Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 23, 1912, Zweiter Theil, Image 11

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    WEI
siehe-.
Von W. Socken.
Er Ist kein sein«- aits bdem Märchen
MI -
sie sie einseni cui Erden sinnen —
Et hatte nichts cis den desen Fern-nd
Und treue und TI- beim Vollbringeex
Sie var sei-i fäuiendes Jüngste-lein
Tem nach steif und Spannen qelüsteu
Sie war ein Ding Ivie ein Naitag rein
Und so jeder Arbeit gerüftet.
Und als dann über den Mut-entarte
Tie iciideiten Schwalben sioaen,
Des sind sie keck in den Frühlingsmirtn
Mist-muten dineinqesoqen
Die Toren laufen ins Elend hinausl«
isedllaaie ani Wege der Vetter
Sie lächelten nur, nnd sie schritten
are-dau
Durcki Schauer und daqeltvetter.
Sie schritten berqinäkts nnd wäkdereisn
Ins grauen. staubiqen Weiten,
Und fanden am Ende ein Lämmer-lein
Idren winzigen Hausrat zu benen.
Und schlugen die Türe hinter iin su:
.c-eienitatt und Frieden. ibr Leniel
Unser qui ewiqi Undlnßtnns in Musik
Und leben, beim Himmel. noch deutet
A
0 Zins Hei-.
Von Andreiv Souiae.
Den Samurai ifi die Jakobs vor
dein Tode, wenn Liebe und Treue ge
bieten, wie das Säuseln des Nacht
windes im Fichtenhain, nicht wie das
heulen und Brausen des Meergoites
in feinem Zorn.
»Kennsi Du die Geschichte der O
Kitu Sei-ji«
«Nein.«
»So will ich sie Dir erzählen, aber
gib auf das Steuer acht und merke
wohl auf den Wind, denn die Bucht
von Chiba ist heimtüclisch wie ein
Araber. und wenn der Sturm uns
überfällt, ohne das; wir vorbereitet
sind, lönnte es uns schlechter ergehen,
als Du glaubst.«
Yaniato schwitg einen Augenblick.
Er blickte träumerisch und melancho
lisch in die Ferne. Dämmerung
hüllte uns ein, und die Sonne, die
hinter dem heiligen Berge des alten
Japan langsam verschwand. ließ ei
nen blutroten Streifen auf Land und
Wasser zurück. Leise schlugen die
Wellen an das Boot, und die brau
nen Segel hingen trübselig herab.
»Sieh,« rief Yamato und sprang
auf, nach der Richtung des Berges
deutend, »sieh dorthin, das ist O Kitu
San, das Chrysanthemenmädchen,
wie es durch die Nebel des Fuji Yama
zu seinem Geliebten schreitet. Wenn
es den Gipfel erreicht, sannst Du es
die Arme um Taro Kensaro schlin
gen sehen. Ja, die Götter sind O
Litu San hold gesinnt. Doch nun zu
meiner Geschichte.
Taro Kensaro hatte die Gunst sei
nes Herrn, des Daimio hiyatu, ver
wirtt und flüchtete mit zwölf seiner
Getreuen in die Berge, nördlich von
Yedo. Die Liebe und inbrünstige
Gebete der O Kitu San. hiyalus
Tochter, begleiteten ihn. Die beiden
waren einander seit jenem Tage tm
geheimen zugetan, als Taro, damals
ein ganz junger Bursche, sie aus dem
Fluß, der sich durch Yedo schlängelt,
rettete. —- Wie er heranwachs, reiste
seine Liebe zu dem Mädchen, und die
Berichte, die von seiner Tapferteit als
Fechtet erzählten, dienten nur dazu,
O Kitu Sans Leidenschaft zu schü
ren.
Ost, wenn sie die Männer in ihres
Vaters Hos fechten hörte, spähte sie
durch ihr vergittertes Fenster; dann
ries sie wohl die Dienerin herbei, um
sie aus müßi er Neugier auszuba
chen: »Wie hei t jener hochgewachsene
Jüngling, der so mutig zum Angriss
geht und so geschickt ausweichts Die
Sonne blendet mich, ich kann ihn
nicht erkennen. Er scheint mir bei
weitem der tapserste von allen zu
sein. —- Ach, es isi Taro Kensarol
Jch habe von ihm erzählen hören.«
Dann durchschaute die Dienerin
ihre Herrin und pries in überschwäng
lichen Worten Taros Taten, bis O
Kilu San sich ihrer glühenden Wan
gen bewußt wurde und eiligst das
Gitter schloß, um an ihre Bücher zu
gehen. «
Des Daimios Wächter hatten Taro
und seine Anhänger von Punkt zu
Punkt getrieben, aber immer noch
entgingen die Geächteten der Gesan
gennahme. Des hihakus Zorn hier
iiber kannte keine Grenzen. »Wäret
Jhr nicht so schwache Feiglinge,« ries
er aus« »so wäre Taro längst in mei
nen händem hält er sich in den
Bergen aus, so kann er ausgefunden
werden, und dem, der sein Haupt aus
dem Gitter meines hosels auspslanzt,
sei jede Gunst gewährt.«
»Mein here selbsi besitzt den
Schlüssel zu Taro-s este," sagte einer
der Männer, durch ie ossnungslos
sigkeit seiner Nachsors ungen und
hiyakus Zorn ausgestachelt.
»Wie meint Jhr datf« sagte der
Daimio.
»Ich melne,« sagte der Mann, »daß
sich in diesem hause jemand aushält,
der mit Taro in geheimer Verbin
dung steht, der ihn heimlich trisst,
wenn der Mond sich hinter den Wol
ken versteckt, und ihm die Pläne sei
ner Feinde verrät. »Wir verfolgen
nicht Taro allein, herr, sonsi wäre
die gagd längst beendet.«
» u sprichst in Rätseln,« versehte
der Daimio mit erzwu ener Ruhe.
»Laßt die Dienerin er O Lilie
San kommen, sie kann das Nähere
erklären.«
Die Dienerin erschien aus ciyam
Befehl, und stammelnd verriet sie das
Geheimnis ihrer Herrin. Der Dai
mio entließ das Mädchen und die
Wächter und schickte nach O Kitu
San.
»Ihr habt nach mir oerlangt.« O
Kitu San verneigte sich tief vor ihrem
Vater.
»O Kitu,« sagte er, »ich habe heute
zu meinem großen Schmerze erfahren,
daß sich eines meiner Kinder als
mein gefährlichster Feind erwiesen
t «
,, ch verstehe nicht, Herr.«
» st es nicht wahr, Kind, daß Du
im geheimen und allen Geboten lind
licher Ergebenheit zum Trotz dem Ge
ächteten Taro Kensaro Hilfe geleistet
hasti«
»Es ist wahr, mein Herr,« stieß sie
hervor
»Und daß er Dein Geliebter isti«
Sie neigte zustimmend das haupt.
»So bin ich denn wirklich meiner
Ehre beraubt,« sagte hiyalu, und
feierlich schritt er zu einem verborge
nen Schrein und entnahm ihm einen
Dolch. »Wie könnte ich fernerhin
erhabenen Hauptes unter meinesglei
chen einhergehen, wenn meine eigene
Tochter mich einem Geächteten verra
ten hatil Meine Tochter, an deren
Treue ich bisher glaubte wie an das
Licht meiner Augen!«
Er bereitete sich zum Haratiri. »
) »Herr,« sie warf sich ihm zu Füi
sßen, »hiirt mich erst an. Es ist
swahn ich liebe Taro Kenfaro, wahr,
»daß ich ihn vor seinen Verfolgern ret
sten wollte, doch wenn ich Eure Ehre
Ibesleckt habe, so laßt es mich sühnen.
Seht, ich fürchte den Tod nicht.« Und
mit diesen Worten entwand sie ibm
’die Wasse, und die Falten ihres Ki
-monos auseinanderreißend, entblößte
Ysie ihren Busen.
s Entsetzt griff Hiyatu nach ihrem
shandgelent »Was willst Du tun,
O Kilui Bin ich nicht genügend ge
demiitiat, ohne daß Du Dir das Le
sben nimmst, statt mir zu gehorchen?
jO Kilu San, wo ist Dein Samurai
;blut, daß Du die Bedeutung des Ge
horsams nicht höher achtesi?'«
, »Was verlangt Jhr von mir,
;Herr?«
! »Du kennst Taro Kensarog Ver
isteck?«
« »Ich kenne es.«
» »So wirst Du heute abend noch
jFiuji-na iiber die Berge führen.«
I »Und wenn ich mich weigere?«
»Du wirst Dich nicht weigern.«
I »Ich weigere mich.«
Mit einem Wutschrei schleuderte der
JDaimio den Dolch von sich und ließ
sseine Diener rufen.
s «Seht,« rief er, indem er nach der
aufrecht dastehenden Gestalt der O
Kitu San tbies —- ,,seht, das Kind
das seinen Vater verraten hat. Seht
alle zum leßtenmal aus O Kitu San,
die Tochter Hiyatub, des Daimio,
denn von diesem Tage an ist sie nicht
mehr meine Tochter. Nicht meine
Tochter, nein. ein Spion im Bunde
mit Geächteten. Führt sie fort und
erzwingt von ihr den Schlupfwinlel
ihrer Genossen. Fiuji-va, bereite
Deine Männer zum Marsch. Sie soll
heute abend Euer Führer sein.«
Behutsam nahmen sie die Bewußt
lose vom Boden auf und trugen sie
fort.
Zwei Stunden später trat Fiujisha
zu Hiyalu.
,,Herr,« sagte er, »Eure Pläne sind
fehlgeschlagen O Kilu San hat sich
Ides Augenlichts beraubt.«
J.
Jn der verborgenen Höhle, am Ab
hang des Fuji Yama, lag Taro Ken
saro auf seinem Lager von Farn und
Gras trant darnieder. Die talten
Nachtwinde des Spätherbstes drangen
durch die Felsspalten und gingen den
Geächteten durch Mart und Bein.
Sie wagten es nicht, ein Feuer anzu
fachen, aus Furcht, ihren Verfolgern
eine Spur zu weisen.
»Yoshi,« der Kranke wandte sich
um« »seit wieviel Tagen ist O Kitu
San nicht getommen?«
Der Gesragte besann sich. »Seit
zwölf Tagen, Taro. Wenn ihr nur
nichts zugestoßen ist.«
»Sie wird kommen, sagte Taro
gut-ersichtlich »Sanza soll mir be
richten, wenn er ihr Zeichen von der
Höhe hört. ·Jst alles ereit, Yoshii«
»Alle3, Taro. Beim Morgen
grauen wird das Schiff den Fluß
verlassen, und wir werden Dich her
untertragen.«
Taro schlief ein, um nach einer
Stunde durch Sanzm der ihn heim
Namen rief, geweckt zu werden. Er
richtete sich auf und horchte gespannt.
Der Wind hatte sich gelegt, und deut
lich vernahm er den fernen Schlag
eines Vogels.
»Sie tommt,« rief Taro, und seine
ganze Kraft zusammenrafsend, gab
er das Zeichen zurück. Regungslos
warteten sie eine Zeitlang, er und
Sanss, da ertönte von neuem der
Locktuf. Wieder eine lange Pause,
dann vernahmen sie zum drittenmal
das Zeichen, das nur sie und O Kitu
San verstanden.
»Es ist etwas nicht in Ordnung,«
sagte Taro heiser, »sie müßte set
schon im Paß sein. Kannst Du e
sehen, Sansai«.
»Meinen Arm würde ich für die
Augen einer Fledermaus geben,« ent
gegnete Sansa ereizt.
»Ur-se die iinner zusammen,«
sagte Taro. »Jeder bleibe auf sei
nem Posten, denn das Ganze soll
«
l——
vielleicht eine Falle-für und fein
Jst es wirklich O Kiru San, lv
braucht sie leinen Führer, blind würde
Liee ihren Weg durch den Paß fin
n
Heimlich und verstohlen lrochen die
Männer an ihre Plätze und lockerten
ihre Schwerter im Gürtel. Lange
warteten sie in tiefer Stille, und wie
der und wieder ertönte der Vogelruf.
Da —- auö der Dämmerung trat
behutsam O Kitu San hervor, mäh
felig taftete sie sich vorwärts. Ihre
Füße waren wund und bluteten. Die
Männer führten sie durch das Dunkel
der höhle an Taros Lager, und mit
dein Seufzer eines milden Kindes
legte sie den Kopf an feine Schulter
und weinte.
»Was bedeutet dies, O Kitu
San?« fragte Taro und fuhr ihr
über das haar. »Warum bist Du
bei Nacht über die Berge gekom
mens«
»Jag und Nacht sind mir ein-,
Taro, Geliebter,« flüsterte sie und
schlang ihre Arme um seinen Hals.
»Ich verftehe," s te er, und doch
war ihm der Sinnafhrer Worte ent
gangen. »Du gehörst jetzt zu uns,
O Kiku, und hast wie wir die Dun
kelheit lieben gelernt.s Doch welche
Nachrichten bringst Du, Kleine-W
»Taro, Du mußt heute nacht flie
hen. Des Daimios Wächter haben
Dein Versteck erfahren. Du mußt
—« Sie unterbrach sich, und einige
Augenblicke herrschte unheimliche
Stille in der Höhle. —- »Taro,« wie
derholte sie, »Du mußt heute nacht
aufbrechen, meines Vaters Wächter
haben alles entdeckt-«
»Wie kann das sein, O Kiku Sans«
entgegnete Taro. »Außer uns weißt
nur Du um diese Höhle. Die Sa
murai kennen keinen Verrat, und Du
—- Ds hast uns doch nicht verrateni«
Eine eisige Hand schien sich ihr
aufs Herz gelegt zu haben, ein leises
Stöhnen kam von ihren Lippen. —
;,,Dich verraten, Taro!« —
j »Verzeih' mir, mein Liebling,« er
zog sie an sich und küßte sie zärtlich,
s»die Monate des Verfteetens haben
»uns argwöhnisch gemacht. Jch, wir
streuen unserem Schatten nicht mehr
jJst es nicht so, Yoshi?«
»Argwöhnisch, mißtrauisch.«
O Kiku San sprang auf und
lschwankte zum Ausgang der Höhle.
Das war zu bitter, sie war wie be
täubt. Er wußte nichts von dem
Opfer, das sie ihm gebracht hatte. Er
hatte ihr nicht Zeit gelassen, ihre Ges
schichte zu erzählen. Bevor noch der
Willkommenskuß auf ihren Lippen
getrocknet, hatte ihn Mißtrauen ge
packt. Sie preßte die Hände an die
Schläfe und versuchte zu denken. Jtn
gintergrund, im undurchdringlichen
— unkel der Höhle bereiteten sich die
Geächteten zum Kampfe vor. Sie
hörte Taro rasche Befehle erteilen,
hörte das Rasseln der Schwerter, wie
die Samurai niederknieten, um ihrem
Führer den Schwur der Treue abzu
legen. Von Mutlosigkeit erfaßt, sank
sie zu Boden.
»Taro, Taro!" Sanza stürzte in
die Höhle. »Die Wächter kommen
über die Ebene. Wir sind verraten!'«
Mit durchdringendem Wutgeschrei
sprangen die Samurai au. O Kitu
San hörte, wie sie an hr vorbei
stiirmten, um die Höhle zu verlassen.
Nur Taro blieb zurück, von seinem
Lager vernahm sie Stöhnen und Flu
chen. Fieber hielt ihn vom Kampfe
zurück. Sie tappte sich ihren Weg bis
an fein Lager und rief ihn beim Na
men, doch als sie ihm ihre Hand ent
gegenstreckte, stieß er sie grimmig zu
rück.
s »Du falsche O Kitu,« stöhnte er,
»daß Du uns hintergehen tonntestt«
»Taro, höre mich an,« flehte sie.
»Wenn sie mich nun verdächtigt hät
ten und mich bewachen ließen. Ich
schwöre, daß ich Dich nicht wissentlich
verraten habe. Taro, Du hast mich
nicht angehört. Meine Augen —'«
»Sprich nicht weiter-, O Kitu
San.«
Mit rascher Geberde zog er seinen
Dolch hervor und steckte ihn ihr zu.
»Bist Du eine Sarniirai, so nimm
ihn,« sagte er talt und wandte sich
ab.
Sie verbarg die Klinge in ihrem
Haar und taumelte aus der Höhle.
Zwei der Geächteten sliisterten mit
einander, als sie an ihnen vorüber
lam.
»Wenn sie,« sagte der eine, »über
den Kinn-Paß omnien, so sind wir
sicher, urid sollten sie nach hunderteii
zählen; wenn sie den Weg ain Fluß
kennen, so bedeutet es —«
O Ritu San hatte verstanden. Der
Paß zog sich dicht unterhalb der
höhle hin. Es war eine schmale
Schlucht, die sechs Mann Brust an
Brust nur mit Mühe durchs-hatten
konnten. Durch einen vultanischen
Augbru war eine unsörniige Masse
von Getein Und Geröll von der
Bergseite gesprengt worden. Sie
hielt fich, gestiigt durch einen Felsen.
nicht über Mannesgröße in ihrer
Lage. Man tonnte von der Oeff
nung der Döhle den Felsen ohne wei
teres mit einem starken Keulenhieb
entfernen. Ein Stoß —- und die
ganze Masse würde in den Paß hin
unterstützen.
O Kilu San lroch hinaus in die
Finsternis, den Bergabhang hinun
er.
Es war eine Stunde vor Sonnen
aufgang. Sanza von seinem Wäch
k- -....— ,-. .-EF..
terturm hörte als erster Männer
tritte und Stimmengewitr.
»Sie lommen,« rief er und eilte zur
Höhle. »Und sie kommen vom Paß.«
Behutsarn, ohne einen Laut von
sich zu geben, schlichen die Geächteten
hervor und blickten auf ihre Verfol
ger herab.
Jm Halbdunlel der frühen Däm
merung war es kaum möglich, ihre
Zahl zu schätzen. Yoshi wandte sich
um und sah den kranken Taro for
schend an.
ruhig und wandte sich ab.
Yoshi ergriff den abgebrochenen
Ast eines Baumes und schritt an den
Fels. Stille herrschte ringsum. Die
Geächteten hielten den Atem an und
warteten. Die Bersolger, etwa sechzig
Mann, befanden sich unterhalb der
gefährlichen Felsmassr.
»Die Götter haben den Verrat ei-’
net Frau zurückgewiesen,« sagte Tarol
i
i
i
i
i
i
1
Da erscholl glockenhell Yoshisi
Stimme in der klaren Morgenlüft,s
und die Berge ringsum gaben dasi
Echo des Rufes zurück. Zweimal
schwang er den Ast um fein Haupt,
dann schlug er mit aller Kraft gegen
den Fels.
Donnergetiise erfüllte die Luft, ge
folgt oom Schreien und Aechzen vie
ler Sterbenden. Dann legte sich das
Schweigen des Todes über den Berg
abhang.
Taro kroch mühselig an den Ab
hang, wo andere Geächtete bleich und
zitternd vor Schrecken zusammenhalt
teii. — Der Paß war angefüllt von
Körpern, zerrissenen Gliedmaßen und
Waffen.
Horch, was war das? Vom Tal
herauf lam ein Ruf: ,,Taro, Taro!"
Niemand sprachein Wort, alle wand
ten sich nach ihrem Führer um. Bleich
bis iii die Lippen mühte er sich den
Abhang hinunter, zwischen Fels und
Erde und Menschenüberresten ......
Sie folgten ihm, bis sie auf einen
Körper stießen, der von dem scharfen
und zackigen Gestein und Geröll zer
rissen war. Nur der Kopf war un
beschädigt geblieben — das Gesicht,
das mit feinen lichtlosen Augen ihnen
zugewandt war. war das der O Kilu
San. Behutfam richteten sie die
Arme auf und legten ihr Haupt auf
die Knie ihres Geliebten. Langfam
öffneten sich ihre Lippen:
»Taro, Taro.«
»Hier bin ich, O Kilu San,« stieß
er hervor.
Todesliicheln spielte um ihre blin
den Augen.
»Taro, Geliebter, ich war es nicht,
die Dich verraten hat. Jch gab meine
Augen — die Augen, die Du so ge
liebt hast — damit ich sie nicht zum
Verge führen tonnte.«
Ein fchmaler, roter Streif lam
von ihren Lippen und ließ fie nicht
weitersprechen.
»O Kitu San, ich verstehe,« flü
sterte Taro. »Du hast Dein Leben
für mich geopfert.«
Wieder lächelte sie, und die Mor
genfonne, die hinter dem alten Fuji
Yama auftauchte, übergoß ihr Antlitz
mit ihrer Glut.
»Und dann —- dann führte ich sie
durch den Paß,« sagte sie matt und
tonlos. .
Er antwortete nicht, Tränen über-.
strömten fein Antliß, schnell und
schneller überzog ihre Züge die Bläffes
des Todes. !
»Doch —- was — was bedeutet ei
nem Samuraimädchen der Tod —
wenn —- es für die stirbt —- die es
liebt?!« i
Er neigte sich tiefer zu ihr herab
und küßte fie.
»O Kitu San, mögen die Götter
Dir hold sein. Ja, Du bist eine Sa
murai — und ich —«
» »Du, Taro —- Du —- bist —
mein — mein Bräutigam.«
» Sie schloß ihre blinden Augen und
zschlief, und Taro, der Geächtete, nahm
lang ihrem Haar den Dolch. Gemein
sam traten sie die Reise an, nach dem
siebenten, weißen Himmel. «
sff
sahns-kommend
. Der Großherzog von Weimar
pflegte stets die zwei folgenden Rätsel
iaufzugebem
I1»Was würden Sie tun, wenn.
Auflö-»
iSie ein szahnarzt wären?«
ssung: »Der Zeit den Zahn aus
ziehen.«
2. »Was würden Sie tun, wenn
Sie ein Tducher wären?« Auflö
sung: »Jn das Meer der Ewigkeit
auftauchen.«
Dem König Friedrich Wilhelm war
diese Marotte nicht unbekannt geblie
ben. Und richtig, als sie miteinander
zusammentrafen, fragte der Großher
zog den König mit verschmitztem Lä
cheln und einer Betonung, als handle
es sich um eine Staatsaktion:
»Was würden Eure Majestiit tun
wenn Sie ein Zahnarzt wären?«
sich einen Augenblick besänne. Dann
erwiderte er km ernstesten Tone der
Welt:
»Ich würde in das Meer der Ewig
leit eintauchen.«
—- V i e l v e r sprechend.
Fremder (der zahlen möchte): »Wu
iiber erbricht der Wirt sich den Kon
its bin doch nur zwei Tage hier
gewesen —- da hat er doch keine große
Rechnung zu schreibenf«
stell ner:
KunftP
Friedrich Wilhelm tat, als ob er;
»Ja, das ist eben die
sietje Stier-er-.
Stiger von Anny v. Windung-.
Um den Leuchtturm der Jnsel
Marien zogen die weißen zierlichen
Möwen ihre ruhigen Kreise, und mit
sehnsüchtigen Augen lugte Mietje
Bloemers in die Höhe.
Mietje Bloemers hatte Sehnsucht
nach der Ferne, nach der Welt, die
da weit über den Wassern lag, nach
der Welt, die so ganz anders sein
sollte, als die enge kleine Welt, in
der sie lebte.
Sie wußte nicht viel von dem
»Draußen·', weiter wie nach Mon
nickendam oder Broet war sie noch
nicht gekommen, aber der Amsterda
mer Herr-, der im Gasthaus da unten,
nahe atn Landungsplatz, wohnte, hat
te ihr von der großen Welt erzählt.
Die Wirtin plauderte aus, Hen
drrr van der Burgh sei ein sehr be
rühmter Mann, so einer, der Bücher
schreibe und viel Geld dafür erhalte,
und er wäre nur nach Marien ge
kommen, um die Jnselbewohner, ihr
Leben und Treiben lennen zu lernen;
Er wollte davon in einem Buche schrei
en.
Mietje half ab und zu im Gast
haug aus, und dabei fügte es sich,
daß der feine schlanle Herr zuwei
len mit ihr sprach. Ein vaarrnal hatte
sie ihn auch aus Marien herumge
führt.
Dann ging Mietje Bloemers dem
schlanren Manne leichtfüßig zur Seite
im blumengestickten Spenser, und die
beiden goldroten dicken Höngelocken,
die ihr in Korlziehersorrn zu beiden
Seiten des Gesichts weit über den«
Brustlatz niederfielen, pendelten hin
und her. Jhre Scheu vor dem Frem
den schwand bald, und sie hörte eifrig
zu, wenn er ihr von den Menschen
sprach, die irgendwo da drüben über
der weiten See wohnten, und groß-;
äugig schritt die Sehnsucht hinein ins
Mietje Bloemerg junges Leben unds
ließ sich nicht bannen, nicht nieder-s
zwingen-— Aber immer, wenn Mietje
an die ihr fremde Welt dachte, stand
darinnen ein hoher blonder Mann
mit lecken lachenden Augen und lecken
Lippen. Lippen, die sich gestern zur
Dämmerftunde schnell und heiß aus
ihren rosigen unberührten Mund ge-(
legt. Damit hatte er ihr wohl erst
recht die Sehnsucht ins Herz geküßt.
Die Mutter nannte sie gestern
abend scherzend »Dromertje«, weil sie
gar so verträumt gewesen. Und
Heiko Berenbal, ihr junger Nachbar,
der diese Woche nicht hinausgesahren
aus den Fang, weil er sein Boot
ausbessern mußte, und der sich zu
lurzer Unterhaltung eingefunden, sah
sie so forschend an, so sragend. Spä
ter meinte dann die Mutter, wie vor
dem schon so ost, Heilo Berenbat
wäre der bravste und sleißigste Fi
scher aus Marien und der rechte
Mann für sie und er habe sie von
Herzen gern. Aber Mietje wich sol
chen Reden aus. Vor Heilos breite,
wuchtige Erscheinung schob sich Hen
dril van der Burghs elegante schmale
Figur, und seine Worte schmeichelten
und lockten .....
Jmmer noch starrte Mietje ver
träumt in den slimmernden Som
mertag.
Das Gras bog sich unter festem
Männertritt, Hendrit van der Burgh
trat leiser aus« je näher er dem ein
samen Mädchen inni, und dann mit
schneller Bewegung ihr von rückwärts
die Hände über die Augen legend,
sliisterte er: »Wer ist’s?«
Gewandt machte sich Mietje frei,
gun stand sie in purpurner Verlegen
eit. «
Jn seinen Augen blitzte es begehr
lich auf und er umsaßte das Mäd
chen: »Sei nicht so scheu, Schön
Mietje, es ist ja lein Mensch weit
Und breit, niemand sieht uns, und ich
habe Dich lieb, Mietje, das will ich
Dir doch sagen, denn in ein paar
Stunden muß ich sort, weißt Du,
zurück« nach Amsterdam.«
Sie wehrte sich nicht mehr und sah
ihn mit ersrxrockenen Augen an:
»Fort«, wiederholte sie mechanisch,
als könnte sie den Sinn dieses Wortes
nicht fassen.
»Ja, Mietje, es geht fort. Be
lannte sind Vormittag mit dem Ha
venstoomboot angekommen, die brach
ten wichtige Nachrichten, ich muß
heim.««
Er zog das Mädchen noch dichter
an sich: »Ich habe mich fortgestohlen,
um Dir Lebewobl zu sagen, Mietje,
allein Lebewohl zu sagen.'«
Sie ließ sich willig von ihm küssen,
und plötzlich brach ein stoßweises
Schluchzen aus ihrer Brust, ihr gan
zer Körper erzitterte von der Heftig
teit des Weinens. »Ich sterbe vor
Sehnsucht, Herr, wenn Jhr sort seid«,
sliisterie sie und verbarg ihre Augen
mit beiden Händen.
Er ließ sie los. »Ach Mietje, ich
lomme bald einmal wieder«, ein lei
ses Lächeln flog iiber sein ein wenig
mildes Gesicht, ,,schade, Mädel, daß
man nicht immer so handeln lann,
wie man möchte, aber nichts davon,
sei gewiß, ich komme wieder,« tröstete
er. Er sah auf seine Uhr, »doch nun
ist es Zeit, ich muß gehen, lebewohl,
»kleine süße Mietje. Und hör’, in mei
nem Buche da sollst Du einen Eh
renplatz haben, über die schönste Jn
sulanerin Mariens will ich schreiben
»und viele Menschen, Mietje, werden
von Dir lesen, viele, viele Menschen«
»Von mir wollt Ihr schreiben
Herrs« ungläubig war ihr Ton.
»Gewiß«, bestätigte er. »denn von
allem, was ich auf Marien sand«
tratst Tu das Eigenartigste und
Schönste.«
»Noch einmal Lebewohl, Mietje,«
er zog sie wieder an sich, »aus frohes
Wiedersehen.«
»Aus Wiedersehen«, gab sie laut
und fest zurück.
Er löste sich von ihr, und ihr die
Hand reichend, sprach er: »Nun ha
ben wir uns Lebewohl gesagt, nun
bitte ich Dich, tonim’ nicht ans
Dampfboot oder ins Gasthaus, das
würde uns den Abschied nur erschwe
ren.«
Sie nickte unter Tränen und sah
seiner schlanten Gestalt nach, so lange
sie zu sehen war.
——--—.----—--·
Mietje konnte ihr Versprechen nicht
halten, nein, sie mußte ihn noch ein
mal sehen, den Mann, der all ihr
Denken, ihr Fühlen erschüttert und
sie so verwandelt in der kurzen Zeit,
da sie ihn kannte.
An das Boot freilich würde sie nicht
gehen, aber ins Gasthaus hinunter
wollte sie laufen, möglich, daß Frau
Spruijt Hilfe brauchte in der Wirt
schaft, dann konnte sie ihn vielleicht
flüchtig noch einmal zu Gesicht be
kommen, ohne daß er ihrer gewahr
wurde.
Jhn sehen, einmal noch, nur ein
einziges Mal.
Frau Spruijt war emsig beschäf
tigt. Die Herrschaften wollten noch
einen guten Kasfee trinken, erzählte
sie dem Mädchen und die Frau von
dem Amsterdamer Herrn, die gekom
men wäre, ihren Mann abzuholen«
sei sehr schön und elegan«
»Er hat —- eine — Frau?« Ganz
fassungslos brach es aus Mietje her
vor.
,,Freilich«, erwiderte die Wirtin,
die eben Geschirr auf einem Tabiett
zusammensiellte , »aber deshalb
brauchst Du doch nicht so erschreckt
auszusehcn, das geht Dich doch gar
nichts an.«
Mietje rang sich ein gequält-s Lü
cheln ab, ihr war’s, als habe ihr eine
rauhe Hand ins Gesicht geschlagen:
»Nein, das geht mich garnichts an
und ich bin auch darum nicht er
schreckt, nein, mir fiel nur ein, daß
er ja abreisi und ich ihm noch was
sagen muß, was Wichtiges, was er
zu seinem neuen Buche braucht«, log
die sonst so Stille geschwätzig, »ich
sollte mich noch nach was erkundigt-n
für ihn.«
»So, na da geh’ doch ins Gast
zimmer und sage es ihm.«
Mit schneller Bewegung trat Miet
je in den langen Raum, in dem nur
wenige Tische standen, niemand au
ßer Hendrit van der Burgh und sei
ner Frau befand sich darinnen. Ru
hig ging Mietje auf die beiden zu
und ohne eine Anrede abzuwarten,
begann sie zu reden. Kurz und ein
wenig überstürzt tam es ihr vom
Munde: »Verzeiht Herr, daß ich Euch
stören muß, ich wollte Euch blon sa
gen, wenn Jhr Euer Buch über Mar
len schreibt, schreibt nichts von mir
da hinein, kein Wort«, spröde wie
splitterndes Glas ward ihre Stimme,
»ich will es nicht, es geht niemand
auf der weiten Welt etwas an. wer
Mietje Bloemers ist, niemand, nnd
Jhr habt kein Recht dazu, es den Leu
ten zu erzählen.« lan tief aus«-th
mend schloß sie: ,,Heiko Berenbak, der
wohl mein Mann wird, wiirde sich
darüber ärgern.«
Schnell, wie sie gekonunen, war sie
wieder verschwunden.
Die junge Frau lachte laut und be
lustigt aus und das Lachen flog Mietje
nach und jagte ihr das Blut in die
Wangen.
So schnell sie konnte, eilte sir iiber
die Wiesen hin, bis zu der Stelle,
wo er vorhin von ihr Abschied genom
men. Jhre tränenverduntelten Auan
sahen wie suchend über die Zuiderser.
Da drüben lag die grofje Welt, nach
der sie Sehnsucht getragen, aber da
rinnen wohnten Liige und Falschheit,
das wußte sie nun, Lüge und Falsch
hett aber konnten weh tun, entsetzlich
weh. Ein verächtlicher Zug legte sieh
um den frischen jungen Mädchenmund
und gab dem schöngeschnittenen Ge
sicht etwas unsagbar Herbes Tuch
unter dem ,Trost eines beruhigenden
Gedankens hellte sich das urndiifterte
Antlitz mit einem Male aus. Hier-,
aus dem kleinen Jnselreich, hier« in
der engen Heimat, lebte ja die Wahr
heit! Alle Sehnsucht. alles Fernw
weh erstarb in Mietje Bloemers und
auch die Liebe zu dem fremden Mann,
der aus der fremden falschen Welt ge
kommen und wieder dahin zurücke
kehrte.
Da hinten rechts löste sich eben das
Habenstoomboot vom Landungsplatz
und zog mit kühner Schwenkung hin
aus, schwamm wie ein riesiger Fisch
über die goldbraunen Wogen der Zut
dersee und verlor sich langsam in der
grenzenlosen Wasserweite. —- — —
Mietje atmete ties auf, wie befreit.
Nun wollte sie der Mutter Wunsch
erfüllen und den sleißigen Heilo zum
Mann nehmen, bei ihm Jvar sie in
gutem Schutz. Bald werde ich mir
Hetko Beeenbats Anfangsbuchstaben
in die Haube sticlen, dachte sie und
sghre Augen blickten ruhig und zusties
GU.