Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 06, 1916, Sonntagsblatt, Image 13

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    Sonntag-Ratt de
Staats Art-Zeiger und Herold.
Grau-d Ins-Z, Nein-: Doim ungerst
see seht-gleichtun
Von Clara Vliithgea
Frau Förlter Wesiel stand in ihrer
Küche und hielt noch einmal Muste
rung über ihre Kupfer-i und Nie-ing
verrate.
Morgen war der erste der drei Ab
lieferungstage, nnd was einem schwer
wird, foll man möglichst bald taus;
ohne weiteres Sträuben und Gelt-:
bela. Dieser Krieg hat sie vor schwe-;
rere Prüfungen gestellt: Ihre beiden;
Söhne stehen im Felde, der eine im;
Osten, der andere im Westen, der äl
tere lit, einmal verwundet und wieder
geheilt, gerade an die Front zurück
gegangen.
Was bedeuten dagegen ein paar
Fupfertasserollen and Melsingmärs
er!
Und doch, das Herz der Hausfrau
hängt nun mal an diefen Geräten
Es will ihr nicht in den «Sinn, daß
diefe friedlichen, zur Bereitung aller
lei guter Speifen dienenden Sachen
nun die Umhilllung fiir tötende Ge
fchoffe abgehen fotten.
Jhr Mann tritt heran, ein Duplii
tat des Verzeichniffes in der Land,
das fchon vor Monaten der Be örde
eingereicht werden mußte.
»Hast du altes zufammen. Lotte?
Ein lupferner Einmacheteffel, eine
Kupfertafferollr. ein Meffingdurch
chlag, ein Mefsingteuchter, ein Mes
ingmiirferi Vergiß ja nichts," du
weißt, es steht Strafe auf der hin
terziehung.« ·
«Ja, ich weiß, ed tft alles hier bei
fammen.« , »
»Warum haft du übrigfns den
Krempel nicht fchon friiher freiwillig
adgelieferti Damals wurde ein viel
höherer Preis dafür gezahlt. Du
hätteft dafiir manches den Jungen ins
Feld schicken lönnen.«
»Gott — man hängt doch an den
Sachen. Sie stammen alle noch von
meiner Auiftaiiung her. der Mörfer
fogar von meiner Großmutter.«
»Das find fo Einbitdungem und
das hilft nun alles nicht-J fagt der
" Förfier und ziet den martiatifchen
Schnurrdart dur die Zähne. »Mot
gen um neun wird der Braune ein
gefpanni, dann geht's zur Kreisftadt
—- und dann heidt!"
Frau Weffet macht sich daran, die
Geräte noch einmal blihdtant zu put
zen, obgleich das gar leinrn Zweck
mehr hat. Zwecli — Man toäfchtf
doch auch einen Toten, ehe man ihn
in die Grube legt. — —
Mit diefem Verluft hatte sie fich
nun fchrsn abgefunden, da war aher
noch ein anderer, der drohte — wenn
fie fonft ehrlich fein wollte.
Da ftand auf der Kotnrnode im
Wohnzimmer ein alter Messingleuchs
ter, auch ein Stück von Großmutters
Zeiten her. Als junges Mädchen
hatte sie ihn fich von der alten Frau
erhettelt, feine adfonderliche Form
hatte ihr zuviel in die Augen gesto
chen: Auf einer tunftv rzieeien
Platte lag eine geringelte chlange,
den Kopf zifchend hochaufgerichtet,
und darauf, wie eine Krone, der
Lichtdalter.
Die merkwürdige Form, die seine
Arbeit tvarsen einen Schein von
Phantasie in das Atltagsleben des
jungen Mädchen-. Er stand tagss
iiher aus ihrem Nähtischchen und
nachts aus dem Nachttischchen neben
ihrem Bett. Abends schrieb sie bei
seinem Lichte ihre tleinen Mädchen
briese und später die heimlichen Lie
besbriesr. Er siedelte mit iiber" in
ihre junge Ehe und wars sein Licht
iiber die beiden Kinderbettchen, wenn
sie zwischen beiden, jede Dand in den
Händen ihrer beiden Jungen. mit
ihnen das Nachtgebet sprach. Tags
iiber hatte der Leuchter seinen geehr
ten Komniodenplatz, seine goldenen
Lichter huschten sreundlich über die
gehätelte Decke. Das ganze Zimmer
eckchen betam durch ihn einen Nirnbus
von Vornehmheit.
Rein, es war der Frau Försterin
nicht möglich, auch diesen Leuchter in
die Masse zu«tdersen.
Langsam, im Gefühl ihres Un
rechts, nahm sie ihn vorn Plag, wit
telte ihn sest ein und verbarg ihn
im Kommodentastem
Ob ihr Mann sein Fehlen merken
wiirdei Schwer-lich Und wenn
schon; dann würde er einsach glau
ben, das sie ihn zu den anderen
Sachen getan habe.
Der Zörster Wessel aber merkte
nichts, er hatte den Raps reichlich
voll, denn nun wollten sie auch sei
nen lehten zorstgehilsen noch einzie
hen. Was dann werden sollte, mochte
Gott wissen.
Frau Wessel aber wurde-ihrer Tat
nicht sroh. Ihre Gedanten nisteien
sich in den Kmmodentasten ein, die
Sicherheit ihre-·l Messingleuchters er
s ten ihr höchst unvolltoinnien Wie
konnte jemand durch Zusall den
Kaften öffnen, den versteckten Leuchter
auffinden. Ob er im Wäfchefchrant
sicherer wäre oder auf der Boden
tannner in irgend einem Winkel?
Der Zufall fpielt fo wunderbar, und
eine volle Sicherheit bietet wohl tein
Verfteet im ganzen Haufe.
Alle Winkel laffen fich durchftös
hern, all-: Schränte öffnen oder er
brechen. Nur eines gibt es, das ab
folut fchiitztt die Erde. Was die
Erde deckt. toenrnt nicht durch fremde
hand wieder ans Tageslicht Das
haben sie sehr wohl gewußt, die alten
Schatzgräber. die ihre Schöhe fo tief
in-d’ie Erde buddelten.
Der Gedanle ift abenteuerlich, paßt
fo gar nicht zu der gut bürgerlichen
Frau Förfter Weffel. Zuerft ver
wirft fie ihn, dann gewinnt er Ge
walt über sie, packt sie wie eine
Zwangsvorftetlung. Jmmer ftiirter,
je weiter der Abend, der Freund al
ler Geheimniffe und Abenteuer, dor
rückt.
Es dunkelt schon ftarl, als sie —
immer noch wie unter einem Zwange
— einen weiten Mantel hervorsucht,
den sie seit langem nicht getragen hat,
einen kleinen, turzstieligen Spaten
darunter verbirgt und schließlich den
eingewicielten Leuchter unter den Arm
llemmt.
Der hirschlopf über der Tiir der
Försterei sieht ihr verwundert zu,
Männe, der Dasel, will sichsihr an
schließen, aber sie jagt ihn zurück.
Schwer liegt der Spaten in ihrer
Hand, schwerer der Leuchter· Er
mag in Wirklichkeit gut seine andert
halb Kilo wiegen, ihr aber ift’ö, als
ob er mit jedem Schritt an Gewicht
zunähme —- fo schwer werde, daß er
sie zu Boden zieht, daß ihre Knie
anfangen zu zittern.
Da weiß sie eine alte Kiefer, die
sich durch die eigentümlich zerfeßte
Form ihrer Krone von allen ihren
Gefährtinnen kenntlich abzeichnet.
Jhre Wurzeln haben sich zum Teil
iiber den Erdboden erhoben, das
Erdreich ist darunter geloaert, so daß
auch Frauenkriiste es ohne große
Mühe zu heben vermögen. Hastig
feht sie den Spaten an —- die Schol
ien-fiiegen —- das Patet versinkt in
dem« schwrrzen Loch. Sie atmet
schwer, fchauselt die Erde darüber,
klopft den Boden glatt und klebt die
aufgeworfene Moozschicht wieder dar
aus, so gut es gehen will.
Die Metaliablieserung am anderen
Morgen ist fast ein Fest, jedenfalls
etwas Besonderer-. Jn dein alten,
jeßt nicht mehr benußten Gefängnis
der Kreis-findt geht sie vor sich, einige
angesehene Bürger sind ehrenamtlich
beschäftigt als Sachverständige, um
die Sachen zu wiegen, Eisenteile, wie
Kesselhentel und Kafserollengriffe,
zu entfernen und die Scheine auszu
stellen. Zwei Gendarmen überwa
chen mit strenger Amtsmiene das
Ganze. Der fcherzhafte Möbel- und
Kunsthändler Herr hoffmann nennt
die Frau Försterin »derehrte Frau«
oder »meine hochverehrte" und macht
ihr sein Kompliment, daß sie gleich
am erfien Tage alle ihre schönen
Kupfer- und Messigfchiiße aus dem
»Altar des Baterlandes niederlege«
—- eine Wendung, die fiir sie allein
natürlich zu schade ist und auch siir
andere angewendet wird.
Die Zr u Försterin aber wird bis
iiber die shren rot dabei
»Nun, meine Verehrte, Sie errö
ten? ch will doch nicht hoffen, daß
Sie si einer hinterziehung schuldig
gemacht haben?« sagt er und sieht sie
aus der Auge-kecke listig an. «Be
sinnen Sie sich nur —- es steht eine
strenge Strafe darauf."
»Meine Frau ist treu wie Gold.
Am liebsten hätte sie die Tiirilinlen
abgeschraubt und die Griffe von den
Kommoden gerissen«, oerbiirgt sich
r Förfter.
»Aber selbstverständlich selbstver
ftiindlich. Scherz mu sein. Was
wäre denn sonst das ebenf« begü
tigt der here Voffmann und reicht.
dem Paar verabschiedend die biedere
Rechte. !
Man macht dann in der Stadtl
noch eine Menge Bespr- ungen,- ißt in
einem bescheidenen Gasthof u Mit
tag. Es iit wirklich .ein Fest inmit
ten der Kriegszeit —- wöre nur nicht
der fatale Druck im Versen und der
eine eigensinnige Gedanke, der immer
wieder um die Kiefer mit der zuseh
ten Krone lretftt
Es ist tetn Märchen, kein Aber
glaube, daß es den Verbrecher immer
wieder zum Ort der Tat zartielzieht
Eine unsinnige Angst, sich zu liber
eeugem ob die Stelle noch unberührt
si, bohrt in Frau Wessel. Sie läßt
sie bei keiner Arbeit auzdauerm sie
macht sie zerstreut und abwesend bei
den Mahlzeiten, drückt sie nachts als
Alp. Immer erwartet sie, daß ihrem
Manne der Plas auf der Kommt-de
ausfallen werde, auf dem fest an
siatt des Messingleuchters eine bunte
»Ob«-is- . seh-«- ...s«« .s.--. »
Glajvase steht. Wird er nicht be
merken, dassr sie diesen Leuchter nicht
abgeliefert hat? Und was dann?
Einen Tag, eine Nacht trägt sie
ds Angst mit sich herum —- dann
unterliegt sie ihr. Nur einen Blick
auf jene Stelle werfen, dann wird
das Gespenst von Entdeckung und
Strafe —- vielleicht gar Gefängnis
strafei —- oon ihr weichen.
Wieder wartet sie die Dunkelheit
ab, dann macht sie sich auf den Weg.
s Sie, die bei ihrem reichlichen Maß
sgesunder Arbeit nie Zeit gefunden
lhat, an ihre Nerven zu denken, merlt
spliiglich daß sie nervös ist. Ein
;Zweiglein, das abkniett, jagt ihr Ent
ssetzen ein. Es wird ihr Angst vor
’Ihren eigenen Schritten, die tlingen,.
als ob jemand sie verfolge. Der
Atem seht ihr aus. Sie hält an,
sieht sich um, niemand tommt.
I Und gottlob, die Grabstekke ift un
soersehrtl Keine Hand hat daran ge
iriihrtl Fast scheint es, als habe das
iwlederausgelegte Moos sich schon fest
;verfilzt, um ihre Tat um so sicherer
Izu verdecken!
s Ektöst kichtet sie sich hoch, wendet
Echi zum Gehen. Ta: »Männe —
« u.«
! Der Dattel springt an ihr hoch,
lmit freudig windenden Bewegungen
—- dann sttltzt er sich an die Stelle
und beginnt zu graben. Sie will ihn
sortreiszen, aber er ist stärker als sie,
seine trummen Dackekbeine arbeiten
mit einer unheimlichen Lebendigkeit
Schon hat er den Kopf in die Grube
gepreßt, seine Ohrenspitzen sehen noch
darüber hinaus und bewegen sich
rhythmisch. Nun hat er den ganzen
Vorderkörper in dem Loche, er dad
delt und gräbt weiter wie ein ange
stellter Mechanismus.
Und seht ist auch der Förfter zur
Stelle, dem der Hund entwischt ist.
,Lotte —- was machst du hier in
der Dunkelheit, und was hat das
Vieh vort«
Ehe sie aber antworten kann, zerrt
»das Vieh« schon einen Fehen Zei
tungdpapier hervor, um sich gleich
darauf mit gesteigertem Mut an die
Arbeit zu machen. Da tniet der
Förstfr nieder und zieht im nächsten
Augenblick den Messingleuchter her-·
vor.
»Lotte, das hast du getan! Eine
Frau, die zwei Soldaten im Felde
stehen hat« und beträgt den Staat!
Schiime dich. Aber morgen friih
kommst du mit mir und gibsi selbst
den Leuchter ab.«
Das eiserne Pflichttreuegefühldes
tönigkichen Beamten tennt nur diese
eine Lösung.
»O Gott, Mann, sei doch nicht so.
Wie soll ich mich denn da herausre
den?«
»herausreden sollst du dich gar
nicht. Das fehlt noch! Der Wahr
heit gemäß eingestehen sollst du.
Vielleicht machen sies dann noch
gnädig, weil du freiwillig gestehst."
«Gestehst! —- Ach, Karl, du iixsi
ja gerade, als wenn ich ein Verbre
chen begangen hätte-«
Sie fängt an U weinen, weint
»auf dem ganzen achhauseweg und
jdie halbe Nacht hindurch Ganz
jblafz und hohliiugig sieht sie anr an
ideren Morgen aus, aber der jiirster
JWessel ist keiner, der sich dürch Wei
jbertränen mürbe machen läßt« —- s-—
Diesnial geht man die Stunde
Wegs bis zur Kreisfiadt zu Fuß.
Der Förfter trägt selbst den Leuch
ter, als wollte «er verhindern, daß
seine Frau noch im letzten Augen
blick damit ausrückr.
Alles ist genau wie vor zwei Ta
gen. » Als sei die-ganze Szenerie·ein
fach solange ausgebaut geblieben.
»Nun, verehrte Frau, sehen wir
uns schon wiederi Sind Ihnen
vielleicht noch verborgene Schätze ein
gefallen, die Sie nicht angegeben hat
ten, und die Sie uns jetzt abliefern
wolleni Ei, ei!« sagt der scherz
hafte Möbelhiindler und hebt drohend
seinen dicke-n Zeigefinger.
»Allerding"s. Meine Frau hat hier
noch einen alten Messingleuchter, von
dem sie sich nicht gern trennen wollte,
gut seine anderthalb Kilo schwer.
Sie hat sich das nicht gleich so tlar
emacht. Jch hoffe, Sie werden es
e nicht entgelten lassen, da sie doch
nun freiwillig« !
Er fängt nn, den Leuchter auszu
wicteln, rau Lotte holt schon wieder
das To ntueh hervor. (
here hoffmann hat den Leuchter
in die band genommen, er dreht ihn
ringsum, besteht den Jus-, streicht
über die Ziselieeung des Schlangen
leihet.
»Prachtvoll, ein ganz sumoseö ni
tei Gift-, hat mindestens seine hun
dertundsitnssig Jahre aus dem Ritt
len. Und den wollen Sie ablieferntm
«Wolleni —- Ja, muß ieh denn
nicht7«
»F wo. Dies ist doch ein Kunst
werk, und Kunstwerke brauchen nicht
abgeliefert zu werden. Wenn sie ihn
mir aber verlaufen wollen — fünf«
sundvierzig Mart will ich hnen das
fiir glatt auf den Tisch lgen. Jch
habe da fo ein altes Zimmer-, in das
er gut hineinpaßt. Sie wissen doch,
daß ich «Sachverständiger« bin·«
I Von Frau Wessels Herzen fiilli
ein Mühlstein nach dem anderen. Sie
shat sich nicht ftrafbar gemacht, hat
den Staat nicht betrogen, sondern
in einem richtigen Gefühl ein nKunst
werk« vor dem Einschmelzen be
,wabrt! Und nun soll es noch in
jdie gute hände kommen und ihr viel
Geld einbringen, fiir das sie ihrem
!Jungen viel schöne Sachen ins Feld
schicken kann
Sie zaudert, iiberlegt.
s Sie gehört ja nicht zu den Ar
men, ein paar Sparpsennige hat sie
iimmer zurückgelegt, und denbeiden
’da draußen hat’s bisher noch an
Inichts gefehlt.
»Ich danke Ihnen, aber ich möchte
Jihn doch lieber behalten,« sagt sie
Iendlich und wickelt den Leuchter wie
der ein. .
! Es ist ihr nicht um das »KUnft
fwerl« zu tun. Aber der alte Mes
singlenchter ist ihr mit einem Male
zu einem Denlmal geworden, daß sie
nahe daran gewesen ist, unehrlich zu
werden, und daß nur ihr guter Mann
und ein glücklicher Zufall sie davor
bewahrt haben —- nicht zu vergessen
»Männe«.
sie modern- spitz-Hirn
Von Koloinan 'Milszat.
Barbara Kobacs war das schönste
Mädchen im ungarischen Tiefland,
nnd ihr eigenes Spiegelbild sowie
die vielen Bücher, die sie las, hassen
ihr dermaßen den Kopf verdreht, daß
sie sich ganz in die Rolle jener mor
genliindifchen Prinzessin einlebte, die
ihren Freiern Rätsel aufgab, ehe sie
sie mit ihrer Hand beglückte.
Jhr erster Freier war ein Eisen
bahnbeamter namens Karl Schlim
mer, ein hübscher blonder Junge, in
den alle Mädchen verliebt waren, nur
Barbara blieb eislalt und sie erwi
derte auf feinen Heiratsantrag;
»Kommen Sie morgen zu mir, dann
werde ich eine Frage an Sie stellen.
deren Beantwortung entscheidend fiir
meinen Entschluß fein wird."
Der Freier erschien pünktlich, aber
er war ganz bleich vor Angst, ob er
die. richtige Antwort finden würde
«So hören Sie denn,« begann Bärb
chen: »Wenn Sie von San Francis
ro nach New York reisen —- eine
Fahrt von sieben Tagen —- und wenn
von New York nach San Francisco
täglich zwei Züge abgehen, wie vielen
Zügen werden Sie täglich begegnen?«
Karl Schlimmer dachte ein Weil
chen nach, dann antwortete er: »Wer
zehn Zügen, mein Fräulein.«
»Sie haben die Frage nicht richtig
gelöst," antwortete die grausaäe Prin
zessin, »ich muß Jhren Antrag ab
lehnen.«
Der arme Freier war ganz ver
zweifelt und der alte Kavacs machte
seiner Tochter bittere Vorwürfe, dasz
isie einen so warteten und ehrenwerten
Freier abgewiesen, doch Barbara blieb
Innerbittlich »Diese: Karl Schlim
smer ist ein oberslächlicher, beschränk
iter Mensch und ich will nur einen
stlngem in seinem ach tüchtigen und
lmeiner-würdigen ann heiraten.«
s Einige Monate später lernte Bar
bara einen Ossizier,lennen, der sich
in sie verliebte und nach kurzer Be
kanntschaft um ihre hanb anhielt.
»Ich wäre nicht abgeneigt, Jhre
Frau zu werden," antwortete sie,
»doch sollen Sie mir erst eine Frage
beantworten, ehe ich mich entscheide.«
»Bei-fügen Sie über mich, Fräu
lein Bärbchen.«
»So hören Sie denn: Als der erste
Napoleon einst ein Lazarett besuchte,
liesz er sich mit einem einarmigen
Soldaten in ein Gespräch ein, der
den in einen grauen Mantel gehüll
ten Kaiser nicht erkannte.
»Sie haben, wie ich sehe, nur das
Perdienstlreuz erhalten« sagte Nape
ean.
»Ja, und ich bin stolz darnus,«
antwortete der Invalide.
»Was würden Sie erst sagen, wenn
es der Adlerorden wär-ei«
»Oh, der Adlerorden ist nicht siir
uns Soldaten bestimmt.«
»Diese Entscheidung habe nur ich
zu iresfen,« sagte der Kaiser, indem
er den Mantel zurückschlug und den
goldstrohendem mit Orden bedeckten
Unisornirock sehen ließ. —- Der Jn
valide erbleichte und wollte in die
Knie sinken.
»Ich verleihe Ihnen den Adlerorden.
wenn Sie sich dieser Auszeichnung
würdig erweisen. Was wollen Sie
tun, um sie zu verdienen?«
»Alles, Majestiii!«
»So nehmen Sie dieses Schwert
da und hacken Sie sich auch die an
dre Hand abi«
! Der Soldat ergriff das Schwert
sund hieb sich, ohne zu zögern, die
Hand ab. Sagen Sie mit nun, herr
Leutnant, was war in dem Soldaten
Imächtiger, die Tapferkeit, oder die
Eitelkeiti«·
Der Leutnant sann ein Weilchen
nach, dann antwortete er: »Gewiß die
«Tapferleit, mein Fräuleini«
Barbara lachte spöttisch. »Ein an
dermal überlegen Sie erst, ehe Sie
sprechen, herr Leutnant. Sie haben
die richtige Antwort nicht gefunden
und ich Jnnß auf Jhren Antrag ver
zichten.«
Diesmal war Barbaras Vater
ernstlich böse, daß sie auch diesen
Freier, einer kindischen Laune wil
len, abgewiesen hatte. »Lasse es gut
sein« spaan erwiderte die Prinzessin,
»der Leutnant ist ein gedankenloser
Schwäher; der trägt keinen Feld
herrnstab in seinem Tornister!« —- —
Bald verbreitete sich der Ruf der
grausamen Prinzessin Turandod und
die jungen Leute hüteten sich, ihr na
hezukommem Der alte Kobars wollte
also der kläglichen Komödie ein Ende
machen und er nahm seiner Tochter
das Versprechen ab, daß sie ihren
Freiern keine Rätsel mehr aufgeben
werde. ·
Nach diesem feierlich gegebenen
Worte stellte Kobacs seiner Tochter
einen Naturforscher vor, der ein Mit
alied der ungarischen Akademie der
Wissenschaften war. s
»Da ich das Versprechen gegeben;
habe, leine Frage an Sie,zu stellen,«s
sagte Bärbchen lächelnd, »so will ich
Ihnen eine Geschichte erzählen, die
Sie, als Mann der Wissenschaft in
teressieren dürfte. — Sie wissen, daß
ein altes Wiener Hotel den Namen
»Matschaterhof« trägt, doch dürfte es
Ihnen nicht bekannt sein, wie es zu
diesem Namen gekommen ist. — Als
das Fundament zu dem Bau gelegt
wurde, fanden die Arbeiter in der
Erde eine Truhe, die einem Sorge
ähnlich war. Nachdem sie die Truhe.
geöffnet, kam ein Blechkasten zum
Vorschein. Mit schwerer Mühe ward
dieser aufgestemmt, und was enthielt
er? Nichts anderes, als acht größere
und kleinere Matschaler. Aus die
sem Grunde-ward das Gebäude der
»Matschalerhos« genanni.« —- — ·
»Eine sehr interessante Getchichte,«
sagte der Gelehrte Barbara aber
gab auch diesem Freier den Laufpasz.
»Nun, was soll denn das bedeuten?«
begehrte Kooacs zu wissen·
»Das soll bedeuten, daß dieser Ge
lehrte ein hohltopf ist, der nur be
strebt ist, seine Unwissenheit zu ver
bergen. Nie werde ich die Frau ei
nes solchen Schwindler5!«
Jm darauffolgenden Jahre lernte
Barbara einen Dramendichter kennen,
den nicht nur ihre Schönheit, sondern
auch ihr gefährlicher Ruf anzog, und
den es« reizte, seine Klugheit zu er
probenI
Er bat um ihre hand, nnd sie er
zählte ihm die folgende Ges ichte:
»Zwei Sportsmänner be chlossen,
eine Neuerung bei den Pser erennen
einzuführen: Derjenige sollte den Sieg
davontragen, dessen Pferd später ans
Ziel gelangen würde. Die beiden
Reiter begaben sich also ans den Turf,
bestiegen ihre Bollblutpserde, doch da
teiner der Erste beim Ziel tein wollte,
setzten sie sich nicht in Bewegung, ob
gleich das Zeichen zum Statt gegeben
wurde. So standen die beiden Ren
ner wie angenagelt, zum Gelächter des
Publilnms, bis ein Fremder von der
Tribiine her fragte, warum die Pfer
de nicht liefen. Als man ihm erklär
te, daß keiner der Reiter als Erster»
das Ziel erreichen wolle, meinte der
Fremde lächelnd: »Ich wüßte ein
Mittel, die Pferde in Bewegung zui
setzen-« —- Er sliisterte den Reiternj
seinen Vorschlag zu, und im näch
sten Augenblick flogen die Renner über
die Bahn, angeseuert durch den Zuruf
ihrer Reiter-. —- Welchen Rat mochte
der Fremde den beiden Reitern gege
ben haben?«
Der Autor sann vergebens nach.
Schweißtropfen perlten von seiner
Dichterstirn, doch er lonnte die Ant
wort nicht finden nnd auch er ward
mitleidlos verabschiedet.
Barbara ward fortan gemieden,
als ob sie wirllich die grausame Prin
iesscn gewesen wäre, die die Köpfe
ihrer Freier aus die Zinnen ihrer
Burg ausspießen ließ, wenn sie ihre
Rätsel nicht lösen konnten.
Der alte Kovacs hatte schon nlle
hoffnung aufgegeben, feine Tochter
noch unter die Haube zu bringen, als
Barabara bei der »,,Damennmhl« ei
nes Balles einen Tänzer besonders
auszeichnetr. Er war ein bescheide
ner Komitatsbeainter, namens Ber
nolal. »Warum sind Sie nie in un
ser Haus gelonirnen?" fragte Barbara
ihren Tänzer. —
»Weil ich nicht klug genug bin, nrn
Ihre Rätsel zu lösen, mein Fräulein.
Man hat mir erzählt, welche Fragen
Sie an Jhre Freier gestellt haben
und ich könnte keine derselben beant
worten.«
»Ich werde Jhnen beweisen,« sagte
das nlternde Mädchen mit einem to
ketten Lächeln, »daß ich nicht so
schlecht bin wie mein Ruf. Wenn Sie
mich morgen besuchen wollen, werde
ich Jhnen selbst das erste meiner Mit
sel lösen·«
Als Bernolai am nächsten Tage
kom, sagte Barbnrax »Mein erster
Freier antwortete aus die Frage, wie
vielen Zügen er aus der Fahrt von
San Francisco nach New York be
gegnen würde: «Bierzehn Zügeni«
Das ist unrichtig, da ihm während
der siebentägigen Fahrt auch die Züge
der vorigen Woche begegnen müßten.
Die richtige Antwort würde nlso lau
ten: Achtundzwanzig Zügen!«
Bernolal dachte ein Weilchen nach,
dann rief er: »Sie hatten recht, mein
Fräulein, dem Eisenbahnbeamten den
Lauspnß zu geben.«
Sie plauderten noch ein Stündchen
nnd beim Abschied sagte Barbare:
Kommen Sie morgen wieder, dann
werde ich Ihnen das NapoleonB-Rät
sel lösen!«
»Der Leutnant war ein Dumm
topf,«sagte Barbara am nächsten Ta
ge, »denn er beantwortete meine Fra
ge, ob die Eitelkeit oder die Tapfer
teit des Invaliden größer gewesen,
ohne zu bedeuten, daß dieser sich doch
die linte hand nicht abhacken tonnte,
wenn er teine rechte mehr hatte, um
das Schwert zu halten. —- Morgen
sollen Sie auch die Lösung des Mit
sels mit den Matschakern ersahren,«
sagte das ältliche Fräulein beim Ava
schied.
»Der Sinn der Matschaler - Ge
schichte ist eben der,'« begann Barbara
lächelnd, »daß niemand weiß, was
das Wort Matschaker bedeutet. Der
Alademiter, der sich aber keine Blöße
geben wollte, tat nun, als ob er ganz
genau wüßte, was die größeren und
lleineren Matschaler wären. — Sol
che eingebildete Hohltöpse aber lann
ich nicht leiden, darum gab ich ihm
einen Korb.«
»Damit haben Sie rech getan,
mein Fräulein,« sagte Bern lat. Die
beiden plauderten noch lange, und beim
Abschiednehmen sagte Barbara.
’.,Morgen sollen Sie auch die Lösung
sdes Wettrennrätsels erfahren-« —
Bernolal kam also wieder und Bar
bara erzählte ihm die Geschichte der
beiden Reiter, die ihre Pferde nicht
sin Bewegung setzen wollten.
» »Da tani der Fremde und'sliisterte
ihnen zu, sie möchten die Pferde tau
schen. Das taten sie und nun spornte
jeder der Reiter sein Roß an, weil er
mit diesem zuerst das Ziel erreichen
wollte. Der Dramendichter hat die
Lösung nicht gesunden, denn er ist ein
talentloser CinsaltspinseL der nur den
Korb derdiente.«
An diesem Abend fragte Bernoiar
ganz traurig: »So haben Sie also
keine Rätsel mehr auszugeben und
darf ich nicht wiederkommen, um die
Lösung zu hörenk«
,» ch habe keine Rätsel mehr aus
gege en, als diese; aber wenn Sie
morgen wiederkommen wollen, so wer
de ich an Sie eine Frage stellen.«
Als der schüchterne Liebhaber am
nächsten Tage wiederkam, fragte Bar
bara, die Augen schamhaft nieder
schlagend: »Wolleu Sie mich zur Frau
nehmen?«
Die poetische Gerechtigkeit würde
es nun fordern, daß Bernolak die an
dern Freier rächen und der Prinzessin
Turandot einen Korb geben würde.
Was kümmert uns aber diese boetis
sche Gerechtigkeit, da die beiden ein«
ander so glücklich machten?
Hof-—
Wahre Freundschnst
Italien klagt, toir brauchen Kohlen
lind Ioerdcu sie aus England holen,
Dort ruhen sie im Selosz der Ze en;
Doch England sagt: Ochom aber lechenl
sagst ihr nicht fast· e Wirthen-wish
le t keine tiolile au die Reise;
Den strieg mögt dreist ihr für mich süh
rei,
Ich will dabei nur-. profitieren
Die dickstc Freundschaft, tvie ihr wißt
Beim Geldsack stets zn Ende ist« —
Jedoch in Londons Tingeltaugeln
Darf nie es an Erheit’rung mangeln,
Dort wird, denn keiner hats bekbotcn, J
Italien v e r k o h l t nach Noten
- Kindlieh Fritzh der mi·
der Mama verreist, als sie an den
Bahnhof kommen und eben auch die
Elektrische kommt: »Mama, fahren
wir mit der Poss, Pusf . » oder mit
der Bim, Bim?!«
—- Dte bösen Fredede
ter. Nachbarin: »Wie geht’d Frau
Gevatterti Sie sehen recht munt
aud. Sind Sie hren bösen Zahn
schmerz endlich los
Gevattetim »Ja, Gott sei Dankt
Jch konnt’ es nicht mehr aushalten;
da bin ich zum Doktor gegangen und
habe mir den Zahn blamieren lassen«.
--—.—.. O-—
Still-leite. Der Soldat steht
immer mit einem Fuß im Veldengrasi
be, während et mit den beiden anderen
den Feind versolsd