Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 03, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Humoristkschsmilitärische
Erzählung
-«-----AM
Der falsche Adjutant
Von
Freiherr v. Schlicht
W
ers. Fortsetzung.)
»Es muß fein, schon damit ich
Ruh im Haus-. habe und meinen
Rschmiimas Schlummer wiederfin:
Ir.« sprach er vor sich hin. und fo
wartete er denn, bis der Bursche er
schien um ihn zum Nachmittaqgtaf
ee zu rufen. Er hatte mit Ungeduld
« tiefes Augenblicks geboiet aber ali
ei nun fo weit war. ziszgerte er to
lange. wie er nur irgend konnte, n
in das Eßzimnier zu gehen. Er ge
nierte fich förmlich So tramte er
denn erft noch ein paar Bucher bec
feite. dann fiel ihm ein« daß er ver
Essen hatte, eine Pofttarte zu schrei
n, dann bemerkte er. daß feine Ci
garren zu thde waren und er teles
pbpnirte noch fchnell nach dem Ka
fina, dann mußte er sich noch die
Hände wafchen« turz und aut. er
hatte noch taufend wichtige Dinge zu
erledigen, aber als er dann endlich
das Eßzimmer betrat, erwartete ihn
dort nur die Kaifeemafchine.
Ganz verwundert fab er sich um.
Nach feiner Meinung kam er wenia
ltens zwanzig Minuten zu spät, und
nun war noch niemand da.
Er tlingeite dem Burfchen nnd
ließ sich Auskunft geben. Die Da
men. die gaiidige Frau. das gnädige
Fräulein und die gnädige Frau
Ionfianze, wie sie im Gegenfas zu
der Hausfrau genannt wurde, hatten
einen Spaziergang gemacht. Sie
hätten Herrn Hauptmann nicht im
Schlaf ftiiren wollen« aber wenn der
Herr Hauptmann möchte und wenn
der Herr Hauptmann wallte —-—- die
Damen wären im Schloßpart. wo
heute Concert wäre, und wenn der
Herr Hauptmann nicht hinkame,
was die Damen feer hofftrn, « dann
möchten der Herr Hauptmann nicht
bsfe werden, wenn die Damen viel
leicht nicht ganz pünktlich zum
Zbendeffen kämen, aber der Herr.
Hauptmann möchten nur ruhig an-(
fanget-, das Mädchen wisse Bescheid
und wenn der Herr Hauptmann diel
leicht jetzt zum Laffee ein paar Zwie
baek wünschten. dann möchten der
Herr Hauptman es nur sagen· er,
der Bursche, habe den Auftran
welche zu besorgen, der Herr Haupt
mann möchten dann nur so freund
lich sein« etwas Geld zu geden, denn.
die Damen hätten kein kleines Geld
gehabt, und das Mädchen sei zur
Stadt, um zum Abendessen einzu-.
kaufen, und er, der Bursche, hätte
auch nur noch fünf Pfennig, denn
heute sei der Zwanzigste, und am
Einundzwanzigsten qäbe es erst wie
der Löhnung.
.Schafskopf", sagte der Herr
hauptmanm als iein Peter endlich
mit dieser langen Rede fertig war,
dann setzte er sich hin nnd trank eine
Tasse Kassee nach der anderen.
Seine Stimmung ioar die denkbar
schlechteste, er hatte sich seit vorge
nommen. liebenswürdig zu sein, und
» nun konnte er seine Bedenk-würdig
keit nicht loswerden. Und das er
siillie ihn von neuem mit Groll ge
gen Konstanze und außerdem, was
hatte die nöthig, sich erst mit Mi
gräne in ihr Zimmer zurückzuzie
hen, toenn sie eine Stunde später
zum Conceet in den Schloßgarten
laufen konnte? Das war ein neuer
Beweis dafür daß die Krankheit d r
stauen immer nur in ihrer Einbil
dnng bestand. No überhaupt die
Frauen —
Abermalz trank er eine Tasse
saffer. aber feine Laune wurde da
durch nicht besser, es schmeckte ihm
asein nicht, und der Gedanke, unter
: Umständen vielleicht auch allein
s: ssbmddrot essen zu müssen trug
, such nicht dazu bei Lhm einen Freu
; United-let zu entladen. Er fah nach
" der Uhr, es war stin» was sollte er
Mcheni Wie hatten die Damen
dich sagen lassen? Wenn der Herr
parat-traun nochkomrnen wolle, sie
»So-n im Schloßgarken Luft hatte
et bei dem schönen Wetter schon, aber
Inn Konstanze in qewissern Sinne
.Maufen? Sein Stolz nnd das
, hl keiner Männlichkeit bäumten
dagegen aus« er war doch kein
r Leutnant mehr, sondern ein
Ostsee Ehe-nann, dek- ichonffGJoßoater
-fein könnte, wenn seine Nelln schon
Ietheiraihei wär-. »Die Leute lachen
mich ja aus, wenn ich plötzlich in der
Schloßallee erscheine ,dore auf und ab
peorneniere und mich da bewundern
lasse, als wäre ich ein Frauenzim
mer, das einen neuen Hut oder ein
Paar neue sehr elegante Lackfiiefel an
ht. Ich denke ja gar nicht daran,
mich auf der Promenade zu zeigen.
Isd außerdem lW man als Soldat so
viel körperliche Wem-gnug daß man
. freiwillig wirkliche keine mehr zu
- suchen braucht Ich dleid zu Hause
»Ist damit Partituren
Lin noch einer Viertelstunde
i; HMie et sich trosdem den Säbel
Im Ins schritt durch die Straßen
set Stadt, und du et das that, daß
ee seh selbe und einem festen Vor
s mitten geworden wet, erfüer
« " recht mit Ingrimm. So
We dem- auch ehek ei- Gesicht,
’ M et seen-nd mitbringen, eilt
F es is- sesriff, gese- Ieine Schwä
gerin von nie geahnter Liebender-är
digkeit zu sein.
Aus der Straße begegneten ihm
verschiedene Leute seiner Kompagnie,
die slogen als sie den Geßchtsaus
druck ihres Vorgesetzten bemerkten.
förmlich vom Trottoir herunter und
machten in einer Art und Weise
Front. daß ihnen dadei ordentlich
die Knochen im Leide tnacktem
Ader der Hauptmann bemerkte das
gar nicht. er ärgerte sich nur dat
iider, daß seine Kerls jetzt schon spa
zieren gingen. Warum hatten see
keinen Dienst? Waren die denn sür
die kurzen zwei Jahre nur deshalb
eingezogen damit sie Nachmittags
um halb sechs aus der Straße herum
bummeln lonnten? Was war denn
das schon wieder ssiie eine Lotter
wikthichans
.Jch werde gleich mal mit dem
Feldwebel darüber sprechen«. be
schloß er. und so lentte er seine
sSchritte denn zur Kasernr.
s Dort herrschte aus dem Hase Tod
tenstille lein Mensch war zu sehen
Enur an einem der gemauerten großen
Waschdastns lagen zwei Kerls und
schliefen den Schlaf der Gerechten,
und während sie schliesen, paßten fres
dem erhaltenen Beseht gemäß daraus!
aus daß kein Mann opn der anderen
Kompagnie heimlich heranschlich und
sich von dem Drillichzeng das seisch
gewaschen aus dein Rand des Bassinsl
zum Trocknen auslag unerlaubter
weise etwas aneignete.
»Das sollten meine Kerls ieir«.
dachte der Hauptmann Mel-ring
»die würde ich schön aus den Trab
bringen«
Und als er näher lam, erkannte er
in ihnen wietlich zwei Leute seiner
Kompagnie.
Er stieß einen araßlichen Fluch aus
und versuchte den einen zu meckern
aber ais iknn das nicht gelang ver
suchte er sein Glück bei dem anderen.
Aber beide schnarchten ganz seit, der
andere vielleicht noch fester als der
erne.
»Na wartet, das sollt Ihr mir
büßen. ich werde Euch einen schönen
Schrecken rinjaaen.«
Er ging an das arosee Wisckdas
sin. sammelte die dort airsliegrrtden
Drillichanziige zusammen und packte
sich den großen Stapet ani den Arr-»
»So, die trag’ ich jetzt aus die
Feldwebelstube, nnd wenn Jhr dann
wach werdet und seht, daß dies
Sachen sort sind, dann werdet Ihrs
es schon mit der Angst bekommen«
Aber als er sich jetzt anschickte. mir
den sünszehn srisch gewaschenen Ho.
sen und Jacken die vier Treppen znz
seinem Kotnpagnietevier binauszustei-!
Jgen, da rnertte er erst, wie schwer die«
HLast war. das Gewicht driiate nicht
E schlecht und der Schweiß trat ist-n ans
Hdie Stirn. um von dort aus in hei
sten Strömen hinnnterzulanien Mehr
;als einmal hatte er Lust, die Sachen
san die Erde zn werfen und einen
.Mann seiner Kompagnie herbeiznha
Hen, aber wer wußte, ob nicht intnkii
fschen ein anderer Soldat sich seiner
iAnziige bemächtigtek und siir die seh
Ylenden Sachen war er mit feinen-.
) Geldbentel verantwortlich So schlepp
ite er denn mit Ausbietnng seiner
iganzen Krast die Last nach oben.
J Endlich war er bei der Feldwebelstube
:angelangt, aber als er nun, da er die
ihände nicht srei hatte. tnit dem lin
Lken Fuß den Thürgriss niederdriicken
swolltr. während er sich, um dabei
nicht zu fallen, rnit dem Rücken an die
gegenüberliegende Wand lehnte, meet
te er, daß die Thiir verschlossen war.
«Feldtvebel!« ries er, »Feldtvebe!!«
Aber der Feldwebel lanr nicht.
»Zum Donnerrvetter, FeldwebeL
top stecken Sie denn? Himmel-nü
lionenkrenzdonnerwetter!« Und als
der Feldwebel trohdern nicht kam,
ries er nach dem Kompagnieschreibm
»Gesreiter Miit-erl«
Idee der Gesceita schien heute srei
Fa sein. auch der gab keinen Ton von
ich.
»Wenn ich nur wenigstens erst die
se verdammten Anziige los wöre",
schalt er vor sich hin, »wir sind schon
beide Arme abgestorben, ein wahres
Wunder, daß die ganze Sache nicht
schon im Schmutz liegt.«
Er trat an eine der schmalen Fen
sterbiinle heran und stützte so den
großen Hausen wenigstens an einer
Ecke.
»Komm mal einer her!« ries er
knit wahrer Donnerstimtne.
Aber es tam niemand.
«Jrgendeiner!'« schrie er. ,,Drei
Tage Arrest, wenn niemand
tomrntt«
Er sah sich bilsesuchend um. Aus
dem Korridor erschien keine mensch
liche Seele, nnd auch die Stuben
thiireu blieben sest verschlossen.
»Da hört sich denn doch aber alles
ans —- na, ich werde schon jemand
sinden.«
Er trat, so dicht er ton te, an die
Je- rbant heran und chob den
gr StapeL so weit es irgend
·ng, nach hinten. Dann ließ er die
de vorsichtig los, erst ßii te er
den Siedet noch vorsichtig rnit inem
III
Brustkasten, dann schob er ihn mit
beiden hönden immer weiter zurück.
«So«. sagte er sich, »Gott sei
Dant, den wäre ich log, nun werde
ich mir«einen der Kerls holen."
Dann trat er ganz langsam und
behutsam zurück und ebenso langsam
und behutsam entzog er dem Stapel
die letzte StiiIr. Aber ebenso lang
sam, wie er zurücktrat, ebenso lang
sam fiel der große Hausen vorn-«
iiber. »
»Musik«
Schnell sprang er wieder hinzu,
um noch zu retten, was zu retten
war, aber es war zu spät, die ganze
Geschichte flog oorniiber und fiel aus
den Korridor, urn dort eine dichte
Staubwolte aufzuwirbelm -
»Nicht einmal gefegt baden die
»Bengel hier, sogar nicht ein
mal gesprengt, na wartet, das sollt
Jbr büßen!«
» Dann besab er sich den Schaden.
ILangsani legte sich der Staub nie
Ider und fiel auf die frisch gewasche
. nen Anziige. so daß sie zum größten
Theile wieder schmugig wurden.
»Seht hübsch-". sagte der Haupt
mann, »aber das geschieht den Kerls
ganz recht, dasz sie nun noch einmal
wieder waschen müssen; aber wasv
seht? Na. ich werde mir seht erst
einen oder zwei meiner Leute holen.«
Er ging von Tbiir zu Thür, aber
alle Stuben waren verschlossen und
alles Mitteln erwies sich als nutzlos.
»Wenn ich nur wenigstens den
Feldwebel hätte. Wo der nur stecken
mag? Vielleicht in seiner Privatwolp
nung?«
Er eilte den langen Korridor ent
lang, bis zu dem Flügel der »Ver
heiratheten«, aber auch dort war
alles verschlossen.
»Das habe ich mir immer so ge
wünscht«, sprach er mit wahrem
Galgenhumor vor sich hin, «nun
habe ich im Schweiße meines Ange
sichts die Sachen nach oben ge
schleppt, und nun kann ich sie nicht
los-werden. Wenn ich nur wüßte,
lro die ganze Kompagnie steckte? Es
herrscht wirklich eine Bnmrnelei, für
die es gar keine Worte gibt. Na,
ich werde morgen mal mit dem Feld
tvebel reden, der kann sich auf einige
Freundlichkeiten gefaßt machen.
Wenn ich aber jetzt nur wüßte, was
ich mit den Sachen anfange? hier
liegen lassen lann ich sie doch nicht«
Wenn jemand kommen soll, kommt
natürlich kein Mensch, wenn nie
mand kommen soll, kommt natürlich
eine ganze Masse, sonst wiire es ja
das einsachste. ich ginge aus den fos
hinunter, weckte die beiden Schlii er,
wenn es sein müßte, mit Gewalt,
»und ließe sie dann hier oben Wache
halten, bis der Feldwebel zurück ist.
Aber das geht nicht, es bleibt mir
wahrhaftig kein anderer Ausweg,
als die ganzen Sachen wieder nach
anten zu schleppen.'·
s Noch einmal erhob er seine Stim
;me, um irgendein menschliches We
isen herbeiznloaem als aber auch das
sersolglos blieb, machte er sich daran,
idie Anziige wieder zusammen
) packen.
Und während er damit beschäftigt
war, machte er plötzlich eine Ent
idecknngi die ihn hinteniiber tanmeln
) ließ. Er selbst war Ches der zwölf
sten Kompagnie, und die holen und
die Juden, die da vor ihm ans der
Erde lagen nnd die er nun im
Schweiße seines Angesichts wieder
zusammensuchte. trugen den Stem
pel «neunte Kompagnie«t Er hatte
sich also um Sachen gekümmert, die
ihn gar nichts angingen, er hatte
Anziige, die ihm gar nicht gehörten,
in sein Kompagniereoier getragen
Starr, unbeweglich, mit großen,
entsehten Auan starrte er noch im
mer aus den schwarzen Stempel. Er
war unfähig« irgendeinen Gedanten
zu fassen.
«Erbarmung!« stöhnte er endlich
vor sich hin, das war alles, was er
zu sagen vermochte.
Da tönte von dein Kasernenhof
ein lautes Schreien, ein lautes
Schelten und Fluchen zu ihm empor.
Eine Todesangst besiel ihn. Soll
ten die beiden Schläser erwacht sein
und seinen Raubbemertt haben?
Mehr todt als lebendig össnete er
eins der Fenster und sah hinaus-.
Vor den beiden Leuten seiner Korn
pagnie, die nun wach geworden wa
ren, standen verschiedene Soldaten
der neunten und forderten rnit lau
tern Geschrei ihre Anziige zurück. Es
waren gerade nicht die zartesten Aus
drücke, die sie gebrauchten: »Ihr
Schlasrniihem wenn .hr Euch das-»
für den Schnapö beza len laßt undi
dasür auspasien wollt, daß uns nie-i
mand die Sachen tlaut, dann paßt;
auch gesitlligst aus! Und wenn die
Sachen nicht in siins Minuten hierl
sind, dann bauen wir Euch alle Zähne
ein, verstanden?« Und damit die bei
den ez auch begriffen, wurden ihnen
ein Diesend geballter Fäuste unter die
Nase gehalten .
Die beiden schwueen· Stein und
sein« sie hätten überhaupt nicht ge
schlafen, und sie hätten keine Ah
nung« wo die Anzüge geblieben wä
ren. das tiinne nicht mit richtigen
Dingen zugehen, da müsse irgend-:
eine Hexerei dabei im Spiele sein.
F Ader die anderen schienen an leine
jhexeret zu glauben, arn allerwenig
j sten un eine Hexerei ans hellen Nach
Jintttqg aus dem Kasernsnhos und
Hso entwickelte sich denn do unten die
schönste Reiterei.
Aber die hörte mit einem Male
aus. als plöilich aus einem weitge
össneten Fenster des obersten Konj
dprs in weitern Bogen verschiedene
Anziige zur Erde niederslogen.
Hauptmann Mehring war ganz weit
zurückgetreten, so daß er von unten
nicht gesehen werden konnte. und
schleuderte nun mit der Kraft der
Verzweiflung so viel Jucken und
Dosen, wie er jedesmal zu sotsen de
tomrnen lonnte, zum Fenster hin
l
l
aus
Und als er die legte Hase durch
die Lust fliegen sah, eilte er so schnells
wie möglich die Treppen hinunter.
Er that klug und weise daran, das
merkte er unterwegs, als ein paar
Kerls der neunten Kompagnie in
wilder hast an ihm vorbeistiirmten,
um oben aus dem Korridor den Dieb
zu erwischen. der im lebten Augen
blick. von seinem bösen Gewissen ge
trieben, die entwendeten Sachen zu
rückgegeben hatte.
»Na, die werden Augen machen,
wenn sie oben angekommen und nie
mand finden, und was wiirden see
erst sür Gesichter machen, wenn sie
wüßten, dasz ich selbst -—-«
Er schämte sich vor sich selbst, und
er siihlte, wie er ganz roth wurde.
Hossentlich kam die Sache nie an die
Oessentlichkeit, sonst war er anstreb
lich blamirt, er hätte sich ja entset
lich lächerlich gemacht, und das
Spotten der Kameraden würde kein
Ende nehmen«
Am liebsten wäre er so schnell wie
er konnte nach hause geeilt, aber
ihm war zumuthe wie einem Ver
brecher, der da glaubt, allein schon
durch sein schnelles Gehen Verdacht
zu erregen, so ging er denn. sich mit
aller Gewalt beherrschend, so lang
sam wie nur irgend möglich die
Treppen hinunter.
Da hörte er plötzlich oben aus dem
Korridor laute Stimmen und zor
nige Nuse der Enttiiuschung und
gleich daraus stürzte von oben herab
die wilde Jagd an ihm vorüber.
Aber nicht nur aus der Treppe. son
dern auch aus der gegraut-erliegen
den. »Man fix, man fix, so ’n Sa
tan! Nu is er doch ausgeknissen,
aber toir kriegen ihn schon noch, und
dann tann er was erleben!«
Dem armen hauptmann wurde
ganz elend zumuthr. Das einsachste
wäre gewesen, den Leuten zu erklä
ren wie die Sache zusammenhing
aber er siirchtete sich zu blamiren
und ausgelacht zu werden.
»Hossentlich kommen die Kerls
nicht von selbst aus den Gedanken,
daß ich derjenige bin« welcher«, sagte
er sich, »und doch liegt diese Vermu
thung eigentlich seht nahe. um so
mehr, als ich das einzige lebende
Wesen bin, das sie hier entdecken«
Und plötzlich bekam er es geradezu
mit der Angst, daß der eine oder der
andere aus den Verdacht kommen
könne« er habe die Sachen beiseite
geschasst, um sich, wenn auch nicht
siir seine eigene Person, so doch sür
seine Kompagnie einen Vortheil zu
verschassen. Das aber durste nie und
nimmer sein, es gab nur ein Mittel,
um die Kerls von seiner vollständigen
Unschuld zu überzeugen, er mußte ih
nen grob werden, und das that er
denn auch.«
«hinuneldonnektvetter, was itt das
siir eine BummeleU Was habt Jht
hier die Treppen herunterzuiagen2
Könnt Jhr Schafstiipse nicht die Au.
gen ausmachen und in strannnek Hai,
tung an mir vorübergehen, toie sich
das gehört? Welche Kompagnie seid
Jhk — Antwokt will ich hat-»in
donnerte er die Leute an, dasz diese
sich unschliisfsg ansahen, ob sie die
richtige Kompagnie angeben sollten
oder eine falsche.
Und schließlich entschlossen sie sich
zu dem lehteren Besser tvar immer
hin besser. Man konnte doch nicht
wissen, vielleicht sollten sie zur Be
strasnng gemeldet werden. da war es
schlauer, sie gaben sich nicht etst zu
erkennen. So tauschten die Soldaten
denn nochmals einen schnellen Blick,
und dann antwortete der eine iiir
alle: «Elste Kompagnie«
,So eine Irechheit«, dachte der
hanpttnann. »du hört denn dochz
alles aus« Dann fragte er: »Wisth
Jhr das aber auch ganz genau?« i
»so Befehl, Heer hauptmann.« l
H Da nahm dieser mit schnellems
)Gkiss zwei Leuten die Mützen vom;
Kopf nnd zeigte ihnen den Kompag
niestenrpei. »Ihr seid ja eine in-I
same Rasselbandr. Wenn ich Euch
jeht melde, fliegt hr toegen Belüi
Mk eines Vorgesei n drei Tage in
ichs
Kasten. Jhr solltet Euch was
men. Was habt Jhe überhaupt
so in der Kaserne bekannt-jagen nnd
Euch in meinem Kompagnieredier
berumzutreibeni Wenn ich heutej
nicht so guter Laune wäre, ließe ich
Euer Benehmen nicht so durchgehen.
Aber nun scheert Euch zum Teufels
wenn Ihr nicht sosort von der Erd
oberleche verschwunden seid, dann
gibt es ein Unglück
s Und wie die wilde Jagd stürniten
idie Kerls davon l
! Mit einem sreudestrahlenden Ge
,sicht sah Hauptmann Mehring ihnen
nach. Dann gab er sich selbO die
rechte hand, um sich zu gratuliren
und da er sie sich nicht mit der rech
ten schiitteln konnte, schüttelte er sie
sich mit der linken. »Das babe ich
sehr gut gemacht«, lobte er sich selbst»
»ich habe die Namen in den Mützen
gelesen, der eine hieß Müller und
der andere Dank-m die beiden habe
ich in der Gewalt, die werden sich
schön biiten, den Mund auszumachen
und etwas von den triersehwundenenl
Anziigen zu erzählen. denn sonltl
risliren sie, dasz ihre Lügengeschichtek
doch noch ans Tangeslicht tommt und-«
daß sie dann in den Kasten sliegen.
Und da von den anderen Leuten nie
mand der Behauptung widersvrach.
dass sie der neunten Kompagnie an
gehörten so haben sie sich mitschuldig
gemacht, und sie werden sich hüten,
sich selbst einer Bestrafung auszu
setzen So habetich wenigstens die
Gewißheit. daß von der ganzen Sache
nichts in die Oessentlichteit dringt
und daß niemand ersährt, wie lächer
lich ich mich gemacht habe. Vater im
Himmel ich danle Dir.«
Unwillkürlich saltete er die Hände
und dankte dem lieben HerraotL Er
war in der denkbar besten Laune, er
war mehr als sroh ——— einer großen
Blamage entronnen zu sein.
So erkannten ihn die Seinen
taum wieder, als er nach einer tleii
nen halben Stunde in der Schloß
allee austauchte und sich zu ihnen ge
sellte. Ja er war nicht einmal zor
nig, als er Frau Konstanze an der
Seite des Bürgermeisters dahin
schreiten sah. Der war in seiner
Unisorrn, mit seinen klirrenden
Sporen natürlich der Gegenstand des
allgemeinen Interesses. Jeder grüßte
ihn, jeder wollte von ihm bemerttk
sein, und es war beinahe. als wenns
ein leutseliger Fürst sich seinen loya
len Unterthanen zeigte; es schmeichel
te Frau Konstanzes Eitelkeit, daß
gerade sie an seiner Seite einher
schritt und daß alle Augen, die den
Bürgermeister bewunderten, auch sie
prüfen mußten. Sie hatte es vor
ausgesehen oder es wenigstens ge
hosst, daß sie ihn tressen würde« und
deshalb hatte sie sehr umständlich
Toilette gemacht. Für die lleine
Stadt war sie vielleicht etwas zu
elegant. aber sie erreichte ihren Zweck,
sie wurde bewundert, und vor allenl
Dingen merkte sie, wie sie auch ihm
gefiel.
Aberrnals begrüßten jeht einige
herren den Biirgermeister mit einer
gewissen Ehrfurcht und nnwilllürlich
neckte sie ihn: »Welch ein Gefühl
mußt Du, ogroszer Mann, bei der
Verehrung dieser Menge haben.«
«3una·chst das, lieber die Grüße
mit dem Lüften des Cylinders zu
beantworten, als durch das Anlegen
der Kavsbedeckung wie es ebenso
schön wie poetisch in dem Instruk
tionsbuch sür den Soldaten heißt.
Denn namentlich an einem so war
men Tage wie heute drückt die Mühe
bedeutend schwerer als ein grauer
Cnlinder.«
«Und weitere Glücksgesiihle wer
den gar nicht in Ihnen machi«
.,Doch". sagte er. »Ich bin stolz
und glücklich über die Stellung, die
ich mir hier geschaffen habe. Jch
sagte Jhnen neulich schon. es giebt
hier genug Leute, die mich nicht tie
ben, aber trahdem merken auch sie
nach nnd nach, daß ich nur das Beste
siic die Stadt will. Nichts liegt inir
ferner, ais meinem herrn Amtsvors
gönger irgend etwas Bisses nachsagen
zu wollen« aber in allem« was ich
über ihn höre, erinnert er mich sehr
an einen Bürgermeister in einer stei
nen notwegischen Stadt« mit dem
ich vor mehreren Jahren einmal in
einem ileinen Badenrte zusammen
tras. Der hats es sich ungewohnt,
sobald er sich über irgend etwas är
gerte. sein langes. wallendeg Nacht
gewand anzuziehen und zu Bett zu
gehen, «denn', so sagte er sich. »so
lange ich den schwarzen Rocl an hab-.
bin ich der Herr Bürgermeister. der
siir jeden zu sprechen sein muß. wenn
ich aber mein Nachtgewand angezo
gen habe, dann bin ich kein Bürger
meister mehr, sondern ein müder
Mensch, der zu Bette geht, und der
ist siir keinen Besucher zu haben«
»Auch eine Aussassung«, meinte sie
belustigt.
»Aber wohl nicht ganz die richtige«,
meinte er. »Ich sitt meine Person
sinde es wenigstens etwas sehr un
männlich, allen Unannehmlichleiten
einsach dadurch aus dem Wege zu
gehen. daß man sich seine Nachtmüsze
als moderne Tarnlappe aussetzt und
sich dadurch unsichtbar macht. »Min
eipiis obsta«, geh mit deinem dicken
Schädel so lange gegen alle Hinder
nisse an, bis du sie besiegt und über
wunden basi, das ist mein Wahl
spIUFDI
»Bravo!« lobte sie.
»Bitte-bitte teine Ursache«, wehr
te er ihre Anerkennung ab· »und im
iibrigen wissen Sie fa: schade ist es
doch um die Kastanienallee.«
Sie verstand ihn zuerst nicht. »Ach
so«, meinte sie schließlich. «Wie neu
lich meinem Lob und Anerkennung
der Tale folgte. so vermuthen Sie
das auch jetzt. Aber das kommt doch
nur aus Sie aanz allein an· das,
was mir an Jhnen gefällt, lobe ich,
was mir aber mißiällt —«
»Und was wäre da?«
Sie sah ihn an, als wolle sie ir
arndeine Untuaend an ihm entdecken
«Aeuszerlich ist Jhnen nichts anzu
sehen, auch in Jhren Augen leie ich
nichts, toas aus irgendeine Untuaend
schließen laßt. Aber trohdem find
Sie hoffentlich nicht ein ganz voll
tommener Mensch. Sie bliesen mir
das nicht übelnehmen, aber soge
nannte Musterlnaben, die nur aus
Tugend bestehen, sind siir mich etwas
Entsehliches. Gewiß ist’5 um die
Tugend etwas herrliches, aber of
fen gestanden, aus die Dauer ist sie
furchtbar langweilig.
»Das weiß der liebe Himmel«,
pflichtete er ihr bei, »aber fürchten
Sie nichts. gnädige Frau. Sie brau
chen mir Jhre Gnade nicht zu ent
ziehen, iin Gegentheil, nach den An
sichten, die Sie mir soeben entwickel
ten, bin ich vielleicht in JhrenAugen
der Inbegriff eines Manne-II
»Das glaube ich denn doch nicht so
ohne weiteres.«
»Bitte sehr, gnädiae Frau«, ver
theidigte er sich. »iragen Sie nur
Frau Brümmer. meine Wirthschafte
rin. Andere Männer pflegen ja mit
ihren Vorzügen zu prahlen, um sich
bei den Damen beliebi zu machen,
Ihnen araeniibrr muß man ja mit
seinen Fehlern renommiren. Jch lann
Jhnen nur noch einmal lagen: sta
gen Sie Frau Briimmer.«
»Aber die lenne ich doch gar nicht«,
meinte sie fröhlich.
(Fottsesziing solgt.)
Das sind die Dünimsten, die sich
einbilden, die Gescheitesten zu sein.
I I I
Die Menschen haben meistens desto
mehr Pflichtgefühl, je mehr es sich uin
die Pflichten anderer handelt.
O c I .
Die böse Leidenschaft ist zuerst ein
Gast; gewährst du ihr Gastrecht, s
Iiiacht sie sich bald zum hauiherrn
·- i -
Nur der ist der richtige Schmied sel
nes Glückes. dem Frau Fortuna den
Blaöbalg tritt.
i
Die femnifchen Cowboys möchten
ihre Kühe von der Flugmafchine aus
hüten. Wenn sie ihren Plan ausfüh
ren, wird die Herde bald manchen
Hirten sehen. der nicht mehr da ist«
«Ab qu. wie kannst Du Dich denn fo für tenfl Der Lötv «
stvvfthksk«setin et nun aber doch nichtqu »san«-» mp s f is ausg