Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 12, 1912, Zweiter Theil, Image 14

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    ciu Roman au- dem J
toben
Auf ererbter Scholle
Von «
Reinhold Orts-man
- (2» Zsttledvgtgg ; s R
,- sgenug a e . o r .
See so lanåe Dein Argwohn nicht
M WF sen sieht, brauchen wir
E Its nicht weiter zu Runruhigem
.IO Wisig können diese Leute da
W doch unmöglich sein, dasz sich
M sog then an meine Tochterj
knan sollte. Und wir wollen?
ficht von Jrene, sondern von Harald
fprechen.«« «
»Noch immer von ihm? Mein Gott,
ich audie, das wäre abgethan.«
« u bist also mit mir darin ein
verstanden, daß wir ihn diesmal sei
stnt selbstverschuldeten Schicksal über
lassen?« «
.Wel«ch eine uns-innige Frage,
smalde Und Du irrst, wenn Du
s-laudsl. mich mit solchen Reden zu
erschrecken. Das ist ja natürlich nicht
n Ernst.«
»Und wenn ed dennoch mein Ernst
wäre? Jch kann mich nicht ihm zu
Liebe vollends ruiniren. Selbst wenn
ich nicht an Dich und an mich dächte.
hätte ich doch auch Pflichten gegen
Jrenr. Und dann das andere — ----- Du
weißt wohl, was ich meine-«
.Getviß —— ich war schon darauf
gesaszt, daß es kommen würde. Jedes
Mal, wenn Du die Absicht hast, mir
eine recht unangenehme Stunde zu be
reiten, muß ja das Gespenst Deines
Bruders dazu herhalten, der eines
Tages kommen könnte, sein Etbtheil
zu fordern-«
.Wollte Gott, daß ich es damit so
leicht nehmen könnte, wie Du. Aber
so lange ich keine Gewißheit habe, daß
barst wirklich todt ist, so lange muß
ich auch mit der Möglichkeit seiner
Wiederkehr rechnen. Und daß wir in
solchem Falle aus besonders liebevolle
Schonung kaum zu hoffen hätten.
brauche ich gerade Dir doch wohl nicht
zu sagen.« »
»Aber et wird niemals kommen —— .
vetlnß Dich daraqu Dergleichen et
eignet sich nur noch in rühtseligen
Theaterfiiicken Und es wäre gera- »
dezu ein Verbrechen, wenn Du dek«
Furcht vor diesem Schatten Deines
heiligsten Pflichten opsetn wolltest. «
Soll ein Bruchhausen gezwungen sein. i
Schulden halber den Abschied zu:
nehmen?« i
.Scheint ihm das so entsetzlich, nun. z
so mag et zu seiner Rettung den Weg
einschlagen, den ich ihm längst gezeigt I
Mit-«
»Du denlsi an eine Heirath?« H
»Is, sund ich meine, Du tönntesiJ
ein wenig dazu beitragen, ihn von det -
Rothwendigleit dieses AustunstsmitO
teli zu überzeugen. Er hat ja von?
jeher Deinen Rathschlägen mehr Ge
dicht beigelegt als den meinigen." ;
»Daß uns diesen mäßigen Streit
nicht erneuern, Ewaldx Jch trage
Wiich nicht die Schuld daran, wenn
parald zu meiner Liebe mehr Vet
inven hat »als zu der Deinigen. Und s
H verstehe nicht, was Du eigentlichH
m mit erwartest. Soll ich ihn etwa ;
IMM, Hals iidet Kon um ;
irgend eine häßliche Bankietstochter zu H
Mk :
»O nein, das wäre wahrhaftig das z
leite, was ich ihm und mir wünschen »
möchte. Aber warum muß es denn:
gerade eine häßiiche Bankikkstochtekl
sein, warum nicht Herta Weiden-(
berg?« »
»Weil sie ihn mit ihren herrschsüch
tigen Launen grenzenlos unglücklich
machen würde«, rief die Baronin mit l
auffuhr-endet Heiligkeit »Jede andere !
mag er mir als Schwiegeriochter ins «
us bringen« nur nicht dieses un
weibliche. herzlofe Geschöpf!«
«Jch habe von all« den Untngenden,
die Du ihr da zum Vorwurf machst.
offen gestanden, nicht eine einzige an
ihr entdecken können und ich brauche
mich darum wohl auch noch nicht für
rund zu hatten. Denn bis jetzt hab-l
ich keinen gesehen, der nicht von ihrer
Unmuth, ihrer Klugheit und ihrerl
Liedeniwiirdigleit entzückt gewesen»
Ura«
»Was kümmert mich das Urtheil
der anderen! Mag sie durch ihre
kleinen Künste die ganze Welt über
ihren wahren .Charalter täuschen!
sieh beirllgt sie damit nicht und ich
Neide dahei, daß Du Deinen Sohn
Mich machst, »wenn Du ihn
Daß sich an dieses Mädchen zu
I
-
.
Jhre Stimme zitterte vor Errequnq
und sin ihren Augen funkelte es wie
leidenschaftlicher Haß. Der Baron
mochte einen weiteren Widerspruch
nicht für rätbiich halten, denn er
Vandte sein Gesicht dem Fenster zu
Und tromrnelte eine Weile nervös an
den Scheiben. Dann sagte er Plötzlich:
»Die Woldensberas werden übrigens
tu einigen Tagen lyier sein. Jch er
hielt das Schreiben, in dem Griifin
n sich mit ihren beiden Enteln
r den Anfang der nächsten Woche
Myst, gkeichzeitig mit Haraidg
»Das heißt, Du hast sie eingeladen?
W they-mich unt meine Meinung zu
, « pocht Ich hatte alserdingz
Ob M, es zu time-, aber ich wärt-e
zW Wirklich vorher mit Dir
M Ists-hu Mes- Dkt II
meldung der Gräfin hat mich noli
ßöndig überrascht, wenn ich auch nicht
leugne, daß sie mir in hohem Maße
geiegen gekommen ist. Die Verhält
nisse drängen unt gedieterisch zsu einer
Entscheidung und es scheint, dasz auch
die Griifin eine solche herbei zu fiihren
wünscht, da sie fiir ihren Besuch ge
rade die Zeit gewählt hat, wo sie sicher
ist, harald auf Urlaub hier zu
treffen.«
.Ein richtiges Kesseltreiben also!
Der arme Junge! Er wird die paar
harmlosen Leichtfertigteiten seiner
Jugendjahre theuer bezahlen. Und
warum muß gerade er das Opfer
sein? Warum bemüht Jhr Euch
nicht. den Grafen Kurt für Jrene
HeinzufangeM Jch denke« der Effekt
fiir die Verbesserung unserer Lage
s tönnte ungefähr der nämliche fein.«
F »Du weißt, daß ich cha· nicht
; zwingen werde, gegen ihre Neigung zu
; heirathen«, sagte der Baron mit mehr
L Entschiedenheit. als er sie bisher mäh
rend dieser Unterhaltung gezeigt hatte
.,.am wenigsten einen Menschen von
; dem Ruf Woldenbeth. Dazu sind
ihre ahnungslofe Unschuld und kind
liche Reinheit mir denn doch zu
heilig."
Um Frau Leonies Lippen guckte es
ironisch.
»Du wirst lange Umschau halten
miissen unter unseren jungen Kava
lieren, ehe Du den Heiligen findest
dem Du, wie es scheint. Deine Tochter
vorbehalten willst. Wie nun, wenn
sie selbst ganz damit einverstanden
wäre. Woldenbergs Gattin zu wer
dens·
»Das wäre sreilich etwas anderes.
Aber da bis jetzt in ihrem- Verhalten
gegen ihn nichts von einer Zuneigung
zu Tage getreten ist« können wir diese
Frage wohl vorläufig unerörtert las
sen. Jch habe es sür meine Pflicht ge
halten, Dich vor dem Eintrefsen der
Woldenbergs vollständig über die
Situation aufzuklären und Du weißt
nun, welche Verantwortung Du aus
Dich nehmen würdest, wenn Du Ha
rald in seinem Leichtsinn bestärken
würdest, statt ihn aus den rechten Weg
zu führen. Kommt seine Verlobung
mit herta nicht zu stande, so bin ich
thatsiicbtich unfähig« ihm noch einmal
aus seiner Bedriingniß zu helfen.
Danach mag er sich richten.«
Er aing, und während des ganzen
übrigen Tages blieb die Baronin siir
ihren Gatten, wie siir ihre Tochter
unsichtbar. Sie war durch ihre Mi- .
gräne an das halb verdunkelte Birn-l
mer und an das Ruhebett aesesselt,"
das sie nur ein einziges Mal fiir eine
halbe Stunde verließ, um einen lan
gen und göttlichen Brief an ihren
Sohn, den HularemLeutnant Harald
von Brachhausen zu schreiben.
Biertes Kapitel«
Am Moraen waren die erwarteten
Göste.auf Schloß Rhinow angekom
men und hatten sich nach gemeinsam
eingenommenern Frühstück in die für
sie reserdirten Fremdenzimrner zurück
gezogerr. Uni die Mittagszeit desselben
Tages traf auch Harald ikn Eltern
hause ein, und schloß Mutter und
Schwester bei der Begriißung voll so
iiberrniithiger Fröhlichkeit in dieArknr.
als gäbe es an seinem Lebenshimtnel
asueh nicht das allertleinfte dunkle
Sorgentviiltchem
Jn der That brauchte man ihn nur
anzusehen, um inne zu werden, daß er
nicht der Mann war. sich das fonnige
heute durch unfruchtbar-e Grübeleien
über die Gefahren eines Unwetters
das etwa morgen herausziehen könnte,
zu verderben. ——Obwohl er erst drei
undzwanzig Jahre alt war. hatte er
mit seiner hohen. reckenhaftenGeflalt
und seinem martialischen blonden
Schnurrbart ganz das Aussehen eines
Achtundzwanzigjöhrigen Sein blü
hendes, sonnengebriiuntes Antlitz mit
den beständig lachensden hellblauen
Augen dem weichen runden Kinn und
dem gutmüthigen Zug um den Mund
mußte unbedingt schon aus den ersten
Blick jeden gewinnen, wenn auch ein
ersahrener Physioonomiker vielleicht
die Wahrnehmung gemacht hätte, daß
es ein-es von jenen Gesichtern war,
hinter deren sympathischen Linien sich
ahgrundtieser Leichtsinn und ein in
seiner Naivetiit völlig skrupelloser
Egoismus ver-bergen können »
Mit seinem Vater tauschte derl
Leutnani nur einen Händedruck, derj
überdies von seiten des Barons so
wenig herzhost ausfieL daß haraldi
mit etwas scheuem Blick das ernste
Antliß des Gutsherrn streifte. Bei
dem Gedanken an die bevorstehende
unvermeidliche Anseinandersetzung
mochte sich doch eine leise Empfindung
des Undehaaeni in seinem herzen re
gen, und als stirchte er, daß sein Ba
tee schon in Gegenwart der Damen
den Anfang damit machen kiinnte, kam
er allen unheonemen Fragen dnrch die
hastine Erknndinung zuvor
Sind die Woldendergi schon dass
Und ist Korntesse herta wirklich mit- :
mmenk
·Ireilich ist Wsc antwortete der
Inkon. Und ich finde, daß sie rei
vgl-Oben
-M sie-TU- ins
,
schmacksachek fiel die Frau Baronin
spisig ein. »So hochmüthig wie je
aber sieht sie jedenfalls aus. Und Du
darfst Dich darauf gefaßt wachen
Damit-, wieder einen sehr strengen
und unnachsichtigen Hofmeisier in Ihr
zu finden.«
»Ich werde also auf meiner Hut
sein«, meinte er lachen-d. Uebrigens
bin ich leider an Zukechtiweisungen ge
wöhnt. Und etträglicher all aus dem
Munde meines Nittmeisiers werden
sie von so schönen Lippen ja sicherlich
immer noch sein«
T Mit einem Achselzucken wandte sich
die Baronin ab. und ihr Gotte legte
seine Hand auf den Arm des Leut
nants· .
«Jch mischte Dich auf ein paar Mi
nuten sprechen. harald, beveru Dich
bei den Woldenbergi meldest. Be
gleite mich auf mein Zimmer, damit
wir ganz ungestört sind.« -
Auf Haralds Gesicht stand es deut
lich zu lesen. wie wenig erfreulich ihm
diese Einladung war; aber er ertliirtse
nichtsdestoweniger mit liebenswürdi
gem Eifer feine Bereitwilligkeit, und
die beiden Herren verließen das im
Erdgeschoß gelegene Gemach, in wel
chem die Begrtißung des Aulis-uni-l
lings stattgefunden hatte. ;
Auch Jrene, die sich ziemlich;
schweigsani verhalten hatte, machte’
Miene, sich zu entfernen. aber ihre
Mutter bielt sie zurück.
.Eine Frage. mein Kind! Warum
hast Du den Grafen Kurt vorhin so
auffällig talt und abweisend behan
delt? hat er Dir irgend etwas Uebels
zugefügt-P
»Nein, Mama! Aber ich mag ihn
nicht leiden.«
.Eine sehr bündige Erlliirung.
Und warum nicht?'
»Mein Gott, muß man denn dafür
eine bestimmte Ursache haben? Alles
an ihm ist mir widerwiirtig: fein G«
sicht. seine Art zu sprechen und sich zu
benehmen. seine dreisten Vertraulichg
leiten mit einem Worte: Alles!«
»Dein Urtheil über den jungen
Grasen. meine liebe Jrene, ist zwar
sehr drastisch. aber nichts weniger als
;·aerecht. Und Du selbst wirst es als
I kindisch und voreilig bedauern. so
J bald Du Dich nur erst herbeiaelatsen
;bast, Kurt Woldenberg etwas näher
? kennen su lernen.«
: »Aber ich sühle gar kein Verlangen
J danach. Jch wollte wahrhaftig, er
wäre schon wieder sort.«
»Ich habe keine Macht über Deine
Wünsche. und ich kenne Deinen Eigen
sinn zur Genüge, um zu wissen, daß
es ein vergebliches Bemühen sein
würde, Dich von der Thorheit Deiner
« Abneigung gegen den Grasen zu über
zeugen. An Dein Taktgesühl aber
werde ich doch hoffentlich nicht verge
» bens appelliren. Ob Dein Widerwille
berechtigt sein mag oder nicht« jeden
salls bist Du als Tochter des houses
den Gästen Deiner Eltern einige Rück
z sichten schuldig, und darsst sie nicht
l geradezu beleidigen, wie es vorhin
, durch Dein Benehmen thatsächlich ge
z schehen ist« Wenn Du nicht noch ein
; unersahrenes Kind wärest, und wenn
sDu in den Mienen der Griifin Jutta
? zu lesen verstanden hättest wie ich
kso würdest Du Dich des Eindrucks
l schämen,«den Dein Verhalten aus sie
Isgemacht hat«
i Obwohl das alles in einem mehr
: lästigen als strengen Tone gesagt wor
: den war, hatte es dem jungen Mäd
Tchen doch das Blut ins Gesicht ge
I trieben· Sie eilte rasch aus ihre
« Mutter zu und küßte ihr die hand.
«Vergieb mir, Mamat Das war
natürlich meine Absicht nicht. Und
»wenn ich Dir auch nicht versprechen
j kann, meine Meinung über Kurt
’Woldenberg zu ändern. so soll doch
; die Gtii.sin gewiß keinen Anlaß mehr
; haben, mir einen Mangel an Höflich
»keit gegen ihren Enkel zum Vorwurf
izu matt-ein«
Die Familie Bruchhausen hatte sich
pünktlich um die Dinerstunde in dem
Vorgemach des großen, saalartigen
Speisezirnmers zusammengesunden,
um das Erscheinen der Gäste zu er
warten· Jrene hatte ein helles, dusti
ges Sommerkleid angelegt, das ihr
trotz seiner Einfachheit entzückend
stand, während die Toilette der Ba
ronin vielleicht kostbarer war, als ein
seiner Geschmack es siir die Dame des
hauses schicklich gesunden hätte.
harald, dessen sttasfe haltung und
dessen elastische Bewewingen auch in
dem bequemen Cioilanzuge nicht einen
Augenblick den Osfizier verkennen lie
ßen, litt offenbar noch ein wenig un
iter den Nachwirkungen des langen,
ver-traulichen Gespräches mit dein
Vater. Er sah nicht ganz so fröhlich
aus als bei der Ankunft, blickte viel
sach zerstreut vor sich bin irrt Leere
Hund rnusterie hie und da die Thür,
i durch welche die Woldenbergs kommen
T mußten, wie wenn es das Augiass
ipssrichen einer seindlichen Burg ge
- wesen wäre. - «
Als Jrene den Baron an eines der
» sier rusen hatte, weil sie keine
i usperk umkeit aus irgend einen
! draus-I befindlich-I Miit-d len
ken M. sah- sran Leonie die se
legenheit wahr, ihnen Sohn beiseite
Zu ziehen und ihm zuzufliifterm
»Du hast eine fchlimme Stunde ge
habt —- nicht wahr. mein armer ha
raldl Aber Du haft Dich hoffentlich
nicht bestimmen lassen, dem Papa eine
feste Zufage in Bezug auf Herta Wol
denberg zu machen."
Ein Ausdruck der Verlegenheit er
schien auf dem Gesicht des jungen Of
fiziers.
»Was sollte ich anderes thun, liebste
Mama? Wenn einem sozusagen die
Pistole auf die Brust geseßt wird. hat
man doch keine Wahl. Davon, daß
es so schlecht mit Papcks Verhältnis
sen stiinde, hatte ich ja auch keine
Ahnung.«
Frau Leonie machte eine Bewegung
lmit den Schultern, die sich laum in
seinem fiir ihren Gatten schmeichelhaf
ten Sinne deuten ließ.
»Ach, das wird so schlimm nicht
sein. Ich höre das nämliche Lied nun
schon seit drei Jahren, und es hst
nachgerade aufgehört ,den beabsichtig
ten Eindruck auf mich u machen. Auf
» einem fo mächtigen Be itz, wie es Whi
’ now ift, hat sich Dein Vater noch im
mer eine neue Hülfsquelle zu erschlie
« ßen gewußt.«
Wie zur-ersichtlich auch diese hastig
gesliisterten Worte klingen mochten «
unter dem srischen Eindruck der Gröss
nungen die ihm im Arbeitszimmer
des Vaters zu Theil geworden waren.
konnte sich der Lieutenant doch nicht
so ohne Weiteres von ihnen überzeu
gen lassen.
«Diesmal scheint es doch ernster zu
sein«, gab er ebenso leise zurück. »Ich
verstehe ja verteufelt wenig von diesen
Geschichten; aber ich tann nicht glau
ben. daß mir der Papa nur eine Ko
mödie vorgespielt haben sollte. Jch
bin mir nicht bewußt, daß ich’s schlim
mer getrieben hätte als meine Kame
raden — im GegentheiL ich habe nicht
einmal immer mit ihnen Schritt hal
ten tönnen und doch habe ich mir
driiben in Papa’s Kabinet die bit
tersten Vorwürfe gemacht, als er so
Fegzweiselt und gebrochen vor mir
a .« s
»Und hat er Dir auch gesagt, daßs
er nur das Anerbieten des Fabrikan- «
ten Berringer anzunehmen und ihm
das Vorwert zu vertausen braucht,
um mit einem Schlage aus allen Ver
legenheiten besreit zu seini«
NNein davon hat er zu mir aller
dings nicht gesprochen. Nur mit der
Rothwendigteit des Abschiednehmensi
hat er mir gedroht, und damit, daß er «
Rhinow nicht langer wlirde halten
können, sobald die hypotheten-Gliiu
biger anfingen, Ernst zu machen.« s
.Ratiirlich! Und Dein-. Verlobungs
mit berta Woidenbera sollte das ein-s
(
zige Mittel sein. das Verhangniß ab
zuwenden nicht wahrtW
Daraus lief es wohl unaefahr hin
aus. Nun —- und schließlich-— das
Schlimmste, das mir widersahren
tönnte. wäre ja auch am Ende eine
solche Verlobung noch nicht. Ei giebt
viele. die mich darum beneiden wür
den. Mama!«
»Ich aber will sie nicht zur Schwie
gertochter haben —- hiirst Du? —- ich
will nicht!« rannte ihm Frau Leonie
mit zischenden Lauten zu. .,Bringe
mir in·s haus, wen immer Du
willst, nur nicht dies hochmüthige,
herrschsüchtige Geschöpsi Sie würde
unser Aller Unglück sein —- und das
Deine zumal!«
»Offen gestanden glaube ich auch
noch gar nicht daran, daß sie mich
nehmen würde, denn doch still, da
sind fie!"
Der Diener hatte die Flügelthiir des
Vorgemachs geöffnet und am Arme
ihres Entels trat die verwittwete
Gröfin Jutta Woldenberg über die
Schwelle. Sie war eine imponirende
und gebieterifche Erscheinung troh
ihrer zweiundsiebzig Jahre, das
schneeweiße Haar umrahmte ein zu
gleich vornehmes und energisches
Antlit, das jetzt deutliche Spuren
ehemaliger Schönheit zeigte, und un
ter den edel getchwunaenen Brauen
blihten die dunkeln Augen mit beinahe
iugendliehem Feuer. Ihrem fest ge
schlossenen Munde sah man ei un
lchwer an, daß er mehr gewöhnt zu
hefehlen als gütig zu lächeln, und et
was von den Allitren einer herrssherin
war auch in der stolzen, aufrechten
halt-ung, wie in den langsamen,
gleichsam abgemessenen Bewegungen
der Greitin
Die Familienähnlichleit zwischen
ihr und dem Erstgeborenen ihres
längst verstorbenen einzigen Sohnes
war äußerst gering. Die schlante
Gestalt des Grafen Kurt erschien bei
nahe gebrechlich neben der hohen, statt
lichen Figur der Großmutter Auf
seinem blossen, schmalwanglgen Ge
sicht war statt des Ausdrucks under-g
lamer Willensstärte, der in dem Ant
lis der Grösin so charakteristisch her
"vortrat, ein Zug blostrter Müdigkeit
der vollkommen mit dem verschleier
ten Blick und ver lästigen Körperhal
tung hortnonirtr. Auch das Lächeln,
das in diesem Moment um feine Lip
pen spielte . hatte etwas Müde- und
Gelangt-reimt- tvie wenn es dem fun
seu vornehmen Deren lau-n der Mühe
werth wäre, seine Umgebung darüber
zu täuschen, daß es nur eine durch die
gesellschaftliche Rücksicht gebotene
Maske sei.
hinter den Beiden aber erschien
fest in der Thiitiissnung eine junge
Dame von vielleicht zwanzig Jahren.
die sich aus eine geradezu überraschens
de Weise als das verjiingte Ebenbild
der Grösin Jutta darstelltr. Jhre
hohe tannenschlante Gestalt zeigte die
selbe stolze, ausrechte heimng ihk
schöner, von prächtigeen dunklen Fleck
ten wie von einem Diadem gelrönter
Kopf. ruhte ebenso königlich skei und
selbstbewußt aus dem seinen halse,
und auch ihrem reizenden Munde
schien das Befehlen ungleich natürli
cher anzustehem als das Lächeln.
Das war die Kvmtesse herta Wol
denberg, deren Person in den heutigen
Auseinandersehungen Haralds mit
seinen Eltern eine so bedeutsame Rolle
gespielt hatte, und die doch durchaus
nicht den Eindruck machte, als ob sie
gesonnen sei, sich als willenlose Figur
in einem um sternde Interessen ge
siihrten Spiel verwenden zu lassen.
Jrene war sogleich aus die junge
Gräsin zugutlt und hatte zärtlich den
Arm um ihre Taille gelegt. Es schien
ein sehr herzliches Verhältniß zwi
« schen den beiden Mädchen zu bestehen,
denn in Herias laltern Blick, der iiber
Harald und seine Mutter hingestreiit
war. leuchtete es wie ein Strahl
warmer Zärtlichkeit aus, und liebte
send berührten ihre Lippen die weiche
Wange Jrenens.
Als dann aber der brüsten-Leut
nant, der zuerst der Griiiin Jutta
mit einigen verbindlich bescheidenen
Worten ritterlich die hond getiiszt
hatte, zur Begriißung auf sie zutrat.
nahm ihr schönes Antliy sogleich
wieder seinen vorigen iiihlen und:
stolzen Ausdruck an, der das von Frau .
Leonie iiber sie abgegebene Urtheil so;
augenfällig bestätigte. Sie reichte»
ihm wohl die band und ließ es auch -
geschehen, daß er sich daraus hinab-«
neigte, um sie zu küssen. aber sie zog
sie doch viel schneller wieder zurück,
als er es erwartet haben mochte, und .
es war durchaus nichts Ermutbigen- H
des in dem Klang der weniaen Worte, i
die sie als Erwideruna aus seine lie-l
benswiirdige launige Anrede hatte. .
Dann begab man sich zu Tisch, und (
es war nur natürlich. daß Graf Kurt «
seinen Platz neben Jrene erhielt, wäh
rend die Komtetle Herta an der Seite
Darale saß. Gräsin Jutta thronte
aus einem besonders bequemen Lehn- .
sessel zwischen dem hausherrn und l
seiner Gemahlin, die seit dem Augen- i
bliel ihres Eintritts eine wahrhaft be- ;
zaubernde Liebenswiirdigieit entfal- l
tete.
Gewandt und geräuschios begannen
die beiden wohlerzogenen Diener mit
dem Serviren der Speisen, und die;
Unterhaltung wurde —-— wie es ge-j
wishnlich der Fall ist —s— während der
ersten Gänge des sehr verschwenden-i
schen Diners nicht all zu lebhast sie-l
führt· Baron Ewald von Bruchhau
sen war es, der ihre Kosten zunächst
beinahe ganz allein zu bestreiten hatte
! eine Ausgabe, der er sich mit der geist
vollen Gewandtheit des wohlgeschulten
Weltmannes unterzog. Jhm lam es
;ossenbar vor allem daraus an, die-i
lalte Grösin bei guter Laune zu er
« halten. und wiederholt sorderte er
harald durch mahnende Blicke aus,
ihn in diesem Bemiihen zu unter
stützen. Eben hatte er sein von dem
Diener mit einem ausaesucht edlen
Rheinwein gestilltes Glas erhobenJ
um seiner weißhaariaen Tischnachbas :
rin zuzutrinlen, als der NeittnechtJ
henning mit verlegenem Gesicht in der «
Thiir des Speisezimmers erschien. «
Einer der beiden Diener aing ausi
ihn zu, um leise einige Worte mit
ihm zu wechseln. und dann eine Visi
teniaete in Emvsang zu nehmen. mit i
der et sich etwas zaghast dem Guts- !
berrn näherte.
Der Baron. dessen scharfe Augen
den ganzen Votaang aufmerksam det
folqt hatten, setzte fein Glas nieder«
und wandte sich mit einer unwilligen
Kopfbeweauna gegen den Diener·
»Was soll das heiße«n?« rannte er·
ihm zu. »Wie tönnen Sie sich unter
stehen, jetzt einen Besuch zu melden?«
»Ich bitte um Verzeihung. herr!
Baron —- abet henning sagt, der
here hätte darauf bestanden, und ichE
glaubte —- ——« . ;
Bruchhausen hatte einen Blick aqu
die Karte geworfen, und mit todten-I
bleichem Antlitz lehnte er sich in feinen l
Stuhl sue-litt Wohl eine Minute
der ing, ohne daß et im Stande ge-l
we en wäre, ein Wort iibet die Lippen I
Zu bringen, während seine Brust sich .
n schweren, teuehenden Atheinziigen
hob nnd lenkte. »Was ist Jhnen
Vaeont« fragte die Gestirn »Im-ten
Sie sich nicht wohlf« Das gab ihm
eine Selbstbeheetfchung wenigstens
soweit weit-. II ee lieh aus der
; Erstarkung u bel n vermochte, die
i tote die Vet« ubung nach einem wuch
» eigen zausisehlage iibet ihn setemmen
H war. Mit einem Ruck richtete et sich
empor. und indem ee die Karte in dee
I aeballten Faust zusammendeticktr.
sagte et, wähnend feine Mundvintel
: sich zu der verzerrten Grimasse eines
« LächelnsJerzogem
Herein — ke in vukchque nichts —
ein lleiner Schwindelansall ohne alle
ernstliche Bedeutung Aber die herr
schasten werden mich aus einige Mi
nuten entschuldigen miisseru Man
meldet mir da einen einen alten
Freund, den ich nicht mehr warten
lassen darf ,da er von weither gekom
men ist« wie ich vermuthe. Jch bitte
dringend. oerehrteste Gräsin. sich durch
meine Abwesenheit in teiner Weise
stören zu lassen.« ,
Er war ausgestanden, und mit einer
Verbeugung gegen die iiboige Tischge
sellschast schob er seinen Stuhl zurück.
Iiir einen Moment begegneten Frau
Leoniez Augen den seinigen, und
etwas Entsehliches mußte es gewesen
sein, was sie in seinem irren, ver
stökten Blick gelesen; denn auch ibre
Warmen überzogen sich mit einer tie
sen Blösse, und ihre hönde zitterten
so. daß das Messer in ihrer Rechten
mit leisem Klirren gegen den Teller
rand schlug
Aber sie hatte ihre Nerven augen
s scheinlich besser in der Gewalt als ihr
,Gemnhl, denn in der nächsten Se
xtunde schon war wieder die sriihere
H liebenswürdige Heiterleit in ihren
;Riigen. und sie versuchte durch eine
’ scherzende Bemerkung die tleine Ver
« stimmunq zu vericheuchen. in die der
unichickliche plötzliche Ausbruch des
rasch zur Vorzimmerthiir schreitenden
Gastuebers die aeoen solche Verstöße
äusserst empfindliche Gräsin Jutta
versetzt zu haben schien.
CFottfegung folgt.)
Eis Bubenfttkiåk
In feinem Gatten in der hänge
mqm
Da schlummert friedlich Christus-h
heintich Schlatt-.
Zwei böse Buben haben ihn gefun
den —
Und flugs die Matte oben sugebuns
den.
.
Wie et sich regt, wie er sich plagt —
bei allem
Vom Baume nur die schönsten Aepfex
fallen.
A
Dann fällt et selbst ins Gras mit
wilden lüchen —
Die Mal-eh schwer bepa t. vieweix
entwichm
—
In hinsicht auf die Haltung Nuß
lcmds in der Paßfkage äußern beson
ders f lechke Menschen und hervorra
ende tiedenifreunde den frommen
unsch- Ausland möchte von den Ja
panern noch mündlicher «vethauen«
worden fein, als ej in Wituichteit de
ssll wet.