Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 24, 1911, Zweiter Theil, Image 11

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    Mun- Hchtkiluhmk von:
Ist-zi- Haucme
If
N
No. 594. Manchmal hen ich schon
gedenkt ich duhn mich gar nit mehr·
um den Philipp was mein Hosband
is. battere un lasse ihn, wie mer aus
deitsch sage duht, sei eigenes Kennuh
päddelr. Oss Kohrs dann muß ich
auch widder denke, daß das nit recht
wär. Jch hen ihn, so lan wie ich die
Ehre hen, mit ihn etwehn et zu sein,
gespeuit; das-meint, ich hen ihn im
mer alle Sorge von die Regierung ins
Vaus abgenomme, so daß er also nur
sor sich selbst auszugucke gehabt hat
Wenn der Winter is komme, dann
hen ich ihn sei warmes Unnerwehr un
sei warme Sacks hingelegt un im
Sommer hen ich ihn sein Sommer
stofs gewwe. Den Weg hen ich es mit
alles gemacht un da hat er so bei un
bei ganz alleins an mich diepentet.
Sie sehn, daß ich also siir seine
Kohndischen allein-Z zu blehme sin. Es
is seht zu spät gewese, da e Tschehnsch
zu mache un ich hen ietzt emal in den
sauere Appel gebisse un hen die Supp
auch ausesse müsse. Jch hen Jhne ge
schriwwe, in was sor en Truhel er
mit sein Ombrella komme is. E an
nere Frau hätt gesagt: »Weil, wenn
du so dummes Kalb bist, daß die
noch nit emai sor dein Ombrelia aus
gucke kannst, dann gucl auch wie du
settig werscht«. So hen ich awwer
nit denke könne. Wie die Zeit war,
daß er sor den Tschotsch hat gemißt,
da hen ich mich rettig gemacht un hen
- gesagt: »Nun Phil, ich gehn mit dich
un mer wolle emal sehn, ob mer dich
nit los eise lönne'«. Das hat er ge
gliche, bitahs ich hen ja längst gewißt,
daß er essreht war zu gehn.
?
Mer sin dann zu den Tschotschs
gange un dort hen mer awwer ebbet
dorgelese kriegt! Wei eel hat gelissenet,
alt oh der Philipp der größte Krim
minel un Kruck wör, wo noch jemalsj
in e Deim Nawwel gelebt hat. Wie!
die Tschartsches all vorgelese ware, da»
hat der Tschotsch den Philipp gefragt,
oh er giltig odder nit giltigwör. Da
hen ich gesagt un hen mich reit in
Front von den Tschotsch gestellt:
«Tsotsch, juhr Anner. ich sin den Die
sendent sein.Kaitnsel un for den Rie
sen hat er gar nicts zu sage; alles was
hier gesagt werd, das sag ich un sor
den Riesen sag ich: mir sin nit gil
tig«. »Was sin Ihre Jhte Riesens
odder was is Ihre Ihre Diesenz?«
hat der Tschotsch gefragt un dann
hätte Se mich emal höre solle, Jch
hen gesagt: Jn die erschte Lein is die
Reppeteschen von den Diesendent e
nomher wonn· .Et hat noch nie nit
in sei ganzes Lewe ehbes unrechtes
gethan, eckzept. daß er sor Ihne,
Tsehotsch, sein Wodumm abgewwe hat,
wie Sie sor Kauntie-Prassetjuter ge
lause sin un daß er schon hunnert mal
gesagt hat« dasz er noch hunnert mal
sor Jhne wohte deht« wenn Se wid
der emal sor e poblick Assis lause
dehte. Sell is das einzige Unrecht,
was er jemals begange hat« bttahs ich
hen ihn immer gesagt, et wär sah
lisch, daß er so zu Jhne stiete deht, bi
Iahs wenn er emal in Trubel komme
deht, dann dehte Se nit mehr an
seine Freindschast denke. Ich hen
mein Hosband en Ombrella gekauft,
wo er hat in Gedanke stehn gelasse.
Dann hen ich ihn widder ein getauft
un den hat er geschweipt lrieqt un ich
sann Ihne, sor e lange Stotie lorz zu
mache, sage, daß soe jeden Schirm, wo
in unser Haus gesunne is worde, Jes!
wand annerschter den Philipp sein
kriegi hat. Un noch e anneree Ding,
von die Schirm, wo in unser hau
gesunne sin worde, is keiner mehr wie
sechs Schilling wetth un den Diesen
dent seine hen nit weniger wie en
Dahler perr gekost. For alle die Rie
sens mach ich die Moschen den Die
sendent zu distschartsche, hilahs er is
nit giltig«.
Well, Mistee Edithor, was sage Se
zu so en SpietschI O, ei tell jah,
wenn ich auch keine so arig große Ett
juiehschen genosse hen, dann weiß ich
doch, was recht is un alles tods unrecht
ist« tann ich nit leide. Der Tschotsch
hat for e Weil nachgedenlt un dann
hat er in seine Bücher gesucht, als
wenn er den Philipp wege siwwesachem
Familieniord un Dohtschlag hätt sen
tenze·wolle. Nach e lange Weil hat
er sei Buch mit en Bang zugemacht
un hat gesagt: »Ich hen die Worte
und die Ahtguments von den Diesen
denl sein Kaunsel all gehört un hen
drin-wer nachgedenkt un sm zu die
Kohnlluhfchen lome, daß nicks gege»
den Angeklagte vor-liege duht. Wenn
ich mein Ombrella geschweipt kriege
un es steht instett von ihn en annerer,
Ombrella an sein Plan, un es duht
zu dieselwige Zeit regene, dann denk«
ich aar nit dran, im Rege heimzu-.
laufe. Dann nemm ich den Schirm,J
wo da steht un gehn mit heim. Es
guckt zu mich, als ob Jemand en Drick
an den Diesendent gespielt un seine
Schirm immer geschweipt hätt, for ihn
in Truhel zu bringe. Jch möcht aw
wer den Angeklagte den gute Ettweis
gewwe, in Fjuhtscher e Tschehn an
sein Ombrella zu teie un ihn um fein
Hals zu hänge, for daß er ihn nit
mehr stehn läßt. Der Diesendent is
distichaktschtt
Ei tell fuh. das hat mich awwer·
doch gut iiihle mache un in die erschte
Lein. bilahs es war mich, wo den
Philipp frei lriegt hat. Jch wunner,
ob ich mich nit auf das Bißneß werfe
sollt, ich meine als en Leier deht ich H
unbedingt en Hitt mache.
Mit allerhand Achtung
Yours
Lizzie Hansstengeb
O weh!
»Ich bin gekommen, mir die Beloh
nung abzuholem die Sie auf die Wie
derbringung Jhres entflogenen Kana
rienvogels aussehten.«
»Was Sie mir da bringen ist doch
eine Rade und kein Kanariensogel!«
»Gewiß; aber der Kanarienvogel
ist d77n.«
Aus der Schule
Lehrert »Fritz, wie heißt das Vieh.
das uns den Schinlen liefert?«
Fritz: »Der Schlöchter.«
Ihr Ideal.
Erste Freundin: »Mlmtni hat sieh
fest vorgenommen, nur ihr Jdeal z
heirathen.«
Zweite Freundin: »Wer ist Ihr
Jdeal?««
Erste Freundin: »Der erste Mann,
der mir einen Heirathsanirag macht. «
Sie paßt
Altlleider- Händlen »Sehen Sie,
wenn Sie die Hosen nur ordentlich
herausziehen, donn sind sie nicht zu
langs·
Kunde: »J1, dann schnüren sie mich
aber unter den Armenk«
Ein Erfolg.
Professor: »Heute ging ich in’s
Fundamt und bekam gottlob den Re
gensehirm wieder, den ich vorigeWoche
im Eisenbahnzug oergaß.«
Frau: »Das ist gescheit —- tvo hast
Du den Schirm?« «
Professor: »Den hab’ ich im Fund
amt stehen lassen.«
sie-sitt
Sie: »Gkoßaetig, daß der Mensch
jetzt wie ein Vogel fliegen kann, wo
hin er willi«
Er: »Na ja — aber der Vogel lann
doch ohne Benzin fliegen!«
Unter-listed
Sie: »Warum schüttelst Du den
Kaps; sindest Du den neuen hat zu
theuer stir mich?«
Er: »Für Dich nicht . . . aber siir
wicht«
Ihn geb-II kuike nicht so viel Knochen als Milqu
mal hte Schweine anstatt uss Verne, uff Anockwürschtkln tum
Ivetden,«deIIII ieb ick immer II- KIIaäIvurscht zu.
-
Die Taschenuhr.
i Von Dr. Lenz.
»Ich trage, wo ich gehe, stets eine
Uhr bei mir. .'« Wenn die Loetoeschen
iBalladen auch nicht mehr die allge
meine Beliebtheit genießen, deren sie
zur Zeit unserer Väter und Großväter
isich erfreuten, seine sinnige Ballade
i von der Uhr, die den Menschen aus all
keinen Lebneswegen begleitet, gehört
rckerlich noch heute zu den Lieblingen
unseres Volteö. Was ihr unsere
Gunst so lange erhalten hat, ist un
sere Freude arn Symbolisieren, am
Beseelen der alltäglichen Dinge, die
uns umgeben, und wohl auch die
Freude an dem kleinen Meisterwerk der
Mechanik selbst, das in unserem ar
beitsamem modernen Leben sicherlich
keine geringere Rolle spielt als in dem
der früheren Generationen. -
Der Tag, an dem wir die- erste Ta
schenuhr unser eigen nannten, gehört
zu den großen Ereignissen unserer
Kindheit, die wir nicht vergessen. und
der Stolz, und der Eifer, mit dem wir
wohl hundertmal am Tage seitstellten,
»wieviel Uhr es ist,« ist gewiß ebenso
groß gewesen als im Jahr 1674 der
des Kronprinzen Max Emanuel von
Bayern, der, wie es scheint, einer der
ersten braven Söhne gewesen ist, die
von ihrem Vater nach bestandenem
Examen eine Uhr zum-Gesche« er
hielten.
Die Erfindung der Taschenuhr aber
liegt noch weiter zurück. Natürlich
sind die großen Uhren, die Haus- und
Zimmeruhren, zuletzt die Tischuhren,
ihre Ahnen gewesen. Und erst nach
der Erfindung der Federuhr, deren
Trieblraft durch ein spiralförmig ge
wundenes Stahlband, die Zugfeder,
bewertstelligt wird, war die Herstel
lung der tragbaren Uhr mit ihrem ge
ringeren Volumen überhaupt möglich
Das früheste uns erhaltene Beispiel ei
ner solchen Federuhr —- wann, wo und
von wem sie erfunden wurde, wissen
wir nicht —- ist die zwischen 1429 und
1435 entstandene schöne gothische
Standuhr Philipps des Guten, welche
sich jeßt in Wiener Privatbesitz befin
det
Für die Federuhr wurden bald die
verschiedensten Formen der äußeren
Gestaltung gefunden. Auf dem Wege
zur Taschenuhr ist die richtigste Form
sdie leicht transportable bald runde,
bald polngonale sogenannte Tischuhr
mit nach oben gerichtetem (der Tisch
platte paralleleni) Zifferblatt.
Von tragbaren Taschenuhren ——auch
Reife-Uhren genannt —- hören wir
erst im Anfang des 16. Jahrhunderts-.
Der Ruhm, sie erfunden zu haben, gr
bührt dem Nürnberger Schlossermei-"
ster Peter heulein. War auch der
Schritt, den er that --— von der Tisch
uhr zur lleinen tragbarenUhr in hand
lichem Format —- lein allzu großer
mehr, so rechtfertigt doch die Bedeu
tung, die seine Erfindung in der-Folge
gewonnen und ihn zumVater des Uhr
nrachergewerbes, insbesondere der heute
gewaltigen Taschenuhrenindustrie ge
macht hat, zweifellos die Ehrentafel in
der Walhalla in Regensburg die sei
nen Ruhm verkündet, und das ihm zu
gedachte Denkmal in Nürnberg. Jst
es doch auch sein Verdienst, daß Nürn
berg nicht nur der Geburtsort, son
dern zwei Jahrhunderte hindurch der
Hauptsiß der Taschenuhrenfabrilation
gewesen ist. Vor ihm existierte ein ei
gentlicher Uhrmacherstand noch nicht,
er selbst ist gelernter Schlossermeister
gewesen. Jn der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts aber gab es in
Nürnberg schon zahlreiche llhrmacher,
und schon im Jahre 1567 besinat Hans
Sechs in der ,.Eigentlichen Beschrei
bung aller Stände auf Erden usw.«
den Uhrmacherstand mit dem niedlichen
Vers:
..Jch mache die reiifenden Uhr-,
Gerecht nnd Glatt nach der Mensan
Von hellem Glas vnd kleine lihrsant,
Gut, daß sie haben langen lieitandL
Mach auch darzu Hiilticn Gehn-set
Tal-ein ich iie flei"ig befilileufk,
Ferb die gheufz (riin, Gran, rot vn
blow
Trinn man die Stand vnd viertril hat«
Neben Nürnberg spielte damals nur
Augsburg noch eine wesentliche Rolle
im Uhrmachergeiverbe und vermuthlich
Venedig, doch fehlen uns iiber Vene
digs Uhrmacherkunft noch ganz die
archivalifchen Auffchliissr.
Es ift möglich, daß Henlein fchon
vor dem Jahre 1511 feine Erfindung
gemacht hat« Die Nonne Felicitas
Grundherz, der im Mann-Kloster zu
Nürnberg die Zeit zu lang geworden
fein dürfte, bitiet in einem uns erhal
tenen Brief aus dem Jahre 1511 ihren
Vater um einige der kaum erfundenen
»Orrlein«. Vielleicht aber hat sie die
Tafchenfonnenuhren gemeint, die da
mals auch fchon hergestellt wurden
Jedenfalls läßt ein Brief Dr. Martin
Luthers aus dem Jahre 1527 teinen
Zweifel darüber, daß nach diesem Zeit
punkt heuleins Erfindung lehr wenig
bekannt war. Luther hatte von Fried
rich Pistorius, dem letzten Abt von St.
Eghdien zu Nürnberg, eine Taschen
uhe zum Geschenk erhalten und he
dankt fich mit folgenden « begeisterten
Worten: »Durch diefes mir sehr will
kommene Gefchent fühle ich mich ge
zwungen, Schüler unserer Mathema
tiker zu werden, damit ich alle die Re
geln und Gefeße diefer einzig in ihrer
Art vorliegenden Uhr lerne; denn nie
habe ich vorher ähnliches gesehen noch
beobachtet!«
Es läßt sich denken, daß im 16.
Jahrhundert die tragbarenUhren mehr
oftbare Prunkobjekte als Gebrauchs
gegenstiinde gewesen sind. Schon der
liinstlertsche Schmuck der Uhren, der
zu leiner Zeit reicher und kostbarer ge
wesen ist als in der Renaissance, läßt
daraus schließen. Die Fürsten pfleg
ten sich untereinander mit Uhren zu
beschenlen. Und in den Archiven sin
den sich lange Korrespondenzen der
Reuaissance - Fürsten, die keinen wei
teren Zweck als die Erwerbung einer
Uhr verfolgen. Das Interesse der
Fürsten siir die Uhrmacherlunst hat
diesem Gewerbe überhaupt manche
werthvolle Förderung eingetragen. Ei
ner der leidenschaftlichsten Freunde der
Uhrmacherei war der Kaiser Karl V.
Als er nach 20jähriger Regierung sei
ne Krone gegen eine Mönchstonsur
eintauschte, beschied er den Astronomen
Manelo Tortiano zu sich und widmete
sich ganz dem Bau lunstooller Uhr
werte.
Die Kostbarkeit der tragbaren Uh
ren in jener Zeit erklärt es, das: sie an
fänglich nicht in der Tasche. sondern
ähnlich wie die Medaillen und Gna
denpsennige an schweren Zierletten um
den Hals getragen wurden. Der äl
teile Typ dieser Halsuhren, deren Ge
hause in unseren Museen noch zahl
reich erhalten sind, zeigt deutlich die
Abstammung von der Tischuhr. Es
sind im Grunde nur kleinere dosensör
mige Abwandlungen der Tischuhren,"
mit Oese und Ring ausgestattet Aus
den delorativen Schmuck dieser ältesten
tragbaren Uhren ist noch wenig Sorg
salt verwendet. Einige Arabesken,
eine Allegorie aus die Astronomie oder
ein Jagdsries mußten genügen. Aber
sie waren solide gearbeitet, anfangs
aus Eisen, später aus Stahl. Sie
gingen 40 Stunden lang und waren
stsgak schon mit Selbstschlagwerlen
versehen.
Daneben entwickelten sich in der 2.
Hälfte des 16. Jahrhunderts bald die
verschiedensten und sonderbarsten Ty
pen der Halsuhr, die den ganzen
Formen und Ornamenten - Reich
thum der Renaissance widerspiegeln.
Da gibt’s kleine ovale Uhren mit
zierlichem Schmuck in Niello oder
Email, Uhren in Form von Rosen
Fknospem Tulpen - Blüthen, Thieren,
Eicheln, Muscheln, oder nuch liir die
Geistlichen) in Form von Brust- oder
Maltheser-Kreuzen und Todtentöpfen.
Auch Uhren, deren Gehänse ganz aus
Kristall bestehen, kommen vor.
Jm 17. Jahrhundert scheint die
; ovale Taschenuhr besonders beliebt ge
s wesen zu sein, und aus ihr entwickelten
sich dann in der Barockzeit die soge
nannten »Niirnberger Eier« mit träf
: tiger Wölbung der Vorder- und Rück
»seite, die heute sehr selten sind und
phnntastische Preise erzielen. Auch
der Unterschied zwischen Herren- und
.Darnenuhren dürfte im 17. Jahrhun
dert vollzogen fein. Wenigstens begexk
nen wir zahlreichen winzigen Uehrchen,
die den Versuch dotumentieren, mittels
einer unendlichen Geduld möglichst
lleine Uhren —- felbst in Fingerringe
und Bisamlnöpfe wurden sie gefaßt-—
zustande zu bringen.
Wann der Uebergang von der Hals
uhr zur wirklichen Tafchenuhr stattge
funden hat. ist schwer festzustellen. Jm
Jahre 1600 wurde dein Herzog Fried
rich von Württernberg im Vatikan ein
,,schlagend Uehrlein aus dem Hosen
sack gestohlen.« Vermuthlich ist jedoch
die Sitte, die Uhr in der Tasche zu
tragen, erheblich älter. Es gibt viele
Porträts aus dem 16. Jahrhundert,
»auf denen der Dargestellte die Uhr rnit
dem iurbelförmigen Schlüssel an kur
zer Seidenschnur stolz in der Hand
hält oder neben sich gelegt hat oder von
ieinem Pagen auf silberner Schule sich
präsentieren läßt, während von der
Jsrsnst dazu gehörigen Halslette nichts
Ezu sehen ist. Wahrscheinlich sind die
Uhren, die nur Niello- oder Email
schmnck zeigen, Taschenuhren gewesen,
während die Uhren mit plnstischem
Deior als Halsuhren zu betrachten
sind, weil sie durch die Abnutzung in
der Tasche zu sehr gelitten hätten.
Allgemein gebräuchlich wurde das
in der Tasche Tragen der Uhren wohl
erst in der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts. Die frühere Feinheit»
im künstlerischen Schmuck des Gebäu
ses vermissen wir in dieser Zeit häu
fig: während wir eine sehr viel sorg
fältiger-e Durchbildung der Einzel
theile des Werts beobachten, besonders
die Spindellloben und später die schei
benförmigen Spindelbriicken,' die nach
der Einführung der spiralförmigen
Negulierfeder die jetzt größer gewor
dene Unruhe bedecken, zeigen eine zier
liche Ornamentit.
Jm 18. Jahrhundert büßen Nürn
berg und Augsburg ihre Bedeutung
sür die Taschenuhrensabritation ein,
und Frankreich Ivird nach einer kurzen
Blüthezeit der englischen Uhrindustrie
der Hauptsitz des Gewerbes. Sowohl
in technischer als in künstlerischer Be
ziehung wurden die englischen und
deutschen Erzeugnisse völlig von den;
französischen überholt und dann zu ei
ner charakterlosen Nachahmung dieser
gedrängt. Ein Versuch Friedrichs
des Großen, durch Gründung von ;
Taschenuhrenfabriken in Friedrichs-;
tal und Oranienburg die Uhrindustrie ’
in Preußen einzuführen, scheiterte mit
großen Verlusten für den Stactssäckei.
Paris und Gens behaupteten den ersten
Preis. Suler Julien und Pierre Le
Roy, Le baute, Berthoud und Breguet
sind die Namen der berühmtesten fran
zösischen Uhr-nacher.
Die sranzösische Rote-to - Taschen
uhr ist wieder in erster Linie Luxus
-
gegenstand und Schmucksilick. Sie
wird wieder ossen getragen und mit
einer Chatelaine am Gürtel befestigt.
Schlüssel und Petschast leisten ihr da
bei gern Gesellschaft, und sie wetteifert
niit diesen unentbehrlichen Utensilien
der Rotolohertschasten in der Eleganz
und Zierlichteit ihres lünstlerischen
Aeußeren. Für plastischen Schmuck
zeigt sie eine besondere Vorliebe. Es
gibt Taschenuhren des 18. Jahrhun
derts, deren Zifferblatt ganz von pla
stischem Reliesschmuck überdeckt ist.
Und an Seite des Zeigers pflegt ein
wandernder Ziffernring in einem klei
nen Ausschnitte die Stunden anzuge
ben.
Lange hat die launische Mode der
Taschenuhr die unschuldige Freude,
»sich sehen zu lassen,« nicht gegönnt.
Jn der Empirezeit wurde sie wieder in
ihren dunklen Taschenarrest zurück
tommandiert. Nur verkleidet als
Lyra, Guitarre oder Harfe, auch als
Kugel oder Blüte oder Knospe wagte
sie sich zuweilen noch hervor, aber nicht
mehr in ihrer wahren Gestalt. Trotz
dem hat sie noch längere Zeit sowohl
aus ein schönes Aeuszeres als aus ein
in allen Theilen sein durchgebildets
Juneres gehalten. Sie liebte am Ende
des 18. Jahrhunderts ein schneeweißes
Emailgewand.
Noch hat sich die Taschenuhr von
ihrer tünstlerischenVerödtsng nicht völ
lig erholt, aber wir dürfen hoffen —
nianche guten Anlänfe rechtfertigen es ;
— dasz im zwanzigsten Jahrhundert »
zu ihrer technischen eine neue künstleri- ;
sclje Vollendung sich gesellen wird. s
Die Eisenbahnkrankheit.
Abgesehen davon, daß insettiöse
Krankheitsleime in den Eisenbahn
waggons leicht übertragen werden tön
nen (das kommt aber meist nur in den
schmutzigen sibirischen Zügen vor),
gibt es eine eigenthümliche Krankheit,
die ,,Railway Spine«, die namentlich
in Amerika studiert wurde. Es han
delt sich um eine Nervenlrantheit, de
ren Ursachen ebenso zahlreich wie ihre
Shntptome sind.
Jm allgemeinen sind Amerikaner
von einer größeren nervösen Reizbar
teit als Europäer. Das hängt mit der
amerikanischen Lebensweise zusam
men, mit der hastigen Art, zu arbei
ten, zu essen und zu schlafen. Wenn
man gewöhnlich an den Yanlees die
stählernen Nerven rühmt, so beruht
die-H aus einem Jrrthum, denn die Zä
higteit ist nichts als ein Uebertreiben
der Anspannungsmöglichleit. Es
nimmt nicht wunder, wenn in den Ver.
Staaten die Zahl der Geisteslranken
und Neurotiler beständig anwächst.
Ueberttagen sich doch diese Momente
auch aus die kommende Generation, so
das, man die Erklärung »Baby is so
nervious« als etwas Gewöhnliches
hinnimmt.
Wilkie Burton, ein Arzt in Philo
delphia, befaßte sich zum erstenmal ge
nauer mit dem Studium der «Rail
way Spine«, die namentlich in Ame
rika recht verbreitet ist. Die Kranken,
die dieses merkwürdige Uebel auf Ei
senbahnsahrten erworben haben, sind
alle in dem Glauben, rückenmarklei
dend zu sein, da die Wirbelsäule ent
weder überempfindlich und äußerst
schmerzhaft ist, oder sich eine völlige
Lähmung aber das Rückenmarl und
einzelne Theile des Gehirns erstreckt.
Jn diesem Falle befindet sich der Pa
tient in einem Dämmerzustand und ift
gewöhnlich nicht imstande, einfache Be
wegungen auszuführen, die im allge
meinen Neflexbewegungen genannt
werden. Es zeigen sich zumeift auch
schmerzhaste Zerrungen der Sehnen
und ein tramvfhaftes Zusammenzucken
der Gelenke, die dem Kranken Schmer
zen bereiten, wie sie sonst bei rheuma
tischen Anfällen aufzutreten pflegen.
Jm einen wie im anderen Falle aber
legt sich eine Taubheit über die Glie
der, die ein fortwährendes prickelndes
Gefühl hervorruft, wie bei einer Be
riihrung eines schwachen elektrischen
Stromes. Bei eingeschlafenen Füßen
pflegen ähnliche Erscheinungen zutage
zu treten, jedoch in einer weitaus ge
mäßigteren Form. Bei der Railway
Spine scheint dersiörper wie mit Elek
trizität geladen zu sein. Burton be
hauptet sogar, daß der Körper des
Kranken in der Dunkelheit schwach
phvsphoresziere.
Jst im allgemeinen das Eisenbahn
fahren fiir die Magennerven gefund, so
daß man bei Verdauungsstörungen
eine Durchschiitlelung mit gutem Er
folge verordnet, so tritt gerade das
Gegentheil bei der Railwah Spine ein.
Das Gefühl des Krankseins beginnt
gewöhnlich damit, daß der Reisende
einen Druck im Hinterlon verspürt
und ein fortwährender Brechreiz ihn
hindert, irgendwelche Nahrung zu sich
zu nehmen. Dieser Ekel steigert sich
manchmal sogar soweit, daß selbst alle
Getränke abgelehnt werden «und der
Patient erst ein Narkvtikum einneh
men muß, damit der Krampf der
Speiseröhre und der Magennerven
aufhört.
Jm allgemeinen pflegt die Eisen
bahnkrankheit nicht lange zu dauern
und nach einigen Tagen absoluter Nu
he zu verschwinden Es hängt dies
eben ganz von der Körperkonstitutivn
des Patienten ab, wobei aber gerade
manchmal sehr nervöseLeute besser da
von kommen als solche, die dieGesund
heit selbst sind. Gefährlich ist die Rait
way Spine nicht, wenigstens weniger
l"gefiihrlich, als eine andere Nerven
lranlheit. Eben, weil sie gewöhnlich
mit außerordentlicher Heftigteit auf
tritt, und weil sie alle Körpertheile mit
Beschlag belegt und so einen Zustand
schafft, der, wie der Ausdruck lautet,
nicht zum Leben und nicht zum Ster
ben ist, so geht sie schnell-vorüber. Das
»einzige Mittel ist absolute Ruhe, jedoch
verwendet man kalte Duschen und ge-«
; inde Massagen mit gutem Erfolg. Die
shauptschwierigieit liegt darin, denPai
itienten zur Nahrungsaufnahme zu be
lwegen, waöin den meisten Fällen erst
nach Ueberwindung großen Widerstan
des gelingt.
Es gibt aber auch sehr viele leichte
Fälle, in denen jene Gefühle aufzuhä
ren pflegst, wenn die Fahrt beendet
ist. Damit hängt auch zusammen, daß
viele Personen nicht rückwärts fahren
können oder an einer bestimmten Seite
des Abtheils sitzen müssen, wie es ja
auch andere gibt, die fortwährend die
Plätze wechseln und so die Mitreiseni
den zur Verzweiflung bringen.
Daß nun die Railway Spine in
Amerika so viel häufiger ist« beruht
aus verschiedenen Gründen. Einmal,
wie schon gesagt, auf der größeren
Reizbarkeit. Ferner muß dieThatsache
ausfallen, daß niemals das Personal,
sondern nur die Passagiere von der
Krankheit befallen werden. Der täg
liche Dienst des amerikanischen Zug
personals beträgt sechs bis acht Stun
den; handelt es sich um schwierige Po
sten, so ist er manchmal noch geringer-.
Jn Amerika sind aber Reisen von zwei
lbis vier Tagen gar nichts Außerge
wöhnliches, da sich eben-die Staaten
über ungeheure Raumflächen erstrecken.
Diese lange Fahrtzeit ist der Urheber
der Eisenbahnlraniheit. Wenn auch
die Pullmanwagen einen ganz anderen
Kornfort besitzen als sonst in Europa
die Luxuszüge, so sind der Aufenthalt
in ihnen, die Beschränktheit auf einen
lleinen Raum, das fortwährende Bei
sammensein mit vielen anderen Rei
sen-den nicht gerade angenehm. Die
Thatsachr. daß jeder Mensch ein paar
Stunden tagsiiber braucht, in denen er
sich ganz nach seinem Gufto gehen las
sen kann, was in der Eisenbahn selbst
verständlich unmöglich ist, weist schon
darauf hin, daß ein Fehlen dieser
Stunden die Nerven außerordentlich
iiberanstrengt. Es kommt noch hinzu,
daß die fortwährende Erschütterung
des Zuges das Rückenmatl in Mitlei
denschaft zieht. Amerilanische Züge
pflegen bedeutend schneller zu fahren
als die anderer Länder und infolge der
besonderen Bauart ihrer Wagen au
ßerordentlich zu schleudern, was na
mentlich bei den Kurven und Geleisei
übergängen der Fall ist, an denen das
Rückenmark nnd die umliegenden Ner
venstränge und Gehirntheile heftige
Stöße erhalten. Daß die Railtvay
Spine mehr die weiblichenReisenden-—
und hier zumeist die reiferen Alters —
befällt, hängt mit noch anderen, noch
ziemlich unaufgeklärten Problemen
zusammen.
Dr. F. W. Berliner.
T » , .
Wie die Icedermäuse fressen.
,·Wie in der Lebensweise der Fleder
mause bei ihrem nächtlichen Treiben
noch vieles unbekannt ist, so ist auch
die Art ihres Fressens erst neuerdings
genau beobachtet worden. Der Eng
larder Oldham hielt eine Bartsleder
maus gefangen, die sich daran ge
wöhnte, Mehlwiirmer im Sitzen zu
fressen. Hatte nun dieBartsledermaus
einen Mehlwurm ergriffen, so steckte
sie den Kopf so weit unter den Bauch,
daß sie sich wiederholt überschlug.
Um den Grund siir dieses sonder
bare Verhalten kennen zu lernen,
wurde sie auf eine sreiliegende Glas-.
platte gesetzt, so daß man sie nun von
unten beobachten konnte. Es zeigte
sich jetzt, daß das Tier den Schwanz
mit der Haut, die ihn einschließt, unter
dem Leib nach vorn bog, wodurch eine
Tasche gebildet wurde. Jn diese Ta
sche legte sie denMehlwurm nieder und
zertleinerte ihn sogleich. Diese Art des
Fressens hat für die Flederniäuse den
Vortheil, daß sie sich, wenn sie einen
Käfer oder ein andereansett im Fluge
erhascht haben, nicht jedesmal nieder
zusetzen brauchen, um die ungenießba
ren Theile, wie Flügeldecken u. Beine,
von dem weichen Leib abreißen zu tön
nen. Sie stecken vielmehr einfach das
Jnsett in die Tasche, reißen die harten
Theile ab und können nun das übrige
verzehren.
War die Fledermaus gesättigt, so
hängte sie sich mit einem Fuß an einer
vorspringenden Leiste aus, beleckte,
während der Kopf nach unten hing, die
Zehen des anderen Fußes und glättete
nun· mit ihm das Pelzweri ihres Kör
pers. Daraus spannte sie mit der
Nase die Flughaut auseinander und
reinigte sie mit der Zunge.
Nicht jeder steuert, der das Steuer
in der Hand hält-»
II
Was man nicht versteht, nennt man
nur zn leicht unverständia.
Dis stt st
Viel Glück zur Eroberung von Tri
polist Vielleicht kann Jtalien dort
noch etliche Tausend Schwarzhänder
unterbringen.
Ist II Il
Zwischen dem Eismann im Som
mer und dem Kohlenbaron im Winter
hat der Konsument bald das Gefühl,
daß er auf Glatteis geht, bald, daß
er aus heißen Kohlen sitzt.