Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 08, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Eine Erzählung
EinFriedensstsrexs
Von Victor Blüthgen
(11. Fpeisehung und Schluß.)
Der ernstr behende Mann neigte das
M nieder, nnd feine Lippen be
iseite-»- diese kühl-se thaufkischen Ro
passiert
Du hob sich ihre Brust mit einein
tiefen Athemzuge, und die aufgeschla
M braunen Augen blickten wie aus
einer andern Welt in die feinen.
»Ein Traum!" flüsterte sie, und die
Lider schlossen sich·
Und dann sagte sie mit stillem«
Lsklm ,
«Liehfler!«
Ueber Curi riß der Himmel von
einander Was er an Seligkeit und
Glanz besaß, überfliirzie ihn. durch
riefelte ihn, hüllte ihn in eine Glorie
von Licht.
.Anne-Mc1rie«, brachte er mit halb
erstickter Stimmer heraus und preßte
se an sieh, und nahm ihren Kon und
kiiste ßr noch einmal. Sie küßte ihn
wieder-; sie schlang die Arme um sei
. sen hals, sah ihn trunken von Glück
an.
»O Du liebstee Mann! Du hast
Mich doch lieb."
Und nun hing sie eine Weile schluch
send an seinem Halse.
Der Aufregung war zuviel in diesen
Tages-.
Dann ward Arme-Mem ruhigen
Sie dachte nicht an den Sturm, der
sie unter einem Zauber in sanftem
Wehen erstarb. Sie lächelte Cuet glück
selig zu, und er küßte iln die Theänen
non den Augen, Es fiel ihr nicht ein,
sich aus seinen Atmen zu lösen —-- und
et hatte ein Gefühl, als müsse er ewig
so Men. Dieser Becher ist do und
kehrt nie wieder; warum ihn hastig
leeteni »
Doddinl Fräulein von Lebzow!'
tief es an der Biegung des Weges
dessen. «
Es war die Stimme des Herrn von «
Bannen-is
Wollen wir antworten, Geliebte?« »
lächelte Curi.
", nickte sie und hob sich schämig
knieen-un indem sie sauft seinen Akm
Jneiiet drängte Aber er nahm sie erst
noch einmal fest an sich und lüßie sie»
lange.
»Herr von Boddin!«
»Die: here von Pannewitz!«
«hurrah! Einen hätten wir.« »
»Nein. gleich ein Paar! Hier haben »
JSie uns, Herr von Pannewitz, im
Sturm zufainmengeschleudert, zwei
gisickliche Leute, und da wäre denn
Ich wohl das Mittel gefunden, um
sen Onkel zu versöhnen —-'«
Sie waren draußen auf dem Wege
angelangt, und Herr von Ponnewin
te ihnen beide Hände mit einem
ler entgegen: dei der Wegecke stan
ein paar Gutsleute mit zwei
T bohren.
· , der Onkel!« fiel es Anne
Nstie plötzlich ein.
»Sei ruhig, Kind, ich hosfe, es ist
alles geordnet,« versicherte Curt.
»Gott sei gelobt! —- Curi, Du bist
so verwundet!«
,Schrarnmen —- das hat nichts zu
bedeuten. Run, da sehen Sie ein
Minnen here von Pannewitz·«
Rinden Kinder, wir haben lange
gewußt, daß es so tommen würde;
nun könnt Jhr Euch unsere Angst
denken, daß einem von Euch etwas
Ksiren möchte bei diesem schauder
n Orkan. Jch pfeife auf alle
Windbriiche, da ich Euch heil wieder
habe und die Hülfsinstturnenie dort
undenuht wieder nach Branih schicken
kann. Und nun gratulire ich; Ihr
hat-PS Euch saurer werden lassen, als
weiland ich und meine Alte.« ·
.Wie geht’s dem Onkel, Herr von
Pannewis?« ·
«Boriiiufig denkt er an nichts-, ais
on sein Anne - Marieten; meine
«- Isescenileute haben ihn zu sich ge
nommen und trösten ihn, was ein
hartes Stück Arbeit fein wird. Ro,
w, und Ihr seid endlich so vernünf
tig geworden! Das wird wohl das
einzige Berniinftige sein, was dieses
sqckermentsche Wetter angerichtet hat
Cie hef- iibtigens gehörig mitge
mM Herr von sei-dich wiss
Mut -—«
«Jhr hut wird sich inzwischen wohl
auch mit dem meinigen verlobt haben,
Herr von Bannen-Of lachte Catt
»Und unser Anne-Mariechen wird
bald wie ’ne Loreley aussehen: ja,
Haarnadeln habe ich nicht mitgebracht
So ift’s recht —- irnmer fallen lassen,
was sich nicht halten läßt! Kind, was
bist Du hübsch!«
, AnnegMatie hatte ihrem schönen
Haare erröthend die volle Freiheit ge
geben und Curt betrachtete sie mit
dein-lichem Entzücken
»Ja, nun wirds wohl das Beste
fein, Ihr kommt gleich Beide mit zu
dem Alten Nun wird unser Anne
Fsttechen wohl ihre ganze Macht
Sien, unt ihn mit dem Friedensstiirer
Mantis-führen und der eklatante
W seiner besten nnd einzigen
Mist-sen ums ihn rnsibe machen
« Sahn ein Wann-e Weg bis
sey-It sielserwiiltungen
U D, Inst dieselbe-»dann zu
weilen Hindernisse anfgethiirmr und
perfireui, die nur vermittelst equili
bristsscher Kunststückchen zu überwin
den waren. Mehr als ein Dukend
Baarnriefen verfperrien den Pfad, und
stellenweise mußten die Leute Aefte
und Reisig wegriiumen, bevor Anne
Marie vorwärts schreiten konnte»
Ganze Straßen hatte der Sturm in?
den Wald gerissen; ein großer Wind-;
brach fah. mit den Erdmassen an dens
herausgekehrien Wurzeln und den tiess
fen, gähnenden Höhlen darunter, wies
ein Schreck-new aus, auf dem Riese-J
feinen Kampf mii hunderijäbrigen
Baumstämmen ausgefochten hatten.
Herr von Pannewiß konnte einige
sStoßfeufzee bei solchen Bildern nicht
’unterdriicken, ohne indeß auf länger
als ein paar Secunden seine gute
Laune einznbiißen Curt hob und
trug die Geliebie, wo er irgend konnte.
« ..Denifi Du daran? —- und ,Darf
Iich jehtiW fragte er neeckend dazu.
Und sie fah ihn mit liebern Lächeln
an und nieste verständnißvoll.
Die Erlebnisse während des Stur
mes wurden ausgetaufchL Anne
Marie war auf dem Platze von dem
Unwetter überrascht worden« wo Curt
sie gefunden. Seinen Ruf hatte sie
gehört und in der That beantwortet.
aber sich nicht von der Stelle gewagt;
dann war der Baum neben ihr ge
fallen. und die Ohnmacht entzog sie
wohlthätig allem Uebrigen bis zu fe
ligem Erwachen. Jn Branih hatte
man in sicherer Stube die schreckliche
Naturerscheinung vorüber ziehen luf
fen. Auf dem Hofe war, was nicht
niet- und nagelfeft, fortgeschleudert
worden« bis es an Gebäuden den
sichern Halt gefunden; ein paar
Tränkeimer hatte der Wind hoch
durch die Luft entführt und einen
Knecht, den er im Gehen gepackt, ohne
Gnade auf den Boden hingestreckt.
Jrn Garten aber lag die ganze Oran
gerie« lagen die Oleander und Kirsch
lorbeer umgeschlagen und zumeift
vernichtet am Boden; schwer war der
Schaden an jungen Zierbiiumen, und
auch der Pakt hatte gelitten: ein stür
zender Baum hatte ein Stück des Ei
sengitters nach der Straße zu einge
brochen. und ein Schornstein, eine be
trächtliche Anzahl Ziegel von den
Dächern, ja, foaar ein ganzes ausge
riffenes Fenster waren ihm an den
Gebäuden zum Opfer gefallen·
Wie mochte es in dem offenen
Petchow aussehen. wo die Wider
siandstraft der Bautichteiten eine fo
zweifelhafte wart Die Männer
sprachen mit schwerer Besorgniß da
von.
An der Parlthiir hielt Cur-i an.·
. »Es ist doch wohl besser,«- meinte
der glückliche Bräutigam, »Ohne-Ma
rie spricht zunächst mit Onlel und ich
derweil-e vorläufig, ihm unter die
Augen zu treten. Er könnte im er
Hften Zorn wieder Entfchliisfe fassen,
iwelche alles verderben, da ihm fein
f Starrftnn nachher nicht erlaubt, sie zu
;widerrufen. Jch werde mit Jhrer
Erlaubniß wieder den Partweg wäh
len, here von Bannin und Jhre
Mittheilung itn Garten abwarten.«
Man stimmte zu, und here von
Pannewis verfolgte mit Zum-Mark
,den Weg allein weiter.
; «Hurrah, Papa bringt Amte-Ma
,ie!« rief hedwig am offenen Fenster.
LDas fchrumoflige Gesicht des alten
Barons erschien, und er bog sich weit
heraus-.
»Ist es gut abgegangen? Mein lie
bes AnnesMarietem nun sieh knal,
das ist mit doch ’ne rechte Herzens
steude.«
»Wo ist Cnrt?« fragten die Frauen
oben, Herrn von Pannewitz bei Seite
nehmend.
»Alles gut!« sagte der augenzwin
tetnd·
»Ja, wo ist die Dogge Bannen-itz?
Hast Du sie nicht gesunden? Hat sie
der Teufel geholt? Jeh hätte da nichts
dawidet·«
» »Leidet ist sie heil und gesund,
Franz, und nun dent Die matt, mais
ldee Kerl angesiistet hat: der hat sich
l mit Anne-Matiechen —- verloht.«
» Wie eine Bombe sieien dieses Worte
in den Kreis-. Die Mädchen schrieen
laut aus, saßten die glühende Anne
Maeie unt und etsiickten sie beinahe
mitsäktiichieitem Der Baron aber?
wurde asehsahh nur die Nase hielts
Farbe. Er stieete Herrn von Banne
wis wie ein Gespenst an. Mit heise
kee Stimme eies et:
»Seid ans Ehre und Gewissen:
das ist nicht wahr.«
»Das ist doch wahr, Franz —«
«Onkel« iiebee Onkel, ich habe ihn
lieb — ich konnte doch nicht ander-.
sieh Päee vielleicht doch gestorben ohne
seine-Worte lag vor dein Ulten auf
den knieen nnd bedeckte feine eunzlise
Land mit Essen Aber ee entriß ihr
diesetie und jede-te die Ungern
»Mein Sinne-Mariens nimmt doch
den seeli« feste ee mit tin-erstellten
W »so Seen Kerl, der stch
sieht M mit mie« dneiiieen wills So
Am Ostens-It Nun hat neit dee
Hund auch noch mein AnneiMarMen
gestohlen.«
«Ontei!« schrie Amte-Mark ver
zweifelt, «ftoße mich nicht fort, mache
mich nicht unglücklich -——«
Der Baron befreite feine Kniee von
ihren Händen, rauh, wie er nie gegen
sie gewesen. Dann stiefelte er unsicher
zur Thür hin. Herr von Pannewis
winkte beruhigend zutiiek. ehe ek. ihm
auf den backen, das Zimmer verließ.
«Pannewih. halt Du ’ne Stube fiik
mich-? Mit ist schlecht zu Muthe,«
sagte der alte Herr draußen.
»Natürlich, alter Freund! Korn-L
und laß uns ein vernünftiges Wort
reden !Wir wollen mal zusehen, was
wir mit dem Kerl anfangen.«
»Nein. Fritz; das muß ich erst mit
mir allein abmachen.«
Herr von Pannewitz schloß ihm
schweigend ein Fremdenzirnnierchen
auf und wollte gehen. Der 5Lllte stand
verlegen, wie mit einem Entschluß(
ringend.
»Bleib mal biet, Frist Sieh mal,
Du bist mein alter eFreund, und auch
’n Edelmann. Mir ist meine ganze
Ehre abgeschnitten von dem Kerl,
und er will fich nicht mal Jnit mir
schießen. Du hast von Brandow’n so
schöne liitte Pistolen gekauft. Es
wäre ja doch möglich, daß er sich noch
mit mir schaffe, und da möchte ich so
’n bischen Uebung abhalten. Gieb
mir eine in die Stube hier! Das
lnallt ja nicht sehr-«
»Lieber Israan meinte Herr von
Pannewitz ernst, »ich glaube, Du
könntest Dich mal verschießen und
machen, dasz Dir selber was passirte,
und unser Herrgott will davon nichts
wissen«
»Ja, wenn ich Dir denn das offen
sagen soll: ich will und will das nicht
überleben. Jch bin ein atter Kerl ——«
»Aber, alter Freund, damit thust
Du ia den- Teterowern den größten
Gefallen! Nachher sitzen sie in Pelchow
als Herren-«
»Das ist wahr —- da haft Du
Recht,« knurrte der Baron, aber dann
fie! er wieder in seine elegische Stim
mung zurück. »Ja, das hilft doch
nicht«-, Franz; wenn der Kerl sich
nicht mit mir duelliren will, ist meine
Ehre abgeschnitten, und das darf ich
als rechtschaffener Edelmann nicht
überleben.«
aDann ist Ame-Watte zeitlebens
unglücklich. Das arme Ding hat Dich
fo lieb —" ,
»Aber die verfluchte Pogge ist dann
auch unglücklich!«
»Ja, das ist bei jungen Leuten
nicht anders. So ’n alter Jungge
selle, wie Du, versteht das nicht ——«
»Das sage nicht« Fritz!« fiel der
alte Herr eifrig ein; »als ich noch jung
war, da war ich ein Schwernothsterl
mit den Mädchen, und da bin ich auch
verliebt gewesen« zum Beispiel in die
jüngste Waldan, von den Prebitzer
Mildere-I die nachher fortgezogen
sind in’s Mecklenburgische: das war
’n lütter Teufel, und ich hätt’ sie aus
ein Haar zu meiner Braut gemacht;
ist glaube aber, fre hat mich nur zum
Besten gehabt; denn nachher bat sie
fich mit ’nen Lieutenant verlobt.«
»Na, wenn nun aber Dein Vater
nicht gewollt hätte, daß Du sie heira
theteft?«
»Nein, Fritz, so was hätte bei mit
aar nicht aufkommen tönnenz ich hatte
’nen harten Kopf schon dazumal und
war böllisch schars aus das Mädchen«
»Das smb eben Anne-Marie unb
Deine Pogge auch aus einander.«
Der Baron starrte vor sich hin.
»Er taugt aber nichts, und er hat
mir meine Ehre abgeschnitten und ist
n DuellsliichterX
»Geb’ mal hinein, Franz,« sagte
here von Pannewitz turz entschlossen,
»und halte Dich mal ’ne Weile drin
nen! Jch komme gleich wieder.«
Er nickte dem Baron zu und stieg
in den Garten hinab, wo er Curt aus
einer Bank zwischen Tarushecken
sand, wie er eben mit besserem Ver
binden der zerschrammten Rechten fer
tig geworden. Sein Auge hob sich
gespannt und stagenbx er sagte aber
nur:
»Ich möchte Sie nachher um Lein
zeng und Schwamm bitten; ich tann
mich so vor Ihren Damen nicht sehen
lassen.«
Alles sollen Sie haben, aber zuerst
bäten Sie etwas Anderes! Der Alte
ist also von der Verlobung unterrich
;tet, gerieth erst völlig aus dem häus
«chen, wurde dann gen-lich leben
)tibeebriissig, bit ich ihn besänstigt
habe, und nun steht die Sache se:
iwenn Sie sich entschließen können,
sich mit ihm zu duelliren, baben wir
meiner Ansicht nach gewonnenes
SNEL«
»Aber wie kann ich bas, here von
Kannen-ist«
»An-n Sie’«, ans meine Verant
Wust Es bist, und baß er ej
ers-Mich ans Sie absehen wirb, glaube
is- siche Ei W e« sein«- Ehe-s
schuldig zu sein« etn paar Kugeln ritt
znwochselsn nnd ist angen-j
Ipw m tun-e- ssen-un kl
Sie ihm Satisfaction verweigern.«
»Nun meinethalben!« lachte Curi.
«Jch habe mich nie vor einem Duell
gefürchtet. — Aber,« setzte er ernster
hinzu. »bedenten Sie, daß ich Bräu
tigam hint« ·
»Schon gut!« rief Herr von Banne
witz im Absehen. »Das ist Jhr
sicherster Schuy.«
Oben berichtete er sehr ernsthaft dem
Baron, Cutt bedauere die Duellver
weigerung und wolle Genugthuung ge
ben. Der alte herr, welcher die ganze
Zeit iiber in schwerer Herzensnoth oor
sich hingebriitet hatte, athmete auf.
-,,Nun. siehst Du, Fritz, das freut
mich von dem Menschen: er ist denn
doch nicht fo-schlecht, wie ich gedacht
habe. Nun wollen wie das aber bald
anstellen —- morgen stüh, damit dasz
die Frauensleute nichts gewahr wer
den; denn die,Art ist mit ihren Net
oen auf so was nicht eingerichtet.
Wenn unser herrgott will. daß einer
von uns Beiden todt bleibt, dann
werden sie ja das auch noch immer zei
tig genug merken. Mein Testament
hab’ ich gemacht. Nun wollte ich blos
noch eins sagen, Iris Bleibe ich
todt, dann will ich nicht ausgezogen
werden; das habe ich mir nie von ’nem
anderen Menschen thun lassen, ausge
nommen, als ich noch in den unver
nünftigen Jahren war. Die Blumen
und das grüne Zeug will ich auch
nicht haben; ich mag nicht als ’n aus
geputter Schweinston aus der Schüs
sel «liegen; das ist mir zuwider. Jochen
soll mir bei Nacht nach Langsdorf
zum Herrn Pasior fahren und da
können mich drei oder vier Menschen
einvuddeln, daß nicht so ’ne Afsaire
mit Weinen und Geschrei gemacht
wird, indem daß mir das schon bei
Lebzeiten ein Giiiuel gewesen ist. Und
was aus meiner Verlassenschaft iibrig
bleibt, das kriegt das Amte-Marie
ten-·
»Na, nun laß nur gut sein, Franz!
Es wird schon so abgeben. Wenn
Einer den Anderen tobt schösse, dann
wäre der einzige Mensch, der un
glücklich wüde das AnneMakieöem
das with Jhr ja wohl alle Beide.
Willst Du Deinen Neffen heute sehen?
Er ist unten im Garten und getraut
sich nicht heraus.«
»Sieh, er hat doch ’n bischen Re
spekt vor mir," meinte ber Baron ge
schmeichelt, und in seine Leichenbitter
Miene stahl sich ein Schmunzelm »Ein
verfluchter Kerl ist er doch, Fris; er
hat den Bodbin’schen Kopf, und das
Gut hat er höllisch im Zuge. Aber
ich'rnag noch nichts von ihm wissen,
indem daß er mir bie Ehre abge
sginitten hat,,was noch nicht teparirt
i .«
»Vielleicht geht er selber lieber erst
noch mal nach Pächow und sieht zu,
wiss da niit dem Winde abgegangen
ist.« «
»Das wör’ wohl das Beste; Du
kannst ihn ja auf den Gebanten brin
gen« .
Als Herr von Parinewin das Zins
nrer verlassen halte, hschritt bee Baron
aus seinen turzen Beinchen spors
tlirrenb auf und nieder Die Aus
sicht, baß er sich am nächsten Morgen
duelliren solle, gab ihm eine höchst ge
wichtige haltungz er runzelte die
Stirn, war aber offenbar in zufrie
dener Stimmung. Einmal blieb er
stehen, bohrte die Blicke in den Tep
pich und sagte plödlich:
»Nein, mein liebes Anne-Marieten,
ich will da nicht schuld b’ran sein, daß
Du unglücklich wirst. Jch siir mein
Theil nicht«
Und nach langer Pause setzte er
hinzu
»Und er ist ja wohl auch ’n aanz
guter Kerl fonft· —— Aber daß er mich
aus meinem Haufe mit zwei solchen-—
das werde ich Panewitzen sagen, das«
mqu er mir erft abbitten.«
Alsdann bückte er sich energisch, hob
den Teppich auf und drückte ihn un
ter den Tifch, worauf er über die
blanke Diele hin feinen Marsch fort
feste. —- —
Am nächsten Morgen fanden sich die
beiden Gegner in der That ganz früh
gegenüber. Niemand außer Herrn
von Bannen-it war noch zugegen. Der
Ort war einer der Windbriiehe von
gestern.
Bevor here von Pannewitz das
Zeichen gab, sentte der Baron plötz
lich die Piftole und rief hinüber
«Sag mal erft, mein Sohn: willst
Du rnir auch das abbitten, daß Du
Deinen leidlichen Onlel mit zwei Ker
len vom Gericht aus feiner Wohnung
gespettt WH«
Jn Sinkt Gesicht zuckte es, aber
der Ernst behielt den Sieg, und das
war gut; denn der Alte beobachtete
ihn scharf. .
.Dai will ich Onkel, aber erft nach
dem Schießem vorausgefehh daß ich
am Leben dleibe.«
»Das tfi Dein Gltich Nun los,
situ«
Die Schüsse inalltem Sie waren
beide in die Luft aerielt worden« Mit
gravitätime Gesicht lud derr von
Bannen-is noch einmal; endlich zum
dritten Male. Die vier Schüsse hat
ten dieselbe Richtung« wie die ersten.
»Bist Du zufrieden, Franz?« fragte
here von Panaewitz.
.Jutvohl. Rnn komm mal het,
mein Sohn, und gieb Deinem alten
Onkel die Hand. So! Du bittest mit
also ab?«
«Seien Sie vernünftig. Here von
Boddin!« mahnte der Zeuge drüben
zu Cukt hin.
»Ich will meinetwegen abbitten.
aber nur unter der Bedingung, daß
Sie ruhig bei uns in Pelchow bleiben
und mich wirthschasien lassen, wie ich
muß, damit Sie die Damminer Ju
den vom Halse betommen.«
«Will ich. mein Spbn — will ich,«
nickte der alte Baron. »Aber das sage
ich Dir: bei meinem AnnesMarieten
bedantst Du Dich: denn wenn das
Kind nicht wäre, dann wäre das ganz
anders getotr n. Daß Du nicht
besonders schie en tannst, habe ich
nun gemerkt. und es ist ja gut wegen
des Kindes, daß Du mich nicht ge
trossen hast. Jch aber, ich habe ’n
Bischen daneben gezielt, indem daß
ich Dich schonen wollte. Und nun re
den wir nicht mebt davon.«
Sie gingen durch die Grauel der
Verwüstung zurück; der alte Herr
wurde ganz vergnügt unterwegs und
begann Schnutren zu erzählen. Herr
von Pannetviß hatte Pistolentiistchen
und Munition in seine Jagdtasche ge-«
bargen und schlenterte diese nicht min
der bergniigt bin und ber, zuweilen
einen lustigen Blick mit Curt auf-taus
schend. Es war ein höchst gemiithi
licher Duellausgang.
Endlich siel es dern Baron ein, zu
fragen, wie es denn eigentlich in Peti«
chow stehe. ;
»Er-fraglich Onkel. Aus der Wind
seite sind seeilich die Strobdiicher
meist zerstört, und die Störche werden
viel Arbeit dieses Jahr haben. Hin
ter der Koppel sind die letzten Pan-;
peln gestürzt. Auch im Dorse ist«
Einiges beschädigt, aber im Ganzen
können wir zufrieden sein."
Das »wir« schmeichelte dem Alten,
und er nieste beisällig. »
Jn Braniß mußten sie noch eine
Weile warten, beoor die Damen sicht
bar wurden. Der Baron benutzte die
Zeit, um die Angelegenheit seiner
»Compsagnie' zu ordnen. Von Ame
rita war nun leine Rede mehr; er«
wollte den Leuten noch eine Rede hals
ten und sieteierlich an Curt verwei
sen, der ohne sonderzicheg Zuthun
von seiner Seite von Minute zuMi.
nute in her Gunst des alten Herrn
stieg. Den Höhepuntt erreichte dessen
aute Laune, als Herr von Pannewitz
die Geschichte vom Eistanz aufs Ta-»
pet brachte und weidlich belachte.
Später wurde förmlich Verlobung
gehalten. Weder Curt noch Anne-«
Marie gab sich besonders zärttichx nur
ihre Augen hielten Zwiesprach, und
zuweilen die hande. Die heimlichen
Fragen seiner Familie: wie die Ver
söhnung zu Stande gekommen, lonnie
Herr von Pannewih endlich nicht um
hin, mit ein paar ebenso heimlich hin
aeworfenen Bemertungen über das
Duell zu beantworten; indeß siihrte
das Munteln schließlich doch zu einem
offenen Betenntniß gegen die Damen,s
welche nicht wenig erschraten. Anne
Marie blickte entseht vom Onlel auf:
ihren Verlobten, bis Letzterer sie um-»
schlang und ihr ins Ohr tliiiterte: l
»Es war eine Komödie, liebes-I
Herz!« d
Der Baron indessen sagte überle-«
gen:
»Mit seinem Schießen macht er tei
nen Staat, liebes Anne-Marieten,
wohl weil er so iurzsichtig ist. Was
mich anbetrisst, to habe ich denn auch
ein paar Fuß höher gezielt, indem»
daß ich doch meinem Anne-Marieteni
ihren Schuh nicht wogpuhen wollte.«
Na, es ist ja gut ta, und ei hat Jeder·
sein Recht, und ich will nun auch mit(
Euch zusammen aut Pelchow leben.
Aber das sage ich Dir, mein Sohn
wenn ich zu hause bin, dann spielii
Du nicht auf Deinem Pianoiortez
denn has ist 'ne höllilch diinne Mußt,
unb ich habe was auf meinen Ohren.
tdssß ich das nicht gut ausstehen lann.
kund nun wären wir da durch sagt
Uhetvelmann wie der Küster durch den
- Sonntag, Kinnings!«
l , (Ende.)
Das älteste zeitliche Stege-h
Das Museum der Künste in New
York kann sich jetzt rühmen, das the
ste ärztliche Rezept zu beschen, das
überhaupt je ans Tageslicht gekommen
ist. Es stammt wahr scheinlich unge
fähr aus dem Jahre 1500 d. Chr»
nnd zwar aus Aegypten. Wegen seiner
langen Erhaltung läßt sich schon
schließen, daß es nicht auf einem pa
piekiihnlichen Stoff geschrieben ist Die
Auszeichnung findet sich vielmehr aus
einem kleinen Stück Aallstein denen
Oberfläche zuvor eine sorgfältige
Glättung erfahren hatte Dennoch ift
die fast tadellose Beschaffenheit dieser
uralten Urkunde ein auffälliger lim
fkand, da die Schrift selbst nur mit
einer schwatzen Tinte und einem Pin
sel ausgetragen ist. Sie ist noch"gut
lesbar und zeigt die itltesie sogenannte
hierotische Kutsivschrist, wie iie sich
ähnlich aus dein berühmten, nxxch
Georg Ebers benannten Pnpyws fin
det, dessen Entstehung etwa’ auf das
Jahr 1600 v. Chr. verleat wird.
Leide( ist der Fundott des tvertiwots
len Stückes nicht mehr nachweist-on
Wahrscheinlich ist das Rezept eine Ab
schrift. Schon damals wandten näm
lich die Aerzte iiir die Bestandtheize
ibrer Rezepte Adiiirzungen nn, män
tend nuf diesem Stein alle Worte mie
gsschrieben sind. Die verschiedene
Arznei muß recht kostspielig gewesen
sein, weil zu ihrer Herstellung haupt
sächlH Edelsteine Ame-ordnet make-m
Nach dem Urtheil eines Sachverständi
ett siir die oltiignptiscke Medizin
’ente das Rezept vermuthtich zur Ve
dont-lang von Hysterir. gegen die zer
stoßene Edelsteine als besonders wirt
satn galten. Diese kostbaren Pult-er
wurden zum Räuchetn gebraucht, nas
tnentlich wenn der hylteriscke Zustand
mit Schluckbeschtverden vexbunden
trot. Die altiigtzptischen Atezte mein
ten. daß sich dabei infolge einer Ver
lnperung des Organs-, von dem die
Dystetie den Namen hat« die anderen
Organe nach oben gedrückt werben nnd
so das unangenehme Gefühl in Brust
und Hals etzestgen
« »O
Lshne Zweifel haben sich die ägnpti
sit-en Aerzte und Adatheter für das
Verichreiben und die Herstellung tol
cher Medizinen ordentlich bezahlen
lassen. Die Zusammensetzung richtete
sich auch von vornherein nach dem
Vermögen des Kranten Weniger be
niittelte Leute mußten mit Hatbedel
iteinen für-lieb nehmen-Ein sehr reicher
Paiient tonnte ek- iich teilten. mit Pul
ver aus edelstem Saphir behandelt zu
werden, während sich das arme Voll
höchstens bis zum Malachit ausfchwins
gen tonnte, der damals als ein ziem
lich gewöhnlicher Stein galt. Tiefe
Standesunterichiede sind, wie das
Journat der Ameritanitchen Medizi
nischen Vereinigung richtig hervor
hebt. sehr mertwiirdig. Es herrschte
itn alten Aeghpten sogar der Glaube,
daß die Arzneien, die bei dein gewöhn
lichen Volk gegen Nervenleiden eine
Zeitung hervorbringen tönnten, durch
aug nicht iiihig wären, eine ateirtke
Wirtung auch auf die Nerven der rei
chen und hochgestellten Personen aus
zuiiben Die Aerzte werden gewiß at
tes gethan haben, utn diese Anschauung
zu befestigen, weil sie ihnen Gelegen
heit gab, die Rechnunaen fiir ihre
wohlhabenden Patienten recht träitig
zu satzen. Uebrigens hat die Mu
seutnsbehbrde tange- Zeit von ihrem
Scha nichts gewußt, denn das in fei
nem tter einzigartige Stück wurde
ertt zufällig von dem berühmten
Orientatisten Max Müller aus Ox
ford lurz vor seinem Tod in dein Mu
seum vorgefunden und in seiner Be
deutung ertunnL
-.-o- —
Die Regierung itt nun hinter einem
neuen Trust her, dem Beichte-htm
trust· Es wird schon dasiir gesorgt
werden« das die herren von der wet
chen Kohle nicht zu hart angefaßt
werden
Den- Tqmpfte wach seiner Mitwirkung auf dem Liebhaber-Genick beiwoh
tend): Eingehn-then und die ganze Garben-be gesteht-us Nun sann ich vi
zum ersten als Pqicha sen-minnme