Sie gnädige
Frau —- Sie sind ja so reich gegen
mich, so unendlich reich. Sie waren
fünf Jahre long mit ihin verheiratet,
waren uni ihn, haben ihn besessen,
und er hat sie geliebt. Mit Ihrem
Namen auf ven Lippen, ist er viel
leicht gestorben. Und jetzt, Ivb er
tot ist, bleibt Jhnen alles, was er
gehabt hnt, Sie sind umgeben von
Erinnerungen. Aber ich! Was bin
ich neben Ihnen? Ein Niemand, ein
Stäubehen auf seinem Rock. . .
Die junge Frau (herb): Sie soll
ten sich das Herz nicht so schwer ma
chen, mein liebes Fräulein. Dann
tun Sie auch gewiß unrecht daran.
mich zu beneiden. Wenn er mir,
wie Sie sagen, mehr kein tonnte, so
habe ich auch mehr bespren. Ahnen
iSie denn, wie surchtbnr, wie unaus
’ r l! furchtbar das ist, wenn auf
kxfnäkrlchdie Briese ausbleiben und
dann plöylieh die Nachricht kommt, er
ist schwer verwundet?« Man verliert
vor Angst beinahe den Verstand.
Bleibt er am Leben oder nicht? So
bald es draußen klingelt, fährt man
zusammen. Man wagt nicht auszu-.
gehen, aus Furcht, der Postbote könn
te inzwischen kommen. Eines Tages
dann kam er. . .
Die Fremde:. . . kam er?
Die junge Frau: Ja, oor fiinf
Tagen. Sein Hauptmann teilte mit,
wie es geschah. Beim Sturm traf ihn
sdie Kugel in die Brust, die Lunge
wurde verletzt; zwei Wochen lag Er
im Lazarett, er hat schwer zu leiden
gehabt. . . Ja, sehen Sie, mit einem
Male hat man nun Gewißheit, aber
man will nicht daran glauben. Man
kann es nicht fassen, daß man jetzt
immer so allein beiben wird! Oh, ich
habe sitt alles Gliick teuer zahlen
müssen. . . Sie werben tiinstig zwei
Briese im Jahre nicht mehr betont-.
men, aber ich. . .
Tie Fremde: Ich danke Ihnen fiir
Ihre Güte, baß Sie mir das alles
erzählen, Sie, die seine Frau waren,
mir, die ich. . . Nun werden wir ihn
nie mehr wiedersehen. Jch entsinne
mich noch genan, wie er zu lachen
pflegte. Dieses kindliche, tichernde
Lachen«
Die junge Frau: Ja — tannten
Sie dag? Und wie er mit dem Fin
ger schnippte, wenn er sich über et
was freute.
Die Fremde: Es tnallte ganzlaut,
dieses Schau-pen. Liebte er noch im
mer die schweren Zigarren, wie früher
einmal?
-, a«
Die junge »mu: aou Das suchen
Sn noch?
Die Fremde- Oh, und wie wun
dervoll er Klavier spielte. Jch ent
sinne mich noch. . . die Beethoven-So
nunm..
Die junge Frau: Es ist- eine ganze
Opernbibliothek da. Rebenan steht
auch fein Flügel. Er pflegte immer
des Abends zu spielen, ich konnte
stundenmng zuhörux und Berihuvni
lkbu n am mristuu
Die Fremde: Einmal, seinerzeit,
kamen ihm die Tränen in die Augen,
so nahe ging ihni dk Illusik, vor
lnunr Enwücken mußn er weh
nen· . . .
WANT-)
Die junge Fran: . . «. nnd nun
kommen Sie, ich will einmal sehen,
ob diese Briese noch da find, nnd
vielleicht finde ich aiich etwas fiir Sie,
so ein —- nUn, so ein Andenken.
lMit einein schnellen Entschluß-)
Wollen Sie mir vielleicht beim Su
chen helfen?
Die beiden Frauen gehen in das
Viebeiiziinmer, nnd während sie sich
wechselseitig erzählen, vergessen beide
ganz, daß eigentlich zwischen ihnen
eine Schranke liegt. (Bielleicht kommt
das daher, daß ein gemeinsamer
Schmerz stärker ist als alle solch
Schranleii.)
N—
Vater nnd Sohn.
Von dein französischen Kanzler
Henri Francois d'Aanessean, deni
sein Vaterland nachhaltige Verbesse
rungen in Gesetz- nnd Rechtspflege
verdanti, weiß man, daß er Ent
scheidungen von weittragender Bea
dentiing niir sehr langsam nnd im
mer erst»nach sorgfältiger Prüfung
aller iii Betracht kommenden ihn-.
stände zn treffen pflegte. Sein Schn,
der gleichfalls Jurist war, bei dein
inan jedoch von des Vaters umfas
sendet Bildung lanni einen Hauch
zu spiiren vermochte, war das- Ge
xieiileil von ihm. Eines Tages nun,
nach einer recht scharfen Augenma
derseßnna zwischen dein Kanzler nnd
seinem nnebenbiirtigenSohne glaubte
letzterer seinem Vater einen scharfen
Hieb versetzen zu können, indem er
spöttisch sagte: »Beste: Vater, Sie
wissen alles nnd entscheiden doch
über nichts. »Und Du, mein Sohn,«
antwortete lächelnd der Kanzler-,
»in-ißt nichts nnd entscheidest doch
iider alles «
-——...--—
— Hi ach llhland. »Warum
gehen Eie eigentlich ani Sonntag
nie iiiit Jlirer Frau ans-'s«
»Da-Z ist der Tag des Hei-ritt«
. —- Nal)eliegend. Frau lzn
lil)i·eiii lieinikehrenden Manne-P »Du
bist ja tnidelnas32«
»Klein Wunder, bei dein Hunde
ivetter l)eiite.«
— Schreckenslind. »Kann
ich jemand von Deinen Eltern spre·
chen, Lieschen?«
»Nein, Papa ist aus seinem Bu
reaii, und Mama bedauert, nicht zu
Haus In setn.«