Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 10, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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Ein Roman qui dem
cebm
s Von
s Hedwig courthssmahler
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HEFT
E Gib mich frei
D
I IIIIIIIIIIIIIIII vvvvvvvv
(8· FMMIMAJ
»Geh er mich aber so ohne weite
res aufnequ«
Flusse lassen Sie mich sorgen.
von Wusttoep ist ein alter
Kriegthamerad meines Mannes und
Ist die Freundschaft auf mich liber
ieagem Im Winter sind wir oft eini
ge Wochen zusammen gewesen in Bet
liee, an der Rivieka und auch einmal
auf dem Mitlelmeer. Ja, ja, —- im
Winken wenn ich Zeit habe. fliege ich
aus, um in Rahnsdorf nicht stumpf
siunig zu werden. Here von Wusteow
hat eine lieb-e lustige Frau. Es wird
Jhelen schon dort gefallen.«
Ronald lächelte.
»Sie sprechen, als wären Sie schon
gewiß, daß er mich aufnimmt.« "
»Viel ich auch. Jch schreibe ihm
gleich heute Abend, daß ich ihm den
Gatten meiner Nichte zur Ausbildung
zulchicken werde.«
»Es wäre eine Erlosung sur mich,
the-are gnädige Frau. Von allem an
deren abgesehen —- selbst wenn das
- Schlimmste eintreten würde und Lisa
nie wieder mir gehören wollte. Wen-n
ich mich als Landwirth ausbiiden
kann. finde ich später eher eine Exi
stenz, als wenn ich Ossizier bleibe.
Bis ich als Soldat ohne Beihilfe exi- ;
stiren tann,·iverde ich alt und grau.« ;
»Dann sind wir also einig. Sie?
gehen nach Wustrow und lernen mei
nem alten Freund seine Kniffe ab.j
Ins-mischen kommt dann mit Gottesj
hilseiinein Liselchen zur Vernunft.«
Ronald titßte ihr die hand .
»Mir ist, als sei ich von einer Cent
nerlast befreit. theure gnädige Frau.’
Jhre Zuversicht gibt auch mir neuen!
Muth. Und nun ich ibare Verhält
nisse vor mir sehe, werde ich auch ge- j
duldig harren. bis LJisa neues Ver
trauen saßt.«
Sie besprachen noch einige Einzel
heiten, aber plötzlich sprang Frau von
Rahasdors erschrocken aus«
»Lieber Himmel, —- ich habe doch
ganz vergessen, Jhnen einen Jsrnbiß
vorsehen zu lassen. Und meine Birk
nern denkt auch nicht dran.«
»Doch, Mamsell Birlner hat mich,
ehe ich hier eintrat, schon gefragt. ob
sie rnir etwas vorsetzen dars« Aber ich
bin nicht hungrig und warte bis zum
e.«
«Bis dahin ist noch eine Stunde
Zeit. Kommen Sie: inzwischen zeige
ich Ihnen meinen neuen Zuchtstier und
die holländischen Kühe, —— prachtvolle
Thiere! Das Herz im Leibe lacht ei
nem bei ihrem Anblick. Als angehen
der Landwirth müssen Sie sich dafiir
interessiren. Nachher gehe ich einmal
zu Lisa hinaus und sehe, ob ich sie be
reden kann, den Thee mit uns zu neh
men.«
. i si- se
Lisa war, als sie ihr Zimmer er
reicht hatte, in haltlosem Schluchzen
zusammengebrochem Alles war wieder
in ihr wach nnd lebendig geworden,
M sie erlebt und erlitten hatte. Da
" zu wartete sie die Sorge um Ronald
Was sollte nun aus ihm werden, wenn-(
er bei seiner Weigerung blieb, Geld
von ihr anzunehmen. »
Und immer wieder tönte»es lockend
Und vertheißend an ihr Ohr: «Li-sa, ich
lieb-e Dich.« War es denn wirklich so
unmöglich? Konnte nicht seht noch
das Wunder geschehen fein, an das sie
früher geglauth
Sie erhob sich und sah in den Spie
gel. Mit unbarmherzig kritischen
Augen betrachtete sie das blasse,
schmerzverzoaene Gesicht mit den roth
geweinten Augen, das ihr entgegen
sah. Mit muthloser Bitterkeit wandte
sie sich wieder ad. Nein, — schön sah
sie nicht aus. Was sollte ihm jetzt
plötzlich liebenswerth an ihr erschei
nen? Nur das Mitleid hate ihm diese
Worte eingegeben. Er wollte damit
gut machen, was er ihr angethan.
Und das Mädchen, das er liebte, war
ihm verloren· Deshalb war ihm al
les andere gleichgültig geworden; des
halb erschien ihm jetzt die Fessel leich
ter. Die Geliebte war ihm so und so
verloren. Sein Leben war ihm des
halb werthlos geworden,« so werthlos,
daß er nach Afriia gehen wollte. Nach
Isriia — oder in eine Ehe mit ihr,
Odem ungeliedten Weibe. Nur weil er
Mitleid hatte mit ihr, deshalb suchte
er sie zu überzeugen, daß er sie -liebte.
W sie mit ihm gehen würde, dann
I Krde er bald zur Klarheit kommen,
rde die Fessel wieder als solche
espsindew Und. sie würde mit im
set War Mißtrauen jeden Blick,
j- Mieue überwachen um dann zu
»W« daß sie bis in alle Ewigkeit
»O Mächte Frau blies-.
Ists-ans im e- iauseudmar scham
M txt sei-; dann würde sie viel tie
sdls steusithigt nnd erniedrigt sein
Music anä noch die Selbst
, meint sitststt se
. h Ue« qujsärdestr siewieder an
MM Isid- men us thesi Sie
HW - i Ist-, sie neue
:- FJsYZm sie mit
terging in der gemeinen Noth des Le
bens. Ei mußte eine Hilfe fiir ihn
geben. Er war zu stolz, etwas von ihr
anzunehmen Das begriff sie und
versiand es. Nur zaghaft hatte sie
ihur den Vorschlag gemacht, weil sie
sich nicht anders helfen konnte.
Nun saß er unten bei Tante Anna
und erzählte ihr wohl, was zwischen
ihnen verhandelt worden war. Ach,
— vielleicht wußte Tante einen Aus
weg. einen Rath. Wenn man sich an
Eitirmaldö Mutter wandte? Oder an
Lotte Dechingeni Vielleicht konnte
Iman durch Vermittlung von Mutter
;und Schwester etwas für ihn thun, —
ohne daß er es erfuhr, woher die Hilfe
kam. Ob aber die beiden Damen
dazu zu bewegen warens
So grübelte Lifa unaufhörlich, und
die Sorge um Ronalds Existenz half
ihr über ihren Herzensiummer fort.
Sie wollte sich ja gern bescheiden,
wollte mit ihrem Loos zufrieden fein
wenn sie nur ihm helfen konnte, wenn
nur fein Leben wieder leichter nnd er
träglicher wurde.
Noch heut Abend wenn er fort war
wollte sie mit Tante darüber svrechen
« Tante Linna trat etwa eine Stunde
später bei Lisa ein. Sie beugte sich
liebevoll zu ihr herab.
»Noch immer Kopfweh, mein Liset
chen?«
Lisa schlang ibre Arme um den
Hals der Taute.
»Ich bab’ tein Kopfweh, liebe gute
Taute. Es war mir nur unmöglich«
mit Ronald zusammenzubleiben. Ach
Tante, es war so schwer, so furchtbar
-schtoer, mit ihm zu sprechen«
Frau von Rabnsdors streichelte sie
sanft.
»Ich glaube es Dir, mein Herztind
Aber nun hast Du es doch hinter Dir.
Nun wirft Du viel ruhiger sein.«
Lifa seufzte.
»Gut Dir Nonald erzählt?«
»Mei, Kind; und ich glaube, Du
ibuft ihm unrecht, an seiner Liebe zu
zweifeln.«
Lisa sah ihr forschend in die Au
gen.
»Glaubst Du denn daran?«
»Ja — unbedingt.«
Lisa schüttelte den Kopf.
»Ich tann es nicht — nie,'· sagte sie
mutblos.
»Ach, liebes Kind —- rnit keinem
Wort wird so viel Mißbrauch getrie
ben, als mit dem winzigen .nie«, das
eine so »unendliche« Bedeutung bat.
»Nie«. das klingt so stolz wie eine
Ewigkeit und reicht oft nur über
Stunden und Tage. Aber loisen wir
das, mein Liselchen. Damit mußt
Du Dich nun stle til-finden Den
Glauben sann Dir niemand Hebe- als
Du selbst Leider kann ich Dir dabei
nicht belfenf
Nein, Tantchfn das kann kein
»Nich. Aber Deine hilfe will ich
in einer anderen Angelegenheit in An
spruch nehmen. Jch sorge mich un
endlich um Ronaldz Zukunft Du
weißt, er ifi arm; und er will von
mir nichts annehmen, wenn ich nicht
zu ibm zuriietlebref
»Das-um tann ich ihn nur loben
ich tbiit es auch nicht an seiner Stelle.«
,,,Ach Tantchen —- das dumme
Geld. Warum macht man nur davon
so viel Aufhebens« «
»So ihpkicht kann lluk Mklll Duka
mes Liselchen sragen,« erwiderte die
Tante lachend.
»Du mußt mich recht verstehen. Jst
es wohl ein Unterschied, ob ich bei
ihm bin oder nicht? Lebte ich mit ihm
zusammen, würde er das Geld unbe
denklich annehmen. Weil ich das
nicht kann und will, beleidigt es sei
nen Stolz.«
»Nun, erhebend ist für einen Mann
aus keinen Fall der Gedanke, von dem
Gelde seiner Frau zu leben. Aber die
Ehe schafft doch eine Gemeinschaft, in
der sich der Begriff »mein und dein«
vermischt. Eure Ehe ist jedoch nur
formell geschlossen. Ronald iann nicht
den Begriff der Gemeinschaft haben,
so lange Du von ihm getrennt lebst.'
,,So muß ich ihm gegen seinen
Willen helfen, — und dazu mußt Du
Rath schaffen, liebes Tantchen. Du
bist so klug nnd gut; ich vertraue sesi
aus Dich.«
«Ei sieh, wie mein Liselchen
schmeicheln kann. Da muß ich schon
ein übriges thun, um Dein Vertrauen
zu rechtsertigen. Aber jetzt kommst
Du doch mit mir zum Thee hinunter?
Ronald hat noch keinen Bissen geges
sen, seit er in Rahnsdorf ist. Er.
wartet aus uns.«
Lisa sah unruhig aus.
«Jch möchte lieber hier bleiben; ich
sage ihm dann nur tnrz Udieu.«
»Aber, Lisa, —- das ist nicht recht.
von Dir. Komm, wasche Dir die
Augen nnd W Dich ein bischen or
dentlich- Ich beli- Dit sitts- —
dann gehst Du mit Inir hinunter und
vertehest ruhig nnd steundiich mit ihm
Mistji Dich ihm doch nicht femm
M MWY
DREI stets-«
:CUI VI MU- Itsn Du sitt
jbliebfh würde das sehr unfreundlich
;aussehen. Er ist doch unser Gast.
Hund in zwei Stunden muß er schon
ausbrechen. Komm, mein Liselchern
Jch stecke Dir das hour frisch anf.
Siehst ganz serzaust aus. Zur Ve
lohnung erzähle ich Dir inzwischen.
wie ich Deinem Ronald zu einer siche
ren Existenz helfen werde.«
Lisa warf sich in ihre Arme.
«Tantchen, —- Liebe, Gute! Dir
weißt schon einen Ausweg? Erzähle,
— biiie schnell.«
«Wenn Du mit hinunterlommsi.'
»Ja, ja — nur schnell.'·
Während Frau von Rahnsdorf mit
liebevoller Sorgfalt Lisas Haar ord
neie, sagte sie lächelnd:
»Allo. Ronald nimmt feinen Ab
schied und geht zu meinem täten
Freund Wusirom Du weißt, ich er
zählte Dir von ihm. Noch heute
Abend schreibe ich nach Wusirow nnd
sorge dafür, daß Ronald gut aufge
,nomtnen wird. Wusirowt wird· auf
meine Bitte Monald behalten, or- er
selbft gehen will, wenn sich ihm später
etwas Besseres bietet. Durch meinen
alten Freund können wir Ronalds
Einkommen vergrößern, ohne daf- die
ser etwas merkt. Als Volontiir wiirde
er nattirlich kein Gehalt beziehen; aber
Herr von Wuftrow mufz darauf drin
gen, daß Ronald ein Gehalt annimmt.
Daß er meinem alten Freund eine
tüchtige Stiihe wird. davon bin ich
überzeugt. Ronald ist Landwirth bis
in die Fingerspitzen Das habe ich
beobachtet, als er hier in Nahnzdors
war. Und er ift erfreut auf meinen
Vorschlag eingegangen. So kommt
er in gesicherte Verhältnisse und aus
der kleinlichen Garnisonsmisere. Was
sagst Du nun dazu, Kleincheni«
Lisa blickte durch den Spiegel mit
glänzenden Augen zu ihr auf:
»Daß Du eine herrliche, tluge und
liebe Frau bist, goldene Tantez und
daß ich Dich vor Dankbarkeit todt
driikten werde, wenn Du nur erst meine
Zöpfe lozläfzt.«
»Ei, dann halte ich sie fest; mit dem
Todtdriicken pressirt es mir nicht im
mindesten.«
Aber gleich darauf lag Lisa doch in
ihren Armen und tiifzte sie stürmifch.
»Tantchen, mir ist so leicht und frei
ums herz, wie seit tanger, langer Zeit
nicht mehr. Nun bin ich doch die
schreckliche Sorge um Ronald los und
brauche mir teine Vorwürfe zu ma
chen, daß ich ihn in Roth bringe-'
Mit geröiheten Wangen und erregt
glänzenden Augen trat sie kurze Zeit
darauf mit Tante Anna in das Eß
zirnmer. Draußen aus der Veranda
war Mamfell Birtner am Theetifch
beschäftigt, den sie siir Ronald mit
besondere tretean Speisen besegt
hatte. Auch ein kräftiges Fleischge
richt hatte sie mit aufgestellt, weil Ro
nald bald nach dem Theeftündchen
ausbrechen mußte. Der junge Mann
stand in der geöffneten Thur, die nach
der Veranda führte und sprach mit
MamsetL
Als die Damen eintraten, wandte
er sich schnell um. Seine Augen
leuchteten auf. ais er Lifa erblickte.
Sie sah mit dem lebhaften Ausdruck
so frifch und reizend aus, wie er fie
nie gesehen. Staunend gewahrte er
non neuern, wie sehr tie sich zu ihrem
Vortheik verändert hatte;
Er trat auf sie zu und führte ihre
Hand an die Lippen.
»Ist das Kopfweh vorüber?«
Sie zog erröthend ihre Hand zurück.
»Ja," sagte sie einsilbig und trat an
ihm vorüber nach-der Veranda.
Frau von Rahnzdorf bemerkte mit
inniger Befriedigung seine aufleuch
tenden, bewundernden Blicke. Sie
fand Lisa heute auch besonders gut
aussehend; sie hatte entschieden ihren
«beau jour«.
Als die drei Menschen in scheinbar
bester harmonie am Theetisch Maß
nahmen, sing Lisa einen Blick Ro
J nalds auf, der ihr einen seltsam heißen
JSchrecken durch das herz jagte. Es
’lag etwas darin, was sie nie zuvor
gesehen hatte und sie beunruhigte. s
» Mit leise behenden banden füllte sie;
seine Tasse, und er tiiszte ihr dankend’
die Hand. Wie aus Verabredung ver
mied man, auf den Zweck von Ro
nalds Besuch zurückzukommen Frau
von Rahnsdors sorgte siir unbefangene f
Unterhaltung. Man sprachiiber al-·k
iet, nur nicht iiber dat, was die her-;
’zen bewegte. Ronald ließ tgum den?
Blick von Liset. Er sah mit innigem.
JWohigesallem lvie sicher und anmuthigI
; ihre Bewegungen eworden waren, tote
geschrnackvoll sie ch kleidete und tote
s reich und hübsch das yellige Daar den
Moos umgab. Die Iuaen sahen nicht
Unehr so ost zu Boden, wie sriiherx sie
hatten gelernt, ohne Scheu in die Welt
zu sehen. Und die ltuna des Ko
Wwwmaww
hett war tote ein sann von ihr ge
MMMUL
F such an der Unterhattung betheii
Jligte sie sieh ungezwungen obwohl ihr
HDers in seiner Mutpart unruhig
klopfte. IIIer hatte sie immer m
rein schüchternes Ja und Nein in die
lllnterhaltnng geworsen nnd sieh nie
itber irgend eine Sache ein eigenes
Urtheil-erlaubt Jeht sagte sie ossen
ihre Meinung und schasste ihr auch in
bestimmter Weise Geltung
Frau von Rahnidors beobachtete
verstohlen die beiden jungen Leute
und sorgte dafür-, daß teine Befangen
heit anstam.
Als Lisa sich einmal siir eine Weile
entfernt hatte, um einen Austrag der
Takte auszuführen, sagte Ronald er
reg :
»Verehrte. gnädige Frau, ich muß
Sie siir eine Zauberin halten. Was
haben Sie in dieser verhältnismäßig
kurzen Zeit aus Lisa gemacht. Jch
traue meinen Augen und Ohren nicht«
Frau von Rahnsdors lächelte.
»Mein Verdienst dabei ist nicht so
groß, als Sie denken. Lisa ist aus
ssich selbst heraus eine andere gewor
den durch das, was sie erlebt und er
.litten hat. herzenserlebnisse eingrei
sfender Art reifen eine Frau sehr
i schnell Und dann ist hier in Nahns
Edorf keine Tante Hermine Lisa ift
i nicht mehr das seelisch geknechtete, sich
gedankenlos fiigende Kind. Sie hat
sich auf sich selbst besonnen, auf das
Recht ihrer Persönlichkeit Jch hatte
nichts weiter zu thun, als ihr zu hel
fen, sich frei zu machen von alten, auf
tgeztvungenen Anschauungen Dasz mir
sdas so schnell gelungen ist ein Beweis
s daß Lisa im Innern schon immer eine
andere gewesen ist. Unter dem Druck
der despotischen Erziehung meiner
Schweigerin hat sie nur nicht gewagt,
zu zeigen« was sie empfundenck
«Jedenfalls haben Sie es verstan
den, in verfiiindnißvoller Weise aus
Lisa einzuwirken. Liebe gnädige
Frau, wenn Lifa mir früher so ent
gegengetreten wäre, — alles wäre an
ders geworden.«
»Oder auch nichi«, erwiderte sie mit
feinem Lächeln. »Sie sind Lisa mit
einem Vorurtheil entgegengetreten und
mit einer alten Liebe im herzem Da
war sie Abneigung schon fertig, ehe
Lisas Person in Frage kam. Lisas
lLiehe drängte sich dann beunruhigend
»in Jhr Leben. Jhr Exempel stimmte
nicht. Sie wehrten sich instinktiv ge
gen das, was Ihnen an Lisa sympa
thisch war, vielleicht weil Sie siihlten I
daß ihre schrankenlose Ergebenheits
und Liebe gegen die alte Neigung zu
Felde zog. Und die alte Liebe hatten
Sie sich doch so schön mit einer Glorie.
von heldenhafter Entsagung aufge
spukt. So war Lisa auf alle Fälle tm
Nachtheil, gleichviel, ob sie liebens
werth war oder nicht. Erst ihr Ver
lust hat Ihnen die Augen geöffnet
über das eigene Empfinden.«
Ronald hatte regungslos zugehöri.
Nun beugte er sich vor.
»Wie Sie es verstehen, in meinem
herzen zu lesen. Mir ist zu Muthe«
als liige es wie ein aufgeschlagenes
Buch vor Jhnen,« sagte er ernst.
«Lassen Sie sich das nicht leid sein;z
his jeht habe ich fast nur Gutes her-s
ausgelesem Ein wenig hat mir Jhrez
liebe kleine Schwester geholfen, Sie zut
verstehenk
Meine Schwester? Sie lennen doch
meine Schwester nicht, gnädige Frauf
Sie Icchcuc « s
»Nein, ich tenne sie nicht« weiß nur;
von ihr, was Sie und Lisa mir von;
ihr erzählten. Aber ich habe doch ein- !
mal einen Brief von ihr gelesen, dens
Sie damals hier in Rahnsdors von ihr
erhielten. Darin schrieb sie, daß sie
sich freue, daß Lisa den Muth gehabt,
zu fliehen, weil sie Ihnen dadurch für
ihren Werth die Augen geöffnet hättej
»Jetzt lömpfe für Deine Frau,« rieth;
sie Ihnen. «Je schwerer Dir der’
Kampf wird, je heilsamer wird er sein.
Es war Dir zu leicht geworden, sie zu
erringen.« — Sehen Sie, Jhr Schwe-!
sterchen hat mtr geholfen, Sie zu der-!
stehen. Sie war doch von Jugend ausj
Jhre Bertrautr. Und ganz offen, —
ich freue mich, daß Lisa Ihnen den
Kampf nicht so leicht macht. Um so«
tiefer wird Jhre Neigung Wurzel
schlagen und —- will’s Gott —- wird
daraus ein schönes sicheres Glück er
blilhen, fiir Sie, fitr Lisa —- und auch
file mich. «
Uonald athmele tief auf.
Sie reichte ihm mit giitigem Lä
cheln die hand
»Sie sind mir nicht böse, daß ich
Ihnen das so gerade heran-sage. Ader
ich meine es gut mit Ihnen. Sie sind
mir lieh gewordenX
diesem Augenblick lam Lisa zu
Sie hörte die lehten Worte und
sah die beiden Menschen band in;
hand dasißen helle Röthe schoß in
ihre Wangen. Es war ihr eine
Freude, daß Tante Anna Ronald
s.chäßte Still nahm sie wieder am
; The-OW- Plle
1 Frau den Rahntdorf ern-ahnte nun
auch Malds bevorstehende Lebens
versuderung mit einigen unbefangenen
jenem-n ei beobachtet- Liis mei
mit brennenden Olug en.
»Das sag si du dazu, daß ich um
satieln will, Ltsai« fragte er mit ver
haltener stimme.
Sie sah ihn an, wandte aber den
Blick schnell zur Seite.
»Ich freut mich sehr.« sagte sie
förmlich. Aber dann raffte sie sich auf
und reichte ihm schnell die hand iiber
den Tisch hinüber, während sie sagte
, »So froh bin ich, — so von Herzen
froh, daß Du nun nicht nach Afriia
zu gehen brauchst. Nun zürnft Du
mir nicht länger-, daß ich Dich durch
meine Flucht in eine so peinliche Lage
gebracht habe.«
Er faßte mit beiden Händen nach
der ihren und hielt sie seit.
»Dir zum-ne List-, Du beschamsi
mich von neuem.«
»Wann wirft Du nach Wustrow ge
hen können?« fragte sie ablenlend, ihre
Hand erröthrnd zurückziehend.
Er gab ihr Antwort, und das Ge
quriich wurde allgemein.
Schnell verging die Zeit big zu Ro
nalds Abreise. Als der Wagen var
)fuhr, der ihn zur Stativn bringen
sollte, reichte ihm Frau von Robus
dorf mit herzlichem Druck die Hand.
»Sei-en Sie wohl, lieber Ronald.
Sobald ich Nachricht habe von meinem
iFreunde Wustrotv« schreibe ich Ihnen.
sSonft bleibt alles bei unserer Verab
fredungx sagte sie. ihn bedeutunggvoll
Iansehend.
T Er erwiderte ihren Blick und tiiszte
sihr, dar Bewegung stumm, die Hand.
JAuch von Lisa verabschiedete er sich
»mit einem handtuß. Dann sah er
ihr tief in die Augen«
s »La- wph1, Lin-, vergiß mich nicht
i Sie war sehr blaß.
I »Nein, ich vergesse Dich nicht. Alles
Ianiick da Wen mirs Dik!« sagte sie
Ileisg mit zitternden Lippen.
s Er wandte sich zögernd zum Gehen,
als hoffe er, daß sie ihn fest noch zu
rückhalten werde. Aber sie lehnte
Hstumm und bleich -am Kantin, mit
halb geschlossenen Augen und scheinbar
sunbetoegtem Gesicht.
» An der Thür blieb er noch einmal
stehen.
»Ich werde immer in Sehnsucht
und Liebe Dein gedenlen —- und im
mer darauf warten, daß Du mich an
Deine Seite rufst«. sagte er heiser vor
’Erreauna.
Dann siel die Thiir hinter ihm ins
Schloß.
Lisa starrte ihm einen Augenblick
nach, die Hände sest aus das wild
ilopsende Herz gedrückt. Dann eilte
sie an das Fenster, unt-ihm verstohlen
nachzusehen. Der Wagen setzte sich
schon in Bewegung. Sie sah, wie er
noch einmal den Kopf wandte und
nach dem Fenster sah, wo sie stand.
Sie zitterte am ganzen Körper.
Nun war er sort. —
Jn diesem Augenblick trat Frau
von Nahnsdors wieder ein. Lisa slog
aus sie zu und usitsaszte sie, in kampf
hastås Schluchzen ausbrechen-.
-« un, mein Liselchen, ist Dir der
Abschied doch leid? Soll ich Ranald
zurückholen lassen? Noch ist Zeitl«
Da richtete sich Lisa aus«
»Nein —- nein -——! Es ist besser so.
Jch werde fertig werden damit, — ich
will-«
»Gut, mein herzenstind, versuche ek.
Du mußt selbst mit Dir ins Klare
kommen. Alles ist besser, wie math
loses hindiinnnern Gleich wollen wir
wieder unsere jewiilsrte Medizin in
Anwendung bringen. Die Birlnern
wartet aus die Etiietten zu den Erd
beergläserm Die wolltest Du ja wohl
schreiben« ·
Lifa tilgte ne fest auf die Wangen.r
»Du follft fchon noch Deine Freude
an mir haben, Tantchen. Jch fange
fofort an, die Etitetten zu fchreiben.«
Mamfell Birlner ftand mit fehr
finfterem Gesicht in der tiihlen großen
Vorrathslammer und stellte die Kon
fervengläfer mit den einaetochten Erd
beeren in Reih und Glied auf eine
große Tafel. Frau von Rahnsdorf
trat zu ihr.
»Nun, Virtnern, bist Du fertig mit
dem Einlochen?«
»Wie Sie fehen. gnädige Frau.
Nur die Etiletten fehlen noch.«
»Die beiommst Du bald. Unfer
funges Frauchen ist schon dabei, sie zu
fchreiben.«
« »hm —- na, ist man gut. Und den
herrn Baron hat sie richtig wieder
allein fortfahren lassen?« —
»Willfi Du fie «denn fo gern von
Nahnpdorf forthabent«
»Ach, davon tann teine Rede fein.
Sie wiffen ja ganz genau, daß mir
das Frauchen ans herz gewachfen ist.
Aber lieber will ich fie mit lachendem
Gesicht von Rahnsdorf fortgehen fe
hen, als daß sie hier bleibt und immer
die Augen voll Waffer hat.«
»Ja. Btrlnern, sie will nun einmal
nicht fort. Sie kann sich.nitht von
Die altem Brummdär trennen.«
« Momer fuhr entrüstet herum.
»Na, wie Sie da auch noch driiber
Straße machen lönnen, gnädige Frau!
zDag ist eine verdrehte Geschichte, die
ich nicht begreife. Mann und Frau
gehören zufammen; fonst hat die ganze
heiratheret letnen Sinn.«
«Rechi haft Du da, alte gnte Seele.
Idee warte nur noch ein Weil-hea.
uie in einem Jahr sieht es hoffent
ch anders hier aug. Das Frauchen
seht nicht wieder sori von Rahnes
dors; aber ihr Mann ionuni, so Gott
will, hierher-. Dann sangen wir an,
unt zu pflegen, Alte. Dann sollen
die jungen Leute hier schassen. Oder
hast Du etwas dagegeni«
Mainsell sah ihre hetrin von der
Seite an.
»Nicht im mindesten. Jkn Gegen
theiL wenn wieder ’n Mann ins Haus
kommt, dann weis man doch, siir wen
man all die guten Sachen einiochi und
zurecht machi.«
»Bis jetzt haben sie doch auch immer
Verwendung gefunden-«
»Ja doch, die Kranken im Dorf
schlucken unsere ganzen seinen Korn
poitg und Marmeladen. Aber was
versteht denn so ein iranierMagen da
von. Fiir den ist Pslaumenmus genau
so gut wie die schönsten Erdbeerens
und unsere edelsten Psirsiche weiß er"
nicht von geöackenen Birnen zu unter
scheiden.«
Frau von Rahnsdorf lachte.
»Ein bißchen Unterschied wird er
wohl gelten lassen. Erbosze Dich nur
nicht. Und von den Erdbeeren schicke
gleich ein paar Gläser hinüber zur
tranken Lehrerssrau. Die wird sie
schon zu würdigen verstehen.«
»Für die habe ich schon sdrei Gläser
zurückgestellt Und dem alten Martin
habe ich eine Flasche Sast geschickt; er
soll Limonade davon trinken«
«Siebsi Du, alter Murrbeter. Zan
ten mußt Du ersi; aber schließlich bist
Du doch noch schneller dabei, die
Magen zu stopsen. als ich.«
»Na, wenn einer tranl ist,« ent
schuldigte sich Mamsell.
Jhre lherritt nickte ihr lachend zu
und ging hinaus.
O O O
Als Ronald, in seiner Garnison an
gekommen, den Zug verließ, sah er
Mollin aus dem Perron stehen. Er
hatte einen in Seidenpapier gehüllten
Gegenstand in der Hand, offenbar
einen Blumenstrauß. Ronald trat
schnell aus ihn zu und begrüßte ihn
herzlich.
»Ist riesig nette von Dir, Kurt, daß
Du mich abholsi.«
»Und Du lomrnst wieder allein,
mein Alter? Siehst Du, —- aus Ah
nungen gebe ich nun gar nichts mehr.
Diesmal glaubte ich ganz bestimmt,
daß Du Deine Frau mitbrächtest.
hier sieh mal, -—— sogar einen Rosen
strauß habe ich in der sicheren Vor
aussetzung mitgebracht.·
Er zeigte mit ehrlicher Betrübnis
aus die Blumen.
(Fortsetzung solgt.)
«Dai Jakek steht der Lilli zwar nicht,
aber ei sitzt ihr."
5»Das wohl auch nicht ganz, aber es
ge 's
»Wikft eAlmen ht Neunstall viel abf«
»Mein Kennst-l nicht-—- abet meins
Pferde.
.- Das Mädchen hat eine Million
Wrmöqm und auch das richtige Alter
7 LSi .d, Rasch-a mit mais-: Fabe
iimnu das richtige Alter für miQ