Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 21, 1915, Sonntagsblatt, Image 12

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    its-se- m I. Mk
ca Ritters-W
Der Vater hat Ort-· est-s ast
sracht, um den fchtiminften Hasel z
tilgen,« beeichtete Martin weiter.
.Jiinfzehnhiendett Kronen hat er nie
dergelegt. . . So viel etwa hat ei
seiner Rechnung nach ausgemacht.
wag der feine here in den wenigen
Wochen an Blumenspenden. Wagen
saheten, Band-dankten für Sonn-ers
und Theaterlarten fiir die Agnez und
die Maina aus-gelegt hat . . . Genug
fiir die kurze Zeit . . . Aber der
Papa hat selbst lieber die höchste Zis
fee angenommen als eine niedrigere,
damit die Agne- nur ja sicher ift, daß
sie nichts von dein Menschen gehabt
hat, wag nicht zurückgezahlt worden
ist . . .«
Auch das hatte Christian schon in
der Zeitung gelesen.
Riemann hätte dem Papa einen
Vorwurf daraus gemacht wenn er
das nicht getan hätte," meinte Mar
tin. »Mir scheint, die herren bei ver
Polizei und heiin Gericht haben seine
Genauigkeit übertrieben gefunden,
aber ich glaube, der Agnes hat er ein
fach damit das Leben gerettet. Das
Mädels Ost-«- nicht ein Kreuz ist
mit ihr!« seufzte er. »Wenn er schon
wenigstens fort wäre, iiber die Gren
ze, der Menschl« «
.Sie hat ihn . . . gelieth« fragte
Christian dumpf.
»Ich hnb’ fie nicht darum gefragt.
Der Papa sagt nein. Das verbessert
die Geschichte nicht viel, und eine
Verwandung des Stolzes nnd ver
Eigenliehe ift ebenso schmerzhaft wie
eine herzenswundr. Das wird lang«
dauern, bis das wieder gut ist. Der
Papa ist engelzgut mit ihr, und ich
hoffe, um seinetwillen wird sie trach
ten, es zu verwinden.«
»Was fängst du jeht an?« fragte
Christian. und da et von dein Ge
genstande wegftrebte, sprach Martin
auch nichts mehr davon.
»Ich trete wieder ins Spitat ein.
Die Stelle bei dem Krankenhqufe hat-'
ich«sa«gui ivie in der Tasche, nur ist
Ullscllllluuh IWIUI Il-( Ilcl Its-Hu, UIIU
es tann noch ziemlich lang’ dauern
Da sie mir aber gewiß ist, werde ich
eben geduldig warten. Und was ist
denn mit dir? Woj macht das hitds
iche Fräulein Ludwig? Werd’ ich die
denn nicht tennen lernen?« fragte er
scherzhsast eindringlich.
«Vielteicht,« entgegnete Christian,
das Lächeln des Freundej nicht er
widetnd. »Sie iß sittlich ein lie
bes Mädchen, und wenn ich sie hei
rate, so kriege ich nrit ihr nicht nur
Gelt-, sondern auch eine gute Praxis,
das steht sest.«
«9to, alsdann! Warum greissi du
nicht zu?'
»Eden deshalb Es sind zu viele
Vorteile badet. Es sträubt sich ver
schiedenes in mir, altes der Frau zu
verdanken. Lieber wäre es mir inn
Mehr-if
Jst-, weißt du« ioenn du dir be
wußt dist, daß du sie nicht bloß der
Vorteile wegen nimmst, dann darsst
du eben unbesorgt diese Vorteile mit
in den Kauf nehmen«
Christian hatte sich nicht nur den
ganzen Winter über, sondern haupt
säqlich in der lesten Zeit groje
Milde gegeben, sich site Mila Ludwig
zu erwärmen. Ulies, was in ihm an
Vernunft war, drängte ihn zu dent
Schritt
Ycimr wegen Der »Um-teue- waute
er seinen Entschluß fassen, sondern
um sich endgültig von seiner unglück
lichen Liebe zu befreien, an der er
schon so viel gelitten halte. «Jetzt,
wo sie die Braut eines Berbrechers
gewesen ist« sagte er sich, Jetzt wirst
ou doch genug von ihr hat-erli« Und
es war ihm, als müsse er sich eben
seßl verloren-. Er ging regelmäßiger
zu Hinterhclzerg, fand einig dort im
mer Mila Ludwig, und die Anwesen
den schienen sich Das Wort zu geden,
sie und ihn wenig möglichst zu setzten.
Aber er hielt sich immer aus dem
selben Standpunkt; nie ging er einen
Schritt vor. Bis seht waren er und
das bildhiibsche schwarze Mädchen
bloß gute Bekannte, nichts weiter.
»Das nächstemal, das nächslemal,'
versprach Christian sich, als Martin
ihn verlassen hatte, «werde ich Mila
Ludwig ganz anders gegenüberl.·eien.
Denn es muß anders werden mit mir,
es mußt«
Nicht daß er es nötig hätte, sich
den Rückweg zu Agnei abzuschneiden,
denn diese konnte nach all dem Bor
gesallenen doch niemals wieder silr
ihn is It kommen. Idee eben
deswegen il sie aus jeden III
siir ihn misng spar, mußte er
seine Gefühle in neue Halm- leisten
Ueetec der- DM solcher schauke
EIW tt N, m- «
I Schon due Hm machte eise- sen
scheftlichen Eindruck. Ein mit woh
ret Routine-schelten gedeutet
Singend-us mit einen umfän
len und einer teppichw Treppe,
was in Wien selten genug Oele-tin
bereiteten auf das Innere M
vor.
Oben tat sich ein Lotsocl anf, an
den eine Tiifelung nnd Ansstattnng
gewendet war, wie sie viele stets-reiche
Leute nicht in ihrem besten Zimmer
haben, und eine dem-irrende Menge
von Türen und Kotridoeen wies da
rauf hin, daß man bei Linde-s an
Platztnnngel nicht zn leiden hatte.
Die inneren Räume, in die er dann
trat, waren prnnlvoll und verschwen
dekifch eingerichtet, obgleich sie von
der Mode etwas überholt waren.
Auch Krösusse möblietten sich nicht
jedes Jahr nen, und die ganze Lin
dersche Pracht stornrnte zuweist aus
der Zeit vor dem Auftauchen des
neuen Stils.
Nachdem Christian die miser
in einem großartigen sLouiD eizesalon
begrüßt hatte, von ihr aber etwas
zerstreut ausgenommen worden war,
weil sie den Kon mit wichtigeren
Gästen ooll haben mochte, machte et
sich auf die Suche nach Mila Lud
wkg.
l Er fand sie im Speisesaal, den eine
wunderbare tassetierte Decke, in die
tleine Gemälde eingelassen waren,
eingelegte Türen nnd Lambris nnd
sarbenprächtige Perserteppiche zierten.
Von den Wänden gleißten in Kupfer
getriebene Appliqnen, und der ganze
weite Raum trug ans den Borten des
Getösels rings um die Wände herunt»
Krüge. Teller nnd Vasen ans dem;
prächtigsten und tostspieligsten Vor-;
zenme was mit dem Sirt-er auf dem!
mächtigen geschnitzten Eichenbiisett;
and den Serviertrschen den Eindruckj
einer lleinen Ansstellung hervorzurus
fen sehr geeignet war.
Christians erste Regung war eine]
solche des Mitgesühls itir die unglüd-j
liche Dienerschast, die hier tagen-M
ingein den Staub zu mischen hatte.
Inmitten der Kostbarkeiten sah die
arn Tretisch hontieeende Mila noch
zierlicher und einfacher ans ais sonst
wohl. Eigentlich paßte sie mit ihrern
kleinen Jigiirchen, ihrem blauen
Kleidchen und der weißen Luxus
schiirze gar nicht da herein, nnd will
tiirlich dachte er sich eine andere Figur
in diesem Raum . . . Aber mußte
denn ihr Bild ihn überallhin dersols
gen? .
.Sie find es, Herr Doktor?« ries
ihrn das junge Mädchen freundlich
entgegen, während ein tieferes Rot in
ihre Wangen stieg
Dpch er wußte bereits, das geschah
ihe nur zu leicht. ·Spät totnnit Ihr,
doch Ihr tonrrnt.«
»Der weite Weg entschuldigt Eiter
Saumen2« ergänzte ein neben ihr sie
hender, nicht mehr ganz junger lhere
oan knapp mittelgroßer Figur, einem
nicht sehr bliihend aussehenden Ge
sicht und mit dünnen, iiber eine be
ginnende Glase zur Seite gestrichenen
sanken
»Seien Sie nicht abgeschmackt.
here Schmieden,'« rnahnte Mila nn
toirsch. »Sie wissen doch nicht ein
mal, ob der here Doktor einen weiten
Weg han«
»Bitte sehr, Fräulein Mila,« ent
schuldigte sich here Schniiederh aSie
hoben rnit dein Zitieren angesangen.«·
herr Schmieden war, tote sich so
fort heran-stellte, zweiter Proturist
des hat-set Linden nnd Christian
brauchte teine fünf Minuten, Itrn zu
sehen, daß er ein großer Verehrer
Mtila Ludwigs war, aber ein schlecht
behandelter.
« - - Cis-on -
UUIUUJU tcl lUc LU- llllUc JAUUWKUJ
sc fort von einer neuen -eite kennen
Wie D »
man 1enunden in seinem eigenen
Heim neht. Er hxtte ne noch nie an
ders gesehen als sehr liebenswürdig
und sanft; den ungleickliehen Schmie
den fuhr ste aber in einemfort an, als
ob er sich Gott weiß was hol-e zu
schulden kommen lassen.
Christian tonnte ihre Laune nach
fiihlen Er tatn hierher und fand
diesen Schmieden neben ihr aufge
tsslanzt, anscheinend entschlossen, nicht
von der Stelle zu weichen. Da mußte
er ihn ja für einen bevorzugten Freier
halten.
Sie hätte es gern gefehem wenn
Schmieden feine Schitdwochftelle auf
gegeben hättex doch dazu ließ er sich
trog aller Unfreundlichteites, die er
von ihr erdulden mußte, nicht herbei.
Wäre es Christian mit feinem
Vorsatz, Mila Ludwig ernstlich näher
zntreteen dringend gewesen, hätte er
Schmieden ins Pfefferland gewünscht,
so aber betrachtete ee die Situation
mehr von dem Standpunkt dieses
Dritten aus« und er fühlte eine gehei
me Sympathie rntt des- Nishi-del
ten. War es doch auch tp is ge
Jn dem Austritt-, w feine
Wams pffentundts geworde- var,
nes angefertigt-, unfreundlich
M i zu werden
Det Ton in dem Wil- Wg is
Schmied-u sprach. tm M l· be
sinnt nnd erfsste ihr sitt erlie
new-gereiht sehnte-n Gans so
schnippisch nd Wehe-arti war Its
G
eeil Wild-i Imdr. um
stets-kuge- euf sei-eis- sue-I
Zeenst tue-M ein MW BM
dieUWOtesiedeIsz
gedeihen M Bei dein anderes nicht-H
Imag sie dadeianch aus den Schran
ten der Widen Zartheit beansta
ten. cheifttan jedoch wußte Mila
Ludwig keinen Plain dafür, day He
ISchiniedeu seinetwegen mehr rief eite,
als sie es san-It vielleicht getan hätte.
Also auch sie konnte so lein!
Ohne sich mehr um ihren aus
dauetnden snbeter zu lilnnneem
wandte Mila sich an Christian und
leitete ein Gespräch iivee modeene nie
dizinische Erfindungen ein. See woll
te verschiedenes über das Stadium
wissen, über die Röntgenfttahlen. und
Schmiedeni Versuche sich mit schlech
ten Wigen »einzumengen, wies sie
fteeng ad.
»Ja, das loeiß ich lang', Fräulein
Mila,' sagte et mit einem nicht ge
machten Seufzen «daß Sie sich nne
für die Medizin interessieren. Wenn
ich das geahnt hatte var . . . vor . . .«
»Wer wenigstens zwanzig Jahren,«
ergänzte Mila hast-oft »denn da
mals haben Sie etwa daj Alter ge
habt, um das Studium dee Medizin
anzufangen, vorausgescht daß Sie
das Gycnnafium absolviett hätten,
was bekanntlich nicht der Fall wars
«Nein,« gestand Schmieden, »Ich
hat-' nat vier Gymnasialtlassen ge
macht. Dann hab' ich von den Grie
chen genug gehabt. Na, und das
Schneiden und Brennen was auch
nicht meine Sache . . . Aber dennoch,
wenn ich geahnt hätte, daß Sie die
Aeölulapjungee so bevotzngen . . .'
»Unsinn!« lachte Mila jegt verle
AOII
Sie ließ die beiden Herren stehen«
um ein auf Rädern bewegliches, mit
guten Sachen beladenes Servierlifchs
chen zu den in Gruppen plaudernden
Gästen hineinzurollen. denen sie Er
frifchungen anbot.
»Zei, ja,' sagte here Schinieden
melancholisch hinter ihr drein, Joa
liißt man sich nicht alles gefallen?'·
»Wenn man in ein Mädchen ver
liebt ift,' war zu ergänzen, doch da
sprach er nicht aug.
Also, wenn er sich urn Mila Lud
wig bewarb, dachte chriftiath so
machte er vor allein diefen Schmieden
unglücklich, der ganz anders nach dern
Mädchen strebte als er. Konnte er
das vor feinem Gewissen verantwor
ten? Anstatt daß der Nebenbuhler
ihn dazu aufqesiachelt hätte. sich sehr
ins Zeug zu legen, liihinte Fee-en
Schmiedeni Anwesenheit Ehri ians
ohnehin reiche sehr bedeutende Unter
nehmungelusi. Zwar blieb er wihs
read der Dauer feines Besuches bei
nahe immer in Milas Nähe, doch die
gefchah einfach darum, weil er fonsi
niemanden hier kannte nnd sich auch
niemand um ihn kiiinmertn
Doch als er fortging, war er dein
Mädchen urn lein haar breit näher
gelaennien, außer daß fein Besuch an
und für sich einen Schritt vorwärts
bedeutete.
Es war gewiß lächerlich, wen er sich
durch dai bloße Vorhandensein die
ses Schmieden hemmen ließ. Er lieble
Mila unzweifelhaft doch fee liebte ihn
nicht, und dann war fie ja auch nicht
verpflichtet, ihn gu nehmen, bloß da
runt, weil er sie liebte.
Obgleich ihr Christian dies zuge
stand, fühlte er sich aber doch dadurch
gegen Mila Ludmg aufgereizn Daß
diese Mädchen doch nie den sieben
wollen, der sie liebt! Da hatte sie das
Glück zur hand in einer eatlichen uno
offenbar aucdasernden Neigung eines
gewiß sehr anständigen Menschen, uno
sie wollte nicht, ihre Gedanten fehlt-eis
ten anderwärts hin.
f«-t:-eii, der ne wollte, den mighiint
delie’fie, während sie ihm selbst, von
dein sie eigentlich ganz wohl iuerten
mußte, daß nicht heiße Neigung ihn
zu ihr hinriß, vielleicht genommen
hätte· Es sprachen gewisse. leise Ari
zeichen dafür, die ihni nicht entgin
gen · . .
Noch einmal, ehe die Befuchzzcit zu
Ende ging, traf Christian die kleine
Mila bei Hinterhotzers, und da wro
chen sie auch m herrn Schweden.
Mila machte zuerst Versuche, das Ge
spräch gar nicht bei ihrn landete zu
lassen, als fie jedoch sah, daß es sich
nicht umgehen ließ. drückte sie sich iriir
jener gewissen herzt-sen Schnövigteit
aus, die each gute Wesen gegenüber
einein ungeliehten Freier aufbringen.
»Er ist ein sang tüchtiger Mensch
und here Linder Mr große Stücke
auf ihri, alte außer fürs Geschäft hat
er für nichts Sinn.'
»Unser noch fitr eini,« wars Chri
sti-an ein, irrt-ein er sie fest sahn-re
Sie wurde etwas rot, das heisc,
ihre natürliche Wangeuröie vertieste
sich ein wenig; eher sie guckte trojig
die Ichfelm ·Vas ton- tch nicht
teidem Sich tin gar nichts stimmen-,
was in der Bett vorgeht sieh das
bißchen Politik wirläch sind nie-i
sonst in den Zeitungen steht, aber leis
ers-fes s Unichu
Ich
ist-' sich IMÄII Ir
iiiich iii Anspruch instit, nnd nicht
einmalintelsumsngwieer».
Ich komme I keiner ernsten Miste
ist-»F- inwiikseäsiwimspikqiv
e
Musik«-er Wissen-ei
Ieii ieiii».suhothsudeiiseft
niqt bei-e . . . sei Ins Frauenzim
mern bat das nich-i Iiet in bedeuten,
aber zu ein-ern Manne nesebie inan
Mkfsksth entwich-II
U o das var-U Iber Christian
sanb sie bei sich ein wenig ans-rasend
Dieser Schmiedeen ber in einer so
bedeutenden Gesetzes-sinnig wie bie
Lindetsche einen hervorragenden Po
sten einnabm, mußte von ibt geistig
doch nicht so leicht zu übersehen sein.
selbst wenn er in seinen Mußestuns
den wirklich nur die «Ftiegenben
Biätter' nnd die Marti- und Bör
senberiebte einiger ansiiindischer Hei
tnngen tas. Was geschöstiich an ihm
war, verstand sie einsach nicht, weit
er gesellschaftlich; so barmiot war . . .
und weil er sich zu billig gab.
«Ob es wirklich so notwendig ist,
daß die Frau geistig zum Manne em
porbiiett«t« sragte er mit einem leisen
Lächeln. »Es gibt gute Eben, wo das
durchaus nicht der Fall ist. Beim
Emporbtieten betommt man leicht ei
nen steisen hat«
»Ob« jetzt machen Sie auch schlechte
Wide!« schmollte Miia Ludwig.
»Es isi mein Ernst . . . Jn einer
Ebe, wo eines dem geistigen Bereich
des andern nicht fremd ist, tann eine
gute Kamerabschast herrschen, vie die
Liebe beinahe überflüssig macht oder
die Ehe noch erbiiti. nachdem die Liebe
versiegen ist . . . Und vor allem
gianbe·ich. daß selbst den hübschesten
und liebenswertesien Damen, die an
scheinend massenbaste Eraberungen
machen, eine wahrhafte Znneigung so
seiten entgegengebracht wirb, baß ei
die größte Verschwendung von Le
benswerten ist, sie zu mißachten.'·
Miia Ludwig sah ihn mit großen
Augen an.
»Ich bat-« das gar nicht gewußt,
baß Sie so predigen tönnen," sagte
sie. f
»Ich auch nichi,- stimmte er pioss
lich lachend zit.
Es fiel ihni ein, dass er seinen
Entschluß. dem Mädchen siir seine ei
gene Person näherzutreten doch ans
eine höchst eigentümliche Weise auszu
führen begonen habe.
Ja, ivenn es teinen gegeben hätte,
der sie liebte, wie er eine nndere ge
liebt hatte! Ader nach der Entdets
tang, dass er einen Menschen so tin
gliiitlich machen würde, wie er e
selhst gewesen, mußte er sich doch erst
ein wenig besinnen, ehe ee einen
Schritt ioeiteeging.
Ugnes Bärengriibee hätte den
Schw, der sie getrossen, nicht über
leden tännen, wenn oai Mitgesiiht
siir ihren Vater nicht stäiter gewesen
wäre als dei- niit sich selbst.
Es ioäce ihr in deni ersten Wirr
snal ihres Gemütes eine Wohltat ge
wesen« nicht mehr -tehen zi- müssen,
nnd das Sonnenlicht war ihr so ver
leidet, daß sie die Augen sür iniinee
hätte schließen mögen.
Aber sie siihlte wohl, daß dies eine
seige, schtechte handlnng gewesen wäre
. . . Dein Vater. der so viel init ihr
ausgestanden auch das noch nimmt
Es entging ihr nicht, rvie rasch the
Vater in diesen Tagen atterte. Diese
Zeichen des Kummers nnd der Anste
gnngen zti verläschen, nicht sie tieser
einzugraheri, sollte ihre Ausgabe sein.
Ziiin erstenmal über-blickte das
sitnge Mädchen die Verhältnisse unhe
einsiußt von den Anschauungen der
Mutter. Bis-seit hat sie den Papa
iininer init deren sagen angeselxih
als einen, der nicht genügende Opser
brachte, deti die Manier alles ah
täinpfen mußte. Jeht erst sing sie an,
einzusehen, daß er doch wohl der lie
bevoltere und oosertoiltigere Teil des
Eiter-paare- ioar. Wenn sie sein Le
ben ovenrteiltlos iihersah, mußte sie
sich gestehen, daß ihin seine Stelle als
intlienoherhaupt bisher nichts als
asten gebracht hatte nnd dosi er sär
seine Ansopjernng dieser von Mar-L
Un, chkllg Ockll gcyllllk . - .
Es war so grabe-still kn den Zim
meen jew. Draußen in der Küche
tumotte die Loysi, die sich in der
schweren Zeit besser bewährte, als
man still-e gedacht hätte, und ten
tletnen haust-alt allein ganz gut
führte. Um so mehr war Agnes sich
selbst überlassen.
Dem Dienstmädchen fiel das endlich
selbst aus« daß es site das Fräulein
unmöglich gut fein könne, so den gan
zen Tag ooe sich hin zu brüten. Ali
fee dachte, da- Ftiiulein sei nun lange
genug traurig gewesen« trat sie eines
Morgens ganz hatmlot mit bee Fra
ge oot Agnej, ob das Fräulein nicht
so gut fein und etntaufen gehen
möchte. Sie habe die Fußboden is
durften und Ioekde sonst nicht fertig.
Einkauer gehen! Sich von de
Flefschhncteeim dee Geilnzeu handle
rin und der Geeisleein anlegen las
sen als diejenige. toelqel . . . Sie
merkte et ja, wie die Leute tn dee
Gasse die Köpfe zusammensuchen,
wenn sie oorttbeetam. Rein, lieber
solle vte Lovjl einkauer sehen und sie
werde das sattett durften.
, , fremd-, die Fesseln tot-V is
büe n lassen!« vibetlpeoch die L
Zirkels Po die eiukn ohne n
schon so fes-leiht aus chauen tut, das
m aetaeu tönt-U Sie haben die
iehteade staats-it . . . Fußboden
bilkses is als, wenn man Ist statt
VII If Dkt stets ta. Mte UND
Its, Gott sei Dantl . . . Das gute
Miskl fest tose« der Fest-k- Iessnss
den«
Dis ist trief« irr-etc W N
Rus- sässetnl... Die-Innres
toar arr und dato-. Das war ai
terdintzs das Letchtesir. Sie aber
wollte doch dass Schwerste aus sich
nehmen« und das war nun unbestrit
ten die Verjährung tritt Menschen die
ihr Schicksal ianstten oder tennen
konnten. Nun entschloß sie sich mit
Martheerrnuh nahen die Martttasche
und ging. -
Die gewöhniichen Leute sind in toes
nigen Punkten schlimmer ato die
not-ein und in manchen entschieden
besser. Getlatscht konnte bei der
Greisterin auch nicht ärger werden
ais in der nächstbesten Gesellschaft,
und das bißchen Hersenetath das
man ost irn Solon entbehrt, brach
ten die gewöhnlichen Weiber aus.
Keine sah sie aueh nur rnit der Neu
gierde an. die Agneo an ihre unselige
Verlobung erinnert hätte.
Jn einigen Tagen gewohnte sie sich
daran, anstatt der Lonsi einkausen zu
gehen. Sie tonnte dadurch besser sur
den Papa sorg:n. Sie viiate snh auch
wieder in der Wohnung unt, ordtrcte
hier und da etwas, und langsam
schlich sich wieder ein toerrtg Behagen
tn das verdüsterte heim . . .
Linde, laue Fruhlingotage kamen,
und anr Abend holte Batengtuoer
seine Tochter ab, ttm rnit ihr einen
Spaziergang zu machen, hinaus, dein
Stadtutntreio zu.
Bald ermannte sie sich so weit, ihn
von der Fabrik zu erwarten, damit
er nicht erst nach hause zu totnsnen
brauchte . . .
Mit Martino Rüatehr tatn wieder
etwas Geräusch und Lebhastigteit ins
Ost-·
« .. -- —
inii your oie Verm, oas Leben
nnter steinden Menschen dazu verhal
sen, iiber die Aufregung des Fami
lienungliielt hinauszugelangen; er
brachte nun sein Gleichgewicht ziem
lich hergestellt wieder heim, diirurch
einen guten Einfluß aus Vater und
Schwester ausübend.
Es war gewiß eine satale Sache,
aber keine, tin der man zeitlebens zu
trauten brauchte
Er tnt sein möglichstes die Schwe
ster ansziiheiterii, doch auch ei war sc
nicht immer zu Hause, da er wieder
ini Spital praktizierte und seeiiiiillig
möglichst viel Zeit dort zubiachte, uiiis
das Versäumte einzuholen.
Auch zu hause brdinierie er. Ag
nes hatte ils-n seiii zimmer zu vieseiii
Zweit hergerichtet, während er da
Schlaizimnier mit deni Vater teiite.
Es taineii auch sosort Patienten,
denn sämtliche Ianriiarbeiter wußten,
daß der Meengriibersche Sohn bald
ihr Kassenaizt werden würde, und so
taiiieii schon jetzt einige, uin seinen
Rat einzuholen.
War dann in der bestimmten
Stunde zwischen eint und ztret je
mand bei Martin erschienen, sa stürz
te nach dein Weggang des Patienten
die Loysi, die noch rein rechtes sti
irauen zu dein Kannen de- jungen
herrn hegte, aufgeregt zu itsm yiiieims
»Herr Martin, hat«-Hi S« setzten das «
können, was der g’lsabt hatt«
Martin unterhielt sich sehr iiber die
Vorstellung dass nian jede Krankheit
besonders lernen müsse, und über ihre
sonstigen medizinischen Begiisse.
Manchmal gelang ei ibiri stich, Agne
ein Lächeln zit entlasten, aber wenn
er wieder ins Spital gegangen ways
siel sie doch in ihre Trübseligteit ziiis
rüs. i
Es fehlte ihr eben an einer Bdckmfs I
tigung, un einein Zweck, der ne in
der Frühe schon in Empfang nahm«
so daß sie wußte, weshalb ne eigent- »
lich missioan I
Sie hätte siiy gern ein Ziel gesetzt. .
Ihrem Vater bunten, was er sur ne;
getan, das konnte sie ja nie. nver.
pas Geld wenigsten-, das ihre un «
glückliche Verlobung gekostet, ilnn er l
seyen durch eigene Arbeit. elber wie. Es
Sie fand iein Mittel dazu. ;
Eines schönen Frühlingstages til-!
fie in Ermangelung einer anderenl
Beichaftigung in Schränten und
Scheitel-den Ordnung machte, fand sie
in einer der lehteren eine zusammen
gerollie Arbeit, ein Stiick weißen Ut
lai, auf dein Guiti angefangen hatte
einen " enrpfenzrveig zu Hintern E
hnlte ein Sofatissen werden tollen,
das Gufti der Agnes zum hoch-eite
qefchent bestimmte, als viele rnii
Traumichel verlpbt war. z
Dann, bei der plötzlichen Wendung
der Dinge, war das Kissen liesengp
blieben
.Jch Bank ei fertiglerachen und ihr
schiefe-P dichte Inne· bitter.
Sie gi sur Maschine, die irn hel
len Frilhl licht am Fenster ihres
Stiibchens sank-, hob den Kosten nd
und fing In« He zu niesen uno zu
Zier-, denn sie war org verstaubt.
schon vor einigen Jahren hatte
die Inn sieh diese neuinodifche
Röh- Ind Minde m einein
W erschlossen lassen. Oe
iuuht M fee innnee nur wenig und
M eine-n Ich-e sen nicht mehr
Das-l- hstten beide Schwestern
M CM sei eine-r Zelliiein aus
der Röhrnaidinenhqnvlang gelernt,
aber nur Oufti hatte die Kunst ein
wenig seit-n der A nee var ee von
der Mutter Ist n erlaubt, sie
dilrfe sich nicht «Mtg« arbeiten.
Zehe aber lonr die Mutter mit ill
tee oft f- ilbel angeln-achten Fürsorge
nicht da. .
Ist-es- hatte ists-er tatest inne
Bewe- ttnd filr feinere weibliaze st
W Feige-, esse-e das Verbot der
Mutter hätte sie die Kunllstickeceis
sehnte besucht, und sie dachte new
mitkebsettdaram wie anders ei wohl
geb-W Dire, weint He irgendeine
sachliche Ausbildung betessen und et
was anderes gelonnt hatte. ate nur
attf den Mann lauern.
Sie machte N daran, das Kissen
fertigznßieletn erstaunt darüber, das
die Blume, die sie stiette, durchaus
nicht unvorteithaft von dem Tett ab
stach, den die Gusti gestlttl hatte . . .
Es ging viel leichter und schneller, alt
sie gedacht hatte
Bald tvttr der heaenrolenlranz fer
tig und sehr schön. Ja, die Schalm
rttng hatte sie ungleich ichbner getnaazt
als die Gusti. Wie, wenn sie sich Im
Maschinenstitten vervolllomttmete. to
daß sie dadurch Geld verdienest könn
te«- Es geht freilich rascher uno
leichter als Handarbeit, aber ein gu
tes Auge und Gefchtnna brauchte
man doch dazu, tun schöne Arbeit zu
liefern, und deshalb mußte et auch
let der Maschinenarbeit unter-Amme
geben.
Die Maschinenstiaerei wurde fest
in so reichem Maße zur Auesttznntti
lang bon Toiletten und von Einrich
tungsigegenstiittden angewandt, daß ee
möglich sein mußte, Arbeit zu ettpls
ten.
Doch vorerst- mußte man etwas
können.
rote nettnn etn Srna mamotimrvix
gen Mind, das sie besaß, und esne
Matt-dringe, dte sich auch nott; not
snndx eine Reihe von bunten Vogel
chem die dichtgedrängt out einem tahi
ten Inst sogen.
Diese Zeichnung übertrug ste aus
ihren Attad und dann setz-site sie sich
dte entsprechenden Seiden nn.
Sie hatte iestt immer Geld genug.
Der Papa gdh the beträchtlich weniger
Wirtschastsgetd als sriiher der Ma
ma, denn sie waren doch noch its-mer
tun zwei Personen weniger, aber ov
gteietj sie ietzt mehr atti die ttost sah.
Its es sonst im Hause Bärengenvec
iidtietz gewesen« tum ste ntit dem tteis
treten Vanihattungsgetde bequem aus«
den seht wurden even tetne «Ltta
sit-ni- und überhaupt nichts Ueber
ttiissiged mehr getnnst.
In den Vormittag-stunden wenn
die Wohnung in Ordnung gebrath
war und die Ldnsi am Herde han
tierte« totvie des Nachmittags segte
sie sich In die Maschine und sing un
zu Hirten.
Martin war sehr überrns0t, dts ee
die neue Beschäftigung seiner Schwe
ster entdeckte, denn sie war sonst ganz
nnd gar nicht nedeitdtpstig gewesen.
Ei war ihm auch nicht angenehm,
daß sie sich gerade diese Arbeit artige
sunzt, denn sie snts etend genug au-,
aber im ganzen schien es ihm doch
reitet-Mk daß Ugnes irgendeine
Initiative zeigte nnd sich site etwas
interessierte, weit Ihre schlafse Apa
ttne woht das entmutigende Zeichen
bei Ihr geweien war. Sie irre-me
seetisme heitung dringender at· ne
phystsetzr. und dielleict erwies sich
diese Selbstverotdnung als dorten
hast.
Das neue Kissen tvnr überra
schend schnell serttg nnd iiet sehr
sszön ein-, so schön« daß Ugneä sich
das Lob erteilen darste« es sei von
den in den Schanienstern zmn Ver
tan entstiegenden Arbeiten nicht gu
unterscheiden.
Nachdem sie es schön gebögelt hat
te, packte sie es in Seidenpapiee und
rannte in der Dämmerung damit
fort.
Bor dem nutzen Vaiioaiveiiegei
fchciite in Der Otpriapilier Straße ioure
sie dann beinahe wieder iinigetehri,
schließlich toiigte sie sich aber doch
hinein iinv legte itire Arbeit der nn
ioesenden Geichiiitøinhaberim einer
dicken. gemächlichen Frau, vor.
»Für so senon ist jetzt leine Sai
son«, sagte diese achsetziictend. »Ich
wenigstens liab« ietzt keine Verwen
dung dafür. Aber ein paar Demn,
Kredenzdecken und Lauter, so etwas
könnte ich Jhnen zu sticken gehen,
wenn SICH schön machen und nicht
zu teuer sind «
Offenhiir wurde die Frau nur ba
durch dazu veranlaßt, sich iiiit Agnei
einzulassen, weil sie merkte, daß sie
eine Anfängerin vor sich hatte, die
sich in den Preisen nicht anstaunte.
kleine-, die nicht wußte. was sie ver
langen sollte, nahm denn auch wirt
lich den Preis an, den ihr die Frau
nannte, und so erhielt sie probeiveise
einen Läusen Büsettvecke, Mitteldecke
und kleinere Tasseitdeeten, alle niit
Myrtengirlanden zu bestieien, da die
Sachen siir eine Benuttasel gehör
ten
Eine passende Arbeit gerade site
sie! hätte sie doch lieber nichts von
Myrien gesehen. Aber sie durfte sich
deii nicht anfechten lassen. M war
dich ein besonders günstiger Zufall,
des gieiq the eriier Vers-its ein reis
bares Ergebnis geliefert hatte. onst
site sie vielleicht keinen zweites e
Itss. So aber Ists-fes ihr ie
st el, und wissend sie noch an
dein cis eits ar tete, ging sie mit
ihre-n M en in ver chiedene andre
Oeschsstn tu man d Iebeii liebte
das I eii aber nieder lassen noch
ihr In träge geben wollte.
ist-stimmt Miti