Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 27, 1911, Zweiter Theil, Image 14

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EDer Kunstreiter
44
WUMAWÄÄQ UÄOMWÄAAAA DOMAUM
Erzählung
von Friedrich Gerstäcker
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vavn»».
(22. Fortsetzung-i
«Gewsiß. Einwal glaubte sie ihn
aueb lebe ganz sicher iur Hieb zu ba
benJ er war ibr aber zu klug· Hast
Du niOt gesehen wie sie ordentlich
gelb bar heimliebetn Aerger wurde als
ich ibr erzäblte daß die Verbindung
Fest belebt-liess sei-»
»Das glaub ich daß ihr die Par
tie recht gewesen wäres« lachte ihr
Gatte, »ein solcher Goldfiieb!«
«Jrgend eine bester Freund ver
suberte Frau v. Ziibbig nachliifsia
»Lieber Gatt. Irancisca ist nun ein
mal is den Jahren in denen f e einen
Mann bekommen muß-— wenn sie sich
nicht ibr übriges Leben obne einen
solchen behelfen soll und ich glaube
kaum daß sie lehr wiiblerilch darin
fein wiirbr. Natürlich ist ihr der beste
ber liebste » Aber was war denn
das, worüber Du Dich noch mit Sil
beralanz besprechen wolltest?«
Ich? ——- mit Silberglanz?«
.Wegen der Donna.'«
»Ach lo," lachte der Jntendant.
weiter nichts als ein Scherz, liebes
Kind. Der arme Silberglanz war bis
iiber die Obren in jene Kunltreiterin
verliebt, und rein toll vor Eitelkeit
wie er einmal ist. glaubt er Alles, wag
dem Nahrung aiebt. Jch werde mir
einen Scherz mit ibm machen und ihm
erxäblen datii sich Georaine angele
gentlieb nach ibrn erkundigt und mir
unter der Hand zu verstehen gegeben
habe daß ieb ibn wissen lassen mschte
wo sie schmachte. "
»Du irrft Dich darin doch vielleicht
in dem Baron.«
»Gott bewahre. liebes Herz -— ich
irre mich nie. Aber ich bin müde,
mein Schatz, und werde beute friib zu
Bett geben. Bitte laß mir noch die
indessen eingegangenen Briefe und
Zeitungen bringen« Frau v. Zübbig
läuteie und ibr Gatte saß bald be
baalieb in: Sopba zurück-gelehnt bin
ter einem Haufen aufgerissener Pa
ptere
- 21.
Frau v. Zühbig innnte ihre Freun
din Franrisra so genau wie Herr v.
Ziihbig den Baron und Beide ver
ließen an dem Abend das Zühbig fche
Hans irod aller Freundschaftsbezem
gungen mit einem Stachel im Her-»
der aber nur die junge Dame wirklich
schwerste Unterwqu blieb sie auch
" CWMQ einsilbig irps allzk
regen des Bart-III der es fiir
M Pfiicht hielt, sich iiebeniwiirvig
zu tauchen. . Zu Hause angekommen
såate sie ihrer Mutter kaum guten
Abend, fchipß sich dann in ihr Zim
mer rin, warf sich in ihr Sophctz und
ihr Gesicht in die hand stützend,
starrte sie finster brütend vor sich nie
der. Fräulein v. Zahbern hatte Au
genblicke, in denen sie hübscher aus
sah, als in diesem
»Also doch,« tnurknelte sie leise vor
sich hin, mit dem eFuße dabei den
Teppich schlagend, ,,also doch! —— Diese
kokette Nniplien dieses unreife, einge
bildete Ding. voll Capricen und Lau
nen! Und wie scheinheilig und unge
duldig die -—- Person gegen mich thut?
ob ihr je ein Wort davon iiber nie
Lippen gegangen wäre! Dass in
Freundschaft das ist Vertrauen die
kleine gistige Schlange, die! llnd usw
siir eine Ursache nur sie und ist«-se
stein auseinander gebracht haben maszk
·—-- Sie hat ihn geliebt, ich weiß ec
bestimmt, ja meinen Kopf möcht ich
zum Psande setzen, daß sie ihn noch
liebt: sie kann sich einmal nicht ver
stellen, so viel Mühe sie sich giebt, und
wie ich ihr neulich nnr den Namen
nannte wurde sie bald blaß und bald
roth. Hätte ich damals meinen Vor
theil verfolgt, ich glaube, ich bätte sie
zu einein Geständniß bringen können
aber meine alberne Gutiniitbigkeit
ließ es nicht zu Gutmiitliigkeit fiik
solches Entgegenkommenl » Doch
warte« — setzte sie entschlossen binzn,
als sie aussprana und mit raschen
Schritten in ihrem Zimmer aus und
ab lies — Jetzt hab’ ich Dich! Liebt
sie den Gedersiein wirllich noch, so ist
er auch zurückgetreten und nicht sie,
und das zu erfahren hab’ ich jett ein
prachtvon Mittel Die Micksche
Nachricht ist Gold erth und daß ich
ihr das Gift tro entveise beibringe,
data-s kann sie sich verlassen Hat sie
Sestoss wirklich so sest umgarnt —
"ist die Verbindung beschlossen und
Mel-et me diese des-hatte sit-di
tw, so kann ich darin so nichts
· wehe sei-derbes — nur meine Rache
; wiss noch haben. Der Wurm
- Most sich, Denn er getreten wird,
»aber die W ficht nnd ich will
s- s. selber W einmal eine Zeit lang die
Wse WI. Bis sie die Reuig
MW Mk— Ich bi
Eil-It Ni- HM herstellen
Lief nein. dazu fehlt ihr
Jst-usi- ilt is doch
cis em- ame. hiilslose
» » I..W hatte sieh sel
«"’II’III’IIIIIIIIIIIIII-II
und würde, um dem Resultate zu ent
gehen, Mo andere Personen gegen
wärtig gewesen wären, jedenfalls zu
Thtänen und Kämper ihre Zuflucht
genommen haben. Eingeschlossen aber
in ihr Zimmer dachte sie an nichts
Derartiges, sondern kleidete sich aus«
ging zu Bett und grübelte unter der
warmen Decke über ihre Rachepläne
weiter.
Melanie saß am nächsten Tage al
lein mit Louise in ihrem Zimmer und
arbeitete an einer Sticterei. Gras
Selitdss hatte sie gerade verlassen, und
ein prachtvolles Blumenbouguet lag
var ihr aus ihrem Arbeitstische —
aber ihr eigenes Antlitz paßte nicht zu
den blühenden Rosen und Camaillen,
mit denen es prangte. Sie sah bleich
und angegriffen aus, und ein
schmerzlicher Zug umzuckte den sein
geschnittenen Mund.
»Ich will ein Glas Wasser halen,«
sagte Louise ausstehend, »die Blumen
wetten sonst so schnell«
»Ich danie Jhnen,« erwiderte Me
lanie. »aber bitte· sehen Sie die Blu
men in das andere Zimmer hinüber,
ich habe Kapsschmerzen, und die Ro
sen dusten mir zu starl.«
»Sie sehen heute leidend aus«-, Me
lanie,« sagte Lauise· zu ihr gehend
und leise ihre Stirn lüssend. »sehlt
Ihnen etwas?«
»Nein, nicht das Geringste weiter,«
lächelte das junge Mädchen, »ein
rheumatischer Kopfschmerz jedenfalls;
ich siirchte fast» daß ich mich gestern
beim Nachhauselommen erliiltet habe.«
»Sie waren auch so leicht angezo
gen.«
»Es wird vorübergehen, ——— da
kommt Jemand.«
»Es ist Rdsalie — sie wird mich
zum Spaziegengehen abholen wallen.
·Begleiten Sie uns vielleicht ein we
nig?«
«heute nicht —- Ruhe wird mir bes
ser sein. Was hast Du. Rose-liess Du
siehst ja so verdrießlich aus! Jst Dir
etwas geschehen?«
«Mir?« sagte das junge Mädchen,
indem sie zu der Schwester in’s Zim
tnee trat und an’s Fenster ging,» »was
soll mir geschehen sein«-? Jeh ärgere
mich nur iiber Jemanden.«
»Ueber wen?«——-— wer hat Dir Ur
sache dm geerbt-M
«Ueber wen? —- iiber den Grasen
Geherstein —.es ist recht häßlich von
ihm!«
»Was· metn yetzs" sagte Acetante
und fühlte dabei, wie ihr das Blut
zum Herzen zurückschoß.
»Und hast Du es denn auch verges
sen?« ries Rosaiie erstaunt, »ist denn
nicht heute mein Geburtstag, an dem
er jedesmal Morgens bei mir gewesen,
und den er mit uns gefeiert hat« und
habe ich ihn auch heute nur mit einein
Auge zu sehen betomnienik Ja - vor-—
beigeritten ist er vorhin s-—-— vor einer
Viertelstunde, gerade wiedeg Grasen
Seliioss Wagen vorgesahren war,
aber ob er auch nur herausgesehen und
gegrüßt hätte -— Gott bewahre! Jch
bin so ernstlich böse aus ihn, daß ich
ihn recht tüchtig auszanten werde,
wenn er das nächste Mal wieder zu
uns kommt. Da ist Gras Selitoss
viel freundlicher s-— wenn er nur das
Zeichnen verstände2«
»Er wird heute Dienst gehabt ha
ben, Rosalie,« sagte Melanie leise,
»und da, weißt Du wohl, kann er
nicht abtommen, wenn er auch gern
möchte.«
»Ach tvas,« ries das junge Mädchen,
»die ganze Woche, und die ganzen letz
ten vier Wochen hat er nicht in einem
sort Dienst gehabt, und wenn er kom
men wollte, hätte er gewiß schon ein
mal Zeit dazu gesunden — und heute
hatte ich mich so daraus geseeut, denn
meine große Schtveizerlandschast hat
er noch nicht einmal gesehen. Was
macht denn Gras Selitoss so lange bei
der Mama drüben? Jch wollte eben
hinüber und wurde nicht hineingew
sen.«
»Ich weiß es nicht; er hat doch wohl
etwas mit ihr zu besprechen."
Kommen Sie, Comtesse,« sagte
Louise, die recht gut fühlte, wie das
Gespräch der Schwester peinlich wurde,
»es wird sonst zu spät zu unserem
Spaziergang heutek
»Ich tann heute nicht gehen,« ries
Rosette rasch, »Mama hat mir Besuch
geladen —.—- da säheter ersott,« unter
brach sie sich selber. »Gott sei Danks
sent kann ich hiniiber und Martia sta
gen, welches Neid ich anziehen soll. «
Und mit den Worten huschke sie leicht
und sröhlich aus der Thiir hinaus
allen Uerger in dein einen-Gedanken
ihres strenges vergessend
Heinrichs o. Zahketn läßt fragen
oh es der geräde comtesse genehm
wied« meldete m dem Medic
Konntest-know Ist-h Ue Mk assis
i M i -
NEMA- ..« us
«ihenichtM3-ht, Uns-ist
--------------------------
vollenden, denn Fräulein v. "' ahbetn
hüpfte auf Melanie zu. und te um
armeud nnd küssend, sagte sie lachend-:
»Ich konnte mit die Freude nicht
versagen unserer kleinen Refolie zu
ihrem Geburtstag zu gratuliten —
nnd wo steckt denn der klein-, liebe,
wilde Engel?«
»Ur-saue, neve Frauen-an m even
zu ihrer Mutter gegangen; sie wird
aber jedenfalls bald zurückkehren.
Bitte, nimm so lange Platz.«
»Du siehst auch heute wieder ange
griffen aus,« sagte Fräulein v. Zah
bern, indem sie der Gouvernantr.
ohne diese selbst nur eines Grußes zu
würdigen, Mantel und Muff liber
liesz, den Hut dann aus einen nahen
Stuhl legte und sich die Locken vor
dem Spiegel ordnete, »sehlt Dir et
was, mein Herz?«
»Etwas Migräne, mein altes Lei
den, vielleicht auch nur eine Ertiiltung,
die ich mir gestern Abend beim Nach
hausegehen zugezogen.«
»Ach ja. Jhr hattet ja Euer Kränz
chen bei Schadens gestern. Run, was
macht unsere überschwängliche Euphra
fhne? schmachtet sie noch? -- Jch be
greife wahrhaftig nicht, wie sie bei dem
Vater aus diese Weise hat ausarten
lönnen. Sie webt und lebt und
schwebt immer in einer höhern Welt,
und kommt mit uns anderen armen
Sterblichen eigentlich nur bei Kasfee
gesellschaften zusammen —-— hat-ahn
ha!«
«Euphrosune,« sagte Melanie gut
müthig »ist ein sehr liebes braves
Mädchen, und wenn sie kleine Eigen
heiten hat« dürfen wir die recht gern,
ihrer anderen vortrefflichen Eigen
schaften wegen, übersehen oder müssen
sie doch wenigstens milde beurtheilen.
Sie spricht zum Beispiel nie ein böses
oder gehiissiges Wort iiber einen An
dern hinter dessen Rücken, und das ist
doch gewiß schon viel werth.«
»Weil sie unsere Schwächen nicht
steht,« lachte Fräulein v. Zahbern,
»ihr Auge hängt ja immer an den
Wollen und ihren Jdealen. Bei Zith
bigs hat sie neulich geschwätmt, daß
mir Amelie versicherte, es sei gar nicht
mehr zum Auohalten gewesen. —
Apropos, Zühbig, der Jntendant ist
gestern von seiner nordischen Reise
wie er es nennt, zurückgekehrt und hat
eine sganze Tasche voll Neuigkeiten
mitgebracht. «
»Das läßt sich denken,« lächelte Me
lanie, »und er ist fest gewiß recht in
seinem Element.«
»Er hat auch eine Entdeckung ge
macht.«
»Wirtlich? —- einen neuen Stern
arn Theaterhimmel entdeckt? Der
wird nach ihm benannt werden mits
sen. Doch hoffentlich einen Planeten
den wir in dem Falle auch einmal auf
seiner Wanderung bewundern dürfen.«
»Nein, einen alten Stern.« sagte
Fräulein v. Zahbern. »einen Stern,
der nur eine Zeit lang vom Horizont
verschwunden war —- einen Stern er
ster Griiße noch dazu. Die Frau des
Georg Vertrand «
»Jn der That?« sagte Melanie ru
hig; »aber ich glaube die Entdeckung
wird im öffentlichen Circus und mit
hülse des Programms nicht so außer
ordentlich schwer gewesen sein.«
»Sie reitet ja nicht mehr, schon seit
sie von hier fort ist,« rief Fräulein
v. Zahbern rasch —- »hat sich auch in
ihren Verhältnissen ja selbst m ihrem
Namen sehr gebessert und heißt seht
Frau v. Gevfeln.«
»Von Gemelnk
»Und selbst das ist noch nicht das
Mertwiirdigfte,« setzte das gnädigel
Fräulein still vor sich hin lachend
hinzu. »Du räthst gewiß nicht, Me
lanie, auf wessen Gut sie sich besindet.«
»Wie soll ich das rathen?« sagte
Melanie, die sich alle Gewalt anthun
mußte, ihre Fassung zu bewahren: sie
schöpfte dabei tief Athern, denn es
war, als oh eine eiserne Hand ihr die
Brust zusammenschniire; »Land und
Leute dort sind mir vollkommen
fremd.«
»Wer hätte das dem stillen Grafen
zugetraut!« fuhr Fräulein v. Zahbern
fort, und ibr Blick hing lauernd an
den Zügen der Gepeinigten: ,.Ameliel
hat aber ganz Recht: Stille Wassers
sind tief, Und die Nuhigen haben es!
oft saustdick hinter den Ohren."
»Von welchem Grafen sprichst Du i« T
sragte Melanie. Sie wußte, welch-k
Rame folgen würde und mußte, aber
sie hatte einen von der Freundin un
bewachten Blick ausgesungen; sie fühlte,
daß sit beobachtet kac, welchen Ein -
druel die Nachricht auf sie mache, sie
wußte. daß starrean im Innern
triumphiren würde, wenn sie sich
schwach zeigte, und ihre ganze Kraft
zusammenrassend, dein zu begegnen·
sah sie ruhig in der Bedenk-en Auge-.
Jan welchem Grasen?« lächelte
Fräulein v. Zahl-ern, ihres Siegeö
fest gewiß, «von welchem tönnt’ ieh
reden, als von unserem unvergleiehs
lichen Ritter Baden-d ohne Furcht und
ohne Tadel, dem Grafen Geyerftein!'
»Ja der That?« erwiderte Melanie
aber so ruhig, als ob Fräulein d.
Zahl-ern ihr eben erzählt hätte, daß
irgend eine Modehandlanq in »Es ei
nen neuen Kleidersebnitt erhalten«
hätte. »den sich Madame Bertiand
don ihrem Gatten scheiden lassen?
dann dürfen wir bald einer Verlo-.
bnngsanzeige in den Zeitungen entge
gensedenk
»Aber Du bist gar nicht erstaunt?
darüber IS'
die eine stärkere Wirkung erwartet
hatte. l
»Herr v. Zühbig hat sich wohl sehr
aus feiner Reise amiisirt?«
«Außerordentlich, und eine Menge
Fährlichieiten dabei erlebt. Einmal
brach ihrn ein Rad, gerade in der
Nähe des »Dann Gehirln«, wie Mon
sieur Berier ja fest, ich weiß nicht«
von wem geadelt, heißt, und er über
nachtete dort. Uebrigens hat er mich
gebeten, teinen Gebrauch davon zu
machen; Baron Gehfeln hat ihn Felber
darum ersucht hier in «- niehts da
von zu erwähnen, daß er ihn gefunden
hätte. »s-- Doch Roialie bleibt lang-.
Jst sie noch immer bei der Mama deli
ben Z« s
herübettommen, unt sich ankleiden zu
lassen.«
»Dann werde ich doch lieber einmal
zur Mama hinüber-springen und auch
gleich der lieben Exeellenz meinen
Glückwunsch zu dem heutigen Tage
bringen. Sie ist doch wohl?«
»Ganz wohl.«
»Und was sticlst Du da Schönes?
— das ist ja ganz prachtvoll— s— ein
reizendes Muster. Was wird denn
dass«
«Eine Cigarrentasche.«
»Also nicht sür den Papa, denn der
raucht nicht«
,,."Nein
»Aha — ein Geheimnis « nun auf
Wiedersehen, mein süßes Herz-- aus
Wiedersehen, ich hahe Dich lange ge
nug gestört.« Und ihre vorhin abge
legten Garderobestiicle mit Hülfe
Louisenss die ein stummer, aber er
regter Zuhdrer des ganzen Gespräches
gewesen war wieder anlegend rauschte
Fräulein Jrancisra aus dem Zimmer
in dem sie bitteres Weh weit ärger
als sie wohl je geahnt ausgestiet hatte
Melanie war schweigend ausgestan-«
den sie bis zur Thiir zu begleiten —
ihr Kuß brannte noch aus ihren Lip
pen, und eben so still wollte sie wieder
zuriiel zu ihrem Stuhle geben als ihr
Blick aus das mitleidig-alle theilneh
mende und sür sie ängstlich besorgte
Gesicht Louisens siel.
»Meine liebe, liebe Melanie,« stü
sterte die Gouvernante, »glaul)en Sie
utn Gottes willen nicht, was daitv
Fräulein Jhnen erzählt hat. Fräu
lein v. Zahl-ern ist-nicht wöhlerisch in
ihren Neuigteiten, und der Stadt
tlatsch zieht Alles in den Staub, wag
er erreichen lann.'«
Melanie streckte die Hand aug, als
ob sie ihr etwas erwidern wollte —
aher sie vermochte es nicht. Bis hier
her hatte ihre Strast gereicht, und die
Arme um den Nacken des treuen
Mädchens schlingend, barg sie das
Antlitz an ihrer Schulter und weinte
still. Louise störte sie auch nicht
darin; sie wußte aus Erfahrung, das;
Thriinen den wildesten Schmerz lin
dern, lösen.tönnen, und ließ sie sich
ruhig ausweinem Dann aber, als
Melanie ihren Plan am Stickrahmen
·Wahrscheinlich —- sie wird spcter
l
wieder eingenommen hatte und nur
noch den Kops in die Hand gestützt
nach den ziehenden Wollen am Him
mel hinausschaute, sagte sie sreunds
lich: »Es ist nicht wahr. Jch habe die
feste, innige Ueberzeugung: es ist nicht
wahr. Was Herr v. Zühbig -- sollte
die Kunde wirtlich von ihm ausgeben
—— veranlaßt haben tann, ein solches
Gerücht auszusprengem weiß ich nicht«
daß aber Gras Generstein sich mit die
ser Frau so weit einlassen sollte, in
ein solche-, ihrem Manne gegenüber
entwiirdigendea Verhältniss zu treten,
das glaube ich nicht, und wenn« »
Louise mochte selber iiber das Feuer
erschrecken, mit dem sie den Grasen
vertheidigte. dann ruhiger setzte sie
plötzlich hinzu ——- »wenn selbst ein an
derer Mund es bestätigte, als der des
Fräuleins o. Zahbern.«
»Dvch. Louise —-- doch es ist
wahr,« sliisterte leise Melanie, Jedes
Wort. das sie gesagt, ist wahr, so ost
!sie sonst auch übertreiben mag. Eine
leinzelne Lüge läßt sich ersinden und
)berbreiten, nicht aber ein ganzes Ge
Iwehe von Thatsachem und daß —
.Gus Geyerstern jene Frau liebt —
deß bin ich selber Zeuge.«
« »Sie sen-eke«
»Ja — fragen Sie rnich nicht wei
ter. Louise, aber -- ich habe die Be
weise, und zvai mich am meisten
schmerzt, ist nut. daß ich noch lchivcch
genug gewesen bin. das so zu stihlen
»und —- rvie ich sast siiechte — der
» Zahl-ern verrathen zu haben. Jeßt istt
Tdas vorbei; ich habe mich selber wie-?
der. und wenn mein Herz noch thö
richtet Weise an jenem Manne hing,!
Wem es sich in erster Neigung sage-«
wandt, so ist das jegt vorbei --- vor-?
bei siir immer. Ihnen, Louise, tonntei
ich das sagen; ich weiß wie lieh Sie
mich haben, wir gut und treu Sie sind, «
und daß ich Jhnen vertrauen darsJ (
tvie einer Schwester. Ihnen war ja
auch meine unglückselige Neigung kein(
Geheimnis« aber ietzt lassen Sie est
abgethan —- geschlossen sein iwischen1
uns. —- Eine siiichtige Leidenschast
siir jene schöne, verlockende Frau hätte
ich ihm vielleicht verzeihen können —
ein Verhaltnisz aber ihrem Gatten ge
geniiber in das tein Ehrenmann tre- j
ten tviirde mag ihm Gott vergeben,
ich tann es nicht. Wenn von ietzt an
der Name des Grasen v. Geverstein.
noch zwischen uns genannt wird, soj
sei es ais der
giittigen Menschenk
»und wouen Die oetn Grasen nich-;
gestatten, sich zi- vettbeidigen?« !
»Wie tann et es?« fragte Melanie
schnell, und hat et selbst nut den Vet
such gemacht? Er weiß. baß ich dass
Verhältniss kenne, wenn et auch viel-H
leicht nicht ahnt, baß ich jetzt von sei- (
nein ganzen Umfange unterrichtet bin»
Von da an mied et selber unser Haus, I
meine Nähe, nnd ich bedurfte fast tei. «
nes ftiitteten Beweises, als dieses stillez
Eingefteben seiner Schuld. Lassenj
Sie es deshalb abgetan sein, es ist’
das viel besser so, als wenn wir ihnj
vielleicht nöthigten, Untvnhkbeiten unb»
Beschönigungen mit gegenüber zuj
versuchen. Jch kann ihn nicht mehr»
achten —- ich möchte ihn nicht auch noch
verachten letnen.« ’
fFoktsekung folgU H
Alte liebe Lieder und Melodien :
Das sinnlose und gedankenlose i
Nachsinaen unserer schöirstenLieder hat :
ost zu merkwürdigen Entstellunaen ges
siihrt. Bei Kindern iit es nicht zu i
verwundern, wenn sie jenes betannte !
Abendlied mit Inbrunst sinnen: Gold- i
ne Abendsonne, inie bist Du so schön. ’
nie »Kann-men« Wonne Deinen »
Glanz ich sehn." Aber auch bei denEr- s
wachsenen sind-et man seltsame Un- «
ilarheiten. Vater Arndt bat niit sei:
ner etwas herben Metrit manchen un
ireiwilligen »Tnsser« zu verzeichnen,
z. B. im schönen »Eisenlied" »Dein .
Buben und dem Knecht die Acht! Der
speise Kriihn’ und Rabens« Natürlich
ist hier speisen im Sinne von nähren
gebraucht. Oder in »De-; Deutschen
Vaterland«, wo es heißt: »Seit-en die
deutsche Zunge llinat und Gott in:
ihimmel Lieder staatl« Gott ist anzuse
i
l
hen als Dativ — dem Grtte im Him-v
mel.« Schwieriger werden schon die
Verhältnisse, nenn siir den Laien ganz
unverständliche Wendunaen verlaut
men. Wilhelm Müller singt in dem
herrlichen »Meine Mur ist aeaangen
in des Schenten Haus«: Gar lana sind
die Wege, gar lurz ist die Zeit, und
aus den Karpathen sind die Weae be
schneit. Aber trer W. Miiller als Phil
hellenen lennt, der weißdasz es sieh di
mals um sine Reise nach Griechenland
handelte, die der »Geiechrnmiiller« eii
rig plante. Wer erräth überhaupt noch
den vollen Sinn der Worte ans »Das
Jahr ist gut, braun Bier ist gerathen«:
»Wenn ich einst sterbe, so lasrt mich be
araben, nicht unter den Kirchhos, nicht
über den Schragen:. »Schragen" sind
die hölzernen, getreuzten llnteraestelle,
woraus der Sara aeslellt wird: der
Dichter tvill also sagen. daß er liber
hauut nicht in der landesüblichen Wei.
se begraben sein will.
«Wo sind fie, die vom breiten Stein
nicht tvanlten und nicht iuichenk« Die
»alte Burschenberrliehteit« bezieht sich
aus Halle, we man »breiten Stein«
den mittleren Weg aus den Straßen
nannte, der durch eine Reihe breiter
Steine bezeichnet war. Die Burschen
nahmen diesen Weg siir sich in An
sprach, und ein Bursch sollte dem an
dern die hölste davon freilassen. Da
bei tani es natürlich zur gesuchten
Reinpelei. Goethe-.- Lied »Hier sind
wir versammelt zum löblichen Thun«
enthält die dunlle Stelle: »Da leuchtet
ein Bill-them ein löstliches vorl« Sie
bezieht sieh aus den letzten Geburtstag
der Königin Luise, zu detn Goethe je:
nrs Fesilied versaszt hatte. Daneben
stillt mir des «Wandöbeaer Beten«
vielgesungenelt »Nheinweinliev«: »Der
Blocksberg ist der lange here Philister-,
er macht nur Wind ivie der; drum
tanzen auch ber Kuckuck und sein Kit
ster aus ihm die Kreuz und Quer«.
Mathiao Claudiui meint hier
unter Kuckuck nichts anderes als den
Teusel der seither eupheinisttscks als
Kuckuck bezeichnet wurde,bahee die Re
densart: »Geh' zum Kuckuck Der
«Kiister« des Kuckuck ist ver stintenbe
Pudelle der als Teufelstnecht im
mer berii ist war.
Jntere ant sind serner die meet
wliedtgen Wandlungein die unsere al
ten Lieber durchgemacht haben. Arndt
singt im »Isetheltiliede«: ,.Slißesier,
vor ollenDingem Dir, o Freiheit. will
ichs bringen in dem Wein-" Aber in
der Zeit horteeVetfolgnnn t1818) än
derte die Zenfne in: »Dir will ich's im
Still-n bringen in dem Wein!« Diese
Lesott hat auch das Koepstommeees
buch. Aehnliche Wandlungen machte
Scheffels »Teutolmkget Schlacht«
dnech. Uespeiinglich wurde es nach der
Melodie des Nnnmbuegee Hulsitenlie
des gesungen Jn Strande 10 hieß es
damals-: »Auch im Frieden blieb er
help, und selbst seine Frau Thuäneld
soff als wie ein Hausknecht-« Die
Setophe 14 lautete in der ersten Fas
sung: »Und zu Ehren der Geschichte-i
will ein Denkmal man errichten, schon
steht der Piedestnlx doch met die Sta:
tue Wohls weiß unt Gott im him- ,
inel.« Später. zu der Einweihung
jeiekzmz 1«(;.Anqust 1875, wnede Mei- E
s. --—
i
Irrt Josepquv ruukr vqrrr »aus- uca«
gen, die betannten Aenderungen ein- -
treten zu lassen. Bemerkenswerth ist
auch das srische Tonstlied »Stoßt unl«
von Winzer. Noch jetzt singt rnan die
alten Spottoerse 6 und K: »Wer die
Wahrheit tennent und saget sie frei.
der kommt nach Berlin in die haus
nogtei'«, und »Wer die Folgen ängstlich
zuvor erträgt, der beugt sich,tr-enn man
die Tiesaunrt schlägt « Diese Verände
runoen erlitt auch dass oben erwähnte
Hussitenlied, dorts- tvird es jent meist
wieder in der alten Form gesungen.
Die ganze Begebenheit ist übrigens
vom Referendar Seysahrt ans Lan:
aensnlza laenannt Zebrai frei erfun
den nnd zur Verberrlichung des
qlamnlmrger Kirschenfestes befangen
worden laestorben ists als Regie
rungsrath in Posen). Die belannten
Bilder dazu foerai. »Musenlliinge aus
Deutschlands Leierlasten«, Rentlingeni
stammen vom Reserendar Otto Boll
mann. Die Melodie ist dem Rondo
ilnaareie des C. M. v. Weber entnom
men. Nach dieser Melodie wurde, rote
oben bemerkt. auch die Ientoburger
Schlacht gesungen bis man im Jahre
2874 den J. Gnnalschen Sturnrrnarsch
mit seinen heulenden Zusiisen zu -
Grunde legte.
Auch die Melodien haben itpre Schick
iale, und ich befchließe diese Planderei
.-iit einigen Jlotizem die nicht allg
mein bekannt sei-: dürften. Unser schii
nes Lied von Stualer »An der Saale
hellem Strande« wird nach der alten
illielodie gesungen: »Deine scheid’ ich,
deute mindr« ich'·. Hausss Vollsliedx
»Sieh ich in sinsirer Mitternacht« folgt
ler Weise: »Ich hab ein kleines Hätt:
cken nur«. Das herrliche Lied Eichen
desrsss »Noch Süden nun sich lenlen die
Vii lein allzumal« ans dem -,,Tange
n« ts« enthält die Melodie: »Wenn
alle untreu werden« mit dein schönen
choralartiaert Schlaf-» »Und diese Me
lodie ist nichts anderes alr- die nur toes
nig unraetoandelte »Wilbelinns von
kilassauen«. So lornmen wir ans das
politische Gebiet. Jnteressant ist die
Erlenntnis, daß der betannte aYantee
Der-du« zur Melodie einen uralten
Schwölmer Ritmesstanz lut, der
burcb turbessische Soldaten nach Ame
rila gebracht wurde.
-—--I·-- s-—
Z
e
l
- · LÄ - V «
,.!«iii0, thun inne n1r du c- iiaeii zuin
letzten Winte- Im Mute-n, das-, dn mn nickt
Inelsi io itsiit nackt Haufe tonnnn!«
Rette Gesellschaft v
» Mutter tzu ihren Jungens: »Ihr
habt ja schon wieder mit diesen schrec
lichen Kindern gespielt! Warum
spielt ihr denn nicht lieber mit den
J netten Kindern unserer Nachbarn?«
»Ach« die dürfen ja nicht mit u n s
.spieien!«
Lucia-neues
»Hat Die Dein Ontet wie Du
Jeewaktetest postwendend Antwort ge
geben?«
’ .,»Ja hiobspostwendend.«
» Der Atti-he Sachse.
Räuber: »Hei die Uhe!«
Sachse: ,,Gleich, niei Gudestek ich
wer se Jhnen nur noch ausziehen!«
streckt-C
heck: »Waschen Sie denn Jheen
Jungen gar nicht, Frau Nachbarin?«
Nachbarin: »Welche Frage! Jeden
Morgen; aber eine halbe Stunde spä
tee ist et schon wieder schniuhigF
Der kleine Iris (tnit Ueheeiegung):
»Ja, ei hat wirklich gar keinen Zweck.
Muttert«
Das diente Meiste-t
Wirthin (pitiet): .Waeatn betrach
ten Sie den Teller so teitiseh — glau
ben Sie, et sei nicht rein gespiilt?«
Gast: »O, doch; das sieht man ja
durch das Beessieaw