Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 18, 1911, Zweiter Theil, Image 9

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    ' WITHkaqu 32
Nebraska
Staats« Anzetger und J cerold
Aiigust mäs ka im ahi .)
O nimmer l.
Fedhleche Fahrt.
- innrer in leuchtenve Sonne hinein,
mmee in blähendes Lans himm,
Herz welches Glück, wel s Glück! .
Denk nicht an alt' das et aheene Leidl
Tauch es in tiefe Vexgnngenlpeitl
Denk nicht, o denl nicht zueiiell !
Sieh. wies im Land sich regt und
ke,gt
Wies aus der Erde geheimnißvoll
drängt
Leben zum Lichte hetvokl .
Wie vor dem Frühling der Winter
zerronn,
Seele, to speenge auch du deinen
Bann,
Schwinge dich freudig empor!
Jauchx in den blaue-wen Himmel voll
Lust.
Sei deines wachsenden Glückes bewußt,
Das vie Natur offenbart!, ,
Immer in leuchte-we Sonne hinein,
Jmcner in blühendes Land hinein —
Fköhiiche, sköhiiche Fahr-!
»Leyte Grüße von Fe. Bieelein.
Nur Berichterstatter.
Von Georg Lomer.
Also such dir zum Manne, wen du
willt!'« sagte der verwittwete Maior
a. - . von Nönnspiesz morgens am
Kasseetisch zu seiner Tochter Magdas
lene. »Ich will mich gewiß nicht aus
das bunte Tuch versteifen, nachdem sie
mich in meinen besten Jahren es
ist eine Affenschande abgehalstert
haben. Abrr wenigstens ein Akademi
ker muß es sein« und wenn möglich
Neserveofsizier. Das kann ich ver
langen. Alles, was Künstler beißt und
Schriftsteller, gilt nun mal in unseren
Kreisen nicht siir ganz voll. wenn es
nicht gerade eine Berühmtheit ist. Und
nun gar dieser -— dieser« —-« er brach-»
te das Wort schwer iiber die Lippen
——- «Nepor.ter oder Berichterstatter,
wenn du das lieber willitl Zwar habe
ich nicht die Obre seiner Bekanntschaft.
Aber ich lann mir ihn ja benlen: sa
loppet Anzug —- —«
«Bittr, et geht it quatrc öpingies!«
warf Magdalene ein
,,Geniale Haar-tracht«
»Bitte, er gebt turz geschoren!«
»Und vermutblich einen Dünkel, der
nicht von schlechten Elgtern ist!«
Fräulein Magdalene« lachte nur
»Du hast ja reizende Vorstellungen
von den Schriftstellernl Papa! Glaubst
du wirklich, das-, mir meine Freundin,
in deren hause ich ihn kennen lernte,
Belanntschasten. wie du sie da schil
derst, zumuthen wurde?«
Der alte Herr zerlnitterte seine Zei
tung. »Dein« Freundin tratre ich
manches zu, sie hat nicht umsonst den
Doktor zum Mann. Diese Aerzte sind
alle nicht ganz stubenrein in der Be
ziebung!«
Magdalene lächelte. »Du denkst
wohl, ich bin eine Prinzessim die ge
duldig warten soll, bis ein Ritter Don
Quirote lich ihrer erbarmt! Darüber
tann ich aber alt und grau werden.
Sieb mal, ich bin setzt glücklich zwanzig
Jahre und werde keineswegs mit jedem
iJabre jünger. Nicht lange mehr.
dann kannst du mich meistbietend ver
steigern. Du solltest wirklich seob sein,
einen so netten Kerl Juni Schwieger- 1
sobn zu betommen, statt immer nur zu «
nöegeln und zu mäteln!« l
»Er ist Reporter". Dbarrte der alte .
herr, »ober, was dasselbe iit, Bericht- l
erstattet. Man lann auch sagen: set- ?
lenschin«der!« !
»Gewiß, das tann man sagen, aber
man tbut es nicht. Er tann jeden Tag s
eine Redattionsstelle bekommen, dann(
ist er ein gemachter Mann. Jtn übri- »
aen giebt es metzr als einen inaktiven
Offizier, der auch zur Pressfging und
sich dabei wohl befindet. Es ist ganz.
standesgemöh.«' 4 «
»Na, das sollte mir sehten", brumm
te der Grimmbart.
Aber sie wurde warm bei dem Ge
danten. »Klagft du nicht oft genug
über mangelnde Beschäftigung? Deine
ganze Verstirnnmng kommt ja eigent
lich davon her und hat keinen anderen
Gru d. Du bift unzufrieden, sonst
nicht ! Hättest Du etwas, mai Dich
ausfällt —«- Du würdeftauch mir mehr
entgegentommen und mehr Verständ
niß zeiaeni habe ich nicht recht, Du
alter Griesgram?« Und sie strich ihm
über den grauen Bari. so daß er un
willta brummte. -.
»Evr1,Ev-s!« murmette ek. Dann
mark er die Zeituna weg. »Ob«-, mein»
Liebchen, is weit sind wir noch nist!
Was ich thun nnd lassen will, ist wr
läufia immer noch meine Sache. Das
laß Dir gesagt teint Und den Deinem
Vressenrenschen will ich ftir absehbare
Kett nichts hören. So wenig ich selber
daran denke. unter das Feder-dich zu
geben und Berichterftaiter zu werden,
Iso-wenig will ich von diesem Seht-Fie
kgersohn etwas wissen!«
E »Topp!« sagte sie, »das gilt!'« und
verschwand aus den Augen des Ge
;ftrengen. s
Am Nachmittag traf sie sich in der
Iwohnten Konditorei mit Friedrich
fterloh Er hatte endlich, nach lan
gem Warten und hattet Arbeit, die
langerfehnte Redakteur-stelle erhalten
und wat in übersprudelnd heiterer
Stimmung. « «
Als Magdaiene ihm das Gespräch
mit ihrem Vater erzählte, wurde et
noch ausgelassenek und schlug mit der
band auf den Matmortifrh, daß die
Tassen klirrten. »Das trifft sich fa
mos!« rief er und beugte sich zu ihr
mit leiser Stimme etwas ins Ohr zu
tusthelm —
Lange. sehr lange saßen sie heute bei
ihrer Tasse Waffen und als sie das
Lokal mit rothen Köpfen und heißen
Wangen verließen. da war der
Schiachtplam wenigstens in den
Grundzügen, fertig.
Es war ungefähr acht Tage später,
da fand Maon von Nsnnsviesz in sei
ner Zeitung eine Annonce, die ihn un
gemein zu interesssiren schien. Wenig
stens legte er das Blatt erst nach lan
ger Lesung und mit tiefern Seufzer
aus der Hand, was die dabei sisende
Magdalene mit unverhohlener Befrie
digung lonstatirie. Diese Annoncr
aber lautete:
,,Gros;e nationale Zeitung sucht
fiir dauernde Beschäftigung militii
rischen Mitarbeiter Jnattiver Os-«
siget bevorzugt. Probezeit erforder
I .«
Meldungen war an ein betanntes
Annoncenbureau erbeten. .
Mit innerer Freude beobachteteMag
dalene, wie der alte herr, dem sie das
Zeitungsblatt nicht umsonst so ab
sieht-voll hingelegt hatte, es möglichst
unauffällig in seine Brustasche zu
vraliziren suchte und es nach dem
Kaiser aus einmal sehr eilig hatte, in
seinen Club zu tommen. Sollte ihr
energisches Auftreten neulich doch noch
Iriichtr tragen? Fast schien es so.
jSollte der Papa wirklich draus und
dran sein, sich um den bei jenem Blat
te offenen Mitarbeitersposten zu bewer
ben, Man lonnte sein Benehmen ei
gentlich gar nicht anders deuten.
Maior von Rörnspiesi hatte in den
nächsten Tagen und Wochen ganz be
sonders viel zu thun. Nie mehr führte
rr seine Tochter-, wie sonst wohl, spa
zieren. Nie mehr liimmerte er sich
mehr als nöthig um ihren Bericht
Dafiit verbrachte er halbe Nachmittage
in feinem Zimmer, tauchte und schrieb,
hatte U auch immer sehr eilig, in sei
nen Club zu tommen. wo er stets diese
oder jene Persönlichkeit von Bedeutung
traf. Dabei war er immer guter
Laune, miilelte selten oder nie, wenn
einmal das Essen nicht so war, wie es
sein sollte und hatte wie es schien,
ganz vergessen, daß seine Tochter
Wünsche geäußert, denen er die Billi
gung versagt hatte.
Das nächste Zusammensein mit
Friedrich Osterloh brachte ihr die Auf
klärung. Der alte Herr war in der
That aus den Leim gegangen und hat
te sich um die Stellung an jener sei
tng bewarben, es war keine andere
als die «Tagesvost«, in deren Redak
tion auch Friedrich Osterloh saß.
Alles geht gut«, sagte der junge Re
dakteur, »wer hätte gedacht, dass Dein
alter Papa so schneidige Artikel zu
schreiben verständel Es ist schon jetzt
sicher, daß aus seine dauernde Mitar
beit reflektirt wird. Dass ich freilich
sein Spezialtollegr bin und demselben
Blatte diene, wird er wohl nicht wis
sen! Sonst« er lachte und zündete
sich eine Cigarrette an. Sie waren noch
sehr ver niiat an diesem Nachmittage
Am bend wagte Magdalene den
zweiten Sturm auf ihren Vater. «
»eronnen, gewonnen!« rief sie ihm
’entgegen, als er von seinem Spazier
,gange nach Hause tam und sich gerade
swieder in seinem Zimmer vergraben
wollte.
»Was ficht Dich an’:" nagte oer
alte Herr ironisch, ein grinnniges
iLächeln ini biirbeißigen Gesicht »Hast
sDu also wirklich glücklich entdeckt. daß
ich Deinen haushaltseiat durch litera
rischen Nebenverdienii aufzubessein
bemüht bin? Mach Direleine Hoff
nungen, mein Kind, se Dir teine
Roftnen in den Kopr Mitarbeiter bin
ich war, eheenvollet Mitarbeiter eines
h nsftänvigen Platte-. Aber noch
lange trin, verstehst Du, wohl, noch
lange lein - — Nepotter oder Be
riztekitntten wenn Du das lieber
w ti.« «
- Iriumpljirend ging der alte Heer in
fein Zimmer nnd tam vorläufig nicht
meist utn Berichein Die geiamtnte
poitisihe Situation im fernen Osten
gab ihm außerordentlich zu thun.
Keine Frage, ein Krieg s-— und was
iit ein Kriegt -—-- stand vor der Thür.
Augenblick tonnte die Mine
O
aufbrennen. Sein Soldatener schlug
heftig. als er sich die verschiedenen
Möglichkeiten vorstellte. Wer da mit
thun und noch einmal im Leben Pul
ver riechen lönntellllxit großen Schrit
ten ging der Majprtim Zimmer auf
und ab. H s
Eine Stunde fpiith erreichte ihn ein
eiliges Schreiben »der Redåition der
»Tagespoft«, in ·ivelchem ihm die
Stelle des eventuellen Kriegsberichterz
ftatters auf dem oftafiatifchen Kriegs
Hchauplaye eingetragen wurde. Zugleich
Itheilte man ihm mit, daß feine Bei
Iträge gefallen hätten, und man bereit
’sei, mit ihm nunmehr in fefte Bezie
hungen zu treten. Sein Besuch auf
der Redattion werde umgebend erbe
ten. Es war das erstemal, daß er per
sönlich verlangt wurde. Grund ge
nug, aller eingewurzelten Erziehung
zum Tros, ein wenig aufgeregt zu
fein.
So schnell wie diesmal hatte er tech.
thatsiichlich seit Jahren nicht mehr
umgezogen Und als er endlich. in
Gehwck und Cylinder, auf die Elek
trische ftieg,· da schlug ihm doch das
ZHerz, wie einem jungen Leutnant, der
zum erstenmal in’s Feuer kommt. Es
war aber nicht die letzte Ueberraschung,
»die ihm heute zugedacht war.
Jm Konferenzztmmer der Redak
»tion war es, wo ihm ein hochgewachfe
net, eleganter junger Mann, ver-bind
lich lächelnd, entgegentrat
»Friedrich Ofterloh«, stellte sich der
elegante junge Mann vor, »von dem
zur Zeit verhinderten Herrn These-dal
teur beauftragt, die Verhandlungen
mit Ihnen, Herr Major, einzuleiten.'
Sie standen fich gegenüber, der eine
verbindlich aufmertsam. der andere
höchlichft erstaunt, mit halb offenent
Munde.
,,Sind Sie derjenige«, fragte der
Jalte Herr endlich nach einer längeren
Ettunstpaufe, und trommelte auf feinem
Cylinder.
’ »Ja dienen, ich bin es wirklich, Herr
JsMajor. und hofft- Sie nicht zu sehr zu
enttäuschen!« Jener verbeugte sich.
Du feufzte der alte Offtzier tief auf.
«Jn Gottes Namen denn«, sagte er er
geben, »ich gehe fest auch unter das
Federvielk unter —- die Berichterftat
»ter. Hier, schlagen Sie ein!«
Man sagt, daß hierauf der junge
elegante Herr dem alten urplötzlich um
den Hals gefallen fei. Doch ist es nicht
sicher verbürgt
Das Engagement aber kam zu
Stande, und dies zur beiderseitigen
Zufriedenheit
Abend im Kurgarten.
i
Der Kurpari liegt mit seiner Wiese
» und den Bäumen, die ihn hegten
zen, und dein Hans mit den ho
hen Säulen in der matten, verglii
ihenden Dämmerung wie im Schlafe
iDurch die stille, unbewegte Lust klingen
yvoin Thurm her einige Schläge nnd
ipriehen bleiern und abgedroschen iin die
« flohen Wände und un den grünen Wall
der alten Kristanien Die Diener
schreiten die Wege ab lind postieren sich
tin den Eingängen, um mit höflicher
Geste die Kommenden um ihre Karten
zu bitten. Einer der Diener, in ei
ner blauen Livree mit silbernen Worten
geht von Liiterne zu Laterne, dreht mit
einer stets gleichen Bewegung den Hahn
um und zündet den Brenner gn. Aus
einer Terrasse stehen Kellner, unterm
Arm ihre weißen Tiicher, und ivurteii
oder stellen Stuhle und Tische zurecht
Ein uiirllhiges, geschäftiges Leben ist
pliislickl in allen Ecken iiusgeinuchi und
ordnet und sorgt für das Kommende
Jrgendioo in einein Zimmer des
Hauses» sieht ein Man vor der iiiiir
inornen Schnlitnfel u d dreht einen
Hebel herum. Jin gleichen Augen bliit
vliyen in einem Padillon die elettii·
schen Beleuchtung-Stärker aus und iiber
gießen Pulte un Instrumente mit il)
rein riithlichen Licht. Die Musiker stei
gen eine tleine Treppe empor, andere
gehen in den Keller und holen ihre In
strulnente. Sie setzen sich ans ihre
Plätze und stimmen. Es ist ein wir
res Durcheinander von Geigen und
Flöten und Trompeten. Eine Oboe
meeiert und lacht wie ein oorwitiiger
Junge, nnd ein ansist streicht schwer
lind lässig seine iiesen Saiten. Es
erscheint der Kapellmeister; et geht an
sein Pult und nimmt ein kleines, helles
Stöckchen zur hand. Die Musiker ha
ben ihre Instrumente emporgenoinmen
lind sehen gleichgiltig gespannt iuis den
Meigenten Der schlägt seine Noten
aus« steht wartend da. schaut um sich,
elopst leise und energisch, ei schiebt sich
eine plösliche Stille vor, wie die Ruhe
vor dein jähen Last-rochen des Sturms.
Ein Ruck. . . .die Instrumente klingen
in einem Atkord zusammen, der frisch
und triistig in die Abend-ruhe hinein
bricht. und mit einein Wiss ist Leben
nnd Heiligkeit ern-richt. hörner
singen ihre Thema, die Geigen und
Flöten fallen ein, die anderen Instru
mente wiederholen, hören auf und be
ginnen wieder-.
ur- kommen Menichern Sie wan
deln träg und lässig ,an dem Kiosk
vorbei, manche bleiben stehen und hö
ren zu. Andere sehen sich nieder nnd
stiitzen ihre welken oder rothen Hände
auf den Knauf ihres Stockes. Es geht
ein alter Mann an der Tafel vorbei,
an die das Programm-angeheftet ist.
Er schreitet langsam. setzt vorsichtig
einen Fuß vor den anderen und schaut
mit den grauen, kühlen Augen vor sich
hin. Sein starker. vorn vielen Rau
schen schmutziggelber Schnurrbart »
hängt nach unten, bis iiber die Mund
winkel. Der Hut sitzt ihm schwer auf
dem Kopf, unförmig und mit einer
leichten Staubschicht bedeckt. Er geht
schweigend aus und ab, hin und her,
den ganzen Abend, hält seinen Eben
holzstoek mit dem Elsenbeingriss. der
schon gelblich isk und einen feinen,
ichwarzgranen Riß bat, aus dem Ritt
ten. Unablässig wandelt er so, stets
mit gleichen Schritten und mit der
gleichen Haltung, als schreite er sein
Leben ab.
Zwei Mädchen kommen die dunkle
Allee heraus. Sie haben weiße Klet
der an, an die sich eine lange gefiriekte
Wolljacke anschmiegi. Jhre Röcke rei
chen kis an die KnöcheL und beim
schnellen Gehen wirbeln sie den Rock,
daß man einen undeutlichen Wirrwarr
von Spihen und Stoff sieht. Sie ha
ben einander eingehiingt und preisen
ieicht ihre Körper aneinander. Mit
leiser und wichtiger Stimme sprechen
sie. während ihre unruhigen Augen
umberwandern wie ein Paar ausge
regter Thiere in einem Käfig. Jn der i
freien Hand tragen sie beide ein sil
bernes Keitentäschchem in dem sich der
winzige Geldbeutel befindet und ein
kleines Tafchentuch dem sicherlich ein
niattsiißlicher Geruch entströmt. Jhre
hüte sind nach der Mode des Tages
gefertigt, helle, runde Hüte, unter de- !
Even veeitem Dach ihre Köpfchen fast
verborgen sind, und die ihr blondes
haar verstecken würden, wenn es nicht
in breiten Wellen iiber die Schläfen
gelegt wäre wie ein goldener Rahmen
urn ein Bild. Vorn am Hals haben
esie Broschen aus mattem Gold, in das .
kleine. hellglihernde Steinchen einge
setzt sind. Beide tragen Halbschuhe,
deren breite Bänder an ihren Enden
zusammengeschlagen sind und mit gro
ßer Schwere sich ans den Schuhen
ausbreiten. Die schmalen Schuhspit
zen haben einen Lackanftrag, in dem
sich zuweilen das Licht einer Laterne
spiegelt. Wenn die Musik einen Wal
zer spielt, gehen sie wie aus Kam-nan
vo langsamer, indem sie auf jeden
Takt einen Schritt machen und sich
unbewußt und leicht in den Hüften
wiegen.
...-.. - - e . - -
Zwei Tucmmer Ilrnen uuil imo spre
chen erregt ineinander hinein. Die
Hände des einen suchteln durch die
Luft, während der andere nervög mit
seinem Stock ans den Boden schlägt,
im Takt der Musik. Die beiden sind
offenbar Leute, die hier wegen einer
wichtigen Sache zusamnienqetommen
sind, uin irgend etwas zu bernthen; dass
läßt sich ja aus deni nentralen Gebiet
und an einem Ori, wo man unter der
Masse der Menschen kaum erkannt
wird und wo aeschiistliche Beratbunnen
weitab zu liegen scheinen, viel besser
machen. als in dem enaeren Kreise
der imathstadt, wo die Bewegungen
sotg eiltiger überwachti werden.
Der erste ist ein kleiner, untersetzter
Mann, mit einer Brille und einem
iurzgeschnittenen Vollbart, der zweite
ulattrasiert, mit einem energischen und
ubgespannten Zug um den Mund Sie
nehm ein Stück weiter, bleiben wieder
stehen und sprechen mit iiberstiirzten
Geberden. Der eine öffnet seinen Rock
und nimmt ein Notizbnch hervor, in
das er einige Worte schreibt. Der an
dere schaut lächelnd aus die Meine
Der Mann mit der Brille hat inzwi
schen seine Notizen beendet, bietet dein
Glattrasietten eine Ziaarre an, die der
mit starrer Dankes-winke sich leicht
verbeugend, nimmt und in Brand
seht. Sie wechseln noch einige Worte,
dann gehen sie die Allee hinab, der
Aeltere mit kleinen, wichtigen Schrit
ten,· der andere ruhig nnd aleichgiiltia.
und verschwinden im blauen Dunkel,
als seien sie nie gewesen.
Ein Heer und eine Dame schreiten
die Treppe zum Kurbaus empor-. Die
Dame ist schön, sie bat einen weichen,
erenresarbenen Abendmantel um ihre
Schultern geworfen. Ihre Kleidung
ist Issibah und ihre Schleppe rauscht
lässig hinter ihr her. Den Hals
schmiickt eine Perlenkette, und an den
Ohren funkeln zwei Diamanten. Auch
ihre Hände, die lang und schmal sind
und von einem unerhört zarten Weiß,
sind mit kostbaren Ringen geziert. Ihr
Hut ist groß and nur mit einer »Zeich
tigen Feder geschmückt, aus deren
Dunkel ein goldener Knopf leuchtet.
Der Herr schreitet leicht neben ihr
her, und wie sie in den Saal eintreten,
nimmt er seinen Zylinder und seinen
weichen schwarzen Mantel ab, gibt
beides ein-km Diener und geht dann in
’leicht gebeugter Haltung hinter der
’Dame her. Die Dame wendet den
Kopf und schaut ihn lächelnd an. Der
Mundwintel des Mannes zuckt fra
gend und glättet sich plötzlich wieder.
Der Diener schließt hinter ihnen die
Thür, man sieht noch einmal undeut
lich die weiche Silhouette der Dame,
dann sind sie beide im Lichtmeer des
Saales verschwunden.
Inzwischen hat nen die Menge auf
dem großen, breiten Weg vor dem
Kurhaus gestaut und schiebt sich lang
sam hin und her. Ein bunter Wirr
warr von Menschen und Sprachen
wandelt unter den wiegenden Klängen
der Musik vorüber, Frauen in Ge
wändern, deren Pracht und lössige
Grazie schwindelnde Reichthümer vor
zaubern kann, und Frauen mit einsa
cheren, dekoratiben Gewändern, die
als einzigen Schmuck ein leicht durch- »
brochenes Schleiergewebe über den
schrägen und ein wenig müden Schul- -
tern tragen, und Fraien, aus den klei- J
nen Städten des Landes, die hier mit ’
ihren Männern die Ferientage ver- »
bringen und ihr Sonntagsgewand ;
oder ihr Schwarzfeidenes tragen. J
Die jungen Männer unterscheiden i
fich taum, sie alle sind meist nach der
Mode gekleidet und geben so dem!
Bielfiiltigen einen Ruhepunkt, dessenT
wohlthuende Wirkung im Durcheinan- I
der der Frauentoiletten kaum zu ent
behren ift. Erst wenn es einmal über
die Dreißig hinausgeht, dann begin
nen jene leifen und oft fast unmerk
licfien Abwandlungen der Kleidungs
an denen Charakter und soziale Stei
lung erkannt werden können. Aber»
selbst da gibt es Aehnlichkeiten genug, l
um die Unterschiede in dem großen
Masseneindrurk versinken zu lassen.
Höchsten-z daß sann und wann die
weit und bequem gekleidete Gestalt ei
nes Amerilaners, der ohne Kopfbedet
tung und die Hände in den Taschen
mit breiten, geruhigen Schritten durch .
die Menschenmenge schreitet, ausfällt
nnd flüchtig wie eine Erscheinung, die
mit alledem umher nichts zu thun hat,
vorübergeht
Ein fummendes Gemurmel durch
furcht die Luft, das zur Zeit des stört
sten Andranges anwiichit und in der
Entfernung die Musik zu übertäuben
im stande ist, später und allmählich
immer-leiser wird und im Sande und
in der Nacht zu versickern scheint.
Die engen Reihen lichten sich, immer
mehr wandeln die Allee hinab, an den
glänzenden Geschäften vorbei, die
Wichtiges und Tand, Kostbares und
Nützliches und allerlei liebe, unnötige
Sachen in ihren gläsernen Schreinen
aufbewahren und zu verlaufen wün
scken. Aus einem engen Raum sind
hier Kostbarkeiten und funkelnde
Schätze aufgestapelt nnd Reichthümer
vergraben und warten auf den, der sie
zu heben kommt. Aber schon rollt da
und dort ein eiferner Laden herab, und
eine dunkle Lücke entsteht in den hellen.
glänzenden Fensterreihen Und es fol
gen langsam und nach Lage und Art
die anderen, bis nur noch ein Paar
often stehen, um mit ihrer Pracht und
Helle die nach Hause gehenden Men
schen anzulocken wie taumelndeSchmets
tertmge
t5-i- ist spät geworden, die Musik en
det Die Musiker packen ihre Jnstrn
Ins-nie zusammen setzen die Hiite ans,
Jiinden sich eine Higarette an nnd gehen
in Gruppen und mit zitsriedenen oder
isnzusriedenen Gesichtern idea. Die
Menge wird immer kleiner-, immer
mehr sictern durch die Portage des
(S-«rten5, bis schließlich lein Mensch
mehr im Part ist Die Lichter werden
agaedrelit nd bald liegt alles im tie
ien Dunkel der Nacht Es ist ganz ru
liiq, nur in der Ferne hört man einen
Brunnen plätsclsern und zuweilen ei
nen Wagen lnattetnd durch eineStraße
fahren.
Rols Gustas Haebler.
Die Ihm-mode met der Inh
Unter Gliedmaßen und Organen,
die Opfer der Modethorheiten find,
nimmt der durch die »Kunst« det
Schuhmachers gequälte und ver-bildete
Fuß die erste Stelle ein. Wie soll
»denn der normale, gesunde Fusz stehen «
Die Antwort ist sehr einfach: wie er
von Natur aus gestellt ist« Um sich
dies llar zu machen, braucht man bloß
einen Fuß im nicht belasteten Zustande
zu betrachten, zum Beispiel beim sitzen
den Menschen, dessen Füße icht den
Boden berühren. Daan wir man
sehen, daß der Fuß derartig in Verbin
dung mit dem Bein steht, daß eins
Längsschnitt, der durch den Unter
fchenkel in der Mitte genau von vorn
nach hinten gelegt gedacht ist, bei gera
der Verlängerung auch den Fuß in der
Mitte —- nlso ungefähr zwischen der
zweiten und dritten Zehe —- treffen
würde. Das Fußgewölbe, das heißt
Idie hohe bogenförmige Ausbuchtung
des inneren, der Großzehensette entk
sprechend-en Fußrandess, soll ungefähr
so ausgebildet sein« dnsz man den Dau
menbnllen desselben Menschen hinein
tegen kann. Dem Fußgetvölbe ent
spricht aus dem Fußrücken der Spann.
Je höher das Gewölbe, desto höher na
itirlich der Spnnn undntngekehrtsp Bei
ziemen ninoern mir fienchrgen Juschen
darf man sich nicht täuschen lassen, weil
Gewölbe und Spann durch das Fett
oft ausgeglichen erscheinen.
So sieht der Fuß meist im nichtbe
lasteten Zustande aus. Auf die Stet
lung der Zehen soll biet nur kurz ein
gegangen werden. Solange es sich
bloß um Verschiebung der Zehen nach
dem Mittelzeh zu handelt, solange
dreht es sich meist bloß um einenSchön
beitsfebler. Werden die Zehen aber
übereinander geschoben —- natürlich
nur die Folge von verlehrtem Schuh
wert —· so hören die Aerzte oft genug
oon den daraus entftehenden Beschwer
den. Menschen, die stets richtig gebau
tes Schuhwerk getragen haben, werden
dementsprechend kaum irgendwelche
Zehenabweichungen aufweisen.
Die Füße sind zwei Arbeiter, die fast
beständig einqes bannt sind. Sie müs
sen den ganzen Körper tragen, verdie
nen also besonders sorgfältige Pflege.
Statt dessen werden sie oft in unver
antwortlicher Weise vernachlässigt: da
ber rühren die vielen Fußgebrechen.
Man zwängt die Füße in enge Schuhe
nnd Strümpfe ein, statt letztere beide
weit zu tragen, damit die Blut-Birm
lation nicht gestört wird. Die Füße
können sich nur unter Einwirkung der
frischen Luft und der Sonne und auf
fühlen-. Erdboden naturgemäß entwis
teln. Wachfen die Kinder in engen
! Schuhen heran, so werden ihre den Tag
s über eingepreßten Füße nur im Bette
recht warm, denn bei Tag ist die Blut
znfubr sozusagen ausgeschlossen Wenn
aber kein Blut in die Füße gelangt, di-:
Knochen also nicht gehörig genährt
werden, so lönnen die Füße unmöglich
sich richtig entwickeln. So entstehen
die Fußgebrechen, die fchwächlichen
Füße, die verkiimmerten Zehen, die
Plattfufze. Noch mehr: auch die
Kopfleiden steben nur allzuoft damit
in Zusammenhang: eine große Zahl
dieser Fälle wird durch Einwirkung
auf die Füße geheilt.
Als weiteres erschwerendes Moment
tommt das Schuhwerl hinzu. Die
»vtelfach noch so beliebten Votum-dont
.absiitze wirken geradezu plattfußsiir
dernd, indem das durch den Absatz ein
seitig ir sehr erhobene Fußgewölbe
durch die Art der Belastung noch mehr
herabgedrückt wird. Der Absatz hat
eigentlich nur den Zweck, den Schmutz
von den Schuhen ein wenig abzuhalten
nnd bei Unebenheiten des Terrains das
Balanzieren zu erleichtern. Und dazu
genügt vollans der sogenannte »eng«
lische« Absatz. Ferner ist ein fehlen
hast gebauteH Schuhgelenk —- das ist
der Verbindungsteil zwischen Hacke und
Sohle ---zn verwersen; der Gelenltheil
soll so schmal gearbeitet sein, wie ein
normaler Fußabdrua an dieser Stelle
breit ist. Ein Schuh mit zu breitem
Gelenl versagt dem Fuß den nöthigen
Halt und läßt ihm zum Herabsinken di
rekt einen gehörigen Spielraum. Die
Sandalen, die man so in den Laden
sieht, zeichnen sich durch aanz besondere
Breite an demGelenktheil aus, sind also
zu uerwersen. Es braucht wohl nicht
hervorgehoben zn werden, daß sich
S niirstiesel am besten fiir die Fiisze
eignen.
W
Der Hausausschuß zurUntersuchung
des Stahltrusts wird nach New York
gehen, um dort unter anderen auch
zHerrn Morgan darüber zu vernehmen,
wie der Stahltrust entstanden ist. Da
werden sie aber schon ganz gewiß die
Wahrheit erfahren.
si- e- si·
New York klagt über unerträgliche
Hitze. Weshalb zapft es denn die
Quellen oon Wallstreet nicht an und
nimmt ein ersrischendes Bad? Sie
enthalten Wasser genug, daß es für
alle reichlich langt. «
sit Ol- If
Jst eine Frau zur Scheidung be
rechtigt, wenn ihr Gatte fünf Jahre
lang zu ihr kein Wort gesprochen hat,
trägt jemand an. —- Unbedingtt Vor
ausgeseht natürlich, daß sie dem
Manne einmal Gelegenheit bot, zu
kommen
e i ·
Geftlhl kann man er eu eln, B -
stand nicht. h ch n