Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 06, 1916, Sonntagsblatt, Image 14

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    —
Die Zum-Ort
Ekizze von C. A. Brauch
Der kleine Rainer-Rast feu- ein
tetzosgenm verbatschelier jsOe get
wesen, so lange feine tnganis
M noch lebte.
Der reiche Rainetbauek vom
Sieer an dem betgmngeenzien
obetösiekeeichifchen See war ein
rechter Brumtnbäe mit einein guten
Herzen und einem iaminfwtnmen
Sinne. der nnt mit dein Redezeug
ein Tyrann war, und der ließ feine
Frau gewähren.
So wurde denn der kleine Razi
gehörig verwöhnt, und was et sich
einbildete, das bekam et.
Ganz anders abe: ward die Sa
che, als die Stetnhfbiiuerin Karl-.
Da kam eine andere Rainetin aus
den Stande-L und da- Razl war
schuld daran, baß eine neue Mut
ter- auf den Hof sam, ee allein.
Wenigstens sagte dee Bauer: »Ich
tät nit mebt heiraten, beilei' nie,
fallei mit gar nit ein, aber ich muß
wegen dem Buben, beut Nazh ver
muß doch eine Mutter habe-! Jch
kann mich nitum ein Kind kümmern,
hab im Feld zu tun genug, und ja
gen tät Man doch auch gekni«
Also kam eine sneue Mutter ans
den Sieenhah die Sämiebbäteetischh
eme noch junge. hilbsche Frau, mit
fchönen braunen Augen und glatt
gescheiteitem, iastamenbtaunem Dane·
Die Leute aber sagten, baß vie
braunen Augen recht herrisch schan
1en. und baß glattgescheitelte haate
viel Seibstvetttaren verraten.
Baid aber stellte stelsi auch wirk
lich heraus, daß auf dem hofe ai
lee nach ibxee Pfeife tanzen muß
te, daß ver alte Rainecbauek sich
nicht knacken durfte, und der kleine
Rast lata-nie aus dein Heulen nnd
Nennen hetaui, denn et wurde von
der neuen Deme- M verschu.
Die Folgen blieben nicht aut. Er
werde teoIiQ bei-hast nnd eigen
M Ins deu- Muttetishnchen
wide ein hatttöasigee und eigenes-il
ligee strich-.
Der Alte wollte anfangs wohl
miseghmal dreinreden, aber er hatte
gern Frieden im hause und ging
lieber ins Wirtshaus —- innner ös
ter, damit er nichts höre und sehe.
Da tam einmal eine Seiltiinzers
iruppe in den Ort, und der Nier
lief natürlich auch mit allen Buben
ten Komödianten nach auf die Wie
ie, und war nicht wegzubringem vom
ersten Pfloeteinschlagen. bis der
Kossentisch ausgestellt wurde.
Als dann der «Patron" bei der
Vorstellung zwei sreiwillige Buben
ausrief. welche sich an seine Füße
binden lassen wollten, damit er mit
ihnen iibee das niedere Tanzieil
laufe, da war natürlich Nazl der
eine der beiden Freiwilligen. Er
saß in der Schlinge unterdem Bei
ne, mit einein lrebsroten Gesicht, mit
halb ängstlichen, halb strahlenben
Augen, und ließ sich herumbaumeln,
daß es eine Freude war. Wie er
dann »Warum-um« wurde und
sein «Honeztar" lamt einem schein
baren Fußtritt erhalten hatte, da
tmn ihm niemand gleich, und er
stolzierte herum wie ein Hahn.
Von der Zeit an war der Nazl
wie aussen-erhielt Er wurde noch
eigensinniger und trohiger und be
tont demzusolge von der Bäuerin
noch viel mehr hiebe.
»Ich bleibe nicht mehr da, um
seines Preis!« sagte er heulend und
streckte ihr die Zunge heraus.
Er wollte .Kiinstler« werden« mit
beu Seiltänzeru geben« sobald wie
der welche kämen. mit ihnen ziehen
in die weite Welt: Tritot, Flatte
tleidehen und Schnürsiieseln aus ro
tern Leder tragen, und wollte mit
Pomeranzen bewoefen werden
Wenn man ihn suchte, fand man
i sicher in irgendeinem Scheunens
r rtei aus dein Kopfe stehend, oder
er drehte sich uin eine Wagendeichsel
herum, bis ihm die Augen aus
dem K e quollen, oder er lies über
eine her- ange, plumpste herab. rnit
ten in eine Plöny und blieb mit
zerschlagenenr Gent-i liegen.
« Die Bäuerin zuckte mit den Ach
ieln und sagte: «Meinetwegen! Mir
los-J am liebste-, wenn der Tu
siehtgut out dein hause wäret Ein
ten-no wieder so wie so! Wenn Spie
lerieuk kommen, soll er nur mit ih
m geben« ich zahk noch was braust
Der Bauer aber brummte: «Der
« Bube soI Ach nur unnrMn!«
Da lata eines Tages wieder eine
Irr-M is den Ort. Die stehen«
die ins als der Schule kamen, la
Eger- fehon von weitem eine Staub
- hol-le badete-am.
—
kannte man ieit vielen Jahren die
tarn innner wieder wie ein Kettch
hr.ften. -— Ent- tiistise beliebte
Tryp ! Die Töchter hatten nie ein
« Idee dir uns die Söhne be
fern-ten Ich g. Oine Musterrruppe,
in der strenge Disziplin Inchte
War das eine Aufregung im Ort!
Die M« machten sich hundert nn
nötige nge zum Krämer, nur Inn
-an der Arena vorheiznionrnren, wo
man ein kleines Seil anzog. Si -
stät-n ausschlag; und dar »n
·Turmfeil« spannte, von der Kirche
bis an die Dachiute des höchstenj
»gegeniiberliegenden hauses des Mat
zes Es gehörte dem Kaufmann
Spinedee, der, ein tunstsinniger’
Mann, seinen Boden für die «stirnst«:
hergeltehen hatte
Der Nazl war natürlich den gan-4
zen Tag an Ort und Stelle Er!
ftreiehelte die Pferde er war selig.
wenn er Stiihle herbeitragen kann-»
te und gegen elf Uhr vormittags
tandte ihn der junge Jason sogar
unr ein Glas Bier zum Goldenen
Hitichenk
Ali nachmittags der alte Meeran
les den versammelten .herren« Dir-;
den eine Anrrde hielt, in der er sag
te er brauche einen .Freiwiiiigen«,«
oa war’s ganz und gar ans
sagte: »Mein Sohn Jason wird
heute als zweite Turmseilnurmner
einen Knaben iiber das Seil fah-«
ren, in einein Schubtarren, von dem
Bodenfenfter des Spinederfchen Haa
iei nach dem Kirchturrn und pourT
Kirchtnrrn nach denr Boden zurück
Wee meidet sich als Freiwiliigeri
r bekommt einen Zehnerl und eine
Wurst. Gefahr ist keine dabei, sin
tenml rnein Sohn Jason schon drei
hundertfnnfundvierzig Jungen L- re
Seil gefahren hat und noch teinern
ein haar gekrümmt wurde. Die Els
tern aber müssen vorher ihre Ein-i
willignng gehen, denn wir wollen
als leine Berfiihrer gelten und Un
annehenlichleiten haben! Also wer
meidet schi«
Da zuckten eine Menge kleine Ur
snr in die höhe, aber sie zuckten auch
wieder zurück, als ihre Eigentümer,
die Herren Buben, die schwindean
Höhe des Tarnifeiles maßen.
Nur der Razl streckte seine Hand
m die höhe und rief mit dünner,
ein wenig zitcrnder Stimme: .Jch!«
here Mariulez zog ihn nun vor,
und ihm in die Augen schauend-«
fragte er: »Hast wirtlich so viel Ka
rasch, Bursch?«
Da sagte der Nasi: .Freilich hab".
ich Knraich Und dann-« dann .
dann will ich auch Künstler werden«
«Du?'· sagte der Alte erftDiuntj
»Nun, wenn Du heut« brav bist,
sann was draus werden. Aber wie
fleht-L Deine Eltern werdens nicht
zugeben wollen?«
»O, der Vater sict im Wirts
b(.uå, damit er die Mutter nicht zan
ken hört, und die Mutter-, die ist
roh, wenn ich fortkomm’; IS liegt;
ihr gar nichts daran, sie ift nichtj
meine rechte Mutter.«
»Ach sol« machte der alte Mar
Iules und fuhr mitleidig iiber das
Haupt des Kleinen. »Es ist die alte
Geschichte!« , muri-rette er. »Die
Stiefmuter« Laut fuhr er aber
fort: «Du hast nichts zu tun. als
ruhig iin Schubkarren zu sisethich
festzuhalten, Dich nicht In rühren,
nicht zu muckieni Sobald Du Dich
rühtft. kann mein Sol-s aus dein
Gleichgewicht tonnnenz sobald Du
schnitt kann er die Sicherheit ver
lieren, nnd Euer beider Leben steht
aus desr Spiel. Muse-, Razl?«
«Ja!« sagte der Rast dreist
Der .Patron« machte hierauf
lsinter den Wohnung-wagen eine
Probe nrit ihm auf edenein Boden,
die glänzend ausfieL
Dann tan- die Vorstecimg
Der ganze Ort war auf dem
Kirche-las und oie Vorstellung be
gann. Teller wurden gedreht, Ge
nichte wurden geht-en, Tänze wur
den get-rast hieran tain die Be
steigung des hol-en TIrmfeilQ
Vorher wurde noch abge innielt,
denn wenn's ein Unglsck gi t, läuft
alles baden-«
Während des sdfannnelns hielt
der alte Markt-les eine Rede an
die Minnen welche ais sreiwitlige
rie »Den-sein« Kram- hielte-Use
iter halten! —- Sonft iii mein Saht-,
mein einziger Sohn. verloren! —
Stiirter atziesent Stärker nnziehent
Es ist mein einziger Sols-P
Rat-w gib sich eine Bewegung
unter der tm send bät-Leibär
.Da ist merk FMLJII Ists-t
rede-jenseit«
s Alle Blicke steckten hinauf.
Da oben stand ek, der junge Ja
son. im Caulletlleide, eine ungeheu
re Balonrierstange geschahe-eh auf
einem Brett, das zum Bodenfensiet
.hemusragle. Ein Schablone-c mut
sde herausgetelchl, dessen handhaben
et sich as den Gürtel festnrcchle
Dann erschien in der Lake hinters
illa ein Baueknjvngr. 1
»Der Mill« glncks von Mund.
zu Mund. ,Der Razl vom Stern-»
heil-aner! —- Schonv’ und Spott;
aber des Alten« daß ee so was zu-!
»M! L- Uch M, der sitt lml
Wirt-kam —- Avek vie Stiel-sm
letL —- Mnn das dem Rast feine
Yes M yiißth iIn Grabe dreh
lelt sich Incl« So Mag-I sen
Mut-i- sts-m- Md di- W
drangen zu den Ohren der Stem
bpsböuetin, vie halb versteetsx neben
ten Schmucan eines hat-fes Rand
lused ebenfalls in vie Höhe schen-te
isefi then braune-, hatten! Fig-.
J Jst siettW-s.svm Ulysseu·
«kt-et, wo ver Sieknhosbauet all-w
ver seinem Rom-ein Mz und sich
wendete-, daß alle fort Mem sagte
die Kellneeim »Nu, Bauer-, gehks
nit auch sit-schauen auf den Mech
pLatz wse sie Euren eigenen Sohn
übets Seil fahren? Schämks Euch
nichts«
«Was? Mein Sehnt Der Sohn
vcm Sternhofbauern aus dem Seil?«
fragte der Bauer. ganz gelb im Ge
sichte.
»Wenn das Eure Selige iviißt’!«
feste die Kellnerin hinzu.
»Wenn das meine Selige wüßt’!'
wiederholte der Bauer und wollte
das Glas leeren. Da aber liber
tarn’s ihn fiedend heiß, er stellte es
wieder hin, sprang auf und fiiirzte
zur Tiire hinaus, dem Kirchplaß zu.
Tilles drehte sich um ihn.
Leute, die ihn doriibertvaeteln fa
hen, sagten: »Deine hat der Stern
hofdauer aber einen tüchtigen
Raufchl«
Er hatte aber trinen Rausch nur
einen Schwindel. Er fah in dern
Nebel vor sich ein paar traurige,
unrrvurfsvolle Augen« —- die Augen
von Nazls Mutter. Und weiter lief
er, weiter bis auf den Hirn-Man
Dort fah er die vielen Menschen, die
alle in die höhe ftarrten, und er
fah auch hinauf und fah eben, wie
der junge Jason mit dem Schub
tcrren, in dem der Nazl faß, die
ersten dorsichtigen Schritte machte
auf das Seil hinaus, auf das
fchtvindelnd hohe Seil.
Der Bauer wandte unwillkürlich
die Augen zur Seite, und da fah
er neben sich feine Frau, feine eigene
Frau, an einein Scheunentor leh
nen. Sie hatte ihn auch gesehen,l
aber sie sagte iein Wort. Sie hatte
nur fo große, große starre Augen
und schneeweiße Lippen· Und sie
fireette wie hilfefuchend die lband
nach ihm aus« sie hielt sich an feinen
Arm und sprachen teines ein Wort,
aber sie hatten sich gefaßt, alstiinn
ten sie damit den Schubiarren «oben
festhalten, der auf dem schmalen
Pfade weiterging, immer weiter.
Da tönte ein furchtbares Beter-i
geschrei von droben. Der arme llei
ne Bursche hatte Angst betotnmen.
unübertviudliche Angst, wie er troßs
der Warnung des Seiltänzers einen(
Blick in vie schwindet-a- Tieke gc-l
ran hatte. Ein grausiger Schreck
hatte da das junge herz erfakt,1
trampfhaft klammerte er sich an die
Wände des Schubtarrens, zappelte
mit den Beinen und schrie, fchrie wie
besessen.
Der Schubtarren fchwanlte, die
Stange des Seiltiinzers fchtvantte
nach rechts iiher —- der Mann bist
die Zähne übereinander, daß sie
blutig wurden — ein Nu noch, und
er selbst und das Kind mußten zer
schmettert in der Tiefe liegen.
Jn der Menge unten wurden
Schreie hörbar, dumpfe Rufe «Je
fus Marias·
Da schwang der Seiliiinzet rnit
der lesten Kraft der Verzweiflng
die Balanzierfiange nach links her
um und feste fich in Lauf. Er dach
te nichts dabei, seine Gedanken wa
ren wie gestorben fein herz Wind
fiili, es war nur Jnfiinit was ihn
trieb.
Dann hörte er noch, vie das Se
schrei unten erstarb, tpie dann sie
der ein Ruf aus tausend Kehlen
hörbar wurde, er siihlte, wie der
Schubtarren von zitternden Rinden
ais Hodenfenfier hineingezogen mir
de, er fiihlte den Boden des Spei
chers unter feinen Füßen, und tout
de piöitich ganz eigentiimlich unna
türlich ruhig. »Wie im Leben wie
rer!« murmelte er..
Unten aber in der Menge war
ern Weib als-mächtig gemieden Es
war die Sterns-Martin
Der Sternhosbauer dagegen
drängte sich wie rasend durch die
Menge ins caus des Konsuman
Dort holte er seinen Jungen, und
tiihrte ihn zu der M, die
wieder erholt hatte und den sag
inui weinend an sich zog.
truäz fortan als Glanz
winkt der Durste ung immer nur
seine eigene, groeiund
Atti-W über das — das
heißt eine in Mtleider sit-ist
Strphpudpksmit einem Las-denkest
's tra- tseniger Silbergeld ein« aber
ich du sich MW!« MI
Dem leite-, thue s- Its-Im
Letne leiden, ohne zu Hagen —
Lerne- man-time- allein
Deinen M und Aas-mer ertrag-m
hüllt die Zeete in Schweigen ein
Leme leiden, ohne zu flog-I —
Keines- tät-de den brennen I III-m
Sei-it sucht- vpn drückend-u Sorge
Zchlteßc verwahre das Mittan IT
Lctue leiden, ebnes n en —
sß dein- bindende-I Om- n nicht ichs-,
erne. m Taf Aufs-en
Leknc dei- WK ehst- sum-e senkt-Why
Lerne leiden, ohne a I
sis tue s- end-, ge- Mut nimmt,
IIIÆ «M«"
»Hei-;M-1-s » g s !
l Die sinds-up , I
Its-Ue von Julius Imva
I Du akieg hqm ieia Ema-Des
nfqt zu ösdeea vermocht- Hm
Ost-es wa- vet ausgeprägt- Iesihet
Jud Schönheiisfnnattket geblieben,
der er Zeit seines Lebens gewesen·
Alles häinche war ih- fehk falsc.
Wohl rührte ihn das viele Leid, das
et jetzt sah, aber scheu wandte et sich
- stets ab. .
I Vielleicht trug gerade sein eigenes,
Ftökperliches Gebeechen die Schuld,
daß ihn so seht noch Schönheit dile
Htetr. Er hinfie. Nicht statt, aber doch
i sichtbar.
; Nach langem Suchen und nach
Fforgfiiltiger Wahl hatte er ein Mad
Hchen geheiratet. Seine Maria war
»fchön und lieblich. ihre Stimme klang
Fweich und zart, und ihr tiefblaues
kAuge strahlte Liebe und Zärtlichkeit
JDoch nur ein tur es Glück toar es
Fgewesen ein inaichee Leiden han
-fie ihm im fünften Monat entrissen.
; Seitdem war Ehlers allein geblie
"ben, wenn auch nicht einsam. Denn
er liebte die Geselligieit. ionnte sie
nicht entbehren und es nicht iiber sich
gewinnen, sieh in feinem heim einzu
tapseln, das er mit eelelenem Ge
schmack ausgestaltet hatte. Jhn umga
ben die Schönheiten der Kunst und
des Kunstgewerbes. Seine kleine Ge
miildefammlung erfreute sich eines
Rufes, seine Porzellane entzückten d
Sachverständigen
Aber tros feines Sanges zur Ge
felligleit hatte es Ehlers nicht iiber
sich gewinnen können, wieder zu hei
raten. Wohl trieb ihn ein Sinn sur
vie Höusiichieit geradezu in die Ebe,
die Familien standen dem reichen, un
abhängigen Witwee offen und man
ches Mädchenauge blickte ihn lockend
an. Aber wie er auch suchte, spürte
und sich umsah in feinen streifen —
er hatte die Frau nicht gesunden. die
ihm die Oeimgegangene ersehen
konnte.
So schien es, daß Walter Ehlers
bis ans Ende feiner Tage vergebens
die Frau seiner Augen, feiner Ohren
und feines Schönhertsgefiihls suchen
sollte.
Er war ilug genug, an der Ueber
spannung feines ästhetischen Sinnes
eine Ueberspanntheit feines Gefühls
zu erkennen. Aber er war su bequem,
um dagegen anzutiimpfen, giautte
auch nicht, dazu imstande zu iein.
Vielleicht hätte es erzieherisch auf
ihn eingewirtt, wenn er an dein
Kriege als Kämpfer auf dem
Schlachtfelde teilgenommen. Uber fein
Gebrechen verhinderte es. daß er ins
here eingereiht wurde. So giaulne
er, genug daran zu tun und fürs Va
terland in vollem Maße einzutreten,
wenn er aus seinen reichen Mitteln
erlleetliche Summen fiir die öffentliche
Wohlfahrt und fiir die Kriegshee
lesten hergab.
Im übrigen lebte er feine Tage
auch in der harten Kriegszeit in ne
wohnter Weise. Wie alle Welt in;
deutschen Landen, so zweifelte auch
er nicht an einem vollen Sieg iiber
die Feinde, und diese feste versucht
ließ teine Unruhe in ihm au tommemi
So verflossen die Kriegsmonate
fiir Ehlers ohne große, seelische Er
regungem Da zwan ihn ein hefti
ger Gewinns-aus« ns Bad zu ge
hen. Er wählte Wiesbaderu
Jn dem vornehmen spiel, in dem
er wohnte, hielt er sieh ab andert.
Nur an dem gemeinsamen ittagse
mahl in dem pruntvollen Speisefaal
nahm er teil. Seine Tischnachbarn —
zur Rechten eine fange, sur Linien
eine ältere Dame —- fliißten ihm
kein Interesse ein. Es waren geistige
Richtigkeitem mit denen er sich nur
iibet das Wetter-, iiber die Mode und
allenfalls noch iiber das Theater un
terhalten ionntr. Dann war's aus.
Ader das focht ihn nicht an. So
wurden wenigstens keine Aste-sen auf
feine Ruhe unternommen — —- —
Wieder rief die Glorie zum Mit
tagsmahl, wieder er den ge
wohnten Plai ein. bemerkte er
Zu feinem Erstaunen, daß das dal
berige junge Fräulein, das so lange
neben ihm gesessen, verschwunden
war. Statt dessen sah er zu seiner
W ein junges Mädchen in
Wirt-IS das sieh eifrif mit
einer älteren me —- wie es chien,
ihre Mutter — unterhielt. Er ver
beugte sich leicht.
Wie gebannt blieb sein Blick auf
dem Mädchen haften, dem das
Schwesterngewanb so überaus vest
teilhaft sinnt-. Sein herz pochte in
hämmernden Schlägen here ou, das
war die Lansgesuchte, da- deal —
das« Weil-. Jhr Haar hatte das
weiche, flimmetnde, seidene Blond
das er so liebte. Das zarte Ovat
ihres Gesichte-, diese tiefblauen, län
zenden Augen« diese w , melo liche
Stimme, deren Klang nberanfchte
s-— alles, alles vereinte iFräuer
u entzücken und qan st e zu fei
eln. c- nmr nichtdir egenannie
Liebe auf den ersten sci« —- dar
über wer er natürlich Unau- — aber
ein Zauber war ei, der ihn sofort
Maus subs
Ekne tat-e, leise Instan- an den
befrei-ten Kellnen »Frau General
North-us nnd Fräulein Mk
Gewaltsam wansje seine Erke
ng nieder. rsiellte sich vor und
Etpfte eine Unferhallun mit der
an. Sie gab sich bhasi und
iempeeamenivoll nnd zeigte als
Dante von Ald- und cr
Werk-Ieise use
Frei-. Er nahm es fiir ein gutesl
Vorzeichen
Wenn sie sprach, lenchiele ihr Ause.
»riitete lich das zarte Gesicht, spielten
sähe Schelrne nat-Etwa Meint-«ff Its
ftie nien wondene Anstal- Zugeph
und Sch« nheit« erschien se ist-.- Geiz
festlich war ihm zumute. ,
Die Tafel wer beendet. innn erhob
fich. Stühleriietem Isheichceren, kee
beugungen Ehlerö führte Marias
weiße-, weiche Band un die Lippen
und fah dann auf. zärtlich« tertchenb«
um das liebliche Gesicht voll in sich«
aufzunehmen «
Cntseht taumelle er zurück. !
Jhre rechte Wange war mit einerl
roßen Narbe bedeckt, die das Ges
Zcht entstelltr. :
Maria Karlhaus tnh sein Gesicht.
Sie wußte, was ihn auf einmal to
heftig bewegte und 4etchrecktr. Sie
nahm es nicht iibel. Ruhig blickte tie
ihn an und ertlärtn »Ich werde Sie
sogleich von meinem Anblick befreien.«
Verwirrt und verlegen suchte er«
ein Wort der Entgegnung und der.
Abschwächung fiir sein Verhalten
Doch ehe er antworten konnte, fuhr
sie fort: »Sie werben die Verunstal
tung meines Gesichtes vielleicht weni
ger schwer empfinden, wenn sie ersah
ren. auf welche Weise ich dazu gelangt
bin. Können Sie meinen Anblick noch
einige Minuten vertragen?«
Wieder nahm ihn ihre Stimme
und ihr Auge gefangen. Wie schön«
wileerrlich —- und doch! Schade da-’
tun-ewig schadet s
Stumm verneigte er sich, und Mir-s
ria fiihrte ihn in den Vorraum. wich-s
rend die Mutter im Speisefaal nocht
mit einem befreundeten Osfizier1
plaudertr. T
Jn einem der bequemen tiordsesseL
nahmen sie Platz. Maria setzte sich zui
seiner Rechten, um ihm den unange-!
nehmen Anblick der entftellien Wangej
zu ersparen. »
Dann erzählte sie in ihrem ruht-i
gen, zarten Ton
«Seit Anfang des Krieges hin ich
im Dienste des Vaterlande-! als frei
willige Krankenschwester tätig; hier
in Wiezbaden wikl ich mich nnr eint-;
ge Wochen von den Anftrengungenl
erhoben, um mich dann wieder zur
Verfii ung zu stellen. »
Anfyiinglich sieinibte sich meines
Mutter gegen mein Vorhaben. weil
sie fiir meine Gesundheit fürchtete,«
doch schließlich fiigte sie sich, denn alss
Witwe eines preußischen Generalss
sah sie ein« daß wir Frauen uns nachs
unseren Kräften und nach unserem
Können in dieser schweren Prüfungs
zeit betätigen sollen. Mich zog es zur
ikranlenpftegr. Jch gewann den Be-(
ruf lieb und ging mit ganzer Seete
in ihm auf. Sie wissen nicht« ihn-T
nen es gar nicht wissen. was es heißt
wie hoch es stimmt, die tieanlen zu
trdsten, den Leidenden, die fiir uns«
in den Kampf gezogen und verun
glückt zurückgetehrt sind, zu helfen
nnd ihre Schmerzen zu tindern.’
Sie hielt einen Augenblick inne.
wie von Erinnerungen überwiiltiat
Dann fuhr sie fort
.Vor einigei Zeit halte ich das
Glück, in ein Lazarett dicht hinter
der westlichen Iront zu tommen. Eine
Knabenschule war zum Lazarett uns-»
gewandelt und die Rote-Kreuz-Fahne
wehte fchiihend iiber dein haue. Doch;
der Schutz versagte. War es Ahsicht,.
war es ufall — bei einein heftigem
Treffen, in der die Entscheidung hin-l
und hers wanite und das Städtchens
in dern sich unser Lazarett befand»
beschaffen wurde. zertriiinmerten Gen-s
naten unser haus. Einige Minuten
-· Und es brannte lichterloh. l
Nun galt ei, die Berwundeten
schnell der Gefahr zu entziehen. Alle
fasten wir niit an, denn wir waren
nur wenige Pfleger und der Verwun
deten gab ei, ach, fo viele. Einen der
legten, einen jungen Menschen mit
zerfchrnetterten Füßen, nahm ich in
meine Arme. Es ift mir heute noch
nicht klar, wo ich die Kraft dazu her
nahtn. Ich den te den Körper unter
der La des schweren Mannes ein
wenig sue Seite, nach link-, aber in
demselben Augenblick, n dein i das
haui aufatinend rließ, fie ein
Stiiei flammenden Gehalts auf meine
rechte Wange und verbrannte mir die
baut. Doch wenn ich auch zeitlebens
dieses Jenermal tragen werde —- ich
habe einen Menschen vor dem tier
l
i
brennen gerettet —- und due beginnt, l
o das ist schön — so wunderschön!«
Ja Mutter Ehlers erwachte einei
tiefe Rührung «Wuuderfchön!« Das
Wort tlang ihm nach Der S.nn iiik
diese Schönheit die ihm eine neue,
noch unbekannte Schönheit war, ging
ihm Auf. Und auf einmal zerriß dei
Nehelfchieiei. der ihm die Sonne
weiin er Opfekwilligteit und weib
licher iehestätigteit, die höher stehen
ais alle iiußete Schönheit, verhüllte,
und et sah das Mädchen neben lich
mit« anderen, mit verstehenden Augen
ein.
Er tvechlelte den Pia und feste
sieh zu ihrer Linien un betrachtete
liebevoll nnd ehtfiitchtig hie Narbe,
hie ihm tue zuvor soviel Widerwil
len eingeflö t hatte. Verwundert be
merkte es die junge Schwester
Dem-hin ee thte nd und titßte
sie in inbtiinittgek In acht
illdqthn damit zeigen-' er
l tte et, «da das Mal em Ihrer
Wange nicht me e alt stiftend emp
finde. Da mit so manches«
MJUW an eine Ahnetgime gegen die
»Ist tW ich
W est-tm Will-J »sch- MO- Mem
Ingendiick on schön erscheint das-das
Glich nnd das hii liche
Æajein ann. Es lonnnt nur dar
sicdaim Un e richtig einzusteilenck
tnnde blieb Walier
; o lange er sich in Wirthe-den
« , Mario- ständiger i.eiier
Aus sent Uesiheter war ein ensch
geworden.
M
Die vergessene-te Lfii3·ere.
Die folgendef in der »Armes nnd
Rady Gazeite derichtete Geschichte
toitFt ein nezeichnenoee Licht aus die
mehr als sungeordneten.3ust"onde in
der englischen heeresleitnng: Als der
Krieg ausbrach, wurde der Ossizier
X. fiir selddiensiuntnuglich erttärt
und in den Stal- der in England ge
bliebenen Schutztrnppen versehn Nach
einein holden Jahre neuerdings un
tersucht, wurde der Ossizier seid
dienstsiihig erklärt. Drei Monate
später erhielt er ein Telegramm der
Verresleitung ohne Unterschrift, in
welchem ihm besohlen wurde, mit
cem Sittbidienst ztt treten und sich
zur Abreise an die Front dereiizni
isoliert Gleichzeitig erhielt der Of
sizier Y. on der Westttont den Be
fehl. att- diensiuntnuglich nach Eng
land zn reisen und zur Uebernahme
des heimntdienstes des Ossiziertt X.
sich dereiiznhalten. Beide Ossiziere
solgien den Befehlen: der eine trat
aus dem Dienst in England, der an
dere aus dem Dienst in Frankreich.
lind so trasen sie beschästigttngdlos
in London zusammen. Seitdem sind
Monate vergangen, und die beiden
Ossiziere haben teinen weiteren Be
fehl erhalten. Der eine tntn nicht
an die Front, weil man vergessen
hat, ihn einznberusett. und der an
dere lmn mitl dein gleichen Grunde
nicht in den Stab in England. Sie
sind ganz einfach —- oergessene Ossis
ziere.
—
Die Rosen im Balle-.
Die Rosenpflanzungen irn Balsam
namentlich in ben Niederungen von
Selirnno und Karlooa bis nach Phi
lippopel hin, liefern bab in ber gam
zen Welt berühmte titosenöL Be
fonbero eine Gattung titosen toirb in
diesen seffelartigem von würziger
Berglnst beftrichenen Ebenen am Val
tan gezogen, bie »Was-r rentifolta
probincialts«, rnit ihren blaßroten
nnd sehr wohlriechenben Blüten. Der
chemischen Analyse zufolge sollen ihre
Blätter iilige, fettnrtige Bestandteile,
Galliipfriföure, Halt, Gerbstoff unb
Eifenoxyb enthalten. Diese Rose
bon’ nicht sehr hohem aber kräftigem
unb buschigern Wuchs liefert in been
bezeichneten saltangebiet mitnnter
ein Jahreserzeugnis von etwa 5000
Pfund Rosenessenz band in hanb
mit Ver Produktion ver Essenz geht
bie bei Rosentoasfer5, das als Schön
heit6- unb heilntittel wie als not
wendiges heilntittel zur Bereitung
gewisser Spirituosen sehr beliebt ift.
Ein hauptautsuhrplatz siir bie Es
senz wie fiir bns Rosentoasser ist bat
bulgorifchr.ikasanlitk Von bort ge
hen baz teure Rosenöl und das im
Preise niedrigere Rosentoasser nach
Konstantinopel unb alsdann in die
weite Welt hinaus·
-
seinen-weh
F glaub, daß manche Frau int strirf
i rre flieh zu verwenden,
man gar ui Karten sollt,
e an die Front zn en nl
Die W to rben lurzerbanb
Die großeVi nun späten,
Denn Frauen haben wie qenna,
Diel- -— Regt-neue ftets führen
llnb banu die Damen, bie da tiihn
gen But sechs Nabel-I tragen,
te werben den Franzosen gern,
Statt uns nur« Wunden schlagen
Und baun auch fette vorn Ballett —
linb ba- ist lemc shrafe —
Betaut-r ubthat manche manchen chan,
Wenn auch durch leichte —
Nun benle man bie Schrecken aus
Ursein-lieben Bewohner
Erschiene tvo biet aer Schar
Der Piraten-Herde Aragoneri
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lind die Novelle nun erft gar.
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«Gelehtle Ralukfoefchek haben
festgestellt. daß die Wanzen im Mil
lelaltek geflügelt waren lud flogen
Abek kein einziger Forscher hat nach
zuweisen vermocht, daß Ue Schnel
ten jemals Schnessiufet waret-.
Die neun Musen waren ur
sprünglich fünfzeh. Wo vle seh
lenveu lech- seblieben sitzt-, iil nicht
In etmällelir. .
help-Tand halte noch keinen Ra
nken, als daselbst Neunaugen gefan
gen wurden, welche völlig erbllndet
waren.
.
Ei flehe noch nicht fest, daß Denke
die Pelikan-El m Europa ge
Tät-ON- ucyewkmey säh et