Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 02, 1912, Zweiter Theil, Image 10

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    zEin Roman aus dem
Leben
Auf ererbtev SchoM
, (5. FortsetzungJ
»Jo, «er hat es mit gesagt. Ader
H kann mich nicht damit bescheiden.
Soll ich nur darum zwei Jahrzehnte
lang mit heißer Inbrunst diesen Au
Spblick herbeigesehnt haben, damit
s um einander jeßt fremd und kalt ge
Eeniider stehen, als hätte nur ein
zgleichgiiltiger Zufall. nicht das unse
, Bisse aller Mißverständnisse uns ge
« trennt«
Er sah, daß sie unwiderruflich ent
sschlossen war-, eine Aussprache herbei
ufiihten, und indem er um einige
itte von ihr zurücktrat, lehnte er
H mit iiber der Brust oerichriinlten
E Armen an einen der hohen Bücher
" schränik
»Wenn es ein Mißverständnis war
Ftaxt Scheviigerim so haben wir Alle
Ida-b seine Folgen nun längst der
tvunden. Weshalb sollen wir aus der
VerJeHeUheit herankbeichwöeem was
doch Keinem von uns Freude bereiten
könntek
.Und wer sagt Ihnen, daß ich es
die Gewißheit daß die damaligen Er
eignisse auch für mich bereits der Ver
, gessenheit angehören? Wohl mag es
- u spät sein, das Geschehene unge
zjsdsehen zu machen: and daß todtes
isliick sich nicht wieder zum Leben er
wecken läßt, weiß ich gut genug. Ich
trage meine Fesseln, und Sie haben
« für Jhre stolze Freiheit nichts mehr
von mir zu fiirchten. Welche Be
sorgniß könnte Sie also hindern,
großmüthig zu iein -- da es doch
schließlich nichts als ein barmherziges
Almosen ist, das- Sie mir damit ge
währen?" .
verwunden habe? Woher-nehmen Sie .
« »So lassen Sie mich denn erfahren,
was Sie von mir erwarten.«
: »O, es ist nicht viel! Der Em
pfang, den Sie mir soeben bereitet
haben, hat meine Erwartungen auf
das bescheidenste Maß herabgedrückt
Jch möchte nur Antwort haben auf
einige wenige Fragen.« ·
, »So weit ich dazu im Stande bin,
will ich sie gern geben« -
»Wohlan denn warum find Sie
damals bei Nacht und Nebel gleich
einem Verbrecher geil-obern obwohl
Sie doch wissen mußten. daß anen
reich-is geschehen konnte -— daß Alles
, nur sei-lichtet Schein war, was gegen
e Sie PUNIT« .
»Warum ich gegangen bin? Ja.
" wollen Sie das wirklich wissen?«
« »Ich habe vierundzwanzig Jahre
lang umsonst darüber gegrübeli.«
«Gni —- so will ich es Ihnen sagen
. Ich bin gegangen, weil meine Seele
vHeil unsäglichen Eielsff war vor mir
seibst nnd vor der Welt, die mich um
« gab, Ich habe mich in die Fremde
Masken Um mich selber wiederzu
n nnd das, was vielleicht noch
gut nnd rein geblieben war in meinem
. » Denn wenn ich auch vor dem
, seichter als schnldlos dagesianden
, vor meinem eigenen Gewissen
Ost ich schuldig, schuldig einer ganzen
-Oåhe von Verbrechen gegen Andere
M gegen mich selbst. Jch sand, daß
v shh Zeit war, ein anderes Leben
.»sqnsangen, und daß es sicherlich nie
.M geschehen würde, wenn ich nicht
diese Gelegenheit dazu benutzte Die
Bande, die mich mit meinen Angehö
« eigen verknüpften. waren ohnedies
zerrissen. Mein Vater hatte mir auf
iatberlichen Verdacht und elende Ver
lenmdung hin einen tödtlichen
Schimpf zugefügt, den ich niemals
wieder vergessen konnte, mein Bruder
" · hatte mich nichtswürdig hinterganaen,
nnd die, welche meinem Herzen näher
gestanden als Vater und Bruder —
doch verzeihen Sie, Frau Schwöoerin,
—- irh veraessr. tu wem ich spreche.«
»Ich habe nichts zu verzeilxn«, sagte
; sie leise, »und ich bitte Sie, fahren
I-- Sie ferti«
»Nun denn — es gab nichts mehr,
« das mich hier hätte zurückhalten tön
nen. Daß Dieser oder Jener meine
; ineht für einen Beweis meiner
: nehmen würde —- ivas küm
ssnette es mich! Jth empfand für die
--.efellfchaft, in der ich bis dahin ge
feht Otte, nichts als die tieffte Ge
Its-Witz und ich hatte deshalb
dieringfte Veranlassung« mich
Ia- tilviheer rachtuna zu fürchten. Und
stan- «feine Stimme nahm plöt
M einen veranderten Klang an, und
Ueszsarte kamen mit eigenthümlich
« arger Betonung über feine,
·- — «dann mußte die Wahrheit
anch ans Licht kommen, ohne daß
« h, nnr mich zu rechtfertigen
-hier ja Einiae, die gut genug
« daß ich keine von den Er
« seiten begangen hatte, die man
’ ne Varwnrf machte, und sie
« Mich feine nnd ehrlo
fein, es ndetfchtpeigenf
« her-zel- in dieser Annahme
itsntåi setönfchtch sagte die
: Mani- anffallend hastig.
M ei sie renn- anch einiger
iH. Das Sie damals
Deutschland fleiåtebirteem
Insel-seen a ei
ask-set ein Rothfeb das
sniemats ein Verlang-en gefühlt, Jhr
Vaterhaus wiederzusehen? Haben Sie
niemals etwas mie heimkoeh ern
pfunden?«
»Heimweh? — Es ist möglich, daß
sich diese schmächliche Regung hier und
da bemertlich machen wollte; aber ich
hatte sie jedenfalls bald überwunden.
Jch hatte ja einen Berus gesunden,
eine Lebensausgade und eine Lebens
arbeit. Sie glauben nicht, Frau
Schwägerin, als wie ein gutes und
wirtsames Heilmitel sich die Arbeit
gegen alle krankhaften Sentimentali
täten ern-ist«
»Ich muß es wohl glauben, da ich
jsa sehe, wie gründlich Sie davon lu
rirt worden sind«, erwiderte sie mit
seinem Anslug schmerzlicher Bitterkeit.
’ »Und da es nun also nicht das Heim
web gewesen ist« das Sie zu uns zu
rückgefiihrt hat, brauche ich wohl nicht
lange mehr zu suchen, um die Veran
lassung Jhrer Rückkehr zu erwidern
Sie sind gekommen. um Jhre Rache
zu nehmen an Allen. von denen Sie
sich damals betrogen oder beleidiatl
glaubtenW «
Berneiend schüttelte horst von
Bruchbausen den Kopf.
»Lassen Sie mich Jhnen ein sitr
allemal erklären, daß sich Niemand vor
meiner Rache zu siirchten braucht. Die
Liebe wie den Daß — ich habe sie in
diesen vierundzwanzig Jahren gleich
vollständig von mir abgethan Und
ich meine, es wäre nicht gar so schwer,
eine andere, ungleich einfacher-e und
minder romantische Erklärung siir
meinen Besuch in der alten Heimath
zu finden.«
»Sie haben ano reinen andere-n
Wunsch, als den. Jhr väterliches Erd
theil zu erheben? Und wenn es ge
schehen ist, wollen Sie Rhinvw wieder
verlassen?«
»So werden Sie sich immerhin da
rauf gefaßt machen müssen, ein daar
Wochen lang hier zu verweilen. Und
Sie werden damit Jhre Rache Indern
auch ohne daß Sie es ausdrücklich
wollen«
»Damit. daß ich mich hier aufhalte?
Jch verstehe Sie nicht, Frau Schwä
gerin.«
»So hat Ewald Ihnen nicht gesagt
zu welchem Zweck sich die Woldenbergs
augenblicklich auf Rhinow befinden?«
»Nein-«
»Es mag ihm an Muth gefehlt
haben. Und vielleicht wäre es ja auch
in der That ein allzu kühnes Wagniß
gewesen, in der Stunde des Wieder
sehenö an Jhre Großmuth zu appel
liren·«
-Jhre Worte werden mir immer
röthfelhafter, Darf ich Sie um eine
nähere Erklärung bitten?«
»Wohl! —- Warum sollte ich Ihnen
zu verbergen suchen, was Sie doch
bald aenuq erfahren haben würden —
daß Sie der Herr unseres Schicksals
sindz und der Zufall Sie aerade im
rechten Auaenblick herbeigeführt hat,
wenn es Ihnen darum zu thun ist,
Beraeltung zu ühen.«
.Jmmer dieser hinweig auf eine
Vergeltung an die ich nicht deniel
»Wie oft noch soll ich wiederholen daß
ich nicht in feindfeliger Absicht gekom
men bin? Jst eg denn so schwer, da
ran zu erlauan
»Jch werde daran glauben wenn ch!
den Beweis dafür erbalten habe —
nicbt früher! Sie hätten es freilich
leicht genera, ihn mir zu qebenf
»So lnssen Sie hören!"
»Die Gräsin Jutta von Woldenberg
ist mit den beiden Kindern ihres ver
storbenen Sohnes nach Rhinow ge
kommen, weil unsere Tochter Jrene
mit dem jungen Grafen verlobt wer
den soll. Ohne Jbr unerwartetes
Erscheinen wäre es vielleicht schon an
einem der nächsten Tage geschehen«
»Und mein Erscheinen —- aus wel
chem Grunde kann es ein hinderniß
für die Verwirklichung dieses Verlo
bunaöplaneg bilden?«
»Die Gräfin Jutta war Jhnen nie
knals freundlich gesinnt, nicht wahr?«
»Im Gegentbeil — ihr Benehmen
hatte mir ein Recht qegeben, sie für
meine Freundin zu halten«
»Dann ist diese Freundschaft jeden
falls nicht start genug gewesen, die
Zeit Ihrer Abwesenheit zu über
dauern Die Gräsin ist aus dem
Punkte, abzureisem weil sie von Jhrer
Rückkehr erfahren hat und weil Ewald
ihr deutlich zu verstehen gab, daß er
nicht gesonnen sei, ihretwegen seinem
Bruder die Thiir des Vaterhuuses zu
verschließenf
Für einen Moment guckte es far
tastisch um Vors» bsrtige Lippen;
aber schon im nächsten Augenblick hattet
sein Gesicht wieder den früheren, un
durchdringlich ruhigen und ernsten
Ausdruck angenommen
ter i das zu verstehen gege
den Hohl, tonnte es nicht andersj
you ihm erwarten. Aber diese Furcht 1
»der crisin Jutta vor einer Vegegnung
mit nett mußdochir gendwelche be
M Ursache habenam Und ei ist
sie-kn- YÆI « MI» n
neu-ein ·
» »spi- W ame
K Bfeinuhe heftig schüttelte Leonie den
op .
»Es wäre leichter. Schloß Rhinow
von der Stelle zu rücken, als ein
einmal gefaßtes Vorurtheil dieser
starrsinnigen Frau zu erschüttern· Ich
weiß nicht, welche Meinungen und
Vorstellungen sich während dieser vier
undzwanzig Jahre in ihrem Kopfe
festgesetit haben; aber sie hat aus ihrer
Abneigung gegen Sie so wenig Hehl
gemacht, daß es eine Thorheit wäre.
aus eine Sinnesönderung zu hoffen.'«
»Das ist ja recht bedauerlich fiir
mich; aber ich werde eben versuchen;
müssen, mich darüber hinweg zu sehen.
Und ich sehe noch immer nicht einJ
was es mit der Verlobung der jungen «
Leute zu schaffen hat.«
»Die Gräfin hat erklärt. daß sie der
Verbindung unter teinen Umständen
ihre Zustimmung geben werde, wenn
—- nun, wenn sie eben seht gezwungen
wird, von hier abzureisen.«
»Und meine Gegenwart allein ist
es. die sie dazu zwingt?«
h«
»Seht iiberraschend —- in der That!
Deshalb also mußten Sie mich so
nothwendig unter vier Augen spre
chen! Aber warum in aller Welt, ist
nicht mein Bruder gekommen, es mir
zu sagen? Glaubte er leichter zum
Ziele zu gelangen, wenn er Sie mit
dieser Aufgabe betrautei«
.Er hat mich nicht damit betraut
Und Alles, was ich Ihnen da soeben
offenbart habe, sagte ich Jhnen nicht
auf seinen Wunsch, sondern vielmehr
gegen feinen ausdrücklichen Willen.
Er fühlt sich so tief in Jhrer Schuld,
daß er zu jedem Opfer bereit ist, um
sie zu siihnem Er will lieber die Zu
kunft unseres Hauses und das Glück
unseres Kindes preisgeben, als daß er
Sie noch einmal an der Aufrichtialeit
feiger briiderlichen Liebe zweifeln
lä t.«
»Das Glück Jhres Kindes. sagen
Sie? Die jungen Leute, die da mit
einander verlobt werden sollen. haben
sich also sehr lieb?«
»Es ist eine Jugendliebe, Horsil
Jrene würde die Vereitelung ihrer
theuersten Hoffnungen niemals über
winden.«
.Und es giebt auch sonst noch einiae
triftige Gründe« die Sie das Zustan- .
bekommen dieser Verbindung wün
schen lassen, nicht wahrs«
»Ich habe keinen Grund, Ihnen die
Wahrheit zu verschweigen. Ja, es
ist, wie Sie vermuthen. Die Verhei
rathung Jrenens mit dem unermeßlich
reichen Grasen Woldenburg bedeutet
für Ewald viel mehr als nur eine er
freuliche Familien-Among —- sie be
deutet ihm gerade die Errettung von
dem Ruin.'
«Steht es so mit ihm? Er musz
schlimm gewirthfchastei haben, wenn
es dahin mit ihm kommen lonnte.«
»Ich verstehe nichts davon, und ich
habe mich nimmer darum gekäm
mert. Aber ich denle, er hat es nicht
besser und nicht schlimmer gemacht,
als alle die anderen GroßHrundbh
siher, die durch die Ungunst der Ber
hiiltnisse an den Rand des Verderbens
gedrängt worden sind. Und er war
in einer Hinsicht vielleicht noch schlech
ter daran, als sie, denn durch die-Ver- j
antwortuna tur die Verwaltung«
Jbres Erbtheilg waren ihm die Hände
aebunden. Er mußte in jedem Augen
blick daran gefaßt sein. daß Sie
lommen würden, Jhr Eiaenthum zu
fordern, und darum mußte er unne
niint hundert baiinstiae Gelegenheiten
vorüberaeben lassen. die ihm bei rasche
ren Zur-reisen vielleicht in den Stand
aesetet Mitten, sein Vermögen zu ver
größern«
»Das ist mir zwar nicht völlig ver
ständlich, aber es lehrt mich immerhin
ertennen, daß ich Ewald für die ge
wissenhaste Verwaltung meines Be
sitzes zu Dank verpflichtet bin. Und
es wäre wenig drüderlich gehandelt,
wenn ich mich ihm dafür nicht nach
meinen schwachen Kräften erkenntlich
zeigen wollte. Sagen Sie ihm also,
Frau Schtoiigerin, daß ich Rhinow
verlassen werde, sobald diese Vermö
gensangelegenheiten zwischen uns ge
ordnet sind.«
»Sie mögen ebenso wohl noch Mo
nate oder Jahre darüber hinaus hier
verweilen. Ewald sagte mir, daß er
unbedingt einig Wochen brau n
werde, um Ihr sicher angelegtes Er
thetl flüssig zu machen. Und das
Glück meines armen Kindes ist aus
die Entscheidung der nächsten Stunden
gestellt.«
»Ah, nun glaube ich Sie zu ver
stehen. Sie erwarten, daß ich mich
aus der Stelle wieder davon mache —
leise und heimlich wie ein Dieb —- und
ohne zuvor noch einen der übrigen Be
wohner oder der vornehmen Gäste
Jhrei hausei durch meinen wider
wiittigen Anblick erschreckt zu hat-entt«
»Nein, ich erwarte es nicht« Ich
sagte Ihnen ta, daß Sie gerade azur
rechten Zeit gekommen sind, um cht
nur Ihr Erd-theil, sondern auch jene
andere Schuld mit Zinsen nnd Zin
seeztnsen einzuweihen Nun Wen
Sie Deut-neun auf welche Itrt Stes
es am etnfachtien und sitt-ersten hesi
steten M « - ·
«Unb ich wäre in Jhren Augen na
titrlich ver unbarmherzigftc rachsüch
tigste Bösewicht. wenn ich es thätr.
Nun, wenn Jhre vertraulichen Mit
theilungen einen Appell an meine
Großmuth bedeuteten. so soll dieser
Uppell nicht umsonst gewesen sein.
Ich habe so wenig ben Wunsch, das
Glück Ihreb Kindes zu zerstören, als
ich Ewalb zum Ruin treiben will.
Rusen Sie Jhren Gatten! Sobald
ich ihn gesprochen habe. werde ich dies
Haus so verstohlen als mäglich ver
lassen-«
Jn einer Gebärde oerniithiaer
Dankbarkeit erhob Frau Leonie die
gesalteten hande, deren schlanle. weiße
Finger von Brillanten und farbigen
Edelsteinen sunlelten.
»Sie sammeln feuriae Kohlen aus
unsere Häupter, Horstl« Wie soll ich
es anfangen. Ihnen siir Ihre hochber- s
zige Entschließung nach Geblihr zu
danlen?«
»Sie sollen mir überhaupt nicht
danlen«. sagte er beinahe schross,
»denn nicht um solchen Lohn isl’5 mir
zu thun. Auch scheint es rnir minde
stens noch sehr ungewiß, ob es wirt
lich eine Wohlthat ist, die ich Jhnen
damit erweise. Dars ich nun meine
vorige Biere wiederholen?«
»Sie sagten, baß Sie Eroalb spre
chen wollten; aber ich hoffe, Sie wer
ben nicht daraus bestehen. Er ist so
aufgeregt und erschüttert, baß ich ihn
dringend bitten mußte, ein Beruhi
gungsmittel zu nehmen und sich in
sein Zimmer zurückzuziehen Er ist
kein Jüngling mehr Vorst, und sein
Arzt hat mich erst vor Kurzem drin
gend gebeten, ihn vor jeder heftigen
Gemüthsbetvegung zu bewahren. Las
sen Sie mich erfahren was Sie ihm
sagen wollten, Jch verspreche Ihnen,
daß ich es ihm wortgetreu hinterbrin
gen werde.«
»Gut denn —— ich will nicht die
Veranlassung sein, daß et an seiner
Gesundheit Schaden leidet. Sauen
Sie ihm also, daß ich der Gräsin
Jutta das Feld räume. ohne sie nach
der riithselhasten Ursache ihres Ab
scheues zu fragen —- nicht aus Furcht
vor der Antwort, die ich erhalten
könnte, und nicht aus Rücksicht aus
ihn oder aus Sie, Frau Schwiigerin
.—— sondern einzig. weil Sie mir ver
sichert haben, es sei das Glück Jhreö
Kindes, das dabei aus dem Spiele
steht. Und sagen Sie ihm weiter, daß
ich ihm vier Wochen Zeit lasse die
Erbschastzangelegenheit zu ordnen Er
mag es mich wissen lassen, sobald er
bereit ist, Rechnung zu legen.«
»Ich werde ihm das Alles ausrich
ten. Und too wir-d seine Nachricht Sie
erreichen7«
»Er mag sie an das Hamburger
Handelshaus Janzsen und Com
pagnie adressiren. Das ist die Firma,
bei der ich bedienstet bin.«
»Wie? Sieste ste«hen tm Dienste eines
handelshauseslt Ah das ist unmög
lich, horstl Eine solche Vorstellung
will mir nicht in den Sinnf
»Sie werden sich trotzdem daran ge
wöhnen müssen, Frau Baroninl Und
ich denke, ein tüchtiger Handlungs
tommis ist um nichts schlechter als
ein aristolratischer Tagedieb und Ver
s chtoender." J
»Verzeihen Sie mir, Vorst! Jch
wollte Jhnen nicht zu nahe treten.
Sie lehren also jetzt nach hamburg
zurückt«
»Vielleicht nicht sogleich, Es muß
Jhnen genügen, daß ich Schloß
Nhinow sogleich wieder verlasse, und
daß ich es nicht ohne die zwingendste
Rothwendigleit noch einmal betreten
werde. Damit, Frau Schwäaerin,
wiire nunmehr Alles ausaesvrochen,
was wir einander zu sagen hatten.«
Er hatte die verschrsnlten Arme ne
löst und nach- seinem hute gern-isten,
den er vorhin aus den Eichentisch »se
worsen. Mit einer Verbeugung woll
te er an ihr vorübergehen: sie aber
hielt ihn durch eine bittende Bewe
gung zurück.
»Und ich soll Sie von dannen aehen
lassen, ohne ein einziges sreundliches
War taus Ihrem Munde zu verneh
men? Minnen Sie es nicht über’s
lherz bringen, auszusprechen, daß Sie
mir verzeihen?« -
»Ich hege keinen Groll mehr, Frau
Baronint Damit — ich hitte Sie
dringend — lassen Sie sich’5 genü
gen. Und nun wäre es ein Unrecht,
Sie Ihren Pflichten gegen den pflege
hediirstigen Gatten noch länger zu
enFtehem Guten Aber-ot«
r ging. Und diesmal machte sie
seinen Versuch mehr, ihn u halten.
Tief ausathmend preßte sie ide bän
de aus die unaestiim wogende Brust,
all sich die T r des Bibliothelzims
merk hinter i m geschlossen, und es
wäre schwer zu entlcheiden gewesen,
oh es Daß oder Liebe war. was in
ihren starr auf die Thiir gerichteten
Läge-r so seltsam gliherte und
s Mit der Sicherheit eines Mannes,
der sich an dertrauter Stelle befindet.
durchschritt borlt von Druck-hausen
die anstoßenden Gemächer, um den
sie-sann zu Minnen Niemand de
aeanete ihn Ober ehe er die leite Thile
Mise- tonate. tan- thsn ein mit laut
:«-, - . J .
-.- x . .»..
«-«. » « »k.
z
losen Schritten herzu geeilter Diener
zuvor und riß mit einer Verbeugung,
deren übertriebene Unterwürfigkeit
ohne allen Zweifel etwas Ironisches
hatte, beide Flügel vor ihm aus.
Mit scharfem Blick fixirte Horst
das unangenehme, verlnissene Gesicht
des Mannes, dem die aufsallend nied
rige Stirn und die stechenden Augen
etwas sehr Bösartiges und Wider
wärtiges ben. Dies Gesicht lonnte
ihm nicht reind sein, denn finster zo
klvg sich seine Brauen zusammen, und
wie eine drohende Wettern-alle lag es
plöslich auf seiner Stirn.
«Kriecht dies gistige Gewürm noch
immer hier herums« sagte er, »Den
sich noch Niemand das Verdienst er
worden, ei zu zertretenit«
Die schmalen Lippen des öltlichen
Diener-S verzogen sich zu einem ab
scheulichen Grinsen, während es
tückisch in den kleinen, tiefliegenden
Augen glihertr.
; »Ich weiß nicht, was der gnädige
«Herr damit meinen, denn ich habe
nicht die Ehre. den gnädigen Herrn zu
lennen.« l
Mit einem eisernen Griff legtel
barst seine Hand aus die Schulter des
in gebückter Haltung vor ihm Ste-l
henden.
»Ich aber tenne Dich Bursche. Und
in Deinem eigenen Interesse rathe ich
Dir: hüte Dich. mir ohne Noth noch
einmal über den Wea zu tausen. Es
könnte zufällig zu einer Stunde ge
schehen, wo ich weniger großmüthig
gelaunt bin, als in diesem Augenblick
Und Du hast, toie ich dente, meine
Faust schon einmal gefühlt, Halunte!«
Mit einein so heftigen Stoß schleu
derte er ihn zur Stie, daß der Mann
in höchst unsanste Berührung rnit dem
scharftantigen Gesims des Marmor
laniins gerieth. Dann wars er die
Thiir hinter steh zu, und sein Schritt
verhallte draußen, itn letzten Vorge
mach
Der Diener aber rieb sich den
schinerzenden Arm, und sein häßliche-s
Antlitz derzeit-te sich zu einer Gri
masse ioiithendes Hasses.
»Wir sprechen uns noch. mein Herr
borst!« murmelte er mit rasenden
Lippen. »Bei meiner Seele, Tit sollst
mir dies und das Andere aus einem
Brette bezahlen!« ·
Lichtes Kapitel.
Es war in der Morgensriihe des
folgenden Tage-, als die Kointesse
Woldenberg aus der an der Partseite
gelegenen Terrasse des Herrenhauses
erschien« Jhr schönes Gesicht tourde
von einem breitrandigen Strohhut be
schattet, und sie trug in der rechten
hand einen flachen, polirten Kasten,
dessen Aussehen vermuthen ließ, daß
er allerlei Malgeriith enthalte.
Als sie sich eben anschickte, die Stu
sen der breiten Freitreppe hinabzustei
gen, trat aus einein der dicht verwach
senen Laubgiinge des Parles ein fun
ges Menschenpaar, in dein Heria schon
aus der Ferne ihren Bruder Kurt
und Jrene von Bruchhausen erkannte
Sie blieb stehen« um die Annäberung
der Beiden zu erwarten, und sobald
Jrene ihrer ansichtia geworden war,
eilte sie ihr mit beflügelten Schritten
entgegen.
Aber nicht io lehr das Verlangen
die Freundin zu bearijszen als viel
mehr den Wunsch. sich von der Gesell
schaft ibres Boaleiters zu befreien,
mochte ibre Hast erklären. Denn sie
sab sebr errezat aus« in ihren Augen
schimmerte es seucht wie von Tbriinen
des Schames oder des Zornesx und es
kostete ihr offenbar Mitbe, einen beile
ren und unbefanaenen Ton siir ihren
Morgenaruß zu finden.
herta’s kluge Augen ruhten sor
schend aus dem reisenden Gesichtchen
das noch so wenig zu verbergen ver
stand, was in dem iunaen herzten vor
ging, und ein unmutbiger Blick flog
alsdann zu ihrem Bruder hinüber.
der mit lächelndein Antlitz gemiithlich
näher kam.
»Willst Du das Plättchen am See
aussuchen, das Dir bei unserem ge
strigeu Spaziergange so gut gesiel?«
sragte Jam. Und als sie eine beja
hende Antwort erhielt, siigte sie bit
tend bin u: «Wiirde es Dieb sebr bei
Deiner rbeit stören, wenn ich Dir
Gesellschaft leistetei« «
»Welche Frage, liebes ferzl Jch
tönnte mir gar nichts Er reulicheres
wünschen, als das. Aber ich werde
mich doch erst entschließen müssen, al
lein voraus zu geben. Denn Deine
rau Mutter bat mich soeben nach
ir seseagt und mich flir den Fall,
daß ich Dir irn Port begegnen sollte,
beanstragi. Dir zu sagen, sie wünsche
in einer äusserst dringenden Angele
genheit sogleich mit Dir zu reden-«
«Dann muß ich allerdian zunächst
zu ilsr«, saate Jrene mit einem Aus
druck der Enttsuschung. »Aber so
bald ich mich losmachen kann, solge
ich Dir nach. Ich weih Dich ja nun
zuözndenf
rta liiszte sie aus die Wange und
Jrene schilidstie ji« Haus, ohne sich
auch nur noch ein einziges Mal nach
been Grasen anzusehen
- D schien nicht libel Wiss. the
Izu folgen. aber ein Zuruf seiner
· Schwester hiel tihn zurück.
i »Ich hoffe, Du bist nicht to unga-,
lernt, mich den schweren Maltasten bis
zum See tragen zu lassen«. tagte sie.
«Oder haben innerhalb der engeren
Verwandtschaft die Pflichten der Rit
terlichieit leine Geltung meer«
»Ich wäre untröstlich, wenn ich Dir
jemals Anlaß zn einer solchen Ver
muthung gegeben hätte, theuerite her
ta«. erwiderte Kurt mit jener blasirten
Artigleit, die ihm bereits zur zweiten
Natur geworden schien. »Aber könn
ten wir nicht vielleicht einen Die
ner ———«'«
»Nein«, wehrte sie ab. »Es würde
mir gar nichts ausgemacht haben, den
Kasten zu tragen, wenn es mir nicht
vor Allem um Deine Begleitung zu
thun wäre. Denn ich möchte die gün
stige Gelegenheit benutzen, unter vier
Augen mit Dir zu reden.«
Speisean folgt.)
-.-.-.—-—
Dit fleiichftesskude Pflanze.
«-Vm', sagt der Forscher, das ist klat.
Die Pilz-Essa- isi Madam-,
Jch fchneid sie ab nach altem Brauch.
O weht funt- bküueu sum-Ti
auch.«
Gesi.
»Ich kann nicht bezahien ——- die
theuren Zeiten« .
»Ach, das sind billige Ausreden.«
TI- Grsserr. «
A. (aui der Straße zu seinem
Freunde): »Wie steif der Meiet dort
eben griißte, und dabei habe ich den
Karl doch kürzlich vorn Tode des Es
triniens gerettet. Er scheint gan
dergessen zu haben, daß er mir sein
Leben schuideU
B.: »Ach, das ist garnichts, mir
schneidet er noch hundert Mart.«
- permis-it
»Ehe Karte zum Schnellng nach
Wien.«
»Da ben Sie noch lange Zeit, der
fährt er in drei Stunden ab.«
»Na, das ist ein schöner Schne
zug. der erst in drei Stunden tve
fährti«
,