Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 12, 1915, Image 11

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«««-x Von Miit Diese-schelmi
DU MIN- sietlte die umsangreis
Ils- IMML mtl dem einen Fkiihsnnt
k IN Gast von Nummer 45 nieder.
IV soeben inr Frühstück-return erschie
nen war. Es war U Uhr vormit
tags. Der Hotelrourn war um diese
Stunde schon ziemlich leer. Nachdem
der Gast mit sichtlichern Appetit sein
Frühstück verzehrt hatte, nahm er
eine Zeitung zur Hand. Da tauchte
der Hoteldireltne aus seinem Jnspets
tionsgnnp auf. Er erblickte den le
senden Gast. ging mit disireten
Schritten ous ihn zu nnd begrüßte
ihn mit einer Verbeugung. »Guten
Tag. Mk. Jenlins«. sagte er in höf
lichen- Tone. »Es sreut mich, daß
es Ihnen bei uns in Berlin so gut
gesätti. Jch habe eigentlich schon von
Tag zu Tag gefürchtet, Sie ioiirdens
nbeeiserr. Nachdem Sie Ihre diplo-«(
matische Mission —- ich habe darüveei
gelesen —- in einer Weise erledigt has;
ben, wie sie in der ganzen Welt even
nur Mr Joe Jenlino erledigen
tonnte."
Der amerilanische Detettiv Michel-»
te. »Ich will Ihnen gestehen, Direk
tor, ich bin nicht ganz seeiwillig hier«
Vorgestern wollte ich abreisen. Da be
tarn ich mittngs ein Telegrannn von
meinem Schisssngenten in Gothem
barg, worin et rnir anzeigte, irn
Stagerrat sei ein schwedisches Schiff
aus eine treibende Mine ausgelausen
und in die Lust geslogen· Nun —- ich
habe wirklich nicht viel Lust.-ein der
artiges Risiko zu laufen. Jch glaube,
es wiire ein bißchen schade... Die
Herren Verdrecher brauchen mich viel
zu nötig."...
Mr. Jenkins griff, nachdem sich
der Direttvr entfernt hatte. wieder
nach seinen Zeitungen und war dald
in die neuesten Kriegstelegratnme ver
tieft. Nachdem er die eine gewissen
.l-ait zu Ende gelesen hatte. faltete
er sie sorgfältig zusammen und grsss
nach der zweite-kutschen wollte er auch
diese fortlegen, sie ihm nichts Nen
-es zu entfalten schien, als sein Bltrt
auf eine Notiz im lvkalen Seil fiel,
die seine Aufmerksamkeit fesselte. Die
Notiz lautete:
»Ein seltsamer Vorfall. Jn einer
hiesigen angesehenen Familie hat sich
gestern ein masteriöseo Ereignis zuge
tragen. Bei der Frau Regierungsrat
» F. am...platz, deren Gatte seit Be
ginn des Feldzuges als Hauptmann
im Felde steht, erschien gestern nach
mittag etwa um fünf tldr ein hiesi
ger Arzt. Er erklärte der erstaunten
Dame, dar einem Viertelstunde sei
bei ihm ein Ofsizier erschienen und
habe ihn aufgefordert, zu Frau Re
gierungsrat F. zu fahren, denn diese
Deme, var einer Viertelstunde sei
Uhr an starken Asthma-Anfiillen. Der
Offizier habe ihn weiter gebeten,
möglichst ein geeignetes Mittel gleich
mitzubringen, ein Ansuchen, dem er
entsprachen hatte. Die Dame war im
höchsten Grade verwundert; lannte sie
doch weder diesen Arzt noch den Os
fizier. Das Seltsarne aber war, daß
die Angaben des fremden Dfsizieri
hinsichtlich ihrer asthrnatischen ieinfiille
richtig waren. Von einer unertlarii
chen Furcht ergriffen, forschte die Da
nte, wie denn der Ofsizier ausgefe
hen habe? Der Arzt gab nunmehr
eine Beschreibung des rätseltzaften
Besuchers: Er habe einen dunklen
Schnurrbart und leicht ergrautes
Haar gehabt, sei von großer Ge
stalt gewesen und habe ein kleines
Muttermal unter dem rechten Auge
gehabt. An der linten Schlafe· sei
ein lreisrunder roter Fleck zu sehen
gewesen der fast wie von einer
Schußwunde herrührend ausgesehen
l)nte. Frau Regierungsrat sk. er
tannte ans dieser Beschreibung zii
ihrer krrenzenloseii Besturzziiia ihren
Mann, der im Felde stand, nnd von
nein sie erst gestern sriih einen Brief
cui-z . .. erhalten habe. Bis aus die
tote Stelle in der linten Schlafe
paßten die Angaben genau« Der
Arzt händigte iser Dame sein Mittel
aus und empfahl sich .. lind niin
lomcnt das ilnbegreisliche: Gestern
abend iini 9 llhr lies bei der Ta
nie ein Telegrainin ein, ihr Gntte sei
gestern sriih zehn Uhr durch einen
Schus; in die linle Schläfe getötet
ivorden....
Die Dame ist dnrch den rätselnas
ten Vorfall derart erschüttert worden,
daß sie sich in ein Saiiatoriuni lie
geden mußte·«
Joe Jentine las diesen Artilei
zweimal ausmertsani durch, schüttelte
während des Leseni mehrere Male
den Kopf und versank in längeres
Nachdenken. Dann liess er sich hier
nnd Uebrrzieher bringen, verließ das
Hotet, ries ein Auto an und nannte
dein Chausseur die Adresse der Re
daltion des Platte-.
Es mochte ungefähr 2 Uhr mit
tage sein, als sich ein Mr. James
Machnald beim Thesarzt des Na
eotschen Sanatoriums melden ließ.
Der Besuch tvnrde in ein ruhig nnd
vornehm ausgestattetee Sprechzimnier
gesiihrt, das aits einen alten, schönen
Pakt hinauibliettr. Der Fremde sah
sichf aufmerksam in dem itiainn Uni,
de en einzelne Gegenstände ans-.
nahm-los sntj von einem gedie
genen und nltivierten Geschmack ab
le ten. als sich die Tiir iissnete. Der
E nteetende war ein untersester herr
mit rascher-, energischen Bewegungen;
durch die Brillengliisee diene · ein
kurzer, prüfender Blick eins zwei tin
gen Augen auf den besuchen eine
kurze. einlnvende handbewegnng, die
auf einen Sessel deutete, dann setzte
sich der Professor nieder und sah dem
onveren fragend ins Gesicht«
»Den Professor.« begann dieser.
»un: Jlfnen gleiq die Wahrheit zu
sogen: Jch bin kein Patient, nnd ich
wünsche Sie nicht zu konsultieren.
Es ift iediglich die Bitte um eine
Auskunft die mich zu hnen führt.
Jch ein-Mitglied ein-s pikitisnscheu
Vereins in Philadelpoio, und ich.
komme, nkn mich über einen Fall nä
her zu informieren, der mich außer-»
ordentlich interessiert.«
! »Nam« unterbrach ihn der Chef
;arzt. »Sie lommen vermutlich in da
Angelegenheit der Frau Regierungs-»
tat Forsting.« T
»Ganz richtig. Und. wie gesagt, ich
wäre Ihnen zu Dank verpflichten
wenn Sie mir einiges Nähere über
diesen interessanten Full mitteilen
würdest«
«Ja,« begann Professor Racot. »die
Geschichte ist in der v«t:at sele merk:
würdig. Ich tviirde sie vielleicht ein
such ins Reich der Lege-id: vektoeiien
—- loenn nicht mein eigener Atti
ftenjarzt sie miterlebt hätte. Sie lia
ben wohl gelesen, daß Herr Dr. Lot)
gestern abend den Besuch eines Offi
ziete erhielt, der ihn ersuchte, Frau
,tiileegl:e«rungsrat Foriting zu Hilfe zu
Iei .
s »Ja der Tat. Ich habe es gelesen!
,Also, Herr Dr. Lots« »
s »Ist mein Assistent. Er unterhält
in feiner Privatwohnung eine kleine
Praxis und ist tagsiiber in meinem
Sanatoriurn beschäftigi.«
»Und haben Sie, Herr Prosessor.
sich irgendeine Erklärung siir das
Vorkommnis gebildek?«
Der Chesarzt sah den Fragenden
mit einem prüfenden Blick an und
sagte dann reserviert: »Nein. Jch be
dauere; darüber nicht das geringste
sagen zu können. Jedenfalls, das
eine kann ich Ihnen mit Bestimmtheit
iagen: Frau Forsting ist trank, ernst
lich krank.
Mr. MacDouald -- Sie werden
begreifen — ich habe nicht die Ehre,
Sie zu kennen —— es handelt sich um
das arztliche Berussgeheimnis —- ich
muß bedauern, keinen Anlaß zu ha
ben, Jhnen gegenüber von meiner
Schtveigepslicht abzusehen«
Der Atneritaner stand aus· Er sah
den Arzt mit einem ruhigen Blicke
au, zwei Augenpaare schienen sich ei
nen Augenblick zu messen; dann sagte
des Amerikanee langsam: »Mein Na
me ist Joe Jenkins.«
Der Professor saßte sich an die
Stirn. «Darum kamen Sie mir gleich
so bekannt vor. Jch habe Jhr Bild
vor einigen Tagen in einem illustrier
ten Journal gesehen, Mr. Jenkins,
kurz nach Ihrer Ausbreing des Do
lumentendiebstahli. Ich sreue mich,
den berühmten amerikanischen Deter
tiv in meinem Hause zu sehen. Nun,
da Sie ja gewissermaßen zur Polizei
gehören. will ich Jhnen zur Verfü
gung stehen· Also, was möchten Sie
wissen?"
»Jch würde,« antwortete Jenlins,
»gern einmal mit Frau Geheimrat
Forsting persönlich ein paar Worte
sprechen. Natürlich in Jhrer Gegen
wart, Herr Professor-«
Der Chesarzt drückte aus den
Knopf des HaujtelephonL Herr Dr.
Lot) möge mit Frau Geheimrat For
sting herübertcmmen.«
»Es handelt sich,« wandte sich der
Professor wieder an Jenting, »hier
urspriinglich um einen Fall von
Itrieggpfychofr. Allgemeine neroiise
Uebetreiztheit, hervorgerufen durch
den Ausbruch der- Krieges, in Ver
bindung mit der Einberufung desc
Gatten. verstärkt durch das Gefühl
Lder Verlassenheit, vielleicht der per
fiönlichen Gefahr. Durch ein astlinia
stischeo Leiden haben sich diese Dinge
lin den letzten Tagen noch iugespiszt.
sDazu die niederschmetternbe Nachricht
sootn Jode des Gatten nnd, toas al
llem andern die Krone aufsetzte, dieser
lgelieimniovolle Besuch des Gatten
beim Arzt — — des Gatten der am
Morgen ber- gleichen Tages-, m libr,
Jason tot war. Dies alles hat die
lDame in einen Zustand oerfetzt, der
Mehr als bedenklich zu nennen ist.
herr Tr. Loh, ein sehr tüchtigen ge
.tvissenhaiter Arzt, hat mir ein bis
ins lleinste detailliertes Krankheits
bild in dieser seltsamen Sache zus»
famtnengestellt. Danach ist über die»
Gefährlichkeit des Zustandes ders
Frau Regierungsrat Iorsting leider
kein Zweifel möglich-"
Jn diesem Augenblick klopfte es an
die Tür.
»Noch eins,« sagte Mr Jenlinb.
»Ich bitte Sie, inich den Herrschaften
als Mr. MacDonald vorzustellen. Es
würde Frau Forsting unnötig erre
gen, wenn sie meinen Namen hört,
und mach errn Dr. Lov könnte es
vielleicht be angen machen.«
Aus das energische »herein!« del
Chefarztes trat ein dunkelhaariger,
jüngere- heer ein, gefolgt von einer
Dame« die in der Mitte der Vierzig
stehen in te. Die stattliche Gestalt
war einfa , aber mit einer gewissen
til-treten leganz gekleidet; das Ge
sicht toor von Sorgen vurchsutcht
nnd stach in seiner stiisse kaum von
dem weign hast ad, das ei um
ralnntez e Augen hatten einen flat
ternden Stank » s
Der Assistenzarzt war ein bitt-schee
schlanker Mann rnit sansten, irr-gu
nen Augen. Er wars einen has-n
Blick arg Mr. Jenlins und T dann
seinen hes sragend an. Di er stellte
»denn MaeDonald ans While-del
phia« der Frau Regierungsrat Far
sting und Herrn Dr. Loy vor. «Mr.
MaeDonald interessiert sich sehr siir
Jhren Fall, gnädige Frau," sagte er.
»Er toiirde gern einiges darüber hö
ren; namentlich auch über den Vor
fall von heute vormittag. Vielleicht
erzählen Sie das Erleonis selbst,
-gniidige Frau. Sie sind, urn es lurz
zu resiiniieren. der Meinung, Jhren
JGatten heute vormittag leibhaftig ge-»
Hsehen zu haben?«
Die Patientin fuhr sich mit der!
Hand iiver die Schlafen, blickte einen«
Augenblick traurig vor sich nieder und
sagte dann mit leiser Stimme:
»Ja, Herr Professor. Ich habe mich
nicht getäuscht. Bestimmt nicht. Es
war mein Mann. Nicht nur. daß ich
natürlich die Gestalt und das Ge
sicht erkannte-« der variiberschreitende
Ossizier hatte auch einen charakteri
stischen Ansatz der rechten Fußes, der
meinem Manne eigen ist.«
»Und wo haben Sie ilm erblickt?«
Atlas meinem Spaziergang. Jch
ging mit Herrn Dr. Loh heute vor
mittag durch den Part. Wir kommen
an eine Stelle. an der sich die Wege
trenzen Plötzlich kommt, auf einen
Stock gestützt von links ein Offizier
langsam daher und treuzt meinen
Weg. Jch verfolgte mit wachsendem
Erstaunen die mir wohlbekannte Ge:
ftalt. Auf einmal, eden als er an
mir vorübergegangen ist« wendet der
Lffizier den Kon und fchaut mich
an; mit Augen, die glafig und über
irdifch ans einem totenbleichen Gesicht
leuchten. Der Schrei bleibt mit in
der stehle stecken; der dort geht ift
mein Mann! Während meine Augen
auf feinem Gesicht umherirren, fallen
sie auf einen feuerrotes Wundmal an
feiner linten Schlafe. Jch will auf
die Erscheinung losftiirzem da halt
mich De. Loh am Arm feft. »Wohin
wollen Sieg-« fragte er. »Wohin ich
willi« frage ich erstaunt »Sehen Sie
denn nicht den Offizier dort? Das
ift mein Mann!« ,,Wo5« fragte er
verwundert und sieht mit leeren
Blicken in der Richtung, die ihm mein
ausgestreckter Arm zeigt. ,,Sehen Sie
denn nicht den Offizier dortt Der
dort langsam hinaufsteigt in der
rechten Hand einen braunen Krück
floet?«« Da anttvortet mir Herr Dr.
Lon mit einer Stimme, aus der ich
tiefes Mitleid, tranerndes Mitleid
höre: »Gniidige Fran, da geht tein
Offizier. Weder ein Offizier noch
fonft ein Mensch.'·
Dr. Loh taufchte einen verständ
nisinninen Blick mit feinem Chef und
mnrnielte ein paar lateinifche Worte.
»Ich dante Ihnen, gnädige Fean,«
fagte Mr. Jentins und erhob sich.
»Und nun dente ich: Wir haben Sie
fchon ein wenig reichlich in Anspruch
genommen. Sie werden recht erschöpft
fein. Nochmalg herzliche-i Dant, Frau
Iorfting.«
Damit wandte sich Dr. Lon mit
seiner Patientin zur Tür. »Sie lern
men wohl noch einmal zurück, Herr
Kollege!« bat der Professor seinen
Assistenten. Dieser machte eine tlesne
Verbeugung und war im nächsten
Augenblick mit Frau Forstina ver
schwanden.
»Und Jlsre Meinung?« fragte
Jentino den Professor, als die lsecden
allein waren. »Sie halten die Ta
men siie irrsinnig?"
»Auf alle Fälle,« antwortete Pto
sessor Racot, »mus; ich an einen be
gin-senden Jrrsinn glauben Denn die
Snniptonie sind unnachweiohar und
uiioerlennbar.«
,,Gestatten Sie eine weitere Frage,
Herr Professor. Hat die Dame Ver
niögens«
Der Arzt sit-Ute, sal) Jenling mit
einem schnellen Blick an und sagte
dann lächelnd: »Nein, Mr. Jeiitins.
Jhre lriminellen Bedenken » falls
Sie solche haben sollten —- sind hier
unbegriindet. Die Dame hat nichts
als Ehre bescheidene Pension, die na
türlich mit ihrem Tode aufhört. Sie
hat keinen Feind, sie ist im Gegenteil
überall als eine harmlose und beschei
dene Frau beliebt.«
»Mit die Dame Verwandie?«
»Sie hat einen Bruder, der vor
vielen Jahren nach Siidanserika aus
gewandext und dort verschollen ist
Auszerdeni let-i hier in Berlin ein
Bruder ihres Mannes als Reniier.
Er ist mik Frau Forsiing besreundet
nnd skand ihr in letzter Zeit, da sein
Bruder —- ihr Mann —-- abwesend
isi, sehr zur Seiie.«
Ein Klopfen an der Tür, ein lan
ieö «Herein!«, Dr. Lol) kam zurück.
»Nun, Herr Kollege," tvandie sich
Professor Raeoi decn Einitelenden
entgegen, »wir denken Sie über Frau
Fotsiings Zustand?«
Der Arzt warf einen fragend-n
Blick aus Jenkins und sah dann sei
nen Chef an. Dieser neigte ermatt
qend den Kopf. »Herr Professor,«
sagte Dr. Loh leise, »ich muß Jhnen
gestehen: ich süechie, eine Kaiasirophe
kann jeden Augenblick eintreten. Die
Nerven der Patieniin sind aufs äu
ßersie gereizt. Noch eine solche Holla
zinaiion —- und...ich fürchte, eine
iledersiihtung ins Jrrenhaus«. . . In
diesem Augenblick gellie ein fürchter
licher Schrei durch das haus, ein
Schrei der Angst, der die Lust siirmi
TM
Uch durchschnitt Das Rennen eine-l
Menschen« der · in Todesangst seinI
mußte, kam über den langen Rossi-«
dot. Jm nächsten Augenblick tot-edel
die Tür ausgerissen und bleich,
mit verzerrten Zügen und weit geöff
neten Augen, in denen eine namenlosJ
Angst fiebeete, stürzte Frau Fokieingsi
Krankenschwester ihrer Patienåin nachJ
»Was gibt es, Schwester Motiacks
Der Professor sah fragend die Schwe-l
ster an, die totcnbleich und atemlos
vor ihm stand·
Die Schwester schöpfte ein paar-"
inal keuchend Ateni nnd sagte dann
bebend: »Frau Forfting hat eine neie
Erscheinung gehabt. Jch liatte sie ei
nen Augenblick verlassen. Da höre sch
einen Schrei, eile zurück und treffe
Frau Forsting schon auf dem sit-eri
dvr, mit der zitternden Rechten zit
riickdIiitenin »Mein Mann, mein
Mann! Dort! Dort ist er eben er
schienen!«
Jetzt richteten sich alle Blicke auf
Frau Forsting, die langsam die Au
gen aufschlug und verwirrt uni sich
blickte. »Ist das ivahri« fragte Der
Chefarzt mit leiser Stimme, aus der
"e5 fast wie ein leichter Vorwurf
klang, »Sie haben eben wieder Ih
lreii Gatten gesehen?«
Die Gefragte sprang plötzlich anf,
blictte die Bersaniinelten verwirrt an
und schrie dann laut: »Er war est
Jch habe ihn gesehen, Herr Professor.
Jch habe ihn gesehen! Lln nieinem
Fenster ist er eben erschienen! Mit
einer blutigen Wunde in der linken
Schläfe.«
Die beiden Aerzte wechselten einen
Blick nnd sahen dann nus Mr. Jen
tins, der stumm vor fich niedersieh.
»Schwesier Maria," sagte der Chef
arzt nach einer Pause, »Sie haben
Ihre Pflicht versäumt. Sie dürfen
Jhre Pflegebefohlene nicht allein las
sen.·. Beruhigen Sie sich, Frau
Forsling Hier, nehmen Sie etwas
Brom. Danach werden Sie gut schla
fen. Und morgen früh werben wir
weiter reden. Schwester Maria brin
gen Sie Jhre Patieiilin wieder aiii
ihr Ziminer.«
Die beiden Frauen verliessen das
Zimmer· Und plötzlich drang ein selt
samer, «rührender Ton durch die
Räume: die Aengste und Schmerzen
der bedauernswerten Frau haiien sich
in einem unaufhaltsanieii, hilfloscn,
trostlosen Weinen ausgelöst.
Mr. Jenlins erhob sich. »Ich teilt
gehen, Herr Professor. Ich daiite Ili
iien, meine Herren. Sie haben nieirien
Erfahrungsschalz uni einen wertvoll-n
Beitrag aus der Geschichte menschli
cher Leiden und menschlicher Tragilj
bereichert.« J
Joe Jenlins ging nachdenklich den»
las-gen Parlrveg hinunter, der zwi
schen dunklen Tannen hindurch zum
Tor des Saniloriumparks siihrte.
Und je mehr et sich dem Ausgang
näherte, desto mehr verfinsterte sich
sein Gesicht. Plötzlich stutzte er. Jn?
einem Seitengebüsch lnnate eg; im:
nächsten Augenblick löste sich aus dem.
Dickicht eine menschliche Gestalt, eines
Hand faßte die seinige, und eine zit-’
ternde Stimme ries in beschwörrndemi
Tone
»Retten Sie Frau Forsting Mr.
Jeniins!«
Eben wollte er etwas erlniedeeml
als die Hand ihn losließ; ebenso!
schnell, wie sie gelominen warJ
schliipste die Gestalt in die Büsclze zu-»
rück, und nur im Vorbeihuschen wun-s
te der Detettiv einen Blick aus dass
Gesicht und das Alcid der Enteilews
i
den werfen. Es war Schwester Ma
ria. --— — ---
Drei Tage später lns man in den!
Berliner Blättern folgende Notiz:i
»Frau Regierungsrat Forsting von»
deren aussehenerregenden Erleunissens
hier wiederholt berichtet wurde, ists
siir unheilbgr geisteglrant besundens
worden. Die Bedauern-stockte ist da
her gestern in eine hiesige Jrrenan
stalt übergesiihrt worden. Der Fall
ist um so trauriger, als soeben dies
Nachricht eintrisst, daß die Daniel
Erbin eines großen Vermögens ge
worden ist, das ihr durch den Tod
ihres einzigen Bruder-.- zugesallen ist,
der in Siidarnerita ungeheure Wal
dungen besaß. Zum Verwalter ihres
Vermögens ist der Bruder ihres ver
storbenen Gatten, der Rentier Amon
dus Forsting, ernannt worden«
Das Fionzil des «.’lerzie, das über
das weitere Schicksal ber Frau For
siing beraten sollte, tagte im Sit
zungszimmer des Tr. Siellemanm
schen Jtrenhailfes, Den Vorsitz führte
Dr. Stellemann persönlich, ihm zur
Seite saß sein Assifleni Dr. Holler,
iein noch ziemlich junger, aber sehr
bedeutender Spezialist fiir Nervenlei
ben, ben Dr. Stellemann mit großer
Auszeichnung behanbclir. An den bei
»den Längfeiten des Tisches hatten
zProfessor Racot und Dr. Loh Platz
Jgenommen Nachdem die geheime
Konserenz beendet war, hatte man
Frau Forsting hereingerufen, die nun
in einem bequemen Fauieuih vom
Licht der Lampen voll bestrahlt, der
Unierrebung beim-ahnte —- Dr. Loy
hatt soeben feinen instruliiben Vor
trag beendet. Sein Chef Dr. Racol
hatte den Ausführungen mit sichtli
chem Stolz sage-hört und mehrere
Male anerkennenb genickt Auch ber
Jerenhaucbireiior lächelte zustim
mend und blickte seinen Assisienten
Dr. Holler fragend an. Dieser erhob
sich nach einer Weile unb begann:
»Ich danke Ihnen, Heer Dr. Lon,
für das ausführliche und snschauliche
Referat, das Sie uns gegeben habens
Mein Chef, Herr Direktor Dr. Stel
lemann. hat diesen Fall in meine
hände gelegt, und ich soll die Pati
entin weiter obfetvieun und behan
deln —- soweit sich hiervon ein Erfolg
erwarten läßt«
Profe ssor Racot warf einen bedenk
lichen Blick auf Frau Foksting, die in
ihrem Sessel lehnte und den Worten
des Vortragenden mit Aufmerksam
seit folgte.
Dr. Holler fuhr fort: »Wenn ich
J
richtig verstanden habe, haben sich
also die Erscheinungen vier-« oder
stinsraal wiederholt, und zwar tsat
die Dame ihren verstorbenen Gatten
jedesmal init dem Wand-mal in der
linten Schläfe erblickt, also in einem
Zustande, in dem sie ihn selbst nie
gesehen hat. Nicht wahr, Frau For
sting, so war es dacht«
Hier stand Professor Racot, nach
dem er sich leise mit Dr. Loy unter
halten hatte, aus nnd sagte mit einem
Blick ans Frau Forsting in warnen
detn Ten: »Ich weiß wirklich nicht
recht, Herr Kollege, ob es ratsam ist
. . in Gegenwart der Patientin.
diese Dinge« ..
Dr· Holler machte eine begnügen
Handbewegnng nnd sagte dann: »Ich
spreche in einer bestimmten Absicht —
Sie werden gleich sehen, in welcher-.
Lassen wir die Patientin hier. Ich
bin gleich zu Ende. Also,« wandte er
sich nunmehr an Dr. Lots, ,,es gibt
zwei Möglichkeiten: Frau Forsting
hat die von Jhnen anschaulich be
schriebenen Haltnzinationen gehabt
HDag steht außer Frage. Nach Jhrer
Meinung folgt daraus-, daß sie wahn
ssinnig itt Nicht tvalsr?' s
l Der Assistenzarzt blickte ein wenig
erstaunt aus ten Sprechenden nnd
sagte trocken: »Selbstverst«andlich,
Herr DottorA
,,Jiun. " fuhr Dr. Haller fort, »da
ben Sie selbst aber die gleiche Er
scheinuag gehabt wie Frau Forstingr
Sie haben, nach Ihren Angaben, den
Ossizier mit der ««-tisläsenn-nnde also
die Erscheinung des Hauptmotian
Forsting in Jltsrer Wohnung gese
hen, und zwar nach seinem Tode.
Der Ossizier tam zu Ihnen, um Sie
aufzufordern, seiner Frau Hilse zu
leisten. Wie erklären Sie sich dies,
Herr Dr. Lots?«
Der Gefragte zog die Brauen zu
fammen, zuckte die Achseln und sagte:
»Daer vermag ich natiirlich eine Er
tlärung nicht zu geben. Zumal ich.
troy dieses nnertlärlichen Vorfalls,
an Spiritiomus nicht glaube.«
»Sie werden das eine lzugeben: es
ist unlogifch, daß Ioenn Sie und
Jhre Patientin die gleiche Erschei
nung gehabt haben -- daf; dann der
eine normal und der andere man
nig fein foll. Es gibt, loie ich schon
bemerkte, nur zwei Möglichteiten:
entweder die Erscheinung des toten
Ofsiziers war in der Tat eine Hal
luzination, dann sind Sie beide irr
sinnig, Sie und Frau Forfting«
Hier machte Dr. Haller eine Pause-,
und alles blickte mit unverhohlenein
Argwohn aus Tr. Loh, der bleich,
mit halbzngetniffenen Lidern, dafasz
und den Sprechenden anstierte. »Oder
aber, die Erscheinung lonr eine reale
—— dann, Herr Tr. Loy -- dann sind
Sie —-- ein Schuft·«
Die Wirkung dieser Worte Inar
eine unbeschreibliche. Die drei Her
ren waren aufgefprungen, Professor
Raeot war mit zwei Schritten aus
Dr. Floy zugegangen und stellte sich
vor ihn hin, als ob er von ihm Re
chenschaft fordert. ifden wollte Dr.
Lon zu reden anfangen. Tiefe Stille
trat ein; da geschah etwas Unentw
tetes. Wie von unsichtbarer Hand ge
trieben, öffnete sich die Tür, und in
ihrem Rahmen stand die Gestalt ei
nes Lffiiiers, bleich auf einen mildt
stoct gestützt, mit einer blutigen
Wunde in der linken Schläfe
Mit einem Schrei suhr Frau For
sting empor, deutete mit der zittern
den Hand ans Die Erscheinung und
schrie: »Da ist er! Da ist er!" Tr.
Lor) stand in gebracht-net Haltung
aus die Tischlante gestutzt nnd stierte
auf den Ossizier im Tiirrahmen
»Nun, Herr Doktors-« wandte sich
Dr. Haller lächelnd an den Assisteiiz
arzt, »sind wir nun alle wahnsinnig-?
Denn ich glaube. meine Herren, Sie,
Herr Professor Baron und Sie, Herr
Direktor Stellemann sehen die Er
scheinung ebenfalls ganz deutlich!«
Profeser Racot aber wandte sich
langsam zu seinem Assistenten herum
mit einem Blick, in dem eine siirchtcr
liche Drohung lag.
Dr. Haltet ging langsam ans die
Erscheinung zu und zog sie ins Zim
mer. Erst jetzt wurden zwei Männers
sichtbar-, die rechts und lintg der Tür?
von aussen Posto gefaßt zu habeni
schienen.
Dr. Holler schloß die Tiir und
sagte: »Sie gestatten wohl, Herr
Geist, daß ich Sie ein wenig ver
menschliche? Damit sieh diese Herr
schasten nicht weiter vor Ihnen sijrch
ten!... Gestatten Sie!«... Damit
nahm et vom Schreibtisch einen
feuchten Briefmartenschwamnn näher
te sich dein Ossizier und fuhr ihm
damit über das Wundnial an der
Schlafe. Zum Erstaunen der Zu
schauenden schwand die rote Farbe
augenblicklich unter der Einwirkung
des Schwammes, und ebenso waren
die Furchen im Gesicht der Erschei
nung im nächsten Augenblick sek
fchtvunden. Darauf riß Dr. Hasses
der Erscheinung die Miise herunter
und gleichzeitig eine Art Periicte und
fragte darauf Frau Forfting:
»Kennen Sie diesen Mann?«
Frau Forfting hatte mit weit auf
gekiffenen Augen die Maniputation
des Arztes verfolgt. Auf feine Auf
forderung erhob fie fich, ging drei
Schritte auf den Entlarvten zu und
sagte mit zitternd-er Stimme:
»Ja, ich kenne ihn. Es ift Amon
dng Forfting mein Schivager, der
Bruder meiueo Mannes.«
»Es freut mich,«' antwortete Dr.
Hallen »daß Sie so fcharf und iiitfl
denlen und erkennen. Beweift es nur
doch daß Sie normal und im Besitz
Jifrer vollen Geistesträfie find. Leg-ja
inuffen nämlich wissen, meine Her
ren. Dieser wiirdiae Herr wußte
schon siit Wochen von dem Tode des
Bruders der Frau Forftiag und von
dem ihr zugefallenen Vermögen Er
lia. nun den Plan gefaßt, fich diefeS
Vermögens zu bemächtigen, und rech
nete darauf, mit einer fchwachen, tier
vsisen Frau ein leichtes Spiel zu na
tsen Ein Zufall lain ihm zu Hilfe;
er erhielt die Nachricht vom Tode fei
nks Bruders früher als dessen Ehe
irau; die Abschrift des Telegrainnis,
die Sie hier sehen, ift inir von der
Post zur Verfügung gestellt worden.
kfsun hat er sich an feinen ehrenwer
ten Freund und Studiengenosfen Dr.
Los; gewandt, einen vertrachten Stu
denten, der im übrigen nichts weniger
;als.- ein Doktor ist —- ein Kapite»
idac die Behörde noch gesondert be
schäftigen wird. Die beiden haben
nun zusammen einen menschenfreund
lichen Plan ausgeheelt »Mord«, so
taltulierten sie, ,,ist immerhin eine
riElante Sache, denn sie tann den
Zions kosten. Einen Menschen dagegen
langsam, aber sicher in den Just-m
treiben —- dag siihrt zu genau dem
gleichen Ziel; nämlich zum bürgerli
chen und rechtlichen Tod des Betref
seitden, ist dabei absr ganz ungeseiht
lich denn es tommt nicht herau5.«
Mit tser Feststellung des Jersinue bei
Frau Forsling lvar notwendig ihre
ll .miindigteitgerttiirung verbunden.
Verwalter ihres Veriiiögens, also der
iln zugesallenen Erbschaft, wurde
alsdann ihr Schwager, der würdige
Herr Aniandus Forsting. Nach eini-.
get weiteren Halluzinationen — die
wirren sicher eingetreten ——- war rnit
zieirlicher Sicherheit der Tod der be
darxernslrerteu ,,Jrrsinnigen« zu er
Iinnten — dasiir hätte ein so tüchti-v
ch--- Arzt wie Herr Dr. Loh schon ge
sorgt — nnd dann war Herr Amon
iir:s- Forsting im Besitz des Vermö
gens seiner tichioägerin denn weitere
Verwandte hat die Dame nicht
Itun Herr Forstiug hat seine Rolle
als Geist sein-. g Bruders nicht schlecht
gespielt; dies siel ihm aber um so
leist«ter, als er seinem Bruder sehr
hhnlich sieht. Herr Dr. Loh hat ihm
.xe·ehielt assistiert. Er hat seine Blicke
setecsmal verständnislos »in-s Leere«
sanueisen lassen nnd mit der untchuli
csi s«en lJlliene von der Welt ertlart,
er sahe keinen Ossizier; in Wirllt ch
teil hat er ihn natürlich genau so gut
gesehen, wie wir alle ihn jetzt erbitt
iesc. Der »Geist« ist dann jedesmal
binter einein Gebüsch »Vetschrounden«.
ti» ist Frau Forsting ansgesallen,
dass sie die Erscheinung zwar sehen,
aber nicht hören konnte; die-H erklärt
sias dadurch, das-, die Erscheinung von
de. praktischen Erfindung der Guin
miiuhlen Gebrauch gemacht hat. Diese
Otii.!riiiisohlen, deren gitterartiaen
Vlidrnit ich im Sande des Pakt-H
sand, hat-en mich überhaupt zuerst
aus die richtige Fährte gebracht. Er
bat nun seinen Chef, Herrn Profes
sci Z!;’a-:ot, inslecnatisch iibcr den Uns-·
nand der Frau Forsting ge: änscht,
iizisem er ihm planmäng ein falsch eH
strinthcitcslild entworsen hat.«
Hier driieiie Tr. Holler ans einen
Jili:euf, die beiden Männer erschienen,
und Tr. Haller sagte, zu ihnen gr
mindet:»c»1iermit iiiergebe ich Ihnen
Herrn Dr. Loh und Herrn Amandnö
fis-sinnig alci Vlrreitrniten.«
Llum tslictte Tr. Hauer Frau For-«
stiin an nnd inate in freundlichem
Zwiz »Wie mir Herr Direktor Dr.
Seite-nimm eröffnet sind Sie frei,
gniidiqe Frau Mein Automobii steht
vor dck Tiir; ich werde die Ehre
i)»ten, Sie ielift in Ihre Wohin-gis
zu geleiten«
Teils bewundernd, teils voll Jn
griinm schaute jetzt alles auf diesen
jungen Arzt. Dr. Lot) mochte eine
Liewegung auf ils-n zu, wurde aber
im nächsten Augenblick zuriiägerissen
»Wer...sind...Sie«-.J« sagte er hei
ter, die Augen starr auf Dr. Hauer
aeiichteL Dieser lächelte. ,,Jl)re Frage
beweist mik, daß Sie in meine Per
son einige Zweifel setzen. Nun. Sie
haben nicht unrecht.« Hiermit riß er
Bett und Brille herunter. »Mein Na
me ist Joe JenlinsI«
s.
—- GegeiibeweiH. Tochter
»Der Doktor meinte heute, ich folne
Ldoch noch Gefnngstunden nehinen!«
» Mutter: »Was-, nnd da glaubst
Du noch immer, er hätte Absichten
auf Dieb«-"'
—- Ein Schwetenöter.
»Sie werden doch die Partie mit
tnnchen, Herr Leutnnnt es wird
sehr schön werden«
»Selbstveeftöndiich, Gnädigste. schä
ne Partie zu machen, isi Leutmme
nie abgeneigt. (