Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 16, 1915, Sonntagsblatt, Image 12

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    «·-1:es ten m Wu
Moman von I- Die-eu, i
i
i
—
« (8. Foreses-IM.
.Ra,« erwiderte Treu-nichts ver
sissem »ich hat-I is wieft ich mich et
iiinetx noch nie-nahen gepriesen
Eine Ansicht wird man doch noch
Mspkecheu dünne neu vie ißj
halt an mir nichts recht Ich via·
em rechter Esel gewesen. das Ich mit
Inn-« eineeden wisse-. du machst die
was nui mir Ich mer« zu
gut« daß du dia) innerlich über ensch
umher-n und nur deshalb zu nur
hinunter geniegen visi. weil du eine
reiche syean werden willst
equeßticy hats ich mich auch in das
gesunder-, idaß ou eine so Not-le hist,
He die ich nur emee aus dem Plevs
bin Uno Daß dir nicht fo mel
uik mir liegt Nur gut so deut
lich- diiefms du Insp- mcyt kxgem
Wenn teme Liede, jo rann ich doch
unf jeden Zau weibltche öcymsegianp
(
teu, ein mite! Entgegenkommen ve
wppeuchekk Für nichts is suchte
Umsonst is dek Tod Und wenn
du oag Gute haben willst, must du
auch oag Unangenehtne In Den Kauf
nehmen ein heiteres, freund
liches Eiche-u und hatmwfegkeit kann
Ich veamprnchen, mcht auesveil die
heimische Kritik, die ich pu- doch am
Museum-net avlef Ich but, nne
ea, din, gch wetv' mich oemethatben
sucht mehr umändeen, und wenn Ich
dir so nicht recht bin, kannst es noch
Immer ingen. Ich hab' -dich met
Wonne-ten überwqu Was du hast«
hatt von um« und das Ist ver Dank
smme l
»Nimm alles zurück, ich will nichts
wes-r von dir:'· rief Agnes außer sich,
u« »so lieset gelte-sen, als sie fühlte,·
nic; vegrunoet sein- Vorwürse waren.
eie war niemals wild nnd heftig ge
wesen, nun nver war ihre Retzvaueit
so gewachsen, onß ed an jedem aus
reichenden Gegengewicht fehlte
viel-« nachdem diese Worte gesollen
waren, wagte alles ans sein!
Mit einer raschen Bewegung riß sie
sich dte lange goldene Rette vom Hals
nnd wars sie samt der Uhr aus aenl
Tisch. aver das Gewicht der einer-s
hangenven Kette zog beides aus den
Leppich hinan, und da flog auch schon
det Ring ntit einem scharfen Klang
durch das Jlnllnen Nun Las Unn
lsand. sein leslen Geschenk! Sie
senteneserze es tlnn vor vie Jüße,vann
stutzie sie tnit entstelllem Gesicht hin
antk die Tür hinter sich zutvekseno,
pag es schaurig durch die leere Woh
nung haltte
Iraumichei stand und blickte mit
get-Hierein Gesicht nnd einer zornigen
Falte aus der Stirn nach den ans
dem Boden versteeuten Schmuck
itnaen Die Uhr. vie nicht ein
mal von ihm stamme, aber der Kette
hatte solgen müssen. war ansgesprnni
gea, nnd das Glas blintte daneben
uns dem Teppich:
Daß die Agnes überhaupt so
wütenu werden konnte, wer hätte das
geoachtt Sie, die immer sosetobel
niht tat? Er hatte eine solche
Szene von vornherem nicht beabsich
tigt, nun es aber so gekommen war,
bedauerte er es nicht einmal, obgleich
ihm die Geschichte sehe oervrießlich
war. j
Noch stand ek, als durch die Mit-«
telture die wnsti heteinstüezte, schrei
ten-innen handenngend
»Aber so sag« mit um Gottes wil
len, Rait, was gibts dennt Die
Agneg ist wie eine Wilde in unser
Zimmer gestutzt und hat sich dort
est-gesperrt Sie gibt keine Arn-i
work Was ist Jenn zwischen
euch vorgesullenf Euch vaks man
doch nicht allein lassen Heilige
Mutter Geizes Karl, du wirst doch
tin-m . .
schon die Ankede »Amt« tat ihm
tisoln Blgnei sagte meistens
fchnnnchel Und er zog ei vor«
Denkt zu heißen, wie ihn schon lange,
lange niemand mehr nannte.
,,3lvischen mir und der Agnes ist
ef- an5". entgegnete ee dnnips, wäh
eettd ee aus die Uhr wies, der Geisti
Insespise bedenklich nahe thin.
« hastig biielle fie sich, hob Uhr und
Stene nnd das Uheglat seit und legte
dile- qns den Tisch· Dabei entdecte
sie zwei Schritte weiter das seen
dand, und ot- sie dieses vorn Teppich
Ums-sahen, blintte ihr der Ring ent
gegen, der zu Füßen de- Soseit nie
der-gefallen war.
IIepsschiitielnd sammelte sie alles
lis
«Weis, die hat g'tvittschqstetf«
stagte Tranmichel ironisch.
Die Hist wer ils-I scheu mit-ges
und er befand sich so ziemtich in sei
ner gewöhnlichen Gemütsveesassnw
»Ich versteh« nicht Die Agaes
ist doch sonst nie so gewesen Wie
ein Leeme war die immer. Sie
muss neu schlechten Tag haben. Js
netd gteich gehe-, ihr Vernunft pre
Mk
..-.-e-»s, us, Wie d- giokse sicht
j J- titteI!«-tpefte Traum l
Hin-m Und die Agnel weht;
· « "-. ARIEL-- Ich bin heut-.
« ’ Nteilst dagewesen.«« ;
« ll M- Ss Istetch Gusiis
Hern: «Dns dar-s nicht setn!« lind
es däynnerte idr auch schon aut, wie
sie es verhindern winde. l
.Karl,« sagte sie verwuesmtl.·
»da- ivirsl du Liber- Derz bringen«
Wirt-'s dir denn gar nicht leid tun —
urn unei«
»Um dich ischscrh um dich selsr'·,l
Herr-teile Irruinkchel nachdenklich
.Bak eh- dumm gesag. daß les michs
Irre die Ignes bewiesen hab' . .. Du
hättst viel besser zu mir gepaht ..I
Jch hab' mirs schon est irn stillen ge
dacht, daß ich da ein’n Unsinn ge
macht half Es war aber nicht
mehr zum Verbessern Jdre
Schönheit bat mirs halt angetan . . .
Ader was hab' ich denn von der
Schönheit. wann sie so ists Und du
bist ja auch hübsch Eine Figur
hast wie gedrechselt Und so ein
heiteres Temperament So eine
gute Haut! Der Mann, ver dich
triegt, Gusli. der ist gut dran ..I
Ja, wenn sie wär« wie du! Jchk
Hals dich schon recht gern citat-t,
Guili Aber was hilft das HE«
,Jch half dich auch gern g’t,sadt,
Traumichel Wie einen Bruder!'
Ihre Stirnrne zitterte. und sie
wandte sich zur Seite, urn eine Träne
abzuwischen Eine echte, denn es
wollte ihr nicht in den Kopf, daß alle
Vorzüge dieser Verbindung nur eine
Spiegelung gewesen sein sollten, die.
jetzt im Begriff war, aus Nimmeri
wiedersehen zu verschwinden.
»Nein, wie mich das schmerzt!'
Und ihre Tränen flossen reichlicher.
Traumichel wurde dadurch ganz
gerührt l
,Wirtlich, Gusti. gehn- dir so
nah-.- Das ist schön von dir!
Ja, wenn ich nicht den Mißgriff ge
macht hätte! Du hist das echte
Weid, das rechte Wele fiir mich!
Ader was laßt sich da machen?'
Er zuckte die Achseln und machte
ernen zögernden Schritt der Türe zu.
»Und du willft wirklich gehen-"
ftatntnelte Gusti tränenüheritrötnt.
«Denlft denn gar nicht, tou- das für
einen Standal gibt's Die Aussteuer
fertig, due Hachzeitgtleid bestellt
Alle-P
»Na, wegen ’tn Hochseititleid!«
entgegnete Trautnichel uchselzuelend
»Wegen dem tann nmn doch nicht hei
raten, wenns sonst nicht geht. Jch
zahl« natürlich alles Und die
Schmuckfachen da, die will ich auch(
nicht zurück. Nichts!« Er machte
eine leichte handbetvegung nach dem
Tisch zu, auf dem die Gegenstände
lagen. »Wenn stes nicht mehr will,
nachher dehalt’ du’o Du bist
immer lieh und gut zu mir gewesen.
Alles-, was wahr ist Ja, behalt«
du’i . .. Als Andenken an wicht«
.Jch?« Sie schlug die Augen zu
ihnt auf und blickte mit einein Errö
ten und einem derschäniten Lächeln zu
ihm auf, daß dem fchtperfälligen
Manne doch der Gedanke aufbaue
mern mußte, daß sie arn liebsten auch
den Bräutigam behalten würde
Er erwiderte ihren Blick gleichsam
fragend. forschend . .. Plöslich leuch
tete ei aus feinen Augen auf —- der
Funle mußte aus ihrem hielt in das
seinige übergesprungen sein —- und(
er trat dem jungen Mädchen näher.
»Gelt, du wär’st nicht so gegen mich
gewesent Du hast mich viel lieber
alg sie mich Du wär"st das
Weib, das Ich gebraucht hätte
Wie gemalt Du rümpsst nicht die
Nasen, wenn ich wag sag' Du
hättst auch aus mich selbst was gehal
ten, nicht bloß aus mein Geld
Ja, ja, hinterdrein ist man immer ge
scheiter als vorher Jch weiß seht
iebr gut, was ich hätte tun sollen
Aber jew, jetzt geht«-Z doch nicht
mehr«
»Was geht nicht mehrt« sragte
Gusti leise.
»Ich mein’, es ist nichts mebr zu.
ändern. Wenn man eine Dummheit
gemacht bat, so muß man’s aus
baden Die Les-s wer’n schön
iiber mich lachen, daß es seht aus ein
mal mit« meiner heiraterei wieder
nichts wird. Mir tut’«a seht leid,
daß ich auch von dir scheiden muß,
liebe Gusti, sehr leid!"
»Und mir erstl« sliisterte Gusti.
«Ja, wenn's aber nicht anders
geht«t" fragte Traumichel beinahe nn
wirsch.
Vorwurf-voll erhob Gusti die
schwimmenden Augen zu ihm, nnd in
Traumicheli Jnnerem erhob sich ein
Aufruhr, den er bis jest noch gar
nicht gekannt hatte.
.Sebr leid, daß ich auch von dir
Abschied nehmen muss« Innrle er
verwirrt, trat einen Schritt vor nnd
öffnete die Arme, in die Onsti mit
lautern Ausschle sank.
Lange, lange hielten fee sich so inn
schlangen.
« «Jest war sie gar nicht zu hausi«
sagte eine scharfe, erboste Stimme von
der Tiir .
Frau ’«rengrnber, bie ssch mit
ibrern Schlüssel selbst in die Beb
nuns eingelassen hatte, stand dort ans
der Schwelle noch den nassen Schirm
in der hand, die siegen weit aus
rissen und den Mund essen, denn
Tochter Ssßi in den seinen Karl
Tranmtchell in tin der fortwäh
waheeud mit sie tot meth
doch ein überraschender nblich l
j Durch die srti baeen mäbrischen’
;cesilde leuchte esisenbabn dein
lSIben su, ntft schnarchen Stoßen,;
lPtIsten nnd Schütteln ihre Anstren
kgnngen bekundend, aber W nicht
sehr mich, denn ei war nur ein pers
long-erzog der an allen Statt -
hielt
Je mehr es ans den Abend zugiy
nnd je näher kenn Wien lam. desto
tedhoiter war die Bewegung ans pie
fen kleinen scheel-sieh und tät jede
aussteigrnse Person gab es mehrere
Geißel-ende. vie vie ohnehin sehst-n
vollen Uhteile noch niehr überfiillterr.
Obgleich er schka da we August
tcg war, herrschte noch vie gern-e
Sehn-site des Dochten-nett. unl- der
Aufenthalt in den glühenden, dann-.
fen Eisenbahn-zogen gehörte nicht zu
den Annehmlichkeiten
Christian Runda flüchtete ans sei
nem Col-pes. in dem man sich nicht
mehr rühren konnte auf einen tleinen
Sih im Durchganngorridvr, und da
blieb er, obgleich von AM- und Ein
iteigenven sehr belästigt, doch Stunde
um Stunde stim, auf die abgkerni
Seien Zelt-er, vie Erim-ellen, Bahn
wnrterhäusthein Fabrilen nnd Törfer
und auf den Rauch der Lolcmotive
blicke-to, m sich in den Telegtapheni
Nichte-i zst Welten zufmnmenhilxtr.
Im Gang herrschte ein ewiges
stammen und Gehen. nnd der Mag
kennte gewiß nicht als geeignet zu
innerer Eintehr betrachtet werden;
doch fühlte er lieh hier ungestörter ais
zu achten-in dein All-teil dritter Klas
se, eingepfertht wie die Pölelheringe,
gegenüber die schwihendem sinnig-Mu
nigen und abgennnteien Gesichter fei
ner Mitreisenden
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Doch er achtete der Unbequernlichz
teit und selbst der ermattenden sitze,
uvcr die rings uns ihn sortwahrend
geklagt wurde, wenig. Er sah auch
nibte von per rnctr reichen als schö
nen Gegend, die draußen den Zug im
Its-is zu aicstanzin schien. Er harchte
ruf die Stitnnien in seinem Innern.
Vor allein tra: ein Gedanlc tn
ihn lebendig Seit vierzehn Tagen
tour Agnes Varcngruber lein Mäd
chen mehr. -Sie hieß nun Frau
Traurnichel und befand sich eben mit
ihrem .jungen'« Gatten aus der Hoch
zeitzreise in der Schweiz.
Wenn das ihm nicht half, der
nii..fiig zu werden:
Jn der letzten Zeit halte die Krani
hert noch rettxt ge«obt. So sehr ihn!
auch Martin mit Jeder Erinnerung an
die Hochzeit rserschonte, was hali et?
iiis kalt-te los, Tag utn Tag nnd
Stunde unt Stunde daran. Näkzer
und näher riiclte tu Termin!
.Jeht find es bloß siins Tage noch«,
dachte er des Morgens heim Erwa
chen, «ichr bioß drei Tage«
Und an den himmelsahrtttag dieses
Jahre-, an den würde er denten sein
Leben lang Martin· zartfühi
lendet Schweigen hatte gar nichts ge
nüht Der Freund schrieb ihtn dpn
der Reise begeisterte Unsichtitartem
die seine Freude iiber den ihm ge
gönnten Usturgenuß ausdrückten; der
zn hause Gebliebenen dagegen er
wähnte er gar nicht. Seit er zurück
war, hatte Martin keine Nachricht
mehr gesandt. Wohl aus sein Be
treiben erhielt Christian nicht einmal
eine Einladungdtarte zur hochzeit,
aber er tannte doch den inr vorau
festgesesten Tag und sandte an dem
selben ein lnappet Telegrannn ab,
das ihm einen Glückwunschbries er
sparte.
Wenn man mit Empsindungen, wie
ej die seinigen waren, in einer an
snmpathischen Umgebung herumgeyt,
sa ist es- begreislich, daß man nicht
die beste Stimmung ausbringt. On
iel Johann hielt seine Gedrücktheit
sitt Unzusriedenheit mit seinem Oe
rus und sagte täglich ein paar-nat
mit überlegener Miene: «Siehst du,
was hast du durchaus Mediziner wer
den müsseni«
Das Heim dee Ontelz machte nicht
den erheiterndsten Eindruck. Statt
eines Familienlebens herrschte da un:
freundliche Oede, und niemand be
toegte sich in den Räumen dieses
Hauses als die hagere, herrschsüchtige
und unzusriedene haushälterin, die
es noch immer nicht hatte durchsrtzen
tönnen, daß der Oniel sie heiratete.
Sie war allgemach so miist und
unausstehlich geworden, daß er es
vielleicht doch nicht mehr tun wurde;
aber sicher hatte et längst zu ihren
Gunsten ein Testament gemacht, und
Christian würde wohl nie einen hel
ler ban des Onkeli Nachlaß sehen.
Der Onkel gab ei ihtn ja oit ge
nug zu hören, daß er aus ihn nicht
rechnen diirse. (
Uebrigens besaß der Onkel wohl
auch gar nicht viel, wenn man ihm
auch nicht ganz glauben durfte, was
er behauptete, nämlich, daß sein haui
schwer belastet und seine Pastipa bald
sa groß wie seine Ilkiida sein tolle
den.
Allein, vermögend war er wahr
scheinlich ebensowenig Sein Ein
kommen war im ganzen gering, und
er gehsrte zu den ziemlich diel verzeh
renden Personen. Es war site Ehre
stian, der beinahe zu den Absiinenzs
teen zählte, beseerndend und widerlich,
u bemerken baß der Onlel regelmä
Oig schien am springt-u RiÆ1
iertrin en begann-—- n .
pen ließ er nicht aus« G chei be-«
saß leider eine viel u gute Brauerei
alsdaidieciuti sichn thr«
Biervertilgung hätten ergeben eilen.
Mittagsirant er dann wieder hier;
Bier bitbeie seine Jause, und acn
Abend ging das Trinken natürlich erst
recht an. .
,
les we ne- wdn ein fein spat-ins
weil ee bestimmte Mengen nicht je
überschreiten pflegte. nnd ließ sich oon
Christian niebt zn der Einsicht beleb
ren, das diese sogenannte Regel-leit
stigleit Init bee Zeit schädliche wirkte,
als gelegenth Unkegeliniißigleiten
Es gab in seinem Junggeseilenleben,
in bee ödenssdllissrigen Meinfindt so
wenig Mise. das er sich keinen von
ihnen entgehen lassen wollte. Sollte
ibni wiellisz bot Trinken das Leben
petiiirzen, so wollte er eben lieber
tilezer leben, als seine Tage auf sto
sien ber wenigen Unegprnlichteitem bie
sie ibtn gewährten, beeiiingern.
Christian bekam bei diesem Besuche
einen solchen Schrecken bot der gesit
abschniirenden Enge dieses Lebens,
daß er einige Vorschläge seines On
kel-, wie et sich in ber Gegend selbst
einen Wirtungsireis schaffen könnte,
unbesprochen fallen ließ. Nur das
nicht! Nur nicht biet sirunbenk
. . . . Mochte es in Wien tomtnen. wie
es wollte, ee zog es doch dem Leben
biet bor.
Der Onkel zuckte Tiber seine Meige
rnng nur die Achseln, mochte ne
schließlich aber gerechtfertigt genug
finden. Er trug sie ihm also nicht
noch. Dafür stand etwas anderes
beständig zwischen den beiden Män
nein.
Die geringe Teilnnhine, die Onkel
Johann, der doch sonst niemanden
ans der Welt hatte, deni Ressen stets-.l
bewiesen, nnd anderseits die Mißhilli
gnug, die ein Mensch wie Christian
einein Manne, wie sein Ontel einer
wor, gegenüber notgedrungen einp
sinden ninßtr. Wenn er sie nach nicht
aussprech, der andere fühlte sie desto
besser, nnd so gingen sie auch henee,
wie noch immer-, verstininit ausein
ander.
Als er ini Waggon saß. dachte
Christian bei sich. es wäre leicht
möglich, daß er seinen Onkel soeben
zuin letztenmal gesehen habe, denn ei
wiirde sich wohl so bald nicht wieder
entschließen, nach Girschel zu toni
MUL
Endlich näherte innn sich Wien. Die
Riesenplatnte aii allen Fenerinanein,
die hohen Iabritrnnchsänge iind die
ausgedehnteren Ortschaften tündigten
die Nähe der Großstndt nn.
Jnt dleichen Lichte dei Aoends sithr
man ilber das griingelde Wasser des
Dononstroineo nno dato tieser in oni
Hauseinieer hinein
Hii oen Woggons wurde ei nnrns
hig. Iedernninn suchte sein Hand
gepnck zusammen nno bereitete sich
zum Lin-steigen ooi. Mitn nahm
schon die vahnhosihtnle sie aus« diiich
reren thsdnch weis-graues seit-endliche
einsiel.
Scharen oon Mrnschen warteten
niis dein Untutistssieig· Christian se
doch brauchte sich nach ineintinoein
unizusehem Er eilte hinunter in die
Gedänhalln ioo er rasch adgeieriigi
wurde, nnd beschloß« sich zur Heini
snhrt einen Einspiinner zn nehmen«
Jni handiiindrehen ionr alles er
ledigt nnd der ostene Wagen rollte
nn- det Vahnhosiuinsriedignng in
die Nordbahnsrruse hinaus-. Da lag
Wien vor thin, matt und derstaubi
. Der schwule Augustin-end ioirtte
einstellen-, und in dieser stimmungs
losen Erschlasszing, die uber dem Bilde
ausgebreitet lag, tonnte die schönste
Stadt tote das schönste Mädchen reiz
tos erscheinen.
Dennoch begrüßte Christian rnit
reudr die-von Staub und Dunst
dergrauten Wir-seh die eint Prater
stern hinter ihm in die Lüfte empor
stiegen, überragt ooin Riesenrad,«eis
nein Wahrzeichen Wiens, und dein
etephangturw der, sich hoch iiber die
hauserniasfen erhebend, inn Ausgang
der Pratersiraße emporzusteigen
schien, den Hixitergrund abschiießend
Der Stephansturm, Gott sei
Dant! Christian atmete auf. Nicht
die Stätte --fernes tiinstigen Glück-,
aber doch die seines Wirteno und
Strebens lag oor ihm.
Sein Zimmer irn Spital erwartete
ihn bereits, darum suhr er sogleich
dort dor, und bald befand er sich in
seinen neuen vier Wänden, in die aus
sein Geheiß Frau Meltern feine frü
here Zimmersrau, schon seine noch bei
ihr gebliebenen Sachen hatte iiberfiihs
ren lassen, so daß er gleich oon sei
nem ganzen Defistuni umgeben war
und ftch’d heimisch machen tonntr.
Er hatte teine Lust, heute noch ins
Gasthaus zu gehen. So holte er sich
selbst etwas zum Ilbendbrot und
nahm dann unter der hellscheinenden
kampe seine bescheidene Mahlzeit zu
ch
Jni ganzen fühlte er sich in leidli
cher Stimmung, denn vorläufig hattej
ei ein Ende mit dein Ringen um da
togliche Brot Er hatte fein not
diir tiges Auskommen und die Gele
gen t ur Bereicherung seines Min
nen-. in paar Jahre tonnte er aus
dieser Stelle bleiben, und unterdes
sen fand sich wohl auch ein tleiner
Seitenioeg zu irgendesner Korrierr.
cs eiite ihm nicht mehr so, einen
lIzu finden, der ihn rascher wei
dasgneo ihm doch ohne
hindereits auf ewig verloren war
Ilfo tot-A verhältnismäßig gleich
gültig, ob er später oder früheedas
ersehnte orttoinniect fand.
ni runde war er eine schwere
so tol, toeii er sieh nicht mehr mit
atogedanten zu tragen brauchte,
wird doch seufzte er iiber diese Erieiihi
terung aus tiesern Herzen-granste aus.
Ei war then doch zugleich auch das
Ziel seines Strebens geraubt. i
Es ttopste an der Sitte. Ehrtsiian
ries »Der-eink· und beseitigte dabei
hastig die weißen Papi n, in die
sein Adenddrot gewlrtelt wesen ever-.
Ills er jedoch den Eintretenden ge
wahr wurde, sah er wohl, daß er sich
nicht zu genieren brauchte. Er kniillte
dte Papiere zusammen und wars sie
in die Erle, während er dem Eintre
tenden entgegeneiltr.
«Martin! Dus«
Jn der Freude des Wiedersehens
sielen sie einander in die Arme, deide
seltsam bewegt.
Martin bin-te sich neugierig in
oem Zimmer des Freundes um.
.Gott sei Dant, daß du so weil
bist!'
»Ja, es war die höchste Zeit! Jch
bin schon sost blant. lind nun dent’,
loenn die Ernennung noch nicht ge
lomsnen wär', wag hätte ich eigentlich
«Ingesangen?" -
.Jn der Lage bin ich sreilich nicht
Jch hao zu essen. Aber un
angenehm ist ee mir doch, daß ich
noch nicht weiter bin. Ei tann noch
Monate und Monate dauern -—·
Hörst, sehr gut siehst du aber nicht
auss« meinte er mit einem prüsenden
Blick aus den Freund. »Du hättest
dich besser elholen tönnenl —-—
Wenn sie dich nicht anständiger her
ausgesttttert dat, die Wirtschastes
rin. . . .'
Christian guckte die Achseln. Er
wußte wohl, was Schuld daran trug,
daß er in Girschet iein Fett angesetzt
hatte. «
.Mit dir bin ich so ziemlich zu
srieden«, antwortete er, die Muste
rung des Freundes zurückgebend
«Ja, auch der Papa hat sich recht
gut erbolt.·
.Er besindet sich tvohl?·
·Gott sei Dant! Wenn er sich
nur nicht wieder das meiste abge
schwißt und abgeärgert bötte!'
Christian hatte eigentlich oon Mar
tins Familie nicht sprechen wollen«
es tieß sich jedoch nicht so leicht unt
geben.
,Abgeiirgertt hat er dazu einen
besonderen Grund gebabt?'
Und alt Martin nicht gleich ant
wortete: »Und die Mantai'
.Die Manto ist recht eittsant.'
»Einsant? Weshalb? Wo ist denn
die Gusti?'
.Aus Trießenbrunn', antwortete
Martin mit, einein eigentümlichen
Gesicht, dessen Bedeutung sich Chri
stian ganz und gar nicht entratsetn
konnte
»Schon bei —- dent jungen Paa
re?« sragte er gedebnt.
»Ja so, du weißt nichts«, sagte
Martin verlegen. «Jch hab' dif
nicht geschrieben Jch wollt’ dich
die paar Wochen in Rats lassen, aber
weißt du, bei uns ist die lurtoseste
und eieihasteste Geschichte passiert,
die du dir denken tannst Also«
die Gusii ist in Trießenbrunm aber
nicht so, wie du meinst, sondern als
herein und san-stark Sie bat der
Traumichei geheiratet, nicht die
Agnes!«
»Wie ist denn das inöglich?« fragte
Christian starr.
Alles ist möglich, wenn man keine
Vorurteile hat', entgegnete Martin
achselzuckend .Und die Gusti bat
teine, aber schon gar keine. Mit
dem Traurnichel und der Agnes wollt’
es nicht tiappen Vertausen wollt’
sie sich die Roms aber den Kaus
preis nicht zahlen. Geschenke neh
men, sein Geld genießen, das sa, nur
anriibren sollte er sie nicht.
Ein Mensch wie der TrauniicheL
der wird aber von seiner Leidenschasi
nicht so gesesselt, daß er seine An
sprüche darüber vergißt. Es ist
nicht gegangen ——-— Eines Tage-,
während der Papa und ich aus der
Reise waren, ist es zwischen dein
Trauniichel und der Agneo zuin
Bruch getoininin, und die Gusti ist
dor die Presche getreten und hat ihn siir
sich selbst getapert Fein, ioait Sie
hat mir gesagt, sie hat es ininier ge
fühlt, es wird nicht gehen niit der
Agneo und deiii Traumicheh und daß
er viel besser siir sie passen ioiirde,
aber sie hätt’ ihn doch der Schwester
nicht weggesischt. Aber ioie es zwi
schen den beiden aus war, hat sie sich
zu keiner Rücksicht mehr verpslichtet
gelühu ,
Kannst dir denken, das Erstaunen,
ioie wir zuriiagetominen sind und
da eine andere Braut ootsiiiden, die
Agnes aus und davon, sur Tante
nach Laibach, damit sk wenigstens
Hdie hochzeit nicht iiiit ansehen muß.
ZWar so das Gescheiteste, was sie iiin
Hkonnte — Dein Teiegrarnin und
idein Geschenk hat die Gusti dekonis
iiiieii«', schloß er init einein kurzen
Ausiachen
»Und der Mich, der niinint so
einsach, ioetl es init der einen nichts
war, die andere Schweines
»Was ioillsl dui Fluch er hat
gespürt, das die Asnes nicht zu ihin
paßt, ioiihreno die Gusii ioie sür
ihn saheisiert ist. bitt' er sich nicht
gleich iiin sie den-erben können? Rein,
eine Schöne mußt es seinl Uebri
gens bin ich überzeugt davon, dasi
es ihin von selbst nicht elnqesallen
ioiire, Mich aii einen Erst-I zu den
ten. I hat die Gusti gemacht
Weißt, keinen Charakter haben, ist
ost iin Leben eine schöne Gabe Got
Itei. Er hat einen guten Tausch ge
lauscht-. vi- Osm mit-he sys- ask-ig
stens einst-reden das sie ihn iteht» .
Jedenfalls stößt er ihr teinen Wider
tsitten ein Sie ist nicht so hei
tel. Sie werden ein gtiiettiches Paar
abgeben. «
Jan —- Agnesi Was sagt sie
beiseit'
«Richt viel Gutes. Die Schwe
sterlichteit hat einen mach betont
tnen. denn in dein Augenblick wo die
Agnes glaubte, sie müsse den Men
schen nicht mehr sehen, sottt sie ihn
auf einmal zum Schwager triegen
Das war doch zu viel .. Sie isi
noch bei der Taute. Mit her Gusti
ist sie bös, denn sie meint —- viel
teicht nicht mit Unrecht —, daß ohne
deren Liebedienerei dein Tranniichei
gegenüber hie Geschichte nicht so ge
kommen wärt. . .. Aber er ht1t’3 im
mer vor Augen gehabt: »Die entit«
ganz anders zu mir« Nin« und
seit ist hatt die Gusti hie Schloß
stau hat ihren Brittuniring nnd ihre
Toitetten betont-new und vers ist zu
viel fiir eine solche Madchenseeie·.
Gelt, da machst du Augen? Fiir
den Unbeteitigten ist es eine Ge
schichte zum Wätzen, und ich zweifte
gar nicht das unsere Nachbarn alte
ein rechtes Gaudium gehabt haben.«
«Daj Gesicht von der Schneider-in
hats ich sehen mögen, wie plbglich
eine andere gekommen ist, das Braut
tleid zu probieren Die Mädeln
haben ja beinnhe dieselbe Figur
Die Gusti hat sich die Ausstattung
der Agnes ganz gut aneignen tönnem
Der Trauinichel meinte, sie miisse das
Monogtamm ändern lassen. weil ihr
Name doch mit einem G anfange.
Da sagt sie zu ihm: »Geh', sei nicht
so dalteit! Heiß« ich denn nich:
Augustinei« Das ist ihm nicht ein
gefallen, daß Gusti nur eine Abtiirs
zung ist Dann hat er die Maina
gelobt, weil sie so praktisch war, bei
den Töchtern Namen mit demselben
Ansangöbuchslaben zu geben.«
Er unterbrach seinen ironisch-hei
leren Vortrag, uin einen Blick aus
den Freund zu iversen, der düster zu
Boden sah.
Widerstreitende Empfindungen wog
ten in Christiano Brust aus und nie
der Aber dabei machte sich auch
eine gewisse Enttiiuschung gettend.. .
Also Ugneg war nicht verheirateti
Es ioar noch nicht aus? Alle die
schon einmal überstandenen Kämpfe
tonnten wieder oon neuem beginnen,
und« er sollte nicht zur Ruhe gelan
gen?
»Du begreifst', bemerkte rr mit
dumpser Stimme, »daß sich siir mich
nichts geändert hats«
Martin seufzte.
Es hat sich überhaupt nichts geän
dert. Alles ist beini alten. Die Ag
nrs ist noch nicht zur Einsicht« ge
kommen, wo der Fehler lag. Nicht
darin sucht sie ihn, wie ich einein
Brief, den sie mir geschrieben hat,
entnehme, nicht darin, baß ste sich
einem ungeliebten Mann unt des gu
ten-Lebens willen vertausen wollte.
sondern nur darin, dasi er ein so der
ber Proletarier war, an dessen Ma
nieren sie sich nicht gewöhnen tonnte.
Es mag ja auch ioahr sein, wenn
er ein etwas seinerei Benehmen ge
habt hätte, so wäre es vielleicht ge
gangen. Also zieht die Agnes nicht
den Schluß: Man dars nicht ohne
Liebe heiraten. sondern nur den: Ein
Kavalier inusz es sein Und das
ist auch ganz die Meinung der Mamiu
Die in selig uber die Wendung der
Dinge. Denn sent, ivo sie ihre min
derwertige Tochter so glänzend ange
bracht hat, tanii sie tür die Schön
heit uin so- gröszere Ansprüche ma
Om
Jn, die ltlgnez toar oiel zu lostbar
siir den Irisumicheh denkt fte setzt
Die muß einen großen Herrn lrtegen.
Meinetwegen einen russischen Fürsten
Jch sng’ gar nichts mehr . . . .
Sie lassen sich ja nichts sagen
Kommst du einmal mich besuchen
fest, wo die Lust unterdessen rein
ist-«
Aber obgleich Christian nicht Ge
fahr lies, Agneb zu tressen, zog er
doch eine Zusntnntenlunst am dritten
Orte vor, und er machte mit Martin
aus« too sie sich on seinen dienstsreien
Tagen sehen wollte . Er mochte je
nes hau- nichi mehr betreten, roo bei
jedem Schritt so viele Erinnerungen
in ihm wach wurden.
Die seltsame Nachricht, daß Reine-.
die er ans der hochzeitsrelse vermutet
hatte, wieder srei war, verursachte
ihm eine schlnslose Nacht. Aber er
nahm ei sich seit vor: Störend durste
sie nicht wieder in sein Leben eingrei
sen. Für ihn ntusete es geradeso
sein, als ob sie Frau Traumichel
hiehe. War sie denn nicht ebenso siir
ihn verloreni
Et slihlte aber doch, daß ej nicht
dasselbe war, das ihr Bild ihn nun
wieder mehr besnruhiste und quiiltr.
Zu seinem Glück nahne ihn zwei
Tage von dreien sein neuer Wir
kungskreis sehr in Anspruch. Nur
jeden dritten Tag hatte er srei« aber
auch an solchen Tagen gab es schließ«
lich genug zu tun, weil da immer
schon verschiedenes zusammenlarm
Dennoch hatte dieser dritte Tag steie
Stunden, an denen er toie ein Träu
mender herumging. Er brauchte Wo
chen, bis er sich erinnerte, daß die
Zslichleit ei ersorderte, bei Professor
ginterholzer einen Besuch zu machen
llisttietuug folgt-)