Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 12, 1911, Zweiter Theil, Image 11

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    Mr chrttbkbritk non
Diszi- qukstkngkh
Ro. 566. Jch lsen ich )- gedenkt,
ich nan in niei Leide e ganze Latt ge
lssrnt un braucht wag Ettjntehschen
tonzetne dnht sok teinen Mensche en
Backsiet zu nemme, atolvek ich sin ietzt
von e ganz dissekente Opinsien Das
macht answer nur ano, bitaho ich hen
innnei mit Piebels essohschjehtet, wo
noch weniger Ettjntehschen gehabt den«
ioie ich. Sehn Se, wenn ich sor Jn
stenz den Butschet Lahkd seine Alte
nennnr. Ja, die Frau tann mich in
Noindenoetl einige Zeit biete. Sie
tann e Wielschapp dahinleae. als wenn
es von en Pednter gepelmtet iookde
todt. Se lann aus ihren Kodp all die
Dettdiets in dte Annschast nenne: se
unn sich de e, das; met dente lönnt
se war e Konntest sin-wer wenn es
sich nm Ettjulebschen handele dnht.
dann lit- se nit in it. Se jnhst e ganz
scheealicheo deitsch. so dasz ich schon ost
efchehmt mak, wenn ich mit se in en
Stoln aange sin nn se liat niit ihren
Linlo gestatt. Dann is die Wedeot
weilen. Geae die ile deitsch tann met
ja nii io viel sage, es-dntit, lvie mer
nni deitsch sage dndt. dank Alt-wer
in die Littetatschuht is se aar nit ae
nohitetx wei die Frau duln nit einnl
die Gestoeivene un die Verdorwene in
den Peddek lese un das dnlit doch ei
iskae gebildete Person«
Wenn ich mich da daaeae tonwelnn
drin muß ich sage, ich biete se toll ze;
mai-. Wenn ich osi Konto die Dido
alsJ Beispiel von en Netzen-del Hinein
i:s.e, dann sin ich so dumm« daß mich
die Gnhses heisse. Ei tell inh, Ioao die
Frau nit weis-. das ie- nit weitl) dass
mei- eg weiß. Die hat uns in Unser
Kränzche Sache oon den Heinrich oee
zählt, da sin ich ganz totli in mei Felio
gewese. Das ninse aivioer e Pietsch
gemele sein! Ich muß sage. daß ich nit
viel Ettenschen zu den Heinie bezahlt
:.en. inehbie, daß ich so e Ahnung ge
dadt den« daß ek no gnl is. Alles
oao ich von ihm gewiist den« ig« das:
.k die Lokelei nn den lietoe Augustin
lonioonirt hat. Wie die Dido sagt,
soll er knowek ganz gute Sache von sich
oewtoe den un io viel, daß e paar
Bücher voll geptint iin worde. Wes
bog maett mich gar nids nur-. Wenn
es zu den Peunt von Moral komme
dum, oonn geb ich nicks drum, wag ioe
uie Sache en Manngemachi hat, mich
oinmt nicko davon in mei haue- un ich
i·n aein iuepreisi geioeie, daß die Dido
seine sämmtliche Werke in ihre Leibees
tke nehnbi hat· Das bot mich e diffe
ten-e Opinjen von sie gewwe un ich
ikku auch gar nit hesfiiehiet, meine
Opinjen zu eckkptessr. Da hat se ge
iagis »Im Sie isnne sage was se
wolle. vie vennfolpis innige all nich-:
jedes von je hat seine große Fehler;
ich den doch gewiß en gute Mann, aw
ioer ek hats auch hinnek die Ohre. Der
einzige Differenz is nur der. daß bei
en Mann wo in den povlikt Leit e
Noli spiele duht un ich geb nicks drum
ob es- en Muhsischen, en Poet oddek en
Pattitischen is, met viet eher seine
Wietnesseck hört, als »wenn es nur en
Vißneßmann is, wo Niemand tenne
mitn. sobald et aus sein Bißneß oddet
sein Stohr etc-us komme duht un wo
snet hochstent ebbet von höre duht.
Jenn met sei Ab in den Papek sehn
mht nn er hat en BacgensehL Meine
ssidie is, daß Fehler ebbes Mensch
lichec sin, un daß jeder Mensch auch
seine gute Seite hat un mer soll immer
nur en Mensch seine gute Seite im
Auge hatotoe un dann duht met seine
Fshlet oetgesse.«
Mistet Edithok, die Worte von
J
Unschuld-vier Lebe-nann? »Da-Lebens: ucktb s '
Uschter es mir seht, um ip besser M- ««·.. I fr) sc omtfcht H
, .
meine Freundin hen e diese Jmpreichen
an mich gemacht. Ich hen lang driwi
wer nachgedenlt un hen zu rnich ge
sagt, die Dido is recht. Es is grad ali
wenn ich e gutes lehrreiches Buch nii
lese wollt un es ins Feuer werfe wollt,
blos bitahs an die letzte Pehtsch is en
Jntlpatt. »Dido«, hen ich gesagt, »Sie
hen die rechte Eidie un wenn Se mich
emal eins von den Mister Heinie seine
Bücher gewwe wolle, dann les ich es
un wenn ich es gleiche. dann lan ich
mich dps ganze Werl." »Brawo«, hat
die Dido gesagt, »das gleich ich zu hö
ren. Es kann ja nit jeder Mensch
lchmatt sein« aivwer es is lein Riesen,
daß mer stobborn is. Man lann im
mer noch ebbes lerne." Die Worte hen
ich nit so ecksita gegliche, bilahs es hat
zu mich gegnckt, als wenn se mich von
wege meine Schmartigleit en Siäbb
gewwe hätt wolle. Atvwer ich hen gleich
die rechte Ennier gehabi. Ich hen ge
sagt: »Sei-ishr hen ich gesagt, mer lann
immer noch ebbes lerne, sogar vom
Dummste lann mer ebbes lerne-« Nach
diese Ennser hat es so e kleine Kunst
panie gewwe. Die Wedesweilern hat
mich auf mein Fuß gesteppt un hat
mich en lange vielfagende Blick zuge
worfe, nwwer ich hen nicls drum gew
we. Dann hat die Dido e Buch herbei
geholt un hat gestart Poems vorzulefe,
mit io en Eckspreichem als wenn le e
Aatrg wär un an die Stehtsch stehn
deht. Jch muß sage, ich sin ganz eweg
gewese. Da war eins. wo gesagt hat:
»Ich stieg wohl auf die Berge und ju
belte und sang; ich ging ans Meer und
weinte beim Sonnenuntergang«, un
wie ich das gehört hen, da hen ich doch
gegreint wie e Behbiel Jch lann Jhne
gar nit sage, wie mich das getoscht
hat Dido, hen ich gesagt, bei wein is
das wunnerschöne Poem? Un da hat
se gesagt, das is von heiniel Well, da
hen ich gesagt, ich wollt keins von ihre
Biicher hen. awwer ans mein Weg heim
deht ich mich in den Buchsiohr gleich
die sämmtliche Werte tause. Well,
mer hen en große Genuß gehabt in
unser erschteg Kränzche, das meint
mich Die Wedesweilern hat kein Wort
zu sage gehabt; for Poesie hat die nie
nicls iwwerig gehabt. Mit allerhand
Achtung
Yours
Lizzie Hansstengel
Od-—
litenlisende Vorkerrutnilsr.
»Also, Sie sind der neue Bolontair.
Was haben Sie denn siir praktische
Vorteiintiiisse?«
»Französisch, Englisch beiseit, dop
pelte Buchführung Haiidelggeogruphig
Nationalökonomie und Wechselrecht."
»Stenographiren Sie auch?-"
»Jaivohl.« .
»Na schon also leeren Sie den
Papieetorb und tragen Sie die Briese
zur Post!««
zweitelbtltee Kompliment
Dame: »Nun, haben Sie sich auch
gut unterhalten Zi«
Herr: »Oh, ich habe mich sogar
großartig amiisirt, und Sie, mein
Fräulein. haben dazu nicht den gering
sten Theil beigetragen.«
Kinder-rund
KleinsElgchen ist bei der Tante zum
Besuch gewesen und hat einen schönen
großen Apfel geschenkt betomineiu
Gliiastrahlend sagt sie bei ihrer Heim
tehr zu ihrem kleinen Schwesterchen
»Siehst du, ich hnbe einen Apfel ge
triegen. Ich bin bei Tante Mariechen
gen-est Wärst du mitgekommt, hättst
du auch einen geltochen.·'
Helmian
Richter lzuin Spitzbubenehepaar):
Bei dem Einbruch in das Moden-au
rengeschäft haben Sie sich merkwürdi
gerweise nichts angeeignet, da sind Sie
wohl gestört worden-'
Angeklagter: Nein, meine Frau ge
brauchte einen neuen Dut, aber sie hat
nichts passendes gesunden.
Protest
Mutter tzum ausbesitzek): »Mein
Sohn soll das eastet im zweiten
Stockwerk eingewotfen haben? Wie
können Sie fo etwas behaupten! Der
kleine Junge kann ja noch gar nicht so
hoch werfen!«
Fris: »Ob«-, Manus. ich habe schon
mal eins im dritten Stockwerk einge
tvorfen!««
Des- smmue stpenilset
Frischen tvor dem Chokoladenautos
maten): »Mutter, Mutter, kaß’ mich
ziehen!"
Behandlung und Ernährung
Nervenlranke.
Wenn es auch stets Nervenlranle ge
geben hat« so ist doch ihre Zahl in den
lehten Jahrzehnten in erschreckendeni
Maße gestiegen. Man hat nicht mit
Unrecht unser Jahrhundert das ,,ner
väte« genannt. Dr. Möbiug, eine
Autorität aus diesem Gebiete, nennt
die Nervositiit »ein großes soziales
Uebel." Und ein anderer bekannter
Itkrvenarzh Dr. Sturm schreibt:
Die Beobachtung lehrt, daß heutzu
tage wohl jeder Mensch nervös ist, der
eine mehr, der andere weniger: bei dem
einen tritt auch die Nervenschwiiche in
dieser, bei dem andern in jener Form
aus. Mancher schläft schlecht nnd uni
ruhig, ein anderer hat wieder wenig
oder wechselnden Appetit, unregel
näszige oder-ganz ungenügende Ver-—
«)auung: ein dritter hat Schmerzen im
Raps oder Rücken; ein vierter wacht
des Morgens aus mit gereizter, sahen:
Zänimerlicher Stimmung, siihlt sich
.i-.att und milder, als er sich abends
hingelegt und ist den ganzen Vormit
.aa. der Sklave seiner schlechten Laune.
Hinz hat ein galliges Temperament,
das leinen Widerspruch verträgt, die
Fliege an der Wand ärgert ihn, und
bei jeder Gelegenheit wird er »hihig«.
Kunz lebt wieder in beständiger Angst
und Sorge. Manche werden von satt
sviihrendem Weltschmerz geplagt oder
wechseln zwischen ausgelassener Fröh
lichkeit und unglückseliger Verzweif
lung. Andere verlieren schon bei ge
ringen Anstrengungen körperlicher
oder geistiger Art ihre Ruhe und Fas
sung und begehen in der Aufregung
die sonderbarsten Dumniheiten.
Alle aber schaden sich um so mehr.
ie nervöser sie sind: und der größte
Fleiß des einzelnen tann ost erst in
Monaten und Jahren vielleicht nie
mehr wieder gut machen, was eine
schwache Stunde verbrochen hat. Die
Nervosität ist daher eine der schlimm
sten nnd verderblichsten Krankheiten,
die es gibt; sie ist eine soziale Gefahr,
ene Geißel siir ieden.«
Die ärztliche Kunst hat sich auf dem
vaiet der Nervenleiden am ohnniöch
tiasten erwiesen. Dr. Deetz sagt: »Die
Nervissen sind das stille Entsetzen der
Aerzte —-- oder auch deren beste Kun
ten; den nieisten Nervenleidenden
Jnnte geholfen werden« aber die tves
isiqsten walten sich helfen tassen.« —
Eo wenig nun auch von ärztlichen
Mitteln zu erwarten ist, so viel kann
« rch eine naturaeniäße Lebensweise.
s« sonderheit durch eine individuelle
Ernährunq erreicht werden.
Vor allen Dinan bedürfen die ab
sehetgteu Nerven völliger Ruhe, um
sich ert,olen und wieder funttionsfiihig
Isoerden zu können. Wer in seiner
sinnlvsen Hetzjagd nnd Raserei nicht
innehalten, wer wie ein tvahnsinniger
Lintvrnobilsahrer trotz aller Warnun
ceu nicht stillhalten und die Fehler an
feiner Maschine ansbessern lassen tvilt,
scndern unaufhaltsam dahinjagt —
ke:n ist allerdings nicht zu helfen, der
usuß früher oder später den Krach und
Zusainnienbruch erwarten. Bist du,
aeneiater Leser, nervösz geworden, sv
besinne dich auf dich selbst und halte
still auf ter gefährlichen Fahrt. Las-,
die tolle Jagd nach dem Manuuon, die
VeraniigunggsuchL die vielen Zer
itreuungen fahren und samnile dich,
lonune zu dir selbst und tonzentriere
Jiak aus einen Punlt· Das ist der
Anfang der Heilung. Die Nerven
traft sammelt und ergänzt sich in der
titulie. Dann ist aber eine entspre
chende ifrnähnna der Nerven unbe
tinat nöthig. Alle Reiz-uittel, attoho
lifaxe tttetraittr. Bohnentaffee, Tliee,
Tab-at sind streng ,;u meiden, ebenso
scharfe tttewiieze, Essig fette Speisen!
Jan allgemeinen genieße man unt
trenin Fleisan besonders im Sommer
Hin levor·ntiett ist rag- sogenannte
weiße Fleisch, auch ist ein leichte-.
Fisctigericht gestattet. Die Oauptnali
rung muss aus litemiifeu bestehen, z. B.
Epinai, Salat lnur mit saurem
Nahm oder Zitronensaft bereitet-,
Sancta-unser, Rhabarber, Rosentohi.
Welschlth Blunienlth Brutmwa
zarte, grüne Erbsen, Spargel, Zelle
rie. tiur Abwechslung nocti Steinpilie
riser Morrbeln Erlaubt sind aud;
Mitchs und leichte Meinst-eisen, istriit
.ze«-. Graupem Reiss, Sago usw. Reiz
mit Pflaumen oder Apfelmus iit z. B.
ein sehr leicht verdauliches und gu:
nährendes Gericht, ebenso Neid stuit
Milch. Butter, Zucker gekocht) und da
zu Früchte! Subpen und Getränke
"ern:eide man zum Mittagessen
Zum Nachtisch ist etwas Apfel oder
Pflainuecintuo, Preifzelbeereik amti.
sesern der Magen gut ist, rohes Lbit
gestattet
Der Nachtnittagslaffee ist siit Ner
mitranle schädlich. Wer nicht bis zum
Abendessen aufhalten kann, genieße
etwas Obst oder Apfelwein
Man genieße das Abendbroi m« -
lichft frühzeitig zwischen 6 und 7 U r.
nie später als 8 Uhr, damit die Ver
dauung beim Zubettgehen völlig been
det ist. Das Abendeffen muß möglichst
leicht verdaulich sein« Es beftebe aus
Hafergriiße oder aus einem Brötchen
mit Butter und honig dazu Brunnen -—
treffe. Wer durchaus Fleisch genießen
will, wähle zwischen Rauchfleisch,
S inlen (ohne Fett), kaltem Fleisch.
Ge lügel usw» aber sehr mäßige
Quantitätenl ne Abwechslung sind
gestattet: Kale itsze gebacken, Gehirn.
Kalbimilch, hübneefrilaffee (obne
sette Sanke), ein leichter gekochten
-
sFHÖ. Pölelfleisch und geräucherte
Fische meide man. Eine Viertelstunde
nach dem Essen genieße man dag Gel
be eines Eies roh mit ein paar Trop
fen Zitronensiiure.
An Getränken find inur bei Durstj
folgende gestattet: Milch, Buttermilcb.
geauirite Milch, Zitronenlimonade.
Korn-, Walz-s oder iiicheltaffee sträu
terthec Apfelwein und altvholireier
Traubensaft. Man muß bei der Er
nährung der Eigenart des Kranken
Rechnung tragen. Möglichst viele Ab
wechslung in der Nahrung und zierli:
che, geschmackvolle Anrichtung thut dein
Kranken wohl und trägt viel zur Be
töininlichkeit kei.
Die Regelung der Verdauung ist von
allergrößtem Werth. Man fördert fie
durch Qbstgenuß, besonders Johan
r.iSbroi und Feigen, ferner durch Ge
nuß saurer und Buttermilch, durch
gymnastische Uebungen, kurze, kühle
Sitzdäder oder Unterleibswafchungen.
Massage,Tiefathinung usw. Wenn man
Gelegenheit hat, Licht-Luftbäder zu
nehmen, so sind diese — als aag beste
Heilmittel — in ausgedehntestecn Ma
ße in Anwendung zu bringen. Der
Kon ifi dabei vor den Sonnenstrahlen
zu schützen. Man beachte aber wohl,
das- man sich erst allmählich gewöhnen
muß und daß man nie gleich nach dem
Essen baden darf. Bei vegetarischer
Lebensweise hat man viel mehr Nutzen
davon als bei Fleischdiäi. Wasserw
wendung betommt den meisten Ner
ventranten nicht, zumal, wenn sie ma
ger und blutarm sind; nur zum Zwecke
der Reinigung nehme man wöchentlich
l bis 2 warme Biider. Allensalls sind
die kurzen, kühlen Sihbiider morgen-«
gleich nach dem Aufftehen lganz nackt-L
cder die kalten Unterleibswaschungen,
oder ein Bad in von der Sonne durch
wärinten Wasser, ab und zu als heil
sam zu empfehlen. Schließlich weisen
wir noch auf die Nothioendigteit porö: ;
ser Kleidung und naturgemäßer Bet
ten, fowie auf das Schlaer bei offe- -
nem Fenster hin, weil tein Nerven
tranter in der gewöhnlichen Kleidung
und in der Stialust oei geschlossenen
Fenstern-wobei eine Selbstvergistung
des Körpers- stattsindet -—— gesund wer
den kann. Die wahren Heilmittel siir
Nerventeidende sind also: Möglichst
vollkommene Ruhe, entsprechende na
tnrgeuiiiße Ernährung und Lichtlust
beider. Daneben ist die Einwirkung
auf das Gemütls durch Trost, Beleh
rung, Ablentung, Erheiterung und
freundlichen Zuspruch äußerst wichtig«
W
Die Sprache an Spiegel der
purem-.
»Ja Rom, Athen und bei den Lap
pen Da späls’n tvir jeden Winkel aus«
Tiemeil wir wie die Blinden tappen
lltnher im eignen Vaterhau5.« Wie
wahr sind diese Worte Simroctgt Wie
wenig wissen doch selbst gebildete Leute
von dem Leben und Weben ihrer Mut
tersprache! Und doch sreut sich jeder,
wenn im Laufe der Unterhaltung ir
gend eine sprachliche Erscheinung in
das rechte Licht geriickt wird. Jn einer
sprachwissenschastlichen Plauderei in
der Gartenlaube unternimmt der Ver
fasset Professor Dr. E. Penner einen
tleinen Streiszug und zeigt dabei, wie
ganz gebräuchliche Wendunaen deg
täglichenLebens aus uralter Zeit stam
men und aufs genaueste den Kultur-—
sustaud unserer Aktvordern widerspie
geln. Eine hiibsche Probe möchten
wir diesem Aussasze entnehmen. Ganz
Deutschland muß mit großen ausge
dehnten Waldungen bedeckt gewesen
sein, wie die unzähligen Ortisnamen
beweisen, die mit wald, lsain lsart
ltvatd), holt tniederdeutsch siir Ge
hölz), misch, arti-n rent, rode tstel
len), wo der Wald ansaerentet oder
auggerodet wurdet zusammengesetzt
sind. Forst, der Bannwald, der nicht
mehr der Gemeinde zur Holznna und
Rodnna gehört, sondern der siirstlichen
Jagd vorbehalten ist, erscheint erst seit
der Merowinaer nnd starolinqer Zeit
im Sprachgebrauch. So haben wir
den Harz, den Spessart, d. h. den
Spechtghart, die Haardt in der Pfalz.
Holland ist das Holtland: Holstein
das nichts mit Stein zn tun hat, ist
aus lfzolsten entstellt, das die Holtsa
ten, die Holtsassen bedeutet; Anhalt ist
soviel wie Anholt, d. h. am Holz. Alle
Baumarten, die seit ltr·;eiteii in
Deutschland wachten, die Eiche nnd der
Ahorn, die Buche und die Bitte, die
Fichte und die Tanne, die Erle nnd die
Esche, die Linde und die Weide A sie
alle finden sich in Ortssvezeichnnngen
wieder. Die Obstvänme wird man
aber vergebens in Namen suchen -—
mit Ausnahme dei- Wildiipselbanrng,
der den Dörsern Assoltern, Appeldorn
n. a. den Namen gegeben hat; denn
Obstzucht haben die alten Germanen
nicht getrieben, das haben sie erst von
des-. Römern gelernt.
-----.-.--——
Wir bilden nng ein, in einer weit
vorgeschrittenenZeit zu leben, nnd nn
sere Nachkommen werden uns aller
Wahrscheinlichleit nach als riickständiq
bezeichnen.
ä- sii ·
Die dem Mitado nachgesaate Arn-«
ßernng, er lieve uns ebenso, wie wir
ihn kennzeichnet die Fähigkeit der
Japaner, tleine nette diplomatische
Komplimente zu machen.
III II If
Eine Meldung besagt« daß man in
einer englischen Ruine eine Million
Dollars gesunden hätt-e; gewöhnlich
kommen die englischen Rninen hier
her, nin Millionen zu finden.
-
Bei den Franzosen in Kanada
Der Winterabend in Boston war
grau gewesen. Jn diesen amerikani
schen Industriestädten fühlt marke- gar
nicht« wie der Tag schwindet: die graue
Wolle von Rauch nnd Dunst, dies
Tausende von Schomsteinen und
danipsenden Schiffen rastlos zusam
menballen, wird immer dichter« immer
trüber, immer bedrüaendec Und
dann mit einem Male zucken die
Leuchtplalate aus, schreiende Worte
laufen mit halsbrecherischer Geschwin
digkeit die riesigen Häusersronten hin
aus, stürzen topsiiber hinab und klet
tern wieder empor. Jetzt weiß man,
daß es Abend wird: die Lichter schie
ßen die Avenuen entlang aus, die bro
delnde Menschenmasse stockt, und alles
stürzt in ein dumpfes bleiernes Grau.
Jn diesen Städten geht der Winter
am liebsten im Nebeltleid.
Und dann hinaus aus dieser be
diiickenden Stadt, nach Norden. Die
Eisenbahn hat hier einen rascheren
Rhythmus, die grauen Tage in diesen
hastigen Städten gießen einem Blei in
die Glieder, und man schläft einen
dumpfen, schweren, satten Schlaf.
Morgens wache ich auf, unter mir
rollen die Räder. Etwas hat mich ge
weckt, freundlicher als bis-her jeder Tag
in Amerika, etwas Heiles-, Leuchtende3.
Jch schaue aus. Die Vorbönge sind
geschlossen. Aber durch ihr Grün
strahlt etwas wie südliche Sonne.
Den Vorhang aus! Und ich muß
die Augen schließen. So blanten
Schnee habe ich nie gesehen. Soweitl
der Blick reicht, Schnee, Schnee,
Schnee, glatt gestreift in die unendliche
Fläche der lanadischen Steppen. blin
,tend klar in den ersten Strahlen der
Sonne, die roth nnd rund denHorizont
emporrollt. Die Lust ist still und klar:
man kann auf Meilen hin sehen und
sieht immer —— und ohne Eriniåden —
diesen wunderbar reinen, friedlichen,
weißen Winterschnee. Und Zinnen
blauer wird mit dem erwachenden Tag?
der Himmel darüber, immer gli Zern
dcr, immer blendender in der erstatten
denSonne dieses uiivergleichlicheWeisz.
Und das geht nun Stunden und
Stunden. Die Klarheit muß durch
die Angen. durch die Lungen mir ir
gendwie in den Körper eingedrunqu
sein: eine wundervolle Festiateit über
tommt einen mit einemmal. Man
möchte weqspringen von dem Zug,
rennen, laufen in dieser berauschend
klaren Lust: irgend ein Gefühl von
Thätiaieit--— ähnlich tvie man es auch
in den ameritanischen Städten fühlt,
nur weniger nervös hier und mehr
lraftvoll —— wird einem vor dieser un
endlich gebreiteten Landschast wach.
Stunden um Stunden im weißen
Licht. Manchmal sauft der Zua
durch einen Wald: die Bäume haben
den Schnee sich von den Armen ge
streift und strecken sie srei ins Blau,
die Fiisze stecken noch aesanaen im
weißen Grund. Auch die Häuser —
Holzhaufen roth nnd gelb, freundlich
nnd blank -— sind schon wach und
blitzen mit den Fenstern. nur oben am
First hiinat ihnen noch die weiße
Wintermiisze iiber· Jn den Statios
nen sieht man die ersten Kanadier,
frische, braune Gesichter-. hohe Gestal
ten in bunten Stveaters oder zottian
Pelzni. hsrt man zum erstenmal das
seltsame Französisch der Leute.
Schlitten tlinaen niit kleinen, beinahe
russisob aussehenden Pferdchen vor
über, einmal sanft länaH der Eisen-—
bahn ein Trupp junaer Mädchen auf
Stier-: heran nnd ivirtlid), bei einem
tltiederstiea bEilt er siinf Minuten
Zchritt mit den giaantitcheu tttcetens
mashinen der tfanadiiin Parifilx
Dann schwinden sie ins Ferne, und esJ
geht tneiter im stillen Schnee.
Endlich Ouebec, die alte Haupt
stadt von Nenfrantreich· Um sie zu
erreichen, muß -nan von St. Levis
den St. Lorenzoscztroni iiberqueren
Und das ist nun arandios zu sehen,
ioie diese-: ungeheure Strom von ei
nein Ufer zum andern zu einem ein
zigeu tsisblock gefroren ist. Groske
Dampser find in der ariinen Decke fest
gefangen, kleinere Segeltchisfe bis
hodx an den Mast hinaus rnit triv«
iibertruftet, toie umbiillt von gliiserner
Decke. Für das Fiihrboot ist mit ei
nein eigenen Eisbrecher Bahn ge
macht, unablässig fährt ec- hiniiber
und herüber· Aber in dieser halben
Stunde hat sich das Wasser schon
tvieder vertrustet: es lniftert leife ani
KieL als briiche man gesponnenesJ
Glas entnvei.
Triilsen wartet Queberd Jch weist
neichtg RiihrendereH in unserem heuti
gen Weltbild als diese einsamen
Sprachinfeln, die sich durc· Jahrhun
derte treu erhalten haben und nun
leife abbröckeln die trotzig und doch
hilflos ihrem Untergang entgegen
gehen.
Von Indien, das den Franzosen
einst Duplex eroberte, blieb ihnen
nichts als Pondicherh -s - auch eine
dieser rührenden kleinen Städte mit
treuer Tradition « vot Kanada
das unter drei Könnigen ihr Einen
war, nichts als diese paar Städte, dir
sich noch tapfer gegen die englische
Sturmsluth wehren. Zwei-, dreihun
dert Soldaten damals rechtzeitig von
Frankreich gesandt, hätten Indien,
hätten Kanada gegen die Engländer
retten können: traurig wiederholen es
da nnd dort diese letzten Franzosen,
die Abtönnnlinge »der Helden, die
Covper, die Thackeny in ihren Roma
I
nen gefeiert haben. Champlaiu nnd
anler diese beiden großen Heiden
Frankreichs —- denen nur der dauern
de Erfolg als Schwinge ihrer Thatcu
fehlte —- find geistig die eigentlichen
Ahnherren Napoleons. Er ist ohne die
se liihnen Abenteurer so wenig zzl
verstehen, wie Sbatespeare ohne die
v:-relisabetllanischen Drainatiler. Bei
de haben sie vergessene Gräber, und
man muß seltene Bücher oder ferne
Länder auisnchen, um den Umfang
ihrer Thaten zu lennen.
Dieses Quebec, das einst die wich
tigste Stadt Ameritas war, der Aus
gangspunkt, von dem Frankreich die
Staaten bis hinauf zu den großen
Seen beherrschte, —diese Stadt, einst
voll wilder Jndianerroniantii" —
rvirtt nun wie eine liebe lleine franzö
sische Provinzftadi. Mit einemmal
vergißt man, daß man in Amerika ist.
Die Menschen haben hier nicht die
irritierende Hast, sie sind höflich Und
wie begliirlt, spricht ein Fremder fran
Zösifch zu ihnen. an erstenmal habe
ich seit Wochen hier wieder richtig la
chen hören, frei und ungezwungen,
znm erstenmal wieder in enaen Gassen
etwas wieHeimfeligteit gespürt. Unten
im Hafen schreien schon die englischen
Plalate durch die Gassen, schieben sich
die billigen amerikanischen Backsteim
bauten vor idie der Schönheit nicht
einen Cent zum Opfer bringen): aber
die Menschen gehen daran vorbei.
Man hört nur Französisch auf den
Straßen nnd draußen im slachenLand
bis weit in den Osten hinüber.
Dieser betvnnderungswürdigen Zä
bigteit, mit der sich hier ein paar tau
send Franzosen nun an die hundert-«
siinfzig Jahre ihrer Sprache erwehren,
darf man seine Achtung nicht versagen.
Diese paar tausend Franzosen, ohne
Nachschub von derHeimatl), ohneUnter
iliitzung von irgendwem haben die
Sprache und Sitte bewahrt. Es ist
dies eine der merklviirdigften Kraftproi
lsen der angeblich so reladenten Rasse.
beinahe beispiellosz in der modernen
Geschichte. Der berühmte und in
Frankreich stets als Beispiel aufgezähl
te, aber nicht nachgeahmte Kinderreich
thum der kanadischen Franzosen haben
liier ein Bollwerk aufgerichtet, das ein
Denkmal nationaler Energie ohneglei
chen ist in unsern Tagen.
Freilich scheint dieser heroische
Kampf gegen eine unendliche Ueber
inacht nun feinem Ende nahe zu fein.
Montreal ist den Franzosen schon ver
loren durch die Rapidität, mit der hier
eine fremde Bevölkerung zuströmt.
Diese Stadt. die in den letzten Jahren
gigantisch sich entfaltet hat, ist der
Kernpuntt einer von Jahr zu Jahr
steigenden Jnvasion aus Europa· Und
gerade - die Jnternationalität dieser
Massen bedingt die Gemeinsamkeit
einer Verlehrssprache, die nothwendig
das Englische sein muß. Jeder Ver
niinftiae müßte den Franzosen hier ra
then, ihren Widerstand ider gerade jetzt
in der Gefahr trotziger wird) aufzuge
ven, aber hier ist das Unverniiuftige
so wundervoll heroiscl), daß man diese
Nachfahren tiihner Abenteurer nur er
inuthigen möchte. Sie theilen heute nach
lnindertfiinszig Jahren das Schicksal
jener Jndianer, die sie als erste von
ihren Heinisiätten vertrieben, aus- den
llrwiildcrn in die Stevpen gejagt ha
den bis sie zerrieben waren, aufgelöst
in fremde Nationen, zerstaubt und zer
sdiellt Jetzt werden sie selbst von hei
inischer Art. aus einer fsicherlich iiberi
icqenerent Kultur, aus dein Französi
schen ing Anieritanische getrieben:
nichts kann sie erhalten« als ein Dich
ter, der taine und, ivie Uonver den lin
tergang der MohitaneL dieses frhnieri
lsafte Uebergelien, den heimlichen He
roigmuz des letzten Ziiriirtlveictiensz den
späteren Gesclilechtern überlieferte. Ihr
Schicksal war, nichts- zu sein als ein-.
lsrsisode. Mit ilsnen schließt ein Band
Geschichte-, und ein neuer beginnt, der
des Jmperiuniis dieses gigantischen
tanadischen Staate-J, von dem die
nächsten Jahrzehnte vielleicht schon ein
Blatt entrolleu werden.
Stesan Zweig.
W
In Baltimore hta die Presse in ils
rer litesanuntheit sich der löblichen Aus
gabe unterzogen, den Reform Randi
baten fiir die stiidtifchen ttlemter lznin
Siege zu verhelfen und dass Resultat
ist gegen die Presse auggefallen, da die
»Ork«s,anisation« triuiuphierre. Das
weist aus den llebelstaud hin, der in
ten Großstädten jeder Resoriubewe
aung iin Wege steht. Est- sind das ge
wisse Klassen der Bevollerung, die sich
fitr eine Kleinigkeit taufen lassen und
nicht begreifen, dase sie unter einer
schlechten Verwaltung am meisten zu
leiden haben. Auf Grund dieser That
sachen ist die Forderung gestellt wor
den, bei tJJtunizipalwalslen den besitz
tosen Klassen das Stimmrecht zu ent
ziehen. Abgesehen davon, daß ein
solchesZ Verlangen mit demGeiste unse
rer Einrichtungen im Widerspruch
siebt, haften auch einer Herrschaft der
besitzenden Klasse große Nachtheile an,
zu trelchen die Abneigung gegen Steu
eru siir städtische Verbesserungen ge
hört· Nur Erziehung der Voltstas
sen durch Vorträge, welche ihnen zei
gen. wie eine schlechte Verwaltung sie
schädigt, lann den Reformbestrebnngen
Eingang verschaffen lCinex Vle
Es gibt Diebe, die von keinem Ge
sehe erreicht werden und dein Men
schen doch das Kostbarste stehlen, was
er hat: die Zeit.