Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 22, 1911, Zweiter Theil, Image 13

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R heinfa hit. i
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Von Anna o. Paul-uns
Frau Ellen Mein-out aus Amster
dam war die junge Wittwe eines rei
men alten Fabrikanten, der ihr keine«
Kinder, aber dafiir ein immerises Ber
mögen hinterließ. Von Geburt Deut
sche. hatte sie jetzt eines leichten nerböi I
sen Leidens wegen acht Wochen in ei- ;
mai Sanatorimn im Taunus zuge
Tracht und reifte nun zurück. Sie fuhrz
nMainz, wo sie Verwandte aufge- ;
sucht hatte, mit einem der prächtigenj
Diisseldorser Dampfer nach Köln, dort l
beabsichtigte sie sich einen Tag aufzus2
bitten um dann mit der Bahn weiter
zur-elfen.
Eie verspürte so ein herrliches Frei
heitggesübL war es doch ihre erste grö
ßere felbstsiiindige Reise. Auf der Her
fahrt war sie von ihrer alten pedanten
Zchwägrin begleitet worden. Und frü
her, jede noch so kleine Reise hatte
sie in Gesellschaft ihres Mannes ge
macht. Sie war ja noch so jung gewe
sen, so jung, als sie heirathete. —
Sie sah wunderhiibsch aus in dem
tadellos sitzenden Reisemantel und dem
weichen Hütchen, das ihr zartrosiges
Gesicht so reizend umrahmte
Frau Ellen stiißte sich leicht auf die
celtenbalustrade des Schiffes und
vliclte hinaus auf das wundervoll
wechselnde Uferpanorama.
Von Bacherach herüber griißten die
thinen der Wernerstirche und driiben
tauchte oielthiirniig und trutzig die von
Kaiser Ludwig dern Bat-er erbaute
Pfalz auf Und weiter rauschte das
Schiff, vorüber an Raub mit der neu
ausgebauten Burg Gutenfels, vorüberi
an den impofanten Uebereften der
Schönburg Und ringsum auf den ho
hen Bergen von denen uralte Bauwer
te herniederschauten in den giitrernden
immeriunaen Strom, da wohnten gar
seltsame Sagen und Märchen aus
längst vergangenen Tagen. tlm zerfal- «
lene inooibewachsene Mauern flüsterte
der Wind vergessene Geschichten ooni
Menschen, die dereinst gelebt, von ihrer
Liebe und ihrem Leid, von ihrem Gliick i
und ihrer Qual. -- --
Frau Ellen empfand so etwas wiei
Unbehagen, sie war neroöö und wußte
eigentlich selbst nicht warum. Er stand
sicher wieder in ihrer Mier sie fühlte
seinen Blick, feinen heißen jungen, dur
stigen Blick.
-
Sie drehte sden Kaps ein wenig, rich
tig, da drüben lehnte er an der Thiir.
die hinunterfiihrie in den Solan. Sie
versuchte eine lalte, gleichgültige Miene
aufzuseszen, was ihr aber völlig miß
lang. Und das machte sie nur noch
net-rissen
Mein Gott. was war nur mit ihrs
« geschehen? Wie verwandelt kam sie sich
vor. Sie, die bisher durch ein ruhiges,
wohlternperirtes Leben geschritten, sie
erschrak vor zwei duntlen Angen. vor
den Augen des fremden Mannes mit
der überschlanlen schmalen Gestalt und
dem ties gebranntem scharfgeschnitte
nen Gesicht.
Sie erschauerte und ihr zartes Oval
siirbte sich intensiver, als er plötzlich
an ihre Seite trat.
Eben bog der Dampser um die Bie
gung an der Lorelei. Vorn Deck er
llang von hellen Frauenstimnren hei
nrs unsterbliches Lied, weich und weh
nriithig schwebte es dahin iiber dasi
Wasser und schwang sich empor his
zur höchsten Spitze des schrossen Fel
sent-, wo sie in mondhellen, zauberhaf
ien Nächten sitzt. die wunderschöne,
grausame Bergsee mit dem goldenen
Haar, und ihre heriickenden Weisen er
tönen läßt. die den Schiffer in Tod
und Verderben locken.
»Und das hat mit«ihrem Singen
Die Lorelei gethan.«
- Leise verhallte das Lied.
»Das war schön, nicht wahr Z« Jn
etwas irerndariigem Alzent schlugen
die tragenden Worte an ihr Ohr.
Die Angerodete schral zusammen,
sie hatte einen Augenblick völlig die
Gegenwart des Fremden. vergessen.
Das Lied hatte ihre Gedanken absor
birt, die tiese große Sehnsucht, die
daraus sprach, sie gefangen genommen
und sich aus sie übertragen. sie-hätte
weinen mögen vor Sehnen. Vor Seh
nen nach einem-Etwas, das sie nicht
vermocht hätte, in Worte zu riechen.
Aber groß und wundersam mußte es
sein das Unbekannte. Eigentlich war
sie doch gliicklich, reich, schön, eine
vielbewunderte, vielumschmärmteFrau.
Nie hatte sie an Sentimentnlität gelit
ten, und nun benahm sie sich wie ein
Backsiich- die gewandte sichere Welt
dame stotterte und wußte tein Wort
zu erwidern im Banne der harten fun
gen Augen« dte sie unteriochten. Ganz (
merkwürdig ward ihr zumutbe, wie1i
leise tustende Finger glitt-es ihr iiber F
die Haut und das Blut strömte ihrs
zum Herzen. als wollte es zu schlagen ;
aufhören. (
»Gnö«digste fühlen sich nicht wol-til
Kommen Sie. bitte, unten im Saloni
ruhen Sie ein Weilchen und trinken
ein Glas Wein, das wird Jhnen gut
thun.«
Sie entgegnete nichts, doch mehrte
sie ihm auch nicht« als er sie sortsitsntr.
Unten im Solon befand sich bei dem
schönen Wetter Niemand, nur einseit
ner lungerte herum, der brachte den
bestellten Wein und ging dann auch
hinaus.
«Nun gestatten Sie. gnädige Frau,
sdaß ich mich Ihnen vorstelle: Pabld de j
Ihmer
Ellen sinurmelte ihren Namen un
deuttich. Der Fremde verbeugte sich
lächelnd und fiillte die Gläser. Gold- -
hell blinkte der rheinische Wein.
Ellen trank hastig, fast gierig. .
Der Wein that ihr gut, sie ward
imunter und gespriichig, erzählte, woher :
»sie kam und wohin sie ging und hörte s
sehr interessirt dem Plaudern ihresi
neuen Bekannten zu. Sie erfuhr, dasz ’
er Spanier sei, der sich zu Studien
zweeten in Deutschland aushalte.-—-Die »
Zeit oerflog ihr wie in einem schönen
Traum, sie fiihlte sich so unendlich, so
wunschlos glücklich, sie gab sich ganz
dem Augenblick hin. Sie war nicht
mehr die reiche stolze Frau, nein. nur
ein einfaches glückseligez Menschen
kind, dem eine übergroße Lebenswonne
schier die Brust zu sprengen drohte.
Wie weit, wie unendlich weit lag
Amsterdam, ihre zweite Heimath wo
sie alle wohnten, die steifen Verwand
ten, zu denen auch er gehörte, Frederii
dan Santen. den ihr die Familie zum
zweiten Gatten bestimmt hatte. Doch
die Familie verrechnete sich. Diesmal
wollte sie frei wählen und nur dem
Manne folgen, dem-ihr Herz gehörte.
Das gelobte sie sich.
Pasblo de Ramez schien zu ahnen,
was in ihr vorging, ein tiefer leuchten
der Blick traf sie.
Vorläufig war sie glücklich, noch
einige Stunden mit ihm zusammen
sein zu dürfen, denn auch er fuhr heute
bis Köln.
»Hofsentlich fiihlen Sie sich nun
anch wieder ganz wohl. gnädigeFrIiu«,
fragte er fast zärtlich.
Sie nickir.
Wie besorgt er um sie war
«Doch ein Viertelstündchen schenken
Sie mir, bitte, noch allein«, bat er,
»später aeleite ich Sie dann wieder nach
oben, wenn Sie geftatten.«
Sie war einverstanden, war sie doch s
herzenssroh, noch ein wenig mit ihm
allein zu sein.
Ein wundersüßer Zaubertraum
schien sie gefangen zu halten. Sie saß l
zurückgelehnt und ihre Hände lagen im (
Schooß gesaltet. Gut geformte schma- s
le Hände von der Farbe matten Elsen- s
beina, und an der einen blitzte ein kost- l
barer Brillantring. Der Spanier
blickte einen Augenblick interessirt aui
den Ring und daraus hindeutend, saas
te er nachliifsig: «Welch schöne-Si
Schmuckstiick Sie besitzen. Gniidigste!«
Sie lächelte zustimmend. »O ja, ich
liebe diesen Ring auch sehr, er ist schon
zweihundert Jahre alt und ebenso
lange im Besihe unserer Familie, man
sagt von ihm, der jeweilige Träger
diirse ihn niemals vom Finger ziehen.
das bringe Unglück.«
«Glauben Sie daran?« fragte er
und ein leiser Spott zitterte um seine
Mundwintel.
»Nein!« Sie sah ihn an.
»Ich glaube doch, alle Frauen sind
ja mehr oder weniger abergliiubisch.«s
Statt einer Antwort zog sie mit
schneller Bewegung den Ring ab und
reichte ihn dem ihrGegeniibersihenden
»Bitte, wollen Sie den Ring vielleicht
etwas näher besichtigen.« l
Er verbeugte sich leicht und sagtel
anertennend: ,,Bravo Sie sind mu-l
thig.« Er hielt den breiten goldenen
Reis zwischen Daumen und Zeigesin
ger. Ein sliichtiger Sonnenstrahl sing
sich in den drei großen Brillaiiten und
ließ ein kleines Strahlenbiindel bunten
Feuers daraus emporglähen. »Vert
tich. unvergleichlich!« ries er enthusia
stisch aus und schob den Ring wie
spielend an den tleinen Finger seiner
Rechten.
Jn diesem Augenblick betrat eine
Dame, die schon mehrmals hereinge
sehen hatte, als ob sie jemand suche,
schnellen Schrittes den Satan und aus
Frau Ellen zustiirzend, sprach sie ha
stig: »Bitte, gnädige Frau."tann ich
Sie einen Augenblick sprechens« und
aus die erstaunte Miene der Angerede
ten nicht achtend und erst gar teine
Antwort abwartend. wiederholte sie
»Nur einen Augenblick« und beschwö
rend sehte sie hinzu: »Ihr Lebensglück
hängt vielleicht davon ab«, ein drohen
der seindseliger Blitz aus ihren dunk
len Augen tras den Spanier.
«--L
Uchkc your plus um«-tu uns sum-»
te sich mit tiefer Verbeugung zu Frau
Ellen: »Gestatten Sie mir, gnädige
Frau, solange diese Frau mit Ihnen
spricht, den Salon zu verlassen und
nach unten zu gehen, in zehn Minuten
bin ich wieder zurück, ich hosse Sie
dann nicht mehr hier zu sinden«, die
leßten Worte galten der Fremden, die
mit einem höhnischen Auswersen der
Lippen antwortete. Ein schmeichelnder
Blick traf die junge Frau, dann ver
ließ Pablo de Ramez den Salon.
»Wol1en Sie mir bitte etwas schnell
erklären. was Jhre riithselhasten Wor
te zu bedeuten haben?« lam es ärger
lich aus Frau Ellens Mund und sie
maß die etwas nussallend aeileidete
gldhiibsche Person mit ztpeiselndem
litt. «
Draußen lautete es, das Zeichen,
dasr man sich einer Landungsstelle
näherte. »Schon Kohlen-h Du lieber
Gott, da muss ich ja aussteigen«, ries
die Fremde erschreckt, »also will ich
Ihnen schnell sagen, was ich die Pslicht
habe Ihnen zu ingen. Warnen will
»ich Sir', mit slieaendem Athem stieß
Iez das Mädchen hervor-, «tvornen vor
dem Manne, mit dein Sie hier eben
»d-· »O--—.-. --- - »M-—
zusammensaßen. Es ist ein ganz ge
meiner Mensch, ein herzloser Patron,
der sich hübsche Frauen und Mädchen
zum Opfer sucht. Ich lenne ihn, denn
er hat mich belogen, fo wie er auch Sie
belügen wird. Nehmen Sie sich in
acht und glauben Sie ihm nicht,·wenn
er’Jhnen von Liebe spricht.« Eben
spürte man einen leisen Stoß. ein
Schenkeln, das Schiff hielt. »Ich muß
seht aussteigen, sonst lönnte ich Jhnen
noch viel von ihm erzählen, doch noch
einmal, ich warne Sie«, so schnell wie
sie gekommen, verschwand die Fremde,
den schweren süßen Duft eines exoti
schen Parfüms zurücklassend
Erstaunt schüttelte die Zurückblei
bende den Kopf. Was war das nur?
Sie mußte lächeln, was gingen sie die
Worte einer Eifersüchtigen an. Warum
er aber nur gleich fortgegangen war
als die Fremde erschien. Jedenfalls
hatte er kein schlechtes Gewissen, sonst
würde er das Gespräch wohl zu ver
hindern versucht haben. Nun er mußte
ja bald wieder erscheinen, die zehn Mi
nuten waren gleich um. Aber wenn er
tam, was sollte sie ihm sagen, sie
lonnte doch unmöglich die Worte der
Person wiederholen. nein, nein, dabei
würde sie sicher verrathen, daß er ih
rem herzen nicht mehr gleichgültig
war. -—— - Sie sann und sann und
ein glückliches vertriiumtes Lächeln lag
um ihren blühenden Mund. Das
Schiff fuhr eben wieder hinaus in den
breiten Strom, weiter und weiter.
Die zehn Minuten waren längst ver
gangen, Frau Ellen wartete geduldig,
bis sie sich plötzlich von einer bösen
Ahnung getrieben nach oben begab,
doch nirgendd sand sie Pablo de Ra
mez, der ihren Ring am Finger trug
den Ring, von dem die Sage ging,
daß man ihn nimmer abziehen dürfe.
Nun begriff sie auch den Zusamå
menhang zwischen Don Pablo und
dem fremden Mädchen, sie war zwei
Schwindlern in die Hände gefallen.
die gemeinsam arbeiteten.
Frau Ellen fröstelte.
Der Kellner, des vorhin im Solon
den Wein servirt hatte, trat auf sie zu:
,,Verzeihen Sie, gnädige Frau, ich
hätte es beinahe vergessen, ich soll Ih
nen von dem Herrn. mit dem Sie vor
hin zusammen saßen, bestellen, er hätte
leider in Avblenz aussteigen müssen,
er lasse vielmals grüßen!« Frau Ellen
biß die Lippen zusammen und lächelte
gezwungen Dant. Ihre Augen irrten
über das Wasser weithin. sie fühlte sich
so einsam, so schung Ein hörbarer
Athemzua hob ihre Brust, sie hatte ei
nen Entschluß gefaßt, sobald sie heim
kam. wollte sie sich den Wünschen der
Familie fügen und Frederit van San
tens Frau werden. «
—
Das Jahren satt der Frass-schiert
Der bekannt französische Gelehrte
Pros. Painleve vom Institute de
France veröffentlicht in der Zeitschrift
»Graecia« fesseln-de Betrachtungen iiber
die Entwickelungsnröglichkeiten der
Flugrnafchinr. »Es ist uns heute noch
unmöglich, vorauszusagem tvelche
Schnelligkeiten die Flugmaschine nach
hundert Jahren erreichen wird«, fo
schreibt Prof. Painleve. »Aber sicher
ist, daß die jetzigen Geschwindigkeit-en
erheblich überholt werden. Und das
ist vielleicht eine der bedeutsamsten
Seiten des künstlichen Fluges-. Alle
vom Menschengeistersonnenen Fortbe
ivegungsmitteL die Eisenbahn, ons
Schiff, der Lentbnllon, haben heute
mehr oder minder die Grenze ihrer
Schnelligkeit erreicht. Die Flugnm
schine dagegen kann heute nicht nur
wie der Lenkballon von einem Punkt
zum andern fliegen, ihre Schnelligkeit
ist fiir die Zukunft noch unbegrenzt.
Man muß sich vor der Annahme
hüten, daß unser Organismus nicht
für sehr große Geschwindigkeit sich
eignet. Was den Luftschlag etwa bei
einem tnit 150 Kilometer fahrendeu
Automobil schmerzhaft macht, ist vor
allem der Staub, der Gesicht und Au
gen bontbardirt. Dazu kommen Die
fortwährenden Unehenheiten der
Straße, und schließlich die große
Nähe des Bodens und feine fast
schwindelerregende Flucht vor Den
Blicken. Jn einer völlig staubfreieu
Luft dagegen erträgt man große Gc
schwindigkeit sehr- leicht, und sie bieten
auch keine Athmungsfchtvierigteiten.f
Zugleich zieht aus größeren höhen ciie
Landschaft in den Tiefen immer ver
hältnißtniißig ruhig dahin, und ttikttt
mit jener verwirrenden Hast, mit der
die nahen Gegenstände-um faulenden
Automobil vorbeizurasen scheinen.«
Prof. Painleve erzählt dann von
einem Fluge, den et mit Wilh-ist
Wright unternommen hat. ,,; m Au
genblicke des Auiitieges ging die Son
ne unter. Wenngleich ich nur ishr
leicht bekleidet war, habe ich die 70
Minuten dauernde Luftreife mit dem
fröhlichften Wohlbehagen überstanden
Gewiß, ich frei-, aber nicht mehr als
die Zuschauer-, die unten auf uns mai
teten. Die Luftströmung auf das
offene Gesicht aber lvirtt wie eine Lieb
iolung, die sich laum beschreiben läßt
Und dabei fuhren wir mit 60 Kilome
ter Stundengeschwindigleit, also mit
einem Tempo, das im Automobil be
reits seine erheblichen Unbequemlichteii
ten hat. Und während ich aufmerksam
jede Bewegung des Flugzeugfiihrers
verfolgte, vermochte ich doch zugleich
die Schönheit des Abends zu bewun
dern, sah die großen röthlichen Wol
I
ten, die sich am Horizont über schwarze
Streifen ausdreiteten, und sah die
großen, unzähligen glühenden Augen
der Automobile, die an allen Punlten
aufslatnmten und durch die werdende
Nacht leuchteten wie die Feuer eines
Feldlagers in fremder Wildniß.«.«
W
GOIITCIUOIIIOOOUOUUU «
Eine ergreifende Geschichte erzählt
der Steuereinnehmer von Welle-Isla
en-Mer in einer Zufchrift an den »Fi
garo«, die allgemeines Aufsehen macht.
Jm Frühjahr wurde der Wächter, der
dazu bestellt ist, den Dienst im Leucht
thurm von Kerdonis bei Locmaria
(Departement Finisterre) zu versehen,
sriih Morgens trank. Bis zur Mit:
taagzeit versah er mit Aufwand aller
Kräfte sein Amt, dann mußte er sich
niederlegen. Und bald erkannte seine
Frau, daß es gegen seine Krankheit
teine Hilfe gab. Was thun in der
Weltabgeschiedenheit ihrer Wohnung
lim Leuchtthurm? Der Mann im
sSterben und der Leuchtthurrn unan
aeziindetl Sie laßt den Sterbenden
Hntit den zwei Kindern allein, eilt in
Iden Thurm empor, und als sie nach
;der umständlichen Arbeit wieder
« kommt, lann sie dem Gatten nur mehr
jdie Augen zum ewigen Schlaf zu
Z drücken .
F llnd mitten ins Schluchzen um den
sTodten tönt der Ruf eines Kindes an
s ihr Ohr: »Mutter, der Leuchtthurm
dreht sich nicht!'« Wenn er sich nicht
dreht, ist das sehr gefährlich silr die
Schiffe draußen auf dem Meer, denn
das ist sein charakteristische-Z Meri
mal, dadurch unterscheidet sich sein
Licht von allen anderen Lichtern auf
freier See. Endloses Unglück muß
verhiitet werden! . . · Die Frau steigt
wieder zur Laterne empor, um nach
dem Drehwerl zu sehen. Aber der sich
darauf verstand, ist todt, und da die
Frau den Mechanismus nicht recht zu
handhaben weiß, schickt sie ihre beiden
Kinder, von denen dag ältere nocht
nicht nun Jahre all ist, in die Laterne s
hinauf, damit sie das Drehwert mit»
ihren tleinen Händen in Gang erhal- I
ten. Zehn Stunden lang, von 9 Uhr i
Abends bis 7 Uhr Morgens-, standen .
die Kinder im ,,Feuerzimmer« an der(
Kurbel und drehten und drehten, auf
daß vie dorübersahrenen Schiffe lein
Unaliick treffe . . . Damit aber diesem
Heroismus der Kinder nicht auch das
grotesle Nachspiel fehle, erzählt dei:
genannte Steuereinnehmer ein Stück
lein vom heiligen Bueeautratiits. Der
Staat schuldet der Wittwe des Leucht
thurmwöchters an Taglohn 54
Franks, und trotz wiederholter Bemü
hungen ist der Erzähler nicht im
Stande gewesen« ihr die Auszahlung
dieses Betrages zu erwirten, obwohl
die Wittwe derzeit ohne Brot und
ohne Bett ist.
---——--—--—
, sitt-christliche Wetter-regem.
i Es gibt Regen, wenn:
jFinten bar Sonnenaufgang singen,
- Schwalben nahe über dem Boden flie
- gen,
Tauben erst spät Abends vom Felde
heimkehren,
Krähen hoch nnd mit aufrecht getrage
« nen Köper fliegen,
Hausfedervieh sich im Staube wälzt
nnd spät zur Ruhe geht,
Hunde Gras fressen,
Kahen mit ihrem Putzen nicht fertig
werden wollen,
Zähne trähen,
Regenwürmer ans dein Erdboden "
kriechen und
Mücken itn Schatten spielen nnd be
sonders bösartig sind
Sturm ist in Aussicht, wenn
Bienen schaarenweise heimtehren,
Fische springen.
Wasserhiihner untertauchen, J
Drosseln und Finlen unruhig umher
flattern.
Schön Wetter diirfen wir erwarten, .
wenn: .
Lerchen und Rothtehlchen hoch fliegen;
und laut singen, s
Eulen schreien,
Fledermause Abends früher hervor-«
lomnien,
Johanniswürmchen hell leuchten,
Wespen spät Abends noch stimmen und
Laubsrösche hoch klettern.
sitean se im deutschen Heere.
Aus Berlin wird berichtet: »Die
Zahnpsiege wird jetzt auch beim Miti
tär sehr sorgfältig durchgeführt Von
den meisten Korpstommandos ist an
geordnet worden, daß die Soldaten
»in bestimmten Zwischenräumen aus
iErtrantungen der Zähne zu unter
ssuchen sind, um rechtzeitig tranke
Hähne zu behandeln und schadhafte zu
tentsernen und durch tiinstliche zu er
setzen. Jn den Garnisonlazarethen
wurden besondere Zahnstationen ein
gerichtet, die von zalmärztlich ausge
bildeten Sanitötsosfizieren geleitet
werden, auch erhalten einige Sän!
tötsosfiziere Unterricht in der Zahn
treil- und Zahnersatztundr. Bisher
wurde die Anfertigung künstlicher
Zahnftiicke durch Civilzahniirzte nur in
ganz dringenden Fällen in Auftrag
gegeben·«
Belohnung
Mutter tzum Söhnchen): »Wenn
Du heute schön folgst, brauchst Du
jzutn Abend die Tante nicht zu tits
en.«
t
Yuntoristisches
Nie sei-festen
Bauer: »Bei Bier wird alleweil
Nin-sein« -
Wirth: »Ja, ·waaßi, Sepp, die
Siadtleui sann wieder dire, und die
könne dös starke Bier nii deriragen.«
Selbstgespräch im Internet
Moritzt »Da sagte meine Mutter
immer, ich wäre ein Ferkel, aber jetzi,
wenn am Sonnabend der Schuldiener
die Handtiicher einsammelt, ist meins
allemal das reinlichste!«
Dann allerdings.
A.: »Meine Frau will dieses Jahr
sur Kur nach Marienbad.«
B.: »Thui das so noth bei der?«
A.: »Ach ja, sie wiegt beinahe 250
Pfund-«
B.: »Das ist allerdings ein gewich
iiger Grund.«
Der Oel-neun
»Ja, aber Grashofbauee, was is
denn mit Dir los — feii wann iragfi
denn Du an’ Zwicker —- bift denn Du
kurzsichtig?«
,,Dös net —- woaßt, i ham Mun
den, un wegschmeiß'n mag i’ ’n halt
a nei."
Recht nett.
Schwiegervsier in spe: »Ich danke
Ihnen nochmals, daß Sie mir die
fünfzig Mark borgenserzählen Sie
aber blos meiner Frau das nicht, sie
würde Jhnen dann vielleicht nicht un
sere Kslara geben, wenn sie erfährt,
daß sie so leichisinnig sind.«
Die unechten Brüder-.
Köchin tzn ihrem Bruder, der sie
besuchen ionimt): »Wenn die Herr
schaft kommt, so bist Du ein Cousin
von mir, hörst Du . . . ich habe ihr
nämlich erst vergangenen Sonntag
noch einen Bruder vorgeftellt!«
Gedanken eines stell-errei.
Mancher Kurort iurirt die Besucher
nur von der Lust —- noch einmal her
zulommen. —- Es leben die Schwie
germiitter! Jhrettoegen flüchten ja so
viele Ehetniinnee zu uns ins Wirths
haus. —- Die Touristen steigen aus
die hohen Berge - sie hätten das
Geldloswerden bei uns doch müheio
ser! -
Bosheit«
Mehrfacher Hausbesitzer zu einein
«Beiannten: »O, Sie glauben gar
nicht, was manals Hausbesitzer siir
Kummer und Sorgen hat!«
Der Bekannte: »So —- und wohl
weil Kummer nnd Sorgen in den acht
Häusern, die Sie schon bes.«..i, nicht
unterzubringen sind — darum lassen
Sie sich jetzt schon wieder ein neues
bauen-«
.-.-».-.——- «
Grammatik.
»Vater, wie is nu eegentlich der
Unterschied zwischen Mir und Mich?«
»Aber Junge, det is doch ganz ren
fach: wennste bloß Dich alleene meenst,
denn sagstet »Mich«: und wenn De
mehrere Personen meenst, denn sagste
»Mir«; zum Beispiel: Jch habe mich
gewundert; Mir habenuns gewun
dert!«
,
Wältrend einer Tlientervorstrllnnq.
Kellnerin tim Theaterrestaurant):
»Hier-, Herr Levin, brinae ich Ihnen
den fijr heute Abend bestellten Hasen
braten.«
Schauspiel-er tder den alten Moor
in den »R’ciubern« zu geben hat):
»Muß jetzt gleich wieder aus Biihne —
bringen Sie mir den Braten in den
Hungerthurm!« « -
Grund genug.
Herr (zum Schusterjungen): »Na,
August, fehlt Dir etwas-?- Du siehst ja
so traurig aus!«
Schusteriunget »Nee, mir nicht,
aber mein Muster-, der ist trank, un
nu werde ich wohl mehr Keile kriegen,
wie zu essen.«
Herr: »Aber warum denn gerade
dass«
Schusterjunge: »Ja. der Doktor hat
doch gesagt, mein Meefter soll sich
z mehr Bewegung machen!«
i
i Dir Umsian
! Jn verschiedenen Zeitungen war ein
Streit über den Werth und die Zweck
mäßigkeit der sogenannten ,,llmsra
gen« entbrannt. Ein weitverbreitetes
Blatt richtete daher an viele hervorra
gende Persönlichkeiten eine Umfrage
. mit der Bitte, sich eingehend über die
sen Punkt zn äußern. Die erste ein
laufende Antwort riihrte von einer
vielumstrittenen Leuchte der Wissen
schaft her, die durch ihre selbstgefiiils
lige posirende Grobheit bekannt war.
Der Brief hatte folgenden Wortlaut:
»Seht geehrte Rednltionl Sie wollen
meine Ansicht über die Idee der soge
nannten Umskagen wissen. Nun wohl,
ich finde sie im höchsten Grade blöde,
albern itnb.:üditändia, und erkläre
Jeden, der aus eine llinfrage über
haupt antwortet, für einen ausgebla
senen Narren und Jgnoranten. Dies
die unumstößliche Meinung Jhres er
gebensten Geheimrath von Y.«
Zic: »Was haben Sie eigentlich für
ein II Vernf,.fpe1r v X?«
r: »Aber Gnädigsir, sehe ich so vö
bclhaft aus, als ob ich etwas gelernt
l)iitte?«
»Nicht wahr-, ich habe die Liebe gesvi
nicht von der leichten Erin- genommen,
bemerkte Ort-r Sdktorfclut(ic1«, als er eine
Witwe mit zwricinhatv Ccntncr Gewicht
gchcirnlct l)mtc.«
s
»Ach- gehen Eic, Eic wollen mein
Vkäntigmn werde-»Z-«
».c’ati·ulid1, ich thcjsc nicht,n1antm
denn nichts«
»Nu, hören Eir, rsz sind nun fünfzehn
kam-. das-, wir tin-J lusgmncm und Eie
lmbcu immer cm nnd dieselbe menue
»» .
—
III- «
Banki- «ln·i einem Barbier in der
Findu. Jetzt sich da ein grosser Onnd
direkt vor den Beinen Tit-seh unwillig
darüber-, rnst mis: »E(wperlot, was
Isknant mich denn das- Vieh so ein«-«
I »Wissen Sie-," sagt der Barbier-, »O
specific-et mir nmnelsmah meinen Kunden
ein clns oder die Nase abzuschneiden.«
»Nun, nnd dann?"
»Dann smnapths der Hund ans.«
,
H c r r (cincn Diener überrascht-nd wie
cI eine Weinflnsche Irrt-U: »Wart, ich
werde dir helfeul«
s T i c n e r : »Iij mehr drin, wäcqu
Herrl«