Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 15, 1912, Zweiter Theil, Image 11

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    Mr Schreika v
« Umi- Innkstkngti.
No. 610. Heut will ich Jhne awwek
doch verzähle, wie meine Pattie aus
falle is. Soweit wie ich kon tnt
nd, hen ich tein Fehlt mit Zenne
könne« answer ich will nit vorgreife.
Die Membecfch von unseren Klob sin
all in Zeit komme un se hen all en
Steil angehnbt, als wenn se zu den
Mistek Piekpahnt, Kahtneckie odder
Rockelfellet inweitet gewese wäre. Das
hat mich sehr gut fühle mache un ich
hen mich auch gefreut, daß die We
desweileen vie einzige war, wo in e
Katickodteß komme is; wenn se auch
eins von die neumodische Schabth
ewohte hat, einiger Mensch hat doch
yet-n könne, daß se mehr wie e heiert
Gehei, wenn es haust tliene duht, ge
dteßt war, als wie e Lehvie wo in
Sasseiethee geht.
Wer hen zuerscht Kards gespielt un
ich hen Preises gewtve, die ware nit
schlappi. Der erschte Lehdiespreis
war e set-er for e zwei Dahler Pehr
Kittglosss, der zweite war e Battel
Persiuhm wo ich en Dahler sor he
zahlt gehabt hen; der erichte Schents
preis war e Backs tennsents Sickars
un der zweite e Packetneis wo ich auch
en Dahler sor ausgepohniet hen. Bie
seids das hen ich noch for jedes Mem
her, wo kein Preis gewonne hat, en
Kannsolehschenpreis gehabt. wo auch
jeder sechs Schilling geloit hat un den
Weg, hen ich gesickert, tann niemand
iicke. Mer hen mit ganz neue Decke
espielt. wo ich auch en sehnzie Preis
For bezahlt hen un der Mister Blessina
hat gesagt, wer heut nit spiele tönnt,
der derst die Kards nit for blehme.
Jn den Ponsche is auch lein Hitsch
vorlonnne un den Weg war alles«
sättissäckterir.
Wie mer fertig mit Spiele ware,
sin die Preises verteilt worde Un Se
mache sich kein Begriff, wie häppig se
all gesiihlt hen. Die Miß Guntersch
blukn hat gesagt, das tviir doch das
feinste war sie gesehn hätt un so hat
sich jedes den Weg rast-reizt Nur die
Wedeöweilerm die hat die Sach nit
gegliche. Se hat nit geliat, awwer, se
hat auch lein Wort gesagt un ich weiß
immer was das meine duht. Well, ich
den nickt drum saewwr. ich hen die
Piebels emal zeige wolle, daß, wenn
die Lizzie will, daß se ebbes mache
kann, wo alles annere biete duht.
Nach die Preioderteilung hen ich die
Piebels gefragt, ob se jetzt plies in den
Deiningruhm tomme wollte ior e
wenig zu lonsche. Off Kohrs hen ich
das nit zwei mal zu sage brauche.
Wie se den Deiningruhm un den Ieh
bel gesehn hen, da hen se all ah! ge
macht. Es war awwer auch e Pietfch.
Jch hen mich en Nickerwehter geheiert
gehabt wo an den Tehbet hat warte
müsse, bitahs tch hen mich doch auch
sey- un das Miel inscheue wolle. Zu
er cht is en Eufter Kaettehl gefehrft
worde. Die mehrschte hen gar nit ge
wißt, was es war, awwer se hen es
all gesse un hen mit die Zunge ge
schnalzt. Die Wedesweilern hat ihren
nit getotfchL Se hat gesagt, se deht
nit for kehre, betahs se müßt e wenig
Iehrfull mit ihren Stpmmeck fein. Ich
den oss Rades besser gen-ißt was der
Riesen war. ’
Dann is Kohnfomcnee komme, wo
tn Kvppi gesehrft is wotde un soll is
T
auch for die mehrschte e neues Iiets
fcher gewese. Die Missus Peiper hat
sogar gejagt, es wär jonnie, daß ich
i
i
den Kajjee schon gleich zu die Be- ;
ginning schrie deht un hat sich Kriem
in ihre Kopp getan. Well, ioas der
Bauer nit kennt das ißt et nit, is e
aites Sehing. Dann is Schicken kom
me un das war autefeit. O mei was
hen die Piebeis eingehaue! Es war e
gutes Ding, daß ich von alles plentie
gehabt hen, jo daß aljo auch in den
Riegard kein Kick komme konnt. Die
Wedesweiketn hat an alles e wenig ge
nippeit awwer ich weiß gut genug. daß
se sich nit satt gesse hat, hikahs ich
kenne ihre Kapiissither. Well, ich hen
noch en feine Pudding gehabt un den
jchwellfte Kehk wo Se sich nur denke
könne. Der Kleimäcks war e Mandel
tort un Eiskriem un de feinfte Kassee
wo nur gemacht wer’n kann mit with
Krienn Off Kohrs hen ich auch dien
tie Fruht gehabt un wie das Miel
fertig war, hat jedes en feine Kohrdi
ichiel kriegt un die Schenkelmiinner
feine Sickahrs un dann hen mer noch ’
e arig gute Zeit gehabt. Es war zwei »
klhr Morgens wie die Piebels fort
in.
Arn nächste Morgen is die Wedesi
weiler zu mich komme un hat gesagt:
»Nun Lizzie, jetzt will ich dich emal
ebbes sage: Du bischt krehsig un das
is all was du bist. Rufst du das en
LonjchLZ ich denke das war e Bänk
wett; du hast unseren schöne Kiob
ausgebroche. bikahs jede oon die Leh
dies is iohr an dich. Keine von die
annere Lehdies kann jo ebhes mache,
»bikahs in die erjchte Lein will Nie
wand zu den Truhek gehn un dann
hat-auch keine die Möhns sich so in
ca spe nzeg zut ster r.ze Ich for mein
iPart kann es nit ersordere un for den
Riesen duhn ich hiermit von den Kloh
rieseine. Mein Hosbnnd muß sich
sauer iwehle for unser Lewe zu mache
un sor den Riesen tönne mir zu tein
Millioan Klob belnnge. Un es wär
auch viel besser, wenn du e klein we
nig an die Fjuhtscher denie un ebbes
sor en rehnie Deh sehse dehtsi. Wenn
ich so viele Kids hätt wie du, dann
deht ich mich schehme un wär efsreht
zu so Eckspenzes zu gehn un ich deht
denke, ei wiir e Kreim an meine Kin
ner. So fest weißtdm wie ich denke.«
Dann is se fort gange un ich hen mich
geärgert, dasz ich am liebste an die
Sieling getfchomvt wär. So ebbes
nennt sich mein Freund!
Mit allerhand Achtung
Yours
Lizzie hanfstengei.
- ---·.-.—-—
Entlukvt.
Bett-erben »Ich bin doch Ihre erste
und einzige Liebe, Fräulein Elsa?«
Elsa: »Aber natürlich! Was glau
ben Sie denn?«
Bett-erben »D, so gieb mir einen
Kuß, Du herrliches Mädchen!'«
Elsa lim Momente der Umarmung
heftig niesend): ,,8u dumm, daß mir
das auch jedesmal passieren muß!«
Ein Problem.
»Eollege Müller ist ja in letzter
Zeit immer so in Gedanten versun
len.«
. »Ach ja, der will eine Bureaus Uhr
;ertinden, die Früh nach und Abends
vorgehtLX
; -
! Glosse.
F Bei einer Teilhaberschast ist meist
der Eine der Vorteilhaher.
ist-see Lis·
»Wie wak gestern das Fesiessen?«
,,Btillant, lein einziger ist zum Re
den gelommenk"
c Oedenkliche Zustimmung.
»Na, war das Publikum gestern
seht begeistert von Ihrem Spiel?«
»Kolossal! Als ich gegen Ende des »
ersten Altes sagte, ich würde mich ek
ttiinlen, da stand das ganze Publi- ;
lum aus und schrie einstimmigBrado!«
Die Konsequenz. l
»Sie haben Maky einen Flügel ge- i
schenll, lieber Schwiegervak, nunI
sausen Sie mir doch auch ein Auto- :
mobil?«
»Ah-zu denn?«
»Zum Aussahten, wenn sie spielt!« I
l
—- «Di1nmelbanbeIIelem-ntl Reff rißt mir der Kerl dort in der Ecke, der
mir schon seit zwei Jahren fein Geh h chuldig ist mit diesen meinen eIgeuen
Zähnen die lehre cum von der Nai- wegl«
ukiisgsffggsichatze W
Jn allen Marinen ist das Bestreben
" aorhanden, die Geschäytaliber zu stei«
gern. Jn der englischen Marine ist
man in dieser Frage am kräftigsten
vorwärts gegangen und hat damit von
neuem bewiesen, daß die englische Ma
rine um jeden Preis den Vorrang be
haupten und nicht nur mehr und
größere Schisse bauen , sondern
auch aus diesen größeren Schif
fen Riesengeschiitze ausstellen will,
um damit alle anderen Marinen
in die zweite Linie zu drängen. Das
selbe hat man inEngland seinerzeit mit
dem Bau des ersten Linienschisseg vom
DreckdnonghtThp beabsichtigt Kein
Mensch in England hat geglaubt, das-:
irgend eine andere Mariae der engli
schen aus diesem lostspieligen Wege
solgen würde. Die Folge wäre dann
die Stabilisierung einer gewaltigen
endlischen Uebermacht über alle andes
ren Marinen gewesen. Wie sehr mar
sich hierin geirrt hat, ist ia bekannt.
Gerade der von den Engländern mit
so stolzer Emphase hegonnene Bau
der Dreadnought5, wodurch die älteren
- Linienschisfe ganz von selbst und Lei
I nahe automatisch ihren Wert verloren,
ist der Grund gewesen, daß die engli
T sche Uebermachi zur See heute viel we
- niger drückend ist, alk vor 1906, spe-:
« ziell sür Deutschland das an der Hand
des letzten Flottenaesetzes energisch den
Bau von Linienschissen gefordert und
damit das frühere Verhältnis von et
wa 53:1 mischen der englischen und
deutschen Mariae in das siir die letztere
viel günstigere von etwa s; englischen
zu 2 deutschen Papst-it sliips verwan:
deli haben.
Schon mehr als einmal haben ein
sichtiqe enaltsckje Beurteiler den Bau
der ersten Dreadnoughts bedauert,aber
das ist nun zu spät. alte Marinen ha
ben sich wohl oder übel dem englische-i
Beispiel eingeschlossen, und statt früher
nur mit der französischen und nord
ametitanischen Mariae als ernstliasten
Geanern rechnen zu müssen, muß Eng
es heute erleben, dass, die deutsche Flot
te in die erste Linie mit einaeriickt ist,
und daß viele friiher gründlich verachte
te lleinere Marinen, wie die österrei
chisch-unaarische. die italienische, sowie
die Marinen der siidameritanischen
Staaten, heute Schiffe bauen, die den
neuesten englischen Dreadnoughto
mindestens gleichwertin sind.
Dies: höchst uiigiinstiqe maritiine
Laqe suchen die Vettern jenseits der
Nordsee nun dadurch auszugleichen,
daß sie möglichst- cxrofze Riesenaeschiitze
auf ihren neuesten Linienfchifsen Und
Panzertreuzerm die sie zusammenfass
send als Eavital Shipg bezeichnen,
aufstellen. Schon sind auf drin neue
sten Panertreuzer Lion zu 27,000
Tonnen die neuen Zt4,.'-! Zentimeter von
45 Kaiiberlänqe mit gutem Erfolge er
probt worden; auf allen Schiffen des
Schiffsbau-Programms fiir 1911 und
1912 wird dasselbe Geschiiti einaes
baut; aber schon jegt heißt es, daß
ein Its Zentimeter-Geschüt) in Erer
lnmq sei; auch soll die betannte Fir
ma Vickers fiir die jatmiifche Matine
ein «15,t; Zentimeter Geschiitz tonstru
iert haben. Es wird aber mit dieser
Gieschiitzfraae den ifiialiinderu ebenso
eraehen, nsie mi: den Dreadnouaht5.
J Keine Marine, die auf der Höhe blei
den will, wird sich zuriictdriingen ins
? sen, und znan wird iiberall die Italitver
und Wirkung-straft der schweren Ar
titterie steigern, nachdem die enqlische
Mariae mit autern Beispiel voraus-one
aanqen ist. Die Nereiniqten Staaten
stellen aus den in Bau befindlichen
riet Schiffen der Texas-Klasse je l«
. EIT- Zentimeter von 45 Kaliber Länae
auf und versuchen ein 40,6 Zentimeter
Geschütz. Jetzt bat auch· wie einer
Notii in der letzten Nummer des-i
Schiffbau zu entnehmen ist, Arupp in
Essen bereits Versuche mit größeren
stalibern aemacl)t. Bisher tvar dir-:
Tk0,5 Zentimeter-Geschiitz das größte in
der deutschen Mariae zur Antoenduna
kommende schwere Schiffsaeschiitz.
Mit diesem Geschütz sind alle neuen
Linienschisse von der Helgoland
Klasse nn ausgerüstet Ein Mis
Ttentiineteraeschiitz hatte Kruvp schon
seit einiger Zeit in Versuch jetzt solt er
bereits ein 538 Zentimetergeschiitz von
50 Aaliber Länqe in Angriif qenoni
men haben. Ein so langes und
schweres Geschiitz tann nur Krupn zu
bauen wagen. Die «engliscben Gr
schiitze sind zurzeit immer noch Draht
nufwicketungsgesrtiiitze, aber es ist now
nicht gelungen, so schwere Geschiitze wie
ein 34,3 Zentimeter-Geschütz inDraht
auswiclelung silr die Länge von J«
Kalibern herzustellen, weil die innere
Festiqteit dieses Rohres den unqeyeui
ren Gussnannunqen beim Schuß nicht
amtng Die Kruppschen Ninarohre
leiden nicht unter diesem schwertniegen
den Nachteil. So soll das neue M
Zentimeter-Geschüt; euch 50 Aaliber
tnng sein. und es wird auch dieselbe,
alle Drahtaustrsictelutzgsgeschüsze weit
iidersteigende Leben dauer besitzen,
die von jeher das deutsche Geschiitzmas
terial ausgezeichnet hat. Das Ge
nvicht soll 102 Tonnen, das Geschossen
wicht 750 Kilogramm die Pult-erin
dnnq JlMiiogmmm betragen. Mit
dieser Ladunq soll dem Geschoß die
außerordentliche Miindiingsdnrcti
schlagztrast von 1284 Meter Stahl
verliehen werden. Auch bei den mo
dernen, sehr bedeutenden Gesichtswi
ternungen von 8——10 Kilometer wür
tse von diesem Geschiitz ohl noch jeder
zurzeit schwimmende Se anzer bei
»h*-— a
i
senkrechtem Anstressen durchfchlagens
werden. (
Was wird nnn die Folge ter Aus-;
stellnng so ungeheurer Geschütze ans
sBord der neuesten Linienschifie seinH
»Die Gikfechtoentserntmgen noch zu ver- -
größern und darnit die Geschoßtvir
knnq adzuschmächen, geht ans optischen
Gründen nicht an, man wird also den
Seitenp.inzer, wenigstens nn den wich
tigstenStellem ver-größern müssen, das s
bedeutet aber wieder eine Vergröße-I
rnnq der Schiffe, denn an Schnellig-(
ieit und Gesechtstrast darf doch zur -
Stärkung deiensiver Eigenschaften bei
Leibe nichts qeopsert werden.
Hier aber erhebt sich eine Schranke:
’(7ine angemessene Vergrößerung des
Denlarement, der sonst technisch keiner
lei Schwierigkeiten entqeqenständen,
bedingt nnweiqerlich eine VergrisszeJ
rnnq der Breite nnd im allgemeinen I
mich eine, wenn auch mäßiqe Vergrö-»
serunq des Tieiannqs Der Schiffe.
Mir diesen sind feste Schranken gesetzt
durch die Tiefenverbältnisse der haupt
sächlich in Betracht kommende sen
cininhrten, Flnßmiindnnuem «;nnen
bäfen usw. Für die Breite sind maß
gebend die Durchsnhrien, Docktore,
Schleusenanlagen resiv. Diese beiden
Faitoren lassen sich nur unter unge
benren Unkosten. in vielen Fällen Tiber
banot nicht fiär größere Abmessungen
nnd Tiesqiinoe der Schiffe ändern,
nnd dazu wird sich bei den an nnd siir
sich schon in geometrischer Progression
nuchienden Kosten sür moderne Mari
nen kein Staat und kein Volk ver
stehen.
Man sieht, die Frage einer erheb
lieben Vergrößerung des Gefchiitztali
lsees rollt eine ganze Reihe von ande
ren wichtigen Fragen aus« und da auch
fiir uns wohl einmal nach dem Vor
aanae Englands die Notwendigkeit
zwingend werden wird, das Kaliber
unserer schweren Artillerie zu vergrö
fxern, ist es gut siib bei Zeiten iiber
diese Frage klar zu werden.
—-—-3—0-.-———-—
Wucher in der Türkei.
Das größte Heintnnis,dci·s dem Aus
sel,ioung der Türkei im Wege steht, ist
der entsetzliche Wucher, von dem das
ganze Reich heimgesucht wies-. Obwohl
er auch in der Stadt schwunghaft be
trieben wird, ist ihm doch hauptsächlich
dieLandbevölkeruna verfallen. Die Re
anrung sieht der Lkuspliinderung der
Bevölkerung durch habsüchtige Geld
berleiher ruhig zu und hat noch nichts
zur Bekämpfung der Wucherpest ge
ta:«.. Auch in der Kammer ist kaum
non; ernstlich die Rede davon gewesen;
ei- sitzt dort nämlich eine stattliche An
zahl von Volksausbeutern, und die
werden sich hüten, ihr autgehendes Ge
schäft selbst zu untergraben.
Der türkische Bauer ist arm, sehr
arm. Bei seinem geringen Fleiß, der
Sorglosigleit und Nachlässigkeit, wo
mit er seinen Beruf ausübt, und dem
Zieuerdruck, der auf ihm lastet, bleibt
ihm von seiner Ernte soviel, daf; er
notdürftig bis zur nächsten leben lann.
Dabei muß aber alles gut gehen, der
Ernteertrag reichlich sein, der Zehnten
dächter rechtzeitig seinen Zehnten neh
men« damit der Bauer die lirnte ein:
fiibren kann, und er darf auch teine
ungewöhnlichen Verluste erleiden, z. B.
nicht sein einziges Paar Biiffel verlie
ren. Solche Glücks-falle sind aber sel
ten, id so gelingt es nur den aller
wenigl ten Bauern, ohne Schulden zu
machen, auszulommen. Bei den mei
stkn ist die vorjähriae Ernte schon ei
niae Monate vor der neuen aufgezehrt,
und um leben zu lönnen, muß sich der
Bauer an den Wucherer wenden. Oder
er braucht für eine ausseraetoöhnliche
Aufwendung Geld, z. B. fiir den An
lauf eines neuen Gespannes oder einer
landwirtschaftlichenMaschine, und das
treibt ihn wieder dem Wucherer in die
Arme. Wer sich einmal mit ihm einge
lcssen hat, kommt sein Leben lang
nicht mehr los.
Der Wucherer leibt auf ungeheure
Zinsen, 5 bis 10 Piaster monatlich für
ein Pfund, das macht 60 bis lth Pro
zent im Jahre. Damit nicht genug,
bedingt er sich aus-, daß er für den ge
lichcnen BetragGetreide von der neuen
Ernte zu einem im voraus festgesetzten
Preise erhalte. So sichert sich der
Wucherer die neue Ernte zu einem bil
ligen Preise. Ein beliebter Knifs ist
der, den Preis für das Kilogramm zu
bestimmen, natürlich auch recht niedrig,
und vom Schuldner Lieserung in Ola
zu verlangen. Da 78 Ota gleich 100
Fiilogramm find, so gewinnt er dabei
noch einmal 28 Prozent.
Jn vielen Fällen borgt der bedürf
ige Landmann kein bares Geld, fon
dern Waren für seinen Unterhalt. Der
Ortstriimer eröffnet ihm beispielsweise
einen Kredit von 1000 Piaftern für
vier Monate. Die Waren werden dem
Schuldner nach Bedarf geliefert, na
türlich zu hoben Preisen, wogegen die
Zinsen vom Gesamtbetrage schon vom
Tage der Krediteröffnung an berechnet
werden. Der Schuldner muß also
Zinsen für Geld bezahlen, das er noch
gar nicht erhalten hat.
Dem Bauer gelingt es bei solchen
Bedingungen niemals, seine Schulden
abzuzahlem er gerät vielmehr immer
tiefer hinein. Der Wucherer macht ein
glänzendes Geschäft, und mit 3000
4000 Franken Kapital kann er von sei
nen Renten leben und noch ein Stimm
chen auf die Seite legen. Mit Wucher
gefchästen besassen sich hauptsächlich
die Dorflausleute, Geldwechsler, Zehn
rein-achten Getreidehändler u s. w.
Auf dem Lande vereinigen sich all diese
yBeschästigungen meistens in eineri
Person.
Gegen die Wuchers-est gibt es nur
ein Hilfsmittel: die Regierung muß!
der Landbevölkerung anderweitig bil:«
lägen Kredit berschassen Berusen da-I
zu träre die Landwirtschastsbank, dies
iilzerall Niederlassungen besitzt. Jbr
,(«3«-cschäftsgebaren ist aber echt türkisch
und umständlich und zeitraubend, und
dann hat sie auch nicht genug Mittel
verfügbar, um allen Kreditgesuchen
entsprechen zu können. Unter Abdul
Hamid war die Landwirtschastsbank
die Melkkuh, die bei jeder Ebbe im
Staatsschatz ausgiebig gemvlken wur
de. Der Staat schuldet ihr viele Mil-H
lionen, an deren Rückzahlung auch dies
Jungtürken noch nicht gedacht haben.»
Auch dir Gerichte könnten gegen diei
Wucher-er etwas erreichen, wenn sie von!
Amt-« wegen in deren Geschäfte hinein- ?
leuchten dürsten.
Gegen die Hauptursache der Armut
der Bauern, die sie in die Hände der«
Wucherer treibt, gegen die Sorglosigq
trit, Faulheit und GedankenlosigkeitL
der Bevölkerung kann die Regierung(
nichts tun, es sei denn, sie sorge sür
bessere Volksbildung Dafür bat man
leider auch in der neuen Türkei kein
Geld. Der Morgenländer hat eine
ausurordentlich lebhaste Einbildungs
hast« die ihm über alle Widerwärtig
keiten des Lebens hinwegbilst. Borgt
-er sich Geld aus vier Monate, so hosst
zer, daß sich in dieser Zeit durch beson
srerg glückliche Umstände seine wirt
isctxastliche Lage« derart bessern werde,
dass er seine Schuld mit Leichtigkeit
userde zurückzablen können. Natürlich
geben diese Träume nie in Erfütlung;
nach Ablauf ver vier Monate hat er
ebensowenig Geld wie früher, er ver
längert seine Schuld und nimmt noch
eine neue dazu auf, in der sicheren
Hoffnung, daß ihm diesmal das Glück
holder sein werde. Sein Fatalismus
lommt ihm dabei trefflich zu statten.
»Wenn Allah will, daß mein Wein
berg heuer nichts trage, so tann ich
mich seinem Willen nicht entgegenstem
men.« Er sieht ruhig zu, wie die Reb
lang seine Reben vernichtet, und
raucht gottergeben feine Zigarette, an
statt seine Reben tüchtig zu schwefeln.
Daß man auf solche Weise wirtschaft
lich nicht vorwärts kommt, ist selbst
verständlich.
Jn den Städten sind dein Wucher
hauptsächlich die tleinen Kaufleute und
Beamten ausgesetzt. Jene arbeiten alle
mit ungeniigendem Kapital und mitf
fen sich bei dem großen Wettbewerb,
der unter ihnen herrscht, mit dem ge
ringsten Gewinn begnügen Branchen
sie zur Einlösung eines Wechsels oder
eines Konoisementg schnell einige
Pfund, so hilft ihnen gern der Sarraf
lGeldwechsleU an der nächsten Stra
sieneclr. Er nimmt nur 250 Prozent
Zinsen. Der Sarraf digtontiert wohl
auch Gefälligleitswechsel der kleinen
Kaufleute, zu einem hohen Satz na
tätlich.
Die Beamten sind schrecklich ber
f(:«:r:ldet. Allerdings werden sie auch
schlecht bezahlt, sie entwiaeln aber auch
nackt lebantinischer Weise einen Luxus,
der weit iiber ihre Mittel geht. Die
Jcsilette der Frauen verschlingt oft
dag ganze AJionatseinloinmen des
Munne5. Alles wird auf Borg ge:
nonnuen, und am Ende des Monats
werden den Lieferanten kleine Abzahs
lungen gegeben. Das gebt eine Zeit,
kann wird beim Sarrafen eine An
leihe aufgenonnnen unter Gewährlei
stung zweier Kollegen Dieses Geld
ist schnell aufgebraucht, nnd dann wird
ein neues Darlehen aufgenommen u.
s. w. Wer die ersten Schulden glück
licl. gemacht hat, wag das schwierigste
ist, der begegnet dann bei seiner weite
ren Schuldenwirtschaft leinen Schwie
rigkeiten mehr. Je gröfier seine
Schuldenlait wird, desto mehr wird er
zu einem Gegenstand der Sorge fiir
seine Gläubiger. Kleine Beamte has
den bis 200 Pfund ssmom Schulden
ohne daß sie sich durch diese Riesenlaft
senterlich gedrüclt fiihlten. Ganz Kon
stantinopel ist auf eine unglaubliche
Weise verschuldet.
Manche dieser vertchuldeten Beam
ten haben das »Gliick«, in dem Ge
sclfäst oder der Verwaltung, wo sie an
gestellt sind, Geld unterschlagen und
damit ihre Schulden bezahlen zu tön
nen. Wird er erwischt. so sagt er lalt
bliiiig zu seinem Brotherrm »Wenn
Sie mich jetzt hinaus-schmeißen oder
dem Gericht übergeben, so ist Jhre
Forderung an mich unwiderbringlich
verloren, denn ich besitze nichts-. Wenn
Sie mich dagegen behalten und mein
Gehalt erhöhen, dann behalten Sie die
Ausbesserung zurück und rechnen sie
von meiner Schuld ab.« So wird es
auch gemacht.
Die soziale Entwicklung nimmt in
der Türkei die gleiche Richtung wie in
Europa. Vor einigen Jahrzehnten
noch waren die Voltsnuz beuter die
Talsiirsten (Derebeji5), die es verstarr
den, die Landbevijlterung für sich ar
beiten zu lassen. Abdul Hamid hat
diese Feudalherren zuni größten Teil
ausgerottet, nur die turdischen ließ er
weiter walten, und sie haben es durch
ihre Räubereien und Gewalttätigkeiten
qliicklich schon so weit gebracht, daß in
iturdistan ein allgemeiner Volks-aus
stand zu befürchten ist. Die Talfürs
sten waren gewiß auch teine Gemüts
inenschen, aber sie ließen zu ihrem ei
genen Vorteile die Bauern mindestens
leben. An ihre-Stelle ist mit der Ent
wiellung der Gelt-wirtschaft der Kapi
talist getreten, eben der Wucherer unter
den geme Wisfachen Formen.
---..- »- - .- . -—,-.--.-·-.- —. — m.
Der iennt tein Erbarmen mit feinen
Opfern. Jn feiner gefchäftlichen Tä
tigkeit findet er die weitesigehende Un
terftützung durch die staatlichen Behör
den« Richter und Gerichtsvollzieher,
Polizei und Gendarmerie warten nur
darauf, sich auf den armen Teufel von
Schuldner zu stürzen und ihm das
letzte Stück Vieh und den letzten Schef
fel Getreide meiftbietend zu verfchleu
dem. So ein Wucherer ift ein mäch
tiger Herr in feinem Bezirke, vor dem
sich nicht felten auch der Wali ver
beugt! Jn dieser Hinsicht hat die neue
Türkei nicht den geringften Fortschritt
gegen die alte gemacht.
Gustav Herlt.
———-.
Der Umsauq mit der seinen-.
Ueber dieer Thema fchreibt ein
deutschländifches Blatt: Wie die Zei
tung mit den hochgefchätzten Lefern
und hingebend zu verehrenden Leferin
nen umgehen foll, ift nicht zweifelhaft:
fie muß es jedem und jeder recht ma
chen! —- Sonft »spukt’s«. Da aber
die Kunft, es allen recht zu machen,
noch nicht erfunden ist, . .. Davon foll
alfo hier nicht die Rede fein; die sittli
chen, materiellen und geiftigen Forde
rungen an die Zeitung stehen feft be
gründet.
Aber wie ,,man«, das heißt der Le
! ser und jeder, der an Veröffentlichun
gen in der Zeitung interessiert ist, mit
fder Zeitung umgehen foll, wie er zur
iseitung kommen, für die Zeitung
? schreiben foll, darüber bestehen, wie es
’fcheint, in den höchsten wie tiefsten
Kreisen noch so mannigfache Zweifel
und Jrrtümer, daß wir an dieser
Stelle wohl wieder einmal ein paar
Worte darüber sagen dürfen: vor al
lem natürlich dem p. t. Publico zunutz
Die wichtigste Regel ist: Wenn Du
etwas für oder gegen die Zeitung hast,
so gehe gleich »zum Schmied und nicht
zum - Schmiedl«. Schreibe Deine
Schmerzen kurz — Du brauchst des
halb nicht gerade immer grob zu sein
«- und gut leserlich auf ein hinreichend
großes Papier und schicke es nicht an
eine Mittelsperson, sondern stets direkt
an die Redattiont Wenn Deine Zei
len abgedruckt werden sollen, magst Du
nur immer eine Seite vollschreiben, die
Rückseite des Papiers soll also frei
bleiben. Wer glaubt, daß seine für die
Veröffentlichung bestimmten Neuigkei
ten eher und besser in die Zeitung kom
men, wenn er sie einem wirklichen oder
angeblichen Mitarbeiter oder Freund
der Zeitung »verset3t« ium sie zu lan
cieren), der täuscht sich! Die Redak
tion ist nach Kräften bestrebt, jedem
begründeten Wunsch entgegenzukom
men, sie verlangt aber, daß ihr alles
»aus erster Quelle« ohne Umwege zu
fließt. Darin liegt selbstverständlich
kein Mißtrauen gegen die Freunde und
Mitarbeiter der Zeitung, sondern nur
eine Forderung, die bei unserem viel
vcrzweigten und verwickelten gesell
schaftlichen,wirtschaftlichen und politi
schen Leben grundlegend sein muß sür
eine Redaition, die auf allen Gebieten
zuverlässig und mit unantastbarer
Ehrenhaftigteit arbeiten will.
Leider muß in diesem Zusammen
hang immer wieder betont werden, daß
teine anständige deutsche Zeitung sich
redattionelle Beiträge irgendwelcher
Art s- also auch nicht Mitteilungen
über persönliche Angelegenheiten —
bezahlen läßt, daß im (.deg«.'nteil alle
Mitteilungen, die der Zeitung zugehen
und von ihr veröffentlicht werden, nach
bestimmten Sätzen honoriert werden«
soweit sie journalistischen Wert besitzen.
Zum Schluß noch eine dringende
Bitte an diejenigen, die die Reduktion
mit ihrem persönlichen Besuche beehren
oder beehren wollen: In den meisten
Fällen sind solche zeitrauliende Bemü
hungen überflüssig Eine Nachricht
oder Mitteilung, die nicht unbedingt
eine persönliche Aussprache mit der Re
daltion erfordert, sollte stets ohne viel
Umstände zu Papier gebracht und ein
gesandt oder bei der Reduktion abgege
ben werden« ohne mit einem Redakteur
darüber eine Unterhaltung anzulnüp
sen. Denn das ist ganz unnötig:
Wenn die Einsendnng irgend verwend
bar ist, wird sie entsprechend zur Gel
tung tornnien, wenn nicht« dann wird
der Verehrliche tsinsender von der Re
dattion gerne schriftlich iiber die Sach
lage unterrichtet werden. Auf diese
Weise sparen beide Teile ihre Zeit.
Sollte aber eine persönliche Aus
sprache in irgend einer Frage notwen
dig erscheinen, dann steht die Redak
tion in ihren täglichen Sprechstunden
jedem zur Verfügung« nnd es wäre nur
zu wünschen, wenn so manche-J Riß
verständnig ans diesem Wege sofort
aufgeklärt, mancher Beschwerde nachge
gangen werden könnte sp- zur beiden
seitigen Zufriedenheit!
Cop-—
Bei der Versanenstnnds Ausnahme-.
Zählen »Sie haben als Witwer
eine Witwe geheiratet. Wie stehth
denn nun mit den Jlinderns Setzen
Sie rnir das ’mal auseinander-t«
Hausherr: ,,Recht gern! .. .. Stellt
euch mal aus, Jhr Rangent
Also dies sind die meinigen, das die
ihrigen, und die da herumkriechen,
die uns’rigen!«
Meiner Unterschied-.
Herr: »Sie wollten doch ernen
neuen Motor siir Flugmaschinen et
sindent Sind Sie denn schon ’m-al
damit ausgestiegen?«
Erfinder-: »Ja die Lust ist mein
Motoe schon mal geflogen! Jn des
. Lust- — soweit bin ich noch nicht!"