Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 24, 1911, Zweiter Theil, Image 11

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    Wen-r Drhwihtbrttt von
III-zu sankme
No JO. Ich hen mein Meind
aufgemacht gehabt, daß ich Jhne gar
viele mehr von meine Eckspietienz Inii
den Philipp was mein hosband is,
in den Thiehtek sage wollt; awwer
dann den ich die Sach den zweite Ge
danke gewlve un hen zu mich gesagt:
mehbie, wenn ich Jhne enial so rechl
plehn un flieht den Philipp sei Mon
iiebißneß vetzähle duhn, daß Sie
dann besser unnerfiehm for warum ich
manchmal so leoß gege ihn sin· Ei
tell iuli mit so en Mann da verliert e
Schaf sei Geduld un warum soll ich
nie.
Jch den mein lehte Brief damit ge
stappt, wie der Philipp in all feine
Packete un an den Floht nach ebbes
gesucht bat un wie er dann autleit is
un bat all die Viehe-le wivdek dis
tötbt. Ich hen mich geschehmt wie
alles un nur gehofft, daß et widder
tednlrr komme debi, befohr der zweitei
Aeckt tviddek statte bebt. Jch hen zul
den Wedesweilek gesagt, et sollt dochi
emal autieit gehn un emal zu deni
Phi! todte un ihn ganz gehörig erna
nek bishe, so was mer nui deutsch
dauntalile rufe habt. Der Wer-»wei
ler is auch autfeit un is nach e paat’
Minnitj widdek komme. Er hat nesl
sagt, der Philin wär in den Saluhm
un bebt Wißlie drintex er hätt getreitl
ihn e Wiss von sein Meind zu gelotve,l
awwet der Philipp hätt gesagt, ers
tönnt nit helfe, der Schob wär ilm soj
qui die Nötig gange« daß er unbedingtj
ebbes hen müßt. for feine Nötig es
wenig Nun zu tweitene. Well, es ist
eine Minnit nach die annete gepäßt,«
die Itiuhsischenz sin widder inseit
komm-. det Leder hat das Sein gew
toe un se hen gestatt die theviehk zn’
fpiele im mein Philipp tvak immer»
noch nit da! Dann is der Mitten sie-»
teilst wurde un wie der Schob so ebant
fünf Minnitg geltakt gehabt hat, da
iö auch der alte Knoche angerickt kom
me. Well, Se könne sich so ungestin
immätschinne, wie die Piebels geiicitI
ben. Jedes is sohr an ihn gewese un,
wie ex dann endlich gesefse hat, da sin
erste-: recht die Riemakis los qange. »
Die Piebels hen sich die Not-H zuge
haiie un sin putiieniek krehsia gange
Jch den mich denke könne war- dek
Tit-bei war. jedenfalls hen die Pie
bels den Wißiie an ihn geschinelli un
ich muß selbst sage daß der Fiehwer
nit so angenehm is, wie Schackelet
Drapps oddet Fanillie. For Hewwen
Sehis Phil, den ich ihn zugewisch
peei wie kannst du nur Wißiie drinie, s
wenn du in en Schob gehn duhitY
Well, hat er gesagt, so schmati sin ich
auch gewese: ich weiß, daß die Piebels
den Schmell nii aleiche un ich hen
auch nit sok en Saht angequcii sein
wolle un da ben ich vier qkiene Onn
jiens gesse, sot den Schmell zu ver
treitve. Mister Edithok, da hen ich
Juetscht genohtißt, was es sot en:
Schmell wart ei tell jah, es war ebbet l
stets! For ihn von weitere Damm
heite adzuhalte den ich ganz diesent
Igeskath »Phil, was hast du denn
vorhin so gesucht?" Awtvet ich wischt
ich hätt liewer nicks gesagt un hätt das
Sol-schenkt gar nit getotscht. »Was-·
ich gesucht heu?«' hat er gesagt, »en
Nickel hen ich gesucht, wo ich verlote ,
hen un das tiemeind mich« daß ich ihn
immer noch nit gesunne hen." Un was
wet’n Se denke, Mister Edithok, statt
doch der Fellek noch emal sor den
Nickel zu honte! Er is an den Floh
etum getratvwelt un is dabei, denk
ich, verschiedene male angestosze, bi
tahs alle kleine Weil hat eine von die
Lehdies en Angstschtei von sich gew
tve un ich tann se auch gar nit blehme.
Es sollt mich emal so einer komm-,
tvei ich deht ihn en Kick gewim, das;
ee reiteweg sor e Embulenz kahle dehtl
Wie er iwwer den Spell enaus war,
lhat er sich widder hingesehk un ich hen
taedenkt, setzt werd er sich doch endlich
Tbehehse --— awwer mit des Geschickes
;Miichte is kein Bundluche zu flechte.
H Er hat noch keine zwei Minniks ge
ssesse. da hat er en Kossinspell kriegt.
iDas is ja auch ganz nadierlich. Nach
Wall die Krawwelerei un die Eckseitment
un den Wißkie un die -Onnjiens, kann
Ymer da driwwer nit wunnere. Well,
Her hat gehust- das war nit mehr schön.
LAniangs hat er so drei viermal hinner
jenannek gehust un dann is e kleine
Maus komme. Dann sin die Spells
immer schneller aus eanner komme un
izulth hot er gegauzt wie so en alter
iGerberhnnd Es war gar nit mehr
dran zu denke, daß auch nur ein Wort
von den zu verstehn war, was an die
Stehtsch gesagt worde is. Da hen ich
gesehn, wie einer von die Oschers
komme is un hat den Phil den Wink
gewwe un hat ihn zugewischpert, er
sollt emal gleich autseit komme, es
hätt Jemand sein Nickel geiunne. Der
Philipp is aufgetschumpt als wenn er
Notiß kriegt hätt, daß«er das große
pLoos gewonne hätt un is autseit. Sie
denke wahrscheinlich nit, daß er noch
einal inseit komme ig. Das Män
Inetschment hat ihn nit mehr ins
Thiehtet gelasse un wie er gefeit hat
wie alles, da hen se en Botiesmann
gerufe. wo ihn mit nach die Stehschen
genomme hat. Well, wie der Aectt aus
war-. do Fu mer heim gange. Der
Web-zwei er hat mich gefragt noch e
Kimnielche zu nemme un wie mer in
den Wehe-weiter sein Platz tomme sin,
da hat en Messentchek da gestanne un
hat e Noht von den Philipp gehabt
wo gesagt hat- daß et gleich totnme
sollt for ihn eraus zu behle. Da hen
ich gesagt: »Er werd nit etans ge
behlt un wenn er vier Woche in vie
Schehl horte muß.« Un dann hen ich
gestatt zu greine, daß mich pnttieniet
das hetzche gebtoche is. Jch kann
thne sage, der Kanne hat mich schon
imer Trabel gemacht, wie et wetth ist
Inn wenn es nit von wege die Kinnets
!chkk wak un onst-s ich gleiche int, dqß
idie Leut die Mailek noch mehraufzus
I reiße, dann wär ich felle Nacht fort un
«wät nie nit widdet toinnie. Mit best
Megade
Youts
Lizzie HanistengeL
Kaieknkadsfslütbr.
,,6-injähriger Lehmann, was smk
Sie?«
»Ich fertige optische Jnstmmentek
»Also Optimiit.«
Hemmt Geleqenheit
Gattin fin der Zeitung leimt-)
»Diese grauenhaften Kriege! Kann
man die denn gar nicht verhindern?«
Vanioffelheld: ,,Vielleicht durch guts
Beispiele- Luife!«
Z es
-
VII
Hetr Mitgliij »Sie wkzssksn ngm Herr schwimmt-h wie jchlecht es mit
seht, nun sagen «--(·e, was Iczurden «-u- nut, wenn Sie in memmwchnheu steckteuf«
Herr Meutschnudt: »Wukde unt sofort em Paar kleinere kanfens
Wann und wiennan in
Europa ist.
Die Tisch-, d. h. Essenzeiten können
tn den verschiedenen Ländern kaum
sehr nnterschiedliche fein, regulirt sie
doch in Ost und West, Nord und Süd
ganz energisch des Magens ewig
gleichgestellte Uhr. Die Hauptmahl
zeiten bleiben aber bei allen Na
tionen bestehen. Unterschiede, durch
Rasse und Klima bedingt, existi
ken freilich, sie beziehen sich nicht
bloß auf die Benennungen der
Tischzeitem ob man Frühstück nm
Mittag und etwa Mittag erit zu
Abend speist. »Na-ne ist Schall und
Rauch« — die Verschiedenheit liegt
darin, ob mnn die Hauptmahlzeit
mittags oder abends nimmt, und in;
kleinen Sitten nnd Abweichungen die
sich um diese angenehmen Cäsuren des
Tages gruppieren. t
Man kann im allgemeinen bebaup t
ten, daß im Norden Europas stärker ;
gegessen und größerer Werth aus eines
ausgedehnte Mahlzeit qeleat wird als
im Süden. Das rauhere Klinia ron i
sumiert mehr Verbrennunasstoff Tie i
vielen Sportiibunaen reaen die ifleust
an. So gibt es eigentlich in Runland, s
in Schweden und Norwegen Zwei recht -
große Hauptmabzeitem Jm schwedi ;
schen Hotel sowie in der-dort so über
»aus gastfreien Privathiinizlicbleit er s
scheint vor dem Mittagessen um .11
Fuhr und vor der Abendmahlzeit um 7
OsUhr dieVorspeise, das schwedische Ita
rabett auf dem Tisch. Es ift mit den ;
wundervollsten Sachen bestellt « Ka »
uiar, Hammer, Lachs, belegten Brot-;
chen Manonnaisen, Salz ten. Giirk »
chen, gefüllt en Eiern —- und dient nur
dem Zweck, den Appetit anzuregent
Wir in Deutschland sind selbstver-»
verständlich iiberzeugt, die naturae
mäßeften Essenszeiten «in haben: Wir
nehmen um Mittaa die Hauptmahl
zeit. Der Arbeiter ißt bei uns um lLZ
Uhr. Fiir den Maurer, den Fabrik
arbeiter, dessen Werktag um 6 Uhr
friih beginnt, ist es dann hohe Zeit,
die Hauptmahlzeit zu balten, sofern
er nicht mit seinen Kräften Raubbau.
treiben will. Er ißt um 7 Uhr sein
Abendbrot. —— Je vornehmer aber die
Lebensführung ist, desto später wird
die Tifchzeit, sie nsird von 31 Uhr auf
2 Uhr oder qar 3 Uhr veschoben.
Zum Abend aber, zirka um DR oder
8 Uhr, nehmen ivir fast iiberall nur
leichte Kost. Bier, kalten Aufschnitr,
Eier, Salat Nur bei feierlichen Ge
legenheiten ioird bei uns dies-Bache auf
den Kon gestellt. Wir laden zum
Mittagessen schirk augaedriiekh ium
Dinner, um 6 und7 Uhr abends und
auch noch später so daß ein ivitziger
Kopf prophezeitet »Wenn’s nun noch
spät-er wird, diniert man überhaupt
nur noch am andern Tag.«
Im allaemeinen ilt uns- Deutschen
das Mittagessen um die Mitte des
Tages lieb und gewohnt; für die
Hauptstadt mit ihren Riesenentfer
nungen ist aber sreilich die berühmte
enalische Tischzeit das einzig pratti s
sche: kurze Mittagspause im Ge l
schäftsbetrieb, ein leichter Imbifk und
dann um 6 oder 7 Uhr nach gethaneri
Arbeit die Hauptmahlzeit Wir wol
len uns damit durchaus nicht ande
rer Länder Sitten ettreuieren lassen.
Man macht dem Deutschen Jhnediess
den Vorwurf, nicht steifnactig geruq
zu sein. z. B. im Ausland nictkt
,,deutsche Art —-— treu bewahrt« zu
haben. Hat uns doch eben erst der
moderne Fünf llhr Tee den guten at
ten Kasfeilatsch um si llhr mitsamt
dem ostelbischen Scinneinevesber um is
llhr verdrä:iat, ohne uni- wesentlich
anderes zu bieten. Aber in der Frem
de sich den Sitten eine-:- !?:.indeg, die
seinen Verhältnissen entstammen, also
zweckentsprechend sind, anzupassen,
nennen wir Klugheit.
Jn Oesterreich hat man die näm
lichen Tischzeiten wie bei uns, nur uns
ter einigen anderen Bezeichnunaen
Nachmittags um 5 Uhr fragt aus der
Kätninerstraße in Wien die Dame die
ihr begegnenden Bekannten: »Wir jau
sen Sie heut?« «- und sie verabreden
sich zur Jause (zu Schott-lade und
Kuchen) beim Mandel oder Labmann.
Und später am Abend sagt ein Herr
zum andern: »Wo nachtmahlen Sie
heut?« -— lind sie wandeln um 8 Uhr
gemeinsam zum höpfner oder zum
Sachet.
Der felbftzufriedene Englander bat
aus feiner Tifchzeit einen förmlichen
Kober ein nahezu unumftiißliches
Gefetz gemacht. Das Frühstück besteht
aus Tre, Kaffee oder Katao, Gehalt,
Butter, honig, Marmelade, und man
sieht diese Mannigfaltigkeit vielfach
fchombei uns eingeführt. Der nach
der City fahrende Busineßman nimmt
gleich früh Schinten, Baron and Eggs,
fogar ein Beeffteal. Um 31 Uhr
luncht der Engländer in feinem« Heim,
im kleinen Speifezinnner, mit ein
facher Aufmachung, wo die Damen im
Promenadentleid erscheinen, etwa ein
bis lzwei leichten Gerichten und Tisch
wein oder nur dem beliebten frischen
Wasser, von dem der Englänber Un
mengen vertilgt. Der nicht zu Haus
tommende Gefchäftsmann fährt im
Bari nach dem nächsten Grillroom von
Lyon n. Comp. und wählt sich ein saf
tigesSteaL Nach Gefchiiftgfchluß, nach
Konferenzen und Sisungem nach
Fußball und Golf usw. findet um 7
Uhr das Ereigniß des Tage-, das
pomphafte Dinner statt. Aus der un
fcheinbaren hülle des Gefchiiftsinhas
her-, Clerts uftv. entwickelt fich der
Phönix, der allein auf der ganzen
Welt völlig vorfchriftsmiißig geklei
dete English Gentleman im Fraet oder »
Dinner Jacket, nicht Smoting. Er ist
ungemein pünktlich Zur bestimmten
Stunde steht er im Dransing Nooms
mit dem Rücken gegen den Kaniin ge
lehnt, die Rockfchöfie zuriictgeschlagen
und die Uhr in der Hans. Die Da
men erscheinen ,,au5gesctinitten« im
Evening Dreß, auch wenn man ganz
unter sich ist und eventuetl nur tatteni
Pie und ein paar Toastg zu sichs
nimmt, »die Sache will’5«. An der
Anrichte steht mit fteinernem Gesicht
der gänzlich glattrasierte than-hof
meifter, der Butter, unb reicht der
Hausfrau die Speisen nnd alle Teller. »
Sie vertheilt-man tommt sich wie in»
einer Pension vor, obwohl alles reich-T
lich ist, die Speisen aus die Teller berJ
Familienmitglieder und Gäste. Wehe,
wenn man keinen Appetit hat uab der;
guten Form halber alles, was aus den«
Teller gehäuft ist, vertilgen muß! Da I
ist bei der seiten und schweren Kost;
eine Jndigestion sicher· Doch dreimal?
wehe, wenn man nicht ganz vor
schriftvmäßig mit der Gabel in ders
linlen und dem Messer in der rechtens
Hand speist in den torretten engli-s
schen Himmel lommt man bestimmts
nicht! Jst die Speisensolge vorüber»
so erhebt sich die Hausfrau und wan- ’
delt, gefolgt von der übrigen Weiblich
leit, nach der Tür. Ein galanter Herr
bemächtigt sich dieser und hält sie mit
einer tiefen Verbeugung ossen. So
schreibt es der ritterliche Schick Al
bions bor. Die Herren bleiben nach
diesem Anszuge noch eine Weile bei
Wein und Zigarren sitzen.
Auch in Frankreich nimmt man das
Dajeuner um 12 oder El Uhr, das-l
Tiner um 7 oder 8. Um die Zeit speist »
der Milliardär, der Marauis, der!
Bourgeois, der Ouorier sein verschie
deiees Menü von den Leckerbissen eines ;
Brillat- Savarin an bis zur titchtigens
Mahlzeit aus dem beliebten pot au;
feu, ebenso wie der Bettler sein Brot»
mit Käse nnd die Miegmuscheln sijr
ein paar Sons. Alle Restaurants
sind um die Zeit ,,archipr·«stg«, Gäste
zu empfangen und mit einem diner u
mir sixe oder Hi la carte abzuspeisen.
Der skanzösische Magen ist an solche
Piinltlichkeit gewöhnt ——— der Auslan:
der ver-spürt auch mal außer der Zeit
Hunger und kann dann sehen, wie er
zilm stillt, denn eben »außer der Zeit«
gibt’s in Franlreich nichts. Die be
iriihmte Fußbant wird einem unterge
.schoben,
eine Speisetarte aber he
kommt man nicht Jn Paris ist man
mit der Heit internationaler geworden,
»dieEtablissements Duval, dieTavernes
IJimmeL die Grill Roomg verabreichen
t
izu
jeder Tageszeit warmes Essen.
YAber man tomnie etwa um 4 Uhr
nachmittags in einer Provinzstadt an,
man verlange in seinem Hotel oder ei:
ncm Restaurant stürmisch nach einem
Beessteal, man würde sich dadurch nur
den Haß des Oberlellnerg zustehen,
der um diese Zeit in Hemdgärmeln sei
nen Rachmittagsschlas hält. «
Wir stürzen in eins der unzähligen,
die Straßen mit Marmortischen stin
wenden Eos-IT wir werden uns eine
belegte Semniel oder eine kalte Platte
geben lassen. Ja wohl! Wir können
wenigstens 60 Litöre, Cobblers, Coct
tailg, können Absinth und Oxygssncsk
haben -- — aber nichts zu essen, in einem
französischen Cast- betotntnt inan
nichts zu essen als Zinitwasseln zu Eis
nnd Sorbet. « Jn solch einer Situa
tuin stelle man sich einen Deutschen
bor, ver in Berlin oder Schleswig,
Meinel oder Konstanz in einem nur
einigermaßen auf derHöhe befindlichen
Restaurant nicht ein bestellte-H Schnit
zel binnen 6 oder 8 Minuten serviert
bekiimet
Hentigen Tages tlagt man auch in
Frantreich daß die alten guten Zeiten
und Sitten dahin sind. Auch dort
wird die Dinerftunde immer später.
Vor wenigen Dezennien speiste man
nock solide um it oder h? Uhr· Heute
wird das Mahl immer weiter hinaus
geschoben, sogar big 9 Uhr, nnd damit :
auch der Beginn der Theater, die be
reits die Introduktion, den tleinen
Einatter vor dein Zugstiick, abgeschafft
haben, weil -—- niemand taint Die
Theater dauern ziemlich lange, danach
soupiert man erst um 12 Uhr. trinkt
dann aber in Paris nur noch Seit.
Jn Italien fchwantt das Charak
terbild einer normalen Essenszeit ein
wenig in der Geschichte. Der Jtaliener
aus dem Volk ißt ungemein frugaL
Um die Nahrung, die er durchschnitt
lich zu sich nimmt, lohnt es sich taum,
Essenszeiten auszustellen Er lebt, ar
beitet, findet seine Nahrung aus der
Straße. Jm Sommer Früchte ——
Früchte, auch wohl etwas Polenta.
Wenii’s tiihler wird, tauchen an allen
Ecken und Enden Kohlenbecken aus,
über denen eine Pythia Maronen rö
stet, Kartoffeln, Aepfel, Feigen. Mit
einer solchen warmen Handvoll ist der
Arbeiter siir viele Stunden zufrieden.
Jn dem wieVserrätherivinkcl erscheinen
den ,,Sotto Porticog« der malerischen
italienischen Städte haben sich auch
ältere Damen angesiedelt. Sie backen
und priheln auf einem iinprovisierten
Kochherd in einer Riesenpfanne —
gros- wie ein Mühlstein eine Art
Eiertuchen, der übrigens ansnehinend
lieblich dustet, trotz nicht recht erkenn
barer Zuthaten. Für 5 —11 Centimest
reißen sie einen großen Fladen los,
und der Lazzarone zieht zu jeder
Stunde des Tages besriedigt tvie ein
König mit seinem Mittagessen ab. Die
bequeme Südländerin, auch der besse
« IRS-DOHRN
«
zH fgäymochaosk
O ' x XX
« Herr Wamperl sder eine Werkstätte für Feinmechanik besichtigt bat, zu dem
Eigentümer decfellpeni :»,-(851·oj3(1rtiu, Herr Mauer, wajJ Sie da leistcul — Wenn
ess w fortgeht, werden .-1e wohl noch Mantiökbe für die Flöhe konstruierenl«
ten Kreise, findet hier ein fertig ge
brntenes, lecteres Hühnchen, ein röfches
Runipfstent, trägt es im fetttriefenden
Papier nach Haus, richtet es dem Ge
mahi nicht gerade sauber; nber doch
nn, zu welcher Stunde sie es eben be
«toinn-.en hat. Jn den kultivietten
Ständen hält innn ini allgemeinen nn
einer Heitnortn fest, nimmt das Pranzo
um 12 die Cenn um 7 Uhr s— aber
wie gesagt, Innn ist nicht engherzig.
Adn von Schmidt.
Die Geschichte der gegenwärti
gen pestepidemie.
Eine der ersten Autoritäten auf dem
»Gebiete der Jnsettiongtranlheitem der
.Professor der Hygiene an der Pariser
! Universität A. Chanteinesse, veröffent
s licht einen Aussatz, in dein er die Ent
sstehquL das allmähliche Anwachsen
Hind die besondere Gefährlichkeit der
i neuen Pestepidemie schildert.
Der Ursprung und wahrscheinlich
auch ein Theil der furchtbaren Intensi
tät der Krankheit ist aus ein Thier zu
rückzuführen, dessen verhängnißbolle
Rolle in der Geschichte der Pestseuchen
bisher nur wenigen Gelehrten bekannt
war und hauptsächlich durch die For
schungen deutscher Aerzte tlargestellt
worden ift. Dieser unheilvolle Geselle,
den man wohl für die Entstehung der
gegenwärtigen Peftgefahr verantwort
lich machen tanu, ist eiusllagethier, eine
Art Präriebiber, das der Tarbagan
! heißt und sich iu den westlichen Gegen
iden der Mongolei und den östlichen
erbieten des Baitalsees findet. Dieses
kleine Thier, dag wegen seines Fell-H
eifrig gejagt wird, erhält nun seinesbe
sondere Bedeutung in der Geschichte
der Menschheit dadurch, daß es sehr
leicht den Angriffen der Pestuiilrobe
erliegt und fiir die Lungenpest ebenso
empfänglich ist wie die gewöhnliche
Ratte fiir die Bubonenpest. Seit einer
Reihe von Jahren schon hat man die
furchtbare Rolle erkannt, die die Ratte
bei der Uebertragung der Pest spielt,
indem nämlich Fliegen, die von dem
Blut pesttranter Ratten infiziert sind,
den Kraniheitgleim durch ihren Biß
in den Menschen verpflanzen Gleich
entsetzlich ist der AntheiL den der Tar:
bagan an der Verbreitung der Pest
hat, nur noch furchtbarer dadurch, daf;
er nicht erst eines Vermittler5, wie der
Fliege, bedarf, sondern die Keime der
Lungenpest durch die Luft von dem
Thier auf den Menschen übertragen
werden.
Jni Jahre 1910 waren durch vie be
sonders zahlreich auftretenden Tarba
ganz sehr viele Pelzjäger nach der
Mongolei gelockt worden. In den letz
ten Tagen des Oktober wurden nun
plötzlich sechs dieser Trapper, die eine
große Anzahl solcher Biber getötet unt
ihrer Pelze beraubt hatten, nach ein
ander von einer Krankheit ergriffen,
die mit einer sehr schweren Form dec
Hustens begann, in ein furchtbares
Blutspeien überging und bald mit dem
Tode endete. Die ersten Opfer waren
von der Lungenpest dahingerasst wor
den. Mit -sößter Schnelligkeit ver-s
breitete sich die Krankheit, ein wahnsin
niger Schrecken ließ die mongolischen
Bauern aus ihren Dörsern fliehen
Viele von ihnen suchten Rettung, in
dem sie die Strecke der ostchinesischen
Eisenbahn in der Richtung von Char
bin und den Stationen der Mandschu
rei und Khailar entlang zogen, die An
steckungöleime mit sicli schleppenIx Aus
diese Weise wurden die tshinesen infi
ziert, und die Pest richtete bald Ver
heerungen unter ihnen an· die man zu
nächst geheim zu halten suchte, aber
schließlich doch, als das Entsetzen im
mer mehr iouchs. der russischen Regie
rung mittheilte. Die Krankheit, die bei
ihrem Ausbruch noch leicht hätte erstickt
nserdentönnem hatte nnn Zeit gehabt,
sich unter der schützenden Decke des
Schweigens und der Verheimlichung
auszubreiten. Die strengen Maß
regeln, die nun angewendet wurden,
Isolierung der Kranken, Verbrennung
ider Pestleichen, Einiischerung der mit
Pest insizierten Hütten und das Ver
bängen der Quarantäne über eine
große Anzahl von Leuten, die mitPest
tranken in Berührung gekommen wa
ren, all das konnte die Epidemie nicht
mehr aushalten. Um einen Begriff von
der reißenden Schnelligkeit zu geben,
mit der die Seuche sich verbreitete,
seien einige Zahlen erwähnt. Vom 27.
bis zum 28. Oktober 1910 kamen in
der Mandschurei 26 Pestfälle vor, von
denen 15 zum Tode führten. Jn der
Zeit vom Zo. Oktober bis zum 1.. No
vember kamen 45 neue Fälle vor, von
denen 85 tödlich vertiefen. Zehn Tage
später hatte die Pest bereits 178 Per
sonen ergriffen, hauptsächlichChinesen,«
und 157 getödtet. Am 8. November
trat sie in Charbin auf. Dieser Sturm
lan der Krankheit wird dadurch her-«
vorgerufen, daß bei der Lungenpest,
im Gegensatz zur Bubonenpest, die
Uebertragung der Krankheit durch die
von der Pest Ergrissenen selbst ge
schieht, und zwar werden durch die Hu
stenanfälle sowie durch den blutigen
oder anderweitigen Aus-wars die in
der Lunge vorhandenen Pestkeime in
die Lust gebracht und dann von gesun
den Menschen eingeathmet. Wie bei den
Jnsluenzaepideniien die Lust mit sol
chen ansteckenden Reimen geschwängert
ist, so sind auch bei der Lungenpest
seuche die Menschen von diesen entsetz
lichen Todesbringern umgeben. Es ist
festgestellt, daß bei denen, die von der
Lungenpest ergriffen werden, die ersten
Firankheitserscheinungen in denLymph
wegen und den Ganglien der Lungen
austreten.
Die gegenwärtige Epidemie ist in
die ganze Mandschurei eingedrungen
und hat sich von da aus bis nach Pe
ting und weiter ausgedehnt Das
rasche Anschwellen der Todesziffern
geht auf daH Vorherrichen der gefähr
lichsten aller Pestarteiu der Lungen
vest, zuriick, auf die völlige Unwirk
satnkeit des Antipestsetuch von dem
man sich vergeben-J viel versprach, auf
die ganz ungewöhnliche Virulenz der
Tier toirkendenPestbazillen. Eine solche
Virulenz war bei den Ausbriicheu der
Pest in der jüngsten Vergangenheit
völlig unbekannt; sie erinnert an die
entsetzlichen Bertviiftungen, die die
Pestseuchen im Mittelalter anrichteten.
Die Maßnahmen gegen die Pest, die
von den russiscben Behörden angeord
net wurden, beschränken sich iin wesent
lichen auf die Isolierung der Kranken
nnd der Pestverdächtigen und auf Des
infektion durch Feuer. Wäre die Zahl
der Kranken nicht so riesengroß, so
diirfte man immerhin die Hoffnung
haben, daß die Epidemie bei der stren
gen Durchführung dieser sJJiasznahnien
zum-Stillstand gebracht werden könnte.
aber was- fiir eine Macht können die«
Vorkehrungen haben bei einer ver-äng
itigten Bevölkerung, die in ihrem sinn
losen Schrecken sich nur durch Flucht in
Sicherheit bringen will, d. h. durch
Ausbreitung der Krankheit und durch
Yortsctileppnng der Keime, die sie schon
in sich tragen? Da diese mandschurische
liest durch Auswurs und Hiisten der
Firauken übertragen zu werden sch.int,
so muß man wieder zu jenen Gesichts
·«.asken greifen, mit denen die mittel
alterlichen Aerzte sich einst gegen die
Krankheit zu schützen suchten. Nur so
werden auch die heutigen Diener des
Aeskulav die in dieser schwerenGefabi
lihre Pflicht thun, dem sonst sicher dro
shenden Tode entgehen können
Q-—
Der Universitätsprofeiior .-;iiel)lin
erklärt, daß dießöhe der lttewandtheit,
init der die Menschheit Messer, Gabel
Löffel nnd Serviette bei Tisch bemißt
Marksteine der Entwicklung der Kul
tnr bildet· Ein Blirt in die Reliqu
rnnts wird dem gelehrten Herrn zei
gen, wie außerordentlich rückttiindig
noch die große Mehrheit der Mensch
heit ist.
«- It·
An nichts denken wir mehr als an
das, was wir vergessen müssen