Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 15, 1911, Zweiter Theil, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    (13. FortseyungJ
»Wenn doch Tante Anna erst wie
der zursek wäre«, dachte sie sehnsüch
Iran von Rahnsdorf hatte Lisa ein
cusfiihrliches Telegrarnm von Rahnss
dorf gesandt. Die Scheunen und ein
Theil der Stallungen waren total ab
gebrannt. Das Vieh hatte gerettet
werden können, bis auf einige Tauben,
die direkt in die Flammen hineinge
flogen waren. Der Schaden war nicht
unbedeutend, doch durch Versicherung
gedeckt. Wie lange Frau oon Rahns
dorfs Anwesenheit nöthig war, konnte
noch nicht bestimmt werden. Sie stellte
Lisa einen ausführlichen Brief in
Aussicht· —
Wiihrend Lisa zum Strand schritt,
verfolgte man sie vom Lästertisch aus
mit neugierigen Blicken. Jhr Auswei
chen wurde als ein Ausfluß ihres bö
sen Gewissens angesehen. Man ging
nicht eben liehevnll mit ihr um.
Lisa war am Steg angelangt und
ließ sich ein Boot frei machen. Der
Bootsmann machte sie darauf Jus
nverlsann daß Winhwolten am Him
mel wären und mahnte sie, nicht zu
weit hinauszurudern. Lisa hörte
kaum aus feine Worte. Sie sehte bie
Ruder ein und brachte das Boot schnell
vorwärts. Jn tief grübelnde Gedan
len versunken, ruderte sie weiter und
weiter, bis zur völligen Ermattung
Sie wußte nicht, wie lange sie schon
»aus dem Wasser war.
Asls sieleineKraft mehr hatte, zog sie
BieRuder ein, hüllte sich in das dicke
warrne Plaid, welches sie immer mit
ans das Wasser nahm und lehnte sich
zurück mit geschlossenen Augen. Der
kühle Seewind that ihrem schmerzen
den Kon wohl.
Sie vergaß alles um sich her über
dm peiniaenben Gedanken, die ihre
Seele erfüllten. Länger wie zwei
Stunden war sie schon auf oern Mee
re, als sie durch heftiges Schauleln des
Bootes aus ihrem schmerzt-vollen Brü
ten ausgeschreckt wurde. Sie sah um
sich und richtete sich aus ihrer versun
kenen- Stellung auf. Der Himmel
hatte sich umzogen, und die Sonne
Urschwand hinter den Wollen. Grau
Iud diister lag der sonst so lachende,?
-sarbenschimnrernde Strand Und so;
M entfernt! Ein scharfer Wind sehte
ein nnd peitschte die Wellen höher und »
— W. Das Boot wurde heftig auf
nnd niedergeworfen. An Gefahr dach- «
be Lisa zunächst nicht, obwohl sie mit
Schrecken bemerkte wie weit sie sich
Zäusgewagt hatte, viel weiter als;
Sie wars das Plaid ab und seyte
die Ruder ein. Aber ihre Kraft war
schnell erschöpft; sie sah, daß sie nicht
näher an das Land lam. Sie mühte
sich vergebens und merkte, daß sie den
Kampf mit den Wellen nicht lange
ausnehmen konnte. Jetzt erst wurde
He sich bewußt. wie gefährlich ihre
Lage war. Das Herz laa ihr schwer
in der Brust. Sollte sie in den Wel
len ein sriilneitiges Grab finden?
Sie blickte aufmerksam um sich.
Ritgends war ein Boot in ihrer Nähe
zu erblicken. Sie konnte auch laum
vorn Strande aus bemerkt werden.
Vielleicht wußte man in der Pension
aar nicht, daß sie noch auf dem Mai
set war-. Der Bootsmann war Vor
mittags ost mit im Hause beschäftiat.
Wenn man ibn abaerusen hatte. alaubs
ie er wol-L sie sei zuriiclaelebrt Es
konnten Stunden veraehen, ehe er au
riickIam und das Fehlen des Bootes
bemerkte. Er hatte« sie ia noch oc
tvarnt. nicht weit hinaus-mindern
weil Windwnllen am Himmel standen.
Sie hatte seine Warnung vergessen,
nnd nun war sie hilflos den Wellen
preisgegebm
Sie ruderte und ruderte, bis sie
nicht mehr konnte» Krastlos liess sie
die Ruder sinken und hiillte sich wieder
in ihr Plaid, weil die Wellen sie zu
durchniissen drohten.
Mit angstvollen Blicken schaute sie
such hilfe aus. Sie fürchtete sich
schlich vor dein Tod, den sie noch in
der kocht angerufen hatte, um Frie
den zu finden siir ihre Seele. Sie
war noch so jung; es mußte schwer
sein, zu sterben. Schaudernd schloß
sie die Augen, um die ausbiiumenden
Bellen nicht mehr sehen zu müssen,
die gierig die weißen Arme nach ihr
ausfrestem um sie in das kalte, nasse
Reh in ziehen.
Wieder versuchte sie die Ruder zu
bewogen; aber die Arme waren wie
gelähmt, sie konnte die Ruder nicht
mehr halten.
Starr nnd voll Furcht und Ent
sejen saß sie aus dein schwankenden
Sis und dachte an Ronald und an
Lunte Anna. WJS würden diese
beiden Menschen empfinden, wenn sie;
nicht wiederkehrt von dieser Fahrt? s
Eine heiße, namenlose Sehnsucht
« nach Ivnald erwachte in ihrem her
kn. Ihn nur noch einmal sehen —,
nur noch einmal seine Stimme hören.
.Lisa, ich liebe dich!« Das noch ein
stl m ihm hören und eine Minute
m daran glauben dürfen; dann
M diese Minute ihre leite sein.
Ein Roman aus dem
Leben
Aber sie würde ihn nicht wiedersehen,
sie hatte es ja nicht anders gewollt
war geflohen vor ihm, geflohen. um
es nicht noch einmal hören zu müssen
dieses lockende, auälende: Lisa. ich
liebe Dich. Nun würde sie es nicht
mehr hören, nie mehr —-— nie mehr
»Ronald!«
Laut schrie sie seinen Namen Tiber
die rauschenden Wasser. Aber der
Ruf verklang weswva Wind und
Wellen verschlungen ihn, diesen ban
gen, sehnsuchtsvollen Ruf.
Lisas Sinne verwirrten sich. Mit
aufgerifsenen Augen starrte sie um sich.
Gab es denn keine Hilfe. -——s keine?
Sie blickte schaudernd in das wild-be
wegte Wasser, welches sie bisher nur
in freundlicher Ruhe kannte. Manch
mal hatte sie gedacht, wie leicht es sein
müsse. den Tod in den Wellen zu su
chen. Leicht und leise in das Wasser
gleiten, sich von den Wellen auf- und
niedertragen lassen und dann allmäh
lich miide und schläfrig versinten wie
ein Kind auf Mutter-armen einschläft,
Ha versinken. tief versinken —- bis ins
Bodenlose.
I Warum fürchtete sie sich nun vor
Fdiesem Versinken? War es, weil die
TWellen wild auf- und niedertobten,
weil sie gierig wie grimme Feinde nach
Iihr faßteni
» Sie schmierte zusammen und wars
einen troftlosen Blick um sich her. »
Ronald war durch den ftarten Wind
früher, als er beabsichtig hatte. zur
JUmkehr bewegt worden. Auf die
FDauer war ihm dieser Spaziergang
’zu drückend. So beschlon er. heimzu
jlehren und an Lisa zu schreiben. Als
er nahe an die Pension herangekom
men war, sah er unten am Strand
eine aufgeregte Menschenmenge stehen.
Fast alle Gäste aus der Ban standen
am Steg und riefen und schrieen
durcheinander.
Er wollte unbemerkt sein Zimmer
aussuchen. Was ging ihn das Geb:h
ren dieser fremden Menschen an. Er
war froh, daß sie ihn nicht bemerkten.
Als er im hause die Treppe em
porsiieg, kam ihm das Zimmermäd
chen entgegen, die ihm Lisaz Karl-es
gebracht hatte
«,Ach herr Baron — haben Sie
schon gehört — das gniidige Fräu
lein, sie isi auf der See in dein
Sturm. Der Bootsmann hat sie noch
gewarnt. Nun ist sie schon seit drei
Stunden draußen, — man sieht das
Boot schon nicht mehr', rief sie ihm
aufgeregt entgegen.
Ronald sah sie betroffen an, begriff
aber nicht gleich.
»Von wem sprechen Sie?« fragte er
rasch.
»Von Fräulein Limbach, — der
here Baron —«
Weiter hörte Ronald nichts mehr.
Mit- großen Sähen sprang er die1
Treppe hinab über die Tetrasse nacht
;detn Strand. Plötlich stand er rnit
ten in dem aufgeregten Menschen
schwartn vor dem Bootstnanm der!
eben zum so und fodielten Male et-1
!
zählte daß er einige Stunden in der
sKiiche geholfen und nun bei seiner
Rückiehr bemerkt habe, dass das Boot
noch fehle, in dem das deutsche Frau-»
lein hinausgerudert sei.
Einige herren suchten mit dein
Fernglas das Wasser ab, und der eine
behauptete ,das Boot noch zu sehen.
Ranald faßte den Bootsmann an
der Schulter.
»Schnell ein Boot los, Mann; ich
fahre hinaus!« rief er mit gebietender
Stimme»
Alles schrie und drängte auf Ro
nald ein; man rieth ihm ab, es sei
nicht möglich, hinauszukommen Auch
der Bootsrnann sagte ihm, toenn es
imöglich wäre, dem Fräulein ohne Le
’benzgefahr Hilfe zu bringen, dann
Iwiire er schon selbst hinaus
s Ronald schob ihn aber energisch vor
fsich bet
»Vorwärts, —- ich will hinauz«,’
sagte er in einem Tone, der keinen
Widerspruch duldete. "
Der Bootsinann folgte seinem Ge-;
T heiß.
»Es geht ums Leben, Herr!" rief
er ihm noch zu.
Ronald warf feinen Rock im Boote
ab und faßte die Ruder. Mitt blei
chem, entfchloffenem Gesicht legte er
sich zurück und zog die Ruder an.
Während der Bootsmann das Boot
frei machte, hatte einer der herren,
der Lifas Boot noch gesehen haben
wollte, Ronald die Richtung gezeigt.
Alle riefen aufgeregt hinter ihm her;
aber seiner hatte sich erboten, mit zu
fahren.
Auch das Kleeblatt, Naundorf in
der Mitte, hatte versucht, bis zu Ro
nald vorzudringen. Diesmal aber
nicht, um ihn durch heitle Fragen zu
belästigen. Aber ej gelang ihnen
nicht; und als Raundorf merkte, daß
Ronald hinausfahren wollte, ver
fchtoand er im hintergrund, um nicht
von thn gefehen zu werden« Schließ
lich forderte dieser ihn gar auf, mit
hinaus zu fahren; und dazu fpiirte er
nicht die mindefte Luft. Ruilos fein
Sehen tu die Schanze zu fchlagen fiir
Gib mich frei
H—-·---,· .-M—.,—-.-kt
ein Mädchen, das ihn so deutlich hatte
adfallen lassen, —- nein —- dazu war
er nicht unvernünftig genug. Dechins
gen wiirde ja wissen, warum er dies
Wagniss unternahm, ——
Ronald hörte nicht auf daz. wag
ihm die aufgeregte Menge nachrief.
Sein Auge war blind fitr alles, was
um ihn her dorgingz er suchte nur
wieder und wieder nach dem Boot da
draußen, nach seiner Lisa, seinem
Weide· —
Leicht war das Wert, welches er
unternommen hatte, nicht. Langsam.
sehr langsam kam er vorwärts. Als
er ader erst einmal gegen hundert Me
ter zwischen sich und das Land gelegt
hatte und fein Boot nicht mehr direkt
in der Brandung trieb, ging es besser.
Alltniihlich verblaßten die Gesichter
am Strand, wenn er, die Entfernung
messend, hinüberschautez die lauten
Stimmen verklangen mehr und mehr.
Mit Anspannung aller Muskeln ar
beitete er. Nur Lifa erst finden, nur
erst dei ihr sein, —- alles andere tiims
merte ihn fett nicht.
Ab und zu machte er einePause, um
nach Lisas Boot auszuspähen und
frische Kraft zu schöpfen. Dann legte
er sich mit doppelter Wucht in die
Ruder. Schweiß stand in hellen Per
len auf seiner undedeckten Stirn.
Seine Kleider waren bereits durch
näßt. Was lümmerte es ihn. Lisa
war in Gefahr; er mußte zu ihr.
Weiter, — nur weiter! Die Adern
auf seiner Stirn schwellen an, seine
Augen durchforfchten die Weite. Und
jetzt endlich. —- jeht sah er das Boot!
Noch weit entfernt war es, aber doch
deutlich zu erkennen«
Ein lauter Ruf stieg wie ein Schrei
aus seiner Brust empor: »Lisa!« —
Noch tonnte er nicht zu ihr dringen.
,Der Sturm verschlang seinen Ruf.
Aber mit neuem Muth ruderte er vor
s Miets
Stumm blickten sie sich mit einem
unaussprechlichen Blick in die Augen.
Er risz sie in seine Arme und bedeckte
ihr Gesicht mit heißen leidenschaftlichen
Küssen. Dann hieltser ihren Kopf
fest und blickte mit stammenden Au
gen in die ihren.
«Glaudsi Du mir nun endlich, daß
ich Dich liebe, wie nur je ein Mann
sein Weib liebte«, stieß er. heiser vor
Erregung hervor.
Sie schauerte zusammen in namen
loser Wonne. «
.Ronald!«
Jn diesem Rus lag ein beitrites
Jauchzen, das ihm alles ver-rieth was
in ihrer Seele vorging
Unbetiirnmert um Noth und Tod
hielten sie sich in den Armen. und seine
Küsse brannten so über-zeugend aus
ihre Lippen, daß alle Furcht. aller
Zweisel siir immer von ihr absiel.
.Bis hier hinaus bist Du vor mir
geflohen«, schalt er zärtlich.
«Vor mir selbst, —- ach, Ronald.«
»Was denn, mein Lieb. was hast
Du noch aus dem Herzen?"
Sie schmiegte sich zitternd an ihn
und sah ihn angstvoll Jn.
.Wenn wir jetzt sterben müßten.'
Jhre Worte riesen ihm den Ernst
ihrer Lage in das Gedächtnis zurück.
Liedevoll hiillte er sie in das Plaid,
wars ihr auch noch seinen Rock über,
den er, bevor er sich zu dem Sprunge
entschlos. wieder angezogen hatte.
»So, mein Liebling; nun sasse Du
das Steuer. Frierst Du auch nicht?
Fu darsst mit nicht wieder tranl wer
en.«
Sie lächelte glückfelig
»Mir ist fo warm, —- fo warm!«
Gehorsam faßte sie das Steuer, und
er nahm die Ruder aus. Sein Boot
trieb fchon ein ganzes Stiick von ih
lnen entfernt. Mochte es treiben!
; Er feste sich ihr gegenüber. Einen
Augenblick noch schaute er sie in stum
»mer Jnnigleit an. Dann sagte er
ernst:
»Sind nun alle Zweifel gebannt,
Lisa? Wirst Du nicht wieder rückfiil
lig werden, wenn wir in Sicherheit
sind? Glaubst Du nun an meine hei
lige, tiefe Liebe?«
Sie fah wie gebannt in feine leuch
tenden Augen, tiefes Noth färbte ihr
Gesicht. -
.Jch glaube Dik und wiu nie weh-i
daran zweifeln«, fagte sie tief bewegt. !
aMein geliebtes Weib, —- meinei
holde, fiifze Frau, fett tann ich Dir!
ja nicht sagen, wie rieb Du mit visit
Laß uns nur erft in Sicherheit fein.« s
Sie seufzte ängstlich auf· s
«Wirst Du Kraft genug haben, uns -
zurückzubringen?« fragte sie bangend.i
«Sag mir ein recht liebes Wort. —
das wird mich ftarl machen«, bat er.
»Mein geliebter Mann.«
Nur wie ein Hauch drang es an
fein Ohr, aber er vernahm es doch.
Er stieß einen hallenden Jauchzer aus
und legte sich in die Riemen, daß sie
fich bogen.
Aug in Auge saßen sie da. Er
lonnte nicht mehr sprechen, der Athem s
tam ihm vor Anstrengung stoßweifel
aus der Brust. Lisa blickte immer
wieder in Angst und Sorge nach dein
Lande hinüber und dann wieder auf
Nonald.
Wie er sich anftrengen mußte, wie
er kämpfte utn fein und ihr Leben.
Schritt um Schritt mußte er in hei
ßem Bemühen vorwärtodringem
Sie betete inbrünstig. Wenn sie
untergingen, war es ihre Schuld.
Warum hatte sie sich gesträubt gegen
den Glauben, der sie nun fo felig
machte· Warum floh sie vor ihm hin
aus auf das Meer, nicht achtend der
Gefahr. Nun hatte sie ihn mit hin
eingeriffen in diese Gefahr. «hils,
mein Gott« —- hilf.«
L Was ihm Lisa geworden war in"
idiefer Zeit, feit sie ihn verlassen, das
Lerlannte er erfi voll und ganz in die
»fer Stunde. Er wußte, daß fein Le
bensglück mit ihr gefiihrdet war. daß
er ohne sie nie mehr Glück und Frie
den finden würde.
Näher und näher lam er ihrem
Boot. Noch fah ihn Lisa nicht; sie
war halb bewußtlos im Boot zufam
mengesunten und klammerte sich an
dem Siß fest. Wie viel Zeit vergan
gen war, bis er ihr fo nahe kam, daß
er ihre Gestalt im Boot erkenne
tonnte, wußte er nicht. Er fah, daß
sie die Ruder nicht mehr führte.
»Halt aus, Liebste, halt aus«, stieß
er wie ein briinsiiges Gebet hervor.
Und dann wandte er sich voll nach der
Richtung ihres Bootes und rief, fo
laut er konnte. ihren Namen.
Er fah, wie sie sich aufrichtete und
wild um sich ftarrte. Wieder rief er
ihren Namen.
’ Da erblickte sie fein Boot: und als
sie fcharf hinüber spähte, erkannte sie
Ronald Ein gitternder Schrei tlang
herüber zu ihm. Er fah, wie sie ihre
Arme empor-streckte mit einer leiden
schaftlichen Bewegung
«Lifa!"
Jubelnd rief er wieder ihren Na
men. Sie hörte den jauchzendeu Ruf,
— er drang ihr wie eine erlösende Se
ligkeit in das herz.
Mit neu erwachter Energie faßte sie
nach ihren Rudern und suchte ihr
Boot dem feinen näher zu bringen.
So wurde die Entfernung zwischen
ihnen tiirzer und kürzer. Ganz deut
lich ertannten sie nun gegenseitig den
Ausdruck ihrer Gesichten
»Ich komme. Liebste, — sieh die
Ruder ietzt ein«. fchrie er hinüber.
Sie folgte feiner Weisung. Jeßt
ianr das fchwersie Stitck Arbeit —- die
Boote fo nahe an einander zu brin
gen« daß er zu ihr hinüberfpringen
lonnte· Er mußte mit aller Vorsicht
laviren, damit sich die Boote nicht ge
genseitig zum Kentern brachten. L
Er sah, wie sie blaß wurde und
hörte ihr zitterndes Gebet. Er lächelte
ihr zu.
»Er wird helfen. Sei ruhig, Lisa, !
meine Kraft reicht« sagte er
Aber feine Worte tamen keuchend
aus der Brust.
Einige Male mußte er ausruben
Sie merkte ,daß Blut an seinen Hän
den herabrieselte und schrie auf.
Er folgte ihrem Blick und lächelte
,,Jeßt verdiene ich Dich mir, Lisa.
Alles will ich damit auslöschem wo
mit ich Dich je getränkt-«
»Und ich?!« rief sie schmerzlich.
»Bin ich nicht schuld, daß wir beide in
Gefahr sind? Wie lösche ich diese
Schuld aus«
»Das sage ich Dir, wenn wir in
»Sicherheit sinds Dann sollft Du
.biißen«, antwortete er mit einem Blick,
Jder sie erbeben machte.
. Wieder legte er sich in die Riemen,
;wieder entbrannte der stumme Kampf
smit den Wellen. Ronald fühlte, daß
iseine Kraft nachließ. Aber er biß die
bne zusammen und ersefte die ver
k- orene Kraft durch wilde Energie. Er
swollte es zwingen, wollte mit ihr zuii
rück in das lachende Leben. Jekh da
ier am Ziel seiner Wünsche war, wollte
ier nicht kläglich unterliegen. —- - —
i Und er zwang es« Schon hörten sie
sdie Stimmen der aufgereqten Men
»Bleib' ruhig sitzen, Lisa, halte F
Dich fest-«
Sie rührte sich nicht, sah nur zu
ihm hinüber mit einem vertriiumten
ungläubigen Ausdruck. War das
nicht ein Trugbild ihrer überreizten
Nerven? hatte ihr Sehnsuchtsschrei
ihn herkigerufeni War das wirklich
Nonald, der in Sturm und Noth her
beikam, um ihr zu helfen — mit Ge
-fadr seines eigenen Lebensf
) Schon einige Male waren die Boote
dicht beisammen, aber ehe Ronald hin
überspringen konnte, trieb sie eine
Welle wieder auseinander. Er stand
jeht aufrecht, das eine Ruder hrtte er
etiågezogem auf das andere Mitte er
Jetzt hob wieder eine Welle sein
EBoot empor und brachte es tn Lisas
Nähe. Ein gewaltiger Sas, —
saliieklich kam er hinüber. Aber et
Etaumeltex das Boot schwankte heftig
durch die Macht des Anpralls, und
er wäre fast heran-geschleudert wor
den. Do warf aber auch schon Liko
in heißer Angst die Arme um ihn nnd
umklammerte ihn fest. Sie sanken
beide mitten im Boote nieder, ohne sich
loisulassen.
schen herüber-Ringen Man war am
Strande entlang» gelaufen, weil das
Boot abwärts getrieben wurde. Ro
Zeit, daß diese Fahrt ein Ende nahm.
»Nun sind wir bald geborgen, Lisa.«
Sie beugte sich vor nnd streichelte seine
blutende hand.
Deine armen hünde.«
Er schüttelten den Kons. als wollte
er sagen: Das ist nicht der Rede werth.
Sprechen tonnte er nicht mehr. ——
Alle hünde streckten sich ans. um zu
helfen. Endlich war das Land er
reicht.
»Gerettet«, jubelte Ronald und hob
Lisa aus dem Boot·
»Bist Du nun glücklich. Liebste?«
slüsterte er ihr in das Ohr.
»Ueber alle Maßen«, antwortete sie
leise· ,
Alle drängten sich um die beiden Ge
retteten. Ronald zog aber schnell Li
sas Arm durch den seinen.
»Wir sind bis aus die Haut durch
niiszt. meine Herrschaften; erst müssen
wir trockne Kleider anlegen, dann ste
hen wir Rede und Antwort.«
Mit diesen Worten zog er Lisa mit
sich fort, dem Hause zu.
Als sie allein waren, sagte Ronald
zärtlich:
»Jetzt bist Du brav und legst Dich
einige Stunden nieder; sonst wirst Du
mir trant."
»O nein, — ich will mich nur um
tleiden. Jch fühle mich so wohl, so
start, —- so glücklich. Laß mich jetzt
nicht allein.«
Er drückte ihren Arm an sich·
»Ich tomme zu Dir, wenn ich mich
umgezogen und etwas zu mir genom
men habe. ·Jch glaube. Glück macht
hungrig, Liebste. Dars ich zu Dir
kommen? Ruhe mußt Du jetzt ein paar
Stunden haben. Jch will nur ganz
still bei Dir sitzen."
, fSie sah glücklich lächelnd zu ihm
» au .
nald athmete aus; es war die höchste«
i
i
i
i
(
l
i
)
»Was follens nun die Leute fagem
wenn Baron Hechingen Fräulein Lim
bach in ihrem Zimmer befucht?«
Er lachte übermüthig.
«Ei, diefe lieben Leute werden sich
fchon ohnedies den Kopf ein wenig
iiber uns zerbrechen. Jch fah einige
Augenpaare entschieden mißbilligend
auf uns ruhen, als wir uns aus dem
Staube machten. Aber was ficht uns
das jetzt noch an. Jeht bifi Du mein,
endlich mein, Du mein fcheuer, furcht
famer Liebling. Was kümmern uns
die Leute. Heute Abend oder morgen
werden mir das zartefte Gewissen be
ruhigen, indem wir uns einfach als
Mann und Frau dorsiellen.«
Sie hatten das haus erreicht und
wurden hier mit freudigen Zurufen
empfangen. Aber auch hier hielten sich
die beiden Glücklichen nicht auf.
Ronald rief das Zimmermiidchen
herbei und befahl ihr. Lifa fchnell
heim Umileiden zu helfen und ihr
heißen Thee zu bringen. Dann tiißie
er List-, unbekümmert um die er
staunte Zimmermaid fefi auf den
Mund.
..Jn einer Stunde bin ich bei Dir«,
fagte er leise.
lSchluß folgi.)
Tolstoi als Student.
Jn Moskau findet zur Zeit eine
Tolstoi-Ansstellung; statt, bei der sich
die russische Zensur das Stückchen ge
leistet hat, unter anderem einen Brief
Tolstoi-s an den Zaren von der Aus
stellung zu entfernen, trotzdem der Zar
selbst feine (Fintvilligung—zur Ausstels
tung dieses Briefes gegeben hatte. Un
ter den ausgestellten Sachen, die zu
Tolstoi in Beziehung stehen, sind die
Akten der Kasaner Universität, in de
nen von ihm die Rede ist, von besonde
rent Interesse. Jn eine-n verstaubten
grauenUmschlag befindet sich »Am Nr.
GL« vom Jahre 1842. Sie handelt
vom Gesttch des Grafen LeoTolstoi um
Aufnahme auf die orientalische Faul
tiit, wo er die tiirtische und arabische
Sprache zu studieren wünschte. Da
mals war der auch außerhalb Nuß
lands berühmte Mathematiker Lobati
schetvsti Rettor der Universität Kasan
Bon feiner Hand riihrt die Bemerkung
in der Alte, die die Aufnahme Tolstois
in die Universität mit der Bedingung
bestätigt, daß der neue Student ein
Zeugnis von seiner Gesundheit bei
bringe. Glänzende Fortschritte hat
Tolstoi auf der Universität nicht ge
macht. Nach den Prüfungöprototollen
dont Jahre 1845 erhielt er siir Fort
schritte im Arabischen die Note »unge- ;
niigend« und fiir Fleiß dieselbe, dage- J
gen wurden seineFortschritte im Fran- »
Zösischen als «auggezeichnet« einge- »
schiißt. während sein Fleiß auch hier
bloß «ungeniigend« war. Türtisch hat
Tolstoi augenscheinlich gar nicht fPetriei
ben, da jede Note fehlt. Diera f ließ
er sich Gute No. 65 vom Jahre 1845)
aus die juristische Fakultät überschrei
ben. In der Geschichte des römischen
Rechtes erhielt er stir»Fortschritt die
Rote «gut«, der letß war wieder »un
.geniigend«, in llgetneiner Geschichte
waren feineFortfchritte »ungeniigend«,
sein Fleiß aber schon »gem« ungeniis
sent-". Im Jahre 1847 weisen die
Von
Hedwig Courthsimahler
----—1----. .:.,c---.-«
Prüfungsprotoiolle meer Noten aus:
Euryclopödie des Rechtes: Fortschritte
gut, Fleiß ungenügend; Strasrecht:
Fortschritte ungenügend, Fleiß unge
nügend; Geschichte des russ. bürgerl.
Rechtes: Fortschritte ungenügend,
Fleiß ungenügend; Vergleichendei eu
ropiiisches Stoatsrechn Fortschritte
ungenügend, Fleiß ungenügend; Allge
meine Geschichte: Fortschritte (ses)ite),
Fleiß äußerst soul; RussischeGeschichte:
Fortschritte (iehlte), Fleiß äußerst
oul.
Damit endete die Univers-Muth
dung des großen rus fischen Schriftstel
lers, denn schon die nächste Atte regt
thriert sein Gesuch um Austritt aus der
Universität »trontheits- und häusli
cher Umstände halber«.
sont thcheretsetveesh
Die Fischerei nimmt in der nationa
len Volkswirthschast einen nicht ganz
unbedeutenden Platz ein. Es sind dar-·
in, wie ein Zensusbulletin ersehen
läßt, 154,000 Personen beschiistigt,da5
angelegte Kapital beträgt 42 Millio
nen und der Wert des Ertrages 54
Millionen. Dies schließt alles ein,
was dem Wasser an verwendbarem
Stosf entnommen wird, nicht nur Fi
sche, sondern auch Krebse. Hummerm
Austern, Schnecken, Frösche, Schild
tröten. auch was an Schwimmen an
Alligatorhöuten, an Fischthran und
Seehungssellen gewonnen wird· Von
dem in der Jndustrie beschäftigtenPers
sonen arbeiten 65 Prozent an der at
lantischen Küste, 10 an der des Pari
sie, 11 am Gols von Mexito, 8 im
Misiissippicvebiet und sechs Prozent
an den nördlichen Binnenseen. Der
Schwerpunkt der Industrie befindet
sich nicht. wie gemeinhin angenommen,
in Massachusetts, mit Boston und
Gloucester, sondern in der Chesapeatei
Bai und Umgegend. Von dem 94,281
Fischern der atlantischen Küste kom
men 20,066 aus Virginia, 18,392 aus
Marvland, 11.577 aus Massachusetts,
9681 aus North Carolina, 9212 aus
Florida, 7231 aus New Jersey, 6861
aus Maine und 6775 aus New York.
DerGesammtertrag des Fanges der
Fische, die als Nahrungmittel ver
wendet werden« wird mit tausend Mil
lionen Pfund jährlich angegeben, so
daß aus dem Kops der Bevölkerung
setwa els und ein drittel Psund kämen.
»was im Vergleich zu anderen Ländern
sehr wenig ist, Fische, Austern, hum
mern und so weiter geben zusammen,
nur etwa siinszehn Prozent von dem
Gesammtverbrauch an animalischen
Nahrungsmitteln
Austern stehen im Verbrauchswerth
an erster Stelle. Es werden jährlich
ZKRJMXWD Bushels im Werte von
815,713,000 gesanaen, 29 Prozent des
Wertes aller Fischereiprodutte. Dir
Gewässer von Marnland, Virginia.
Connecticut und Louisiana neben 57
Prozent des Gesammtvertrages· hum
mern haben im Laute der letzten zwan
zig Jahre um siinszia Prozent abge
nommen, ihr Preis ist demgemäß er
heblich, um das Itinsiache, gestiegen.
Krebse haben zuaenommen. der Preis
ist entsprechend gefallen. An Clams
werden jährlich tausend Millionen
Bushel gefangen, 51 Prozent davon
hartschalige, 46 Prozent ireichschalige
und drei Prozent, die in dem Bericht
als razor und surs elamö bezeichnet
werden. Die Leute an der Miste wer
den wissen, was das bedeuten soll.
Natürlich tann sich der Zensus nur
mit dem gewerbsmäßig betriebenen
Fischfang beschäftigen. Was unsere
Angler allsommerlich als Beute heim
tragen und was die gelegentlichen
Raubsilcher den Game Wardens unter
der Nase weasangen, entzieht sich amt
licher Statistit.
I Die kleine Elie liest in der Bein-as
I.Ein Pferd ist zu verkaufen Wo? fast
T die Expedition dieses Blaue-A
»Im. wqtum in t vie Expeditlm
des Platte-i umne- . o« ?«
« bin II Einem-IS bitt III München
jewe kn, mein Aste-r
I fchd sonst taten S s
Maul ha ten qbbei dem bit-»