Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 18, 1915, Sonntagsblatt, Image 11

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    Inwie- m Mosis-«
Von Wiilielnr Fisufmnmn
Dresden, Is. Sept. 1915.
Bereits zehnmal haben die Fran
zofen mit einer großartigm Offen-I
frve von selfort aus gedroht, ei iftk
aber nie etwas daraus geworden-«
Jegt melden die Schwein Blätter,
das fehr ftnrte Massen hinter Beifort .
zusammengezogen werden, sowie dnßi
itatienifche Truppen durch den Mont
Tenis und iiber die Riniernbnbn noch
Siidfrantreich fahren. Die Schwei
zer befürchten fognr, daß es zu einer
Verlesung ibrer Grenze tonnnen
möge» Jedenfalls sind von der
Schweiz große Vorbereitungen cun
St. Gotthnrd und den westlichen Al
penpiiffen getroffen worden. Auch die
wütenden Angriffe der Franzosen auf
die Vogefenpäffe lassen die Deutung
zu, daß man Vorbereitungen zu einer
Verbreiterung des beiibfichtigten Vor
stoßes nach dem Rheintale trifft. Es
läßt fich noch nicht beurteilen, ob diese
Sache ernst zu nehmen ist. Jeden
falls wiirde sie die Deutschen nichts
unvorbereitet treffen. l
se - o
Die Not der Rufer war derartigs
gestiegen, daß man den Sündenboets
hinkt-fern mußte, obne jede Utiictfichtj
darauf, dnfz dieser Sünder den nlleri !
höchsten Kreier entftnmmte und bis
ber der möcht igfte Mann in Nußlnnd
gewesen war ceit etwa 10 Tagen
werden die Trümmer deip russifchen
Heeres angeblich vom 3aren gefithrt,
in Wirklichkeit üben die Führung jetzt
drei Genernle ausz. Um rnfch mit
einem Erfolg nufwntten zu tonnen«
werde der tehte Soldat der Gmnisj
fonen der oftrussischen Städte herbei-s
geschleppt, den fliichtenden Heerenj
wurden anfebnliche Verftärtungen ge-!
geben und fo ift es dem im Sitooftenj
»Ist-ji morn Murren Himmel-v geil-Ill
gen, das Bothmerfche heer etwa 10(
Kilometer zurückzudrangen Die
übrigen rnfsischen Deere haben keiner
lei Erfolge zu verzeichnen. Sie flüch
ten weiter nach Often. Auch Both
iner hat wacker ftandgehalten in sei
ner neuen Stellung und jeden weite
ren Angrisf mit furchtbaren Verlusten
fiir den Feind abgewiesen. Meinen
fenö großes heer und die mittleren
Gruppen der Vindenburgfchen Kräfte,
zusammen sicherlich iiber eine Million
Mann, haben die Sumpfregion hin
ter sich und find nun im Trocknen.
Wohin die Fahrt gebt, weiß inan
noch immer nicht. —- Jrn Norden
tBaltiluW sind große Fortschritte
gemacht worden, tron hartncictigen
Widerftandes der Rassen. Das Ziel
scheint die Vernichtung der ruffifchen
Haupt-nacht zu sein, nicht ein Be
gniigen mit den bisherigen Erfolgen
nebst Festhalten einer geeigneten Stel
lung, wodurch wohl die hälfte der
verbundelen heere flir andere Aufga
ben frei würde. — Vielleicht ist das
eigentliche Ziel unferer Führung noch
gar nicht festgelegt« sondern die Ent
scheidung darüber bleibt abhängig von
der Entwicklung der Tinge auf dem
Vulkan Das seinetiche hier irn öst
lichften Ende von Galizien wird sich
feiner angeblichen Erfolge liber Ge
nernl Boihmer nicht lange erfreuen
können, denn es ist bereits bedenklich
flunliert und heute wird bereits die
Roumung von Kiew durch die Ruf
fen gemeldet- — Jn Petersburg schätzt
nmn die Zahl der in Rulennd uni
irrtenden deutschen nnd österreichi
schris Heere aus 2,800,t-W Mann. Die
Lage der Aussen ift jetzt so, daß sie
wahrscheinlich lieber zu aerinn als zu
hcch einschilgeth um das Voll nicht
noch niebr zu beunruhigen.
s I I
Nach Sitten. nach dem tiirlifchen
Lrirgskfchonplaye soll misn ietzt die
Lilicte richten. Muß es nicht ausfal
len, daf; flch England an den Dardni
nellen trotz furchtbarer Verluste mit
fo großen neuen Kräften einfeßtt Ge
schieht daH Uiußlnnds wegen? Das
wäre ganz und gar unbtitifch. Eng
land tampft dort fiir die eigenen Jn
tereffeu. Gelingt ilnn die Zettriirns
tnerung der Türkei, fo ift die iigyplis
fche Gefahr beseitigt, und zugleich die
noch ferner liegende Gefahr, daß
Deutfchlund sich in fpcilerer Zeit ein
großes liulturgediet in dem türtifchen
hinterlande fchnffen kann, durch wel
ches die Bagdnddnlfn führt.
Ein Zipfel des nortöftlichen Ser
biens ftdßt gegen Bulgarien vor. Es
ift nnr ein kleines Gebiet. Föllt die
fer Zipfel in die Hände der Zentral
iniichte, fo tann dem Durchnurfche
eines Heer-es durch ein freundliches
Bulgarien, welches reichlich entlohnt
werden tönnle, tnutn noch fchloierig
fein. Man hätte damit eine sichere
Straße vcn der Donau nach Kon
ftantinopeL Dort unten im Süd
often tann England mn empfindlich
f«en getroffen werden· Ein von
Deutfchlnnd und Oeftereeich verstört
tee Tiiete wäre uniidertvindlich Nur
durch die Türkei führt der Weg nach
Suez und nach Banden-.
- i i
Um zu begreifen weiser Unt
fchwung sich nuf dein Nr egsfchaui
plaie ten Often vollzogen hat, muß
nmn folgende Ziffern eriviigen. Aufz
lnnd hatte in Galizien österreichischei
Gebiet befefft enn 12. Juni: BUT-So
Quadratsiiilometer, am 4. Septem
ber oder nur noch 5,900 Quadrat
Mlometer, demnach 28,350 Quadrat
Mlometer v e r l o r e n. Deutschland
und Defterreich holten-am 12. Juni
..—-- --—.--t-—-«-«—- f-L-—.-.--—.-,.....-. -»
in Rußland besehh 81,000 Quadrat-«
Kilometer, am 4. September aber
225,160,salso weiter gewonnen
144,160 Quadratlilometer. —- Jeden
Tag schwillt dieser Landsgewinn an.
Jn Belgien halten die Deutschen 9 ,
0»0, in Frantreich 21,700 Quadrat
Kilometer seindliches Gebiet. Das
gesamte Fausts-fand der Verbiindeien
umfaßt eine Ländermasse von dem
Umsange der Hölste des Deutschen
Reichs. —" Oesterreich hält 1,720
Quadratlilameter seindtiches Land-—
Die Franzosen halten 730 Quadrat
liilameier deutsches Gebiet in den
Hvchvogesem die Italienee 245 Qua
dratiilometer in Trient. Lehteres ist
meistens vvn Oesterreich bei Kriegs
beginn gerüumteb Gebiet.
- i a
Die tbniglich britischen Zeitungen
in Amerika werden sicherlich den Jn
halt eines allerdings Aussehen erre
genden Artitels der Neuen Züricher
Zeitung vom 8. September getabelt
haben, natürlich in der in den briti
schen Yanteebliittern beliebten Ver
drehung. Es handelt sich dabei um
den Konslilt BethmannsTirpih be
züglich der abgeschwächten oder der
scharferen Führung des Unterseebovt
kriege-T Die Bethmannsche Auffas
sung, sagt das Züricher Blatt, habe
gesiegt, wie aus dem Entgegenkommen
Bernstarsss gegen Präsident Wilsou
ersichtlich, und wie auch der Wechsel
in hohen Kommandots der deutschen
Flotte darlege (die verdienstvollen Ad
mirale Behncke und Bachmann ha
ben ihre Plätze im Admiralsstabe ge
gen andere an der Frvnt vertauscht).
kferner habe Tirpih seinen Miet
tritt angeboten, wei.l er «taltgestetli«
worden sei und das Ohr des Kai
sers nicht mehr erreiche. Der Kaiser
höre ausschließlich aus Beihmanm
Fallenhayn, Kabinettseat Valentini
nnd Admiral von Müller. Aller
dings bleibe Tirvitz noch im Amte, da
sein Rücktritt vom deutschen Balle
nicht verstanden werden wurde, er suhte
sich aber überslüssig und demgemäß
unbefriedigt. —- Ex würde zu weit
führen und auch unangebracht sein,
die übrigen Angaben der Züricher
Zeitung« weiter zu verbreiten. Jch
erwähne die Sache überhaupt nur,
weit sie ja auch nach Amerita hin
übersaiett.
Die deutsche Presse fchioeigt zu
den Zliricher Meldungen. Nur die
titheinischsWeftfälifche Zeitung, das
Organ der Alldeutschen und der west
lichen Schwcrinduftrie, bringt einen
Artikel, in welche-n der Kaiser be
schworen wird, seinem treuen Tirpitz
auch ferner Vertrauen zu scheuten.
Auch hindenburg wird ohne jeden er
sichtlichen Grund G. ift nur Soldat
und steht der Politit völlig fern) von
der Rh.-W. Zig. in jener Verbindung
genannt. Dieser Artikel wird sogar
von dem gewiß dorstchtigen Dreodner
Anzeiger abgedruckt
Eine Unstimmigteit zwischen dein
Reichskanzler und Großadniiral Tir
pifz tann sehr leicht eintreten, wenn
man del-entt, wie ftnrt der Seetrieg
in das politische Gebiet eingreift nnd
wie sehr ein folrher Krieg die Jn
teressen der Neutralen berühren mus-»
Dem Kanzler mag ein Vergleich mit
Amerika wertvoller dünken, nlo ein
scharses Anspannen des Bogens, wel
chen Tirpitz führt. Bethmann, der
verantwortliche Politiler, glaubt durch«
Eröffnung der Bezugsquellen aus
Amerika und durch den Versuch einer
Sperrung der aineritanischen Geld
quellen fur den Feind einen größeren
Vorteil für Deutschland zu erblicken,
ne- »Juki«-; V«:ichsk.9!!s d«3 r BRU
Kriegeo, und die daraus vielleicht
hervorzurufenden weiteren Konflitte
niit den Ber. Staaten. Tirpitz aber
steht naturgemäß eher auf dein
Litandpunlte der Waffenbetätignn3.
So liegen die Konfliktsurfachen zwi
schen diesen beiden führenden Män
nern gleichsam in der Luft und e
wiire durchaus nicht erstaunlich, wenn
es zu einem Zusammenitofz gekommen
wore.
Hoffentlich ist der Konflikt setzt
beseitigt. Der Reichskanzler bat sich
in der anierikanischeu Frage durchge
sekzt. Er ist nicht der hassen wie
es Bisniaret war, nnd er wird hof
fentlich einen Weg finden zum Zu
sammenarbeiten rnit Tirpiy. Tag
deutsche Volk würde es allerdings
nicht verstehen, wenn irgend etwas,
das auch nur irn entferntesien einer
Deiniitigung seines Abgotteg Tirpisz
ähnlich sähe, eintreten würde. Mit
dein Burgfrieden wäre es dann vor
bei. Triumpbieren aber würde Eng
land, welches in Titin seinen schärf
sten Gegner erblickt, und welches tei
nen Anderen Mann so sehr fiirchtet,
als diesen deutschen Seehelden.
Nach heutigen Kabelberichten fol
len sich Bernstorff und Lansing ge
einigt haben in allen Streitsrngen
zwilchen Deutschland und den Ver.
Staaten. Und auch von einem sehr
starken Umschwung in der öffentlichen
Meinung Amerikas zugunsten Deutsch
lands wird berichtet. Solchen Mel
dungen gegenüber ist ein gewisser
Pessnnismns sicherlich berechtigt.
Troßdein bin ich der einung, das
die Sache Deutschlan in Amerika
bald in günstigere-n Lichte erblickt wet
den wird. Solche Taten, wie sie
unsere herrlichen Trnppen seht in
Rußland vollbringen, müssen wir-I
lungsdoll fein, namentlich bei einem;
Volke don Erfolganbetem Jin übri
gen bedeutet es gar nicht-, was diej
iMasse der-— Angio- Ameritaner iiber die
Kriegsfragen denlt. Die meisten wer
den sich außerdem weit mehr siir das
BaseballiSpiel interessieren, als siir
das größte Ereignis der ganzen
; Weltgeschichtr. .
.
s Rußland richtete gestern einen Ver-—
zzioeisliingöschrei nach England. Man
Linde sofort sechs Millionen Rubel
sschickem sonst müßten die russischen
Flüchtlinge verhungern! Also Nuß
land hat nicht einmal Geld genug,
iiin die sechs Millionen Polen, Ju
den und Deutsche, deren Dorfe-e iiiid
Felder die Kosolen verbrannt haben,
zu ernähren. Diese unglückseligen
Wienschem welche mit ihren Frauen
und Kindern von ihrer eigenen Regie
rung aiis ihren Heiniftiitten vertrieben
sind und nun schon viele Wochen auf
den Landstraßen, in den Wäldern
und Siiinpfen Westrußlands umherir-»
ren, sind der Gnade und Fürsorgek
Englands empfohlen! Bedarf es da
noch eines Beweises, in welchem Zu
stande dei Zerriittung sich die raffi
fchen Finanzen befindeni — Jn oee
Daina sagte der Kadettensiihree
Schingarow: Die Verbiindeien täinp
sen fiir eine gemeinsame Sache, sie
müßten deshalb einen gemeinsamen
Geldbeutel haben. Es sei schon
schlimm genug, daß sich das Land aus
weitere «cteueruiiliarniherzigteiten«
gefaßt machen müsse! 6,043 Millionen
Nabel (eiioa 13 Milliarden Mart)
habe Riißland schon fiir den Krieg
geopfert. Wenn es bis ziiin Frühling
täinpsen solle« so bedürse es weiterer
6,000 Millionen Rahel. die niiisfe
England schaffen, oder Rußland
könne nicht mehr mittunl
Wie steht es nun mit England,
das «ene 6,000 Millionen Rubel be
schaffen soll? Den Ameritanern
braucht man ja laum noch zu sagen«
wie ej dort fteht. Sie genießen ja
fett das erbanliche Schauspiel, das
reiche Britannien im Bettlergewande
vor den Pforten Morgans zu finden.
Tausend Millionen Dollars will Eng
land sofort in Amerika pumpen und
zwar zu 5 Prozent, einem für Eng
land doppelt so hohen Zinssatz als
man früher bezahlt hat« Englands
Kriegglojten betragen jeht 5 Millio
nen Pfund (25 Millionen Dollars)
per Tag. Seine Einnahmen nur
750,000 Pfund per Tag. Dabei
steigen die militcirischen Ausgaben
täglich. Wo soll da noch Geld für
Rußland herkommen?
Frankreich bettelt gleichzeitig bei
Morgam Seine Kriegsanleihen im
eigenen reichen Lande find jammervoll
ans-gefallen. Man behilft sich mit
der Notenpressr. Frantreich hatte am
I· August schon 13,228 Millionen
Papiergeld im Umlauf, mehr als
doppelt so viel als Deutschland Die
Golddecke dafür ist unter 30 vom Hun
dertgesallenl Jn einem ameritanifchen
Iinanzblatt lese ich, daß am 26. Aus
gnst in New York der Dollar 5.98«-j
lkjrancs wert war, und daß man 6.48T
italienische Lire für einen Dollarl
nahm! Der britijche Sterling-F!nr5i
tvar niedriger als feit 1817, nämlich;
-l.63!-:»-. Dagegen hatte der Kurs der
Reichgmarl in New Yort 10143
Points gewonnen· -- Die Sache
fteht tatsächlich so: Rnßland ist«
bankerott, Italien steht am Rande?
des Bankerotto, England und Frank-!
reich sehen sich aus Amerita angelviesi
l
sen. Vielleicht borgen sie dort die
jetzt nötigen 1,00() Millionen Dol
lars. Aber tvie lange wird dicfe
Summe reichen? Wird Amerika wei:
ter borgenY Was srll arscheheik wenn
dort der Kredit verweigert ivirdt
- nar- Dkuxschxsnde xpssk ich imgerl
Deutschlands Uoldvorrat nimmt be
ständig zu. Am 7. September 1914
detkug er 1,58(),t48,0()0 Mark, am
k-ls.-.- Q-..-- 1015 .-I.--- U A I U i
.III-le ÆIIVS Jt1sex1 bist-Si sit, -.-.x-,
FSZBJWU Millionen. Die Golddeae
siür den Umlauf deutschen Papier
igeldeg hat noch nie unter 40 Prozent
detrageni Kriegsanleihen hat Deutsch
’land bisher litt-g- Milliarden iin eige
nen Lande aufgenommen Jetzt er
hebt man gerade die dritte Anleihe
Ain 22. September wird diese An:
leihe geschlossen. Bis dieser Brief
zuin Druck gelangt, wird das Ergeb
nis bekannt sein. Die Zeichnungen
haben bisher glänzende Resul
tate ergeben, bessere selbst als bei der
zweiten Anleihe, die über neun
Milliarden brachte. Der britische Fi
nanzminister sagte kürzlich: Die
deutschen Anleihen seien gar kein
Kunststück, denn das deutsche Voll
bot-ge sich das Geld selbst!
Das ist dolltominen richtig. Wohl dem
Volke, das nicht ins Ausland bet
telu zu gehen braucht, das das
Kriegsgeld telbst ausbringt und auch
die Zinsen dasiir selbst einzieht· Ja,
das ganze deutsche Volk bringt das
Geld aus. An der zweiten Krieg-Zan
leihe beteiligten sich 2,()"91,060 deut
sche Sparen Das kann kein anderes
noch so reiche-z Voll den Deutschen
nachmachen. Die dritte Anleihe wird
noch weitere hunderttausende von
Deutschen zum Zeichnen bringen, denn
jetzt haben die kleinen Sparer
weit ilnstigere Zahlungsbedingungen
als either, es werden kleinere Zah
lungen angenommen.
Jch lotnrne ost auf[ diese Finanz
fragen zurück, denn te sind reichlich
so wichtig als Mitteilungen iiber den
inllitiirtschen Fortgang des Krieges
Es ist sogar möglich, daß der Frie
den, wenn er endlich tomnit, mehr eine
golge der finanziellen Erschöpfung
r Mächte sein kann, als eine Folge
der dann bestehenden militärischen
Lage. Zu wissen, daß Deutschland
in finanzieller Beziehung heute
besser und sicherer dasteht, als
irgend eine der seindiichen Mächte,
das ist ein schöner Trost und eine
lautete Quelle berechtigter Siegesw
versicht. .
s O
Vor zwei Wochen jährten sich jene
wundervollen Siegestage des Kriegs
anfangs. Die Deutschen haben sie
nicht gefeiert, wir stehen noch mitten
im Kampfe und u Festen ist später
Zeit. Die Franzosen haben aber das,
was sie ihren Sieg in der Manie
fchlacht nennen, sehr pomphast gefei
ert. Aber war denn das ein Sieg?
Merkwürdig, erst nach Monaten sin
gen die Franzosen an, von einein sol
chen Siege zu reden. Was ist in je
nen Tagen, etwa vom 7.—12· Sep
tember 1914, in Frankreich geschehen?
Sechs große deutsche Heere brachen
damals iiber die belgische Grenze
vor. Der rechte Flügel, Klucl, hatte
beständig zu tömpfen, die übrigen
Heere fanden nur wenig Aufenthalt.
Die vordersten Ulanenposten hatten
schon den Eisfelturm von Paris in
Sicht. Die Mitte dieses Millionen
heeres drang zu ungestüm vor, na
mentlich das sächsische Heer unter
Hausen war schon durch Chatonk
marschiert. Dabei hatte hausen die
Fühlung mit seinem westlich-n Nach
barn, General v. Biilow, verloren, so
wie die Verbindung mit dem anderen
Nachbarn, der Armee’de«s deutschen
Kronprinzem welche in den Argen
nen aufgehalten worden war. Jn
die Liicle zwischen hausen und Bit
lotv stürzte sich Jossre mit zehnsacher
tlebetmacht und die armen Sachsen
büßten den allzustiirmischen Vor
marsch ihres Führers mit entsetzlichen
Verlusten. Aber die Franzosen em
fteten dabei wenig Ruhm. Der Ruck
ang der Deutschen von der Marne bis
zu der schon vorbereiteten Stellung
Jan der Aisne vollzog sich glänzet:d,
sdie Kriegsgeschichte bietet wenige Ruh
»mestaten wie den Riickmarsch der am
Jmeisten gesährdeten Flügelarmee des
Genetals von Mutt. Und auch die
Sachsen erzielten noch einen großen
Erfolg. Jhre Nachhut machte Kehrt,
lieferte den verfolgenden Franzosen
eine siegreiche Schlacht und danach
hour ole Urrioigung nun Ware sle
sortgesth worden, so hätte es fiir die
durch die wochenlnngen Gewaltinär
sche völlig mthepumpten Sachsen zu
einer Katastrophe werden können. So
haben die Franzosen wahrlich wenig
Grund, am Jahrestag dieser Maine
schlncht zu triumphieren Gewiß sind
die deutschen Heere damals nach der
Aisne zurückgenommen worden und
dort stehen sie noch heute. Sie muß
ten zurück, weil einzelne Teile des
Heeres zu rasch nach Paris wollten.
Aber eine wirkliche Niederlage siir die
Deutschen war das nicht.
Die Engländer haben den »Sieg«
an dcr Marne nicht initgefeie:t. Der
britisehe Buckel juckt noch immer den
den furchtbaren Schlägen, welche
Kluck bei Mons und St. Ouentin
austeiltr. Die britische Reiterei hatte
iiber 00 Jahre von ihrem Ruhme bei
Bcilatlatva (Krimlrieg) gesehm Bei
Mons fand sie einen anderen Gegner.
Die tvestsälischen und hsnnoverschen
Lanzen kamen tvie ein Ungewitter
iiber die dritischen ,,Crack«-Regimen
ter und die englischen Standorten
wurden durch den Staub gefchlciit.
Es tvckr die erste und bisher die ein
zige Reiter-Schlucht dieses Krieges.
Der Tag von Mong zeigte den Eng
liindern die Furchtbarleit des deut
schen Angriffs Und sie erlanntcn zu
ihrem Schrecken, daß die eigent
lichen Sieger von Wnterloo nodh
immer dieselben Teufelsterle sind wie
vor 100 Jahren.
CI
Die ideale Vnmbschdazjosn
Hat eener kecnc tmcblse nich,
Hm hat er nii.';t sc lachen.
Denn ohne stricva-, sagt er sich,
Ta is ähn nifcht zn machen.
So geht- än' jeden in der Welts,
·n Menschen tote ’n Leiden,
Un gar forn Schlund hat 'nc lIctve Geld
An nichrfchtrn ge bebe-idem
So mancher dädc gerne nml
Sich ooch enmd ec«ned)m.
Doch hat ek custm da is’s sobal,
Da man er schdillc lusten. -
Nu gibt-I ja edle Seen-n, die
llff Wnchekzinsen bomcm
Doch zn nms Enan sinkt as life,
Lle nee, das macht bloß come-n
Te ideale Bumbschdazion .
Vnßt stif, was ich cich sage —
Tasz is be cdcjike Nazjmn
se England heidzcdage.
Das bumbt in in der qnnfcn Weld
An alle fnnlcn Brich
Un kkicht « ich fchkns drnss —- sei Geld
Jkn Löwen niemalös Iuietmx
—..
— LiebevolL Fiisilier (an
Urlaub): Jch weiß nicht, Minna,
seitdem ich aus dem Schützengraben
bin, —- hiet zu haufe« leide ich nn
AppetitmcmgeL "
Frau: Sei doch froh, Mann, das
Essen ist jetzt sowieso Kaum zu be
zahlen.
— Gefährliche Sache. Jun
aet Mann Czum ander-eig: Du bist
su Meiers geladen? a sei nur
vorsichtig; dfe hoben sechs Töchter-,
dort zittert alles aufs heiraten, sogar
d’e Kinder spielen den ganzen Tag —(
Standesamtl
Von Gntti Also-.
Date Stieger ftand an einem Fen
lsfter der dritten Etage des alten spitz
giebeligen Hauses und ließ ihre Blicke
über den breiten Fluß wandern, nnf
dessen frühlingsllarer Fläche niedrige
Dampffcihren lnuerten und große
Schiffe mit hochstrebendem, vielver
iziveigten Tatelwerl hin und her
fchwanlten, während flinle Segter
und Rrperboote wie fabelhafte Fifche
ungeheuer einer geheimnisvollen
Ferne entgegenfchnellten. Jn aller
ithas hohen am jenseitigen Strom
fufer sehnige, breitschultrige Männer
jmit fchwieligen Rietenfiiuften Säcke
und-Tonnen hinauf und hinab, Zu
rufe fchallten durch die ftifchtühle
Luft, Pfiffe fchrillten, Krone flogen
lreichend in die Höhh
Hinter den schlanke-i Kirchtiirnien,
dein wuchtigen Gemäuer und den
massigen Speicherlomplexen der alten
oftpreußifchen Handelsftndt barg die
stolze Sonne verblutend ihren Ab
ftieg. Jrgendeine ferne Kirchenglocke
gab ihr das Abschiede-geleit. Und ein
vom Meere defchwingter Frühlings
wind fuhr haltend um die Ecken der
tointligen. Gassen, rastete ein wenig
in den dunklen Torbögen alter Hun
delshäufey um mit neuem jugendli
chen Ungestüm in die vom Kriege ver
letzte Provinz hinauszustiirmen
Ihre Blicke folgten der Richtung
deå Fliichtigen und verloren sich fern
über dem Dächertrirrwnrr in die
fchmeigende flache Limdfchaft jen
seits des Flusses, bis in jene Weite,
da Feld, Wie1e11, Himmel und Meer
in das Unendliche zufnnimenzufliefzen
schienen.
, per wem-one irrer-.
I
x
Ein fahlen grnnnrher Schein lag
einige Augenblicke lang gespenstisch
über dem unten ausgebreiteten Bilde.
Dann überzog der Himmel sich mit
einer hier safrnngelhen, dori zartro
ten Lohe: der Widerschein der in der
Stadt enge-zündeten Lichter.
Da kam es ihr-von ungefähr in
den Sinn, daß dies Fenster, vor wel
chem sich die Stadt ausbreitete, mit
ihrer Arbeit, ihrer Lust, ihrer tägli
chen Lautheit und nächtlichen Stille,
ihren Leidenschaften ihren Hoffnun
gen und Enttäuschungem —- dies
Fenster, vor welchem das Dasein
träumte und litt, ihrem Leben gliche,
aus dessen engem diahmen auch sie,
unbeteiligt, sühllos, aus das Wirlen
und Streben, Werden nnd Vergehen
der Menschheit und der Natur hin
ausschnute». seit jenem Tage, der
sie vor siinfzehn Jahren zu einer Le
hendtoten gemacht hatte. «
If sit s «
Es mochte zehn Uhr sein, nlS ein
gellendeg Läuten sie jäh aus ihrer
Versunienheit in die Wirklichkeit zu
tückries. Bald daraus prchie es an der
Tür.
s »Verzeihen Hie, bitte,« sprach die
iEintretende auf ihr nussorderndeg
»Herein«, »ich komme in größter Eile.
Ein Trupp Schwervrixvundeler von
den Grenztämpsen ist eben angelangt.
Achtzig Soldaten. Es fehlt uns iur
zehn Mann Unterlunsi». Und da
die Räume unter Ihnen gerade unde
ivohnt und gut eingerichtet sind...«
,,Schassen Sie sie nur gleich dort
hin-» Mein Bruder wird mit der
Verwendung seiner Wohnung einver
simidsn sein . . .«
Durch die Räume, in denen vor
tnum verstossener seit der Inhaber
der jnhrhundertenlten, grossen Mede
«reisirina Ruhe nnd Erholung gefun
den, wenn er nach Tagednnihe ans
den mit Pulsierender Tiitigteit ersuil
sm» unteren Geschäftgziininern in sein
behaglicheg Heini hinaufgestiegen w.r
schritten nun, ernst und wuchtig wie
die Zeit, die Firnnienircigcr niit ihrer
jtrnurigen Unsi. Ein zir«3t, von zwei
Samariterinnen aus dein iin benich
harten Haufe nufgesdstagenen Hilfs
lnzarett untersiiint ordnete init ieisen
iuiid doch beltitnmten Befehien das
iWaschen, Verbnnderneucrn nnd lim
ibetten der Verwundeten in die brei
Hen, bequemen Lagerstätten des- Pnt
rizierhiiuses, während Dore, die tiefen
iDanziger Schränte und Truhen nnch
immer neuem Linnenzeug durch
tviihlte·...
i Die ungewohnte Berührung cnit
den vielen unbekannten Menschen, de
nen sie seit so vielen Jahren scheu
aus dem Wege ging, die greifbare
Nähe von Itrieg Wunden nnd Tod,
welche ihr bisher nur aus der Zei
tung bekannt gewesen waren, dns
Stdhnen und Wiminern der neuver
bundenen Dulder all diese-·- Tntsäch
liche ließ die Erinnerung un dnH
träumende Hindännnern ihres bisher
verbrachten Daseins wie eine öde,
endlose Steppe vor ihr auftauchen, in
welcher sie während der besten funf
zehn Jahre ihres Lebens ununterbro
chen eine nagende, giftige Erinnerung
unihergesiihrt hatte, bis aus einstiger
inbriinstiger Liebe Haß, und schließ
lich Verachtung und Menschenkind
schnst geworden wor« -
si- sii «
Koum wahrnehmbar hatten die
Stunden ihre Runde durch die Nacht
gemacht, während Dora mit Lemnos
hast zuckenden Lippen und Händen
ihr in einer unertlärlichen Aufwan
lung angetreteneö Wächternmt aug
fiihrte, an welchem nur noch eine äl
tere tieantenschwesier teilnahm.
Die meisten der verwundet Einge
iieserten waren in einen tiesen Schan
dr Erschöpfung gefallen. Andre stöhn
-f -—q" -—- f-"—.7-:-- vII
- .- , — .
ten von seit zu Zeit... Und nn
einer von ihnen« dessen Körper von
unzähligen Bajonettstichen durchlö
chert war, warf sich in irren Fiel-er
träumen hin und her. Einzelne Sit
Iben wurden hörbar, formten sich zu
,Worten, zu ganzen Sagen. Dann
»ilang es mit pathetischen halb singen
fder Stimme, welche sichunheimlich
Ian den Wänden des fast duntiess
Raum-S brach:
»Da kommt sie und wandelt!
Jch eile sobald,
Ein singender Vogel,
Zum buschigen Wald.
I Sie weilet und horchet
Und lächelt mit sich:
»Er singet so lieblich
Und singt es an inich.·.
Und singt es an mich...'«
» Dore war ausgesprungen, mit vor
sgestreelten Händen, wie ein weh-wies
Kind, das Schlägen ausweichen will.
Und auch in ihrem Gesichte stand Der
iselbe schreckhafte Ausdruck, der hitfi
’loseni Kinderweinen vorauszugehen
pflegt. Voller Entsetzen blickte sie zu
dem Fiebernden hin, welcher die Goe
thifchen Verse in dieser ihr allein
vertrauten Singform vor sich hin
suinsnte, deren Melodie der Treulose,
much als er bereits einen Namen un
ter den zeitgenössischen Komponisten
errungen, nicht zu veröffentlicheu ge
wagt hatte... Ob aus einem Letztere
IRest von Scham, oder um seine Ju
Jgehörigkeit zu jener Zeit der Lüge
Izu retleugnen·.. was hätte ihr noch
daran liegen iönnen, alle die Jaczre
hindurch?
Ost-I, »r« -s-k !t»- uns-.
Um USE-sicut sie-uns Iyu Wuc
der.... Und plötzlich erinnerte sie sich
deg Eindrucks, den dieser init dein.
Eiseriien direuze'nusgezeichnete Krie
ger bei seiner Einlieferung heivorge
rufen hatte. Die Kleider hatten zer
seht an seinemniisJinzähligen Wun- .
den blutenden Körper herndgehiingen,
und schienen iiiir noch durch den lie
bengebtiedenen Straßeiischniutz zu
snmmenzuhalteii. lieber Stirn und
Kinn ivnren Leiiienliippen gewunden,
aus denen der rote Ledensiiroiii her
vorsickerte, nnd in seinen Augen sink
terte der letzte Glanz dieser Ertse...
Er mußte sich im Niihtainpi wie ein
Rasender um seine Heinintproviiiz
Osipreußen geschlagen haben. . . .
Die einzige übriggebiieoene Wachs
terze, ioelche einen matten Schein iitser
das-« Kriintenzimnier warf, zertroixsle
sich in langen, weißen Zähreii.»
Und vor den Fensiern tiinipjte die
dunkle Nacht iiiit der siihlen Mor
gendäinmeriing, die hartiiäckig ihre
lliechte in Angriss nahm.
Dore ivnr vor dein Bette des Ster
bendeii in die Knie gesunken.
Wie geringfügig, wie verächtlich ihr
der Gram nm ihr verlorenes Dasein
jetzt erschien! Sie spottete seiner-, den
isie mit so großen Worten genährtt
EDer Veriviindete hatte ihr Mädchen
sdasein enttiiuscht, ihr Frinieiischictsal
um sein Liebesleben betrogeiit Was
zählte dies im Vergleich zu der Kühn
heit, der Todesvernchtiing und dein
YJZcirtyriiiim dng er niij sich genom
men ans Liebe zii seiner Heimat, sec
iiem Vaterliiiidel Hatte er sein Lein-n
nicht in die Schanze geschlagen siir
diig Wohl und Wehe iiller seiner
Brüder? Er, der Held, der verwun
deie lirieger, das Symbol deg Miit
threrH, dessen Leib uni lieberzeiiguiig
und Treue verbliiteie...
Ein erlösendeö Schliichzeii quoll
uns ihrer Brust empor.
Er ösfiiete die Augen
,,Veriiib...,« sliiiiimelten seine
toddleiitieii Lippen.
»Ich habe nichts zu vergeben...
iiiir zii diiiileii...,« hniichte sie.
Triilsen begannen tietteii zii klir
rcii« Pfeife-n zu geilen . .. Der Mor
geniuiiid flog über den Strom Und
die siegreich hemiifsicigende Morgen
soiiiie iiiiille einen dlniileii Streifen
ans zwei ineinander verschlungen
» Händepimre.
- Der Käse gleicht dem Eiigliiiidek.
Man tann ihn nicht riechen Auch
Inniz man ihn wenn er zu nIndig
wird, herinetisch abschließen.
i Gedmifenspiitter.
l .I—-.
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i
L Die Krieggliige gleicht einem
Krieges - Poetemonnnir. Man bedient
sich ihrer nnr, unt den Schein zu
wahren.
sc
Das Messer unterscheidet sieh
von dein Engländer dadurch, daß es
Schliss durch scharses Ausschneiden
beweist, während der letztere damit
lsetne ilngeschliisenheit zu ertennen
lglbt «
, —- Bor sa tz Jnnger Mann
Itzuin Freund) Bei den Mustekungen
haben sie niich nicht genommen, frei
willig haben sie mich nicht genoiIunen,
Ho ist mir tin-Z Leben jetzt zn friedlich,
Ich — heirate!
-— Ein höflicher Mensch
Sonntngsreiter ider voni Gaul herab
mitten in eine plnudeknde Frauen
grnppe siilll): Verzeihan ineine Da
men, daß ich Ihnen in die Rede
falle!
-— Gut gegeben. Schriftstel
ler (der einen Schätzengruben besich
ttgen dars, zum FeldwebeUI Na, das
ist ju gnnz nett, ganz wohnlich einge
richtet!
Feldwebel: O ja, nur zu viel Ven-«
tilatioa haben wie!
—-.-———