Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 27, 1914, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Nebraska
Staats-» Ankeigegr uncd II serold.
Ost-a ndJoJl ,cr.Nb ,Frc ,rnd 27.Mi
i
sie leite soffs-ask
seiegdfklzze von Elfe Qraffk
Sie hatten fich alle freiwillig zu
diefem Pairoiiislenriii gegen den
Feind gemeldet. Woran Graf heim-,
als Oberleuina t der Refeeve, der
am Tage vor-ex die Nachricht vorn
Tode feiner beiden Brüder im Felde
bekommen und nun dei- Letzte feines
Stammes war, dann die beiden Ein
jiihrigen, die Berliner, die in jeder
noch fo fchwierigen nnd gefahrvollen
Lage immer ihre faulen Witze zur
Verfügung hatten, und die zwei bar
iigen Referviftem würdige Familien
viiier, die wenig sprachen, avet dafür
einen dein größeren Grimm auf die
frechen Angreifer halten, die fie von
Weib und Kind getrenni.
Jm erfien Morgengrauen riiieni
die fünf vom äußeifien ort detJ
rhrinifchen Festung niefttoarls der»
Grenze ntgegen, um in den fchier
nndurch riiiglichen Wäldern des El-;
faß den Feind zu sichten, um endlich
die Offensive ergreifen zu tdnnen.
Die Pferde gingen ruhig, sicher
und leicht . . . felten, daß ihre Hilfe
motfchej Holzwerl oder im Wege lie
gende Steine trafen, es war beinahe
fo, als ob der Wille der Reiter, mag
licyfi geräufchlos und unauffällig
ostwärts zu kommen, den Tieren
suggeriert wurde. Rein Wiedern oder
Schnauben störte die tiefe Stelle
ringsum, das erste Lachen und Scher
sen der Reiter, als man noch im Be
reich der Foru- war, wich mit der
Zeit atemloser Spannung. und nur
die Bügel tümmerten sich nicht um
Krieg und Gefahr und öubilierten
immer ftärter und machtvo er in den
erwachenden Tag hinein.
Gras holms roar wohl schon im
mer ein Schweigsamer gewesen. Die
beiden jüngeren Brüder-, die ihr Le
den als Gardeoffiziere in Berlin
sonst sehr leicht und vergnügtich nah
men. begriffen oft den Aeltesten, den
Maioratierbem nicht. «den Bauern«,
wie fie ihn nannten. Jrn Sommer
wie im Winter saß er auf feiner
» Schalle. pflichttreu bestrebt, den Bo
den der Väter von Jahr zu Jahr
fruchtbarer zu machen, um die Schul
den der jungen, lachzenden Brüder da
draußen standesgemafr zu bezahlen» .
Ilun lachten sie nicht mehr . . . die
beiden frohen Jungen eines frohen,
im Giüasrausak des Lebens jäh ver
fchiedenen Vaters . . . ihr muting
Soldatentod glich jede Schuld aus,
machte allen Leichtsinn gut, sie waren
auf dein Felde der Ehre gefallen, die
se beiden Holms, treu ihrem Kaijer
und dem Wahlspruch des haulee
»Dein Freunde Ehr’ und dem Feinde
Wehr«. . . .
Karl-being war der letzte seines
Stammes . «- .
Er ritt im tiefen Sinnen neben
den Kameraden über den weichen
Waldhoden.
Die Sonne sah er auf grünen
Tannenzweigen bligem schillernde
Käfer, genau so bunt und froh wie
daheim in seinem Walde, huschten
durch das Geäsi, hier und da Herbst
laud in Rot und Gold . . . und
Becken . . . ganze Büfche leuchtender
Beeren an den Zweigen ringsum.
hatte er die nicht gestern erst ge
pflückt, dick, fauftdick zum Strauß,
und auf vertrauten. heimischen We
gen in ein Haus gebracht, in dem sich
Frauenarme nach ihm ausstreckiem
ein süßer Mund ihm entgegen
fauchzte: »Karl-Heins, wie ich dich
liebe...liebe...liebe.«...
Sein Haus . . . das alte Haus
derer von Holms, mit den grauen,
Wügten Steinen, die ein hundert
jiihtiger Eer treu und freundlich
umfpowiem mtt der großen, breiten
Terrosse und der Freitreppe, die feine»
Brüder fast ein Jahr nicht mehr besH
schritten hatten, weil die herein die-l
fes Hauses ihnen nicht ehenviiktig ek-!
schienen, well ihre Wiege in keinem
Grafenschlofz gestanden, sondern nurx
im lieben, deutschen heimattvalde, ein’
Förfterlind . . · »Maria . . . heiho!«
Das Pferd unter dem ftillen Reiter
hob unruhig den Kopf.
Ein Zucken und Zeiten ivat eben
aus den Fäusten gekommen, die sonst
To eegloium Zügel lagen. Beinahe
ists ein stummer Schrei brennender
Sein-sucht . . .
Sekhft die anderm vier Gäule
wandten die Köpfe zu ihrem iihrer,
und ihre Reiter starrten einen ugens
blies in das verfchlossene Gesicht un
ter dem an den Schläfen so friih er
grautem haar.
»Achtung, here Graf,« sliisterte
der eine, der hörtige diesen-einsam
indem er den Arm gegen das sich
Hur-senkte Pferd neben ihm hob, »wir
fettten zu fehr links gegen die Ort-l
Osten. wo man uns verraten(
Könnte, . . . wie müssest tiefer in den
Wald nach rechts.«. . . »
Mel-Deine hatte lchon gedreht»
i
l
Sein Pserd wurde wieder ruhiger,
und einer der Ein ährigen. der, mit
einem Glase be snet, vom Gaul
gesprungen war, um aus dem ersten
besten hohen Baume Augschau nach
dem Feinde zu halten, sprengte wie
der vor und meldete. daß nveit und
breit kein Franzosenbein zu sehen
wäre. Nur links ein paar friedliche
Dörser, und rechts Weidewiesen init
Schasherdem geradeaug aber Wald,
unermeßlich weiter Wald. . . .
So ritt mgn kenn schweigend
weiter, vorsichtig links und rechtz,
vorwärts und rückwärts spähend, je
höher die Sonne stieg.
Die große Spannung, das starke
Kraftgesühl der Männer wuchs von
Minute zu Minute-.
Furcht kannte teiner von ihnen.
Das eine, einzige Gefühl, das wie
Furcht aussah, war das, man könnte
nicht aus die Spur des Feindes sto
ßen und von dem Patrouillenritt er
folglos in das Fort zurückzukehren
Unwilltiirlich beschleunigte man
noch die lässige Gangart der Gäule,
um rascher vorwärts zu kommen.
Aber ins Träumen kam man doch
wieder. . . .
- »Mnria . . . heiho!«. . . .
Korliheinz saß plötzlich ganz ge
biictt in seinem Sattel.
Wo war sein Weil-, das er so un
erbittlich hart und schnell mit aller
Rot nnd allen Schmerzen allein ge
lassen? ·
Lag es immer noch so durchsichtig
blasz und müde aus dem Ruhebett,
das er eigenhändig in den heißen
Julitagen aus die breite Terrasse
iiber dem Parl getragen, damit sie
aus die letzten Rosen sehen konnte,
deren Dust sie so liebte, damit sie den
nahen Walddust einsog, an drnx sie
vom ersten Tage ihres Lebens an ge
wöhnt war? . . . Oder hatte ihr
zarter Körper im Uebermasz des Ab
schiedsschmerzes sie vollends aufs
Rranlenlager geworfen?
Die eine Nachricht, die er bisher
von ihr bekommen, verriet nichts,
nichts, was nur flüchtig mit Blei,
in ganz unleserlichen, zittrigen Buch
staben geschrieben: »Gott behiite dich,
Lieb er, Liebster«. . . .
«« aria . . ". heiho!«
Er hatte es am liebsten laut . . .
brausend laut hinausgeschrien in die
sen stillen Wald, der auch nicht das
gerigste davon verriet, ob Gefahr-,
Verrat in ihm aus der Latier lag.
Ganz genau so laut wie früher. als
Maria noch nicht sein war und er su
chend nach ihr durch die Tannen ge
jagt war und sein Rus im Echo
widerhallte bis zum Forsthauö.
Biil er sie gesunden und am her
zen hielt, das blonde, geliebte Mädel,
das ihn das Lachen wieder gelehrt,
das ihm Pslichten und Arbeit leicht
gemacht, und das ihm endlich, nach
langen Kämpfen und Protesten sei
ner Familie, in der Dorstirche als
treue-, eheliches Weib angetraut
wurde.
Monate höchster Seligkeit sah das
Gutshauj der Helms, das Glück ging
lachend "«um in den alten Räumen
und liimmerte sich nicht um den
Trog der jungen Sprossen da drau
ßen, die es um seiner lieblichen haus
srau willen mieden.
Bis Marias plöhliche, schwere
Krankheit lam, die ihre Mutterhosfi
nung zu vernichten drohte. Aber sie
genas . . . Wunderdinge schassten
die Aerzte an der zarten Frau, die
so tapfer und lächelnd alle Schmerzen
trug . . . tavser bis zu dem Augen
blick, da man ihn, um desseniwillen
sie in Schmerzen lächeln konnte, in
den- Krieg ries . . .
Ohnmächtig hob man sie am Gar
tentor auf und trug sie ins Haus
zurück, während er in feiner seid
grauen Uniform hinan-sein« zum
leßten Male zariictwintend nach der
regungstofen Frau. . . .
«Maria . . . heihoi Lebe . . .
um Gottes willen, lebe mit meinem
Kinde unter deinem herzen . . . ich
bin der leßte holrns, Maria . . .
der leßte«. . .
»Den Graf,« sagte warnend schon
wieder jemand neben ihm. . . .
Mit einem Ruck riß Karl-sein«
sein Pferd herum, das seitwärts in
eine Schonung hineinwollte.
Was war ihm denn heute? Wo
blieben feine feste hand und fein
Soldatenwillei Zum Träumen war
teine Zeit hier draußen, wahrhaftig
nicht. Krieg . . . Kampf . . . Ge
fahr . . ganze Männer forderte das!
»Meine nicht, Maria, aber ich darf
nicht an dich denken . . . sei start,
Maria!«
Jeßt saß er wieder aufrecht im
Sattel. Straff die Hand um den
Zügel, hart die Faqu am Gürtel, wo
der Revolver steckte. Am Wege lauer
te Verrat . . . faß der Tod . . . er
hatte es wahrhaftig vergessen auf die
sem Waldriit gegen den Feind. . . .
Einer der Kameraden war zurück
geblieben, saß schon wieder auf einem«
der Bäume, um Augschau zu hal
ten.
Nun sprengte er lautlos heran, die
sonst so hellen Augen dunkel vor Er
regung.
»Links,« sagte er heiser, »um Got
tes willen . . . links haltenl Der
ganze westliche Waloteil steckt voll
französischer Chasseure . . . das beste
ist, sofort umschioenken.«
Vier rissen ihre Pferde zurück, der
fünfte . . . Karl-Demz, glitt aus
dem Sattel und direkt vom Pferd den
nächsten Baum hinauf. Wie eine
Katze kletterte er an dem hohen
Stamm hoch.
Nach zwei Minuten saß er schon
wieder im Sattel und sprengte den
Kameraden nach.
Der Boden war hart, steinig . . .
die Pferdehufe hallten, und von ir
gendwo, nein . . . von allen Seiten
kam es Plötzlich surrend . . . pfei
fend . . . Kugeln . . . ein ganzer
sRegen französischer Kugeln . . . ein
ganzer Regen französischer Geschosse.
! Wie wild rasten die Pferde zurück
j. . . Karls einz als letzter. hinter,
ineben ihm chlug dag Blei in Moos
und Kraut, in rote Beetenbüsche und
goldgelbeg Laub . . . Heihol . . .
Maria . . . du wolltest für mich be
ten.«. . .
Jetzt klappten hufe da drüben «
kam wahrhaftig so ein Hallunke schon
seitwärts vor ihm durch die Tan
nenschonung . . . und da noch einer.
Mit ganz kaltem, klarem Auge
zielte der geübte Schilde . . . wie die
Puppen fielen sie in den grünen
Waldschosz. . . .
Jetzt war er nah vor den Kame
raden . . . holla . . .l)oppla . . .
einer der chlondem frischen Jungenl
war nicht mehr da. doch . . . er!
saß bei dem anderen im Sattel . .
da hatten die blauen Bohnen wahr-?
hastig schon einen der braven Gäulej
zerschossen . . . zuäend lag es mit
ten im Wege, das treue Tier . . . s
.Siss. schon wieder so ein
surrendes Ding, es machte schon bei-I
nahe Spaß, wie die treuz und auerf
in den Boden schlugen, es wurden
schon weniger, natürlich. die
Pferde jagten, als ob der Teufel hin-i
ter ilsnen her wäre. . . und der Ne
volver hatte noch eine Masse solcher
prachtvollen Schüsse in sich. . . .
Aber nun wußte man doch, wo er
war, der Feind, man wußte, man
tonnte vorgehen . . . endlich . . .
burra . . . ich lomme ja schon, Ka
meraden . . . die Hunde bleiben zu
rück . . . hört ihr . . . die feigen
Franzosenbundr. . .
»Maria . . . heihr.«. . . «
Karl-Heinz griff plötzlich an den
Kon und von dort nach der Schul
ter.
Jrgendwas tat da empfindlich weh.
Auch rann es plötzlich an feinem Kör
per nieder . . . seltsam heiß und
tlebrig . . . eine Schramme . . . das
macht nichts. . . . »Vorwärts . . .
lich tomme. .Kameraden.« . .
; Wie der Wald plötzlich aussah!
’Komisch! Alle Lichter wurden dun
tel. War es schon Abend . . . war
die Sonne schon so friih fort? .
Wie die Vögel sangen . . . laut . .
immer lauter . . . nein, das waren
’ nicht Vögel . . . Korn war das, gel
Jbes, rauschendeö Korn, erntereif, das
auf seinen Herrn wartete der es so
Höh im Stich gelassen. . . . Und da
? . . wahrhaftig, da ging eine blonde
IFrau den Weg zwischen Wiese und
Aehren entlang . . . singend . . .
lächelnd . . . winkend: »Katl-Heinz,»
Geliebter . . · der Mohn blüht . . .;
der rote Mohn.«. . . s
Alles roter Mobn . . . alles rot
»...rot...rot...Fl-ammen...
Iheiße, rote Flammen.
Er machte nur einen ganz tleinens
entsetzten Seitensprung, der rasendei
Gaul, als über ihm die feste HandJ
die er gewohnt war, aus den Zügeln
glitt. Mit leerem Sattel raste eri
weiter, vorbei an den anderen . . .
schaumbedeckt Gebiß Und Flanlen.
Einer der därtigen Refervemänner
risz sein Pferd gleichzeitig mit dem
anderen zurück, der noch allein im
Sattel faß.
Die französischen Kugeln schwirr
ten nicht mehr, der letzte Chasseur,
der sie derschossen, lag still da hinten
neben dern zuckenden deutschen Pferd
im Moose.
Ohne jedes Wort den die beiden
Reiter den bewußtlo en Grafen ein
por, legten ihn über den Sattel des
einen Pferdes und sprengten mit dem
Verwundeten den Weg um Fort zu
rück, ohne daß sie verfolgt wurden.
Ein schwerer, heißer Ritt . . . drei
Pferde und siinf Mann im wildesten
Galopp.
Aber et gelangt Noch ehe die
Sonne ganz herniedersant, war man
vor dem ersten deutschen Schützengrw
hen . . . gerettet . . . gerettet nach
erfolgreichem Potronillenritt.
Der sunae Einjöhrige, dem man
Aas Pferd unter dem Leib fortge
schossen. binlte lachend mit seinem
verstauchten Fuß voran . . . er und
sein Beschüser brachten zuerst die
Meldung von dem gesichteten Feind.
Dann latn der erste Reservemann...
der zweite...das Lachen, das laute
Hallo schwieg jäh. . . .
Der Graf war noch immer be
wußtlos. Blut am Kopf« Blut an
den händen, an dem grauen Tuch . ..
rinnendes, stetig rinnendes Blut.
Die Aerztr. die ihn verbanden,
blieben merkwürdig stumm, zuckten
mit den Achseln, als der General, der
Oberst und andere Offiziere sich um
diesen ersten Verwundeten im Fort
drängten. ! . .
»Der letzte holms,« sagte einer er
schüttert, als er in das stille, bleiche
Gesicht blickte . . . »der letzte von
dreien.«
Die Offiziere traten zurück . . .
der Verwundete hatte sich geregt und
weit . . . weit die Augen ausgeschla
gen.
Ob er das grausame Wort gehört-?
. . . Der letzte holms? . . . Riß es·
ihn noch einmal hoch aus den dunk
len Gesilden. in die er schon so tief
und lange geschaut? . . .
Die beiden Stabsiirzte traten vor,
und einer von ihnen schob unwirsch
einen laut jammernden, wie ein Kind
schluchzenden Soldaten beiseite, der
sich gegen das improvisierte Lager des
Grafen gedrängt.
»Es ist sein Bursche . . . lassen Sie
doch den Mann«. . . slüsterte einer
der Ossizierr. »Er läuft schon seit
wei Stunden mit einem Telegrannn
uchend nach seinem Herrn herum.«
Der Verwundete hielt noch immer
die Augen auf. Ein Suchen kam in
den Blick, ein Finden . . . die eine
verleyte Hand glitt über die Woll
decke . . . »Herr Oberleutnant,«
schluchzte der Bursche auf. »ertennen
tnich denn der Herr Oberleutnant
nicht?«. . .
" Karl-Heinz sah in das rote, über
ihn gebeugte Gesicht, sah die schwie
lige Faust, die ein Stück Papier um
tlammerte . . . nach dem der Arzt,
aufmerksam geworden, jetzt griff.
»Aber so lassen Sie doch endlich
h- 0 i o Mmfchzqo · ·
Der Bursche gehorchte und richtete
sich stramm hoch.
Aber sein herr sah das Stumm
stehen nicht mehr. Er sah etwas an
deres, örte etwas anderes, was seine
Lebens rast jäh verdoppette, feinen
Kopf tlar machte trotz aller Schwä
che und allem Blutverlust.
Der Arzt lächelte. Der samose
Mann liichelte mit dem ganzen brei
ten, guten Gesicht und streichelte die
suchende Hand, die nicht verletzt war.
»Ich gratuliere, Herr Graf . . .
sehen Sie mal, was ich sitt Sie aus
der Heimat habe. Ein Telegramm
für unseren tapferm Patrouillenrei
ter! Ein Sohn ist Jhnen geboren
. . . ein gesunder» kräftiger Knabe
hurra... hurra... huren, ein
junger, neuer Gras Holms.'«
Ob der Verwundete es gehört . . .
begriffen hattet
Er lag ganz still . · . die Augen
schon wieder halb geschlossen. Aber
ein Leuchten tain in das Gesicht . . .
ein Zacken und Sammeln um den
Mund: . . . »Ma . . . tia«. ..
Wie ein Jauchzen war das Wort
. wie ein Danten . . . alle, die
noch umherstanden, nahmen die Miit
zen ab, als sie es hisrten.
Die breite Brust hob sich . . . ein
tiefer Atemzug glitt über die geöff
neten Lippen, wie eine einzige, breite
Glückswelle slutete der vom Herzen
des todwunden Mannes hoch.««
«
,,.Ma ..ria. bei...ho.
Und nun ein Schuttern draußen
in der Lust. .ein Knattern, Brül
len und Brausen . . . die deutschen
Kanonen sangen ihr Lied nach We
sten hin gegen den Feind. . . .
Bei den sehernen, sieggewohnten
Klängen dieses Liedes starb Karl
heinz. Starb den Ehrentod fürs
Vaterland wie schon viele Helms
Jrgendwo aber draußen über wär
lischer Erde tündeten slatternde
Fahnen das frische Weiterbliihen des
alten- Grasengeschlechis derer von
holt-is. —- — —
—- P r otest· Gockelbauer: »Ha
haha — Gickelbaua, Du hasi an schö
na Rausch! Wie kannst D’ denn nur
in d’ Odelgrub’n einisall'n!«
Giclelbauer: »H11Pp — halt s
Mäu’! — hupp —— i bin da Bürger
woasta und iann einisall’n, wo i —
hupp — magi«
— O weh! A: Dein Meiee hät
te ich cm Ihrer Stelle nichts ge
pumpt denn von dem ist nichts wie
derzulriegen.
B.: Er hat mir sein Ehrenwort
verpfiindet.
A.: Nu ja. weiter hat er auch
nichts mehr zu vekpsändeni
sie Beherzt-lieu
Die Tragödie eines echnogels von
Julius Kreis, Aünchew
Es ist etwas unsagbar Nieder
trächtiges um Uebetzieher. —- Diese
Geschöpfe —- jawohl, ich sage Ge
schöpfe —- sind so voll Bosheit, Falsch
und Mißtrauen gegen ihren Träger
beseelt, als ob ihr Erzeuger in jede
Falte und Naht die Tiiae des Objekts
hineingebiigelt hjittr.
Jch habe so viel Traurigkeit und
Kümmernis an diesen Kreaturen er
lebt, daß der selige Htob ein Glück-Z
pilz gegen mich ist.
Hier meine Leidensgeschichtu
Die sanfte, ader etwas kühle Me
lancholie des heutigen Herbstes drang
mir zwar nicht recht tief in die Seele,
wohl’aber, in die Rase. —- Alles fließt!
—- Jedenfalls hatte jener griechische
Philosoph als er diese Weisheit von
sich gab, einen Schnuper im Auge,
d. h. natüriich in seinem Gesichts
erler.
Da nahm ich denn das- warme,
falsche Körpersuiteral, meinen neuen
Ueberzieher, aus dem Kasten und
hüllte mein fröstexndes Gebein in seine
Falten. —- Wie geborgen kam ich
mir vor. — Most-te nun Sturm und
Wetter drohen — ich war gewappnet·
— Und ich gewann ihn lieb, diesen
Ueberzieher und war auf dem be
sten Weg, ihm vor jedem Leihhaus
unverbrüchliche Ticue zu schwören
Er war ihrer wert, diese mild
äarierte Seele ron einem Ueberzie
,er. s-—
Und im Case? geschah dann die
Felonie, die ich Jhin nie verzeihe.
Während ich den siebzehnten Leit
crtitel über die politische Lage las
und infolgedessen etwas schleifte-un
ten erwachte, bemerkte ich, daß mein
Freund mit einem anderen gegangen
war, mit dem großen Unbeiannten.
Niemand wußte von etwas: das
fnristokratische Fräulein, das mir mit
sden Allüren einer Ex-Prinzefsin den
Kassee zu kredenzen pslegte, schüttelte
vornehm die Pariser Locken. Das
Wassermädel sagte abweisend und
mißtrauischt »J kab’ neaind g’sehng!
— Hain Sie denn oan ang’habt2«
— Der Piktolo nnd der Zigarenjcan
zuckten bedauernd die Achseln und ga
ben der Mutmaßung Ausdruck, daß
der Uebeirzieher Fedensalls abhanden
gekommen sei.
Der herr Direktor aber machte mirs
sanfte Vorwürfe und betonte ener-.
gisch, daß in sein-Im Lokal »so etwas«
nicht vorkomme: ·
Jch ging. — lind ließ in der Zei
tung das Jnserat vom Stapel: »Jener
Herr . . . und so weiter. . .da er er
tannt wurde-" —
Aber trotzdem er erkannt wurde,
hatte der Herr iie Unversrorenheit,
den Ueberzieher zu behalten. —
Voll Weltverdrossenheit wärmte
ich mich acht Tage lang mit Cognat
und erstand dann einen neuen lieber
zieher. —- Jch rann sagen, als ich
ibn acht Tage trug, hatte ich den alten
vergessen. Treue um Treue! Dieser
neue vereinigte alle Vorzüge eines
Uberziehers in sich, und ich saß wie
derum im Caf6 und begann eine Ode.
auf ihn zu dicht-n, gegen die Man-H
stock schlechterdingg nicht auftommens
konnte. s
Dabei beobachtete ich aber mit Ar-s
gnsbrillen meinen teuren Freund, der
in meiner nächsten Nähe hing. —
Diesmal war ich sicher. —- Ge
brannte Kinder siirchten das Feuer!-—
Soeben krönte ich meinen Lobge
sang mit einem himmelansiiirmenden
Vers aus die Treue der Germanen
im allgemeinen und aus die der
Ueberzieher im besonderen, da gabksi
mir einen Riß! —
....Jan)ohl! —- — Er ist’«s! —
Dort vorne wandelt er, mein alter
Ueberzieher, der Treulose, eng an
den Verführer geschmiegt. — Jch
kannte sein Karree von weitem.
Die alte Sehnsucht begann in mir
zu glimmen, zugleich das Gefühl der!
Rache und Vergeltung.
Der erkannte Herr....! — Jch
ging eilends aus ihn zu und ersuchte
ihn, einen Moment mit mir beiseite
gehen zu wollend
Der Gauner tat natürlich sehr
überrascht — das kennt man schont
—, aber mein energischeö Ersuchen
brachte ihn doch dazu.
Sie glauben nicht, wie srivol und
gemein mir dieser Mensch den Dieb
stahl wegleugneie. Er belegte mich
mit Schimpfworten gröblicher Natur
und schickte sich an, mir schlagend zu
beweisen, daß ich ein Lügner sei. —
Er schrie sehe hestig und ich konnte
ihm natürlich nicht nachstehen, wenn
ich meine Rechte geltend machen wollte.
Und ehe wir noch unseren Vorrat
an Verbnlinjurien erschöpft hatten,
standen um uns herum ein halbess
Ihuudekt Menschen und ich konstatiert
mit Befriedigung, daß die Mehrzahl
für mich Partei nahm. Und dann
erschien der Herr Direktor, wie im
mer verbindlich und mengte sich in
unseren Digput.
Der Schrei nach dem Schutzmann
wurde laut. — —
Und nach einer halben Minute
schlich ich blamiert bis in die Knochen
an meinen Platz zurück, durch eine
Gasse höhnischer Gesichter und dro
hender Gebärden; denn alle, die mir
zuvor zur Seite standen, waren nun
mit mir blamiert. —
Es war keineswegs eine Ver
trauenslundgebung für mich.
Der »erlannte Herr« hatte sich
durch Monogramm und Firmenauf
druck als rechtmäßige-: Eigentümer
des Ueberziehers legitimiert. —- Jch
hatte mich getäuscht. —- Sein Ueber
zieher war dem meinen nur etwas
ähnlich.
Voll Zerlnirschung stammelte ich
Entschuldigungen und steckte dafür
allerhand Anziiglichleiten von Seite
des »eriannten Herrn« ein.
Vernichtet sank ich auf meinen
Stuhl, zahlte, erhob mich wieder und
.. ja Himmel-Donnerwetter! —
Wo ist denn mein UeberzieherA —
Niemand wußte von nichts. Wäh
rend des vorhergegangenen Zwi-"tes
um den »ersten« war der »zwe-te«
verschwunden. —
» Mein Mißgeschick löste keineswegs
iTrauer, sondern viel Heiterkeit und
IUngläubigteit aus. — Alle standen
noch im Banne meiner Niederlage.
— Das Wassermädel sagte sehr be
stimmt: »Sie ham ja gar loan
g’habt!« —
Jch gab ihr im siedenden Zustand
einer Wutetstase einen Backenstreich,
der keineswegs als Zärtlichkeit miß
zuverstehen war.
Jemand rief nach dem Hauök —
—— diener und dann stand ich vor der
Tür und ein Schutzmann erkundigte
siich liebevoll nach meinen Persona
en....
Seitdem hasse ich jeden Ueberzieher.
deSfie können mir gestohlen wer
n..-..
Fliege me- epiemh
Eftinisches Märchen.
Jn alten Zeiten gab es auf Erden
nur einen König; dem waren nicht
nur die Menschen, sondern auch alle
Tiere untertan. Damals hatte man
noch kein Feuer und mußte nach
Sonnenuntergang im Dunkeln wei
len und frieren. Man wußte wohl,
daß in den Tiefen der Hölle Feuer
sei, aber niemand wagte es von dort
zu holen. Da versprach de: König,
daf; der, der ihm Feuer aus der Hölle
schaffen würde, mit seinen Kindern
und Kindes-lindern für ewige Zeiten
umsonst an allen Tischen sollte essen
dürfen, und niemand dürfe es ihm
wehren. Nun versuchten es viele, das
Feuer zu erlangen, fanden aber alle
dabei ihren Tad. Zuletzt ließ sich die
Spinne an ihrem Faden hinab, und
es gelang ihr, einen Brand zu ent
wenden und wieder die Qberwelt zu
erreichen. Dort schlief sie ermüdet ein. .
Die Fliege aber, die durch den Ge
ruch aufmerksam gemacht war, stahl
der Schläferin das Feuer, brachte es
dem König und erhielt urkundlich den
verheißenen Lohn. Die Spinne
suchte nach ihrem Erlvachen umsonst
das Feuer, niemand wollte ihr glau
ben, dasz sie es aus der Hölle gebracht
hatte, und auch der König wies sie ab,
da sie ihre Behauptung nicht beweiisn
konnte. Zuletzt versammelte sie alle
Spinnen und forderte sie, da mit ihr
auch alle iibrigen bestohlen und be
trogen seien, zu gemeinsamer Rache
an dem ganzen Fliegengefchlechte auf.
Sie beschlossen, Netz-. zu spinnen, alle
Fliegen darin zu fangen, und jeder,
die sie erwifchen würden, den Kon
abzubeißen. Das tun sie bis zum
heutigen Tage, aber die Fliegen ha
ben das Recht, an allen Herrentifchen
zu essen.
Dte altqriechlschen Tenno-wenige.
Die alten Griechen hatte-; bereits
im 8. vorchriftliclien Jahrhundert
Tempelvereine, Amphitttxpnim Die
berühmteste Aniphittyonie war die
pylische, die im Anfang des 6. Jahr
hunderts mit der delphifyen ver
schmolz. Diese aus mehreren Staa
ten bestehenden Vereine beschworen:
Jch will teine amphittyonische Stadt
zerstören, noch vorn fließenden Wasser
abschneiden, weder im Kriege noch
im Frieden; verletzt eine Gemeinde
diese Bestimmung, fo will ich gegen
sie zu Felde ziehen und ihre Städte
zerstören. — Daß diese alten Hei
den danach handelten, beweist das
Verfahren gegen Athen nach dem
furchtbaren Peloponnesischen Kriege.
Erst die Genfer Konvention ist nach
mehr als zwei Jahrtausenden zu die
sen Grundsätzen zurückgekehrt. :