Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 22, 1912, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats— Anzetger und II set-old
Jaksisw iiiiiii I9I2 Hwi Thi
9 ummcr 32
Ein kleines Heu-.
BonMarg Reicheli Karstem
Oft in des Weltgetiimmels argem
Schrei’n
Kommt mir der Wunsch nach Still
gedorgensein,
Nach einem kleinen, trauten Friedens
haus,
Dort ruhte ich von Streit und Käm
psen aus!
Und meine Sehnsucht geht liindau3,
landein
Und sucht ein häuschem recht im Son
nenschein
Jm Grünen liegt 's, mit Linden vor
der Tiir .
Mit eines Gärtchens bunter Blumen- i
zier.
Und in dem Stäbchen wohnt Beschei
denheit,
Die rechte Liebe und Glückseligleit
Mein Häuschen du« mein Glück, mein
riedensttaurm
Wo blieb siir d ch aus dieser Erde
Raum?
Kein Gut ist mein nur meine Sehn
sucht baut,
Wenn sie erfreut die fremden Häuschen
, chaut.
Doch. einmal wird auch mir ein solcher
Schv ,
Jn grünem Garten. wo ein stiller
las,
Ein eignes, schlichtes, tleines Frie
denshaus,
Dort ruh’ ich dann fiir immer, immer
aus!
Der Sonnenschim.
Von A. Charlton
Bei den Jours der Gräfin Mil
branch war der Freund des Hauses
Mr. hossord, Ches der Londoner Ge
heimpolizei, ein gern gesehener Gast;
er verstand es, durch seine »Fort-sm
peleien« (wie er seine selbsterlebten
Berussgeschichteik nannte),. die Gesell
schast zu atniisiren oder in Schrecken
und Spannung zu versehen —- je nach
seiner Laune.
Eines Tages wurde er wieder von
den Damen bestürmt, eine seiner in
teressanten Geschichten zum besten zu
geben.
»Da ich keine Primadonna bin«,
sagte Mr. Hossorv schließlich. »geziernt
es mir wohl nicht, mich lange bitten
zu lassen. Jch will Ihnen also die
Geschichte einer hübschen und klugen
Frau, ihres Freundes und einer Kol
lettion von Brillant-Broschen erzählen.
Jch glaube, es ist am besten, wenn ich
die verschiedenen Einzelheiten. die mir
später bekannt wurden, chronologisch
aneinanderreihe, um meine Erzählung
eindrucksvoller zu gestalten. Dars ich
Sie, meine Damen. daher bitten, mich
in Gedanken nach der Oxsordstreet,
zum Laden des Jhnen wohlbetannten
Juweliers Sylvester, zu begleiten. Die
Zeit der Handlung war etwa halb vier
Uhr; das Wetter draußen war ebenso
schön und heiter wie heute. Eine ele
gante Equipage fuhr vor, der eine ta
dellos gekleidete junge Frau entstieg,
die in den Laden einirai. Es war
eine Frau von jener Anmut und Ele
ganz, wie man sie selten sindet.
.k
VII lcug Im quclgcuucp uns-( ue
Sinne-Kleid und einen aleichfarbigen,
riesengroßen Nembrandthut; in der
Hand hielt sie einen duftigen, mit
Seideniranien garnierten Sonnen
schirrn, den sie auf das Ladenpult vor
sich hinlegte. Der Verlaufer begrüßte
die hübsche Kundin in zuvortommend
ster Weise und fragte nach ihren
. Wünschen
Die Dame ließ iich Grimm-Bro
ichen und Ohrgehänge zeigen --—— ihr
Benehmen während der Befichtigung’
des Schmuckeg war tadellos und voll
kommen ladhlite, so daß es dem ge
iibten Vertöustr, der sie, wie be·-«
tanntlich ein jeder Juwelier es tut«
genau beobachtete, nie in den Sinn ge- «
tornrnen wäre, dieie Dame eines Dieb
ltahls zu berdächtigen Endlich hatte
sie ihre Wahl getroffen und eine sehr
wertvolle Broiehe gewählt.
Der Preis war siebenhundert Pfund
—- die Käuierin verriet ihre Sicherheit
in derartigen Geschäften durch ihr
Verlangen, bon der Summe einen Be
trag erl- Kassatonto in Abzug zu
bringen — was der Juwelier bereit
willis zusagte.
Nun entnahm die Dorne ihrer
Handtafche ein wohlgeiiilltei Geld
tälchchen und bezahlte den Preis in
ernwandtreien Vontnotem
Soweit ging ia alles normal und
»daqu- Daun zog sie ihre
edeliteinbeiedie Uhr hervor und ber
glieh die Zeit mit der iiber dem Pult
hängenden Laden-Uhr. Anscheinend
erschreckt, bat sie den Verkäuser. ihren
Einkauf möglichst rasch zu derpacten,
Pa sie nun, so sagte sie, in großer Eile
ei.
Durch das gute Geschäft und ein ge
winnendes Lächeln der schönen Frau
in arglose Stimmung versetzt, be
mühte sich der Juwelier, diesequnsch
möglichst nachzukommen und vergaß
darüber sogar, die Kassette mit den
übrigen Broschen sortzuriiumem auf
der auch einige ungesaßte Brillanten
lagen.
; Mit liebenswürdigem Dank nahm
zdie Dame das kleine Piickchen aus sei
nen Händen und erhob sich von dem
Taburett; gleichzeitig nahm sie mit der
anderen Hand ihren Sonnenschirm
vorn Pult. Doch die langen Seiden
sransen hatten sich in eine der Bro
schen verwickelt, und die Kassette mit
den kostbaren Juwelen siel zu Boden;
in ihrem Schrecken hatte die Schöne
auch den Schirm sallen lassen. Der
Schmuck war iiber den ganzen Boden
des Lokals zerstreut, der größte Teil
war bis zur Eingangstiir gerollt. Jm
selben Augenblick wurde diese Tür
geöffnet, und ein wohlgepslegter,»
eleganter Herr blieb, nachdem er die»
Situation überblickt hatte, einen Mo
ment zweifelnd auf der Schwelle steY
ben. Dann ging er vorsichtig, um
auf keines der Schmuckstiicke zu tre,
ten, auf das Verlausspult zu.
Die Dame war in größter Aufre:
gung; sie beugte sich herab, um dem
Juwelier beim Auslesen der Broschen
behilflich zu sein, doch, sich plötzlich
besinnend, seßte sie sich wieder aus
ihren Platz und brachte in vielen
Worten ihr Bedauern über ihre Un
geschicklichteit zum Ausdruck Der
Schirm lag noch immer auf dem Fuß
boden. Inzwischen hatte auch der
Herr sich auf einen Sessel niederge
lassen.
»Ich kann Jhnen leider nicht behilf
lich sein, da, im Falle ein Schmuck
sitict fehlen sollte, immer ein Verdacht
aus den Helser sällt,« sagte er lachend.
So sahen die beiden Kunden zu,
während der Juwelier sich bemühte,
die iiber den Raum verstreuten Stücke
auszulesen und wieder aus der Kas
sette zu ordnen. · Doch vier bis siins
ungesaßte Steine fehlten, als er
schließlich die Juwelen nachzählte.
Die Situation war für den Ver
täuser äußerst peinlich. Er konnte die
Dame nicht nut des Diebstahlg be
ziehtigen, da sie während der Suche
teines der Schmuckstiicke beriihrt hatte
eine ungeschickte Bewegung und
nicht aus einen wohliiberlegten Trick
zurückzuführen zu sein.
Die Sache war wirklich äußerst
schwierig, da der Juwelier nicht wagte,
die Dame nach ihrer Adresse zu srass
gen: er tonnte nicht wissen, ob er ess
nicht ain Ende mit einer hochstehendeui
Dame oder mit einer Verwandten ei J
ner seiner aristotratischen Kundinneni
zu tun habe « und in diesem Falle
wollte er auch nicht den leisesten Schein
eines Mißtrauens zeigen. Auch den!
eben getornmenen Herrn tonnte er nicht ;
recht mit dem Verschwinden der»
Steine in Zusammenhang bringen, da»
dieser die ganze Zeit regungslos da
gesessen war und mit der Dame in tei
nertei Beziehungen zu stehen schien.
Da hats die Dame dem Juwen er
selbst über diese unangenehme !-itin
tion hinweg, indem sie ihm ihren Na
men nannte und als Adresse eines der
elegantesten Hotelg angab, wo sie, wie
sie sagte, noch einige Tage verbleiben
werde. Sie bat, ihr balbmöglichst«
mitzuteilen, ob die durch ihr Ver
schulven in Verlust geratenen Steine
wieder gefunden worden seien. Für
den Augenblick glaube sie aber, sei
ihre Anwesenheit im Lolal von gerin
gern Nutzen, auch habe sie, wie schon
zuvor erwähnt, große Eile.
Der Herr, der eingetreten war, wäh
- rend der Schmuck am Boden lag, hörte
ilachelnd zu und sagte, sich in seinen
iSetsel zurücklehnenb, er habe es gar
nicht eilig und könne warten.
Die Sache war so schlau eingesädelt.
daß es den beiden wohl gelungen wäre,
ihre Beute ins Trockene zu bringen,
wenn nicht Mr. Shlvester hinter der
Glaiwand seines Compioirs die Szene
aufmerksam beobachtet und mich sofort
televhonisch verständigt hätte. Jch
sprang in mein Auto und war weniae
Minuten später an Ort und Stelle,
noch gerade irn richtigen Moment, um
die Dame, die bereits den Thürgrisf in
der band hielt, als ich ankam, im Lo
tal zurückhalten zu können.
Jch trat nicht in den Laden ein. son
dern aelanate durch den Hauislur in
Mr. Solvesteri Privatbureauz wo mir
dieser kurz den Vorfall schilderte. Er
hatte von Anfang an die ganze Situa
tion siir gemacht gehalten und war
überzeugt, daß die beiden im Einver
ständnis mit einander waren, obwoh!
er nicht sagen konnte, aus welche Weise
sie sich der Steine hätten bemächtigen
können.
Jch schlug den Vorhang vorsichtig
zurück, um unbeobachtet den Schauplatz
zu besichtigen.
Der Vertäuser und ein herzugeeilter
Kommio bemühten sich noch immer, am
Boden lauernd, die Steine zu finden
Jch sah, wie die Dame zur Tür schrei
tend noch ostentativ ihren Sonnen
schirm schüttelte, um zu zeigen, daß
darin kein Stein verborgen sein
könne. Dann legte sie die Hand aus
die Türschnallex mein Blick streifte
den au Pulte siyenden Herrn s und
sim selben Augenblick waren all meine
thveifel versiegen « ich riß die Tür
des Comptoirs aus und eilte in den
Laden, um die .’Dame anzuhalten.
» Ich hatte in dem harmlos Da
sitzenden einen der beriichtigtsten Gau
ner Londons erkannt. Mr. Sylvester
drückte aus einen Knopf und der für
derartige Zwischenfälle berechnete
eleltrische Türschließer tat seine
Schuldigteit, indem er die ,Dame’
vergeblich an der Türe riitteln ließ,
denn diese hatte sich bereits geschlossen.
Mein Hirn arbeitete fieberhaft, wäh
rend meine Augen suchend den Laden
streiften. Ein Seufzer der Erleichte
rung entrang sich meiner Brust --— ich
hatte das Spiel ausgedeckt! Aus dem
Boden, von der Tür, bis zum Ver
lausspunit hin, waren zwei, drei
balbtreissörmige, schwarze Flecke
sichtbar. Nun wußte ich auch, wo die
Sieine verborgen waren. Jch ver
ständigte mich durch Zeichen mit den
zwei Angestellten, die rasch den Kun
den von riickwärts saßten und aus sei
nem Sessel festhielten.
Der Angtiss war so gut und rasch
ausgeführt worden, daß der Fremde.
lder abnungslos vor sich hingeschaut
hatte, im Schrecken die Füße hochng
und mir in diesem Augenblick die
Richtigkeit meiner Vermutung bestä
tiate.
'Die Absätze seiner Schuhe waren
ausgehöhlt und die Höhlung war mit
schwarzem Wachs ausgefüllt; in die
ser weichen Masse steckten die gesuch
ten Steine! Der Gauner wäre, hätte
nicht Mr. Syloester die Situation
rasch erfaßt, wahrscheinlich mit sei
ner Beute unbeanstandet entkommen.
Jn der Salpeterwttsie.
Vau Charlet Itraseek l Ttiiricisk
Jn lanascho tiarr Utorgensriibe war
ich aus Jquiqne einem haupthasen
der chilenischen Salpeterwiiste, ausge
ritten auf berggewohntem Polizei
pferd, das man mir aus eine Empfeh
lung hin geliehen hatte. Jch wollte
meinen Freund, den alten Bergmeister
zu Santa Rosa, jener Silbetmine hoch
oben in der Pampa, besuchen, hatte den
Weg vor einigen Wochen schon einmal
gemacht und getraute mich, ibn siihrers
los wieder zu finden.
Die Pampa wird erreicht, wenn
man mehrere hintereinanderliegende
Terrassen, die sich stuscnsörmig aus
dem Meer erbeben, überwunden hat,--«
erst dann gelangt man in die über tau
send Meter gelegene eigentliche Wüste.
Den zweiten steil ausstrebenden
Hang ritt ich entlang, nachdem ich zu
svor die breite Ebene, die zwischen der
’ersten Terrnsse und diesem sang liegt,
tm Galopp durchsegt hatte, wandte
mich nun aber nicht ostwärts, wo die
breitete Spur gegen die nächstgelegene
Salpeterossizin wies, sondern hielt
mich nach Süden, an eine schmale, we
niger begangene, in die Sandhiigel der
Küstenlordilleren hinein, in denen das
Selberbergwert lag, das ich mir zum
Ziel gesetzt.
Die Wüste war eine vollkommene
Kein Gewächs, iein Moos-, ieine
Flechte, iein Tier. Einige schwarze
Vögel, wie Punkte, weit hinten, wo ich
die See wußte
Ab und zu führten Spuren zu bei
den Seiten in die Berge hinein. Jch
folgte einem rundausge«suchteten Tal
ir- derjenigen Richtung, die mir durch
einige scharigezeichnete Hügelformen in
der Erinnerung vorgeschrieben erschie
nen.
Jch wnr nun drei Stunden im Sat
tel « Durst, Hunger — ein kleiner
Halt, die Satteltaschen zu untersuchen
Noch zwei Stunden, dann war ich nm
Ziel. Jch durfte ii«glich aufräurnen.
Da hatten mir die guten Jquiquen
niergaitireundc unter anderem wirklich
auch noch den Rest der Anchovispafte
mitgegeben, die mir bei ihnen so ge
tmmdet hatte. Scharses Zeug in die
ser Trockenheit und hitze; etwas un
vernünftig, viel davon aufs Butter
brot zu schmieren —- aber kalter Tee
spülte den scharfen Geschmack wohl
herunter. Merkwürdig genau, so
schildert er mir die Erinnerung, bes..h
ich mir die Tube, in welcher die Paste
übers Meer gesandt worden war, mich
mahneno wie wunderbar es doch. fei,
d ich in dieser wesenlosen Wüste die
R te eines eigentlich rein gaumenrei
zeden Erzeugnisse-S menschlichen Be
dükfeng zurücklassen werde, eine Sta
nioltnbe mit roter Jnschristx »An
ch n-Paste, extrafeine Qualität, ga
ra tiert haltbar. Mit Speisesarbe ge
tötet. Llnchovy-Paste ift tiihl aufzuhe
toahren." Jch warf sie hinter mich und
sie lnm neben die hungrig aus dem
Sand herausgestreclten gebleichten;
Kinnbaclentnochen eines hier oerendesf
ten Maultiers zu liegen. Dann rittl
ich weiter auf imm·r noch vielfacher
Spur.
Was war denn auf einmal mit mei
nen Augen? Sie sahen nicht scharf
mehr, sondern durch einen Schleier,
durch einen leichten Dunst. Die um
liegenden Hagel tauchten wie in Nebel
ein, zwei. drei Minuten noch, dann sah
ich um teines Pferdes Länge mehr vor
mi hin ---- »die Camanchaca!« schrie
es ie von irgend woher, schrie es wie
aus mir ich war in den gefürchte
ten cotdrohenden Wüstennebel geraten
Das Pferd schnob aufgeregt, blies
sStIahlen seinen Dunste-Z aus den ge
blähten Nüstern —-- ,,ruhig Blut, mein
einziger Freund! wir suchen den
Kompaß und seiner Hilfe gewiß, reiten
wir tapfer ans Ziel!« Jch öffnete die
Satteltafchen rechts leer — links
leer! Ich hatte doch ausdrück
lich Auftrag gegeben, ihn einzu
packen. Sollte der zuverlässige, chile
nifche Soldat das Notloendigfte ver
nitchliissiat haben? Er verlor doch
mehr nlg ich — ich nur mein Leben s
-- I.J.. lnt-—hl N— L..- lIIZkt.s--.L-i
II pclll PICIU- ·- FIII »Ist PI s.Ul(lIl-,UI:
tem? Vorn am Sattel waren zwei
akkiiwdische Taschen für große Reiter
pistolen angebracht Auch da nichts!
Nun fühlte ich die Gefahr-. Sie
iiterlief mich langsam, wie ein kalter, ;
unendlich feuchter Herbftregen. Rings
uku aber glamm Irutofenhitzr. Auch!
vorher war es glutig gewesen, sengend
heiß, aber eine bräunende. das Kranlet
atstötende Hitze, nicht eine dampfige,i
tropische wie sie mich jetzt einwickelteu «
Jck hätte um Hilfe schreien mögen«
iiihlte aber, wie jeder Laut im Ansatzj
eiitirtt war Nur hinter mir hörte ich
ein heiteres Krächzen, als ob dort
große« gierige Vögel Unheil aus-ge
schrieen hätten.
»Vorwärts« mein Werd! Dem
Miich dem Zufall, dem Schicksal, das
uns so jung nicht vertommen läßt, ver
traut! Noch haben wir die Fährte vor
uns!«
Da hörte sie auf. Plötzlich, unver
mittelt; unbegreiflicherweise standen
wir in nie betretenem, furchtbar wei
fiem Sand, der mit dein dicken, dicken,
wie eine Mauer um uns ragenden Ne
bel verschmolz. »Zurück« Die Spur
war nicht zu tilldms »Nach »Mqu
Wir lreuzten sie nich! »Nach linke-H
iteiu anderer Erfolg. »Dann richten
wir uns eben nach der Sonne!' Keini
liellerer Schein verriet durch den Nebel,
wo sie stund. »Dort ungesayr---dann
iniissen wir dahin reiten!« Und mutig
first-ten wir «dal)in«. Wir steigert em
por. Wir waren auf einer Höhe. Zu
Leiden Seiten sentte ec- sich in die Tiefe
man fühlte nur, man sal) es nicht.
Landwehen ragten ad und zu dicht
neben uns auf. Dann wieder war eine
Kruste von Kalt und Kochsalz über
den Sand geweht, dasz Cz hohl klang
beim Darüberreiten, alg ob tiefe Glei
istxerspalten unter Schneebriicten ge
lauert hätten. Maschnial sant ein
sllferdehuf ein und unvermittelt steil
fentte es sich svftmalg in die Tiefe.
Dann wieder hinaus, wieder ein Stück
ebener Erde. wieder hinab hinauf,
ltinab ein, zwei, dr i Stunden ritt
ich so.
Ein Uhr. Das etwas langhaarige
Pferd war bedecktmit seisentchaumarti
gern Schweiß. Jch ward mir bewußt,
das3 ich ohne Ziel und Richtung durch
die Wüste mich bewegte, die endlose, ge
woltige Wüste. Wieder und wieder
hatte ich die Satteltaschen nach dern
Kompaß durchsucht.
Plöhlich geriet ich aus eine Spur,
eine breite Spur-, das Glück. der Zu
fall, das Schicksal, das uns so jung
nicht vertommen lassen wollte, hatte
uns, das Pserd und mich, gerettet.
Wenn ich den in den Sand abgedrück
ten Psetdehufen entlang zuriiclritt.lam
ich ans Meer, zu Freunden, zu Men
sclsent
Zurück? Was war zurück? Wo
stand die Sonne? Stunden und Stun
den hatte ich nun schon den weißen
Schein der Nebelmauern um mich. Jch
wandte, in der blindratenden Hoff
nung, dies als ein Zurück deuten zu
dürfen. Jmmerzu folgte ich mit auf
die Erde gehefteten Blicken der Fähttr.
So fah ich auch meine leere Ancho
vyuaftentube im Sande liegen. Ich
las-«- ganz deutlich die Worte, die nach
oben lagen: ,,Garantiert . . . mit Spei
fcfarbe" · .. Daneben die gebleichten
Maultiertinnbacken.
Jm Kreis geritten? Stunden und
Stunden im Kreis geritten!
Links von der Spur lag die Tube·
Demzufolge ritt ich in der Tat zurück,
hatten doch die Knochen rechts vom
Wege gelegen. als ich ausritt — ich
wußte die Rettung finden. Mit ju
belndem Mut erfüllt, mit überftrömen
der Dankbarkeit gegen die Vorsehung,
fiigte ich der Spur.
Da hörte sie wieder auf. Vor mir
nat- ein steiler Berghang empor. Jch
drehte das Pferd. Nur meine eigene,
vereinzelte Spur war sichtbar auf »ein
paar Schritte. Nichts mehr von den
vielen Hufen, die halb verweht im
Sande gelegen hatten. Wie sich dies
eretgnet hatte, weifz ich noch heute nicht.
Aret auch andere, die in die heimtiicki
frhe Camanchaca geraten sind, haben
Aehnliches erlebt, das wurde mir oft
berichtet
So folgte ich meiner eigenen Fährte
unl- verlor sie, wie die vorige. vielfache.
Ursnxiderbringlich war sie in die Einiide
ausgelaufen Hilflos. elend, mit To
deschnung im Herzen, ftand ich da.
thi fühlte, daß ein schwarzer Vorhang
iilier die Augen sich deckte, ich fühlte
den Schwindel,der feine Drohberoegun
gen um mich ansetzte — es durfte nicht
fem! Schwerfällig hob ich das bleierne
richte Bein aus dem Bügel und ließ
mich vom Pferderiicten hinabgleiten.
Nach einmal wolltetmich alle Taschen
outs)1ucqell, Ieueli Muts-h nur-, nur-;
Ich schnallte den Sattel ab. Jch
band die Pistolenhalftern los,ich lehrte
sie nm und schüttelte sie aus, — da ge
schah das Wunders Der Kompaß rollte
heivor. Zu unterst im Gehäuse, dort.
wo sich das Lederzeug siir die Aufnah
me des Pistolenlaufes verengte, mußte
er gesteckt haben, ·- nun lag er im
Sc:nde, nun hielt ich das tiible Eisen
mit der zitternden Magnetnadel in der
Hand. Und richtete mich auf.
Erst jetzt fiel es mir ein« mit einer
wütenden Bewegung, mit einem sinnlo
sen Hin- und Herschlentern der Arme
die um mich versammelte Gesellschaft
zu erschrecken. Sie anszuscheuchem
gelang mir nicht. Denn schon seit
Stunden hatten mich die Aasgeier be:
gleitet. Jn der Luft hatte ich sie nicht
getchen, aber, sowie ich einmal Halt
niaclste, tauchten sie, im Nebel vergrö
ßert, aran nnd abscheulich, grotesk und
aaszsreudia, neben mir auf. Zuerst
war es ein einzelner, dann deren drei.
vier, dann waren es ihrer ein Dutzend,
und jetzt stießen und drängten sie um
mich herum, achtzehn der garstigen,
lclJllöpiiqen Tiere ziililte ich, welche,
widrige, heisere Schreie augstoßendsich
ab und zu, siist träge. in die Federn
hackten, ab nnd zu aushiipsten nnd sich
um den nächsten Platz bei uns, dem
Pferd und mir, balgten. Kaum siins
Schritte entfernt, so daß ich die vorder
sten deutlich, die hintersten aber schon
ins Nebel aufgedunsen, verqnollen, er
kennen konnte.
Einstweileu begriffen iie nicht, das;
da- runde, glitzernde Ding in meiner
Hand mich ihnen entriss, mich mit nie
getanntem Mut, mit unbeschreiblicher
Lebensfreude erfüllte.
Und nun in der Richtung nachSanta
Roh! Denn ich war den Silberminen
duch wohl näher, als Jauique. Die
Uhr zeigte auf vier. Die übermächtige
Freude hatte mir die Müdigkeit nicht
»bewußt werden lassen, nachdem aber
der erste Rausch sich gelegt, begann ich
zu zittern: wollte sich der schwarze
H Vorhang wieder vor die Augen senten,
glaubte ich, zusammenzubrechen?
Jch hatte das Gefühl, alLs sei ich zu
miide, um irgend mehr etwas zu füh:
len. Die ungeheure Hitze, die um mich
wogte, kam mir wie Kälte vor, konnte
ebensogut auch Kälte sein --— ich wußte
nickt mehr, was kalt und was heiß ge
nannt wurde— nein, es war die Kälte,
durch die ich ritt, eisige, furchtbare
Kälte, der Sand, der zu meinen Fü
ßen rieselte, war schneeweiß, schnee-.
schneeweiß, war Schnee, war Iörniger,
hartgefrorener Schnee —- ich ritt am
Kamm eines hohen, hohen Berges
durch den Winter, den Winter der Al
penheimat.
Die Gegend war mir wohlbekannt.
Aus dem Lauterbrunnental war ich
emporgeklommen, zwischen schwebe
sclrwertem schwarzen Tannenwäldern
hindurch, — nun ritt ich über die wun
derweiten Felder der im Dezember
niantel verkleideten Scheidegg gegen die
Grindelwaldnerseite hin. Es war das
Größte, Gewaltigste, was ich je erlebt
hatte. Der Atem der Kraft, die Win
terbergluft, hatte mich angeweht, die
-
Eifesstille der Einsamkeit hatte mich«
umarmt. Und ein Weltenbautvert, ein
Himmelsdom,wuchs vor meinen Augen
auf, ein königlicher, majestätischerBerg,
aus blauschwarzen, übereiften Fliihen,
aus brandenden, grüngespaltenen Glei
fchern, aus goldenen, von der Abend
sonne verklärten Schneefirmen. Mitten
im Weltall stand et, das wie ein Meer
in den Abgrunden schäumen mußte,
aus denen er sich emporreckte, der große «
Berg, die Jungfrau, das Machtvvllfte,
Hehrste, Stolzefte. Jch fant vom
Pferde, kniete nieder nnd bete.
Als ich aufblickte, geweckt von einem
tiihlen Luftzug, zerfloß rings um mich
ein dichter Nebel. Ich kniete im San
de, in feinkörnigem Sande — der
Schnee zog sich lautlos in die Erde zu
rück, wurde von ihr eingeatmet —
Sand quoll daraus hervor — Sand,
Stmd, Sand.
Fast lotrecht fiel es vor mir in die
Tiefe ab. Zu Füßen des zerrissenen
Hanges fah ich einige Hütten, Geriifte
und Kantine —- die Silberminen von
Santa Rofa.
Noch tiefer glitten Hügelwellen um
Hiigeltvellen in die ungeheure Ebene, in
die Patnpa hinauslaufend — schnee
weiß zuerst, wie unabsehbare Firm,
immer weiter sich verlierend und aus
gleichend, bis sie an eine duftige, blaue
Mauer gelangten, in welche das mäch
tiae Bild der Jungfrau« das ich noch
eben geschaut hatte, zusammengesunken
nsak —- die fernen, fernen hohen An
den. Und wirklich qlitzerten von dort
her Schneefelder im Abendsonnen
goldc
——-·0——.——
Die Stockes-.
Mit Gewißheit läßt sich der Ge
brauch der Glocken, zu gotteskienfilsi
chen Handlungen einzuladen, itr den
Anfang des 7. Jahrhunderts nachwei
sen. Vorher bediente man sich zu die
sem Zwecke eines Ausrufers, eines
Hornsigncls oder des Schlagens auf
Bretter und dergleichen. Die erste in
Form und Zusammensetzung den heu
tiaen ähnliche Glorie ertönte auf dem
Dorne zu Nola in Kampaniem und als
Erfinder der Glocken wird der hochge
lelrrte Bischof Paulinus genannt.
Hiervon erzählt die Legende: Die
Sonne war im Sinken, als der from
me Mann aber eine Waldwiefe still
sinnend dahinschritt Der goldene Pur
pur des Abendrots durchaliihte dus
Blatterariin der leise raufchenden
Bäume, und rings umher herrschte ein
so seliaer Friede, daß Paulinus un
willtiirlich die Hände faltete und aus
rief: »Herr der Welten, sei qeltenedeit
und aeuriesem Gib mir ein Zeichen,
das) du jetzt bei mir weilst und liei mir
bleiben wirst bis ans Ende der Tage«
Da begann es leise im llmlreife zu sm
aen, und der fromme Beter gewahrte,
wie die blauen Glockenbliimchen ihre
ziöpfeben im Abendwinde wieateth
Zur Erinneruna an diese seliqe Stun
de lief; der Bischof eine große Glocken
dluine gießen. die stets beim Gebete der
Gemeinde ertlana, nnd das war die
erste ziircbeniiloele, die zum Preise des
Christenaottes aeaossen wurde. Jndes
nur langsam verbreitete sieh der Ge
brauch der Glocken, und lanae Zeit ers
tönte ihre Stimme nur vorn Turm ei
uer einsamen, nieltentlegenen Kloster
tirclie. Jm Jahre 610 bewogen die
Oklvcten der Steplmnslirche zu Ok
leaniz ein feindliches Heer zum Stau
nen und zur Flucht. Eifrig sorgte siir
ihre Einführuin Karl der Große, und
der erste Papst, unter dem Glocken in
Ihm erklungen, war Sabiuian Ur
itsriiunlich wurden die Glocken in be
spndercn Glockenttirrnen neben dem
Rotte-: lmuse Jufqehiinai Jn neuerer
Zeit lni man bei drrZusmnmenstellunq
inebrerer Glocken in einem Geläute be
fonderg nuf ihr harmonische-? Zusam
menftinnnen, aetröhnlich in einem
Dreiklang (Dur oder Moll), Rücksicht
qenommen. Unsere Dichter haben dem
Moctentlcma vielfach schöne Worte und
Verse gewidmet Man denke an
Schillers »Lied von der Glocke« und
an Gustav Frentaas mundervolleSchilss
derunizi des ersten Glockenläutenss in
Deutschland in feinem Ahnenromnn
.,Jngraoan«.
Neurilemm-.
Wirt (die Rechnung für den Frem
den ausstellend): »Die einzelnenPoften
auswerfem das verstelf ich besser,
aber das Zusammenrechnen überlasse
ich meiner Alten, da kriegt die am
s«
meisten heraus·
Immer Geschäftsmann.
Kaufmann (zu einem Bekannten
über seinen Sohn sprechend): »Ich fag’
Dir, der Junge ist großartig; wenn
ich rechne, wag ich aufgewendet habe,
so verzinst et sich mit 34 Prozent.«