Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 25, 1915, Sonntagsblatt, Image 12

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    Gliick und Segen.
—
Roman von I. non Gerede-riß
heute schienen sie sich ausschliess
lich in der vierten Etage eines Gat
tenhanses der Vorstadt Wilknerddati
aufzuhalten —- .Gliiet und Segen!
—- Viel Glück und Segen, mein lie
det Den Tini-hing zuin heutigen
Tage!«
»Ist Heu da. Jst schon eingetrof
sen. von allen Seiten. von sriih an.
Vielen Dant.... Ach, die schönen
Blumen.... siie mich alten Grau
dnktS Na —- Sie wissen ja —- ein
alter Blumennarr bin ich immer ge
wesen. Und nun gar Fuchsien —
tehn Sie inal an —- ivas siie einen
S en das Pflänzchen trägt: Nur ein
B ttlein hat's —- sa viel Glocken!
Itein zuschanden bliiht sich’s. das
Kleine!«
»Ja. ja. —- Rächstez Jahr ist die
herrlichteit wohl vorbei, das geht
schon nicht anders. Haben ganz recht.
Tranbukg —- zuschanden ge
btiihtt Hat sich auch mancher Mensch,
dein das Glück zu all feine Binnneli
baninielglocken läuten liess — kann
derStöetste nicht ertragen. Denn was
nian so Glitt nennt, das ifl auch
nicht immer Segen! Wie mancher. der
Gliicl hat, dem ej so recht ins Haus
fiel — mitten auf den Schoß. der
weiß nicht, daß der Segen sehlt —
det Gottessegen.«
«hochioiitden habend wieder nial
getresseni Manch Glück ist eine rich
tige Teufelösallr. Tritt nur herein —
sas nne hinein —- initten hinein —
kalf sie mit Blumen schön verhüllt,
daß deine Torenangen die böse Grube
nicht sehen. Nun, solche Teuselsfallen
batinir mein alter Geburtstag ja
gotttob nicht beschert, denn das wahr
haftige Glück ift der Segen dee Ar
keii; den hab’ ich mir selbst — nein
doch. den hat inir heute seiih als et
ster unser egott beschert: eine neue
Idee zun- , fsenk Ein seines Bild
chen iß mir eingefallen Da sehen
Sie. Sie tönnen’j gleich bewundern:
viele wintlige geweihte Mauer drü
ben, auf der mächtiger wilder Wein
toie ein grüner Schleier alle Schatten
verhüllt; da stand heute ganz frirh,
als die Morgens-Jene erst nur so ei
nen Abgianz schickte, mein Jüngste5,
mein Mincherh im weißen Mulltletd
und langte nach den Zweigen zu ei
nem sGeburMagSlränzlein um den
Kasseetisch. Der hauewirt erlaubte
es ja« — Init einein Schelmblin noch
Herrn Scheinbar-eh der auch unter
den Gratulanten war -. .Und dann
plndte das Alt-then to recht wie ein
Glück-If in sein herz: Das mußt
du male-! Das bringt einen sahen
Gelt-. nnd jeder Tag ist del-ei ein
Glüsstagl Und da, cerr Pollen fehlt
denn auch der Segen nicht bei. heut
spannt sie schon früh vom Poftdienst,
Mä-Minchen; hnt freundliche Vertre
tung bekommen. Kurz, nllei trifft zu
fammen, mich froh zu machen. Den
ken Sie nur, unsere Mutter braucht
such nicht irr des teure Bad; der Dol
tor sagt, sre loan den Brunnen hier
Mle nnd tell lieb nur recht pfle
gen lasen nnd die lieben hände in
den-Schoß legen. Na, das lann sie
ist sozi- haben wir denn die guten,
fleißigen Kinder?!"
»Uns, Vater, vns Hainen-Schon
legen'· fällt den lieben Händen aber
recht schioer,« meinte Mutter Trau
burg mit einem tleinen ärgerlichen
Lachen. »Mein größtes Glück war
auch immer die Arbeit. Wenn mir
die so recht von der Hand ging, und
man kennte das schöne Geld sparen
— das man leider ohnedies nicht
hat«...
- »Im sa, ein bißchen mehr Geld«
nur ein bißchen, das wäre doch ein
rechtes Glüa,« sagte der älteste Sohn
Crit der Postsetretiir, «nnser Mutt
chen kommt mir vor wie der tleine
Fuchsienkaumz Unmassen von Arbei
ten versieht sie und triegt sie fertig.
Sie hat sieh auch zuschanden gebläht.
Wenn man bloß mal so eine nette
Börse voll Geld finden tiite und be
tätne einen Hausen Finderlohn, oder
wenn man in der Lotterie gewönne!
Wir spielen in nun schon 26 Jahre;
spie ich ein Jahr alt war, brachtest
du mir dae erste Los, Mutter.'
Lin sa, Herr Erit, wenn Sie nur
bloß das Geld fest hätten, was der
Papa da so jedes Jahr tnit ans Bein
gebunden hat«-« lachte einer ver
- Gäste.
»O sons, Kindercheem Siedet Intr
nicht mnng meine Lotterien, eine Til
enuss man doch dem ·Gliic« ansinn
vcheth Wo soll ei denn sonst hereknt
Und iise kennt doch das alte Sprich
wort; «Geld allein macht nicht situ
lich, män ums ei nach hol-ein«
Alle-·"Mt9 und andere lustige
SMer Ofen von allen Sei
ten « sent untte Geld. Jeder ei
ne «i-·. di- eses-is- veitiseeie «
Tages sinqu nnd in s· rea:
W
—
ftvlzen Hoffnungen in die Stuben
eelen und um die Krvnleuchter malte,
bis er dann mit ein paar netten Ori
ginalbildchen bei einem befreundeten
händler solches Glück hatte, daß er
zur Kunst übergehen und sogar da
raufhin heiraten tonnte, denn er war
verständig genug, die gut bezahlten
Kopien größerer Künstler anzuneh
men und mit Fleiß und Sorgfalt
auszuführen »Keine Arbeit schändet
ihren Mann, aber mancher Mann
schändet feine Arbeit,« pflegte er u
sagen, »wenn er sieh zu gut fiir fee
hält und sie deshalb schlecht machi."
Seine eigenen Bilder, die er mit
wahren hoch- und Glüasgefiiblen
malte, waren ihm eigentlich teine Ar
beit, sondern ein Sonntagsvergniigen.
Der Verlauf war nicht immer leicht,
aber Segen war bei dem «Gliia des
Schaffens": Die goldige hoffnng
lächelte ihm zu, immer gleich jung
und freundlich, und ftiirkte ihn für
die mechanische Brotarbeit
Frau Trauburg. die in einer Ecke
des alten Lorbsafas lehnte, hatte die
gichtifchen Hände wie andachtig auf
der schwarzseidenen Festtagsschiirze
gefaltet; jeht fah sie mit einem guten
Lächeln den Paftar an.
»Ist es nicht schön, daß wir die
nggia habeni Alle Morgen habe ich
meine Freude daran, wenn das Min
chen den Kaffeetifch schon fo nett ge
deckt hat, ehe sie zur Poft geht« und
immer ist noch ein hübsches Blumen
striiußchen fertig von ihren Töpfen
da —- der reine Fuchsienpart, nicht,
here Paftors Sonst haben wir nicht
viel als die Petunien noch, weil hier
Schattenseite ist. Aber das lacht or
dentlich vor lauter Farben und Ge
deihen. Wie viele Leute müssen tag
aus tagein in den dumpfen Streben
fihen, und wir geben morgens im
mer gleich in unseren Garten hier.
Die Wilmersdvrfer Luft ift so ge
fund. Wir können den ganzen Tag
hier draußen fein, weil.rvir's schar
tig haben. Der Sommer auf ver
nggia bekommt uns allen immer
· ausgezeichnet gut.«
Besonders unserer Manto — mit
dein zuseiedenen Sinn,« nickte Etit
Trauben-g, der eben doch to viel knit
Altetsgenvssen und Freunden zu
sammentmn, um ein wenig nach den
Dingen lüstern zu werden, die man
so gut haben könnte —- und leidet
nie bekam —- iveil das kleine bißchen
Geld sür Uebetsliissiges fehlte. Aber
sonst war ein heimlich-eitles Freuen
und Genügen gerade heute in ihm.
Er hatte von seinem Votgesegten ein
Exttalob erhalten siit Gewandtheit
und Liebenjwiitdigteit dem Publi
tutn gegenüber, und dneutn irae et
heute voll Zuversicht wegen seiner be
tuslichen Zukunft. Wenn nur das
Geld nicht wäret —- Dann könnte
man das süßeste Geschöps aus Erden
heiraten, die einstige Kameradiin die
et noch ans det Spielschule abgeholt
hatte, und die fett Betkäuseiin war.
Erst 16 Jahre alt! Verlobt hatten
sie sich auch schon in einer leichtsinnig
schwachen Stunde —- eigentlich ein
verteufeltez Unrecht gegen die Kleine
— nnd gegen sich selbst. — Mit dee
höheren Kanten war ei doch nicht-!
Und Lieschen Schumann, die bei
Tennbnth nach deni leinen Ini
inetblühet mit den ratn Steinchen
.das sleißige Lieschen« genannt wet
de. sparte doch schon prachtvolle Iet
gtoschen seit dieser himmlischen it
-tngistunde sitt ihre Anssteuer. Sie
"nöhte in den Abendftunden immer esn
liebes Wöscheftijck ums andere, wahre
Perlen von sauberee Ausführung —
während er ein immer schlechte-es
Gewissen bekam. —- Spätet. heut
abend, wenn Geschäftsfchluß war,
kam das »f!eißige Lieschen« auch zur
Geburtstngsbowle, die der Zukünftige
in der Küche bereitete, womit er im
mer hohes Lob erniete.
Die Bowle stand schon auf dem
großen, viereckigen Tisch mit der grü
nen, wirklich lunsivoll gestickien Ani
feedeckr. Rings um den Riesengiaäi
bauch wand sich ein dichter Kranz
von den lieber-, allzu üppig blühen
den Schattenbliilen. Da mußte schon
Minchen —- in dee Gegend die Jetz
ne hermine« genannt — immer her
ein-schneiden, wegen der Gefahr bei
«3ufchandenbliihens«. Die Blumen
waren aber auch gar so zufrieden bei
Landtag-, daß sie ei so ut ge
troffen iten: iin heißen onnnee
solch kii len, lustigen Wind!
·Und Sonne haben wir doch auch,
wenn auch nur abgelegte bei Tage,
die von den Fenstern drüben, wo sie
den nnzen Tag let-nun zu uns her
übeeekahlh Als Alt-glanz. Uns brennt
sie niche!' meinte Papa Traubueg
onna-TM indem et einen Riesen-tapf
tuchen wichnitt nnd die herausfu
lendes Mite- det Roma auf den
Teller Mel-. Sie sehnte zwar ab, nee
ee kannte dich ihre schwache Seite:
die Noli-seh vie ganz stoßen Gul
tnneosinen an feinem Gehn-mail
Indes-e hatte Ue ie, sliisliche Jean
nie ist Kopf seh-I l.
»Und du seeii Edle ichs-e Abend
fsnse, pai· aszeteeändtäiäee
den do n n n
M use die
W
re," lchmnnzelte der befriedigt, »in
habe auch Glück mit dein hanc ge1
habt. Alle meine Mieter sind lchoc
jahrelan da, und tein Klagen, keins
Aergeeni e. Jmniee alles zufrieden.'
,Kunftitiick.« ironisieete Trauduri
und stieß sein großes Glas init put
tenden Pfirsichen im goldenen Naß ne
das des Gattes zn hellem Freuden
klnng ,ws Sie schon immer ver
selbst fragen, ob Sie nicht das Ber
gniigen haben möchten, kleine Ani
desserungen nnd Renovietungen —
etwa gar andere Tapcte —- mal var
znnedineni Solch ein Hauswirt, dei
ist in Berlin mich ein Glück fiit dit
Mieter, und der rechte Segen der Zu
friedenheit fehlt dann bei beiden Teii
len nicht. —- Ei. da kommt Minchen!«
unterbrach sich der Vater, dein dies
Tochter von feinen vieren ganz deioni
detö ans setz gewachsen war, nnd in
den wenigen Weiten klang ei non
versteckten Stolz und Gläs. Denn
erstens war sie das Neithätchem etms
17 Jahre akt, und zweitens war fn
wirklich eint kleine Schönheit unt
mochte mit 20, wenn die letzte klein·
Grünheit nnd Unteife abgestreift war.
wohl eine große werden, mit ihrem
durchsichtig weißen Gesicht, den geo
ßen, leuchtend schwarzen Augen unt
den vollen, roten Lippen üder dein tei
zenden, neckifchen Griidchentinn.
«Eine ganze Kirsche kann man in
dem Grübchen verstecken,« scherzte del
·Psppa«, die holde, schlante Gestalt
in feiner mächtigen Urnarinung auch
ganz versteckend, bis sie lachend unt
quietschend um Luft flehte. Eigentlich
bangte sie sich um ihr hübsches weißes
Batisttleid nnd die hellrosn Schönen
die noch von Mantos Jugendtazen
flammte. Alles hatte Minchen selbst
genaht und gebügelt. Ja, du stecktt
ein Stück Glück und Zusriedenheil
drin, wenn man das dann vorrn
Spiegel an Fch bewunderte! Freilich·
wollte inan ich in ganzer Figur ie
hen, dann mußte man rasch nns die
fStraße hinnusspazierem loo- zum
lgriißten Glitt der Rahmenladen war;
im Schnusenfter standen Spiegel ne
inug. Minchen lächelte in sich hinein.
Sie trug in dem vollen, tiefschrpats
»zen, herrlich glänzenden haar eine
Ihellrpte Rosentnoive, eine köstliche
iMoosrosennrt Die wuchs vorn bei
;Kausmann Rennbrnndti im ersten
JStoet auf dem Balken. Von da rot-r
sie liirzlich heruntergeflogen und ein
schönes, stolzes Jüngling-antun Init
tleinenl Goldilaurn iiber den blühen
den Lippen hatte neben den Mel-Cro
sen gan perschörnt errötend hin
durchgefe n auf die junge Menschen
:tnospe, die gerade zum Spiegellnden
»eines .schnellen kleinen Sprung« Ina
’chen wollte. Sie hatten beide lachen
Tiniiisem denn die Moosrosenlnospe
»vor gerade in dein üppigen Dankge
woge hänsen geblieben.
Uebrigens der Stolz der Familie
der feine, belesene und gelehrte Leo
pold, nur zurzeit nicht daheim. ist
machte eine Sommerreile nach d::n
ifstltchen Berniteinsttnnde der Visier
kiifte rnit einein Kollegen, der gis-ich
ihm Lehrer war. Der Papa hatte ties
in den Säckel kreisen müssen, ehe der
elegante here cis-erlebtes- reiiesertig
war. Aber die Familie glitt-Ue iln
stillen, daß Leopold aus die Frauen
schnv ging, das ins Baterstiidtchen
seines·tiollesen Arzt-Donau wo Rest
gIIllsOl lLIUlUI, IIIWIIT ZIUUMCU II
dessen einziger Schwester angesponnen
werden sollten. Der Vater Hielt-us
war wohlhabenden man suate sogar
reicher Mühlenbesiheh weshalb Leo
pold den glücklichen Gedanken hatte«
die Schubertschen Müllerlieder nutzu
nehmen, da er einen guten, geschulten.
weichen Variton besaß. Er erinnerte
sich des Ausspruchez einer literari
schen Berühmtheit, daß die Frau Mu
sik« die allerlustigste Kupplerin Iei.
Stand nur zu hossen, daß die schöne
und reiche Miillerin nickt schon einein
Mählentnappen ihr Herz geschentt
shabe2 Sie zählte schon 26 Sommer
—- eine sehr voll erblühte Rose also
— das Fräulein Agatha Holtou
HMan konnte also nicht wissen-«
j Bald hinter herminen kenn nach
Ebeendetern Dienst das fleißige Lies
2chen in vie Lossia. Auch sie war sehr
niedlich in ihrer »schiinen Kleidung««
seinem hellblauen Refelsähnchem auch
knotiirlich alles selbst gemacht. Sonst
hätten die jungen Dinger wohl nvs
den bescheidenen Putz verzichten mits
serr. Lieschen wäre es nicht allzu
schwer geworden, aber oie »Mot
heernine« hätte es härter getroffen
Wenn sie so von der Post kam, arn
neuen Ware-hause vorbei. unt- seine
herrlichen Inst-sen rnit Soihen
VII-dem Seidenßossen sah. dank
kenn auch der zitternd-e Sehnsucht-»
seufze-e iiber die roten Lippe-: Esel
ja —- roenn ich doch so ein bis-eher
siehe Geld hätte und lönate da ein
Ial laufen noch herzeniluß — todt
man so braucht sum Gliicklichiein
Gott! Was der Manfred. der ihr di
Knospe heute hinabwarf, der jung
Ren-brauten roth sagen toll-de
Wergbund-, Ue m grobe soto
nialtoorenaeschist hatten an der TO
driiheuchte tot-Wy- ipsirrmhaui
einkauft-n Und der ohn, wuchert
Weh « tote Cisishrigszeeitoitli
see iei eine- .iehr stolzen Regt-ein«
seid Mit-Fritz aus Urlaub
-:i·« gis-W Hei-.
M«M-M»asp mit se
—
frohen Menschen. die glücklichen Fu -
sien und fleißige-n Lieschen; das stoe -
; beinige mitgerechnet das selbst heute
r einen kleinen rosigen Strtcksteumps
’ siir einen Nelssen nui ihrem Pom
pabourchen ho te und unter allgemei
nem Beisull und Juni Stolz ihres
Bräutigams leise melodisch mit den
J blanlen Radeln quloppern anhab.
« Sie ahnte nicht« wie reizend die roeis
« szen Patschhlindchen dabei zur Gel
tung kamen, und daß viele elegante
Weltbamen Strietstriirnpse bei sich
siihren wär-den« statt Fächer. wenn
sie es nur glaubten und wüßten. wie
viel Grnzie man dabei entsalten
konntet
So sagte lein Geringerer als Se
Hochtviirden Herr Pastor em. Mill
lenstes. der unten in einer Lintipari
terreroohnung —- drei Zimmer —- mit
seiner lriintlichen Tochter Alma lebte,
die sehr schöne Gelegenheitsgedichte
schrieb zu Hochzeiten und Geburtsta
gen. Der liebensmilrdige alte herr
sagte ost und gern hübsch-n. guten
Kindern solch lleine Galanterienx er
hatte sein Leben viel ous Schlösseen
und Ritterglitern tret-reicht wo er
manche liebenswürdige. zierliche Re
dewendung gelernt hatte.
»Es ist erstaunlich,« wunderte sich
hermine plöhlich, »daß eine steinerne
Loggia, die lich hoch nicht dehnen
läßt« —- «Nein,« bestätigte der
freundliche haust-net die Frage auf
sich beziehend -— »und ganz bestimmt
nur siit sechs Personen ausreicht, nn
»Mit-pas« Geburtstag ausgerechnet
sechzehn Sihplöhe faßt-«
»Ja, wenn du in deiner Genügsams
leit das Fensterbrett, die Balustrabe
and Mamas Schoß. wo du halb
draus bestsi, auch nach «Loagia« und
.,Sispliitze' nennst, dann stimme ich
dir zu,«' lachte Ekit und sah sein
schönes Schwesterchen stolz bewun
dernd an, wie sie tatiiieblich ja daiaß
aus Mamas Schoß nnd ihr rasenges
ziertex ebenbolzfchwarzei Lockeniöpfs
chen an den silberweißen, weili en
Scheitel ver alten Mutter driialr. ie
srappante. liebliche Aehnlichkeit der
beiden trat ia allen überraichenb zu
tage.
Der gerühste »P.mta« erlebte noch
einmal eine iolche Schöpfersreude wie
am Morgen: er wurde wieder zu ei
nem neuen Bilde inspiriert. »Wie ein
Frühgewitter, das immer abends noch
mal iommi', sagte jemand. «
Scheinbauer tat jetzt etwai, was
ihm minntenlang die ichtveigende
Aufmerksamkeit der heiteren Geburts
tagsaeiellschait zuwenbete: er nahm
sein bekanntes blaues Scheckbuch aus
der Brusitaiche und riß einen Scheel
heraus, nachdem er ihn mil all feiner
bekannten Umstönblichleit beschrieben
hatte; es war ein Scheck auf drei
hundert Mari, fiir die er das Dri
ginalscelbild «Die beiden Den-sinnst
von herrn Kunstmaler Daniel Trav
burg anlanste. Eine allgemeine Ge
eiibrtheit vertiefte die Freude. bis
Mama die hönde grimmer liinger
im Schoß liegen lassen-konnte·. denn
das lalte Abenbessen mußte angerich
tet werden« Man erwartete nach mehr
Gäste. Nach fehlten zwei Familien.
eigentlich drei, denn die hübsche, statt
liche Vantberwaiierim die demnächst
ihr iöjiihrigei Dienstiilbiliiune sin den
Scheinbanerichen has-fern seierie,
mußte auch noch kommen. Sie durfte
auch gar nicht fehlen-, Denn sie Ver
tretung ichassen konnte, nnd dasiir
iarate der brave Dann-irr selber,
wenn's nichi andere möglich war.
Jetzt brachte Herr Scheinbauer eben
den ersien Trinispruch aus:
«Alfo, lieber Papa und verehrier
Herr Knnsimaler Daniei Treu-barg
alles irdische Glück, wenn es Gottes
Segen iii und keine Teuesssnlln wiins
schen wir nochmals im Verein zu
Ihrem sechzigsien Geburtstagei Tn
Ihnen doch keiner mehr wie 50 gibt
rnit diesen seist-lichem jungen Augen.
mit diesem Lachen, daß man nuiias
chen mühte, nnd wenn Sie iramsch
lachten, alter herr! — Gliick und Se
gen im neuen Lebensjahre, Ihnen
und den lieben Ihrigen, und das
Sie nächsies Jahr wieder so treulich
beisammen sisen and einander in lieb
Linde-U Doch- M. hochl«
Nach dieser mehr guts-meinten nie
glänzenden Rede umarmten sich alle
Anwesenden, wie das Pflicht war,
nnd dann legte der brave Herr, der
seinen SO. Geburtstag schon drei
Fahre hintereinander gefeiert heute,
acht entschlossen seine send um die
nicht erade ierbrechiiche Taiile ver
nnnmese erschienenen haust-ernenne
rin, Zeni- IlnneiMarie Lehmann, da
iie ihm die nächste war. Sie schob
ihm ein frischgesiilliei Glas in. und
nnier dem heut wie immer sehr fein
gepniiien Sitberhase errsieie He wie
ein junges Mädchen, nnd ihre syc
nenblsnen siegen wurden onz inm
iei. Alles lachte, nnd das nniel ver
heutigen Mit-rang war damit verstr
gen.,Die Jugend tcm en ihrem Recht
und nnn ein sites Geburtstag
lied en agen
»0nien Ing, knien Fee-, here Gärt
W SOMFMFJTN e « s
W . MIUII III
Uns-inn.
Und ein bischen Musik«
Pan-»Jenseits aber l . das ee
den Wien seines neues e nn
die Viert r Ieise erwarten
sinne; er fis-sie F schen in see Ic
s0e, feine iinte hend insie icon Ie
ssnien W, M : ei
s
totnnit Geld ins Dunst — Lacher-d
eins-saht ch Frau Lehmann; sie war
nur ,,au einen Sprung· herausge
tornenen und mußte daheim, wie sie
behauptete« noch eine wichtige Arbeit
vornehmen; später wollte sie wieder
kommen. here Trauburg wintte ihr
fröhlich su, drohte rnit dem Zeige
singer und sagte noch-einmal neu-nd:
«Jaivohl, Frau Ame-Marie, heute
tonrnit Geld ins Haust«
Eine Etage tieser,"tei der verwit
weten Frau Steuerinspettor Lieb
ling, ist es sehr still nn diesern schö
nen Juli-Abends Man"tiinnte eine
Stecknadel sollen hören. Das große
Wohnzirnener mit den lieben, trauli
chen Miit-ein« Bildern und sonstigem
Krani der dreihiger ahre des Is
Jahrhunderts ist durch lutet von der
Abendsonne. Mit beimtichirn Freude
"sunteln lachte sie durch die grünen
GlasVasen und Schölchen in der al
ten Spiegelseroante, liißt die groß
blurnigen Geburtstagstassen mit dem
an der einen Stelle ganz ubgescheuers
ten Goldrand ausleuchten wie einen
dontbaren Blick, und die altrnodischen
kleinen Silberschiihe sunteln wie neu.
Die schwarzen Glase-regen des großen
gestielten Bologneserhiindchrns sehen
beinahe lebendig aus in dem Sonnen
licht. Und die Sonnenstrahlen hu
schen zitternd iiber den alten, brei
ten, mit Glasperlen gestickten Klin
gelzug ein freundliches hochzeitsgei
schent, das Frau Liebling erhalten
hatte, als sie oor 50 Jahren netraut
wurde. Sie hat die glücklichste, von
Liebe und Gottessriede gesegnete Ehe
geführt, bis dann der gute, freund
liche lHerr Liebling heimging, so still
und ohne viel Aufhebens davon zu
machen. wie es auch irn Leben so
seine Art gewesen ist. Seinen und
Gottes Segen hatte er der Frau und
den drei braven Töchtern zurückge
lassen. Irdisches Glück seeilich wenig
Odee die Mädchen waren eben sehr
bescheiden, wenn sie keinen Abend zu
Bette gingen. ohne sich egenseitia zu
versicheru, dass es doch chön set und
ein großes Glück, solch eine hübsche
Wohnung zu haben. rnit einem solchf
lieben, heiteren, wirtschastlichen Mut
telchen darin, das den Ia iiber to
gern und so steiszig site feste schasste
m---.- I Ist-- s—---- - -I-neI--C- si
VIII-I s Iquo sann-I la Haus«-» C
gleicher Zeit bei-n von ihren Bctufsi
often. Die Ileltefte war Pest-alleine
rin, die Zweite Vetlönferin in her
Wäscheabteilung eines Warenhnules
und die Jüngste. die lehr hübsch Pay
machte und tiinsiliche Blumen m der
Vollendung schuf, nannte sich mit
Stolz ein Stückchen Kilnitlerinx sie
arbeitete in einem Geists-it mit 20
anderen. kneift heiterm, netten Mäd
chen zusammen, aber Klar-: Liebling
war Aufsichtsdame dort, denn sie
wurde oon der Peinzipalin fiir die
Vernunfilgfte gehalten.
Wenn die Tischler lamen, dann
tonrde ei laut bei Lieblings in den
beiden blissauberem oon vielen, nie
len bunten Stietereien gezierten Stu
ben, die lo schön groß waren, daß
alle vier prachtvolle Schlasplöye hat
ten, und über jede-n Bett an der
Wand einen reichen Besisstsnm
Schräntcheth Konfolchery Blau-engst
landen, Spiegelchen, Bildchem Schlei
fen. Ja, ihr heim itn Gartenhnule
woe recht üppig ausgestaltet worden:
Außer den Möbel-r Der Eltern hatten
die Mädchen alles Deloealice felblt
angefertigt eine Menge von Kissen
Decken. Gnedinen und Teppicheth und
die Erinnerung an viel friedlich su
bige Feierstunden und Sonntage bit
ten sie mit bineingewebt, sgettickt und
-gehiilelt. An den beiden Fenstern
standen zwei Wiener Stahl-, mit
mächtigen, ietbstgeltiekten Läniern tse
deckt, nnd ein Tisch dazwischen n-it
den buntslrablenden Arbeitelöebcben
An dem einen noch Muttetchens gro
ßer Sorgenituht und Linn-. ber
Uelteftem Stadt, die nun auch tchan
Mitte 40 war, ihr gegenüber. Aal
dem Fensierbrett natürlich evqr die
Blumenpracht lett-it gepflanzl und ge
pflegt. Dort hing auch Dein-theils,
des goldgelben Gencssem blinlendet
sauer. Jeht machte er sich zurecht
zum Abendliede —- lchon auf teinem
Schlummerpliischem der obersten
Sternge. Sobald die Abendsonne ib
ren kurzen Besuch abstattete, bekam
auch kein Bauerchen einen wohlwollen
den Blick der Meeresköning nnd das
war immer fein Zeichen: Dann lang
er fein feines, leises, anspruchlolee
Liedchen, und »Muttean saß mit
dein häkelzeug, cinliijen iin Vett
Iviilche, die ihr eine ganz nette Ne
beneinahene verschaiiten nach der be
endeien Handarbeit auf ihrem lieb
freundlichen Jenseit-las und wartete
auf die Kinder Sie nickte dem barm
lvfen Ileinen Sänger dann immer
herzlich dankbar fiir den tleinen
Kunst enu su, den er ibxs bet. »Das
ist re , "tcel-en. fing du nur dei
nen Ube- legen, Je gut d« ver
sier Du. hof ja solch freundliches
Leben bei uns in unsere-n Friedens
baien. e, sing du nur deine Dane
lieder, I dich die Lieschen zu Bette
bringt. Gleich muß He da sein«
CI landerte die alte Fra- dsnn
wohl n sei s eslt dem sitzen
cheeh leis Mk die Kinder beten
kmnes usd ten-see eine Mens- erlebt
hatte-. das mit Welchen besprechen
werden Inn te. Und M laue tits
« en dle lan es, better-en stimmen der
elteren durcheinander bei der nd
nrbelt, toii end Unu, die usw
etfris die uns pudieete nd m
eiskigfien die —- Deiratsannoncem
a. das war ihre lchwachi Seite, die
uttelchen und Lina ost beitichelten
und sast mißbilligten — denn was
hatte das wohl fiir Zweiti Nur Zeit
veeschwendungt Das Märchen aber-.
nun auch 36 Jahre zählend, bei-im
del der Leitlire ga heiße Bäuchen
und sinnend- Ileuglin su dem ohne
hin immer ichmaehtenden Lächeln; sie
tieiiutnte sichs-in aller Bescheidenheit
das ireundl sie Ehegliick, zusammen
mit einem dieser herren von stattli
cher Erscheinung edlem Charakter
und feiner Bildung. Zumeist waren
es Witwer mit einem lieben Kindchen
oder auch Junggesellen mit gutgehens
dem Geschäft, die eine häusliche, fesns
gebildete Gattin von angenehmem
Aeußern suchten. Eine, die Wert auf
eine egliiillichtz liebevolle Ehe legte
und n —- nicht allzu lleines Vet
miigen besaß. —- Ach ja. Da stimmt
fo manches — da hätte sie wohl so
manche dieser oerlockenden Offeeten
beantworten diiesen, wenn nur das
tleine, nicht allzn ileine Vermögen da
wäret —- Aeh ia —- ioie gut würde
sie sich tu einer glücklichen liebrdoäea
Gattin eignen. da sie sa alles übrige
besaß und sich sür immer noch recht
hilbsch hielt! Zwar war ihre Nase
etwas zu ftumps, ihr Mund um ein
weniges zu groß, und ihre Augen
erinnerten gar so sehr an in Milch
getochte Vergißmeinichtez dazu der
strohblonde, spiegelglatte Scheitel, in
dem jedes einzelne der nicht sehe iios
Ipigen Danke — mit Sorgfalt ge
tpiiegt und feitgeklebt wurde, denn es
Idurfte sich beileibe nicht verschieden.
sAber das Ganze sah doch famos aus
Iin der adretten, peinlich drdentlichem
IKleidung, auf weiche die jüngste
Liebling nicht wenig hielt. Und so
Ilas sie jahraus. jahrein mit einer
tapfer unterdrückten Sehnsucht ihr
-heiei1tsannoncen und träumte sich ei
nen Roman dazu, ohne daß er ihr
oder jemand anders schade-e; deni
das gutmütige Scherzen der Sei-we
itern tat ihe nicht weh, eher noch-. axsn
i
(
Istsltltttvclh Am Im lieu-umf- Our
zen wohl ntal laut wurde, weil ja
gar teine Möglichteit nnd Aussicht
war, daß nur eine ihrer guten, limi
tigen Töchter ein solches Famslnns
glüct finden würde, wie ihr leihst lo
reich zuteil geworden war. Linn nnd
hedwig hatten auch tvoht einst Aus
sicht dazu gehabt, freilich tetne ieOIr
große hoffnung. Drum war's auch
teine Enttäulchung mit viel Herzetetd
geworden. Jhre Augen waren hell
und tlae geblieben und ihre Herzen
ohne Bittertett. Keine Gelt-ensur, tei
ne begrabenen Träume ragten grau
verdiiilernd alt-I der Vergangenheit»
in ihr genügsam friedlicher Leben.
Nun lthpn io viele, lange Jahre hat
ten ste ihr von vielen tteinen und
tleiniten Freuden wie eine Art splitte
fkursiDecle' durchtvittted Leben ge
fiihrt, und du fte nlle gelund waren
und teine lebenslärzenden Gewohn
heiten hatten, tannte ee noch v.ete
lchiine Jahre geben —- ntit Gottes
Segen! —— -
Die alte Frau, die un Ihrer Kin
ter Schialat dachte, hob den Kot-L
denn die tande Wandnhk lchlug ntit
kollern Mang vie siebente Stunde.
Draußen hatte steh ein leitet Schlüs
selgeriiulch hörbar gemacht: Die Töch
ter lamen! Froh waren ite. ihr Mut
telchett gesund auf dein alten Plan
zu sehen and ihr mahlen zu tön
nen, was fah wieder ltie neue Blüm
letn in die Tausendbturnendecke ihres
Kaleine eingetithrt hatten. Und
dann latn heute eine lleine Abwechs
lung im Tageetatm ver Geburtstag
oben bei Traum-rai- Muttelchett
Mllsslc still ges-must Uns-ers arm-.
vielen bnernicsen Schreien unt nrats
ten WiszchM lind darn wiirden die
Fre- nellgrnuen Alp.iinlleider angezo
gen. die drei goldenen Itrenschen ron
den Einsegnungen nn.gebängi, und
nach oben ging's. Jede mit einein
Blumenstrauß nun der Ilsnrlrhalte, to
derzerfrruend bunt, als sei er aus
dem eigenen Gärtchen! Jent waren
sie alle drei da und planderten nnd
lachten und verzehrten noch ein Best
chen —- nrn oben ner ic unmaniers
lich viel zu eisen. Dabei las Märchen
noch schnell die neusten Heiraten-mo
cen. die Sonnabends irnnrer sehr zahl
reich waren, da oftmals gleich zum
Sonntag ein erstes Begeqnen stattfin
den sollte. Mit dem weißen Taschen
Jtnch in der hand, oder der roten
»Mit-ne im Zinswian ans einem
Bonnhof oder in einer Konditoreik
»Ja — romantischer nd identee war
ei doch entschieden, niil nzenn man sich
so seieelich hergestellt wurde, wie in
Gesellschaft, wo immer so riet andere
Les-te dabei waren!
— »Was meinst da wohl, Mntichem
was man dei solch ein-r Benennung
nnziehtk fragte Morg, van ihrer
Leitiire aussehend, and dis- in ihr
stöichew
»Ich Kind, ins doch den Unsinn!
—- Jch kann's dir auch nicht sagen,
denn in meiner seit lau-sie man das
noch nicht« Denk reib nicht dariider
nnd-. sindelchern Idee m st dir
nicht mehr Isii deiner alten uitee
tsdrden nisten Schwestern Zusammen
«0 dient-M Und iiir eine Idee!
smthiiztlei new-lich wisse-enn
ue IMM- nen sank erschr .
« ·QI Istde wohl dein Zeit-usu
ssnn Ist sede erfreut ieini' .
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