Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 17, 1916, Sonntagsblatt, Image 8

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    Sonntag-blast de
Staats — Anzetger und f J set-old
vJstaiib Juli-» TM suer
Irr sie-L
Novelle von den« Revis-Espar.
Sie war ein Raineliad und in der
Beilchendläse ihrer Augen« in dem
Komgold ihrer danke. in dem Pur
pur ihrer Wangen glich sie einer i
der Starke nagenden Wall-blank
die die Umge uag prägt und ihr We
sen verleiht
«Dir Mblume' schrieb der
Pfarrer des Ortes« ein Epvi und
vie Damsigsy um die er die Er
zählung spann, die Dandlang wol-,
die Knoten schäme war die kleine
pommrrfche Dotsschöae chemischen
Dahn-r »
In Wirilichleii hatte freilich vie
Haupt-um des Eise-, als eine freier
udene. gar nichts mit den Erlebnis
n Danach-as Zu tau. denn das Mo
dell war damals etwa 15 Jahre alt
and hatte noch nichts erleviz fein
Dorflriiiler, der Lehrer Jouaßq
tout-te darum innerlich auch qars
nicht das Wert als ein gelange-ers
bezeichnen !
Eis- fiiaszehaiährigee Mädchen en;
einen-. Dars, das sich aus einer Kir-;
che, deren Turm einem ausgewachse-»
sen Faderdleisiist gleicht. einem paar
Häuschen in Niirnberger Spielsachene
samt, verschiedenen Schweinen und
Gänsen unv etwa- 500 Seelen ius
sammenseht, hatte noch keinen Sinn
ssiir Romanez ihre Tätigkeit erstreckte
ich hauptsächlich aus Rachhardesuche,
auf Aussliige in Wald und Feld,
und Fahrten mit Vater nach der
Stadt, wenn das Kalb so weit war,
daß die Kuh verkauft werden konnte.
Erst als sie sechzehn Jahre alt war,
merkte sie Höflich, dass es nach ei
waj anderes gäbe, als Dani, Wald,
eld, Wiese, Sie-by Bauer, höhnen
sarrer. Vater und Mutter, und ver
spiirte in ihrem Innern etwas sa
Seitsamei, in ihrem herzen etwas so
schaurig Sism- daß ihr das Lebe-,
die Welt und Umgebung in neuem
Lichte erschienen, in dem violett,
grünlich, r g, goldig, schimmernden
ichie der jede· j
Eines Tages herrs im Nach
barhause.eine roße nsregung der
W set-T der sausmann des
Ortel und dessen Frau kennen ilber
den V elkiisia und bemerkten u ih
rem rett. daß der Pirpl die lacht
ergriffen ,hatte.
Jn einem unbewachten Augen«
blicke.
Der Pia-L den man Ijisrihen zum
Geburtstag schenken wo te, der ein
großer Tiersreund war.
Und nun nahmen die Schutferien
bald ihren Anfang und Iris kam aus
der Stadt, aber ein Geburtstagsgei
schent war fortge lagen.
Da war es, daß bischen der
Morgens und Mittags uude dann
ehen sen Beides-sites an der Sumpf
tviese entlaaggiaz um sich nach der
Wäsche ums-sehen, die leicht wur
de, als die Töne einer msel an ihr
Ohr schlugen. Und ste wollte den
Vogel fangen, um den Nachbar mit
einem Ersai zu erfreuen.
«heda«, ries da ein junger Mann
in ihrem Rücken, alt sie Anstalten
traf, dem Vogel eine Falle zu stellen,
asee geht das nicht-«
Sie sah sich um« und da stand
riß Feneti vor ihr, der mit seinem
ulräuzet us dem Rücken-von der
Stadt tam, um zu se hei den
lEll-tun die begonnenen erien su ver
e en.
»Du, Fritz-, sagte er
»Du, Vnnnchen", sagte er.
Und sie snben sich freudigen Blickes
nnd grossängig an.
.Siehst dn dein Geburtstagsgei
scheut da oben itn Weidenbmuni«
Hannchen zeigte mii dein Finger
nach oben nnd lachte.
Und lachte, wie sie Frig noch nie
hatte lachen sehen.
Und er drückte, während die Töne
des Pirols an ihr Ohr schlagen,
wie noch nie ilkke band —- nnd sie
wurden sich ans einmal dessen klar,
daß ein unsichtbares Band sich on
ibr herz gelegt hatte nnd ihre hergen
fesselte. . .
Die Szene dieses Augenblicks nnd
seelisch-seligen soc nges sehie sich
bei hannchen im intergteende der
Seele sest nnd sollte eines Tages ib
retn Schicksal Richtung und Gestalt
verleihen.
shatien die Eltern gegen die
Znneignn der beiden Kinder, hinter
deren Innis sie ban lernen,
nichts einzuwenden, n is gegen die
Ida-, die der Hiwl eng und die
in den herzen dei- iiinder widersesi
ten. nne sollie Je ersi seine sinn
nnsialsmden been eine der
postlnusbabnz nipenben und nn
ilsennnels der tndi in eine Pension
gebracht werden, sen ««Danie gis ler
M.
Die Eltern Deian trafen sebr
Keil alle Vorbereitungen nnd das
Neu verlieh wenige sage spä
ter, nls Iris neii Beendigung der
Fetien in die Frei-findt znriictfnhr,
das Dorf, ntn in einer Berliner
Pension ihren Wohnsih aufzuschla
gen.
Der Eindruck, den diese Weltstadt
auf einen jungen Menschen, der ans
der Stille eines Dorfes in den Siru
del einer lolchen Weltiiavt geworfen
wurde, mochte, war unheimlich, nnd
et- iäßt sich denken, daß der bis
herige Behandteil ihres Wesens zu
fammengetiittelt wurde und sich hier
aus ein neues Wesen formte. Und
sie wurde tnneelich nnd Inseelich
ein anderer Mensch, sie wurde eine
Weltdmne mit etwas iomisihem Bet
gesetz-nach
Die Eltern fandien ja reichlich die
Mittel, sie konnte sich nach neuester
Mode kleiden, und es mangelte auch
nicht an Batqeld, ukn mit Freun
dinnen Konvitpreien besuchen nnd
Böse mit-riechen zu können. Ill
Dptfschsnheit ich sich VII-schen ichs
Bald von vielen Bereimrn nen
ringt. und ei dauerte nicht lan e,
daß sich ein junger Ussessor ihrer -
sonderen Gunst erfreute, d. oh. ein
junger Affessu der ein Asse or a.
D. trak. «
«-- s—
CI yarte zu vier stets, wenn ver
Assessar n. D» den sie natürlich siir
einen Assessor itn Amte hielt, in dem
in Berlin bekannten Steiblexterieur
des grauen Unze-ges und des grauen
aninderi in die Pension lam. sie
»vor allen anderen auszeichnete und
sie mit der Pensionömama zu tleinen
sngaziergängen und ins Theater ein
u
Sie glaubte an ihn, sie traute den
sTiinem wenn er ihr nach denr popu
ilären Rosenseldschen Cauplet var
zpsiss: »Ach lieb« ich nur —- Dich
Ilieb' ich nur, Eatnilla«« und seit der
Ineuen Bekanntschast schienen auch im
Ihintergrunde ihrer Seele jene Bilder
’berloschen zu sein, die von Feigen
ILiebe sprachen, jene Töne verklun
Igen zu sein, die von der Seligkeit
Fund dem Glück der Treue erzähl
ten. .· .
j Sie bsrte den Pirol nicht mehr. . .
)--- Ubee eines Tages sagte der Asesi
ssor zu Dannchem »Ja-re nach hause,
»sprich nrtt deinen Eltern« bereite alles
bar —- larnme nach, wir werden
uns derlo n.«
hannchen schlug das herz. Wie
würden die Eltern staunen, und wie
werden sie sich sreuen —«i Und
der ganze Ort wiiede erstaunt sein.
. . . Nur. . . sie dachte an Fris,
und ihre Gedanken ersubren eine
Demniung. . .
Ali hannchen zu ause den El
tern ibre Absicht ver iindete, waren
sie durchaus nicht seära ersreut, und
sie sagten, sie hätten nnchen wegen
des Postsetretiirs Fensti und nicht
wegen des A essors nach Berlin
geschickt, urn Bildung ungang
nen.
Die Eltern waren ehrliche, biedere
Bauersleute.
Das Gerücht aber von der bevor
stehenden Verlobten verbreitete sich
bald im gan en Dur e und irn ga en
Umkreise. o ersubr a bald er
Seiretiir in der Stadt, da Dannchen
angetarnenen set· Er batte nichts ei
ligeres zu tun. als Inn Urlaub zu
bitten und aus dem schnellsten Wege
nach hause zu reisen.
Und eine noch nie embsundene Un
ruhe ersttllte sein herz, und es wallte
ihm nicht in den Raps geben« daß
hannchen, wenn auch sulest die Brie
se immer spärlicher eingingen, so an
ihm bandeln lbnnr. .
Die Großstabt könne einen Men
schen ändern, aber aus einem Men
genn keinen neuen Menschen ma
Iris erbrach sich über pas Mit
tel den opf. das ek anwenden müs
se, um fein so geliebte-, angebetetes
hannchen nicht zu verlieren, aber et
wollte ihm nichts Greift-ans ein
fallen.
Ehe dee Assessor noch von Berlin
gekommen war, suchte Iris eine Aus
sprach-«
Die Aussprache beachte Kummer,
aber kein Ziel.
R.icht daß sie ihn Eiecht behan
delte, nicht das sie n kalthetzis
ask-seh nicht« daß sie IF nis
glanbte entichnlvigen Ia m en,
meinte nur, das Schicksat wolle es
o.
tif ellte die Frage, ob sie
die Ver ·ltni des III-Ists is ge
nau kenne, ob fte sich nach then et
tundigt hätte —- nach den Verhält
ni en des llssesstes müsse sich ihr
at be inwen.
Este-! jun ans ihren Ue ·hlnn
sen so manches unklar vor tw
Inißttmäfchee ais die Eltern, den-et
esichiaindeeseeispthnnd
ifeinetn Berufe Menscheukenntnise
anseeigy igihet ;
Und es ollte sich nun entscheidet-, «
sobald der or angekommen vat,
was sich altes- echet, als slidee erwei
Ienfolltet Bat vie am in den
Tönen des Wenn Mit-den ltes
oder in den Klängen des Cpuplets-:j
,Dieh lief-«in nur« dich lieb’ ich nuk,«
Elsaultllak 1
s Und Mei. sein Schicksal, feine Jus-»
umfi, sein Glück hingen davon ab«
»daß seine Errundigungen voe der An-»
jlanst des Assessots beantwortet witt
den und fo, wie er die Antwort er-;
Iwattetr. —"
Da tmn der Donnerstag, fein
Glück-tax Und Hannchen erhielt
das Telegkanm, daß det Assessoe
komme.
I Sie ließ das Fels wissen, damit
Iet nicht unnötis komme, damit er
sich, fp leid es ihr auch tue, in sein
ISchietlal füge — damit ee endgültig
·vetzichte.
l Endgliltttz wenn sie sich auchfelbsi
eins-stehen mußte, daß ex the viel
Iletcht ihrem Herzen noch ebenso nahe
Jilinde als ver Betltnet, das heißt als
Wen ch, nicht all Person.
s lindliche Jugendvetipeechans
gen können doch nicht le beoba tet
werden, als Vetsptechungen der et-·
nunft. . .l
Auch bedauette sie, an fein-ern
Glückstage ihm Schmerzen bereiten
ins-MAY .
, Isteetwnroigeewene ram ist-I
doch. . Und nicht etwa ängstlich, sti
gernd, vertrat-ein fandern leuchtend,
hoffnungsvoll und energifch. i.
Fritz hatte vor der Ankunft des
Uffeffvri eine Auskunft erhaltene-tin
er fie erwartete. . .und diese Auslunft
br..chte er Dannchem -
Diese hatte sie nicht erwartet.
dannchen war ftaer. Eine Weile
fchroirxten dates Gedanken dar ihre
Seele. Eine eile, da fie den ffefs
for verlieren miiffen und welchen
Gefahren sie entgegengegangen wäre,
wenn sie ihn nicht verloren hätte
Abee auch bange Neigungen fiir die
Zukunft erfüllten ihrer Brust. th
Iris der Wichtige, ift er ihr das,
was fest nach dein Aufenthalt in der
Großftadt ihre Seele von dem Bilde
eines Mannes erfülltei Da erin
nerte fie fich der Epigode ins Walde
— da trat sie leben ig sum ersten
Male wieder nach langer Zeit aus
dem Hintergrunde ihrer Seele her
dtt, und fie ad Iris als Ghin-et
fiaften, bete tete ihn fest als se
aenten —- und da empfand fie, daß
die Liede und das Raturrecht zu
fammen Zrten, daß wahre Liede
mit Unr tem, Gaulelhaftetn nie Zu
farnrnengehöriges liefan könnte, und
sie war im Nu dont chein und dem
Talnii der Großstadt geheilt. . .
Sie war wieder ein einfaches Mädel
aus dein Dorfe. .
Ali es aber von der Straße her,
aus dein Munde eines eleganten
Großftödtert triillerte: »Wie lieb’ ich
dich. . . wie lied’ ich dich. Camilla«,
fchlug die Amsel ans Ohr der beiden
Ich Ren-liebenden jene Töne der er
en Liebe — und interessanterweife
n denselben Augenblick, als der
Santaf held die hauifchivelle be
trat, gaben sich Fett und hannchen
den Verlobungsluß «- den Kuß der
äufammengehörigleit fiirz ganze Le
nc O s
Die Töne des Pirolz waren die
achteten ..
In seit-stin- un Indem-.
Von Max Brett
Unter den Gefangenen befand sich
der General Fürst Ettore Gabriele
Raim- Der Schmerz war groß
denn der kleine Prin war durch sein
knabenbast junges esichi und sei
nen hoben militärischen Rang bei
den seuri n Römerinnen ebenso
Gegean einer wabrbast schwär
merischen Berebrung, wie ibm am
Rialto schmachtende Blicke nachgins
gen, wenn et am Fondaco dei Te
deschi vorbei nach der Merceria
schlenderte Au en, die ibn in Ri
mini oder in arina di Pisa ge
seben batten, weinten ebensosehr
itber sein Schicksal wie die Herzen,
die tbm in Fiesole oder vor der
Signoria zu Florenz begegnet wa
ren. Der arme kleine Prinz! Die
Madonna sei ihm gnädig!
Indessen saß der Fürst Ettote
Gabriele Kam in einer rohen tiroii
lischen Stadt, freute fix unbändig,
das er den »du-unten Lärm der-in
nonen« nicht mebr zu bitten bracm
lie i
ttiren Hund schriek Ziel-desIel eimbriese aan
diePrineipessa Martadella cas
eine in Um, Un die schöne Maria
pia del Untina in lorenz und an
idie kleine seatriee rmaqnetta in
Genesis Er sebrieh sie, ebne site
weil-eitler zehnten-neu nämäen
e n Ostens un morganai
tischen Liebesdriese auch wirklich ibr
Ziel erreichten. Und wenn die herg
nebel weit ins Tal herunter-langten
und dem kleinen Prinsen das leite
platt del Himmels tritt-ten, dann
spielte er mit seinem Säbel, denkbar
dieOeiierreirber gelassen batten, und
befreite in unangenehmer Ungestiitti
heii die uneeliisten Gebiete.
Dem kleinen Prinzen ging’s gut.
Was wußte et von feinem Doppel
giiuget, dein iieinen Flickfchusier
Alessandw Brescia-to aus Vicenza,
den die Oesietreicher vor wenigen
Tagen wie ein wurzelloses Alpen
.tiislein von einem ungemütlichen
Delotniifelsen hetunteegepfiiicki hat-·
ten? General Napn wußte nichts
’davon, et hätte es sich nach höf-;
Nebst verbeun, mit einein Flsschuis
ziiet aus Vicenza, der noch dazu
Presciuio hieß, verglichen zu wer-z
den. Der kleine Alessnnvw wiederA
wußte nichts von dem braven Pein-«
zen Raps, und so war beiden gehol
fen, dein Prinzen und dem Seien-Z
stet, der nun einsah, wie sehe ihn
die kleine Beatrice zu Venedig lieben
mußte, wenn die Mai-onna schon in
»den eeiien Wochen des Krieaes ihrs
Gebet erhärte, denn nur so tonntes
es gekommen sein, daß ihn die:
österreichische Patranille da oben ab-;
fing. Wie ein versiiegener Tal-risi·
den Bergsiihrer, hatte er sie begrüßt,
und nun saß er in dem klein«-»
versteckten Alpensort und klopfte
Sohlen auf derbe Stiefel nnd häm
rnerie dicke Nägel in feste Absätze
Dazu gab? graue KnödeL Brot
und Sped»., ja, man konnte sich
nicht beklagen, wenn man auch so
manchmal Lust nach Polenla und
Macarvni nnd bisweilen auch nach
Beatrice verspürte. -
Das kleine Alpenfort, its-dem ihn«
die Oesterreicher abgesest hatten, das
sie nicht Zeit hatten, das zitteige,i
tlapprige Kerlchen dem größere-ei
Gesangenentranåport nachzuschiclemi
dieses tleine Fort war recht schwachJ
so schwach wie Alessandra wörtqu
der hier wie eine halbwele Alpen-?
blume irn Wasserglase saß nnd sichs
bei der angemessenen Arbeit des Be
sohlens erholte. Immerhin, dasssort
deckte einen wichtigen Zugang und
durste nicht fallen. Es bedurfte so
zusagen schonendster Behandlung
seitens des Feindes. Allerdings,
man rechnete mit einer Beschießnng.
iund die Tiroler nnd Wiener, die
das satt beseheem waren sich einig,
daß see mit den »M- eltnachern« fer
tig werden würden. rselben Mei
nung war auch der Oberleutnant
Kreinz aus Wien, aber er machte»
sich doch seine Gedanien, und die!
tauschte er rnit dem Kommandanien;»
und ais er rnii dem Lomrnandanten
im reinen war, hatte der kleine
Alessandro die Stufenleiter vorn
Flickschusier zum General erklom-»
men. - ;
Der Feind war noch weit. Ganz
ferne donnerten seine Geschütze. Es
war wie bei einem fehe entlegenea
Gewitter zur Zeit, wenn man noch»
nicht an den Regenschirm denkt. Al-;
fo tonnte der Oberleutnant Kreinz»
et ruhig wagen, den Kriegsberichtevs
siatter Leopold Wahn-Baden den
er von Wien her gut kannte, drin
gend einzuladen, er möge doch mor
gen ganz gewiß nach Radaun korn
tnen; er solle sich im Pressequarttet
Urlaub nehmen, und er werde es
ihm, dem Oberleutnant, fchon dan
ten. Alles nähere dann morgen.
No ja, der Kreinz war halt eine
dankbare Seele nnd wollte sich mit
einer piifeinen Nachricht fiir die
Theaterbilletts revanchieren, die ihm
Leopold Binder-Bnda in Wien zu
wiederholten Malen verehrt hatte.
Dafür sollte er morgen auch erfah
ren, dafz der einzig echte, garantiert
sichere General Rapa in dem tleinen
Fort gefangen gehalten wird. Na
türlich darf das der Mutter-Buch
nicht an die Blätter telegraphieren.
Alter« wenn er ein Jnteroiew mit
dem gefangenen General bat nnd
nicht darüber schreiben dars, so wird
er wenigstens darüber plandern· So
sensationelle Nachrichten behält der
Binder nicht fiir sich. Plaudert er
oder, dann erfahren es die Vertreter
der Auslandsoresie, und die werden
die Senfationsnachricht schon wei
terzugeben wissen. Ists aber erst
etnml bekannt, wo der kleine Ge
neral steckt, dann werden« sich die
Dahelmacher hüten· ils-se Mist
zmtt dein Fort laputi in schießen.
: .Der Oberlentnant Kreuz ging
Edataen die Einzelheiten fttr das
suterview mit Seiner Durchlaucht
dein Nutzen Ettore Gabriele Nat-m
ebne-ten Aleyandro Proseinto aus
ieeu a vorzu reiten. suniichft ver
Lto erte er fich, das Durchlaucht
n Wort Deutsch verstanden. Daß
M stndersBuda im Italienitchen
«rnineftra« und »in are« nicht
Weges-nennen war, wn te er nicht
minder. Dann wurde der Prinz
dek einem berithrnten Doppelgönger
un tnlich ähnelte, dasselbe schmäch
tige, noole Knabengeficht mit der
adeligen lennase, dieselbe gottge
toitlbte S irne hatte, die so aus
sah, wie der weiße Vorhang vor
sedichten und ungeschrtebenen Lie
«
beidtiesem denselben eigensinnigen
roten Fleck aus det rechten Wange,
der sich also hetausnahtm den Ge-.
neeal in Bild und Wuchs zu wieder-l
holen, obwohl er nut ein Fliklschus
siet war, dieser atme kleine Pseudo
Pttnz wurde zunächst gebadet. Es
war nicht leicht. Dann schor man«
ihm ein wenig das haar. Es war
auch nicht leicht, lonnte aber nicht
unterbleiben, da der Zlige Schwung
de! schwatzen Haatkocke erreicht wer
den mußte, den man aus den be
kannten Bildern des Prinzen san.
Versteht lich. daß der Obetleutnani
Kreinz ein solches Bild bei sich hat
te, war er doch erst seit zwei Tagen
aus Wien gekommen, wo man die
Gesangennahme des Pein en all
seitig etötterte nnd sich ie Köpfe
zerbrach, wo der General wohl un
ter-gebracht sein könnte. Dann ing'z
an die Toilettr. Alessandko ekam
einen eleganten Zivikanzug, den der
Reserveleutnant Wäheinget beistels
len mußte, dek mit Sack und Pack
bei Kriegsbeginn aug Melan her
übetgekommen war, bekam die sti
ßen kleinen Lackschuhe vom Haupt
mann Prosarsf der ja immer ein
Geck war, und der äußere Prinz
stand six und fertig da. Freilich,
dem Obetleutnant Kreinz wär-I
schon lieber gewesen, hätte er sei
nen Prinzen in Unifotm präsentie
ren liinnenl Aber woher nimmt
man schnell eine italienische Gene-!
talsunisorm? Soll der Binder ebenl
glauben, gesangene Osfiziete oonJ
hohem Rang müssen in Zivil um-«
hergehen. An den Prinzen wurde
die letzte hand gelegt. Man säu-»
berte noch seine Fingetnägel. ver
knüpfte Ordenschleischen in seine
Knopslöcher und konnte ,,Exzellen
za« sagen. Excellenza ließen ver
wundert alles mit sich geschehen und
nahmen mir oem neuen augeren
Menschen eine geradezu zierlich vor
nehme Haltung an. Ein gutes
Abendessen und etliche Glas schönen
Terlaner Weines hoben feine Stim
mung. Und erst die Nachricht, daß
er wegen seines tapferen Verhal
tens in den Bergen oben als Aus
tquschgefangener nach seiner heimat
entlassen würde und nicht mehr in
den Krieg ziehen müßte, begeistette
ihn zu einem lauten »Evoiva Jtas
lia'«', dem er nach dem fünften Glas
Ietlaner eine alte Opernarie und
ein gnädiges »Evviva Austria« fol
gen ließ.
Um Mitternacht gings über Fel
sen zum Joch. Dann wurde beim
Stoder Bauern der letzte Leiterwa
gen requiriert, und fo fuhr der
Prinz, vom Oberleutnant Kreinz
und zwei Kaiserjägern refpettvoll
begleitet, im Morgengrauen in Ra
daun ein« Beim Brunnen vor dem
Wirtshaus stand schon aufgeregt
der BindersBudm Als er den Wa
gen kommen sah, zog er ehrfurchts
voll den Lodenhut Ein Jäger steck
te ihm einen Brief zu, in dene. ev
über den Zweck feiner Fahrt nach
Radaun genau unterrichtet wurde.
Wie es sieh einem feindlichen Offi
ier von so hohem Range gegenüber
schickte, wurde zunächst natürlich
auf den General Rapa und dann
erst auf Herrn Binder-Buda Rück
sicht genommen. Unter tühler, aber
höflicher Wahrung der Formen be
gleitete der Oberleutnant seinen ho
hen Schutzbefohlenen in das Wirts
haus, wo er ein schönes Frühstück,
Kaffee, Butter, Eier und Honig auf
tragen ließ. Binder-Buda blinzelte
durch die Fensterscheiben und prägte
sich jede Einzelheit ein; schon faßte
er den Eindruck unter dem Titel
»Das historische Frühstück zu Ra
daun« im Geiste zusammen.
Bald kam der feierliche Augen-;
blick. Oberleutnant Kreinz konnte
seinem Freunde Binder die Mittei-»
lung machen, daß der Prinz geneigt
fei, ihn zu empfangen. ,,Nur Mut,
der General ist ein freundlicher
Mann.«
»Na, was glauben Sie, ich fürchte
mich, eine-m Feinde unter die Augen
z utreten?- Er ift der feind, ich
bin der Sieger,« sagte telz dee
Kriegsberichterstattee und fuhr nicht
ohne Selbstgefälligteit fort: »Uebri
geses, ich bin mit der historischen
Bedeutfainleit dieser Begegnung be
wußt. Was glauben Sie, soll ich
ihn frageni Vielleicht wie’ö ihm
geht?« .
»Tun Sie das, ei wird das beste
sein,« lächelte der Oberleutnant.
«J ich werd’ ihn italienisch
begrüßen, das wird sich gut machen
Das übrige verdolmetschen Sie,
lieber here Oberleutnant. Ach, ich
bin Ihnen ja so danibar,snieine
Kollegen werden sicher alle zersprin
MU·
Jndetn standen die beiden schon
in der kleinen freundlichen Wirts
ftube. Kreinz stellte bor, und der
Beine ließ sich etwas goldgelben ho
nig ·der seine rechte Band rinnen
die er Deren Binderssuda halb
wohlwollend halb verlegen reichte.
»Gott ist der freundlich!" flüsterte
der Jnterdiewer und nahm sogleich
eine angemessene Hadtachtftellung
ein« verneigte sich und hielt eine
Ansprache:
»Don giorno, mio principet
come sta? Euer Duchlaucht sehs
ner Sprache nicht vollends mächtig,
bellage ich in meiner Muttersprache
das Schicksal eines tapferen Gene
rals, und werde glücklich sein, der
Welt verkünden zu können, daß
Euer Durchlaucht sich in den Hän
den der Sieger wohl befinden.«
Der Obetleutnant übersetztu »Sie,
Prosrium der here da ist Loko
motivführer. Er führt den Zug mit
den Austauschgefangenen nach dem
Tessur Er hat zerrissene Stiefel,
möchten Sie ihm .nicht ein paar
Fliclen darauf setzen? Können sich
zwei Kronen verdienen.«
Der Prinz lächelte zustimmend
und schielte nach dem Schuhzeug des
Gastes.
Uebrigens Alessandro Prozciuto,
geben Sie dem heran doch eine von
Ihren spagniolctti«
Das tat der General, und der
gerührte here Binder meinte, nach
dem ihm Kreinz versichert hatte.
daß der Prinz sich durchaus wohl
fühle, ob er noch eine Frage stel
len dürfe. Er durfte. »Ja, wie
der Prinz über die italienische Ar
mee denke?«
Kreinz überfetztu »Ok) Sie die
Stixfel auch wasserdicht machen könn
ten «
Alessandro lächelte nur «iiberlegen.
»Na ja, auf die Frage tann e:
ja gar nicht antworten· Aber —
aber ——, da habe ich eine Nummer
des »Corriere della Sera«. Da
stebt etwas über die Liebesassiiren
des Prinzen drin —- nämlich in
Venedig bat sich ein junges Mädel
vom Rialto in den Canale Grande
gestürzt, weil es zuerst hieß, der
Prinz sei gefallen. Ob man das
wohl fragen dars? Gott, das wiire
pitanti Hier —- bier — nein, hier
habe ich's —- den Ausschnitt —eine
— gewisse Beatrice Carmagnettaf
Jn diesem Augenblick gab es dem
kleinen Schuster einen Ruck Er ver
gaß seine prinzliche Haltung und
riß das Blatt Papier herrn Bin
der-Buda aus den händen und las
mit heißen, blutigen Augen: »daß
sich Beatrice, seine Beatrice, aus
Liebestummer um den Prinzen Et
tore Gabriele Napa vom Rialto —«
Der Oberleutnant wies mit einer
Handbewegung den Gast und die
beiden Jäger aus der Wirtsstube
hinaus. Und dann fette sich der
österreichische Ossizier neben den
armen gefangenen Schuster Pros
ctuto aus Bieenza und streichelte die
zuckende Hand, wie man die Hand
eines Kindes lieb hat, wenn es
vor Schmerzen schüttelt. Und er
sagte mitten im wilden Kriege ganz
leise, beruhigend,zärtlich immer wie
der:
»Poveretto — poveretto— po
verctt0!«
Abends kam der gestürzte Prinz
wieder in dem kleinen Fort an
Er nahm leine Nahrung und sprach
lein Wort.
Gar nicht weiter donnerten die
italienischen Geschützr. Wenige Ta
ge daraus plagte die erste feindliche
Granate iiber dem Fort. Die Ita
liener schossen sich ein« Aber wie
aus das Komando verstummte plötz
lich das Feuer. Der tleine Prinz
deckte das Fort mit seinem Leib.
Es fiel tein Schuß mehr, die List
war gelungen. Au des Freundes
Binder-Bnda Gesch ätzigleit konnte
man sich verlassen.
Während die Kanonen in weiter,
weiter Ferne grollten fluchte der
entgiitterte Flickschuster aus Virenza
seiner Beatrice; er weinte um sie,
und er liebte sie
— Gut gegeben. Professors
gattin (alö der Gotte um 1 Uhr
nachts heimkommt): »Wie du früher
solid warst und jew, seit dem Krieg,
da bist Du ganz anders, heute
kommst Du erft um 1 Uhr heim, ich
finde keine Worte!«
Gatte: »Dort im Schranke liegt’s
— Wörterbuch!«
—- Kindesschlauheit. Va
ter (nach dem Durchlesen der guten
Zenfuren feines Töchterchen3): »Was
willst Du nun, Milla, einen Kuß oder
einen T"aler?«
Man Cnach kurzem Ueberlegen den
Papa umarmend): »Für den Kuß
’nen Taler-V
—- Selbftbewertung. Der
Kontorift Muzzerl schreibt an seinen
Chef ein Gesuch um 50 Mart n
Conto feines künftigen Gehalts und
fügt als Begründung hinzu: »Da
ich bei hnen den ganzen Tag iiber
als Mae entledecnaschine fungiere, ein
solche Maschine aber gegen 200 Mart
kostet, hoffe ich Ihnen für erbetenen
Betrag gut zu stehen.