Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 25, 1911, Zweiter Theil, Image 9

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    Jahr-san 32.
Nebraska
Skaak5- Anzetger und J cerold
August 1911 skwetei r(Thei ) ,
9 ummer 2.
Ver Abendstern.
Du lieblicher Stern,
Dir leuchteft so fern,
Doch hab’ ich dich dennoch
Von herze-n gern.
Wie lieb ich sdoch dich
So hetzinniglich2
Dein funkelndes Aeugtein
Blickt immer auf mich
So blick’ ich nach’dir,
Setz dort oder hier: «
Dein freundliches Aeuglein «
Steht immer vor mir.
Wie nickst du mir zu
Jn fröhlich-er Ruh!
D liebliches Sternlein.
O tvär’ ich wie du!
hosfmann o. Faktersleben
Saphirs-Arachnes Bassi.
Humoriftische Stizze von
C. S ch ii l e e
Eines Abends-. als ich in heiterfter
Stimmung die biet Treppen zu mei
ner Wohnung erstiegen hatte, wurde
ich von meiner Frau mit einem sehr
nachdenklichen Gesicht empfangen
Wenn eine Frau ein nachdenklicheö
Gesicht macht. so bat das -- wir wol
len ganz often fein -« meist nichts
Gutes zu bedeuten. »
Meine böse Ahnung betrog mich
nicht, denn taum hatte ich Hut unds
Mantel abgelegt. so sagte meine Frau, ;
sie hätte mit mir ettoas Ernttes zu"
besprechen nnd ich möchte doch ’mal
fünf Minuten vernünftig sein.
Jch murmelte, natürlich ganz leise,
das Gebet vor der Schlacht.
Dann suchte ich der·Lage dadurch
für mich günstige Wendung zu geben,1
daß ich unser kleines, einziges, geradej
sechs Monate alt gewordenes Mägde-;
tein aui den Schooiz nahm·
Es giebt- nichts Reizenderes, als so
Tut kleines Kind, und mit ihm zu spie
isi Fes« Vaters wohlerworbenesl
Recht Wenn die Frau in beredten
Worten dem Manne tlagt. daß sie
nichts, aber auch gar nichts mehr an
zuzieben habe, daß ihr Hut lächerlich
altmodisch sei, dann kann es dem
Manne nicht als grausame harther
ziaheit auixgeleat werden« wenn er den
Aiigrisf dadurch parirt daß er als
Antwort ganz entzückt ruft: »Sieh
doch nur, wie die Kleine lacht, wennl
ich sie mit dem Finger unter dem Kinn l
tiyelr. Das Kind hat von Dir die
reizenden Grübchen geerbt die ich so
liebe.'·
Man wirft dabei seiner Frau einen
zärtlichen Blick, vielleicht sogar eine
Stuszhand zu.
Die Gattin und Mutter wird zwar
nicht sofort in die ihr gegrabenen
Grübschen hineinfallen, sie wird nochs
einmal auf das Kleid und den huH
zuriicklommen.
Du aber sagst: »Das sollst Du alles
haben, das Kleid und den Hut. nur
warte damit, bis wir unser Töchter
chen auf den ersten Ball siihreni«
Durch solche launigen Aussieben
wird die Gegnerin in liebenswürdige-:
« Weise ermüdet und schiießlich wird sie
den Angriss aus Deinen Geldbeutel
aus eine spätere, günstigere Zeit ver
ischieben. «
Meine Frau musierie mich sofort
etwas mißtrauisch, als ich nach ihrer
Anrede zu meinem Schuhengeb unse
rem Kind, griff sie feste sich aber dochs
mir gegenüber und begann: »Liebster
sSchaQ wir müssen künftig sparsameri
ein
Jch hätte das Kind beinahe hinsin
len lassen, so erstaunte ich iiber diese
Aus-ede
Meine Frau suhr unbeirrt satt: .
»Wir müssen an die Zukunft unserer
Tochter denken, deshalb werde ich statt
der theuren Auswartesrau ein billiges
Dienstinädchen nehmen«
n
Jch wollte mir gestatten, eine ttetne
Eintvenduna zu erheben, aber meine
Frau bat mich, ich möchte ste doch wes
niastene ein einziges Mal ausreden
lassen· »Ein Dienstmädchen erhält
nicht mehr Lohn als die Ruhr-arte
srau. Das Dienstmädchen besorgt die
ganze Wäsche und das TeppichtlopseW
es wird auch das Kind austragen Jchf
tann mir doch dasitr nicht noch eine
Person extra halten! Jch habe mir
ausgerechnet. dass ich mit dem Dienst
mädchen monatltch weniastens zwan-.
ztg Mart spare. Das sind im Jahr1
zweihundertunidvierzig Mart· Wennt
unsere Tochter zwanzig Jahre alt ist«
tann sie von dem was ich aus diese
Weise erspart habe, etne Aussteuer be-1
kommen Jawoht stir viertausend
achthundertMari, wozu noch die Zin
sen kommen, bekommt man schon eine
sehr hübsche AussteuerX
»Hast Du auch daran gedacht, dasz
die Betöstigung des Mädchens mit in
Rechnung zu ziehen ist?« versuchte ich
einzuwenden.
Meine Frau deutete aus das Kind
auf meinem Schoofz. »Wo wir jetzt
zu Dritt sind, kann gut noch ein Bier
tes mitefsen, ohne daß man es merkt
Wenn Du Alles richtig bedentst, mußt
Du doch selbst einsehen, daß für uns
ein Dienstmädchen ein Bedürfniß is
Acht Tage später —- meine Frau
hatte die acht Tage zumeist in Ge
findevermietbungöbureaux zugebracht
« saßen wir Abends beisammen und
erwarteten das neue Dienstmädchen
Es war schon ziemlich spät, als es
tlingelte.
Das Mädchen war da und wurde
von meiner Frau empfangen. Jch saß
am Schreibtisch und heuchelte Gleich
giiltigkeit.
Dieser Beschäftigung wurde ich ent
zogen, als meine Frau ganz aufgeregt
szu mir in das Zimmer kam und sich
Idiriiber beschwerte, daß der Portier
»immer dann nicht zur Stelle wäre,
»wenn man ihn nöthig hätte. s
. »Was soll denn der Portier?«
» »Der Kutscher will den Korb des
»Mädchens nicht die vier Treppen ber
aufbringen. Das Mädchen muß aber
doch seinen Korb baben!«
Dabei traf mich ein auffordernder
Blick meiner Frau.
»Sie will ja auch mit anfassen!«
Jch hatte verstanden und erhob
mich.
Naiiirlich das Mädchen mußte
seinen Korb haben. Meine Frau küßte
mich dankbar und eilte mir voraus in
die Küche. ·Dort wurden wir einan
der dargestellt Dann gingen wir zu
sammen nach unten, wo ich zuerst den
Droschentutscher bezahlte, und nun
schaffte ich mit dem Dienstmädchen
einen ungeheuerlichen Korb, auf dem
noch zwei Papptartone ruhten, auf der
Hintertreppe nach oben,
Dienstmädchenkorbe aus einer steilen
hintertreppe vier Stockwerke hinaus
tragen. ist ein schweißtreibendes Mit
tel oon unfehlbarer Wirkung.
Als sich das Dienstmädchen oben bei
mir bebauten wollte, sagte meine lie
benoioiirdige Frau: »Oh, das bat mein
Mann sehr gern gethan-«
Jch trocknete mir die Stirn nnd be
absichtigte nach dem vorderen Zimmer
zu flüchten. Da fühlte ich im dunkeln
Rorridon wie sich etwas an meinen
Beinen rieb. Unwillig darüber trat
ich nach dem Etwas, woraus dies ein
vorwurssoolles heulen von sich gab
und dadurch bewirlte, daß sich die
Küchentbiir öffnete.
Eine weibliche Stimme ries: »Buisi.
bat Dir Jemand jetreten?«
Das Etwas, das sich an mir gerie
ben hatte, entpudpte sich als ein kom
plizirtes Kreuzungsproduit zwischen
langbaarigem Teckel und pudelartigem
Moos. Schwanzwedelnd bewegte sich
dies bundeartigeTbier aus unser neues
Dienstmädchen zu.
»Wie lommt denn dieser Röter in’s
Haus«-" fragte ich.
Meine Frau zog mich schnell in’s
Wohnzimmer und sagte: ,,Liebster
Schatz, das ist doch der hund«
Jch sah meine Frau verständnißlos
an.
»Na ja. der Hund! Der Hund, von
dem ich Dir erzählt habe.'«
»Mir?«
Meine Frau schlang ihre Arme um
meinen Hals und lachte mich an.
»Nein, bist Du oetgeßlichl Jch liab’
Dir doch gesagt, daß ich es nur dissem
Hund verdanke, daß ich Sodom-An
lonie belammen habe. Jch habe Dir
doch erzählt. daß zehn Damen Sophia
HAntonie baben wollten, aber sie nah
men Anstoß daran, dass dasMädchen
zur Bedingung machte, den Bund mit
nehmen zu dürfen. Jch ssinde das rüh
rend von SopbiaiAntonie Nun brau
chen wir uns keinen Hund zu laufen.
Ein bund isi der beste Spielgesiihrte
iiir unser Kind. Wie ost kommt es
dor, dass ein Kind in’s Wasser sällt
,und von dem treuen Hund gerettet
.-wird.« -
mHeißt »das Mädchen eigentlich So
dbie oder Antonie?«
»Es heißt SophiaiAntonir. Es hat
aleich beim Engaqement nusaemachL
daß es immer Sophia-Antonie geru
fen wird. Daran nahmen auch einiae
von den anderen Damen Anstoß. Wie
jächerlichI Jeder beißt doch, wie et
beißt. Ob ich nun Sopbie sage oder
SophiasAntonie. Auf das eine Wort
ztommH doch nicht an."
! »Man muß sich eben etwas mehr
»Ze« nebmen«. stshnte ich. - «
« SovbimAntonie sollte nun zum er
Lsten Male bei-I Abendtifch bedienen-.
Nach langen Vorbereitungen kam der
erheben-de Augenblick, in dem meine
Frau die Thür öffnete, um das neue
Mädchen mit einem Servirbrett voll
Teller, Gläser, kaltem Ausschnitt und
ider Käsegloeke eintreten zu lassen.
Meine Frau sah mich strahlend an,
der bund schabte sich an meinen Bei
nen, und Sophiadilntonie hatte das«
Häubchenhaupt stolz zurückgeworsen.
Leider stolperte sie über die Schwelle
Ein martdurchdringender Schrei,
und sie lang liingelang mitsammt ih
rem Servirbrett vor mir aus der Erde.
Meine Frau, unser Kind, Saphirs
Antonie -- ein gellendeä Terzetti
Nur Bussi zeigte eine kühle Aus
sassung des Ganzen« Er verschwand
mit dem gesammten talten Ausschnitt
in der Küche.
Wir richteten SophiaiAntonie wie
der aus.
Sie grollte und meinte, in vorneh
men Häusern hätte man leine solche
Schwellen· Dann zog sie sich mit
einigen Schwellungen und Bussi in die
Küche zurück.
Meine Frau und ich suchten auf
dem Teppich die Trümmer unseres
Nachtmnhls zusammen.
»Bediene Dich selbst!« sagte ich
halblaut.
Meine Frau aber meinte: »Man
darf nicht gleich die Geduld verlie
ren." -
Bussi, der Hund Sophia-Anioniens,
fühlte sich, wie wir täglich mit Ge
nugthuung tonstatiren konnten, sehr
wohl bei uns. Er war ein munteres
Thier, Alles lebte an ihm. Er war
» wie eine elektrische Batterie. Wenn er
sich an mir rieb, sprangen stechende
lFiinlchen zu mir über.
« Jch kaufte mir Hosenllammern, wie
sie die Radsalner tragen, und trug in
»der Wohnung immer nur unten ge
schlossene Hosen. -
Kürzlich besuchten mich dreiFteunde
zum StatspieL
» Bassi, das lluge Thier, benüyts
diese Gelegenheit, um einen Theil sei
nes elektrischen Ueberslusses an diese
Drei abzugeben. Bei denen begann
ses·soiort in den Beinen zu zwicken und
zu prickeln.
Dabei gewann ich jedes Spiel.
Einer meiner Statsreunde sagte:
»Ich glaube, der Hund hat Flöhe.«
»Nicht einen!" sagte ich voll Ueber
zeugung
Die Frauen der drei Statsreunde
haben diesen verboten, noch einmal bei
mir Stat zu spielen.
Sie hatten zu viele elettrische Fünti
chen mit nach Hause gebracht.
i Bussi muß Morgens, Mittags und
Abends aus die Straße geführt wer
den. Darin ist Sophia-Antonie.sel)r
piinttlich Besonders Abends. Manni:
mal läust der Hund fort, dann kommt
Sovhimttlntonie erst nach einigen
Stunden wieder mit ihm nach Hause
Wenn der Hund Abends iortliinit.
nimmt SophiaOtlntonie vorher den
Hausthürschlussel mit.
Wenn der Hund ohne Maultorb
eingesungen wird, muß ich siir ihn die
drei Mart Strafe bezahlen. ;
Meine ,- rau meint nämlich, dar-»
wäre eine —- hrensache sitr mich, da wir
von dem bund so viel hätten. Wir
hätten mehr von ihm als SophiaAn
tonie selbst. s
Meine Frau ist immer noch ishr
stolz darauf, daß sie den anderen zehn »
Damen Sophia-Antonie abgejngt tm.
»Aber Herzensweibchem sie wäscht
doch nicht, sie stopst nicht, und sie
lsiihrt das Kind nicht aus«, wendetel
ich ein
; »Das kannst Du ihr nicht zuni Vor l
kurs machen, das hat sie gleich bei: n;
iMiethen ausgemacht«
»Aber wo bleiben denn da die vier
tausendnchthundert Mart? Liebste-J
)Frauchen, wo bleibt die Aussteuer iiir
unser Kind?«
Meine Frau sah mich milde lächelnd
yan Dann legte sie mir beide Hände
um den Dlas und sa-:gte ,,,Schat3i
möchtestDu denn unser Kind an einen
Mitgistiiiger ver-tappean —
SovhtasAntonie tst noch heute bei
iuni. Aber ihr bund hat nicht mehr
sso viel — —Elettrizitiit
- --4————
s Wie der Sstltan reift.
; Seine Vorfahren sind prachtvoller»
Tgeteisi. Sie konnten ullcrdngg noch!
snicht Dampsschifs und Salonwngem
Haber sie zogen einher mit Ptunt unds
Wulst-L mit Tausenden in ihrem Wie-s
zsolgr. Mehmed Y. thut es viel einfa-;
scher, beinahe bescheiden im Vergleich,
zu den Massen, die sich bei den Rei-»
sen der srüheten Sultane in Bewe-;
gnug setzten. J met-hin wird et!
auch noch so san bis sechshundert I
Menschen mit der entsprechenden An- "
zahl von Pferden mitschleppemund die
H
Orientdrhn, der die Leitung der kai
serliche-i Züge obliegt, hat da teine
leichte Ausaabe zu bewältigen.
Jn abendländischen Staaten ist so
eine Soiiærainsreise immer noch eine
ziemlich komplizierte Afsäre. aber
trotzdem ein Kinderspiel im Vergleich
zu der Reise, die der Sultan jetzt un
teknimmt. Gehen sie doch durch Ge
biete, die alle nicht im Geruche hervor
ragender Sicherheit stehen« Albanesem
Bulqaren und Griechen hausen da,
lauter unruhige Gesellen, denen man
nicht ijber den Weg traut. Es ist da
shee selbstverständlich, daß sämmtliche
Strecken aufs schärfste bewacht wer
den« Uebel-all längs der Geleise erhe
ben sich die weißen Zelte der Wachde
tachements. und von hundert zu hun
dert Schritten stehen die Doppelposten
Wer sich da irgendwie unberusener
Weise in der Nähe des Bahntörpersz
zu schaffen macht, wird ohne viele
Umstände über den Hausen geschossen
So ein Saldat aus Anatolien sactelt
nrsztst lange.
Immerhin läßt man es bei diesen
militririschen Vorsichtsmaßregeln nicht
bewenden. So wird dem eigentlichen
Hoszug einPistolenzug vorausgeschickt
in dem die Hamadets, die Palastdies
tier, hie Diener der Minister, vierzig
Mann Gendarmerie und —- die Jour
nalisten untergebracht find. Aus 2
Meilen Entfernung fährt dann der
Hoszug nach. der von dem Direktor
der Qrientbahnem Herrn Miiller, per
sönlich geleitet wird.
Da der Herr des Ottomanischen
Reiches ek- noch zu keinem eigenen
Train gebracht hat« sieht dieser Zug et:
wag bunt zusammengestellt aus. Au
ßer zwei Gepärltvagen. in« denen die
Baaage siir 120 Personen oerstaut ist,
siihrt er einenRestanrationsiragen und
drei Erhlasmagien der Jnternationaleu
SchlaswagewGesellschait mit, in de
nen die kaiserlichen Prinzeu, die Mir-i
ster und die Hoschargen untergebracht
sind. Für den Sultan selbst ist ein 60
Fuß langer Salonwagen bestimmt
den die Orientbahngesellschasi vor drei
Jahren in Qesterreich hat bauen und
Tit-ch- dern Geschmack Mehemeds V.
möblieren lassen· Er enthält einen
großen Solon, dessen Möbel mit
blauireiszet Seide, den Lieblinggsrir-s«
« ben des Herrschers-, ausgestattet ist« ein
Schlasgemach mit zwei pruntvolleu
Bronzebetten, einen Raum sitr die
Leibdienerschast und eine Kiiche
Hier herbringt der Sulian die gan
ze Zeit der Fahrt. Empfängt hier
seine Söhne und seineMinister. Speist
hier, nach der tiirlisehen Etitette allein
und aanz nach tiirtischer Art. Pilles, ;
unterschiedliche Ragout-Z und Siisrigs »
keiten bilden dieHauptbestandtheile sei
ner Mahlzeiten Zur Vorgeschriebeneu
Stunde verrichtet er seine Gebete und ;
zieht sich, wenn er die Nacht im Zuge -
Verbringt, ziemlich sriih in seinSrhlafs ;
gemach zur-let Er ist ein alter Mann !
und an die Strapaze-in tie diese Re-?
präsentationsreise mit sitt: hrinat,nicht s
gewöhnt s
Trotzdem ist er ein sehr angenehmer s
Reisender, stets liebenswürdig und l
heiterer Laune. die er sich selbst durch
unvorhergesehene Ziviichensiille nicht
stören läßt. Er erschwert den Funk
tioniireu nicht ihre ohnehin so verant
wortnngsnolle Ausgabe noch durch i
allerlei Separatwiinsehe Man legt
ihm dastlteiseproaramm und denFahr
plan Vor, er ist mit allem einverstan
den und hat nie etwas aukzusetzen
Nur eine Eigenschaft shat er, die dein
Direktor Müller und seinen Beamten
doch manches Raps-zerbrechen verur
sarlst Er kommt regelmäßig viel zu
sriih aus den Bahnhos und will dann
immer gleich absahren, »du-mit die
Leute. die ihn am Endzicl der Fahrt
erwarten, nicht zu lange iu der Sonne
stehen miissen.« Der Zua fährt also
als, bummelt dann aber so lange in:
schönsten Sekundiirbahntempo bis er
sich in den richtigen Fahrt-lau hinein
gefahren hat.
Oberster Neifemarfchall ist General
Hurfchidi Pafekia, der 20 Köche kom
mandiert, die ibre eigenen, mit Holz
kahle beizbarenKeifel mitfiibren. Denn
überall wird streng tiirkifch gekocht
und gegessen. Nur mit dein Unter
schiede, daß bei den Mahlzeiten anf
dem Schiffe Champagner ferviert
wird· Champagner Und der Notati!
Man denke sich! Aber man hat hier
mit Allah einen Pakt qefchleffcn, in
dem man den Champagner als schän
niende Limonnde etiietkiert· Auf dem
Lande allerdings ist dieser Pakt auf
gehoben, da darf nur klares Wasser
getrunken werden. Warum dieser Un
ierfaxsied gemacht wied, weih sichre nur
der Kopf allein, der ihn ansgekliigeli
hat. .
Außer densköchen aehen aneh noch ei
ne ganzeMenge anderer Leute mit, die
fiir das leibliche Mahl des Sultans
. und feines Gefolges zu fotgen haben
80 Hofdiener, Kasseebereiter, Tabaks
lreicher, beides sehr wichtige Funktio
näre, Unisosrmlsewahrer und »last not
least« siii: s Eunuchrm die aber wohl
mehr zur Vervollständigung des- Hos
staates mitgenommen werden, denn
kein weibliches Wesen nimmt an dieser
Haupt- und Staats reise teil.
Also ein höchst respektabler Tros-»
zu dem aber noch 100 Mann Gott-ein
samerie und 96 Gardereiter mit ihren
IPserden kommen. Außerdem machen
die zwei Leibtapellen die Reise mit«die
Palaittapelle, die in ihren roten Uni
formen prächtig aussieht, aber schlecht
, spielt, und die Marinelapelle, die un-«
T ter der Leitung eines deutschen Musi-:
ters, des Direktors Lan«e, steht und
ssich gmz ruhig in jedem abendländi
scten Konzertsaal hören lassen kann.
! Sie iit des Sultans Lieblingstaoelle
» und muß bei den Mahlzeiten aus dem
Schiffe tonzertieten, wobei Mehnied
sich außer den assiziellen Programm
immer noch tiirtische Nationalweisen
vortragen läßt. Er ist nicht ohne Ver
ständnis für europäische Musik, zieht
aber doch die türlische vor, zu deren
Weisen er den Takt leise mit den Hän
den mitichlägt. Die Ertogrultapelle,
wie dieMarinrlapelle ossiziell genannt
wird, muß daher auch aus den Reisen
zu Lande stets seines Wink-es aewär
tig sein. So zum Beispiel in Ueslüb,
wo die aus den verschiedenen Teilen
der asiatischen nnd europäischen Türkei
berbeiaetvnmienen Deptitationen ihrem
Herrscher ihre Nativnaltänze vorfüh
ten wollten. Die Militiirlapellen und
auch die prachtvvll lvsiiimierte Palast
tapelle versagten; hatten keine Ahnung
von demMarsch der Arnairtem der Le
lsells, der Tschertessen. Da sprang
denn die Ertogrullapelle in die Bre
srlie. Sie spielte die Mars-he link-Tän
ze, die oft in den unglaublichsten Tal
ten gehalten sind: die Arn-taten und
Lebe-ils und dieTsrherlessen tanzten —
Mehined war entzückt und die patrios
tische Beaeisteruna qroß.
Nun nähert sich diese große Reise
ihrem Ende. Noch die letzte Etappe
mitten in das Herz Albrrniens, nach
Monastir. Dann qeht es wieder zurück
snach Salvnili. in dessen Hafen die
Kriegsschiff-: bereitliegen,um den Sul
stan nach Konstantinopel zu bringen.
Nach seinem alten Palaste Dolma
Baatsche, in dem er dreißig Jahre hin
durch als Gesangener gesessen, und den
er so lieb gewonnen, das; er ihn jetzt
alsPadischah nicht mit dem viel präch
tiaeren, viel bequemeren Jildis Kiosk
vertauschen niaa.
M—
Zur Geschichte des Dunst-erlei.
Auch heute, da die Sprengmittel
Jndustrie mit Stolz aus gewaltige
Fortschritte zurückblicken kann, müssen
wir immer wieder neue große Un
glückssälle erleben, und die jüngste
Katastrophe in Manhattan hat —
wenn dies noch nöthig gewesen wäre
— wieder einen neuen schrecklichen Bes
weis von der furchtbaren Zerstörung-Z
lrast der modernen Sprengmittel ge
geben. Als im Jahre 1895 ein ganzer
Zug explodierte, der sast 6(),(IO0Pfund
Dynainit barg, wurde inillmlreise von
einer halben Meile alle Häuser glatt
von der Erdobersläche wegrasiert und
Viele Menschen verloren ihr Leben.
Pros. Frisler, der im Piccolo die Ein
zelheiten dieser grauenvollen Kata
strophe erzählt, erinnert daran, wie
verhältnißmäßig jung die Erfindung
des- Dnnamits ist. Jm Jahre 1847
war es, als im Laboratorium des
Prof. Pelouze in Paris der italienische
Gelehrte Sobrero jenen Explosivstosf
entdeckte, auf dem sich ausnahmslos
alle unsere modernen Sprengmittel
aufbauen: das Nitroglyzerin Aber
der Mann, der diese Entdeckung der
Praxis zusiihrte und der Industrie
nutzbar zu machen versuchte, war der
spätere Griinder der Nobelstifftungf der
damals noch 1ugendnchc Ianveonchc
Chemiter Alsred Nobel· Seine Ver
suche, das Nitroglyzerin alg Sonna
stoss in die Industrie einzuführen, be
gannen im Jahre 18625 aber seine
Experimente waren anfangs von Miß
geschick heimgesucht: im Jahre 1864
slog das ganze Laboratorium Nobels
in die Luft, und fortan gipselten die
Bestrebungen deg Chemikers darin,
die hohe Explodierbarieit des Mitv
alvzerins abzuschwächen. Wie emp
sindlich das Glnzerin gegen jeden Stoß
nnd jede Erschiitterung auch war, No
lel vermochte anfangs nicht, es im
richten Augenblick zur Explosion zi:
vringrnz in der Praxis häusten sich die
Unglückssälle. Als er dann mit genia
lcr Intuition ein zuverlässiges Sünde
mittel gefunden hatte nnd die franzö
sische Regierung das von ihm erfun
iIene rauchschwache Pulver ablehntc,
gab Nobel seine in St. Sevran errich
tete Fabrik aus, verlegte sein Labora
torium nach San Remo nnd gründete
zur Herstellung des ,,explosiven Orts-«
zwischen Hamburg und Lauenburg, in
Düneberg an der Elbe, seine Nino
I
J
glyzerin-Fabrit, deren Produkte als
bald im Bergbau und bei Steinbruch
arbeiten Verwendung fanden. Aus
Düneberg versandte man das ,,explo
sive Oel« in Metallktügen nach den
verschiedenen Bergwerken und Minen.
Aber die zahlreichen Unglücke-fälle, die
sich ereigneten, zwangen die Behörden
zumEinschreiten, und die Verwendung
von reinem Nitroglhzerin wurde ver
boten. Nobel stand damals vor sei
ncm Ruin; aber mit unermüdlicher
Thatkrast machte er sich ansWerk, auch
diese Schwierigkeit zu überwinden. Er
begann mit neuen Experimenten, such
tc eine Verbindung mit Nitroglyzerin
herzustellen und fand schließlich auch
in Schlesren in dem Kieselgur, einer -«
porösen Jnsusorienerde, ein Mittel,
das es ermöglichte, dem Nitroglyzerin
feste Form zu geben. Diese Erde war
imstande, zu 75 Prozent explosiveBOei
einzusaugen, und mit der festen Form
schwand auch die Gefahr unberechenba
I rer Explosionen. Dieses sandige Pul
ver war das Dynamit. Damit hatte
Nobel gesiegt. Die Vorzüge dieses
Sprengmittels waren so groß, daß es
sich alsbald in allenWelttheilen enthält
gerte, und heute ist der Name Dynamit
bereits zu einem Sammelbegrisf ge
worden, der eine langeReihe sesterVer
bindunaen von Nitroglyzerin zusam
mensaßt.
HW
Ursaehe der Oliuddsrmeuizündemfl
Die aussälligeThatsache, daß die sog.
Blinddarmentziindungen, die Erkran
kungen des Wurmsortsatzes des Blind
darms, in den letzten Jahren immer
znhlreicher geworden sind, ist wohl all
gemein zugestanden. Besonders in
Anerita und England fordert dies
Leiden alljährlich zahlreiche Opfer.
Man hat lange nach einer Erklärung
dieser seltsamen Erscheinung gesucht
und sucht noch. Jetzt hat der englische
Arzt Dr. Comer wieder ein neues Er
tlärungsprinzip gesunden. Wie er in
einem Vortrage vor der Klnischen Ge
sellschaft in Manchester aus-führte,
hiinge die Zunahme der Erkrankung an
Asstsendizitis zusammen mit der Her
stellung des Mehles in Mühlen mit
stählernen Walzen Winzig kleine
Theilchen derWalzenstahlmasse müßten
sich wohlbeim Vermahlen des Mehles
abliisem sich dem Mehl beimischen, und
durch die Ablagerungen dieser kleinen
Theilchen könne sehr wohl die Reizung
des Blinddarmfortsatzes zu erklären
sein.
Die nähere Beleuchtung des Für
nnd Wider dieser Erklärung ist nun
Sache der Aerzte. Wenn auch schon
der Laie sichsragen wird, warum man
denn nicht längst, wenn diese Erklä
rung zutrifft, in den operierteanrm
fortsätzen aussallende Mengen von
Etalslstaub gesunden hat. Früher
sollte die Einführung des Emaillege
schitrsz die Schuld tragen. Auch hier
sollten kleine Absplitternngen zur Ab
lagernng kommen.
Was den Freund der Volks-gesund
kseit beidiesencfriirterungen interessiert,
das- ist die Frage, warum man sich
denn nicht mit der nächstliegenden und
natiirlichsten Erklärung der Zunahme
jener Erkrankung besaßt, niimlich diese
Zunahme an Blinddarmentziindung
auf dieZnnalnne gesundheitsschiidlicher
Ernährungss und Lebensweise zurück
zuführen Unsere Eiweiß - Ueberer
nährung —-— namentlich in dem so sehr
viel Fleisch konsumierenden England,
wo diese Krankheit besonders grassierti
A die Vorliebe siir scharfe Speisen
wijrze, das Uebermaß des Zuckergenuss
seg, die immer intensiver ausgebauten
Nackitvergniigungen, kurz alles, was zu
der eigentlichen Hauptursache der
Bitnddarmentzündung zur Stuhlver
stopfung siihrt, die immer beängstigens
der werdende Naturentsremdung —
duz alles sind viel glaubhastere Erklä
rungen siir die Reizzustände in unserm
vegetatioen System, fiir welche die
Blinddarmentziindung nur der uner
bittlichste Mahner ist. Tie Aerzte
lrauchten freilich nach anderen Erklä
rungen nicht lange zu suchen, wenn
dieser Hinweis nicht gar zu rauh gegen
die süßen Gewohnheiten unseres ver
lsildeten modernen Lebens kämpfte.
Und es wäre doch so schön, wenn man
einfach die Ursache der schinerzhasten
Erkrankung den bösen Stahltvalzen
oder dem Emaillegeschirr zuschieben,
vom Staat Abhilfe verhingen und sich
dann wieder ungestdrt den süßen Gis
ten zuwenden könnte, in denen die mo
dern-: Menschheit den Lebensgenuß
siclxi.
---—-.
Weil-lich.
Er: »Komm, Mariele, sieh’ Die
’mal das hübsche Vöglein auf dem
Dache unserer Laube an!«
Sie: »Ach was, ein Vogel aus dem
but ist mir lieber, als ein Dutzend
aus dem Dache!«