Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 08, 1917, Sonntagsblatt, Image 10

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    JeuiadHußmi.
Von Henkuc Zienkistvirz
CI tam zur Welt schwach· hinfiilki
lig. Die Geoniterinnem vie an der
Pritsche der Wöchnerin oerfammeli
war-en, schärfen-n ihre Köpfe sowohl
übe sie Mutter als til-er onj Kind.
Sinne-now die Schmiedsftnu. die
Kliisfte nistet allen, besann vie Kran
ie zu trösten: »Gebt her,« sagte sie.
»die Weihtetse, ich will tie nnziinden
. . Mit Euch geht's in schon zu
. Ihr miißi Engh ins Jen
ieiis vorbereiten und nach rein Pior
tee Mitten damit er Euch die Sün
den erlasse«
Indessen schon nach einer Woche
Ins das Weib ihrer Arbeit wieder
nag.
Der Junge schier laum zu atmen;
aber er atmete doch. Bis endlich im
oitigen Jahre der Kuiuck an einem
- iingotuge mit Ieinem Rufe vie
« s-«loeii aus dein Leibe des Kindes
Miet- sv das sich sein Zustand
oh nun an bessert-» und es leidlich
mj zehnte Jahr et eichtr.
Der Knave war immer mager und
voi- det Sonne o rorannt sein Bauch
aufgetrieben, die Wangen waren
, Mist Der hänfene, inst weiße
Itpr fiel ihm über die hellen
f den Augen Herab, die in die
iche Weite oergafft wären. Jni
rf We eruhintermf Ofen und
weinte reife vor print-, nicht selten oor
Hunger, wenn Illlulterchen weder in
den« Ofen noch in den Topf etwa
thutun halt-. Jkn Sommer lief
rat einem hemdchen herum das von
Stofigiirtel zulamrnengeyalten
tot-I und m einem mit zerschlisse
net Seide umsäumten Hut, unter
, Stürp er hervorguate, den
Eos wie ein Vogel in die Höhe re
ckensi
Dir Muttei, eine arme Einliegei
rin,-««von der Tagesarbeit lebend,
gleissatn eine Schwalbe unter frem
denj Dache, liebte ihn vielleicht nach
ihres Urt, schlug ihit aber auch gar
oft ulld nannte Ihn gewöhnlich einen
,Mseldalg«.
III achten Lebensjahre ging et be
reits als Unterhirt hinter der Herde
her, foder, wenn in der hätte nichts
Zu heißen war, in den Wald, um nach
Sestos-muten zu :uchen. Daß ihn dort
teiti Wolf gefressen, war der göttli
chen. Erbarmung zu danken . · .
war auch leiu besonders aufge
er Knabe, und steckte, wie alle
Dakfiinber, immer den Finger in den
Mund wenn iyt jemand anredete
Die Leute glaubten nicht einmal, daß
er das Jünglingoalter erreichen, noch
weniger, daß dte Mutter an ihm je
Freude erleben würde, weil er auch
zur erdrit wenig taugtr. Mut-our
dig Jpoher es kcetomtnem iber nur
einer Sache war er gierig: nach
th t. Ueberall hörte er tie. llnd als
wenig yerungetvachten war, da
passe er an nichts anderes, als an
wang und Klang. Manchmal ging er
hist-II in den Wald mit dem Vieh
vdgjit Tödten, Heeren zu sammeln,
la ohne eine Beete und ipmch
tterl, dort im Walde, da hat
schön gespielt... Od! oh!...«
-die Mutter darauf:
werde dir gleich was aufspie
D nur!"
Und-. dann machte sie gewöhnlich
Music aus seinem Rücken mit dem
Schwiössei. Ter Junge schrie, ver
sprach, nie mehr auf die Stimmen zui
höttty 'dachte aber doch fortwährendj
datans daß dort im Walde cito-is ge:
fpikit hatte» Werk —- Wußte erk
dennsz — Die Tannen, Buchen Bit
ten, Bitt-le —- Illes sang! .. Der
gense Wald, und besto!
Jst Echo auch . ..
Felde spielte du's Ebekreis, im
Gärtchen hinter der Hütte zwitscher
medh Speriinge, daß die Kirsch
bölste sittertenl Abends lauschte et
störten, welche auf dem Lande
" en, und dachte wuhkscheinxich
h « , das ganze Dorf singe. Und
wenn man ihn zur Arbeit schickte,
deanget um«-weisen schien es
ils-, der Wind fpieie auf der Mist
gab-L
Eintnal erblickte ihn der Aussehet,
wie- st so mit dem wirren Marschon
lElend und eben das Spiel des Win
Eli der Holzgabel belnufchte.
Axt iittete et den Riemen ab und
e ihm ein Dentzeichew Doch
DFTII dies
tmWie nannten ihn: JnnioL der
Myling da tonnte er ins
III-laufen um sich enn rau
Jtche Hirteniliitenzän schni
acht, wenn die che zu
Wiss-die Wo Meilönige den
- zi - sit schwitzen die No dont
« Tau zu stummen im ingen.
Söhne hinter den anen
. dann konnte et nicht schin
Qtenuy und horch
usein mag wissen,
Gewan sogen- hier
ten-herging und, um nicht einzuschm
sen, die Sterne ant Mutes zählte
oder leise Zwi ; sehe mit den hun
den Kiste sah dS weiße hand
chsete Janus-, das sich an die Scheut
seranschtichx Der Junge ging aber
nicht hinein, sondern biied draußen,
ductte sich vei der Mauer und tausch
te. Die Leute tanzten »Vineta«-Eppi
nischer Bauerntaan. und mancher
Bursche ließ von Zeit zu Zeit .U-ha!'
erschauen
Man hörte bald das Stampsen der
Sttäeh bald die Stimmen der Dars
rniidchem "
»Was wolltt
Die Geigen sangen leise:
.Wir wollen essen, wollen trinken
und weisen tanzend srihtich sin
gen.«
Und die Baßgeige leitete ste mit
ihrer mächtigen, darnp en Stimme:
«Wie Gott will!
Wie Gott willi«
Die Fenster glänzten im Lichte,
seder Butten im Wirtshause schien zu
heben, zu singen und auch zu spie
len...
Und Janto lauschte. . .
Ach, was hätte er Darum gegeben,
eine Geige zu besitety die da sanft
spielte: »Wie wollen essen, wollen
trinken —- Und wollen tanzend stöh
ltch singen!"... Solche singende
Brett-lerntm Bah, woher ste neh
men7... Wo verfertigt man sie?...
Jn, »Hm sie ihm wenigstens erlaub
ten, so was einmal in die Hand zu
nehmen-» Aber, Gott behüte! Er
durste nur tauschen . . . Und er lausch
te auch gewöhnlich so lange, bis die
brummende Stimme des Nachtwäch
ters hinter ihm in der Finsternis
erstöhnte: »Noch hause, Kobold dul«
Dann erst lief er mit seinen ra
schen, nackten Fäßchen davon, und ihm
solgte im Finstern die Stimme der
Gerge: »Wir wollen essen, wollen
trinten — llnd wollen tanzend stöh
lich singenl« — und der dumpse Paß
auch: .Wie Gott will! Wie Gott will!
Wie Gott willi«
Ein wahrer Freudentag Var es sür
ihn, wenn er einmal bei einem Ernte
sest oder bei einer hochzeit die Stim
me der Geige hören tonnte. Er lroch
dann hinten den Ofen und sprach ei
nige Tage hindurch lein Wort. Er
blickte nur, gleich einer Kasse im Dun
lein, mit den suntelnden Augen starr
vor sich hin...
Endlich machte er sich aber eine
Fiedel aus einer Schindel und aus
Vicßhaaren Dcch die wallte nicht so
schbn spielen wie jene im Wirtshau
se: sie klimperte leise, gerade wie
Stiegen oder Mücken. Er spielte aber
dennoch aus ihr vom Morgen bis zum
Abend, wenn er auch dafür so viele
Rippenstöse bekam, daß er bald einem
zerschlage en, unreifen Apfel ähnlich
tat-. Doch es lag nun einmal so in
seiner Natur. Das Kindlein zehrte
immer mehr ab, und der Bauch ward
groß, der lVesotselsopf immer dichter.
die Augen immer weiter geöffnet, ob
gleich sie gar ost in Tränen schwam
men. Die Wange-i aber und die Brust
tielen ihm immer tieser und tieser
ein...
Er abnelte durchaus nicht anderen
Kindern. Eher seiner Schindelgeige,
die laum klimperte Dazu starb er
fast hungerö in der Zeit vor der
Ernte, denn er lebte dann nur non
rohen Mohrriiben und von der Sehn
sucht nach dein Besihe einer echten
Geige.
Diese Sehnsucht sollte ihm aber
nicht zum Wohle gereichen ..
O I I
Jn dein Herrenhos besaß der La
tat eine Geige, aus der er zuweilen
in der Dämmerstunde spielte, um sich
die Liebe des Fräulein Zose zu ero
bern. Janto sapich sich manchmal
Zwischen den selecten bis an die gröss
ntte Litr des Kredenzzimmers heran,
um die Geige zu betrachten. Sie hing
an der Wand, ver Tür gegenüber·
Der Junge sandte ihr also durch die
Augen seine ganze Seele zu, denn sie
erschien ihm als ein unnahbaeeg hei
ligtum, das er nicht würdig war zu
berühren. Die Berlörperuag seiner
innigsten Liebe glaubte er in ihr zu
sehen... Und doch sehnte er sieh
danach. Einmal wenigstens wollte er
die Geige in ver Hand haben, einmal
wenigstens wollte er sie niiher be
trachten».
Das arme, lleine Bauernherz er
bebte bei diesem Gedanken vor unsiigs
licher Freude«
An einem Abend war niemand im
Kredenzzimmen Die herrschast weilte
schon lange Zeit im Auslande, das
Hans stand leer und der Lalai saß
ganze Tage lang aus der andern Seite
des hoses beim Fräulein Zose.
Janto bliate schon lange, in den
Kletten versteckt, durch die angelweit
ossene Tür aus das Ziel all seiner
Sehnsucht hin. Der Vollmond schwe-·
zte eben am Dirne-et und wars ins
Leedenzzinnner schies durch das Fen
ster seine glänzenden Strahlen, die
dasselbe ans der gegenilbertiegenden
Wand in Gestalt eine-:- gkoßen hellen
Kiereckes resleltietten Dies Viertel
näherte sich langsam der Geige, bis
sie endlich ganz im Lisite erlebte-.
Es war, alt oo aus dem sinsteren
Hintergrunde die Geige einen silber
nen Strahleninnd ansstreutr. Beson
ders der seltser Bauch war so stark
Miet, Zudrei Jansto taiun htnsehmien
W diesen- W Stanke war
Mist
leuchteten bie Wirbel wie Johannis
würmchen und ber Bogen hing gleich
einer Silberrute oinab...
Ach alles toar so schön. fo eines
ckenb. so zauberhaft!... Janto blickte
immer begieriger bin. Jn den Kletten
tauernd, die Ellbogen auf die mage
ren Knie gestüst so starrte er rnit os
fenem Munde ist«-. Bald hielt ibn di
Wst zurück. balb stieß ihn ein un
bezwinglicher Drang vorwärts-. f
Und war es Zauber. oder tot-Its
Die Geige schien zuweilen in der
Heiligkeit immer näher zu rücken, als
fchtpdåtne sie dem Knaben zum
Manchmal wieder erlo ch e. um gleich
aufs neue ibre Stra en nach allen
Seiten bin auszustreuen.. .
Zauber, ein wahrer Zaubert —- —
Jndessen wehte der Wink-. Die
Bäume rauschten leise. bie Metten
sit-klaren und Jnnto glaubte deutlich
zu vernehmen
«Geb’ doch bin, Jantoi Jrn Kre
benzzimrner ist «a teine Seele...
Nun, vorwärts anioi...«
Die Nacht war hell und heiter. Jm
herrschaftlichen Garten begann bie
Nachtigall am Teiche zu singen und
pfiff dabei. void 1eife, bald laut
,,Run, vorwärts! . .. Greif zut«
Der gute Rochtrabe treiste in lei
fein Fluge urn bar haupi des Kin
.des und rief ihm zu: »Janlo, nein,
in!" . . .
Der Nachtrabe flog davon, die
Nachtigall aber blieb und die Kletten
brummte-i immer deutlichen »Dort ist
nimman
Die Geige erschien wieder in heH
lem Mondglanz . . .
Die arme, tleine, gehiickte Gestalt
schlich langsam und behutsam vor
wärts- Und die Nachtigall ließ ganz
leise ihre Psisse ertönen: «Nun,
voranS Greis zu!« —
Das weiße Hemdchen slimmert im
mer niihet der Kredenztiir. Es wird
nicht mehr von den schwarzen Kletten
oerhiillt... An der Schwelle hört
man den siehethasten Atem der tran
ten Kindesbrusi. Eine Weile, und das
weiße Hemdchen ist schon verschwun
den... Nur ein nacktes Fäßchen ist
noch hinter der Türschwelle sicht
bar...
Vergebens lreisest du, Nachtrabe,
um das Haupt des Kindes nnd russt
ihm zu: »Nein. nein!" —
Janto ist schon im Kredenzzims
mer...
Die Frösche .m Teiche begannen
sogleich furchtbar zu qualen, als oh
sie erschreckt war-n. Dach dann wur
den sie wieder still. Die Nachtigall
hörte zu Pfeisen aus. die Kletten zu
ranschen . . .
Unterdessen troch Janto leise und
vorsichtig. Doch bald ergriss ihn hes
iige Angst. Jn den Kletien hatte er
sich so wohl gefühlt, wie zu Hause —
dem wilden Tierchen im Dickicht ver
gieichbar. Jett aber war es ihm zu
Mute, ioie einem Tierchen in der Fal
le Seine Bewegungen wurden
stramm, der Atem turz und pseisend.
Dazu umgab ihn die Finsternis...
Ein stiller Sommerdliy, der zwischen
Ost nnd Weit zuste, veleuchtete noch
einmal das setedenzzimmer und Jan
to, der aus allen Vieren, den Kopf in
die höhe gerichtet, vor der Geige
hockte. Doch der Blis erlosch- und den
Mond verhüllte ein Wöltchem Man
tonnte weder etwai-I hiiren noch se-.
hen . . .
Erst nach einer Weile drang ans
der Finsternis ein leiser, weineriicher
Klass· als ob jemand unvorsichtigees
weise die Saiten heriihrt hiittr.
Und piöilich...
Eine mächtige, derschlasene Stim
me, aus der Ecke der Kredenzsiube
tomniend, fragte zornig:
»Wer dorti«
Janto hielt den Atem in der Brust
an. Aber die Stimme fragte wieder
,,Wer dorti«
Ein Zündhölzchen begann an der
Wand zu schillern. Es wurde hell
Und dann... Ach Gott! Man hörte
Find-z Scham-, var Muts-ern ver
Kindes-, —- Rusn «Oh um Himmels
willen!« — hundegesell saus dem
Hose, ein Flimmer-n der Lichter an
den Scheiben, Lärm im ganzen hau
se . . . ’
. fl E
Am folgenden Tage stand der arme
Janto bereits vor Gericht beim Dorf
jchulzem
Sollten sie ihn dort als einen Diebs
richten?·.. Natürlich! Der Schutze
und die Schöppen betrachteten ihn,
wie et da, den Finger im Maul, vor
ihnen stand, mit stehenden, erschreck
ten Augen« tlein, abgemagert, schmie
rig. zerschlagen ohne in wissen, wo et
sei und was man von ihm wolle...
Wie sollen sie da diese vetiötperte Rot
richten, die zehn Jahre alt ist nnd sich
kaum auf den Beinen hälti... Soll
man sie ins Gefängnis schicken, oder
was ionst?... Und dann muß man
ja mit Kindern Erbarmen
Der Nachtwächter möge ihn alfo neh
men und ihen einige Rntenhiebe ge
ben, damit ee das andere Mal nicht
stehle!... Die Sache ist adgetani
Man tief Stach, den Nachtwächter,
herbei.
«Ninnn ihn und gib ihm einen
Dentzettelk :
Strich nickte mit feinem dummen
Tiers-spi, nahm Ianto unter den
sein« wie ein Käschen.·und trug ihn
ne Scheu-e hinaus. Das Kind m
nd entwedetnieht, um was es sich
handelte oder Ioe »He-It Genus
es tagte sein Gott« und anat- m
wiss-. its-, »in Hosen
Ist es denn, was nett ihn vor
O
hatteni·.. Erst als Strich in der
Scheune den nenien Jungen mit des
Dnnd packte, ans den Boden streeite
das herndchen nnischiirzte und mit der
Rate zu schlagen anfing, schrie Jnnlc
qui:
«Mutterl!"
Und dann nach jedem Diebe: »Mut
terll Uniterlk Ader immer leiser
und schwächen Bis du- Kindlein end
lich schwieg und nicht inelsr Mini
ster-ti« tief.
Die arme« zerschmettern Geige! , ..
Ach, dir dummer, boshasier Sieg-ei
Wer schlägt denn-ein iKind sei Der
Knabe me ja ohnehin klein inn
ichlvci und hielt sich von jeher kaum
mir L n!
Die Mutter inni, nnhen den Inn
gen mit sich, mußte ihn oder noch
Hause tragen . . .
Am nächsten Tage erhob sich Jnnio
ni t. Und am dritten lng er bereits
an der Pritsche unter der harten
Pferdedecke ruhig in den legten Zü
gen. .
Die Schwalben zwitscherten ans
dein Kirschbaum, der not der Hütte
wuchs. Ein Sonnenstrahl drang durch
die Scheide und übergoß mit Mein.
goldenem Glanze das zerzauste Kiipfi
chen des Kindes nnd sein Gesicht, in
dein tein Blutstwpsen mehr zuriicks
geblieben war. Jener Sonnenstrahl
war gleichsam die Straße. eins inei
cher die kleine Seele des armen Jun
gerr die Erde verlassen sollte. . » Wohl
ehe, daß sie wenigstens isn Augen
blicke des Todes einen breiten, son
nigen Weg betrat, denn Zeit ihres
Lebens war sie einen wahrhaft dor
lligcll chllllskfb — — —
Unterdeffen hob sich im schweren
Atem die hagere Brust, und das Kind
schien auf all die Stimmen des Dor
fes zu laufchen, die durch das offene
Fentter dereindrangen.
Es war Abend. Die Dirnen, die
dont Heu-nähen zurückkehrtem fangen:
»Ach, auf der Wiese, auf der grünent«
—- und vorn Bache dernadni man die
Töne der Schalmeien
Janko horchte zum letzten Mal,
wie das Dorf fang
Neben ihm, auf der Pferdedecle,
lag feine Schindelgeige. . .
Plötzlich vertleirte sich das Antliy
des sterbenden Kindes. und feine blei
chen Lippen fliiftertem
«Mutterl!«
,Was, Söhnchen?« fragte die Mut
ter mit vor Tränen erftickter Stim
me
,Mutierl! Wird mir der Heegott
im Himmel eine echte Fiedel geden?«
«Jawohl, Söhnchen, ja!·' antwor
tete die Mutter-. Doch mehr konnte sie
ficht sagen. Denn plötzlich brach aus
ihrer harten Brust der lang ange
fchroollene Schmerz hervor. Sie stieß
nur den Seufzer auö: »O Jeful
Jesui« — fiel mit dem Gesichte auf
den Kaften und begann fürchterlich zu
stöhnen-, wie wenn sie in Wahnsinn
verfallen wäre, oder wie jemand, dem
es plöhlich offenbar wird, er werde
fein Liebstes des-i Tode nicht entrei
ßen können.
Und sie entriß ej ihm nicht.
Denn als sie sich wieder erhoben
hatte und auf das Kind dlidte, wa
ren zwar die Augen des kleinen Mu
sikanten offen, doch unbeweglich, das
Gesicht war ernst, diifter und ftarr.
Der Sonnenstrahl war gleichfalls
verschwunden . . .
Friede mit dir, JanioL
I I I
Am nächsten Morgen lehrte die
Herrschaft aus Italien zur-um Auch
das Hraielein und ihr Freier-.
Dtefer feste: »Wenn fchiiner Land
»Und was ftirem Künstlervolit
. .ES macht Einemem Freude dort die
Talente aufzufuchen und zu tue-regie
ren!« fügte das Fräulein hinzu.
tenUeber Janto raufchten die Bir
so
—- Der poctisehe haus
herr. —- Hausherr (zu einer Par
tei): .Daß Jhre Töchter immer
abends auf dein Klaviere üben, paßt
rnir gar nicht, pas ist doch friih hei
ser, heißt es ja doch ichon im Sprich
worte: «Friih übt sich, was ein Mei
ster werden will«!«
» —- Ee tröstet sich. —- Kom
,ponist (als die dreiattige Operette,
Izu welcher er viel entlehnt hat, anf
jgefiihrt wird und bisher noch nicht
gepfissen wurde): .Gut gehst-,
bisher haben sie mich noch nicht er
Hpsschtr
—- Wint. — Gut einein eids
will-rieth «. . .. Und fehlte lieh,
liebste Mithi, danle ich Dir recht
herzlich für Deine Liebe-gaben; be
sonders schmackhnft war die vorzüg
liche Wurst. Nächsteni mehr davon!
Dein Karl.'
— Katerstinitnung.-— Ehe
tnann Cauf seine Frau schielendy
»Mir ist es heute noch ein Mittel,
wie ich seinerzeit meine Frau habe
heiraten können«
Freund: .Nq, Du wolltest doch
immer eine Vernunftehe eingehent«
· Ehentanm »Na fa —- aber so un
vernünftig veentin tig —- — !«
—- Jrn Wirtshause — U.:
»Warum ahlen Sie denn Ihre
Rath-han« ie haben sie ja noch gar
nicht bekommen!
B.: »Aus Vorsicht! seht in del
Kriegszeit muß man befürchten, das
vie Weile«an iie der Itellnei
Fittich schen wieder teuerer set-order
wettet-ander
Von soli. Schloß
G mochte so eine Art von MU
streich fein, aus den ich eines schönen
herbsttages gekommen war: genug« ich
war arn lemittag ausgebrochen
nnr von Dingsda aus einen nächtli
chen Deinermarsch nach einer entfern
ten Orosstadt einzutreten, von der
kne- teh W mit der Bahn zurückzu
kehren dachte k- —
Es i nach Mitternacht- Jch habe
noch dreißig Kilometer zu wandern
Cine große Landstraße, aus der ich
toleinsam in tilhler Spätherbstnocht
voemärtirnarschierr. Sie ist von ita
lienischen Pappeln ,lantiert. Ununter
brrchen raunen ihre sterntloren Win
sel ihre hohen, still seierlichen Lieder,
und zwischen sie mischt sich endlos
das Aeolsgetön der Telegtnphenlei
tung.
Diese grauen Stangen mit den
geisterhaft weißen Porzellannäpschen
nnd den endlosen leise nnd magisch
llinlenden Drohtstreisen der Lei
tung. Und immer las geisternde Grau
des ebenen Weges zwischen den
schwarzen. hohen Poppeltoiinden end
los vor mir her. Und ab nnd zu die
hellen Flecke der Kilometer-steine. Und
dann die langen hausen von zertlei
nerten Steinen. Stumm und starr
u. so zusammengeschlichtet, daß sie sich
ausnehmen wie riesige über Samt-e
ckel gebteitete, starre, grelle Leinentiis
eher.
Aber wie schön und trnuinboft fei
erlich das trißtige Landgetviihl der
Pappeln, mit seinen dizarr gegliedei
ten, gotisch auswärti- strebenden Mus
en. Das Sterngewimmel oben inn
irmament läßt sie nicht völlig
chtvarz erscheinen. Es Ivectt in ihnen
so seine Groulichter
Lange Strecken hin tannst du dich
damit unterhalten, aus diesen unend
lichen Aeoliton des Telegrnphen zu
lauschen. Deutlich tennst du alle mög
lichen Melodien aus ihm hervor-hören
Manchmal sind es Chor-äu Motive
aus Symphonien Drinnen Motetten,
auch Voltglieder. Woldhorntliinge,
holde, deutsche Romantit; ten ,,roten
Genossen« hörst du, wie don serni
fernen, feierlichem melancholischen
Chören gesungen. die russische Natio
nalhynine, und aus einmal schwillt
such mit mächtigen Attorden das
uRnle Brittcinnia'« en. Und wie must
es dich gar berühren, das »beme,
sweet honte« zu vernehmen! Von einer
solchen Stimme gesungen. —
Pliihlich aber traust. donnert,
schallt merkwürdig ouo weiter, düst
rer Nachtserne her das mächtige Getö
se eines unsichtbaren Eisenbahnzuges
dazwischen und über-tönt die holden,
feiern-then trostgeschwellten Lieder
dieser unsichtbaren, gedeimnisdolten
Chöre. Es ist ein Gedröhn, nls ob da
weit in der Ferne in der geheimnis
reichen hohen Sternnacht ein Stück
Welt zusammenlrnchtr.
Jch fühle, daß ich in dieser tiefen
Nachteinsamteit die Schwelle einer nn
deren Welt überschritten hobe. Viel
lticht wirklich die Welt einer hohen,
starten sosi iidermenschlichen Freude
Immer, immer aber ist innn von
diesen Ihm Aeclschören begleitet.
die sich hinübertvenden in das leis
gehaltene Brei-sen und Raunen der
ers-sten, dunllen Pappeln-finde
Nibelungenmotive. Eddatliinge. und
noch viel dunllete und höheke Lieder.
Wer möchte sogen, was sie einem nn
vertraueni Sie werden immer nur
Einem mitgeteilt. —
Auch ein holder Dreillangatiordi
tönt aus: toie au-« einer tlar intean
nischen Volalmusik, in der alle Sehn-»
iiichte von Welt und Leidenschaft ihr
Genüge gesunden haben müßten. ——
Alte, warm vertraute, deutsche Stu
dentenlieder, die du vormals mit
sriiblichen Kameraden gesungen tönen
aus dieser endlosen Melodie hervor:
und das alles ist wie ein lebendiges,
geisterndes Nachtiinen all deiner Jah
re, Crinnerungesr und Erlebnisse.
Beständig von diesen Liedern be
aleitet zu sein, ist nicht zu beschreiben
schön. Es ist vollkommen, als träum
test du dies alles: die schwarzen Pap
pelwiinde, die araue Chaussee mit
ihren weiß übende-ten starren Sarg
deaeln da und ihren Kilometersteinen
Und nur diese Lieder wären alle ein
ziae Wirklichkeit der Welt. Du meinst,
du Iebtest in allen Festsiilen deiner
Seele. Unersättlich ist dein Lauschen.
Und vorwärts-, vorwärts, vor
wärts. — Der Takt deiner rüstig
vorwärtsstrebenden Schritte und ihre
Mechanik ist wie das laute· seste Klop
sen eines Her schlages irgendwo, um
das all diese äraumtvelt nnd Wirk
lichkeit webt.
Aber ei gibt Augenblick wo du
von ihen geweckt wirst. Dann bist du
so seltsam ernuchtert und erschreckst
wohl auch. Du siehst das !alt und tot
drohende Starr- dieser ewFseiickten
Rachenitternachtstmdr und l hlst dich
bedrückt, nimmi mit einen Male
sie tiese öde, talte Einsamkeit male-.
s ist, alt ob das Aeoi etön plögch
stockte; und auch das betändi e he
Brausen nnd Raunen der appel
kronen jähv erstarrte. Du sie st nur
n ei un niliche. enge« schwarze
Woge-Z die ir mit einein Male
Mike-Manne
stauen Weg. Die weißen Braunstein-,
idieE a zein Ziel hindeuten, erscheinen
Ldir P ich wie ein böses, Mani
ithez . Die Rachiluit ist so hei
lalts so ein taties eleltriiehes
; in diesem Ozon Und
«Wsdeiete Blicke hmaugltiehen zum
Firmament, und du sie st die endlo
g- Ieiscu Sterne im kalten leeren
achtdlau, is lii es dir, all wären
gerade sie es, diedtesen erbarmungjs
lese-, siechend-n Oson ausström
len.
Unwillllirlich« mit einem eigenen
Irissteln fliehst du vor diesem Ein
druck, trittst zwischen den Pappel
iimmen hervor an den Rand des
hausseegrahens, um einen Blick ins
die Landschafi hinein zu tun. «
Aber auch dieser Blick kann dich
niY befreien.
as ist alles fo fremd und lot.
Die weißen FlächenneheL deren Bauch
einem die Illusion einer Chemilalie
gibt. Die starren lltiihentrliuter, die
man aus dem teilen Sterngrau der
Landschaft hetvorahni mit ihren Lon
turen. Die Zichoriens und Kartoffel
felder. Hier und da ein starkes
schwarzes Ungetüm von Baum oder
Strauch. Ein geisterhaft htintende6,
verlorenes Wasser. Die schwarze
Masse einer großen Feldscheunr. Der
Horizont aber, nach dem dich ver
langte, schwarz und unheimlich ver
dienleli.
Du hast es mit einmal mit der er
schrecklichen Einoildung, als umspann
teft du, als außereinziger Wochenbe
die ganze, ungeheure, nachtverdunlelle
Hemisphäre. Es ist, als erlebtest du
etwas unaussprechlich Unheimticheö
und doch impoiont Gewaltiges. —
l
i
unwillkürlich fliichtest du aber iiber
einen Zwielichtdunstlreis ihres äußer
sten Randes herum zur aniipodis
schen hiniiber. wo gigantische Gebirge
und unermeßliche Löndetftreelen jeßt
in lichter Sonne flehen, weite Pris
rien, Riesenftriime, eine fremd exoti
iche Fauna und Flora, Rothiiute, der
heiße Aequatorring das Pullen«
Donnerkr, Brausen riesiger Städte.
endlos gedehnte, wühlende Ozeanbreis
ten. Wie ein Traum unfagbar; wie
ein gewaltiger, schön erhobener Tag
lraum, der dich aufatmen macht.»
I O- O
lind weiter. weiter. vorwärts. —
Du bist wieder warm und bei dir. Du
hörst wieder den Aeolston und das
seierliche Raunen der Pappeln. Der
seite, rüstig strebende, gleichmäßige
Tatt deiner Schritts erfreut dich. Wie
ein ruhiger unbeirrt-at tragender
Herzschlag
Endlich schiebt sich die schwarze
Masse eines Dorfes vor den Weg, das
du zu durchschreigen dast.
Bald hast dass erreicht. Gott, wie
tief, tief und warm es schlummert
zwischen feinen schwarzen Laubballenl
Mit seiner Turmspiße, die in das
unzählig entfachte weiße elettrische
Sterngewimrnel träumt. —
Roch nicht einmal ein lbund tliisft.
Du begegnest in den todftillen Gassen
teiner lebendigen Seele. Du glaubst
durch ein Phantom deiner Träume zu
gehn.
Und weiter, weiter, vorwärts. —
Stunde fiir Stunde geht dahin. Du
bist schließlich nur noch ein Auto
rnat. Tief, tief in dir wühlen, schnur
ren, regen sich und weben alle mög
lichen traufen G:dantengiinge umher
es wäre unmöglich auch :ur einer
einzigen fester-halten« —- Du fröstelft,
langweilst d ch, zündest dir eine Pfeife
«:.-hag an.
Und Stunde um Stunde hin. Die
Welt und ihre Weite beginnt in ei
nein faden Zwielicht um dich her zu
erwachen. Wie die Sterne erblassen!
Jn einer wunderlichen, blaßgelben
Iriihsonne schle pst du dich schließlich
gähnend und ii ernächtigt in das on
hebende Brausen einer großen Stadt
hinein und bist am Ziel.
s- Gelungen. —- A.: »Du,
Deine Frau ist oder nicht ichiin!"
BJ »Macht nir, ich ietz’ zu Haufe
forvieso den Zwitter nicht auft«
—- Beftäiigt. —- »Der Stre
beri war immer ein ausgezeichneter
Turner."
»Das scheint er heut noch zu sein!
Jetzt hat er schon wieder einen Vor
derrnann iidersprungent««
—- Betrnchtu n g. hinter-habet
(ats er trant iit und der Knecht die
große Flasche Medizin aus der Stadt
dringt): «Schad, Alte, daß Dir
Hnicht auch was iehit« da hätten wir
Falle Zweie genugt«
’ —- Schnetl gemacht. Metz
gersirau (die einem Bettler einen ni
ten hut geschenkt hat): .Det Hut
ift wohl etwas großi«
Bettler-: O, dae macht nichts!
Greift nach einer Wurst) Wenn Sie
erlauben, werde tit. die hineinlegem
da paßt er schmi«
— Unser-treten- Vem »Ge
ceute mit einem Mal auf dem rechten
settlen »Ja, Verr« wer tnnn das
den ganzen Tag aushalten«. «
—- seneidentttvert. »Was
die Mitin wieder fiir schöne weiße
Zähne hatt«
»Nicht wahrt Die kann la
chent«
-Ehefreuden. A.: .Meine
Frau pfeift den ganzen Tag-« ·
risi: Was muß aber schrecklich
I n «
I.: »Gut nichts Wenn Sie pfeift,
kann tie missen-G nicht iinseu.«- ·
ern lohntten Sie aus dem tinten und- .