Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 23, 1912, Zweiter Theil, Image 12

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    nn- see-w
o nn st.
ISW smth Sich hegt-Zell in alten
Vriesen —
Ist mürber Sei-de zärtlich noch um
schl
M its sie, wer-in längst kein Dru
V der Kommvde hast-per» nen Tie
en.
Den blossen Zügen. die vergilbend
schliefen-,
Moll ein Duft noch von Erinne
wogen
Iesichter tauchten aus« und lang ver
. · klun en
hört Stimmen ich, die remde Worte
riefen. . .
sen Gartentörchen zwei Verliebte lo
fen . .
Ein Braut-Neid rauscht »altmodisch«
Bei-neigen . . .
Im weitem Hausflur lärmt der Kinder
Wesen.
soll Sommerglück die Landen nnd voll
Rosen. . .
crstickt ein Aufschrei. . dann cin tiefes
Schweigen . .
In alten Wiesen hab' ich's heut’ ge
lesen. ..
Ein steif-sein
Novelle von Käthe Damm.
Das Jagddiner war zu Ende; die
en hatten sich zum ungestörten
uß ihrer Zigarten in das Zim
mer des Hausherrn zurückgezogen, die
Damen wollten,««bi3 auf Wiedersehen
beim Thre«, im Salon der hauifrau
»unter sich hleiben«.
Der Oberleutnant Michael von
Soldech der nach seiner vor vierzehn
Tagen erfolgten Rückkehr aus Süd
lpest-Afrita, wo er schon zum zweiten
Male gewesen war, noch Urlaub hat
te, ehe das Militär - Wochendlatt
ine Wiederanftellung in der Armee
deutschen Vaterlande meldete, war
der legte, der die band seiner Tante,
Idee behäbigen neuen haussrau aus
Kötningshoß küßte und sich vor den
Kousinen verbeugte. Die Damen
fanden den «Südwester« schweigsam
geworden, nnd wirklich, er mußte sich
erst im Vaterland wieder zurechtsin
den — besonders auf Körningshos.
Damals — ehe er fortging —- war
der reiche Qheim, der in der Groß
stadt Bankier war, noch Besitzer von
Körningshof gewesen. Das zu wer
den hatte ihn die ziemlich überrafchend
gekommene Vorliebe feiner Frau und
Töchter für das Landleben veran
laßt.
Die Wahrnehmung aber hatte Mi
chael von Poldeck, der selbst ein Sohn
des ländlichen Besitzes war, gestört,
daß trog der ländlichen Umgebung
die Tante und die Kousinen doch
Stadtdamen geblieben waren.
Dazu kam die Erinnerung an frü
her hier auf Körningshof verlebte
Stunden. Ein tückischer Zufall« daß
der Onkel gerade dieses Gut taufen
mußte.
Michael, dessen väterliche Besitzung
in der Nachbarschaft lag, war ja hier
faft daheim gewesen — damals, als
Körningshof noch Nikolaus von Den
nerling gehört hatte, dem derben
Landjunker mit dem frohsinnigen
Kindergemiit und der stets wachen,
wackeren Zuversicht auf »befsere Zei
ten«, die niemals kamen, der seine
zarte, leidende Frau auf Händen trug
und fiir seineeinzige Tochter gern den
Himmel auf die Erde geholt hätte.
Wenn Michael in diesen letzten
Jahren, fern der Heimat und doch mit
allen Fasern des Herzens an der hei
mat hängend, gedacht-hatte an das
Baterhaus, an die Eltern, an alles
das, was seine Kindheit und Jugend
verklärt hatte, dann hatten Körnings
hof und Hennerling nicht fehlen dür
fen. Auf den einsamen Nitten in
’die Einöde des schwarzen Erdteils,
asf der einsamen Station oder im
Lagers Tag oder Nacht, wanderten
seine Gedanken nach Deutschland, und
er fühlte fo recht in seinem innersten
Herzen: Jn die Fremde hatte er zie
hen müssen, um die Heimat so recht
innig lieb zu haben. Und ein Bild
swar da manchmal vor ihm aufge
taucht: der Ksrningshofer Garten und
darin, an ihren Rosen beschäft« t oder
im Treibhans arbeitend: J ephine
von Dennerling — — —
Der Name Dennerling schlug an
sein Ohr. Michael fuhr ans dem
tiefen Lehnfefsel auf, in dem er in
der fternifche geträumt hatte —
iatvo —- richtig geträumt.
« x
Dort drüben am Schreibtisch stand
fein Onkel, umgeben von der Mehr
zahl der Gäste, und es war seine
Stimme, die soeben den Namen den
nerling ausgesprochen hatte. Mi
chael erhob sich leise und trat vorsich
tig in den Kreis der Herren. Der
Oheim bemerkte ihn, räusperte sich
und begann seine Rede von neuem:
»Meine herren. da uns nun hier
ein so schönek erfolgreicher Jagdtag
zusammengefiihtt hat, möchte ich Sie
daran erinnern, daß wir diese erfolg
reiche Jagd vor allen Dingen der
Klugheit und Pflegschaft meines Vor
besiyers verdanken, des hegten von
Dennerling. Meine , rr von
dennerling hat KäTZIN mit
xJchwerem setzen oerta en MüssM
»k- wir können und wesen reicht da
von sprechen, wie viel an ihm, wie
Viel Schuld an mißlichen Verhältnis
sphi—gmvo—dieädt-Mß
Iwunden. herr von hennerling ist
Ivon hier fortgegangen— ich spreche zuI
meinen geehrten Gästen natürlich unsI
ter Voraussehung strengster Diskre-!
I tion —- als ein armer Mann. SeineI
kGattin ist leidend eine Stellung hat
Ier. wie ich hörte, noch nicht gefun-I
Ihm —
Wird sie auch nicht finden "I
knurrte ein alter Derr in den Bari. I
»Ich —- ich habe Gelegenheit se
Ihadt, zu hören, daß er in Rot ist.
Denn nach Begleich seiner Schulden
,ist ihrn so gut wie nichts gebliebenq
Jch schlage also eine Sammlung vor
— und erbitte die Zustimmung mei-I
ner geehrten Gästef
Er nahm seinen Zylinderhut von
einem der Geweihe nnd ließ einen
hundertmartschein hinein flattern,»
ehe er ihn mitten auf den Schreib
tisch stellte.
Michael von Poldeck war alles Blut
»in das Antlitz gestiegen. Er hätte
auf seinen Onkel zustürzen und rufen
jtnögen: «Onkel heinrich, nicht weiter
— was tust Du?« Aber er durfte
Inicht. —- Onkel Deinrich war ein
IMann. der sich nicht sagen ließ, was
I er durfte, und er meinte es gewiß gut
Irnit seinem Bordesiger den er nicht
anders kannte als einen verarmten
Landedelrnann, der, nachdem er
Opfer auf Opfer gehäuft, endlich
doch schweren herzens von Haus und
Dof scheiden mußte
Die herren zogen ihre Börsen und
Brieftaschen, der hundertmarlschein
auf dem Boden des Zhlinders bekam
reichliche Gesellschaft. Nur ein blutb
Hunger Offizier und Michael von Pol
ck zogen ihre Börsen nicht. Leut
nant Taster, weil er nicht iiher mehr
Mittel verfügte, als sein Leben kostete,
und Michael, der wohlhabend war,
weil fein Vers es nicht erlaubte.
Sein Antlit, eben noch lebhaft ge
tötet, sah ganz fahl aus, als er lang
sarn wieder in die Fensternische trat.
Der Direktor zählte die Summe,
vertauschte die Goldstücke in Papier
geld, legte dieses in einen Briefhogen
und bat einen der Herren, dessen
Handschrift hennerling — unbekannt
war. die Worte darauf zu schreiben:
»Von einem Schuldner«. Der Brief
bogen wurde in ein Kupert gelegt,
dieses adressiert und versiegelt, und
der den Landrat vertretende Assessor
der Kreisstadt erklärte sich zur Post
besorgung bereit.
Jedes Wort, jedes Knittern des
Papiers war eine Pein für Michael,
der nur gespannt auf die Adresse
horchte, die soeben diktiert wurde; es
war eine neue Straße in einem west
lichen Berliner Borort rnit der Be
zeichnung: Gartenhaus.
Gartenhausl Jn einem Schöneberi
ger Gartenhaus und doch mitten irn
steinernen Meer wohnten jetzt die an
Freiluft gewöhnten Bewohner von
Körningshof. Ein bitterer Zug legte
sich urn Michaels liebenswürdigen
Mund, und er lag noch da, als man
irn Salon der hausfrau beirn Tee
saß.
»Du bist aber still geworden, Mi
chael, seitdem Du aus Afrika wieder
hier bisi,« sagte seine älteste Kousine
Lenore zu ihm, als sie seine Teetasse
füllte, »und rnan glaubte, Du würdest
nun viel zu erzählen haben.'
»Das habe ich auch —- ader ich
weiß nicht, ob Euch das interessiert,«
sagte Michael rntt schwerer Beto
nung. »
» arurn nichts Afrila isi ja seht
so sehr interessant,« meinte die Taute.
»Es macht die Menschen, die dahin
gehen, auch so interessant.«
»Jnteressant, Tante Lina, ich
glaube nicht — es sei denn viel
äußerliches Jnteressantes dabei. —
Was ich schade. als Lohn, als Erfolg
des Aufenthalts drüben des anderen
Lebens, der mancherlei Gefahren, der
rößeren Verantwortlichkeit —- das
pt das Wachsen des inneren Men
chen.«
»Und die äußeren Erfolge, Deinen
Orden, die höhere Einnahme die
scheidest Du nicht?« fragte Lenpth die
schon vor ihren Freundinnen in ser
lin oft und gern rnit dein Zetter in
der Scheidunva renonnniert hatte.
»Ganz gewiß — Anerkennng und
gutes Auskommen sind nicht Fu ver
achten —- aber wie gesagt —- entr
sieht das wmrllzqsrleben höher.«
»Und was iß es innerliche Et
.lebenf« fragte Lenorr.
»Daß wir ein rechtes Erkennen
lernen für das Kleine und Große im
Leben, für das Wichtige und Untoichs
tige, für das Wahre und das Talschy
für den Schein und das Sein.« Mi
chaels Stimme klang ernst und
schwer. .
»Ach, geh« —- ich glaubte, Du
würdest Abenteuer erzählen, von
Schlachten und vom Ueberlisten der
hottentotien.«
»Zu solchen Abenteuern gehören
aber auch die einsamen Ritte über
bat nackte Feld, durch das Dornge
striipp, dazu gehören sorgende Stun
den, wenn es an Proviant man elt,
gehört Freude, wenn uns ein ind
oder Kalb just begegnet, das wir für
die hungrigen Reiter schlachten und
zubereiten.«
»Wie denn zubereiteni Gefechtk
fragte Tante Lim, die eine gute
haustrau war. —
»Nun, abge en, ausser-reisen zer
tetlt, dann w ed ein Feuer gemacht,
Tun-ev d schmal npU Hainqu
,un ra , a
·- W Myl- dsß M M Wich«
an die Säbelspihe gesteckt, darüber
rösten.«
»Und das habt Ihr gegesseni«
»Es hat sogar sehr gut geschmeckt
Die Reste des gerösteten Fleisches
wurden so sorgfältig wie mögiich det
packt, in die Taschen gesteckt fiir spö
ter, fiir morgen, wenn es an Fleisch
mangelt. Und wenn etwa das Gliiet
uns an ein Wasserloch führte, da wur
den die mitgesiihrien Kasseebplmtn
mit dein Flinteniolben zuschwa,
und es gab dann einen ordentlich-?
Kasser. Da lernt man eben, Jnt
welch geringen Mitteln sich ein Mensch
in der Not bescheiden kann, und unser
innerer Mensch wächst iiber die Luxus
bedürfnisse, die uns unentbehrlich
scheinen, hinaus. Und noch eins —
ich habe mit meinen Neitern oft dem
Mangel, der Verlassenheit, dem Tode
ins Auge geblickt —- und erlebt. daß
eine göttliche Macht uns leitete nnd
uns hals."
Er hatte lebhaft und warm Fe
sprochen, aber seine Tante und se ne
Konsinen sahen ihn verständnile
an.
»sich den bunten Roa aus nnd
den schwarzen an, werd« Pastorl«
sagte Erita lachend.
Er beachtete die Worte nicht und
wandte sich mit einer Frage iiber die
Forstpflege dee Gutes an seinen
Onkel.
Körningshot war ihm, trokdeni
Verwandte daran wohnten, see-nd
geworden. nnb seine Seele konnte sich
da nicht wieder zurechtsinden
Alt Michael am anderen Tage gn
sannnen mit dein stellvertretenden
Landrat der Kreisstadt zur Bahnsiai
tion fuhr, übertatn ihn ein fast be
freiendes Gefühl. Er wußte wenig
stens, wo er Dennerlings fest finden
konnte, wo er sich etwas von der
heimatfreude retten konnte, mit der
er drüben in Afrika an sie gedacht
hatte. Ob auch in anderer Umge
bung. ob in der Steinwiiste der Groß
stadt, sie mußten doch die gleichen ge
blieben sein die sie auf Körningshof
waren, wie sein Onkel, seine Tante
und Kousinen die gleichen geblieben
waren auf dem feudalen Landsii, wie
in Berlin in ihrer Raiserdammwohs
nung.
Seine Gedanken wurden unterbro
chen durch den Assessor, der sich blöd
lich durch einen Griff in seine Brust
tasche von dem Vorhandensein seiner
Brieftasche überzeugt hatte.
«Jch dachte, ich hätte sie verloren
—- nun — ich hatte tein Beten en
bei mir — aber der Geldbrief
dennerling isi doch drin. Jch werde
froh sein, wenn ich den besorgt und
den Schein nach Körningshof ge
schickt habe. Nicht die Verantwor
tung fiir fremdes Eigentum ist mir
schwer — verstehen Sie mich recht,
herr von Poldeek, sondern der,Ge
danke, dasz wir da einem Edelmann
ein Almosen geben durften. Ein
Edelmann. der ein Almosen bekommt.
Es ist zum Rasendwerden, daß es so
»was gibt!«
T »Ich finde es eher traurig —- tief
.traurig,« sagte Michael mit bedeckter
.Stimme.
! »Wenn hennerling klug ist, oder
wenn eine seiner Damen ihm deuten
shilft, muß er ja einsehen, daß das ein
zAlmosen ist; ein alter Schuldner
« wird sich schwerlich in ihrem Gedächt
nis finden.«
Assetsor rnemann lachte dabei.
Michael oldeck wollte auffahren,
aber er bezwang sich. Was wußte
Assefsor hornemanm der erst kürzlich
in die Gegend gekommen und der sehr
wohlhabend war, von allen solchen
Sachen.
Außerdem war er auch der Ant
wort überhobenz der Wagen fuhr
schüttelnd über daz holperige Pflaster
und hielt gleich darauf vor dein Land
mtsamte. Die en grüßten sich
hsflich zum Abs ed, und dann ging
es hinaus zum Vahnhosi
Ein Almosen. ein Almosen! Welch
ein widerwärtiges Wort! Und noch
nie in seinem Leben hatte Michael
Poldeek das Wort so störend empfun
den. Soviel er Milbe gab, es
verfolgte ihn. Er ah so oft wieder
zenein Körningshos vor sich,
als der-Ieue Dheiin eine Gäste zu einer
Samml fiir verarmten Vor
besiter au aetordert hatte.
Es verfolgte ihn während seines
Kuraufenthaltes im Süden, wo er,
seiner Gesundheit wegen, die doch in
den Tropen etwas gelitten hatte,
weilte; es verfolgte ihn, als der Ex
preßzug von Mailand ihn wieder
durch die Schweiz heimwärts führte;
es tauchte auf daheim bei Vater und
Mutter im trauten ländlichen Still
lehen, mit dem er den Rest seines
Maul-s beschloß. Es lauerte hinter
den gütigen Worten, die seine Eltern
fttr den verarmten Nachbarn hatten;
ei verfolgte ihn in sein Berliner
tm, wohin ihn sein Kommando
hete. Und es stand riesengroß oor
ihm auf, all seine Mutter schrieb
,,Kannft Du nicht Dennerling aussu
cheni Vater hat kürzlich« in der
Stadt, wo er sur Schwurgerichtss
stsung war, gehört, daß Frau von
Fennerlin vor einigen Wochen ge
orhen is Wie mögen der arme
Mann und die arme Tochter diesen
Verlust ertragerM
Es war ein Bittrer Spätherbst
nachmittag, als ichcel von Voldeck
durch die Stein-rüste des daherifchen
Biertels in Schönebera irrte, um
endlich das Dau- su finden, in dessen
Gartengebiiude Dennerlingz wohnten.
Vier hob-. schmale Treppen, die mit
billigen Läusen- bedetkt waren, stieg
er hinaus, bis er an einer Einga I
tiir ein kleines Schild mit dem a
men »von Wling« las. Aus sein
Lauten hörte er einen leichten Schritt,
den er von Körningshos her noch so
gut im Ohr hatte. Und dann wurde
die Tiir geöffnet, nnd beim matten
Schein einer kleinen unmodernen Pe
troleumlatnpe, die« an der Wand hän
gend, nur unsicheres Licht gab, er
kannte er Josephine Hennerling. Das
schwarze, ganz schlichte Trauergei
wand schien die hohe, schlanke Gestalt
noch größer zu machen, darüber trug
sie eine große, dunkelblaue Kleider
schiirze, die der seingliedrigen, blon
den Erscheinung etwas hausmiitters
liches gab. ·
»Fräulein von dennerling kennen
Sie Michael Poldeck noch?i Jch bin
seit kurzer seit siir kurze Zeit hier
und möchte eben, wie es Ihnen und
Jhrem herrn Vater geht«
Er hatte mit gediimdster Stimme
gesprochen. und auch sie sagte leise:
.Bitte, treten Sie hier -ein, ins
Wobnzimmer, herr von Poldeck. Jn
Vaters immer kann ich Sie nicht
bitten. ater schliist noch — Vater
ist krank.« ,
Sie traten in das einfache, zwei
senstrige Wohnzimmer, dessen schlichte
grüne Möbel aus Körningsbos Mi
chael wohl kannte und die ihm merk
würdigerweise gleich etwas von dem
lange gesuchten heimgesübl gaben.
An den Sosatisch. ganz im Licht
kreis der Petroleumlatnpe, die daraus
brannte, war eine Schreibtnaschine ge
rückt, und einzelne Bogen und Blät
ter, mit handschrist und Maschinen
schrist bedeckt, zeigten, daß jcnand
hier fleißig gearbeitet hatte.
Josephine schob ein paar Bogen
beiseite, ohne langatmige Entschuldi
gung. daß sie da lagen. Es erschien
ihr selbstverständlich. dasz es so war.
Und um gleich eine Erklärung abzu
geben, sagte sie einfach: »Ich bin un
ter die arbeitenden Frauen gegangen.
Herr von Poldeck, und da Vaters
Pflege mich an die Wohnung fesselt,
schreibe ich ab, abgesehen davon,
daß —« sie atmete ties aus und strich
wie in nervöser hast ihr reiches, blon
des haar aus der Stirn —- »abge-i
sehen davon, dasz ich es kaum iiber
mich gewinnen könnte, in einem Bu
reau zu arbeiten. Sie wissen, ich bin
ein Kind der Freiheit —- ich liime mir
noch gesangener vor, als hier.« s
»Mutter schrieb mir, daß Jhre
Frau Mutter gestorben ist.« (
Ein weher Blick aus Josevhinenss
dunkelblauen Augen tras ihn, sie
streckte die "nde wie abwehrend aus
—- dann lie sie sich in den Lehnstuhl
leiten und bedeckte die Augen mit«
n händew ;
»Mutter ist erlöst,« sagte sie und
ließ die hände sinten. »Als ich das
so recht ausdenlen und aussiihlen
konnte, wurde mein Herz ruhig —
lassen Sie mir mein ruhiges Herz,
sprechen Sie nicht von Körningihos
wo sie nicht sterben darste, die Lust
und Sonne liebte, wo wir sie nicht
einmal bestatten konnten, weil Vater
lein Geld dang hatte.'
Er schwieg erschüttert, dann sagte
er:
»Und Ihr herr Vater ist lei
dendi« ·
»Er wird nicht lange mehr zu lei
den haben,« sagte sie, »und ich muß
start sein zu seiner Pslege.«
»Wer-de ich ihn sehen dürfen?«
»Gewiß, er wird sich sogar sreuenz
es ist doch einer von den alten Freun
den, die zu ihm lommen.«
Jm Redenzimmer hörte man
schliirsende, tastende Schritte. Jose
phine össnete die Tür.
»Vier ist Besuch, Vater —- herr
von Poldeck — er kommt dirett von
Isrila —- nicht wahr, Herr von Pol
degti —- und will sehen, wie es Dir
ge .«
Sie silhrte den Vater, der sich
schwer aus seinen Stock siiihte, hinein
und machte ihm ein Plähchen im
Lehnstuhl zurecht.
»Wer sitt Vater immer und sieht
»gu. wenn ich arbeite.«
das war Robert von nerling.
der Nicht- srohe Landjun eri Was
hatten diese wenigen Jahre aus ihm
gemachtl «
Michael von Poldeck segnete im
Stillen die mattleuchtende Petri-learn
iampe, die sein überraschtes und ent
sehtes Gesicht nicht sehen ließ.
«Sie bleiben sum Teet" entschied
Iasephine und es lag in diesen Wor
ten der gan Zauber der Lieblichkeit
der ibn fchon damals gesangen
nahm. x
a,Ich habe ein Stündchen Zeit,«
sagte Poldeck nnd trug seinen Mantel
und seinen Säbel in den Korridtm
Welch eine meriwtirdige Teestnndel
Die ganze heimsrende, die «er-.«sich
aus Asritai glühenden, unwtrtlichen
Sieppem aus der einsamen Station,
ans der langen Seereise so oft int.
Geist beraufbeschtoaren, herbeigesebnti
hatte, lag über diesem ärmlichen:
Zimmer.
»Warte ist tot,« saddee alte.
here leise zu Poldeck arie konnte
nicht weiter gehen, sie bat es ehrlich
auch aus den darn igen Wesen ver
sucht, tote sie mir atn Altar gelobt,
aber es ging iiber ihre Kräfte.
Der junge Osfiz ier driickte des at
ten Mannes handk Sprechen konnte
er nicht, et driielte ihm etwas in der
Kehle.
»Disso( Sie, Voll-C der Abschied
von Körningslwf war so, wie wenn
ein Stiick Leben da blieb; aber es
wußte sein s— und dann konnte man
dem nicht nachllagen. denn rnit Ma
riei permehrten Leidens-— kräftig war
sie nie —- larnen die Sorgen. Und
sie waren oft groß. Denn Josephine
lernte damals erst das Stenographie
ren und daz Maschin:nfchreiben. Sie
wollte sa so gerne Gärtnerin werden.
»Sie wissen fa, wie sie sich damit be
schäftigt hat. aber da hätte sie aus
wärts lernen müssen. und es war
auch zu teuer! Schrecklich, wenn alles
zu teuer ist. Und die Medizin und
Kräftigungsrnittel fiir Marie, oft
wußten wir nicht. wo hernehmen!
Damit sie es nicht merlte. Da lam
hilfe —- noch sechs Wochen vor Ma
riei Tod, denten Sie. sechs ganze
Wochen haben wir sie ganz ohne Sor
gen pflegen können; es lam ein Brief
mit einer großen Summe von —- ei
nein alten Schuldner aus meiner al
ten Kreiöstadt.«
Michael Poldeck saß, den Kopf ge
senkt, mit angehaltenern Atem. Der
alte Dennerling machte eine Pause.
»Nun —- Josephine und ich, wir
wußten es, wir hatten ja alle Bücher
genau durchgearbeitet, ich hatte auch
noch einen Buchhalter dazu gehabt —
ein alter Schuldner, der rnir etwas
zu zahlen hatte, den gab es nicht. Es
war einfach —- ein Almosen!«
Michael zuckte zusammen — das
Wort, das ihn verfolgt hatte, da war
ei wieder. Aber wie dieser Mann,
der es erhalten hatte, es aussprach
da hatte es den häßlichen Klang ver
loren.
»Mein Mariechen —- wie fegne ich
dieses Almosen,« sagte die zitternde,
schwache Stimme —- ,,wie schwer mag
es den freundlichen Gebern geworden
sein« dem oerarmten Edelmanne ein
Almosen zu senden! Der Mann und
sein Kind haben Gott noch bisher
täglich dafiir gedankt. Es hat unse
rer Mutter die letzten Wochen und
das Sterben leicht gemacht. Marie
chen hat an den alten Schuldner ge
glaubt. Und es hat uns iiber manche
Not noch geholfen, bis Josephine Ar
beit hatte —- Gott sei Dank, daß sie
sie hat!'
Josephine kam aus der Küche.
Sie trug ein Teegerät und schentte
den Tee ein, reichte Zwieback und
Zucker, ganz mit der Grazie der dor
nehrnen Dame des Körningshofschen
herrenhauses·
Nein und tausendmal nein! Das
Almosen der Gäste aus Körningshof
hatte ihnen nichts nehmen können,
dem alten Edelmann nichts von seiner
Ehre, dem jungen Mädchen nichts
don ihrer inneren hoheit und
Würde.
Da fühlte Michael Polderk, daß
auch in de; Enge kleiner Verhältnisse
das innere Leben wachsen kann, zum
Erkennen des Kleinen und Großen,
des Wahrenund Falfchen. des Wich
iigen und Unwichtigen, des Scheins
und des Seins. —- — —
«Ob er wohl wiederkommt?' fragte
sich Josephine, wenn sie an Michaels
Besuch dachte, der wieder Freude und
Anregung in ihre kleine arme Welt
gebracht hatte. Ob er wohl wieder
kommt zu einem tranken alten Manne
und einer für’s tägliche Brot arbei
tenden Frau? Sie vergegenwärtigte
sich- tvas er aus Afrika erzählt hatte.
»Wer so das Leben kennen lernt, seine
besonderen Gefahren, seine besondere
Verantwortung« der legt einen ande
ren Maßstab an, als Leute, die nur
den glatten Lebensweg gehen. Sie
fühlte, daß hier nicht ihr Verstand.
daß ihr setz ihr Antwort gab, eine
begliiCkendr. beseligende Antwort.
Als Michael eines Tages um die
gewohnte Stunde kam, öffnete ihm
eine fremde Frau.
»den von Hennerling hat einen
Schlagansall gehabt. Fräulein Jose
phine kann nicht sort von seinem
Bett«
Er legte seinen Paletot ab und
trat in das stimmen Da lag der
alte herr leie röchelnd in seinem
Bett, und Josephine saß, die ver
schlungenen ände im Schoß, an sei
ner. Seite. ie Augen des Kranken
waren geöffnet, und als sich Michael
liber ibn beugte, erkannte er ihn.
denn das sable Gesicht lächelte ihm
zu
Dann sagte er mühsam: »Nun ist
sie bald ganz allein.« Es lag ein
verbaltenes Weinen in dem ilagenden
Ton des sterbenden Mannes.
Bater,« sagte Josepbine rnit fester
Sämm, «unr mich sorge Dich nicht,
ich tann arbeiten.«
»Das ist wahr, aber Du bist ein
sam, und niemand hat Dich lieb. Das
war doch der Segen in unserer Ar
mut, daß wir uns lieb hatten. Weißt
Du noch, osepbine, als das Almosen
tarnf Es at uns gut getan und ge
bolsen —- und deshalb war es gut,
aber das Almosen der Liebe und
greunds ast ist schlecht und bitter-.
tolse en chen betteln nicht urn
Liebe, aber e nehmen auch eine als
Almosen vom Uebexsluß gewährte
Liebe nicht an.«
Euch darüber soxge Dich nicht,
Vater. ch bin sta irn Gedenien
Eurer L de, ich kann ohne Liebe
bleiben; meine Liebe wird meiner Ar
ocn
ANY-Fikt- sastz Michael non-e
mit fester Stimme nnd faßte nach
Isiephineni verschlungenen Dändem
»Dein AlmosenP have-hie der sierz
bende Mann. und:
»Nein, Vater, lein Almosen!« er
widerten die jungen Stimmen. und
als sich die beiden Augenpaare begeg:
neten, da mußten sie, daß ihre Lie
Nicht gegebenes und angenommenes
Almosen, sondern daß fie durch in
nerstes Erleben gefestigt und geheiligt
war, sest und heilig und start, um
fiir gute und böse Zeiten die gleiche
zu sein.
sie til-e gerne lichte-user werde.
Jn seinen Erinnerungen an den
verstorbenen Mailiinder Musiloerleger
Giulio Ricordi. die E. A. Marescotti
in einer italienischen Zeitschrift veröf
fentlicht, erwähnt er auch ein Erleb
nis, das Franz Liszt vor vielen Jah
ren mit den italienischen Zollbehörden
in Chiasso hatte und wodurch der
Meister veranlaßt wurde, auf seinen
ohnehin schon sehr bescheidenen Genuß
von Zigarren völlig zu verzichten.
Liszt hatte die Gewohnheit, täglich
eine Virginia zu rauchen, und da er
dieses Mafz niemals überschritt, so
pflegte er bei Antritt einer Reise sei
nem Diener den Auftrag zu erteilen,
ihm fiir jeden Tag der in ihrer Dauer
genau berechneten Reise eine Virginia
einzuparlen. Als er nun einmal auf
seiner Reise nach Rom, tvo er. sich
mehrere Monate aufzuhalten gedachte,
in Chiasso von den italienischen Zoll
behörden nach steuerpflichtigen Gegen
ständen gefragt tourde, ·verneinte er
aus Zerstreutheit diese Frage. Trotz
dem durchsuchte der Beamte das»Ge
pack des in geistlicher Kleidung reisen
den Pianisten und sand darin mehr
als hundert Virginia-. Natürlich
wurden die Zigarren sosort beschm
nahmt, und außerdem mußte Liszt
um einer Verhastung zu entgehen«
500 Lire Strase bezahlen.
« Jn Mailand wurde er von Rieordi
erwartet, dem er das unliebsame Er
lebnis erzählte und den er zugleich
bat, bei dem dortian Direktor der
Zoll- und Steuerbehdrde die irrige
Aussa e aus seine Zerstreutheit zu
rückzu iihren. da es ihm außerordent
lich peinlich sei, dasz ein in geistlichem
Gewande Reisender als Betrüger an
gesehen werde. Rieordi unterzog sich
bereitwillig dem Wunsche seines be
rühmten Freundes, und zwar mit sol
chem Erfolge, daher ihm nach einigen
Tagen nicht nur die erlegten 500 Lire
sondern auch die beschlagnahmten
Zigarren zurückzugeben im Stande
war. Al einzige »Strafe« hatte der
Sie ttor durch Nicordi die
Bitte an Liszt aussprechen lassen, daß
dieser ihm sein Bild mit eigenhändi
ger Unterschrift zusenden wolle. Be
reitwilltg ersiillte Liszt diesen
Wunsch, die Zigarren aber wies er
mit dem Bemerlen zuriich daß er ge
schworen habe, niemals mehr zu rau
chen. »So bin ich wenigstens stehen«
sügte er hinzu. »daß sich solche Zwi
schensiille nicht mehr wiederholen.«
Die does-schritt dfee seltene-.
Gladds helen Montague sitt an -
ihrem Mahagoni-Schreibtisch, und ihr
goldblondes Haar slimmert im
Sonnenlicht. Sie schreibt ihre
in einer englischen Wochenschrist, ihre
Antwort aus Reginald Fihmauriees
Wert-ung. Jhre handschrist ist von
jener Art, bei der ost drei Buchsta
ben das Amt von sechsundzwanzig
versehen sollen. Zwölf Stunden spit
ter bringt ein Eilbote Reginalds
Antwort. Es sind, unter einem Um
schlage, gleich drei Briese. Der erste
lautet: »Mein liebes iMädchen —
Deine Antwort hat mich zum glück
Jlichtten Mann der Welt gemacht. Wie
Dz» .
. «
konnte ich hoffen, dafz Du mich Dei
ner fiir wert befinden würdest! Möge
Gott mir die Arafi geben, Deiner
stets toert zu sein« Du mein Liebling.
ch sehne mich danach, Dich an mein
erz zu ziehen. Dein Reginaldk
r zweite Brief lautete: »Meine ver
ehrte Mifz Montague, —- Mittwoch
abend reise ich ab, zu einer Fahrt
uni die Welt. Wenn vielleicht doch
einmal eine Stunde kommt, in der
Sie LIhren Sinn ändern, so wird
ein ort von Jhnen genügen, unt
mich an Ihre Seite zu rufen. Mein
Klub sendet mir alle Briefschaften
nach. Jn treuer Ergebenheit Jhr
Nr inald Fitzniaurire.« Dei dritte
Br ef aber lag zu unterst: »Liebe
Muth —- nach einer schlaflosen
Nacht, während der ich mich umo onst
bemühte, Deine ilen zu entzif
habe ich diese beden Antworten ge
schrieben. Willst Du so freundlich
sein und mir die nicht passende sofort
zurückgeben? Ich kann die Ungewiß
heit nicht länger ertragen. Dein un
gebuldiger Neginald . . ««
EAI
Beim Gipsfisurenhijnbs
le r. Gafiwirt: »Ich möchte seen file
meinen Tanz aal eine Gipsb ste von
Beethoven ha . Kann ich eine trie
gens« U b« G
hiin er: wi ( ibt ihm
eine alte Miste cTqilcheodor Körner-J
hier ist gleich
Gasttvtek »Na, so jung sieht der
aus und ein Soldat war doch wohl
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Beet’:nt-ler ten Sie Dsei-enn, er i
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aus der sei wo er sein Ja r ab
biente, bat ists seit das modernste in
Beethoven-P