Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 23, 1915, Sonntagsblatt, Image 10

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    se- ekeep sit-.
Von Ihm von Pol-lauern
«Wir kommen zurück! Wir holen
each noch!'
Sie riefen es, während sie aus der
Ieneelinie hasieten, der weiter rück
wärts gelegenen Deckung zu. Einer
löße irn Laufen feine Feldflaschevom
Gart, warf sie in der Richtung des
Körpers-der sich aufzurichten suchte
nnd doch vom dlutgeträntten Grase
nicht loskom. »
»Wir holen euch, ganz get-disk
Wenn sie auch ein wenig atemlos
waren —- deim Zurückgehen var einer
plöylich sich geltend machendenfeinds
lichen Uedeeniacht schlug das Herz
leicht bit in den Hals hinan —- so
klang dieser Ruf doch tröstend und
zuvetsichtlich.
Aber es war doch lauen zu fassen,
daß sie nicht siehendlieben, nicht die
flehend emporgeworfenen Arme er
griffen, nicht die triechenden Leiber
hoben und nntersiiitzten —- sie, die
Kameraden .
Sie konnten laufen, mit heilen
Gliedern —, waren sie denn noch
Kameraden? Nicht Feinde derer ge
worden, mit denen sie bis dahin Sei
te an Seittf getämpft hatten, nnd
die sie hier nun liegen ließen, ge
rade fest, wo sie dee Sorgfalt de
durften, wo sie sich var Schmerzen
trümmten, das eigene tosibore Blut
rinnen sahen mit stumpr weiden
dem Auge, ohne die Kraft, ej zu
hemmen?
Die Berwundeten spiirten einen
Moment nicht mehr die Schmerzen
in ihren zerschossenen Leibern; das
Seelenleid war stärler. Allmählich
erst drang in die ermattenden Ge
hirne das Begreiseru sie können ja
nicht anders, sce müssen zurück ohne
uns. Es steht zuviel aus dem Spiel,
das Wohl des Ganzen —- es geht um
die Lebenden, um die Gesunden, um
die hier vorn und um die weiter
hinten.·.
Wir —- sind nicht mehr so wichtig
plöslieiz kommen erst in zweiter Li
nie. Aber weh taki doch: toaeler und
munter seine Pflicht getan zu haben
und nun nichts weiter zu sein als
Opser, blutendes, odnmäedtigeo Op
ser. ·
Aber sie kommen ja zurück —- die
Kameraden oder die Sanitiiter. —
»Sie lornmen ja zurück." damit
versuchte auch der Kriegtsreiroillige
Robert Krosst sich in das Unvermeidi
liche zu schicken. Ihn hatte ej am
Rande des Wäldan gehascht; ge
rade in die zerrenden, stachligen
Bromdeerranlen hinein war er ge
taumell. Die tlamrnerten sich an
das seldgraue Tuch, rissen und
trahten die stützende Hund« zogen
ihm eine Schramme quer iiber die
Wange, als er den Kopf nach dem
letzten unvermundeten Kameraden
drehte, der zwischen den Stämmen
rückwärts trottete — unaufhaltsam
rückwärts.
Er blieb liegen, in das Gesträuch
gebettet. »Verslucht undequem —
sogar die Bromdeeren sind feindlich
in diesem vertrackten Welschland,«
dachte er mit einem Anslug grimmi
gen humork
Seine Augen irrten empor —- jetzt
rgend etwas sindemdas hinwegtriige
über den Jammer der Einsamkeit.
über Schmerz und Wut: irgendeinen
Gedanken, einen Schlus, einen
Traum!
Ein Goldblatt taumelt vom Zweig
herab, durch die sonnengetriintte
Lust. ganz laugsanr». bät-sch- wie
das so gautelt und schwebt. Es stillt
gerade aus den Mund des Verwun
deten, und leise und sein« doch deut
lich den erregten Nerven spürt-ar,
dringt aus ihm der Dust des Mo
derns. der Verwesung
Etwas wie Uebelteit tommt in
ihm hoch. Herrgott noch mal, nicht
das! Nicht Erde aus mich werfen,
Erst diesen Moder aus mein Ge
i.
Bnh ——— ich bin gnr nicht gefallen,
dicht verwunden ich will weg! Zu
meinem Regimentl Meine Pflicht
tun — genießen —- jetzt, später, im
mer! .Auf und weg!« —- Et,richteie
sich mit einem Ruck auf.
Das welke Biaii fiel schwer zu
Boden, und auch er fiel sinnst-kraft
los zurück in das feuchte, fiuchiige
Grün.
»Vin, dann nicht!'« Es war nkfo
Doch Wahrheit Jegendwo in der
Hüfte fon es, in der Düfte undnuch
im rechten Arn-. Also warten. —
Sie werden ja wieder vorgehen, fie
werden kommen und helfen.
Da war schon wieder Gewehrfeuet
—- feiilich. Vereinzeltes Knarren-.
Noch einmal dabei fein dürfen: zie
hen, abziehen —- ,,Peng!« Der faß
gewiß. Wie aiif der Jagd tatn es
einem por, und nun war er fetber
Wild, allerdings gottlos nicht gehetb
nicht eins-fesselt —- nue weidmmdk
»Mir-nie ich mit den Brand aus
den Wunden lecken vie die Sie-ei
Was find das für W da auf
seinen Lidetnik M Und Lichi
M mich, slise ist-schen —- die
Sonne f elt fich in den sinnige
nscfchenen pelbtW. die dre
ssc M, wie lautet M Brenn
l —- vancii It , Die als
diese-li- VIII not-;
·- — III .k «- « II
SOLO-sie Wiss M neuer
jw how —- skssstit schmau
send Liltpsttriegerm Sie klettern
herab, sie stechen mit Napels in mei
ne Wunde. in Rossen und Hände.
Kameraden, so seist pocht
Nein, sein, ich femme zu euch
— ich schwebe, ganz leicht« wie das
goldene Blatt. ins Blaue. ins Un
desttnnnte htnein..."
Da —- war das nicht sein Na
Ieei »Krasst, Freiwilligee Krosst!'
Es war doch sei-n upimann. der
ries? Der Schätlen ishr aus, mach-«
te eine Bewegung als wolle er sa
lutieren. Das ging aber nicht, und
du lieber Himmel! Der Month
reisen Kopf er undentlich durch das
Brombeergewirr wahrnahm, sah
nicht auf-, als ob er eine Ehr-ende
zengung erweite. So saht — die
Augen weit hervorgequollen, als
hätte er etwas Entsesliches gesehen.
Noch einmal der Rus: «Krnsft!'
Worum immer so leise?
Laut antwortete er: »Hier, Herr
Hauptmann!« -
Wie erschreckt ver herumsuhr —:
.Scht, leise!' machte er, ohne ihn
erspäht zu haben. Diese Renten,
die sich in seiner Unisprm, an sei
nein Körper förmlich sestgebissen hat
ten, mußten also eine gute Deckung
bilden. Der Dauptmann blickte an
gestrengt zurück. War ihm irgend
jemand aus den Fersen?
Krnsst begriff. daß er nicht mehr
laut sprechen durfte. Er faßte mit
der »Dann in die Brombeeren und
schüttelte die Sträucher.
Nun hatte der hauptinann, der
aus allen Vieren kroch, ad und zu
inne hie-it, urn eine Hand aus die
Brust zu pressen, ihn demertt. Flü
sternd schob er sich näher.
»Mensch, Sie haben da ja ein
gutes Bersteiti Jch sah Sie hier
fallen, ahnte Sie in der Nähe»
Was sagen Sie? Verwünschte
Bromdeerens Seien Sie froh. daß
Sie da drin liegen!«
Sein Gesicht derzerrte sich wieder.
,.Kiinnen Sie sehen — da —- dort
unten? Er deutete aus den Gra
den, in dein die nusgeschwiirmte
Schüsenlinie Deckung gesucht hatte,
uin nach oerlustreicheni Gefecht wei
ter rückwärts den Anschluß an das
Gros wiederzugewinnen
»Nein — —- Sie sehen nichts?
Dann —- —-— da, hören Sie!'
Ein jämmerlicher Schrei drang
herüber. Wie sonst wohl geängsiigs
te Weiber schreien und gequälte Tie
re, so schrie hier —- -—- —- —- ein
Manns
Dern Ireiwilligen war zumute, als
istiesze eine Schlange aus ihn zu, ge
rade aus sein herz. Er rnurrnelte
ein einziges Wort, und der Haupt
mann nickte dazu. Triioselig der
zweiselt.
Wieder der siirchterliche Schrei,
zuletzt wie erstickt· Die beiden Ver
wundeten daliten die Fäuste — —
ol). die zerschossene Brust, die lahme
Hüfte! Nicht helsen zu können —
was mußten das siir Qualen sein,
wenn ein Soldat, ein Deutscher, so
schrie!
Die dort drüben am Werke wa
ren, das waren leine Menschen mehr.
das mußten Bestien sein. Schlimmer
als jene henierslnechte des Mittels
allers· die doch vielleicht gemeint
hatten, sie solterten ihre Opfer um
eines guten Zweckes willen... hier
war nichts als Bosheit, niederttiichs
iige, seige Bosheit, die nur wagte.
sich an Berwundeten. an Wehrlosen
.zu vergreifen.
Was siir Scheuszlichkeiten mochten
sie diesmal ersonnen haben, die
Feanttireursi —- Zugleich rnit dem
Mitleid um« die gequälten Kamera
den stieg in Robert Krafst das
Grauen aus, das seinem hauptrnann
schon längst aus den weit ausgeris
senen Augen redete, das Grauen uni
das eigene Schicksal. —
.Sie werden ja kommen; sie ho
len uns doch noch. herr hauptnrann,«
er deutete nach rückwärts. Die säh
ne schlugen idrn dabei vor Frost aus
Ieinunder. Herrgott, er gtnuore 19
Iselbst nicht tin seine Wette — —
diele Angst in ihm! Nun wäre es
ja tausendmal besser, tot zu fein,
gefühle wie der Aamerad da drü
ben, der ihm vor ein paar Stunden
so leid getan hatte. -
Welcher Fluch hatte khnen bes
Iimmt daß sie nicht als tapfere
Männer sterben sollten, sondern win
setnd aus Angst vor grausamer Vet
ftütnmelung, ichmerzgepeinigt wie
jene Gequälten ikn Graben?
»Den houptmnnm schnell hier her
ein! hier steht Sie lein Meinst-In
ebensowenig, wie Sie mich lahm«
Der Hauptmann maß das Ge
ftriipp mit tritt-ern Blick.
»Seht nicht, mein Lieber. « Zu
klein für III-ei. Ich würde die Sinn
ten tnieten — — und uns beide
verraten. Bleihen Sie drin —- file
Sie longt ez.«
Der Freitvitiige empfand ..es im
Augenblick verniqu daß er sich ni t
mai den Brombeeren hetauigeoe -
tet hatte. Vielleicht war et wirklich
in Sichereliits Demn« faßte ihn wie
der vie Sorge um leine- May-mute
— —- Ivenn er hier etwa mit
eeleben wüßte« wie jener verstiienmelt
geside Das ginge tibee Menschen
eai. -
.Bielleicht finden Er uns hier un
ter den säumen beehnapt nist,
here sanftmann,« -
»Mit-when Sie H nichts Die he
xe da drkben hat ist- Jnngen me
Fixistet ku- Stsdekn ausgeschickt·
Einer bemerkte mich ichotr. Doch oh
ne diesen Satan von Großmutter
scheinen sie nicht« wagen zu wollen«
»Ah-M sind es denn?«·
»Es-weit ich durchs Glas erkennen
tonnte:.dtei oder vier; sie wachsen
ja geloshlich aus dem Boden wie
Pilze."
»den Baum-nimm« fliisietle er
knach einst stillen Weile, .Hen haupt
zknann haben noch den Redewei. Wenn
iej nur drei oder vier Männer sind,
leisem kann ich vie-nicht mit m
FLinken den hats abdkehen.«
) .Jch hohe nur zwei Schuß dein,'
Jsagte fein Kompagniechei langsam.
lwie itn Schlaf, «leine Patronen sonst
Jmehn Und Sie kriegen auch kein
lAas mehr tot..."
l »Aber für uns beide lang» noch.«
Izifchte der junge Mann durch das
Gestrüpp hetiidet·so eindringlich,dnß
;det Aeltm aus seinem Dämmer
ltknum zu erwachen schien, sich auf
richtete und zu ihm durch die Blät
ter hinüvetialx
» »Ich möchte bitten, here haupt
Imonn,' —- et llang gar nicht wie
eine Bitte —- »die eilte Kugel für
n.ich, Herr hauplmansk
»Bist mol, tnem aller Junge,« der
Hauptmann sagte plötzlich du, ndex
niemand den beiden deiner-Ue es «Jch
dich erschiehenZ Das ist unmöglich«
«hetk Hauptmann. Sie niltssenl
Wollen Sie mich denn hinschlnchten
lassen?«
«Mein Junge —- ich tann nicht
—- ich bringe nicht fertig —- ich
schaff Mpp noch mich-« —
»Den hanptmann, dann geben
Sie mir doch den Reden-en gleich
-jegt! Dann mach ich’g allein.'«
»Nein," sagte der Ossizier ans
einmal wieder in soldatisch scharfem
Ton und zwang sich sogar zu einem
Lächeln. »Nein, laß du deinem Vor
gesegten nur ruhig den Vorlrittauch
ins Jenseits. Und hör’, du wartest
bis zum legten Moment. Jch weiß.
da stehst nicht allein wie ich, hast noch
eine Mutter. Jch hab’ so das be
stimmte Gefühl, ou wirst noch ge
rettet. Also warte hie zum legten,
aber laß dich nicht —- lasz dich nicht
ersticken.«
Der Freiwillige wollte nochmals
betteln; doch die Kugel sprach ra
scher als er. Der leise Knall ver
riet, daß der da vor ihm das legte
Ansslactern seiner schwindenden Kör
pers und Seelenlriiste henugt hatte,
um davonzngehem rasch, ohne sentii
mentalen Abschied.
Er schluchzte einmal trocken nnd
turz, als durch den Körper ein
Strecken ging, als der Arm. der sich
mit dem Revolver zum Ohr gehoben
hatte, noch ein paarmnl guckte.
; Einsamkeit und Todesgranen
stürzten jiih iiber ihn her wie han«
’gernde Wölfe-»
Wie es rauschte — lamen vie Be
siien nicht schon?
Sich ans die Linie stützend, lroch
er durchr- Vrornbeergewirr, legte sich
glatt ans den Bauch· Was galten
die Schmerzen in der Wunde —
Twai Stacheln nnd Dornen? Nur
dem fürchterlichen Schicksal entrin
Tnen, nur noch den raschen, ehrlichen
TTod beim Schopfe sassen, wie ihn
sein hanptmann sich erobert hatte.
; Mit der Linien griss er nach dem
?Revolver, berührte die Hand — was
Zwar daz? Der Tote hielt den Re
sroloer eisensest umspannt — soviel
Her auch risz und zerrte, die Finger
llösten sich nicht. die Waise blieb nicht
jin seiner schwachen Linien. Und die
Rechte die konnte ja nicht helfen.
idie lag schwach und gelähmt neben
sihnn Noch einmal rang er verzwei
sselt mit der toten hand, es half
nicht-. Er wirde weiteririechen müs
sen, ganz nahe heran, den Revolver
mitsamt dem Arme zu heben nnd
den Toten abdtiicken zu lassen. —
Am ganz heraus ans reinem der
steck. Die Rose noch einmnl hoch
aus den modernden Blättern, nur
um sie für ewig wieder hereinzutret
ken.
Da —- durnpfes Dröhnen, ein
fmal — zum zweitenmal — Heer
gott! Die Artillerie ·- die Brette
.rle war heran. —- Donn tonnten die
vKameraden ja wieder vorgehen. Wie
weit mochten sie zurück liegen? Wie
lange brauchen, urn hierhin zu
kommen? Die Iranltireurs zu ver
jagen? Noch eine halbe Stunde
Frist — ob der himmel sie ihm
gewähren würde? Jetzt beten tön
nen. Nein, lieber handeln, zurück
ins Versteck, over in das, was so
aussah wie ein Versteck, sich tot zu
stellen. Rückwärts irrg das Krie
chen wahrhaftig be er· —- Wieder
Schiisie —- nur noch ein halbe Stun
-de—-va—waiwar dass
Frau Zsifche Laute. Anschein in
den Bl«ttern, Schritte, haschen. Jn
ftinitiv grub er das Gesicht tief in
vie deckenden Ranken. Die Sen ln
schrien steh ihm irr Mund und ak-·
len —- egal, mir stilliesem Da wa
ren Hei —
Ein krächzende Veiberftirnnrr. die
eines Knaben nnd eine tiefere unter·
Lstljieb er. - .
Denk meet-c sagte irr Knabe,
stieß an idn seit vbeen Fus. So
M denn alle Wir zum Sa
ta- geheeh Iris ver interna
hatte-Hei ·entdect. » ritt-en
. lee,· te er hefe nd das
sie-- —- iewse vie- scheu-»o
st
s
·
Ilte, m der fein dannen-san se
fprochen hatte. Der Glästichn er
war teil Wieder dröbnten die deut
fchen Beamter-. Die Bande fchsien
zu ftu n. Er wagte, sich auf das
Kinn iisend, den Okon ein wenig
hebend, die Augen zu öffnen. Durch
die Blätter erkannte er eine Wei
derfchiirze, von eteldnft runzliger
hond gehalten.
.Schnell, schnell —- eh sie loins
men,« mahnte das Weib wieder —
«der Offiziet ifi tot —- fchode! Scha
de! Nimm den Reden-ein«
Ein Junge beugte sich iider den
toten Hauptmann, riß an dein Re
dolder. Da er ihn nicht lojdringen
konnte, hod er gewaltsam den Arm
empor. Wie sie hehre, die here:
.Schnell —- der andere da in den
Büfchen lebt noch« —
Ein fchwacher Knath ein gräßli
cher Aufschrei, ein Jammetn »Die
Toten schießen auf uns, Großmut
ter« —- riefen die fronzöfifchen Jun
gen·
; Waren die Befreier da? Krafft
fvergaß vie Vorsicht, er teckte den
Halt Die Alte war hinteniider
ins Gras gefallen. Ueber dein to
ten Hauptnmnn lag weißflockig, ein
-.Voufen von Sögespänen. »Ich stet
"be,« treifchte die Alte, »Mit den
verfluchten Preußen, irogt mich ins
Dorfs Wo find Jacqueg und ran
yoiei —- Schpn weg mit der uteF
Tragt mich ins Dorf, ehe fie lein
men, die verfluchten Deutfchen —- —
fchnell, schnell, hört"doch, die Kano
nen...«
Noch einmal sederte die sast zer
tniette Lebenskraft in dem jungen
Manne empor; aber die Klugheit
gebot noch völlige Ruhe Was war
eigentlich geschehen? Der rettende
Schuß war aus nächster Nähe abge
seuert worden Dennoch tein Due
ra, ieine stiirmenden Kameraden —
es blieb so still um ihn her. Nichts
als der Abendwind. der leise die
Pappeldliitter hin und her wars.
Würden sie wiederkommen, die
Franitireurll, ohne die Altes Oh sie
zu seige wären, wenn ihre Hexen
hastigleit sie nicht« mehr vorwärts
trieb?
»Kameraden, stöhnte der Ireiwili
lige, Kameraden, ich siehe — helst
doch endlich!'
Nur die Geschühe briillten eine
Antwort herüber-, die, ihm höhnend
und verächtlich schien. Was schiert
uns der einzelne und sein Los —
ums Ganze geht es, nur ums Gan
ze!...
Aber er spürte nichts von Erbit
.terung. von Auflehnung. Eine leise.
süße Müdigteit legte sich wie ein
Schleier über ihn. Das toar wohl
das Ende, siihlte er Nur gut, daß
ihm das Illrchterlichste erspart ge
blieben war, und auch die Notwen
digkeit, die eigene band gegen sich
zu heben, wie sein armer haupt
mann es getan...
«Sterhen,« murmelte er vor sich
hin, »ist wohl gar nicht so schwer.'·
—- Umo Ganze« dröhnten wieder die
Geschühn
Und als dann etwas Kaltes über
seine Stirn glitt, meinTe der Halb
betäudte den Tod leibhastig zu
spüren»
; Fand es beinahe merkwürdig, daß
um ihn noch so viel Wesens gemacht
swurdh von Mann und Hand von
den deutschen Sanitiitssoldaten, daß
sie ihn hoben und verbanden, ihm
sWarmes einsliiszten.
Wie sie ihn beglückwünschten, das
shörte er teilnahmslos an, bis ein
jähes Erschrecken ihn plötzlich durch
fts ht
in Eier den Ossizier haben diese
Biester auch wieder so etelhast er
stickt!« ries einer der Sanitiiter.
«Sieh mal« er liegt ganz und gar
voller Sögespäne.«
. Aber lser Fretwtuige tvoute ei
tnicht wahr haben, und die Leute fa
-hen auch, daß der Befund ein an
jderer war, wie bei den Unglücklichen
»an! Grabenranv: Mund und Nafe
jleer, nicht vollgeftopft von graufai
Imen Mördethndem
! Davor alfo hatte ihn ein gnädi
Iges Schicksal bewa rtl Wodurch nur?
tJener rätfelhafte chuß. woher tarn
er, etwa —
Mit letter Spannkraft richtete er
fich auf, griff nach ver lalten Band
del Hauptmanns. Die ließ den Re
rolver auch jest nicht los. Mühfatn
öffnete er das Magazin —- es ent
hielt teine Pater-ne mehr! Der Arm
des Toten glitt ihm aus den miiden
Fingern —- aber eins durfte er fett
halten und mit sich nehmen übers
nächtlichduntle Feld, mit in die
langen Kühen Lazaretttpochem das
untrtigl Bewußtfeim Dein toter
haupnnann hat« dich retten dürfen,
feine starren Finger haben den dalie
abgedrtlst, als der Franltirenr then
den Inn eint-preis
Er durfte rächen und retten za
gt? —- mtt der leIten Kugel tin
u .
— Paßt fchlecht. Der Rechts
amoalt Mtiller tft nun auch fchon
wieder von seiner zweiten Frau ge
fchteden.
—- Klndermunin Landwirt
riichkw weist du denn ichs-ts- wo
I fsr die Landvtetfchaft fo wichti
se Kalt beeftasnnis
»iJ;iMn: Freilich, aus Kaltfori
n en
e
sit sit-ft.
sue den Kämpfen inr Dberelsnß.
Von M M.
Ein junger Oeiteroffigietz den ein
bewa Kommando fiir wenige
Tage nach Berlin geführt hatte. er
zählte seinen Freunden das nachfol
gende Erlebnis aus dein Felde
Das inqu in der dritten Kriegs
woehe gewesen sein, etwa um den 20.
August herunt. Die Franzosen hiel
ten damals noch hurtnäckig das
Obeeetsaß. und Tag für Tag gab es
tleinere oder größere Kämpfe.
Da hielten wie eines Vormittags,
nur schlecht gegen die heiße Sonne ge
schätzt, neben einem tletnen Gehotz.
Gerade die legten beiden Tage. dte
hinter uns lagen, waren gräßlich ge
wesen. Ruhelos waren wir hierhin
und dorthin gezogen worden· hatten
stundenlang angriffsbereit gestanden,
waren wieder zurückgenommen wor
den. wurden nachts alartniert, ohne
daß es zutn Gefecht lam, turz: Offi
ziere und Mannschaften waren all
mählich durch dieses scheinbar sinn
lose Hin und her in einen Zustand
nervöser Ungeduld geraten. Die ewige
Spannung begann der Luftlosigteit
und Erschöpfung zu weichen, wozu
die Witterungsoethöltntfse das ihre
beitragen. Dte Sonne ftach schon am
frühen Morgen. Oft vertroch sie sich
hinter Wolten. ohne daß der ersehn
te Regen niedergehen wollte. Bei se
der Bewegung steckten wir in un
durchdringlichen Staubwoiten. Der
Staub verhüllte einem manchmal fast
ldie Vordernianner. Er set-le sich uns
im halse sest, er til-erzog uns mit ei
»ner grauen Schicht. Und dazu die
Jdriickende Schmäle, dasz einein altes
iam Leibe lleble: dazu — schlimmer
’als alles andere! — eben die unsere
Kraft zermürbende geschiistige Un
tötigteit. unter der selbst die Pserde
zu leiden schienen.
Gewiß: der Soldat hat ja gewöhn
lich teine Ahnung von dem, was nor
geht. Er splgt dem Besehl,"und da
mit grtt Man bat auch weder Lust
noch Zeit, sich viel Gedanken zu ina
chen. Aber er miisz das Gesuhl ha
ben. dasz oben einer dirigiert, der ge
nau weiß, was er will. Zum ersten
und einzigen Mal war dieser uns
sonst so herrlich begleitende Gefühl
ins Wanken geraten.
Wir hielten an jenem Vormittag
also, wie gesagt, neben einem freund
lichen Kieserwiildchem hielten schon
wieder untiitig eine ganze Stunde
lang. Und zur Seite hatte sich ein
lleines Scharniiisel entwickelt, das
allmählich, da aus beiden Seiten Ver
stiirtungen eintrasen, zum größeren
Gesecht wurde. Plötzlich gritten von
drtibrn auch Geschüye ein. und da
man deinertt haben mochte, daß im
Laufschritt zwei Admpagnien unserer
Jnsanterie verrückten und das Ge
hölz besetzten, so ging das Getniitter
munter gegen die Bäume los. Es tat
nicht viel Schaden: meistens wurde
zu turz geschossen. Hin und wieder
sauste eine Granate durch die Wid
sel und überschüttrte uns mit Me
serbiischeln und Astwert, daß die
Pferde scheuten und nur mit aller
Milde gehalten werden konnten. Erst
als ein störterer Prügel mit seinen
scharsen Bruchenden einein Gaule den
Leib ausriie, ging das Regiment wei
ter zurück.
Damit aber verioren wir das letzte
bißchen Schatten. Die Pserde gluhs
ten und dampsten. der Schweiß rann
uns ain ganzen Leibe ’runter, die
Zunge tledte am Gaumen. lind od
wohl uns die Geschosse so gui wie
nichts mehr taten, hatten stotr doch
das schreckliche Gesiibl, gleichsam tote
eine Scheibe stillhalten zu müssen.
Der Oberst hielt zu weit var der
Frdnt, als dass man sein Gesicht hätte
sehen können. Wahrschetnnch hatte
dieses Gesicht auch nichts verraten.
Aber er mochte tuhten wie wir alle.
Adjutanten stogen tein und her. Int
mer von neuem ho sten wir, daß ei
ner den ersehnten Beseht »zum Vorge
hen bringen würde.
Umsonst — sei es, dasz dzig Ober
tommando den Feind sur noch nicht
erschüttert genug hielt, sei es, daß
irgendein anderer Grund vorlag: wir
hielten, hielten, hielten! Mein Mitt
meister zog eine böse Lippe und
sluchte heimlich. Er schwor, daß
wir wieder nicht recht an den Feind
tarmnen würden. Die Mannschasten
hinter uns schwiegen; nur manchmal
lies duech das Mitten, Trappetm
Prusten und Schnausen eine Beine-c
tung die Reihen entlang.
CI war saft nicht mehr zum Aus
halten. Der psychologische Moment
war nahe, wo die sieheehaste Span
nung und Unruhe in Riede eschla
senheit und Entmutigung um chlagen
mußten. Auch die Pserde schienen
mit immer stätteter Nervositiit ange
M zu werden« Sie wurden se
schreckhast, daß mir verzweisette An
stre neigen machen mußten, sie tn
dee nd zu behalten. hier und da
brach eins aus, dort wars sich eins
mit einem Ieitee zu Boden und ver
wirrte auch die nächsten Tiere, andere
Echten und drängten zusammen. daß
llenen seine , equetscht wurden
und bei dem Sau en verirrter Au
eln W sie seu. . als wären
betrafen in der M , die sich auf sie
stürzen bellte-u
So brach die Mittassstunde an.
Das Gefecht schien zu stehen« Des
W word Mittt. Mir nun-id
nnii ganz ans nnd ging ptdsiichwsn
W tot Der Geichiitzdonner
schien neeriwiirdig lange.
Bitt einein Male fängt mein Brim
ieer mit nsen Zeichen des Entsetzen
gte tanzen nn. Zum Giiiei ietz« ich
gleich, weis los ist. Born nuf der Rose
sist ihm eine Sternse, ich dreschen-me
str, aber in wildem Zickzncksiuge Ver
sucht das rothranne Biest immer trie
der ’ranznkptnmen.
Sie schwärmen nämlich in der
Mittagsstunde heißer ruhiger Spät
sommertage nnd versuchen, ihre Eier
in der Nase oder an den Lippen der
Gäule abzulegen Die Angst dsivor
macht die Pferde manchmal rasend
Niemand innn sie mehr halten. Mit
erhabenen Schweier stürinen sie du«
von.
Das weiß man ais Rat-alleine tm
tiirlich, und deshalb schlag ich nach
dem Biest und pack die Zügel ie
ster.
J Da beugt sich der Riitineister vor.
»Aust« sagt er ingrimmig. »Wir tön
snen wieder spazieren reiten!« Jn der
zEtregung verzetrt sich sein Gesicht;
ses ist sast ein Wankenan der itkn
schütteln s
Ich seh’ ihn an und will ihm unt
tvocten, doch im gleichen Auge-Und
muß das eieihaste Jnieit, dar- ich
einen Augenblick aus dem Gesich: ver
lor, sein Ziel erreicht haben. Tenn.
hast du nicht gesehen — mein Bran
nee, wie ein Ziriuggnui in die Hohe.
wie verrückt um sich schlagend, mi:
peitscht-idem Schweif die ersten Wer-«
de hinter ihm zum Scheuen dringend
und dann tog — wie der Blin ios ---—
in Raserei twrtniirttifctzießend!v »Den
bel!" fehreit der Rittnteifter. Ich
ohne mehr, nls ich sehe, daß fein Gaul
auf Tod und Teufel mit dem meinen
mitgeht. Und hinter uns packt ee die
Nächsten, dann reißt es den ganzen
Zug, dann die Egladrom Nur einen
Augenblick ftuhen die folgendem fie
brauten gleichfalls los vielleicht
von der allgemeinen Bewegung fort
gerissen. vielleicht in der Angst, den
Befehl über-hört zu haben. Schon
fegt und tlirrt dnp ganze Negtinent
voran 2
Der Oberfl. der weit vor der
Front hält, hört das donnernde Ge
ftnntpf. Er wirft fein Pferd herum.
Er ftnrrt einen Augenbtic fnfiungis
lot uns Anhrnufenden entgegen. Er
hebt sich tin Sattel und beugt ftky vor,
als wollte er uns zttriittfchleudern.
Aber er ertennt fofort, dan das nn
tnöglich ift. Es gibt teln Hglten
mehr.
Und tnit einer prachtvoll ungestü
nten Bewegung wendet er. steht hoch
in den Bügel-t, das energische Gesicht
hold zttktickgedreht, den Säbel doch
und blank in der gleißenden Sonn-,
und fliegt uns im nachften Augen
blict voran.
Erft da brauft ans troctenen ran
hen stehlen ein driiuendeo hurrn ent
por, und wie die Teufel, von unge
heuren Staulnvolten verhüllt, don
nern wir vorwärts. Die Erde des-ihm
Hund fthwanlt, die Sättel jagten-, Ge
lllirr und verwehte Rufe —- tvir iehen
»nichts, wir hören nichts, wir reiten
’nur, wie wir feit drei Tagen reiten
froolltem die Köpfe gegen den Var
’der Pferde geneigt, daß im entgegen
Ewehenden Zuge die Mähnen der da
Ihinfegenden Giiule nng ins Gesicht
fflatterm «
i Wie aus endloer Fernen klingen,
tautn dernehnthnr, die Hörner der Jn
fnnterie zu uns herüber. kDas Zig
nnl zunt Avencieren ertönt und wird
auf der ganzen Linie aufgenommen.
Offenheit ift nur unfere überrascht-we
Attatte der Grund dazu
Wai ift du noch viel zu reden
wir haben den Feind, der wuhrfttteth
lich lettte Ahnung von uns hatte,
überritten, durcheinandergefehmnietn
Iin Schrecken und Verwirrung geitnrzt,
IWie die Wiloen fuhren wir dr.;:i ·
die Leute brülltent es war Ertönt-im
Befreiung nach unerträgliaser Entn
nttng· Die Franzosen mochten n. der
ersten Verwirrung unsere Stärke arm
bedeutend iiberschäyem itnd rle sie
wieder zu sich tarnen und die Sitte
ein wenig brenzlicher wurde. stiirniten
rnit ausgepslanztern Basoneit schon die
ersten Jnsanterietolonnen herritt und
tvarsen die verehrte Gesellschaft vol
lends über den Haufen.
. Nun, es war natiirlich teine irosxe
Sache, doch es war immerhin einer
sener hübschen Einzelersolge, die itzt;
schließlich summieren. Unser Regi
metlt hatte verhältnismäßig geringe
Verluste. Der Oberst betam das th
serne Kreuz und hat vie sichere ein
tvartschaft auf eine Brigade. Mems
Wissens hat er nie mit einein Worte
die Geschichte berührt. Wir hatten
allerdings von da ab —- als ov der
sann mit einein Male gebroinen
wäre — so viel zu tun, daß crsir
tatnn zu ans telbst trauen
Jch aber hütete mich natürlich ein
Wort in sagen. Ich wusch nach der
Ufsäre meinem siq noch immer recht
tettselsmässig gebärdenden Brunnen
die R entscher att- ttnd dachte an
das irae-Stett von Qretntsliegq
dem wir allein diese etwas verriickte
Attaete zu danken hatten. Es heißt
Init dem wissenschaftan Namen
Oastrpphtlus nasalis Ich have es
porsestern aus dein Lekiton seitges
stellt. Und den Namen verseß ich
tut-he e