Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 26, 1915, Sonntagsblatt, Image 1

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    Sonntag-Matt des
Staats Anzeiger und J cerold.
Gdeslnad,ebR-mtDn26.1lanll
Ist-Eisen- sei-sinnen
Mit der deutschen Südarinee in!
Ga izien
Von Hugo Unger.
nis- beider-.
Ja, ung Tod« staunt ihr da-»
heim, was Jung - heidelbersI ani’
einniiil init Galizien zu schasseii hat.
Aber falls ihr einmal eineni Ver
ioniideten begegnet, der unter Lins
singen sich bei Tinhia und Bei-fid,
bei Stole nnd Stryi nnd ani Dnjestr
bei Unraivno niit den Riisseii herunt
geschiagen hat —- ioir haben genug
»in-tschi- Jnngs« nnd liobienzer nnd
Mainzer dabei —, so fragt ihn niir
naih ».s;iisidelberg«, iiiid er niird ench
strahlend Antwort geben« »Die Hei
delberger« heißt nian sie hier auge
rnetn. llrsbriiiiglich saßen sie in Bo
lorz nnd hatten dort siir die Ver
tuiindeten eine Liisbesgabeiiberpslegs
siatioii errichtet In Heidelberg ans
gestellt uiid ausgerüstet, taineii sie
in die diarpnthen iiiid haben hier
eine Liebeötatigteit begonnen, die
jeden bedenken wollte nnd auch be
dachte. De Irntiiieii der Siidarniee
rnctten weiter, von den Paßhöhen
der Bestideii ins Tiesland Gali
zieiis, nnd die Heidelberger Gruppe
ionrde geteilt, denn vorn in der
Nahe der Zroiit brauchte tiiaii sie
nicht weniger. lind von diesen Hei
deioergern nibchie ich deih noch ein
iiieiiig erziihieir
Ia ist die dran Prbsessoiz eine
echte-, reihte Zanuatiin die gewisser
iiiaszen Obersniiuesier ist nnd ihre
vier ,,Mi1dle« nnr so ani »Ichiii"irle«
hat. Hin shnokiinitu begegnete ich ih
iieii ziini ersten Male-. Port hatten
sie sich iiik einige gjeit eingerichtet
Wie biiizbnint die dtiiaie strahlte in
echt deiitiiher sanbertein ibie schnell
die Arbeit boii der Hand ging.
To taiii ein Cranisbort uun Wu
Verwundert-n hinaus, die in Wag
gons nach Ungarn gebracht werden
sollten. xie Beribuiideteii betainen
srische Liniiinade Sonst gibt’p Tee
niit binni nnd staisee die Untie, aber
bei dein heiszen Wetter ein Becher
Linibiiiide init teiinsreieni Wasser —
das rannten die Armen schon lange
iiiiht inehr. Haiiververibiindete er
hietten Hieischbrnhu Wein. sn einer
stiiiide konnte der Linn-spukt inei
tert«ulleii.
Einen Unten vFreund, der ans dein
Guiscinot ais- :Iirzt rang iuar und
den tax schon längere Jeit nnyt nieisr
gen-den innre-, nachdem wir Iait acht
rotes-nie lzusammen Krieg geführt
innre-n wonn- ias deinetiein nnd da
sank-n nnr, nachdem die Arbeit ge
tan, znniininen nn iientn »Schuld
tn-!tiitsie', dac- sich die Heidelberger
isniter iurer sinche eingerichtet isnts
ten. Mo hatten sie ein Stnct
Teiuichtnni, ectneites Dentschtinn,
nnt innuvergenuinnien, so schien er
nnr. Cis vnntenen Muster-i vlinsten
ani einein sannuck geznninerten
Hund Leiter-, minnen nnd Schus
iein. Biider an den Wandern sit
Bechern guts-:- einen Unten Schinck
Manne-un aus einer Sasussei appetit
iiase Brote-» Und weiß der Omnneh
iuer un diesen- Ictnuahentisiy schon
one-:- geiessen hat« dsterreictsische Ge
nerainauooinziere nnt mit-enden
Orden, prensznche Uenernistabier,
deutsche Qsiiziera Da war seiner
der nicht nnt offenen Arn-en ausge
noinnten wurde. Meiner, der nicht
das- Ernniern an eine stehe Stunde
nnt ans den Weg nal)ni, ob er nnn
in die Heimat reine oder zur Frunt
ging. Ca, steigt-; und srotslich sind
diese ,,·.-"aiwuveniadie«, siir jeden
Verwunoeten hat-en iie ein Scherz
weu, fein Weg wird zuviel, durch
den iie icnsand eine Freude machen
konnten Da iit eine Malerin, ning,
hübsch, von sprühender reden-isten
de. die sent nicht minder begeistert
ihre seinwnadc anriihrt wie vor dem
Uricg ihre Zarvein die allzeit stei
sziqc nnd so ernst scheinende Schwe
ster Ein-, die venn Unstigsein ausge
mssen wie teine sein kann, nnd die
dnntie Schwester M» deren Ange
tnmqe ihr stind nur so schweren
Herzens hinaus-ziehen lassen woll
tens nnd die nun täglich einen dicken
JBernnigungsvrieP nach Hause
schicken ntun, daß der Krieg gar
nicht so geiahriich ist, das- e· hier
nicht munt, daß iie gesund sei wie
beider Lin-reise, die immer in
Sorge ist, daß man sie heiinrusen
wird Sie Ichaist und arbeitet dabei
so gern.
Und als- ich weiter nach Galizien
hinein-rückte da have ich sie in Stroj
nuwcrgctkosfcsk Und wieder war's
der weiche freundliche deutsche Ein
druck, den ich bekam. setzt hatten
ins in cntcr grossen Küche thkc Ver
pflcgunqoftatiou ringt-richtet und
kocht-«- und baten dort, was das
;set··g’l)ic·lt. Und wir haben noch
mals nur ihnen ussd anderen Deut
schen zusammen im Bahnhvfsgaktcn
einen unvergcizlichen Abend verlelw
»u- msk Krieg sie selten Wut-.
Als ich wenige Tage später bei
Stanislau Verwandete fragte, die
abgefchoben werden sollten, wohin
fie kämen, meinten fie: »Wohl nach
Muiilacz, aber zunächst nial zu die
Oeidelbergerl«
Die Ostia-alten
Nach Südoften führt von Ster
mein Reifeiveg. Mein Zug muß noch
»einige Male« in einigen Stunden
auf den vielen Geleier der großen
Vahnanlage hin- nnd hergefchobea
werden, bis eine Leergarnitur von
Bolechow eingelanfin, der Pariser
zng von der Front wieder angelangt
ift. Dann fchiclt rnan uns-, ange
hängt on einen Muuitionswageih
auf die Reife in die dunkelfte Nacht
hinein. Die Flamnienletten der ho
hen Bahnhofslatemen, die kleine
Gartenlaubelampe der Heidelberger
Frennde" verschwinden Man legt
sich niiide zinn Schlafe-n und hat
troh des Mino-Tempos bei dem
Knorren und Nattern der Wagen
»die unruhigften Träume- und macht
ani Friihniorgen mehr gerädert als
erquickt wieder anf.
Jn Beleihow einige Stunden
Aufenthalt Heiße-s Wasser zum
Wafchen schenkt iiberreichlich oer
lieffel der Lotoniotive Das ift Kom
fort auf Reisen Dai- lleine tinffees
Welchem das fchon feit Anfang des
Krieges ein treuer Begleiter genie
fen nnd dessen Heulel immer noch
nicht abgebrochen ift, wird aus- der
Feldflafehe gefullt nnd in heißest-»
Wafjer gesetzt Der Bursche beforgtf
un Dorfe dazu eine noch warnie’
Senunet fiir It Heller. Leiter ift fie,
aber fie schmeckt Man lann ini
grofzter Ruhe feine Mahlzeit verzeh
ren, eilig fafemris die Bahnverivali
tnug nicht zu haben. Aber gegen!
Mittag geht«-:- doch weiter und uiuU
in reicher Fahrt uber Tolina nade
»Wind . . Ä i
Bald hinter Beteiliin zeigt vers
Krieg wieder seine grinsende Franc s
-Wenige Wochen vorher hatten die
Rassen in die-er Uegend ja einin
der oerzioeiselsten Durchbruchuersus
che gemacht, der sie Tausende an To-’
ten nnd Veriviindeten gekostet haben.
soli. Lang-:- des Eisisiibahiidaiiiiiies,
nietetlang von einander getrennt
sind Fasnnengrabenloihen lind ich
denke, wenn inaii in Jede-:- dieser Lö
cher einen Toten gelegt hatte iiud
diese Graben ziiaesihainelt, sie hat
ten nicht gereicht. alte die Toten zu
bergen, die hier ihr Heldenende san-»
den. Stacheldrahle direiiz nnd quer-Z
Verhaiie. Schuhen-Haben Tort haU
ben die Unser-i gelean. Dort snid
Beobachtung-Ebenen gewesen. Sasleichi»
psade Durch hohes, ioogeiides Gras. J
Vor Tolan ist der Anblick noch»
erträglich Man ist sa gewohnt. bie
lesJ zu ertragen, nnd die Nerven sind
stiiiiipser, reaktionssloser geioordeii."
Aber die Verzerrnna des Land-;
saiaitgbitdeis, das sich langsam ents»
hnllt, scheint wirklich iiiiertraalich.!
Wieviel serndeutschee Blut voni
Rhein und Most-h voni Schwarz-s
ioald und Erzgebiram von poinnieril
schein- Lande und sxhlesisihen Fliirens
niaa hier neben iin Tode ziuckendenl
Wiener Herzen geflossen sein« Einen
Schlag iihliigen sie alle, die Herzen
Deutschland-z Ungarn-D Oesters
reichi«, die ans Tirol nnd Steiers
inart, ans Bohinen nnd der Buso
ioina, siir eines taten sie alle den
leisten, den schwersten Schlag, das
hieß: Vaterlandl Gesihosztrichs
ter nebeneinander nne die Löcher ei
nes Siebe-» Als konnte die diirsiende
Erde nicht gierig genug die Fluten
Oeldenblutes trinken nnd brauche
ein Sieb, daß sie schneller rüniien
Gräben, nebeneinander iuie geeagtes
Ackerland Aber tot, leer jetzt alle-.
Dort liegt ein deutscher Denn, ein
gedrückt und beschiniiut, ein ossener
Tot-nisten die Briese, die er enthielt,
ain Boden veritreut nnd regendurchi
iiaszt, unleserlich geworden, ein zer
sliiulltee Käppi eines Dom-ed- eine
Riissensacke Und Gräber, Gräber-.
sRusseiy Lesterreicher und Deutsche,
stunun und stiedsain schlafen sie mit
saninien aus dem weiten Felde, aus
dem sie im Kampfe haßlodernd ihre
stolben geschwungen Laiigsain nnd
init weichen Tücher-n löscht der
»Hu-end die buntbeschriebene mier
.tasel aus«
Wir sind in Kantin- der Salinens
findt, wo wir fiik iängeke Zeit blei
ben werden Wie lange weiß ja im
Kriege tein Mensch. ttalnsz ist eine
galiziiche Mittelstadt nnd Siy einer
»Bezirtshanptmannfchaft nnd bietet
der Reize nur wenige. Sie liegt an
der Loninina ,eineni Nebenftkoin des
Tnjeftk nnd an der wichtigen Eisen
bahntinie Sttyj——Stani-51au. Mit
Salz, Getkeide, Branntwein nnd
Seiie treiben die Bewohner einen
schiminghaiten Danach und die
Aucfnhkftatiftit weist ganz ordentli
che Zahlen auf. Woher ich diese Dif
Ienichait dabei Aus dem großen
Konversationslekiten von Meyer,
jdac mein zurzeit gefliichteter Quar
ktiekgebec in feinem Biicherkegal hat
stehen lassen· Jch muß gleichzeitig
bekennen, dasz Galizien mich bisher
immer angenehm enttänscht hat«
Aber dieser Aufenthalt setzt ihm
doch die Krone auf. Von der Stadt
stalusz mag ich nicht viel reden, sie
ist staubig und häßlich wie jede galis
zische Kleinstadt, nur daß sie als
weitgespannten Rahmen noch diel
Vorberge und Hügel der Karpatheu
unt sich hat.
Die Saline liegt abgesondert mit
ten ini Grünen. Sie hat in schmut
ken Lanbverstecken kleine, weiße Vil
len verborgen, deren Besitzer vor
den Rassen geslohen sind. Und
(
l
che Pracht sollte ein deutscher Unter
ossizier als Quartierinacher nicht
ausfindig inachent
So tam'H denn, daß wir nach den
Rassen dass- Ftreigarzthiinöchen bezo
gen, —dessen Bewohner sicher ein
Junggeselle war und verstand, sein
Leben so geschniackvoll wie möglich
zu gestalten. Sein Speiserainn trägt
wertvolle Oelbilder, sein Empfangs
ranm eine tadellose Pliiichgarnitnr,
sein Arbeitszimmer iit mit vielen
Aqnarelloriginnlen geschmückt, zwei
Wände stützen die vollbepnckten Bil
cherregale, auf denen neben Goethe
und Reuter Zola und Tolstoi stehen,
viele Sittenschildernngen und Reise
beschreibnngen. llnd dann ganze
Reihen niediiiniicher Prachtwerte.
Seltsam! Hier iiud die Rassen gewe
sen? Der Hans-hätten der iiir den
anwesenden Arzt das Hang-wesen
versieht, erzählt mir, wie lange der
Feind in der Ztadt gewesen. Kein
Bild hätten die Russen mitgenom
men, lein Buch angeriihrt Nnr den
nn ttonsnltationszsziininer stehenden
Geldschrnnl haben sie erlirocheiL
Nur den Geldschrant. Sonst iit al
les in Ordnung Viel gefunden wer
den sie übrigen-:- nicht havenl seht er
lachend hinzu. Vor dein Arbeit-Hund
mer schauteln Weinranken. Ein drei-s
ter schöner warten mit Obsthiininen;
breitet sich vor ihm aus« Da ist einel
geränniige Lande ganz im Griineii,!
ein Fischleich mit Schleiern eines
thinnlnge voll Erdlseerem Stachel-»
beeren, Johannisheeren Was ge-»
nominen wird, wird dar bezahlt. So«
haben wir es- anssigemacht Und liillig
genug istVI ja.
Ein herrlichen weiche-r Abend’
spannt iibek dem Grün seine ver
blassende Blätte, spielt in der hohen
Tanne am Wirtschastöhans nnd gei-.
stekt durch die Weiszuyombänmes
Und ich five nnd schreibe nnd denke!
für Augenblicke-, ich wäre daheim, so!
schön nnd so heimelig ist es hie-H
Und hinter mir, wo die Terrukottas
sinnt unbeschädigt steht, küßt ein’
Amor neckifch eine Nymphe-. Kijßt
während aus der Ferne TronnneLI
mirbel verjiberziehendek Truppen
l)ec«nbcrbrnminelt.
Zm Tit-after get-.
Tik Ziiiintifc nii dci itiilieniidirn litten-:
Der Krieg ist ins- Hochgevirge
hinaufgestiegen llnd wiederum yiiii
er eine ganz iieue Gestalt angenan
nien. Jni Felseiigediet an der Tiro
ler Grenze zeitigt er Formen, die ini
ganzen bisherigen Ariegsvetliius nichts
ihres-gleichen haben. Die Kämpfe iiij
den Karpatheii waren ein ittingen ums
tiupveiu der Krieg iti Welschlirol
geht um himmelwärts ragende Stein
riesen. Senkrechten Mauern gleich
streben die Felsniassive zur Vöisr.i
Wie schmale Minnen sind die Täler
eingekerdt. Und in schwindeliid engen
Serpentinen klettern die Artiiieriings
straßen aus die schmalen Kvpse hin
aus, die jetzt zur Verteidigung einge
richtet sind. Eng äti die iiverhäiigeii
den Wände kliiiiimern sich diese Wege,
jäh stürzen von ihnen die kahlen
Hänge in schnuerliche Tiefen. Nieder
gelegt sind die Eitisassuiigsinriuerm
die das aus den Abgrund schauende.
Siräszendord säuniteii —- wer uinl
eine der scharfen Ecken biegt, sieht sich!
unvermittelt iiber gäynendem Rachen
Wenn mini aus der Tiese hinaus
sährt, aus einen der Berge, die jetzt
granitene Riegel vor den italienischenl
Unmensch schieben, ist man gleicht
l
mitten im Krieg. Sperren, aus denen
blanke Geschützt-obre äugen, schließen
die Straße· Mit den Felsen vermäh
len sich Stocheldruhthecken, Dei-inner
häue in den Weingärten, Deut-wer
giue zwischen den Alpenrosenbiischen,
« rahtverhaue in den Enziantepvtchen
Einen schimmernden Glanz weben sie
um die Klippen, silbern leuchten sie
Zwischen den Beegblumen, aber wehe
em, der von unten herausklinitnend
glaubt, sie durchdringen zu können . . .
Oben, tvo die Winde um ein
schmales. nach allen Seiten hin offe
nes Plateau vseisen, verläuft die
Ironi. Jeder Fels ein Stiiypuntt,
der Schluchten und Täler, durch die
der Feind sich vorwärts wagen könn
te, beherrschk. Eine in sich abgeschlos
sene Festung, wie kein Krieg sie bis
her sah, Wundertverke der Spang
technk wurden hier geschossen, sei-«
vernen gebrochen« Stollen- und
Schachte etrieben. Bisweilen steigt
man 150 eter weit in elettrisch be
leuchteter Poterne in den Berg hin
ein, um zu Geschützstellungen zu ge
langen. Aus dem Dunkel heben sich
die Umrisse tlotzigcr Maschinen —
deren Wesen man sich sclnrser zu er
klären weiß. Schaut man dann näher
hin, so entdeckt mun, dnsz es Elettro
motoren sind, die Scheinwerfer in
Betrieb setzen. Mitten an der senk
rechten Wand geistert nachts plötzlich
der weiße, gespenstige Strahl auf,
der die feindlichen Stellungen taghell
überflutet. Und mitten aug- dem Berg
heraus speit schwere Llrtillerie Ge
schoß um Geschoß um die Hänge weg
zum Gegner hinüber· Und im Fel
sen horstet auch die Jnsanterie. Reben
den breiten Kellern, die der Attil
letie dienen, ziehen sich die Schützen
griiben hin. Blickt man von unten
mit unbewassnetemss Auge un einem
sslchen Felsen empor, so erkennt man
meist rein gar nichts-, das daraus
schließen ließe, daß da oben Soldaten
ans den Feind warten. Lirst wenn
mnn die kelswand aufmerksam mit
dem« Glas mustert, tann man die
von innen heraus entstandenen Lut
ten entdeeten, die sich als schmale un
auffällige Streifen auf dem heilen
Gestein abzeichnen. Prachtvoll sind
diese Besestigungsanlagen. raffiniert
erdacht und bewunderunassmiirdig in
türzester Zeit konstruiert. Keine
Spalte-, die nicht geschickt aussaenugt
worden wäre. Eine dieser Anlagen
habe ich gesehen, an «fni: 900 Meter
hohem Fels. Ja) hatte in den letzten
Tagen wieder Gelegenheit, mich vom
Platenu von Folg a r i n auo zu
überzeugen, wie groß der Feliltcylag
ist, den die italienische liriegfuhrung
bisher gemacht hat. An dein wichtigen
Tiroler Grenzabschnitt, den man von
dort überblickt, stehen die Jtaiienek
iiyrner noch dort, von ioo sie ihren
Siegeszug einzutreten gedachten Es
it der Raum, der an der Ostslnnte
von Südtirol etwa vom Ylsticotal bis
zum Monte Maggio reicht und für
einen italienischen Vornmrsch sehr
wichtig ist, dir von ihm aus die Hoch
ebenen von Folgoria und Ladurone
und ein Vorstoß gegen das Tal von
Osten anzustreben sind. Die italieni
sche Front hat in diesem Gebiet ih
ren Brechpunkt. Vom Ga r dafee
aus verläuft sie in ojtlicher Richtung
bis zur Grenze« um dann dieser nach
Nordosten zu folgen. Liln Versuchen,
diesen Brechpunll auf österreichischeö
Gebiet zu verlegen, haben es- die Ita
liener nicht fehlen lassen. Mit ihrer
schweren Artillerte suchten sie immer
wieder, unsere starken Stellungen
ztoifchen Lavarone und dem Terrags
nolotul zu erschiittern, aber vergeb
lich. Wo geringe Beschädigungen vor
lamen, wurden diese sofort wieder be
hoben. Und trotzdem bekanntlich die
Jtnliener sich in der Offensive befin
den, haben die österreichisch-ungari
schen Trupben im Abschnitt der aus
dem Aufnmrschraum Sette Commune
——Plateau von Teunezzo nach Tirol
hereinsiihrenden drei Zioszlinien Ter
ragno——Borcoln—-«Llsticotal durch den
Besitz des Cofione mehr italienische-H
Territorium inne als der Feind —
im gleichen Raum — tirolischen Bo
den. Denn nur einen Zipfel des
Monte Maggio vermochte dieser nach
den Anfang-kämpfen zu behaupten,
und auch aus diesem zeigte er sich nur
nachts· Alle übrigen Verteidigung-J
puniie dieses Frontteils der italieni
schen Aufstellung befinden sich immer
noch auf italienischem Boden.
Hauptstellungen, von denen aus
die italienische schwere Artillerie zu
wirken sucht, sinox Fort Campolons
go, Tonnezza, dann Die BulbonassPos
sition, deren Ajiunitiongdevvt vor ei
nigen Tagen durch einen unserer
Mörser in die Lust gesprengt wurde,
der Coston d’Arsiero nnv der Torw
ro. Sie alle gehörten schon iin Frie
den der italienischen Linie, und die
Geschükh die anf vie österreichisch
ungarichen Positionen seuern, besin
den sich noch immer in den kleinen
Satteln, aus denen sie schon am er
sten Kriegstage pliniert waren. Trotz
dem die italienische Artillerie sehr
viel Munition verschießt, ist ihre
Wirkung eine recht geringe.
Aus eines unserer Werte wurden
4000 Schuß abgegeben, ohne daß die
ses auch nur vorübergehend außer
Gefecht gesetzt worden wäre. Umge
kehrt hat unsere Artiilerie schon schwe
ren Schaden angerichtet. Neben den
schon oben angesiihrten Beispielen sei
erwähnt. daß nach Gesangenenaussm
gen ein Schuf-, der in vie vordere
Deckung eines italienischen Wertes4
ging, diese völlig zertrümmerte und
40 Mann tötete. Abgesehen von die
sen Artillerietiirnpsen ist eö noch zu
keine-n wirklich ernsten Zusammensioß
gekommen. Die Kommandanten und
die Truppen brennen daraus, sich mit
dein Feind zu messen. Aber dieser
bleibt untätig. Außer Patrouillen
bekommt man teine Jnsanterie zu
Gesicht. Wie die italienische Heeres
leitung sich die Weiterentwicklung
eigentlich vorstellt, ist höchst unklar.
Alles auf die Ossensive am Jsonzo
einzustellen, dürfte wohl kaum in ih
rem Plan liegen. Warum sie dann
aber mit einer energischen Operation
an der Tiroler Grenze wartet, liegt
im Dunkeln. Daß eine solche äußerst
schwierig sein wird, mußte sich der
italienische Generalstab schon vor
Kriegsbeginn sagen. Ebenso, daß je
der Schritt gegen die von unseren
tapferen Truppen verteidigten Felsen
ungeheure Siere von Blut losten
würde. Menschenöionomie kann es
also nicht sein, oie die zögernde Hal
tung erklärt. Auch nicht die Absicht,
erst mit Artillerie unsere Stellungen
niederzuiiimpsen und dann erst grö
ßere Jnsanteriemassen in Aktion tre
ten zu lassen. Denn die Aussichtle
sigleit eines solchen Beginnens hat
der bisherige Kampsverlnus erwiesen.
Nur eine Lösung bleibt für die
Schlappheit, mit ver die Jtaliener
gegen Tirol Krieg führen: Die Richt
ersiillung aller Prämissen, auf denen
Italiens Zusammengehen mit seinen
Berhündeten vasierte, macht Cadorna
und seinen Leuten einen solchen
Strich durch Die Rechnung,
daß darob ihr ganzer Kriegs
plan ins Wasser gefallen ist
und sie nun nicht mehr ein — noch
aus wissen
Gier-es Pester Journal.)
Irr arme Blumen-it
Von W. L. v. Horn.
Jch habe mich immer recht in die
Seele hinein geärgert, wenn ich das
Wort hörte: »Es geschieht in unsern
Tagen nichts Gutes ntel)r!« Da sollte
tnan doch wahrscheinlich denken, uns
sere Zeit sei die allerschlimmste seit
Adams Tagen und die Menschen sei
en allesamt Untnenschen. Jch sag's
jedem ins Gesicht, es ist nicht wahr,
wenn’5 auch Bösewichte genug gibt
Eine schlechte Tat wird überall er
zählt, aber wenn einmal eine gute
geschieht, schweigt man davon. .
Jch will aber nicht schweigen, wenns
ich eine gute Tat hier oder dort höre,
und will gleich eine erzählen.
An einem schönen Sommertage
war im Prater zu Wien ein großes
Voltgfesh Der Prater ist eine sehrs
große öffentliche Olartenanlage ballt
herrlicher Bäume nnd der Oauptspitss
zierganz und Belustigung-Hort derl
Winter. Viel Volt ströntte hinab-H,
und jung und ali, vornehm und ge
ring freuten sich dort ihres Lctseiesp
auch tacnen viele Fremde, die sichl
an der Volke-tust erfreuten. Wo fröh-;
liche Menschen sind, da hat aber auchs
der etwas-«- zu hoffen, der an dies
Barmherzigkeit seiner glüalicheren
Mitmenschen gewiesen ist. !
th Wien lebte damals ein Jttv.-.-;
lide. dent sein kleiner blind-entole
zum Unterhalte nicht ausreichte Ort-»
teln ntochte er nicht. Er griff d.tl)erf
zur Violine, die er von seinem Ba
ter erlernt hatte, der ein Böhme ge
wesen war. Er spielte unter einem al-»
ten Baume im Prater, und seine-in
treuen Pudel hatte er so abgerichtet,
daß der bor ihtn safz und den alten
Hut im Munde hielt, in den die
Leute die paar Kreuzer warfen, die
sie ihm geben wollten.
Heute stand er auch da und siedel
te, und der Pudel saß vor ihm mit
dem Hute; aber die Leute gingen vor-«
über, und der Hut blieb leer. Hat-;
ten ihn die Leute nur einmal ange-»
sehen, sie hätten Barmherzigkeit mitj
thnt haben müssen; diinne5, iteigeiis
Haar deckte tauttt seinen Schädel; ein
alter fadenscheiniger Soldatenmantel
war sein Kleid. Gar manche Schlacht»
hatte er mitgetampft, und fast che»
hatte ihm in einer Narbe einen Pent
zettel angehängt, bet dem für das
Verlieren teine Sorge nötig war.
Nur drei Finger an der rechten Hand
hielten den Bogen. Eine Kartätschem
tugel hatte die zwei anderen bei
Afpern mitgenommen, und fast zu
gleicher Zeit nahm ihm eine größere
Kugel das Bein weg. Und doch sahen
heute die fröhlichen Leute nicht aus
ihn, und er hatte doch fiir den letzten
Kreuzer Saiten auf seine Violine ge
tauft und spielte mit aller Kraft
seine Märsche und Tänze.
Triibe und traurig sah der alte
Mann auf die wogende Menschen-—
masfe, auf die fröhlichen Gesichten
auf die fiolze Pracht ihres Putzes.
Bei ihrem Lachen drang ein Stachel
in feine Seele; —- heute abend muß
er hungern auf feinem Strohlager
im Dachftübchen. Sein Pudel war in
der Tat besser dran; er fand doch
vielleicht auf dem Heimwege unter
einem Goffenfieine einen Knochen, an
dem er feinen Hunger stillen konnte.
Schon war-I ziemlich spät ainl
Nachmittageft. Seine Hoffnung Ivael
fo nahe am Untergange wie die Sen-i
ne; denn fchon lehrten die Lustwand
ler zurück. Da legte sich ein recht lie
fes Leid aus das weiterharte, ver
narhte Gesicht.
Er ahnte nicht, daß nicht weit von
ihm ein stattlich gekleideier Herr
siand, der ihm lange zuhörte und ihn
mit dem Ausdruck tief empfundenen
Mitleids betrachtete.
Als endlich alles fruchtlos blieb
und die müde Hand den Bogen nicht
mehr führen konnte, auch sein Bein
ihn kaum mehr trug, setzte er sich aus
einen Stein und stützte die Stirn in
die hohle Hand, und die Erde sog
eine heimliche Träne ein, und die
sagtcs nicht weiter.
Der Herr aber, der dort neben ihm
am Stamme der alten Linde lehnte,
hatte gesehen, wie oie verstümmelte
Hand die Tränen abtvischte, damit
das Auge der Welt die Spuren nicht
sähe. Es war aber, als wenn die
Tränen wie siedend heiße Tropfen
dem Herrn aus das Herz gefallen wä
ren, so rasch trat er hinzu, reichte
dem Alten ein Goldstück und sagte:
»Mir Eure Geige ein Stündchenl«
Der Alte sah voll Dankes den
Herrn an, der mi-. der deutschen
Sprache so horperig «umging, wie er
mit der Geige. Was er aberswollte,
verstand der Jnvalide doch und reichte
ihm feine Geige. Sie war nun so
schlecht nicht; nur der gewöhnliche
Geiger kratzte so über. Er stimmte sie
gloctenrein, stellte sich daraus ganz
nahe zu dem Invaliden und jagte:
,,Kollege, nun nehmt Ihr das Geld,
und ich spiele.«'
Der fing denn nun an zu spielen,
daß der Alte seine Geige neugierig
betrachtete und meinte, ste sei es gar
nicht mehr; denn der Ton ging wun
dervoll in die Seele, und die Töne
rollten toie Perlen dahin. Manchmal
war's, als jubilierlen Engelgstimmen
in der Geige, und dann wieder, als
klagten Töne schweren Leids aus ihr
heraus, die das Herz so bewegten,
daß die Augen feucht wurden.
Jetzt blieben die Leute stehen und
sahen den stattlichen Herrn an und
horchten aus die wundervollen Töne;
jedermann sah-, der Mann geige siir
den Armen, aber niemand tannte ihn.
Immer größer wurde der Kreis der
Zuhörer. Selbst die Kutschen der
Vornehmen hielten an.
Und wag die Hauptsache war, je
dermaan sah ein, was der tunstreiche
Fremde beabsichtigte, und gab reich
lich, Gold, Silber oder auch Kupfer,
je nachdem er vermochte. Der Pudel
knurrte-. War-«- Vergnügen oder Uter
ger? Er tonnte den Hut nicht mebr
halten, so schwer war er geworden.
»Macht ihn leer, Alter,« riefen die
Leute dem Invaliden zu, ,,er wird
noch einmal voll!« Der Alte tat’s.
und richtig! er mußte ihn noch ein
rnal leeren in seinen Sack, in den er
die Violine zn stecken pflegte. Der
Fremde stand da mit leuchtenden
Augen und spielte, daß ein Bravo
über das andere erschallte. Endlich
ging der Geiger in die prächtige Me
lodie des Liedes-: »Gott erhalte Franz
den Kaiser!« liber. Der Geiger spielte
in der größten Begeisterung, bis das
Lied zu Ende war; dann legte er
rasch die Geige in des glücklichen Jn
daliden Schoß, und ehe der alte
Mann ein Wort des Dantez sagen
konnte, war er fort.
»Wer war das««« rief das Voll.
Da trat ein Herr vor und sagte:
»Ich kenne ihn sehr wohl, es war
der ausgezeichnete Geiger Alexander
Boucher, welcher hier seine Kunst tm
Dienste der Barmherzigkeit übte.
Laßt uns aber auch sein edles Bei
spiel nicht vergessen!«
Der Herr hielt seinen Hut hin,
auch dieser fiillte sich. Alles gab, und
als der Herr das Geld in des Inva
liden Saat geschüttet, rief er: »Bau
cher lebe hochl«
»Habt hoch! hochl« rief das Volk.
-Und der Jnvalide saltete seine
Hände und betete: »Herr, belohne
due ihm reichlich!«
-.—--—
— Faule -.Ilu5tede. Leutnnnt
ifoer im Felde einen Soldaten mit
uner Gans unterm Arme ertuppt):
Was soll mö
Soldnt: Bitt’, Herr Leutnnnt, ich
wollt’ einen Brief yeimschreiben, hab'
teine Feder, nnd du will ich mir "ne
Stielfeder schneiden!
—- G e m i: t ! i ch. Student gut
Hiiusfrnu): Die rückständige Miete
wollen S? Gehn S'· Frau Weinen
Ipielen S’ doch nit die tomische Alte!
— Ettliirlich. ,Kommiindant
eines Gefangeneiilngets: Was war
denn das eben für ein gewaltiget Tu
mult unter den Rassen?
Posten: Ein Rasse hatte eine Zahn
bütste gefunden, und da wollten nun
eitle das Ding kennen lernen!
—- Viexfngendes Mißver
fändnis. Herr A.: Jst Ihre-«
Schwester nicht BEndigekiM
Ehemanm Nein. sie ist noch unver
heiratet.