Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 08, 1917, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-blau de
Staats Anzeiger und II cek01d;
,---Gthth ,Tk»;i Zstgg nqzb
—
-.—-s-..
w-—
Zitik gikbkggahr.
Von M. W
.Iiovelle von Karl Breit-um v. Berlepsch
Ein scharfer ind pfiff liber die
baumlose Ebene. Längsi war die
Sonne unter-gegangen und doch lag
ein fahles Licht über allen Dingen
ausgebreitet, so als leuchteten sie
phospboreszierend aus sich selbst ber
aus.
gendroo am horizont eine elende
Hiitte — sonst wüßte man wohl nicht
.daß hier lebende Wesen hausten.
Erdloch endlos dehnte sich das öde
Land
So mag es schon 1812 ausgesehen
haben, als Napoleon seine Heeres
siiulen gen Moskau trieb —- ez kann
sich hier nichts geändert haben seit
de
m.
Das Bataillon marschierte den gan
zen Tag.
Kosaten sollten in den Ortschaften
westlich des Flusses gesehen worden
fein, so sagten jüdische Händler aus,
die vor den reitenden Räubern mehr
Respekt hatten als die deutschen Sol
daten.
»Wenn es doch einmal zu einem
Kosatenangriff läsne,« sagte der kleine
vergnügte Leutnant, der den Maschi
nengetvehrzug führte. »Es muß eine
Wonne sein, da hineinzuhalten und
das Rudel Gäule durcheinanderpur
zrln zu sehen, zappelnde Pferdebeine
nach oben gestreckt —- und ruhig im
mer weiter kämmen, den wimmelnden
Hort ont absiigen wollen mit der
scharfen Schneide des beweglichen Ge
weer —- ba, das musz fein sein!«-—
Die Kerls marschierten maschinen
mäßig, die Köpfe etwas gesenlt, den
Blick starr auf den Tornifter des Vor
dermannes gesenkt, so, wie sie tun
wenn sie müde werden, müde zum
Umfallen.
Und das schlimmste war: are gelo
liichen waren nicht mitgetommen —
die stalen irgendwo ties im Sande.
Zwei Pferde leisteten es nicht mehr.
Die Kuchen mußten sich untereinan
der mit Vorspann authelsem Jmmer
blieb eine obne Bespannung liegen«
del-weilen die andere mit Vieren ein
Stück vorwärts geschleppt wurde.
Das ging nicht mehr sa weiter aus
diesen Wegen! Pferde mußten ge
schafft werden, wie und wo: ganz
gleicht
Nur der Karten mit der französi
schen Ausschrist, er stammt aus Lille
—- kroch hinter dem Bataillon einber,
bochbeladen mit dem Gepäck derer,
die der Arzt als schonungsbediirstig
bezeichnet hatte
Machten sie alle müde sein, einer
war immer obenaus, war nicht totzus
kriegen: der Führer der vierten Kom
pagnie. ein Leutnant, ein frischer,
blonden sideler Junge, einer von de
nen, die das deutsche heer braucht wie
das liebe Brot.
Jmmer hatte er noch einen Scherz«
über den die Leute lachten, an dem
sie sich autrichtetem immer war seine
Kompagnie die erste, die untergebracht
war, wenn es ins Quartier ging.
Jhm und seinen Leuten sehlte nie
etwas, wenn die andern klagten.
Das wußte nun auch die ganze
Kompagnie: Er sorgt siik uns!
Er nannte seine Leute nur mit
Vornamem die er sich erfand.
«Sieb mal, August,« sagte er zu
einem Tiefgebeugten, »wenn Ach
Deine Braut jetzt so sähe, wie u
so dahinschleichst — ein höuschen
Elend —, die schickte Dir keinen
einzigen Kuß mehr, das iannste
glauben.«
Und dann teclte sich ver Herr
Leutnant aus seinem dicken Beute
gaul und zeigte dem August genann
ten, wie er sein Haupt als Bräuti
gam zu tragen habe.
-Und alle grinsten.
«Weißte was, Du Stabstrompeter
da mit der Mundharmonila —- ja,
Dir meine ich, Gustav! —- spiel' uns
mal einen hin, damit wir besser mar
’ schieren lönnen!«
Und gehorsam griff Gustav in die
Tasche, holte sein Instrument her
vor und begann zu blasen:
»Wenn tvir marschieren
um Volkschen Tor, ja Tor hinan-,
Oel-war vtaunes Mädel
Du blr bst zu Hansl«
hei, da ging das Marschieren aus
einmal wieder!
Und warum nannte der Führer
der vierten Kompagnie immer seine
Leute bei selbstgewählten Vornamenf
Er hieß selber Hans. Leutnant
san-.
Wenn nun einer zu sagen wagte
«Jch heiße nicht August, herr Leut
nant," dann hatte er prompt die Int-»
wert: »Mensch. Du siehst so aus« Du»
kannst gar nicht anders heißen wies
ustl Wenn Du ni t Ilngnsti
klll ich nicht mehr nser Hansi
s und dabei sinds-.
Das Fiedeln der Mundharinonila
war sast in der ganzen Kompagnie
zu hören, denn die Füße der Mar-»
schierenden stapsten sast lautlos durchs
den llohen Sand, durch den hohen!
Sand von Polen. »
Selbst zu dem, der hinten aus dem(
Wagen des Liller Möbeltransportges
schästs saß und seine schnaufenden
matten antrieb, lauten noch ein paar
erzauste Klänge angeslogen, und er
summte leise de Weise mit:
»Ja, in Frankreich
Da floß der rote Wein,
Der mocht so seuerrct
Wie mein Blut wohl sein.
Mein Schä lein, ob ixmals
Ich totede ehr',
as weiß nur der Herrgott
Und sonst niemand mein-.a
»Mit dem Wein dass nun auch
ein End’,« seuszte der Fahr-et in sich
hinein.
Er war am Bein verwundet gewe
sen und saß seitdem als Rosselenlet
aus dem Karten.
Neben dem Wagen her schritt einer,
der tat, als wollte er schieben helfen.
Er hatte die Hand an die Stange
gelegt, die die Radachse mit dem
Kutscherbock verbindet. Jn Wirklich
keit ließ er sich mitziehen, denn es
geht viel leichter, wenn man die Hand
an einen sahtenden Wagen legt.
Der das tat, war ein ganz Schlau
er, war Bürtner, der Bursche des
Leutnants Hans.
»Weißt Du, Biitlner,« sagte der
Fahrer vom Bock zu dem ties unter
ihm Schreitenden, »weißt Du, es
war ja ganz schön, daß wir aus der
Fahrt durch Deutschland so gut ver
pslegt wurden und daß die Leute alle
hutra riefen in den Dörsern und
Städten —- abet so an der Heimat
vorbeifahren, dicht vorbei und nie
mand sehen dürfen von denen, die
wir lieb haben, das ist doch hart!«
Es gab eine Pause, während
der Karten in allen Fugen ächzte,;
denn er war durch ein großes Loch
aeschwanlt. .
,Jiih,« machte Eckerhof, der Fah
rer nnd Bürtner fpuckte in die Hän
de, ftemmte sie beide in die Achfen
des Vorderrades und half den tod
müden Giiuten, den Karten iiber die
unebene Stelle hinwegzubtingen.
i »Ja, hart war’s fchon," fagtef
JBiiktnen »Freitich, mein Leutnanti
Ihat s doch fertig gebracht, feine Braut
zu sehen — der kann alles, was er
will, na ia und wenn er mich nicht
hätte, wars ihm doch nicht geglitckth
Wie habt ihrs denn gemacht?«
fragte der vom Bock. »
»Darf ich nicht fagen!« ’
»Mir fchon.«
»Wenn Du mich mitfuhren läßt«
«Darf ich nicht tun.«
»Dann darf ich’s Dir auch nicht
fag en.«
; »Na, da sitz auft« —
« ZDu weißt doch, wie wir aus Lille
Tabfuhrem wußte tein Mensch- wohin
es ging. Die den-en auf den Bahn
höfen zuckten die Achseln. Auch die
wollten nichts wissen, gar nichts·
Affe-, entweder geht es jetzt nach
der Champagne, oder es geht in die
Argonnen, oder es geht nach Verdun,
oder vielleicht nach Lothtingen s-—»
es tann auch nach Rußtand gehn.
»Diese verdammte Geheimnistriis
merei ift das Schlimmste in diefem
Kriege,« fagte mein Leutnant. ,,Wenn
es nämlich jetzt nach Rußland geht«
durch Deutschland dann muß ich
meine Braut sehen. Theodor, merk
Dir das, ich muß —- sie —- sehen!«
Zu Befehl,herr Leutnant, fage ich.
Jn St. Amand meint fo ein Alles-E
wisset von Bahnfrißem »Die lehtenZ
Transporte sind alle nach Vouzierök
zu gegangen.« i
»Wir) Argonnen,·' sagt mein Leut-i
nant und wird traurig, was er soan
nie ist. !
Jn Charleville kommt er wieder
zu mit und ist ganz vergnügt. ;
Jeßt kann es gar nicht mehr nachi
Bouziers gehen, wir sind auf dem
Gleis nach Sedan zu, jetzt gehts an;
der Maus entlangf ;
Es wird dunkel, wir können nichts
mehr sehen. Jch frage hin und wie
der einen Bahnarbeiker. Er weiß
nichts, natürlich!
«Biirkner," sagt mein Leuknant.
Jetzt kommen wir gleich nach Lon
guion, da gehen die Bahnen ausei
nander. Die eine ist eine eingleisige
und führt nach Mey, die andere ist
eine zweigleisige, die geht nach Lu
remburg und die nächste Station
heißt Longwh. Wenn es nach Luxew
hurg geht, dann weck’ mich, denn
dann fahren wir durch Deutschland
nach Rußland undb dann muß ich et
wissen. Wenn et ab r nach Meh g,eht
dann laß mich f lafen, verfiehsteW
Also ich steif am Fenster und
guck’ mir die Augen aus«
Es kommt eine Skation.
Sie, Mann, i das hier Langi
longkveftas ich o einen Dassel an
Das kann ich se nun nich genau
i
sogen, aber ich gloobe, so heesi dasn
Kule
Na also! Nu weiter!
Jst das nun ’ne eingleisige oder
’ne zweigleisige Bahn? Nischt zu se
hent Viel zu dunkel!
Also da warten wir schon, bis die
nächste Station kommt! Das Tal
wird ganzensp Es geht durch einen
TunneL in paar ganz zerschossene
häuser und dann eine Stadt, wo
auch kein Stein aus dem andern zu
sein scheint. Das hat ja wohl Wil
helm Kronprinz gekonnt, hier« die
Geschichte, denie ich.
Ein hellerleuchtetei Schild:
L-o-n-g-to-y!
hat ihn schon!
Nun frage ich noch mal einen
Mann: »Sie wohin geht denn hier
die Reise?«
«Griißen Se schön Hindenburg!«
sagt er.
Jch ehe zu meinem Leutnant und
welke ign: Herr Leutnant, es geht
nach Rußlandl
»Also, darum ist mir auch schon
so kalt,« sagt er, springt aus, um
armt mich und dreht mich dreimal
im Abteil herum.
»Nun wirde gemacht, Theodorl
Du mußt bedenken, es kann das letz
temal gewesen sein, dasz ich sie seh!
Kompagnieführerl Na ja. Die Kom
Pagniesührer, wo heil nach Hause ge
langen am Ende des Krieges, die
kommen ins Pnnoptikum nach Ber
lin, hab’ ich gehört. Nu sag’ nischt
mehr, ich weiß schon.»!«
Morgens, als wir durch Trier
sahren, fragt mein Leutnant den
Bahnhosslommandanten, ob er nach
haus telegraphieren kann.
«Telegraphieren können Sie schön,
aber ob das Telegramm ankommt,
ist ’ne andere Frage-«
»Also, hier wird man schlechter
behandelt als in Frankreich, ich geh
wieder zurück!«
»Bitte, einsteigen, es geht gleich
weiter!« s
»Sagen Sie mir bloß noch, ob es
über Haunover oder über Halle geht!«
»Es tut mir furchtbar leid...!«
Da ging der Zug ab, und wir sa
ßen mit unseren Kenntnissen im Ab
teil zweiter Klasse, mein Leutnaut
und ich.
Er sagte: »Ich kriege es doch noch!
Erst müssen wir jetzt wissen, ob wir
durch Halle kommen und wann un
gefähr.«
Mein Leutnant sitzt und schmiedet
einen Plan.
Auf der nächsten großen Station,
wo gegessen wurde, geht er zur Li
nienkommandantur.
»Ich möchte mich beschweren!«
«Bitte!«
«Also wir haben diese Nacht sünd
hast gefroren! Das ist ja schlimmer
als im Schützengrabem Kann man
denn diese Züge gar nicht beizen? Jch
bringe meine Kompagnie krank nach
Nußland, wenn das so weiter geht.
Die armen Kerle müssen sich ja er
kiilten —- ja, aus den Tod ertälten!«
»Gewiß, Herr Leutnant, wir möch
ten ja gern, aber Sie müssen beden
ken — diese Güterzugsiokomotivem
die die Militiirtransporte ziehen, ha
ben keine Heizvorrichtung Und dann
ist der Zug salsch rangiert —- da
stecken belgische Wagen mitten dazwi
schen, die man nicht beizen kann, und
Güterwagen. Das Rangieren hält zu
lange auf, wir müssen...«
»Kann ich vielleicht den herrn Li
nienkommandanten persönlich spre
chen?« fragte mein Leutnant —- er
hat mir später alles haarklein erzählt.
,,,Akso der Herr Linienkomandant
kann Jhnen doch auch nicht... na
kommen Sie mal mit... wo ist denn
gleich der.., ja so!« —
Nun liest er in einer langen Liste,
und mein Leutnant schaut zu — er
hat verdammt gute Augen: Frank
suri — hanau —- Bebra — Ersurt —
Halle!
»Ja, vor Valle geht es aber nicht,
und das ist mitten in der Nacht -——
wenn Sie von da ab geheizt haben
wollen?« »Mitten in der Nacht —
ja, wann denni Wir müssen uns
doch etwas einrichten, wenn wir da
alle aussteigen sollen!«
»Ja, ein Uhr iann’5 wohl werden
—- —— Zum Teufel! das darf ich
Jhnen eigentlich gar nicht sagen,
herr Leutn..«
Der war schon r’aus.
»Mensch!« schrie er mich an, «ein
Stück Papier her!'"
Dienstielegramm.
Leuinant Jahn, Halle, BezirM
tommandm
Brauche dringend sehr warme Lie
betgabe. Ein Uhr nachts Bahnhof
Halle abgeben. Duns,
Leutnant und Kompagniefiihrer.
»Ok) er das wohl merkt, der gute
ahnf —- So, nun aber ganz rasch
zur Bahnen-fu«
Jawohli Pfüiii, da geht der Zug
Dir können gerade noch aussprins
gen. Ver Lestnant and ich sind auf
»
ab
diese Weise um die ganze Verpsle
gung berumgelommen. Na, wenn nur
das herz warm ist!
Also in Rüdesheim will ich wieder
Haus und das Telegramm besorgen.
»Bitte, nicht anssteigenl Es geht
gleich weiter!«
Mein Leutnant winlt einen dil
len, gemiitlichen Portier heran.
»Ist die Post in der Nähe?«
»Jawohl!«
»Komm Sie das celegramm so
sort besorgen?«
»JaWobl, herr Leutnant.«
»Es ist sehr dringend, lann ich
mich aus Sie verlassen?«
»Ganz bestimmt, here Leutnant,
wird sosort jemacht."
Mein Leutnani zog den Poriinonee
und gab dem Mann drei Mart. Der
schjnnnzelte und grüßte stramm.
Dann mußte ich ’ne Flasche Seit
holen, die wir in Koblenz getauft
hatten, und die andern Herren dar
aus einladen. Wie der Bittaillons
lommandeur merkte, diß wir Selt
hatten, wurde er ganz neidisch und
schnanzte seinen Adjutanten an, war
um sie so etwas nie hätten.
Aber als es dann wieder dunkel
wurde und das Hurrarusen und Tü
cherschwenlen aufhörte, wurde mein
Lentnant wieder unruhig: »Ok) mich
der Jahn auch wohl verstanden hat?«
sragte er mich ein- übers andermal.
Wenn der Herr so schlau ist, wie
der Herr Leutnant —- schon! sag ich.
»Weißt du, Theodrr, dumm ist er
ja nicht« aber — vielleicht läuft er
jedt in der ganzen Stadt herum bei
allen möglichen Kommerzienräten und
sammelt Geld sür Wintersachen, lauft
ein siir die ganze Kompagnie, die
rührende Seele, —- oder er ist viel
leicht gar nicht da, und mein Tele
gramm erreicht ihn nicht...«
Also ich hatte meine liebe Not mit
meinem Lentnant.
Aber an seine Kompagnie hat er
dabei doch immer gedacht. Sowie der
Zug hielt. ging er die Wagen ab,
sah in jede Tür hinein und machte
seine Witze.
Von zwölf Uhr ab sah er numer
zu aus dem Fenster heraus.
»Theodor,« fragte er, »hast du «ne
Brauts«
Noch keine richtige, sage ich.
»Weißt du, was das heißt, wenn
so ein kleines Herz flattert wie ein
Vogel und einem sein’s trampelt wie
ein Pserdehus?«
Jawohl, sage ich.
«Jch meine, ich müßte es nun ganz
genau wissen, ob sie da ist oder nicht
—- Gedanieniibertragung. Aber da
von verstehst du nichts...«
Und nun kommt Halle! Mensch. ich
zittre mit meinem Leutnant, als
wenn es meine Braut wäre, es wird
mir heiß und talt, wie ich mit ihm
zum Fenster r’auöhänge und die er
sten Lichter erscheinen.
Der Zug fährt ganz langsam in
den Bahnhos.
Da schreit mein Leutnant schon:
»Nun schlag einer lang hin, da steht
weiß Gott, der Jahn mit Liebesgw
ben, und meine Braut ahnt nischt .
Mir wurde es wieder kalt.
Aus dem fahrenden Zuge springt
er heraus und stürzt aus einen blas
sen, übernächtigen Ossizier, der da
steht, als wäre ihm alles egal, mein
Leutnant, seine Braut und überhaupt
die ganze Welt.
Neben ihm steht anscheinend ein
Hausen Sachen, mit einer großen
Decke zugedeckt.
Also mein Leutnani briillt ihn an:
»Wo hast du sie?«
»Junge, sag’ erst mai guten Tag,
die Liebesgaben sind doch, weiß Gott.
nicht so wichtig!« meint der andere.
Nun wird’s mir aber doch zu toll.
Jch cause auf die zugedeckten Sachen
los und reisze die Decke runter.
Mensch, was meinste, springt mir
da an den Hals? Ein Mädel, na, so
was haste noch nicht gesehn!
Ra, und das Gesicht, wie sie merkt,
wem sie an den Hals gesprungen ist!
Da ist auch schon mein Leutnant
wischen uns getreten: »Theodor,«
sagt er, »wenn du mir jetzt etwa mei
ne Braut abspenstig machen willst,
das wäre doch gelacht!«
Und indem nimmt er die Decke,
deckt sie wieder über das Mädel und
will es gerade sortsithren, damit es
niemand sieht, da kommt die Olle
aus dem Bahnhos herausgestiirzt,
und es gibt ein gerühries Wieder
sehen!
»Theodor,« flüstert mir mein Leut
nant zu, »Theodor,« tu’ mir den ein
zigen Gefallen und unterhalte meine
Schwiegermutter ein wenig-«
Dann ist er mit seiner Liebesgabe
fort, und ich stehe mit der meinigen
aus dem Bahnsteig Gott sei Dank
war ja nun der Leutnant Jahn noch
da, der kam dann lachend heran, und
wir drei unterhielten uns iiber den
Krieg. Dann sagte ich: Die herr
schasten verzeihen giitigsts aber mein
Magen knurrt sehr, von wegen weil
ich in jeder Statisti, wo es was zu
essen gab, nach dem Fräulein Braut
laufen mußte, und ich glaube, hier
gibt es was fiir die Mannschaftew
Na und da bin ich den Herrschaf
ten fortgelaufen und hab’ gefuitert
—- sodiel, glaube ich, habe ich noch
nie in meinem Leben gegessen, denn
ich wollte doch auch was haben! Und
für meinen Leutnant habe ich mir
auch die ganzen Taschen oollgesteckt,
denn von der Liebe allein kann der
Menfch nicht leben.
Als der Zug gerade abfuhren woll
te, ist er noch hereingesprungen Eine
Stunde hat das Vergnügen gedauert,
und die Kompagnie hat während der
Zeit keinen Führer gehabt, denn das
ist die einzige Stunde gewesen, wo
mein«Herr Leutnant sich nicht um
seine Kompagnie gelümmert hat.
Aber es hat mich doch gefreut . .!«
»Theodor, Theodori Mensch, wo
steckfi du eigentlich? Komm her uns
halt mein Roß! Schau’ her, dieser
Palast wird mich diese Nacht beher
bergen! Deck mir die Tafel. bereite
mir mein Lager und halte ihm Sor
gen und Läufe fern, denn ich denke
einen langen Schlaf zu tun!«
Bürtner sprang vom Bock, nahm
den Gaul und schaute mit unsiiglich
verächtlichen Blicken den Haufen
Ballen und Stroh an, den sein Herr
soeben ,,Palast« genannt hatte.
Kein Fenster heil, die Tür fehlte
gänzlich. Der Wind pfiff durch die
öde Stätte.
Und dieser Anblick fiir einen. der
eben noch an die Fleischtöpfe von
Halle gedacht hatte.
Während fein Leutnant die Kom
pagnie unterbrachte und jedes einzel
nenLager bestimmte, schaffte der Bur
sche aus nichts heraus·einen men
fchenwiirdigen Aufenthaltsort. End
lich kam Leutnant Hans. Er Pfiff ein
Liedlein vor sich hin.
»Hallo, ein Feftiag wird morgen!
Wir greifen an! Die Russen sollen
uns kennen lernen! Und dann noch
eine Freudennachriclit, Theodor —
die Feldtiichen sind da!«
l-————-- - —— -——
zllkt solglamk Messe
Onmurciiie von unt-l Panli.
Der Steuerrnt Brutnmer tvac heute
noch grämlicher als gewöhnlich.
Schon tvie er dne Lolal betrat,
schnauzte er den stellner an, iveil ihn
tieser mit dem verbindlichen, in der
Heimat desselben durchaus gebräuch
lichen: »Empset)le niich«, empfangen
hatte.
»Ich lommc doch, ich gehe doch
nicht. Sie nlderner Mensch: oder»
wünscher Sie vielleicht, daß ich michs
gleich wieder entferne?« schimudtes
Brummer den tief errötenden und vors
Verlegenheit, »aber bitte, bitte, HerrI
Steuerrnt!« stammelnden Dienstve
slissenen an.
Brutnmer wars dem Unglücllichen
einen Blick zu, daß derselbe wie ein
Taschentnesser zusmnmentlnppte;
tnnn schritt er aus den gewohnten
Statnnitisch zu, an welchem er sich
ohne Gruß ;t!ederließ, die Schnupf
tubatdosk aus dir Tasche zog, dreimal
heftig aus die Tischplutte schlug Und
vor sich htnlcunnntu »Als ab sie’5
drnuf anlegen möchten! als ob sie’5
draus anlegen niöchten!«
»Was ist denn? Was haben Sie
denn? Wer tsrn Sie denn schon wie
der geträntt, mein guter Steuerrt1t?«
fragte gutmütig der Katasterlontrol
«leur Felius.
,,Nichts, niemand!« gab der Steu
errnt spitz zur Antwort und snhr fort,
mit seiner Dose nervös aus die Tisch
platte zu klopfen.
»So, sol« sagte Feling und wen
dete sich wieder zu den anderen Her
ren, bie noch am Stammtisch saßen.
Diese stießen sich heimlich lächelnd un
ter dem Tisch an; wußten sie doch,
daß Btummee daraus brannte, die
Ursachen seines Kummers den siihlen
den Seelen der Stammtischgenossen
mitzuteilen; abe: sie wußten auch, daß
er es um so später tat, je früher man
ihn darum befragte. Er hatte die
Gewohnheit, still Und in sich gekehrt
dazusitzem bis er plötzlich losbrach
und seinem gequälten Herz Lust
machte.
Heute sasz er ziemlich lange, der
Stammtisch siillie sich nach und nach.
Jeder Aniommende tvurde mit einem
Wink nach Brummer hin begrüßt,
dem die Bewegung des Kopfschüt
telns, mit aus dem Mund gelegten
Finger folgte. Jeder verstand sofort,
daß man Bruncmer nicht fragen sol
le. Brummer allein merlte nichts,
stumm und verbissen snh er vor sich
nieder, und achtete nicht der wild um
ihn brandenben Stammtischiveisheit.
Plöhlich suhr er aus, schlug wieder
mit der Tabakbose aus den Tisch nnd
rief mit einem wilden Blick über die
ganze Runde: »Als ob sie’s draus an
legten!" Sosort entstand allgemeines
Stillschweigen, blickten alle erwar
tungsvoll aus Brummer, aber teinex
sprach ein Wort. Es war auch nicht
nötig, denn dieser suhr schon allein
fort: »Sie wissen doch, meine Herren,
daß ich einen Neffen habe, den Sohn
meiner jüngsten Schwester, der drüben
in Jena studiert. Denten Sie. der
Bursche lornmt eines Tages auf die
Jdee, Schauspieler zu werden! So
wasi Jch nun gleich hin, damals
studierte er noch in Berlin, und rede
ihm auch richtig die Sache aus
Wenn einer wie der Junge aus so
einer alten Juristensamilie stammt,
der Vater, der Großvater, Urgr -
vater Jurist, da hat er auch Jurst
zu werden« schon aus Anstand. Na,
das sah der Junge auch ein, und ver
sprach mir denn auch, Jurist werden
zu wollen. Aber damit allein war
mir noch nicht gedient, er mußte mir
auch versprechen, ein guter Jurist zu
werden. Und zuletzt noch, daß er,
sobald cs angehen werde, eine Zeit
lang in Jena studieren würde, damit
ich ihn in der Nähe hätte. Da nuiz
der Bengel so solgsam war, und auch
den Gedanken ans Theater zu gehen
so schnell aufgab, denn das lockt doch
junge Leute sehr, da dacht ich,
machst’n auch eine Freude, und da
lnrz nach unserer Unterredung setti
Geburtstag war, schielte ich ihm eine
Zigarrentasche, in die ich einen Hun
derterfchein gesteckt hatte.
Neulich nun war ich drüben in
Jena und besuchte den Bengel; ein
hfjbscher Mensch, das muß ich sagen.
Wie ich mich so in seiner Bude um
sehe, fällt mit aus einmal die Zi
gacrentasche ins Auge, die ich dem
Jungen geschickt hatte und wie man
so mit was spielt, nehm ich sie in
die Hand und mach sie aus. Aber
was ist kenn das? Jch denk, ich seh
nicht recht, da steckt ja noch der Hun
derterschein drin! Aber Otto, sag ich
mein Nesfe heißt nämlich Otto, Du
hast wohl noch gar nicht in die Zi
garrentasche gesehen?
Nek, Dntel, sagt et, was seh ich in
einer leeren Zigarreiitasche?
Na, sage ich. Du hättest sie doch in
Gebrauch nehmen tönnent Das woll
te ich auch, gad er zur Antwort, aber
als ich sie das- erste Mal zu öffnen
versuchte gelang es mir nicht, sie
auszumachen, das Schloß ist so koni
pliziert, daß man es tatsächlich nicht
ausbetommt.
Da hatte er nun recht; das
loß war tatsächlich etwas kompli
ziert, wer-n mirs der Vertaufer nicht
gezeigt, -hätte ichs auch nicht aufge
bracht Aber lachen mußte ich doch
nnd zeige ihm das Ding hin und
sage: N.i manchmal ist in einer lee
ren Zigarrentasche doch was zu sehent
Da war nun freilich das Staunen
groß. Aber denten Sie, der Bengel
hat sich gefreut? Beinahe wütend ist
er geworden! Fortwährend schimpste
er und schrie, es sei unt-verantwortlich,
so etwas so lange im Haus zu ha
ben. ohne es in Gebrauch nehmen zu
tönnen, und es wäre ein Standal,
Zigarrentaschen in den Handel zu
bringen, die tein vernünftiger Mensch
zu öffnen imstande sei. Jm übri
gen sei ihm der Vorfall ganz lieb,
denn ietz- seE er in der Lage, sein
Versprechen zu halten nnd mit zu
beweisen daf; e: ein guter Jurist wa
re. Jch ivnszie erst gar nicht, was- er
meinte, und rote dass mit dem Hun
derterfchein zusamcnenhing, fest aber
begreif ich’5, denn wissen Sie, meine
Herren, was der Schlingel getan hatte
—- Auf den Hiiisoerlust hat er mich
vertlagtl«
—- Jmmer im Beruf. Etteins
kender izu den unschliissig am Ufer
Stehenden): »Oilfe, Hilfe! Hundert
Douai Belohnung!«
Auttionator: »Hundert Dollat zum
ersten« "
—- Bo Hhait. Herr (zum Freun
de, der erst mit vierzig geheiratet):
?,,Daß Du aber nicht schon früher ge
lheiratet hast«-m
erund: ,,Friiher habe ich gar nicht
daran gedacht. . . da habe ich immer
andere Dummheiten gemacht!«
— Wörtlich gemeint. —
«Sie sagten mir doch, wenn ich mich
einmal in Verlegenheit befände,
dürfte ich mich Jhter erinneran
»Das durften Sie auch, aber Sie
pumpen einen ja gleich ani«
—- A .!ch richtkg« »Der Müller
soll ja eine Dame vom Lande geheim
tet haben, die Wälder im Werte von
einer halben Million besitzt«
»Ganz recht, der hat eine hübsche-—
.,Waldaaitie« geniacht.«
—- Beim Frifenr. Kunde:
»Mein Haar wird schon recht Weinf«
Gehrlfr »O ja; besonderns in det
Nkihe der Glatze!«
— T kost. — Frau: »Wie konn
test Du nur so unvorsichtig fein und
die teure Schüssel zerfchlageni«
Mann: »Ach was, in set war
ohnehin noch nie was Ofcheties
dein!«