Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 14, 1916, Sonntagsblatt, Image 10

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    Trinken-.
Von Edith Werterh«
Nach trüben, grauen Regens-rochen
lockte ein erster heller Sonnentag
hinaus aus der steinernen Stadt nnd
erweckte den Wunsch. die Seele zu
störten an dein heimathauch des deut
schen Stromes und feiner sieben Ber
ge. noch einmal den milden Frieden
eines Sommerabends am Rhein ge
niesen, wie so oft in früherer gliicli
Hiersein Stiller ist es an seinen
Ufern geworden; der große Travel
des Fremdendertehri, der sonst all
sdrnmerlich die Gegend überströmte ist
ansgedliedetn Um so unmittelbarer
kommt jetzt die erhabene Anmut der
Landschati zu ilztrem Recht, die früher
id oft nur den« immungeoollen Hin
tergrund des bunten Reiseledens dil
dete.
Bis Mehle-i nimmt die Fahrt ih
ten Weg durch das idmmerlutpe
Land. Liefdlauet himmel ipannt
iein ieidiges zelt üder die reisenden
Felder, in goldenem Glanz wogen die
Ituchtschtveren Aehrem Reich tret
gen die Obstbiinine; wie grüne, an
einer Schnur aufgereihte Pdlztugeln
sihen die Aepfelchen onf den Zwei
gen. Eine gute Ernte reift dem
Herbst entgegen, tru hilft die thei
nifche Mutter Erde ihren Kindern
Zu der harten Yldt des Dasein-stamp
eö. -
Ain Rheinuser stehen die Wiesenl
in voller Blüte, uinsuinint oon na
schcnden Bienen. Hier und da rauscht »
die Sense durch die saftigen hat-net
idiiriger yeudust toniint oon den Fel
dern beraten aus denen die Mahn
schon getrocknet otn Boden liegt. Die
Lust ist ganz durchtrantt oon Wohl
geriichen, die ein leichter Wind zum .
Ryein hinuntertriigt. Die Lindenl
blühen! Jn ihren berauschendenE
Dust mischt sich der süße Hauch der
Rosen, die rings in den warten in
uppiger Pracht sieben. Ein helles«
stolzes Schiss wechselt iin Vorüber
satsren gruszende Muse mit verwun
deten Soldaten, die ain User der Jn
sel Grasenwerth behaglich in der
Sonne sitzen. Jn den tleinen Rhein
gädtchen sind viele, die hier in dein
rieden der schönen Natur von den
Wunden des Krieges Genesung su
chen. Jii tleinen Gruppen, ost von
einer Pslegerin begleitet, spazieren sie
ain User entlang. Aus der Terrasse
einer Besisung die als Lazarett ein
gerichtet ist, sonnen sich andere, die
nicht ausgeben tönnen. Sie tragen
blauioeisz gestreiste Krantentleidung
und vertreiben sich die Zeit niit Mu
si»ieren. Einer, der ein Bein der
toren bat, spieit Ziedharntonita. Er
hält eine dunkle Rose iin Mundroins
lel und lacht mit den Kameraden
Ab und zu singen sie ein paar Tatie,
dann ater schweifen die Gedanken
toieder ab. Wohl sernhin — heim
wärts. . .
Aus der andern Seite liegt das
Siebengebirge iin Abendsonnenschein.
Trokig ragt iiber dein bewaldeten
Berge die Drachen-Name gegen den
hellen himmel. Der Rhein inurinect
sein altes Lied, singt Erinnerungen
wach, zu deneii sein Rauschen einst die
Melodie wob. . . Und in all diesen
Erinnerungen bist Du ·
I s
Ein ebensolcher Sommerabend at
niete noch die Glut des oerblassenden
Julitageii, ais ioir beide zum ersten
Male biet Zusammen waren. Jni
fröhlichen Kameradentreit wolltest ou
deine Versetzung aus der ostiniirtis
schen Garnison in die rheinische hei
mai seLern, und ani Rhein, den du
iin Osten so sehnlich entbehrt,
miiszte ei sein. Wenige Wochen
oor dein Krieg war e-, und noch
lein Schatten des Kommenden trübte
damals unsern jugendlichen Fro
klein«
Wie glücklich warst du wieder va
hemU Wie entzückte der stimmungs
volle Nil-n deine für alles Schöne
jo empfängliche Seele: Lachsrosa Sei
dentapeten, von denen zartpaftellfari
bene Ooalbilvnisse Reynoldz und
Gainsbokvughz inmitten vpnGoldrahi
men sich til-hohem ichwerrpte Teppi
che, die jeden Laut in sich wisset-g
ten, auf blendend weißem Danicist
leuchtenves Silbergerät und funkeln
dej Kristall, auf dein das Licht des
traulich rot oerhiingten Tischlämps
chenö tausendfardige Blitze entzündete.
Aus einer hoher. türtisfarbenen Vase
quellen dunkle, Lammetrote Roten und
gemischten ihren süßen Duft mit
der teilen, treiuinhaft fehnsnchtigen
Streichmusit punteläugiger Ungarn.
. . Dicht unter dein Fenster-, an dem
wir saßen, murmelte der Rhein vor
bei. . . Eine einsame griive Laterne
an ver Landnngziiriicte warf einen
dünnen, zitternden Lichtstreifen iiber
das Wasser. Jn fchattenreichem
Schlummer träumte das andere Ufer,
nnd über uns leuchtete auf tiefvuni
telin Grund ein wundervpll tlneer
SternbimineL «
Sie heimatielig enosseft tu die
commernacht am hein und den
nehm mei- gceicheaspsiupesvex jun
ge: Menschen bei der heimatlichen
tolet Wie strahlten deine warmen
drinnen sagen mich an« als du Inie
das Glas en df — met dein
lnn innlsen is. den du in inei
ne m W. irr-n des-· siche
"die die meine grüßte. — und die noch
unausgesprochen zwischen uns lag
wie ein süßes, underührtes Glück, des
sen ties heseligender Gewißheit wir
beide uns innerlich doch so llar he
wußt waren. . . — —- —
Iiins eisenllirrende Monate waren
übers Land get-rund alt wir wie
der zusammen zum Rhein lamen.
Bange Wochen lagen hinter uni, in
denen schwere Wunden das Licht dei
ner Augen und daj ganze junge Le
ben zu vernichten drohten. Gnädigst
bliebst du mir erhalten, und meinem
sorgenden Versen nur zu schnell
drängtrst du wieder hinaus an den
Feind. Am leßten Tag vor dein Ah
schied wolltest du noch einmal den
Rhein wiedersehen.
Es war ein sonnenheller Winter
tag. Rings leuchtete die Welt im
Schnee. Wir gingen den Rheinhüs
henweg, immer aus den Kämmen der
lintgrheinischen Berge entlang. Zu
unsern Füßen lag das winterliche
Rheintal Der Fluß führte Hoch
wasser; schmußiggrau wälzte er sich
gurgelnd dahin. Ein paar dunkle,
hungrige Mühen strichen mit heiserm
Schrei über das Wasser. Ali das
Siebengebirge eingeschneit uns gegen
überlag, tam eine helle Februsirsonne
aus den Wollen hervor und vergol
dete die weiße Winterpracht, daß un
zählige winzige Kristalle unter ihren
Strahlen ausglißtertem Wie wun
derschön erschien dir da unser Rhein
im Wintertleidt So hattest dir ihn
noch nie gesehen. Jn stummem
Schauen standen wir aneinandergei
lehnt; mir war das herz so schwer
von Abschied-weh Da brach aus
dir, angesichts der sonnenüberstrahl
ten winterlichen heimat, das Gefühl
überströmender Dunldarteit hervor-,
daß ·du dem Leben zurückgegeben
warst und die Schönheit der Welt
noch mit sehenden Augen genießen
llllcsöksl YI lslllllcsl luulll Wolle
finden, um auszudrücken, was dich
so tief bewegte. Fest unisaßtest du
mich und sahst mich an, als ob du
mich zum ersten Mal sähest: »Du —
jetzt weiß ich ersi, was uns erspart
geblieben ist! Wie unendlich viel rei
cher und schöner ist das Leben nun,
trotz des Krieges und der Trennung
und all des Schweren, was hinter
uns liegt, — weil du, unser Glück
und unsere Zukunft, die ganze
schöne Welt mir neugeschentt seid!
— Jetzt fasse ich erst recht, wie na
menlos glücklich ich bin, a du —wir
beidel«
Noch lange standen wir in der
sonnigen Winternacht und du präg
test dir das Bild in die Seele, um
es mit hinaus zu nehmen vor den
Feind.
Urlaubs Läuteten es nicht die
Sonntagsgloaen in den blühenden
Sommermorgen hinaus, ratterten es
nicht die Räder des dorwiirtseilenden
Zuges, in dein ich dir in glückstrahlew
der Ungeduld entgegensuhr, da du
keimtamsli
Nach langer Trennung hatten wir
beide uns wieder —- wo gab es zwei
Menschen, die so selig waren, wie
wir beide in dieser ungetrübten Zeit
unseres innigsten Glück-? Was wir
in der Zwischenzeit durchgemacht hat«
ten — blutige, schwere Kämpfe hat
test du in Frankreich bestanden, und
ich daheim in manch’ langer, bang
durchwachter Nacht um dein geliebtes
Leben gezittert — nun war es ver
gessen
Nur einmal wurdest du tiesernst,
als wir hinaufgestiegen waren aus
die Berge, und das blühende Rhein
tal mit seinen sonneniibersluteten his
hen dar uns lag Mitten aus Träu
men. die unser Zulunstzgliia mit gol
denen Fiiden umspannen, sprachst du,
das terchende Bild sinnend betrachtend:
»Wie glücklich sind wir, den Krieg
nicht im Land zu habenl So heiter
unbeliiinmert, so selbstverständlich
liegt der Rhein im Sonnenschein, als«
mutzten feine Söhne nicht stündlich
draußen im Kampf für die Heimat
ihr Leben einsetiern Wenn man hier
die friedlich griinen Ufer sieht, lann
man’s taum fassen, weichen Fanatiss
mus der Gedante, sie und zu entrei
ßen, feit Menschenaltern jenseits der
Vogeer zu entfesseln vermocht hat.
Wieviel Ströme von rheinischem Blut
sind im Laus der Jahrhunderte ge
flossen, um uns die heimat deutfch
zu erhalten —- und wiediele werden
noch fließen müssen!«
Angstvdll umfaßte ich deine hand
fefter. Mein Blick suchte die tiefen
Narben, die deine erste Verwendung
in dein wettetgebeiiuntes Antlitz ein
gegraben hatte, und als ich dich so
vor mir stehen fah, ein Urbild blii
hender Lebenskraft, da stammerte
meine Hoffnung sich an den feifens
festen Glauben: Rein, du tonnteft mir
nicht genommen werden! Du hattest
ja schon deinen Tribut bezahlt. Und
deine wunderbare Rettung beim er
sten Mal, sie war das sichere Zeichen,
daß unsere Liebe und fester aneinan
derband, als daß ein Schickfal dich
mir nehmen konnte — und diese gro
ße, start- Liebe, die mußte dich mir
auch wieder zurückbringeen denn wir
leide gehörten fa zufammen, immer
und ewig.
Zum dritten Mal sdgst du hin
aus, und mich siihrtc der Weg nach
München, an die Stätten der Kunfi.
Nie werde ich den Ubend vergessen
an dein ich. gliiitlich angeregt tu
dein Genuß einer entzäeteiid stilechs
ien Mozariaussiihriing im Residenz
iheater, das in seinem reinen, diistis
gen Rototo der ideale Namen siirl
des Meisters Wert Don Giovanni ist.
aus den-i heiniioege im sliinniernden
Licht der großen Bogenlainpen den
Tagesbericht las. Schwerste seindliche
Angriffe, ein init tagelangein Trom
nielseuer eiiigeleiteter wütender
Dutchdruchsoersiich dort, wo ich dich
wußte. Von heiser Angst im Jn
nersien ausgewählt, paate ich noch ani
selden Abend meine Kosser. Jch
hatte nur den einen Gednntem heim!
und das Gefühl, dir dort näher zu
sein, ioo deine Gedanken in höchster
Rot mich suchen mußten. Die Fahrt
ani nächsten Tage war eine große
Seelenqiial sin mich. Jrgendioo
wurde der Bericht hereingereichn
Da- surchtbare Ringen hatte sich noch
gesteigert ; ani erbittersten todte der
Kampf an der Strnsze, ioo du stan
dest. Und ich wußte nichts oon
oir — inein ganzes Denlen war
nur tiesste Derzensangst um das,
was meiii Alle- war, und das ich
in diesem Rachen des Todes wußte,
machtlos, zu schirnien und zu schrit
zen. . .
Spätnachinitiag ioar es, als der
Zug in die Rheinedene eindog. Als
hätte die entsegliche Atmosphare die
ser schicksalischweren Tage sich der
Natur mitgeteilt, stand der Vorizont
in Flammen. lieber den Bergen ging
die Sonne gewaltig groß wie in ei
nein Purpurineere unter. Die hö
hen gliihien in Fruerschein getaucht,
und die Wellen sardte der opalisierens
de Widerschein des Lümmel-, als
als ob Strome von Blut daherzögen.
Wie die Bordedeutung drohenden,
furchtbaren Unheils erschien inir die
ser Sonnenuntergang — und schreit
haft grell stand mit eineni Male die
Eriiineerung an deine Worte von
den zukünftigen Opfern vor meiner
Seele. Nein! Gewaltsam suchte
sich mein gequälte-i herz gegen die
Vorstellung zu wehren, aber ei ge
lang mir nicht, die Angst zu ver
drängen, die tausend entsegliche Bil
der sah.
-« «
ZU llcsvlllllk Funken muqu »i
aereinbrrchende Dämmerung alle die
Stätten, die du so liebtest, als der
Zug das grauverhangene Sirt-enge
dirge durcheilte. Wie anders war
alles, als vor wenigen Wochen, wo
wir beide als glückliche junge Men
schenlinder es un Sonnenglanze sa
henl
Meine Ahnung betrog mich nicht.
Ein paar diirre Worte brachten die
Nachricht, die all unser hassen in
Trümmer schlug.
Und nun liegt draußen in sretns
der, kindlicher-Erde aus kahle-: Höhe
in dem einsamen kleinen Hügel begra
ben, was alle mein Ziel, der Inhalt
meines Lebens, mein ganzes großes
Glück war.
Ewig, unwiderbringlich ist deine
daseinssrahe, sonnige Jugend, deine
grenzenlose Liede mir entrissen. Und
ich bin allein zurückgeblieben, doppelt
einsam nach der glücklichen Zeit, in
der wir beide Freud und Leid in sto
her Kraft teilten.
I I f
Mahlich sinken die Schatten tieser
herab. Der leite Dampser suhr
schon zu Tal. Die Berge aus dem
andern Uhr scheinen greisbar nahe
herangeriickt; einsam leuchtet ein lleis
nes gelben Licht von der höhe des
Drachensels herab. Vom dunkelraus
schenden Wasser hebt sich ein llihler
Wind. Aus dem Lazareltgarten
Ilingen leise Töne der Ziehharcnpnita
durch die Adendstille. Die llare Lust
trägt den Gesang einer dunklen, heim
kvehschlreren Stimme zu mir her
.o, «wi« liegt ip weit,
Was mein, was mein einst spar. . .«
u
—- Jininer derselbe. »Am-on,
nkn Gotte-willen, der Morih hat e
Mart verichluckt«.
«Ru, was liegt an e Mart!«
— Bornehtne Frage. »den
Levi, Sie dürfen nicht vergessen: die
Wohnung hat zwei Badezinuner«.
«Sarah, brauche mer’t«t«
— Der Prod. »Da soll man sich
nicht totärgern? Zeitlebens habe ich
die teuersten Weine getrunken, und
heute erklärt rnir der Urst, ich hätte
— Wassersucht!« ·
— Schüchterne Frage
«Können Sie denn meine Tochter
auch ernährenf«
»Ist sie denn fo vielf«
—- U n b e d a ch t. Pfarrer: »Nun,
hoffentlich nith unser Gebet uin Re
gen bald, denn wenn diese Diirre an
hält, geht W ganze Vieh zugrunde«.
Bäuerin (getijhrt): «Wann nur der
herrgott den herrn Pfarrer derhalt.«
—- Schiin gesagt. Zofe:
SMadainq der Tenor von gestern ist
a'.
Madame: »Der hohe here Indge
eintreten".
—- Druckfehler. Werten-il
nncht t). e Professor X. feiert
heute eine ilhetne hochzeit an der
Seite seiner Gattin, die ihkn nun
schon volle 26 Jahre das Leben in je
der Beziehung vereteiti«
—- Jrnmer zerstreut. rau:
i»Warum steckst Du Dir Watte in die
Ohren?«
mProfessor- «Es riecht hier fo Var-l
Kriegsstizze von Etsie Doesser.
Der Militiirziig fuhr durch Nord
deutschland. Der Regen peitschte die
Dächer der Wagen und hing oor die
Fenster einen gtitzernden Perlschleier.
Die Landschnst lag iriidselig da. Der
Rauch der Lotomotide trumnite sich
träge in der seuchten Lust, der
Schrei der Dainpspseise schrillie miß
mutig. verdrossen dtinzelten die gru
nen und roten Lichter durch die
Schwaden.
Aus den Stiitionen standen sriis
stelnde, verärgerte Menschen. Das
Wetter drückte jedem nus die Stim
mung. Loch wenn der Militärzug
einsuyr, wenn unter seinen Rädern
die Schienen tlirrten, wenn die halle
erdröhnte don dem Gesang der pun
derte —- dann wurden ous ein-nat alle
Gesichter hell, und in die Augen der
Menschen tani ein Leuchten, wie man
es vordem noch nie darin gesehen;
Wärme siosz durch ihre Glieder, und
Bewegung tain n. die zusammenge
schauerten Gestalten.
Alles drängte dein Zuge zu, jeder
hoffte einen Blick zu erhaschen in
dein Gesicht irgendeines unbekannten
Feldgrauen, niun wollte ein Bild in
seine Seele ausnehmen, einen leben
den Eindruck, und dadurch ein wenig
teilnehmen an dem großen wunder
baren Eriebem dein die dort entge
gensahren dursten. Man wollte ih
nen durch einen Elia, eine Gebärde.
ein grüßendes Winken zeigen: »Wir
lieben euch alle ohne Unterschied.
inser Herzen sind mit euch. Bei euch
ist unsere Zuversicht und unser Ver
trauen.«'
s s k· .m,«..
Ill scllt Musen sahen »i( zum-iu
schasten dicht gedrängt, lachten, san
gen, nßen, liessen sich aus den Sta
tionen wie die Kinder oerwohnen mit
einem erstaunten, bescheidenen Lachen.
Sie fühlten es, daß sie die glücklichen
waren, die vielbeneideten, sie hatten
Mitleid mit denen, die nicht mit
durften. Sie lebten in einer Hoch
slut, lachender, übermütiger Ge
fühle. Nur wenige waren stili, denn
es war schwer, sich aus dem Stru
del des allgemeinen Frohsinns zu lö
sen.
Ein Einsarner stand am Fenster-,
mitten zwischen den andern, und doch
unmertlich lot-gelöst, wie durch einen
Hauch von ihnen geschieden. Die
andern fühlten es taum, nur in sei
nen Augen stand das Wissen von
der Einsamkeit. Er wischte mit
dem grauen Vorhang immer wieder
über die Scheiben; die schmale, schö
ne hand war tn den groden Stoss
oertrampft.
Die Landschast — — —- diese
Landschast mußte et sehen. Er
strengte seine Augen an, um den wal
lenden, brodelnden Dunst zu durch
dringen. Und jegt sah er auch das
braune Land, aus dem die struppige
heide stand, und die kleinen schwar
zen Kieserngruppen
Warum mußten sie durch diese
Gegend lommenli So viele Bahn
linien leeuzen ’a Deutschland von
Westen nach Osten. —- Und nun
fuhr sein Transport gerade durch die
ses Land, das er so lieb gehabt hatte.
Wenn er auch die Augen schließen
wollte, er würde doch alles sehen. —
Er halte nie zurückblicken wollen,
und das war leicht gewesen in den
Wochen, in denen man nur dem An
genblick lebte zwischen Dienst und
Schlaf, aber hier wurde das Tote
lebendig. —
Dieö weite Land mit den blin
tenden Gräben, mit den geduetten
Gehösten, den Koppelricts und den
Molderstaudem die im Wind
tanzten.
Klang da nicht ein helles Hornsigs
nat, das durchs Mart zuckte bis ins
Keiterberzt Und dat- Schnauben der
Pferde· das Schlagen der hufe auf
federndein Grund und das Geläute
der Meutel —
Und fern ein dunkler Punkt, an
deni die brennenden Blicke hängen:
der Keiler auf eiliger Flucht
Und nun ein Koppelriet —- hei,
wie der Fuchs sprang! Und nun
ein Graben. —- Er streckte sich, und
drüben war er. War da nicht einer
neben ian gestürzif Was tiltnmerl
das itn wilden Jageni Vorwärts,
vorwärts, nur ein Gedanle pocht im
Blut: der Erste fein beim halali.
Und das Geläute der Meute. — Das
Geläute der Meute —- Alt sollte
das herz zerspringen. Ip wonnevoll
war dies Reiten auf brauner beide,
Fo» beruuichend das Kraftbewußts
ein.
Die hand des Soldaten tranipit
sich härter zusammen. Er will ni t
denten, er dentt a·auch nicht, er fie t
nur Bilder, Eil . —
Am Valali unter der Eichengruppe
cnit dem Bruch am Mittleid der
Braut — lachend liißt er ihre feste,
llein: hand, lachend leben e sich in
die Augen: sie hatten sich ii rkn Rei
ten vekgessen gehabt. —- Wie lieb hat
er ie gegabt s-—
ie and des Soldaten bebei.
Nicht denten —- dai alles iii längst
verloren, verlcherzt, verspielt. —
Da ift wieder ein Bild, schwan
kend, wie hinter Nebel. Blafie Ge
sichter, unsichere Minde, Karten —
ssGotdhaufen die anwachien nnd raichJ
unheimlich rasch perichwindew auch
die blauen, die braunen Scheine. —
Und wieder durchschüttelt ihn die
tdlie Leidenschaft des Spiels und
dann die öde Verzweiflung
Warum fahren wir dsrch diese
Gegendl Warum weckt ein Zufall
alle-, was verloren ist, verspielt —
die Ehre, die Braut, der liede, liebe
Rock. —
Er sieht an sich hinunter. Den
Ren trägt er ja wieder, gottlod —
ader anders — nicht schlechter, nein,
nein —- ader manchmal tut er grau
iani weh, daß inan nicht im alten
Regirnent reiten dart mit den lie
ben Freunden gegen den Feind.
Manchma: ifi ej schwer, unterzutam
chen unter die vielen Grauen und
ganz zu vergessen, daß rnan einer ge
wesen, der an der Spitze reiten durfte
und an der Spitze fallen.
Der Geiang der Kameraden bran
det um ihn wie ein itarter Strom.
Er wendet sich dont Fenster ad und
wieder zu den Kameraden, feine Arr
gen sind wieder hell. Gepriesen iei
die gewaltige Woge, die ihn vom
Grund einpdrgrrissen hat in fein Ele
ment hinein, in dem allein er leben
tann. Er ist wieder Soldatl Er
darf niit ins Held. er gehört zu den
Glücklichftem
Der dug donnert in die halle, die
Schienen klirren und tlingen, wie
wenn Waffen sich treuzem «Ee braust
ein Ruf wie Donnerhall« —
Alt dd der Gesang die Dächer der
Augen emporheben wallte, alt od
er sich gegen die Mauern werfen wou
te. —- ,,:»tit Schwerigetlirr und Wo
genprall —- Es war, als bedien die
mächtigen Eifer.riiuleir, die die Halte
tragen, wir sdhren tin Wind; die
Ein-scheiden tnrrten iin rhytyniischen
Takt. Es sour, als sei altes Levtoie
redendig geworden, singend, Echo ge
bend —- «3uni Rhein, zum Rhein,
zum deutschen ritt-ein« —
Und wieder werden alle Gesichter
blass, so start greist die Erscheine
rung in'- perz, und die Augen wer
dene duiltei und spiegeln die erregte
Seel-. »Sieh Baterl.rnd, magst rutsig
sein« —- .
Der lachende Mut der Soldaten
sprulst iider die Köpfe weg, und an
däctstig sutslt sederi »Und Vaterland,
magst rulsig sein« —
IVer Einsanie steht wieder nin Fen
ster. Die Türe sliegt aus. «t!ine
Viertelstunde —- Ausenthalt — reas
sfepause« —
Weite die Viertelstunde nur erst
doriider. Ei tut so weh, diesen
Bahnlsos zu sehen. hier tuin er alt
dlutsunger Iaisiiensunter an, tausend
Hossnungen ini Herzen und einen un
dcindigen Stolz. — hier reiste er ad.
Ytactst war's, und ei regnete ivie heu
te, und er sats nicht doin Boden aus.
auch nicht« als der Beamte ihn grüß
te: .,Gliickliche Reise, here Leut
nunt."
Wenn nur die Viertelstunde schon
vorüber wäre. —- Turcheinunderidos
gen. Mißgetteidete Tische mit gro
ßen Tassen, iiesige nasse-staunen
hochgetürmte Britiusendergr. Damen
mit weißem Paar-, junge Mcivchen
eilig und eisrig bemüht, etlissee ein
zuschentem Lassen anzubieten, die
Brotplcitten zu schleppen. Jn allen
Augen Sonnenschein, alle Gesichter
lächelnd, srölslich, zur-ersichtlich, jedes
Wesen ausgelöst in dem alleinigen
Bestreten, den grauen Soldaten zu
dienen, itsnen zu zeigen: wir wollen
eucki Liedes run, wir sind stolz aus
euch.
uiie suisgen Mädchen stiegen sit-er
oen Augustus-» bis zu den legten Un
gen ich .vpen fie vie seh-deren ils-lei
ten, siehe Hiiruse oon huren und
drüben, eine ungenlsnte Einigkeit in
Jugendlust, die jede Schranke über,
— sliegt.
Der Sotoiit steht m oet wughsck
und dentt ganz tlae: Jch muß mich
verstecken, eg Io«« mich temer eilen
nen. — Und während er das noch
denkt, steigt et die Stufen hinab und
steht nus dein Bahnsteig. Ei siihtt
nicht, dasz jemand ihm eine Zignrte
in die Vand druckt. Seine Zähne
sind in die Lippe gegraben, et atmet
chtvet.
Er steht dicht vor einein weißge
deckten Tisch. Und wie ee die Au
gen wendet, steht seine Seele ein
Antlih — -
Ei wird still in ihm, der schmerz
haste Krampf löst sich. »An-leimen
—- nteine Beaut.«
Wie schmal und still sieht ih; Ge
sicht aus. Noch schlqntet ist sie ge
worden, und die hande — die hän
de sind ganz anders geworden.
Braun waren sie damals und sehnig
und energisch« diese liebe hande,
die er so ost getiiszt hatte. Und
seht leuchten sie tvie kennte« vlutlose
Blüten.
Diese aetne hände haben so viel
gelitten — dutch ihn —- dtese lieben,
lieben hande. Er stihlt nicht, daß
ihm langsam die Tränen in die Au
gen steigen. Er sieht nut- diese zarten
lhäutig die vorsichtig die Taiseu stil
en.
Da tlitet eine Tasse hell aus, die
hände beben« und da teessen sich die «
Augen in hetszetn Geschieden. Groß
und lett-voll hängen sie ineinander,
nnd die Blicke tauchen bis it. die
Seelen.
.Wie hast du unt mich gelitten —
sagen die Augen des Soldaten. »Viel
mehr, als ich gewußt« —
f
M has du sie angetan —
du mich-« entwertet
T shosnunkäose slick des Mid- ,
.Slel), wie ich fiihnen will-«
Da gleiten ihre Augen an lhrn
herab, sehen die graue Untier-eh IM
ten aus den groben Stiefeln, und
wie Schrecken und Verständnislosigs
teil steht es in den verwirrten
Blicken.
»Ich sühne alles,« sagen die Au
sen des Soldaten mit einem starten
Leuchten. »Das Vaterland wird mir
Ferseiheu —- tannst auch du derges
encs —
Die Augen des Mädchens senken
sich, das blasse Gesicht zuckt. Da
atntet der Soldat ties aus und wen
det sich ah.
»Nein, niemals kann sie dergessen,«
dentt er müde. ,Liede und auee der
spielt —- tvie könnte sie das über
windenM »
Auf dem Bahnsteig ein Drangen
und Schieben, scharfe Kommsndorus
se, Scherzt-rette Avschtedivintem
Schallend stiegen die Türen zu.
Der Soldat steht am offenen Fen
ster, seine Augen hingen an der set
nen Gestalt. Sehen muß ich sie bis
zuletzt."
Da erbrausie die halte wie dont
Frühlingssiurtn.- Es ist, als ded
ten Trager und Trofsen, es ist, als
sangen alle Eisenteile mit, als wurde
der Stahl lebendig. Es klingt und
schmettett bis unter das haltendach,
»Deutschland, Deutschland uber al
le5«.
Die Gesichter der Frauen und
Mädchen sind ernst geworden, und
ihre Augen weinen um die vielen, die
sie nicht nennen und doch lieben mits
sen.
Die Hand des Soldaten ist zur
Faust geschlossen, hart ist Ietn Gesicht,
und die Augen dreauen heiß aus dem
Mädchengesicht
»Von der Maus bis an dir Ate
mel —"
Langsatn seht sich der Zug i«n Be
wegung. Der Dampf want, dte Rä
der bruntrnen, und Stuhl und etsen
singen
»Deutsche Frauen, deutsche Treue
—" Ein Jubetty eine tiuksaurbzende
Gewißheit.
Da schwankt die schlanke Gestalt,
ein Aufzuctem ein Ausleuehtem wie
wenn eine Flamme in Ihr empor
schitge, wie wenn sie derstend bricht
und Wildwnsser nutsehäumn
Sie stutzt verwirrt-, steht aus der
Wagettstuse, und rnit beiden Hunden
paar sie die harte Faust des down
ten, und ihre Augen leuchten göttli
ches Licht.
»Kehre gesund zurück — zu mir.«
Aus hunderteu don Kehlen braust
es aus: «-D-eutsehe Frauen, deutsche
Treue —"
Und Stahl und Eisen singen mit«
-.-—-——
Jnt guten. . .
Unlängst machten wir einen Aus
slug tn den Mienen-paid Blau lachte
der himmel, rot und gelb lag es tiver
den Wäldern, während uns tm Ritt
len, von leichtern Nebeldunst ber
schleiert, die schöne alte Kaiserstadt
tag.
Da kommt aus einein Seitentvege
ein Bauer: »Viel-no Brigaschi elen
de!« fängt er un zu schimpfen, als er
uns erdttctt — »Du so n G’sindl a
ingrim« u tniserttbles!«
»Unser lieber Mann«, bemerte ich
schau-um« »was tst denn loss« —
«.,Lluf an verbotenen Weg seid's!«
schreit er uns an.
«Ja —- aber bitte — wir haben
keine Tafel geseh’n, keine Absprrs
rung...'«
«Deswegen« —er schrie es unt min
destens suns Sturtegrade lauter —
.de"swegen hab' i's ja Ent aa int
guaten g'ssgt!«
— Ra, nat «Jch werde diese
Stiefel nehmen«.
««-t)ie sind Ihnen aber sehr knapp«.
»Jo, weil meine hiihnekougen nicht
geichnitten stnU ionit würden sie
Ichlottern«.
—- Sch l a u. Mutter: »Weil Du
so brav warst, will ich Dir auch eine
schöne Puppe tausen, stie. Was für
eine hättest Du denn am liebstens«
,B1tte, Manto, lauf mir Zwillin
ge.«
—- Der Bekannte. Diener
«Was werden der here Professor auf
die hochzeitsreiie mitnehmen2«
Alt-den Sie nur ein nach Gutdiins
ten; wenn etwas fehlen sollte, tann
es mir meine Frau ja nnchichicten«,
— Kinder-unad. Sante
,,Sieh mal das hübsche Kähchem pas
ich tnik zugelegt yabe«.
Klein - Lieschen: «Ach, wie nied
lich! Nicht want, Taute, die haft
Du aus dein Miez - Bureauf«
—- Zufriedem Bruder-: ,,Mein
neuer Scheittzähler fungiert mit be
wunderungswerter Präzision«.
Schwester: «Gott iei Dant, das es
noch teinen Kußzä ler gibt«.
— P r ii d e. ichter: «Zeagin,
sagen Sie uns jeßt mal die nackte
Wahrheit«. ·
seugim »Na-it Aber herr Rich
tee.«
—- Malitiös. «Wollen Sie
nicht heiraten7«
»Ich bin mit der Muse vermählt.«
«Ach, dann leben Sie gewiß ltt
recht unglücklicher Mir's