Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 10, 1911, Zweiter Theil, Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Ein Roman
Neue Menschen
Its-I II IIIIIII UIDIIUIIIIIIIIII IIIIIIIIIIIIII IIIII IW IIIII
Von A. Flachs- i
(4. Fortsetzungt
Frau Jst-Inn fuhr fort, mit Ma«
Histde sehe vorsichtig umzugehen und
been-iet- es, aus ihre miittertichen
" Rechte ans ihre größte Klugheit an
stritten Sie neigte sich vielmehr
M ihrer Höhe herab und trachtete
der Tngleichsaen alr- Schwester
- Idee Freundin zu erscheinen, vor d«r
sann essen das Herz angschiitten tann.
Mthiide nahm das vertraulicher-e
Qtim das herabbeugen zu ihr at S
ein-ais Selbstverständiicheg hin nnd
äußerte sich nun auch freier natiirf
Ziel-en ais würde sie zu einer Alter-«
genotsin sprechen. Sie ahnte nicht«
daß oft das Herz ver Mutter wie im
ter der Berührung einer rauhen Hand
erbebtr.
An Anlaß zu solch intiinein lUiei
nnngzaugtausch fehlte es nicht. Bald
Mr es eine nsichl oder Handittnir
Lathiidenz ld Feenwng !
»Ein Funke-n Neigung muß doch in?
Deinem Herzen siir ihn glühen iath
einmal die Mutter. »Ich tann mirt
Ieicht denken, daß Du sonst so oft unvt
gern mit ihm zusammen kamst Du
mißt, an reine Freundschaft bei jun
gen Leuten glaube ich nicht«
Mathilde erwiderte lächelnd-.
»Oh nein, Mama, dabei ist nichts
Tiefe-. Ich bin ihm gut, etwa wie
einer Freundin Rai-, daß mit Miid
eben Freundschaft zu schließen leicht
zuhalten sMkig ist. Die Frau ist
dpch meist tleinlich enaherzig, das
giebt zu Reibungen Grund, die meist
zum Bruch sühren Mit Freyung
aber verkehrt sich es leicht und ange
minn«
m
«Dn glaubst also sur Dich einste
zu können. Bedentst Du nicht,
dc die Gewohnheit des häufigen
Verkehrs eine Liebesbriicke bildet? Du
wirst das schon bei anderen bemerkt
Ostens-« ,
»Gewohnheit ist ein: Schwäche, die
man leüht bemeistern konti, indem
man eine neue Andere annimmt, und
dann « . Liebe! Ich und Liebe!«
«Ra, ist die Liede eine Krankheit so
bist Du auch nicht dagegen gese.it«,
sagte die Mutter.
»Er aber liebt Dich, das ist sicher«,
nahm Frau Johanna den Faden wie
Eder ans, nachdem Matditde nicht ges
.chtwortet und wie es schien, mit Ab
ncht eine Pause hatte eineran tasskkk
um das Gespräch abzubrechtn
»Ich gefalle ihm eben.«
»Ja, das ist glaubhaft, allein ein
aus reichem Hause sollte
recht leicht läubig sein· Viele Men
Iet sehen otche Mädchen liebevoll an
Und schielen dabei nach den Getdsäcken
des Vaters.«
»Na, -Freyung, dieser Idealist in
Seldsachem gewiß nicht; den kenne ich.
Ob Papa wirklich r ti, oder der
Wohlstand blos scheinbar ist, läßt
Im küd1.«
»Und doch hat er sich, wie durch Zu
fall dem-Many nach dem Vermögens
stand der Firma Gustav Schwendt er
- besteigt-, sagte nun hastig die Mutter.
Ehe-zeugt daß dies ein wirtungsdoiss
let Stoßsein wird.
· Jn der That Hutte Mathilde.
»Ich kann mir nicht denken
et wird- vielleicht die Geige. von der
wir gesprochen haben. taufen wollen
—-- sie kostet 5000 Mart, er bosft
wohl, Papa wird ihm das Geld bor
gen aber -— —
(
l
1
1
»Warum verfällfi Du nicht auf dass
Jlabeliegende, das Wahrscheinlicher
auf das Unzweifelbafte. Er nmgarns
Dich. um eine reiche Braut heimzu
führen für ihn, der aus armer.
niedriger Familie stammt, wäre das
ein höchstes Ziel!«
.Ach nein, Mama, da irrft Du. Gr
weiß nur zu ant, daß ich keinesfalls
vor dem vierzigsten Jahre heirathen
werde. Das habe ich, während ich zu
Bette lag, beschlossen«
-«Sosi Das ist niir ganz neu. Er
wird ebenso wenig glauben daß Du
dabei bleibst «
»Gewiß. Darin bleibe ich uner
schütterlich.«
»Aber schon so fpiit«, unterbrach sie
sich plöslich ,,,Mama ich muß fort
« jie war im Begriff zu sagen,
sie habe im Kaffeebaug ein Rein-es
vons mit Kollellginnen und Kollegen,
unter lehieren auch Free-ung, aber
ihre Mutter war so bleich so erregt,
daß sie ihr den Schmerz ersparen
wösie »Ich foll zu Burgerz, wir
Me- Musil machen. Das war nur
Essiste gelegt-, sie hatte der He
lenesnrgee versprochen mit ihr ein
M Klavier zu spielen ehe sie ins
Wu- geb-n
Die Mit-er blieb wie gebrochen zu
M Gi- inachte sich nun bittere
chW, nicht blos darüber, baß
He Muts-Silbe ans Konservatorium ge
M such des sit iiit sit-e gediege
« Reichsw- gtfvtst hatte Nicht
M Mdcheu kann ohne böse Fol
kskiie Fikse von Bissen aufnehmen
, Ists- Me der Jugend seiebri wird.
W steigt das zu Ldpf und be
« Lfe Maikilde me schon sräb
"· !T·.—Ceisiez welche Mai
UÆ et sbee das Herz gebracht,
das dracd Siegen zu lassen! Und nun
erst zeigt es sich, daß es doch besser
gewesen wäre, wenn rnan Mathilde,
weit sie eben zu ternperantentvdll ist,
nicht so sehr mit Wissen vollgepfropft
hätte. Ach, wäre sie doch ein einsa
ches, setdsi spießtsiirgertiches Mäd
ehe
n . . ..
An demselben Abend lehrte Ma
thilde mit der Mittheitung zurück,
daß sie am nächsten Tage den geplan
ten Ausflug mit Ireyung ausfähren
wolle, sie Iviirden schon des Morgens
ausbrechen und erst des Abends heim
kehren. um den vollen Tag irrt Freien
zu verbringen.
««..Das geht doch nicht«, sagte die
Mutter sanft. »Es fiel rnir schon
schaun mich darein zu finden. daß
Du mit ihm allein hinauswillst .
warum fährt nicht auch hetene, oder
; eine andere Kameradin mit, habe ich
ltnich gefragt. Ruhiges Ueber-legen
)
s
aber iäberzeugtk mich dach, daß nichts
Unrechtes dabei sei --- aber den stan
zen Tag? Nein!«
.Jch brateise nicht. Mama. — sechs
Stunden fa. zehn Stunden nicht?«
»Ich müßte mich vor der Diener
Iichait schämen, wenn ich das zugeben
Instit-rus
« »Ist die gebildet nnd intelligent ge
nera. um meine Handkungen zu beut
Itdeilen und zu richten? Und was
liegt mir überhaupt an ihnen, was
an anderen? Ein erwachsener Mensch
ist sich blos selbst verantwortlich.«
Jn Frau Johanna gährte es: ihre
»Wangen riitheten sich, dennoch klang
ihre Stimme sanft, ais sie erwiderte:
» s ungen a
«Thiidchen ,es thut mir leid, daß
ich Dich tränken musz . . . . allein, das
geht zu weit, ich bin mir und dem
Vater und der Weit haftbar für Dein
Tbun, ich versagt Dir die Erlaubniß.«
»Das Wort »Eriaubnis3« machte
Mathitde erbleichen. Jbr herz klopf
te, rnit vor Erreaung zitternder Stim
me steht-: sie:
»Es-rieb doch nicht so zu mir ,iieb
ste Mama «Erlaubniß!«
Jch bin ja zwanzig Jahre alt, bin
kein Kind mehri Liebe, gute Monta,
sprich nicht so!"
Und sie umschlang ihre Mutter
und streichelte ibr dass Gesicht und
küßte sie. «Schau, Mann-, ich werde
ia doch machen, was ich sür richtig
halte. Warum also träntsi Du Dich
und mich so?«
Frau Johanna wehrte die Liebko
, ein strenger Ausdruck er
schien aus ihrem Gesicht. sie erhob den
Kebs, sagte ruhig, aber bestimmt:
»Mathiide, Du wirst es nicht thun«,
und verließ das Zimmer.
Frau Schwendt blieb den ganzen
Tag ist-er einsilbig, ging viel seither
zu Bette konnte aber lange teinen
Schlaf finden. Erst der dämmernde
Morgen sah sie einschiummern.
Als sie wieder erwachte, stand die
Sonne schon recht hoch. Jhr Mann
war schon längst in die Fabrik ge
fahren, auch Mathiide hatte das
baut bereits verlassen. Der Mutter
tracnbstk sich das herz zusammen
Den ganzen Tag isber grübelte sie,
während sie die Angelegenheiten der
Wirtbschast mit halben Gedanken.
gleichsam automatisch erledigte, mit
dem ganzen Aufgebot ihrer Geistes
trast über ein Vorgehen nach, ihrer
Tochter beizutommen und dabei er
regte Szenen hintanzuhalten
Die Sonne begann sich zu senkend
Die Mutter wurde immer nnrnbigeri
Jede Viertelstunde satt si: nach berl
Uhr. « sollte Mathilde ein llniallt
zugestoßen sein? Jst sie am tsnne
mit dem Rade qestiirth ;
Es schlug dreiviertel 7. Frau Jo
hanna ging besorgt im Wobnzimmer
aus nnd ab, blickte ost aus die Straße
hinaus und sah alle siins Minuten
nach der Zeit.
Etwas vor kzs lam HerrSchwendt
nach Hause.
»Deine Dir nur, Mathilde ist heute
Morgens sort mit diesem Free-uns
nnd noch immer nicht euriickgelebrtl«
theilte sie ihm in verhaltener Ver
zweislung mit.
»Wenn Du wüßtest, wie schön es
jeßt draußen ist, würdest Du es be
greifen, daß sie so spät als möglich
die Rückschrk in den dunstigen Be
reich der Stadt antreten will«, erwi
derte Gustav leichthin, der selbstver
ständlich von dem Ausslug wußte.
»Du nimmst die Sache denn doch
zu leicht, Guttat-, so will es mit schei
nen!« versehn ernst nnd nachdrücklich
Frau Wenn Sie wollte dqch On
mal mit- ihrem Mann die Sachlage
ernst biswchenx fett vsor dem Abend
brod, denn nachher liebte er es nicht,
fech seine heitere Abendstimmung stö
ren zu lassen.
Sie legte ihren Arm in den ihres
Gatten, ver in der Erwartung der
Mag, dqß das Abend-essen bereit
fei. im Hinter umherspazierte, und
begleitete ils-I eine Beile stumm aus
seinem Ins-. Gustav wurde von
einem W der Unbehaslichleit er
seht er mißt-, es stand eine uner
qnzsliche Auskundersetsng bevor,
mu» Lob-m N Ihm lo, anschloß
Ei wird sich Muts-lich um Mathil
de handeln. das machte ihm die Sache
noch unangenehmen
Frau Johanna kannte natürlich sei
ne Gedanken, liess sich aber dadurch
nicht im Geringsten abhalten. Sie
hätte ihm gern den Verdruß ersparen
mögen, aber das ging doch nicht. Und
lsie erzählte fast wortgetreu die Unter
! haltungen wieder die sie in der leiten
Eseit mit Mahtilde gehabt und theilte
» ihm alle ihre sonstigen Eindrücke und
Beobachtungen mit um schließlich
ihre Befürchtungen iider das, was aus
ihrer Tochter werden soll. wenn man
nicht setzt noch Einfluss aus sie ge
winnt, auszusprechen, —-- hierin that
sie absichtlich zu viel, sie-zeichnete das
Bild viel grauer und düsterer, um ih
ren Mann aus der Nachgiebigteit.
aus der Schwäche auszuriiiteln.
Gustav hatte Alles ohne Erwide
rung, ohne Zwischenhemerlung die
zum Ende angehört. Das Zucken
feines Armes und hier und da sast
zischende Athernziige verriethen der
Frau die nervöse Ungeduld, die in
seinem Jnnern oihtirte.
»Liebe Hunnen das ist ja nicht,er
sreulich. Jch hin dennoch optimistisch
genug. leine Furcht tu hegen, daß
Mathilde uns je wirklich Grund zu
ernster Kränlung gehen wird. Ich
halte ihre Verwandlung siir eine
vorübergehende Erscheinung s- Die
ie meine Ansicht habe ich ja schon
mehrere Male geäußert Lassen wir
unser Mädchen nur in Ruhe, ie we
niger Beachtung wir ihr scheuten, de
sto besser . . . ., sie wird sich schon von
selbst eines And:ren besinnen. Jhr
troh alledem durch und durch miid
chenhait-reines Gesiihl wird irgend
einmal von Freuung, der ein Draus-s
gänger zu sein scheint, tiei verlest
werden. und da wird sie mit einem
Mal erkennen, daß sie an einem Ah
grund wandelt und sich ängstlich und
scheu wieder aus de n sicheren Boden.
aus dem wir stehen flüchten .. .. Dul
dist viel zu angstltch, mein Verz. ich
woLte, ich könnte Dir mein Sicher
beitsgesiihl einslöszen. Beruhige Dich
nur, --— und ietzt komm, wir wollen
essen, —-- ich habe starken Hunger.«
Frau Johanna brach stets jedes
Gespräch kurz ab, wenn sie wußte,
daß Gustav Hunger hatte. heute
aber dachte sie mit einer «aewissen
Härte. es wird ihm nicht schaden,
wenn er eine Viertelstunde später zu
Tisch gehen wird Sie nahm von
seinem hunger gar keine Notiz und
sagte:
»Ich bin trostlos; Dich so gleich
miithig zu sehen. Ach Gott, die Sa
che ist leider nur zu ernst, und Du . . ."
»Man sie selbst, wie Du glaubst,
gesährlich dann könnten wir ja doch
nicht handeln. Wozu also erst noch
dariäber sprechen, sich böses Blut ma
chen? Jst Deine Auffassung die
richtige. dann tönnen wir ja doch
nichts Anderes thun, als resignirt die
Hände salten und beten, daß das
Schicksal unser Kind vor Ungemach
bewahre.«
»Das denke ich, bleibt uns noch
immer, Gustav, nachdem unsere Ver
suche mißlungen sind. Vor-erst ioot
len wir uns doch ernstlich rühreii.«
»Aber Kind, Du vergißt. wie sehr
uns Dr. Sellin eingeschiirst hat, Altes
zu vermeiden, wag ...«
»Das ist meine geringere Sorge.
Liebt mag sie eine Zeit lang physisch
leiden, als daß sie seelisch zu Grunde
geht«
Jn Gustaoe Gemüth betain bei die
sen Worten die Gereiztheit eine Bei
mischung von Zorn und Feindselig:
teit. Wie tann eine Mutter mit sol
cher Gleichgiltigteit die- Gesundheit«
der Tochter, der einzigen Tochter auss
Spiel sehen wollen! Er machte sei
Irren Arm von dein Johannas stei,
sanft und sachte er wollte sie doch
Wicht kranken. Er schiiw Müdiqteit
vor und seste sich. Mit dem seinen
sGesiiljl der Frau ahnte sie, was in
ihrem Mann vorging. Sie ließ aber
nicht nach, nahm neben ihm Plan und
fuhr spri
s »Ich bin entschlossen, bei dem näch:
«si-:n ernsten Anlaß Mathilde vor ein
Entweder ——- Oder zu stellen, entwe
der meine Liebe oder meine Gleichgii
itigteit Es wird sie einen schweren
;Kamps kosten, aber Du wirst sehen,
i mein Muttergesiihl täuscht mich nicht,
ivor diese Entscheidung gestellt, kehrt
sie zuriieb Ob, ich weiß, ihr Besin
den wird darunter leiden, allein das
ist unvermeidlich, und es gelingt uns
ohne Zweifel sehr bald, sie wieder
herzustellen.-k. Dr. Sellin wird mir
wohl beistiInInen, wenn ich dann Ende
Mai eine Erbatungireise mit Ma
thilde ins Ausland vorschlage.« -
Nun konnte Gustav sich nicht mehr
ganz behenin etwas schroff tam es
ans seinem Munde:
»Das ist wenig liebevoll don Dir.
Was Mathilde bisher gethan hat, ist
gar nicht so schlimm. Welch-e Engheek
zigieii, dataui, daß ein Mädchen mit
einein Freunde einen Ausslug unter-«
nimmt. eine Tragödie auszubau-·
scheu-«
)
Jn Johannes Stimme klang nun
auch etwas Aug-er durch:
»Ich würde die Sache vieileicht
auch nicht so tragisch nehmen, wenn
der Freund ein Mann vom Schlage
Sellins wäre. Aber Freyung ist ein
rassinirtiee Mensch, der in ialtdliiti
ger Ruhe an einem häßlichen Plane;
arbeitet. Es ist ihörichi, von mir zu
verlangen daß ich keinen Versuch ma
chen solle« meine Tochter vor diesem’
Elenden zu reiten. Wenn mir das
nue gelingt, nehme ich gern den
Schmerz, ·sie iranl zu sehen, in den.
Kaus.« I
Gustav sprang erbost aus:
«Jch sage Dir. Du siehst Gespen
ster am hellen Tage und wtrde nun
und nimmer zugeben, daß Du, einer
fix-en Jdee wegen. meine Mathilde
auälsi.«
Beide erhißien sich mehr und mehr,
die Reden, die einander ablöftem wur
den immer schärfer und giftiger, nnd
es tatn zwischen dem Ehepaar zu ei
nem leidenschaftlichen, hartnäckigen
Steeii. Beide waren in der Tiefe
ihrer Seelen ausgeioi«hlt, es flogen
inhaltsschwere. beleidigende Worte
hin und her, die sie bisher noch nie
angewandt hatten, haßersiillte Worte.
welche wie Pfeile die Seele des Ande
ren schmerzlich verwundeten und, alsv
hätten sie widerhaien, in den Wunden
siyen blieben. Plöplich erlahmie die
Kraft der Mutter« die um das Wohl
ihres Kindes kämpfte. sie begann bit
ter zu weinen. «
Gustav blieb wie angetburzelt sie
ben. Die Röthe des Zornes wich ei
ner Leichenblässe. So verzweifelt
hatte er Johanna noch nicht gesehen,
auch damals nicht« als ihnen der Tod
ihr erstes Kind. ein entzückendes, drei-s
iiihriaes Mädchen, raubte. Gustav
rieb sich die Stirn· sah, gleichfam er
staunt iiber den Vorfall, zu seiner
Frau mit aedanlenlbsent Blick hin
über und stürzte mit einem Male zn
ihr hin.
»hanna, liebe-.- Hiinnchenk Bernhige
Dich. sei rnir nicht böse, ..... Du
weißt ja, ich bin etwas hitzig. Nur-.
nun, weine nicht sb, .. .. es wird Al
les wieder ant werden« Er streicheltk
nnd tiißte sie. Dann setzte er sich zu«
ihr und zog sie an sich. Johanna
ichlnchzte noch immer
»Du hast bielleich doch recht, .....
wir wollen ernst darüber nachdenten,
. . . et wird sich schon etwas finden . »
Aber nicht iiiserhasteni Sag nur heute
Mathilden tein Wort. Gedulde Dich
noch turze Zeit, ---— dann wollen wir
vereint borgeben." So sprach er liebe
voll und tröstend, bis sie zu weinen
aufhörte. hier nnd da schluchzte sie
noch seufzend aus« Er sprach dann
kein Wort mehr, tiißte sie hle sanft
auf die Stirn. Als sich Johanna
Aufreguna ein wenig aelegt hatte,
tam es leise von ihren Lippen
,,Du mußt mir auch verzeihen, Gu
stav, auch ich habe mich hinreisen las
sen. Aber wie sollte ich taltes Blut
bewahren. wenn ich das Wohl unse
res Kindes bedroht sehe und Dich ber
gehiich unt Hilfe anflehe. Einer drei
fachen Aufgabe allein gegenüber ber
lbr ich den Muth und damit die»
Selbstbeherrschung. —-— Mathilde woll
te ich zurückgewinnem Frenung ent
fernen. und nun sollte ich anch noch
Deinen Anfangs passiven, dann thö
tigen Widerstand brechen! Das war in
biel iiir mich. Nun können wir ruhi
get sprechen. Jch sage Dir und tän
sche mich nicht: Freyung will Mathil
de bethören, (sie zu Dingen verführen,
die ich lieb-er nngesagt lasse),
und uns zwingen, daß tvir sie ihm
zur Frau geben. Nicht, daß er tein
Vermögen besitzt, macht mir ihn ver
haßt, das wirst Du mir glauben,
— sondern, daß er von seltsam zuni
scher Art ist und einen niedrigen Cha
ratter hat« Ein Spetulant ist er, um
so gefährlicher, als er sehr intelligent
ist und sich auch noch Mathilden gegen
über als den Modernsten unt-er den
modernen jungen Leuten gibt. Jch
vermuthe, dass er innerlich gar nicht
zu den neuen Menschen gehört, --—
im Gegentheii. Er würde gewiß nicht
zugeben, daß Mathilde, wenn sie erst
seine Frau ist, ohne ihn auch nur ins
Conoert geht« oder daß sie sich von an
deren Männern die Hand lüssen läßt.
Oh, ich habe ihn durchschaut und
wisse, es .. . .'«
Da ging die Thiir aus und Ma
thilde erschien. Unwilltiirlich rikctten
die Eltern, die vor den Kindern nie
vertraulich waren, voneinander weg.
Mathilde zog sich rasch wieder zurück
Jrn Nu überlegte die Mutter, daß
auf die Tochter vielleicht die Zärtlich
teitöseene der Eltern wirken tönnte,
und rasch schob sie sich wieder ein we
nig näher an Gustav heran und ries
laut: «
»Komm nur herein.«
Mathilde trat wieder ein, tara mit
neugierig - heitere-n Blick näher und
feste sich in einiger Entsernuns hin·
»Nun, wie war ei Mathildei«
fragte der hat-er sasort in freundli
chem Tone, ukn einer vielleicht unvor.
W Ort-ge Jst-sw- aus-tits
tomrnen; er wollte das »vereinte Vor-«
tgehen« so weit als möglich hinaus
schieden.
»herrlich ....«« erwiderte fröhlich
die Gesragte. »So herrlich, das; ich
gleich morgen wieder hinaus möch
te . . .«
Die Eltern vermieden es, sich an
sitt-litten «
Gortsesung solgt.)
Leiche- ts die usedttsse Ihm-!
Das ist eine Fratze, aus die man
tum viele gleichlnutende Antworten
vernehmen wird. Da sind die eigent
lichen Getreidenrten. aus denen wir
Bewohner der gemäßigten Zone einen
großenTheil unserer Nahrung gewin
nen; da ist die Kartoffel, die ebenfalls
Millionen von Menschen unentbehrlich
girvorden ist; da ist serner der Matt-,
von dem Unzählige ausschließlich le
ben, und vollends der Reis, ohne den
die Ernährung z. B. der ungeheuren
Voltomassen Chinns taum denkbar
wäre. Auch wenn wir von den Kul
turoslonzen ganz absehen und nur die
wilden Gewächse ins Auge fassen, ist
die Entscheidung nicht leicht; man den
te nur an den unschößbarenWerth, den
die Dattelpalinen, die Bananen und
die Agaoen siir die Bevölkerung der
Tropen besitzen. Ein ganz besonderer
Vorzug der letztgenannten Gewächse ist
es, daß sie sast in allen ihrenTheilen zu
irgendeinem Zwecke verwendet werden
können. Das gilt aber erst im höchsten
Muße von der Kotospolme. die wegen
ihrer allgemeinen Verbreitung in der
heißen Zone vielleicht den ersten Rang
der Nüslichteit beanspruchen dars. Zu
einem Beweis dasiir ist besonders die
lleversicht des Wertheg geeignet, den
ein beschränktes Tropenland. wie die
Insel Cevlon, aus der Kotosvaltne
zieht. Allerdings trägt die Palme
nicht vor dem fünsten bis zehnten Jah
re ihrer Entwicklung Früchte. und
bringt erst mit 25 Jahren volle Erträ
gl. aber auch schon vorher bietet sie dem
lktngeborenen mannigfache Gelegenheit
zur Verwendung Mit den riesigen
Blättern decken sie ihre Hütten; aus
den Blattrippen fertigen sie Besen und
Vogteltafigr. Aus Theilen der Bäiithe
loird ein Bier bereitet und durch Ra
chen Zucker, durch Destillation Ame
oder stolosichnaps gewonnen. Die
junge. d. h. drei bis sechs Monate alte
Frucht ist mit einem Wasser gefüllt.
das sehr angenehm schrneclt und na
mentlich während der heissesten Jah
reszeit alg Erfrischungsgetränl ge
schädt wird. Die reife Frucht um
schließt die bekannte Kotozmilch aus
der durch Kochen ein gutes Speiseiil
gewonnen wird. Das ausgepreßte
Fleisch der Nüsse gibt ein rortreffliches
Mastfutter für Rindvieh Schweine
und Geflügel. Auch die dicke, harte
Schale wird verarbeitet. Die weiche
ren Fasern dienen zur Füllung von
Matratzem soJie zur Verstellung von
Matten oder Seilen. Das hol-z der
Stämme liesert den Eingeborenen ein
ausgezeichnete Material zu Bau-« oder
zu Tischlerar :iten. Nach zuverlässi
gerSchähung haben die Erzeugnisse der
Kolospalme bloß auf der Jnsel Cen
lon einen Werth von jährlich 16 Mil
lianen Damm-, und wenigstens 6 Mil
lionen Dollars werden durch den Ver
tan ans Ausland verdient. Bei die
ser unvergleichlichen Nuhhnrteit der
Kataspnlme ist eö natürlich, daß sie
auch in den deutschen Fiolvnien nack
Möglichleit gepflegt und vermehrt
wird.
Dao persökeu der Oe s Königin i
cis-eleme.
Der Tod des König-«- Leopold ll.
hai auch in der Führuna der Vor
mandsckkast über die Kaiserin Charlotte
vcn Merilo und in der Verwaltung
ihres sehr ansehnlichen Vermöqu eine
entscheidende Veränderuna zur Folae
gehabt. Nach der Entmiindigung der
aeisteoiranl gewordenen Witwe Mari
milians bestellte das Briisseler Gericht
irr Jahre 1867 einen besonderen Vor
mundschasgraih an dessen Spitze Kö
nig Leopold Il. st.rnd, dem aber auch
der Gras von Flandekn, Bruder des
Königs, der alte Vertrauensmann deo
Königs Leopold l., Jules van Praet
Baron Gosisnet und mehrere andere
Vertrauenopersonen der königlichen
Familie angehörten Mehrere Mii
glieder diesesVornrundschasisratho sind
ini Lanse der Jahre gestorben und nicht
wieder erseht worden« so daß nach dem
acn 17. November 1905 ersolqten Tode
detI Grasen von Ilandern König Leo
pold ll. ganz allein die Vormundssthase
führte, während Baron Constant Gos
iinei, der Leiter der königlichen Bibli
liste, gleichzeitig die Verwaliung des
Vermögens der Kaiserin Charlotte
innehatte. Viel rvar nicht zu verwal
ten, denn seit 1867 liegt das gesamrnie
Privatverrnsgen der Kaiserin in erst
tlassigen Werthdapieren im Pariser
Oanlhauö Rothschild, und die Thäiig
leit des Vermägenöverwalters besteht
lediglich darin, die alljährlich anstau
ehenden und unverwendeien Zinsen
wieder in guten Werihpapieten anzu
ieqen und so zum Kapital zu s lagen.
Jrn Jahre 1867 besaß die iitve
sMarimilians ale Erde nach Vater nnd
JMntter 3 Millionen Dollara. die heute
»zu. einem Vermögen von-mindestens 1·2
Millionen angewachsen sind. Es tsi
bekannt, daß König Leopold ll., als er
sich in den ersten Zeiten feines Kongoi
Unternehmens in argen Geldnöten des
tand, mehr als einmal den Versuch un
ternahm. die Millionen seiner Schwe
ster nach Brüssel zu schaffen nnd sie
den eigenen Zwecken dienstbar zu ma
chen. Aber diese Versuche scheiterten
an dem Widrstand des Grafen von
Flandern und des Banthauses Noth
schild, das die Gelder and Wertpapiere
nur auf einer unanfechtbaren Entschei
dring des dorniundschastlichen Gerichte-«
ra Briissel herausgeben wollte. Spä
ter ging es dem König finanziell heiser
nnd so ließ er schließlich von dein Vor
haben ab. Nunmehr hat sein Tod die
Ernennung eines neuen Vormundes
nöthig gemacht u. das vorniundschast
liche Gericht in Brüssel übertrug die
Vormundschaft liirzlich dem König
Albert. Tieier nahm das Amt zwar
an ,lehnle jedoch die damit verbundene
Vermögensverwaltung ab, da er zu den
Erben der Kaiserin gehört und auch
richt irn entierntesten den Verdacht er
nieelen will. als vermalte er das Ver
mlägen im eigenen Interesse Das
Gericht bestellte deshalb eine adgeson
lserte Vermögensverwaltung und liber
trug diese dernBaron Gottinet, der all
jährlich dem Vormandschafcsgerichte
and nicht dem König Aldert Rechen
schaft abzulegen hat. Alljährlich der
Inehrt sich das Vermögenslaksital der
Kaiserin Charlotte um ungefähr an
dtrthalb Millionen
Die diplomatische Its-neuen eiser
Königs-h
Die spanischen Blätter erzählen,
daß die Königin Marie tshristine, die
Mutter des König Also-is, an den
glänzenden Festen, die am spanischen
Hof gelegentlich des Jahregwechselo
veranstaltet werden, nicht theilgenom
Inen habe. Sie siiaen hinzu, daß die
Königin-Mutter seit einiger seit nn
tsiißltch sei: ec- seheint sich jedoch -- so
wird dem Messagaero aus Madrid
geschrieben um eine diplomatische
strantheit zu handeln. W itt ia Ma
drid ein offenes Geheimnis dass die
Beziehungen zwischen der jungen stii
nigin Viktoria, der Ge«.iahlin des Ko
nigs, und der alten Königin, die sich
immer mehr in den Thurm des
Schweineng zuriickzieht, schon seit tän
gerer Zeit recht gespannt sind. Marie
Christine wird oon ihrem Sohne nicht
mehr wie früher in politischen Angele
genheiten um Rath gesragt, und sie ist
fest überzeugt, dass die Nichtachtung.
durch die sie sich schwer geträntt
fühlt. aus den Einftnsi der Schwieger
tochter zurückzuführen ist. Der Zwist
nahm seinen Anfang, alr- die spanische
Regierung ihrer Politik eine auoge
sprachen antitleritale Richtung gad.
und spitzte sich von Tag zu Tat-, mehr
zu, bis er sich zu osieneni Kriege ge
staltete. Die Königin Mutter bat
schon seit H Tagen ihre Gemächer
nicht verlassen. Aber die unmittelba
re Ursache ihrer schlechten Stimmung
wird in Hoftreiien folaendeg erzählt:
Ein paar lage vor Weihnachten sa
ßen die Kinder deo Ftdnigguaateg in
einem Zimmer deo Palaiteg und ver
trieben sich die Zeit mit einem aniii
santen Gedalöipiei Sie sollten eine
Thierszene retonstruiren und fügten
aufmerksam Stück an Strick. Plän
lich zeiate der Pein-, non Asturiem der
das Bild fast fertig gebaut hatte, fei
nein Brüderchen einen Affen uni- sag
te: »Seht der nicht ans wie Gras-mig
ma?« Die Königin Mutter« die im
Zimmer war, beugte sich iiher den
Tisch. um zu sehen, mag so anssehe
wie tie, und wurde, als sie den Affen
erblickte, von solchem Zorne erfasst.
daß sie dem töniglichen cfntelsohne
eine Maulsctsetle gab. Aus das Ge
schrei und Geheul der Kinder eilte
die Königin herbei-. als tie ersuhr.
was ihrem Aeltesten geschehen war«
zog sie sich, khne ein Wort zu sprechen
mit den Kindern in ihre Gemächer zu
riici. Arn nächsten Tage aber gab es
zwischen dem König und seiner Mut
ter eine heftiae Stein« und seitdem
hat sich Marie Christine nicht mehr in
der Oeffentlichteit gezeigt. -
Hindernisse, die der Weise überwin
den muß, sinb siir den Toren nicht ba.
I VI »I:
Ein Trusi in'Tr.-uringesi isl siir
Deutschland, wo man gewöhnlich nur
einmal im Leben heiratet, nicht ver
ständlich. Jn Ameisen wo es Mön
ner und Frauen nibe, die mehrmals
durch die Ebescheidunqomiihle geben,
wäre das schon eber verständlich.
Aber oerniuilielr besfehl dieser Trusi
schon. «
s e
Jn einer literarischen Gesellschaft
Iourbe die Frage verhandelt, ob ein
Mann einer znnislichtigen oder einer
snulen Gattin den Vorzug geben
solle. Aber isi es überhaupt nötig,
den Mann vor eine solche Wahl zu
stellen? Es gibi doch glücklicherweise
noch Mädchen geneig, die keines von
beiden sind.