Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 13, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Kloster Wendhusen
Roman von W. Heimburg
(17. Jortseyung und Schluß.)
»Schau- sie gesund i , was Gott
daid gehen möge, sollst - u Dir selbst
die Antwort von ihr holen; um Dich
aber zu beruhigen, will ich Dir erzäh
len, was sie mir nach Italien schrieb,
im letien Briefe, ehe sie krank wurde:
»Ich sage ja, von gan eni Herzen,
Gerhardh immer mehr sehe ich ein,
wie verbittert ich war; was hat mir
auch das arme Kind gethan, oasz ich
so bar ch zu ihr gewesen? Bringe sie
mir. erhardt, ich will Alles wieder
gut machen. wenn mir Gott das Leben
erhält; meine einzige Sehnsucht aus
dieser Weit ist die, meine Kinder liicks
lich zu wissen, glücklichen ali- dtih
und ich es weiten —
Und weiter schritten wir durch all«
das Brausen ver Frühlingsstürme; ec«
hängte mich, Charlotte wiederzu
sehe-— . .
»Gerhardt«, fragte i noch einmal,
als wir vor dem erleu teten Vesiibiil
der Billa standen und ich in dein mat
ten Lichtschein sein liebes Gesicht ganz
deutlich u eriennen vermochte, »Wer
hardi, sage nur. isi es denn auch
wirklich kein Traum s«
»Nein, Magdalene, es ist Wirklich
keit«, erwiderte er snft geriihrt und
sah mir in die Augen.
An der Treppe verabschiedete er sich
oon mir und sagte:
.Geh’ zu Charlotte hinaus. Lena.
ich komme bald nach —-—·'«
Ueberrascht wandte ich mich iini;»
iiber seinem Gesichte lag ein siiisth
rer Ernst. !
»Gerhardt«, rief ich erschreckt, »Du
will zu Ferra, Du ziirnst ihr!"
» sur ein paar Worte, Letta; geh«
ruhig-J hinaus, es ist bald gescheheii.«
,, ein« nein. Gerhardt«. bat ich min,
«la sie, bitte. bitte! Sie hat eH nicht
so chlimin gemeint. O, sage ihr heute
kein böses Wort, Geiiinrdt. nur heute
nicht!«
»Ich war nie milder gestimmt,
Lena. als in dieser Stunde, und des
hlb bindere mich nicht'«, erwiderte er
bestimmiz »Aus frischer That das
Hexe srei machen, ist das Beste, und
zw chen uns muß Manches tliir wei
den; ich will ihr iein so strenger Rich-.
ter sein, um Deinetwillen, Manda
lene. das verspreche ich Dir."
»Gekhatdt, ich bitte Dich«, flehte
ich, »der-gis, was sie gethan!"
Aber schon hatte er mit leiiem
Druck meine Hand fallen lassen, nnd
ieh sag ihn in erta’s Vorzimmek tre
ten. inen Augenblick zögerte ich noch
bange, dann eilte ich bie Itnsen hin
cui und pochte im Charlottes Thük
»Herein!" ries eine liebe, liare
Stimme, und im nächsten As gen
blick hielt ich Chorlotte umschlunan
Es war dunkel in dem traulichen
Raume, ich konnte ihr Gesicht gar nicht
sehen, aber ich strich mit leiier Hand
iibek ihre zIrteii Wangen nnd das
dnstig e Haar
»Liebe Charlotte, Lottchen bist Du
es denn wirtlich3'
«Ja, meine Leim, ich bin es wieder,
Deine alte Charlotte. Und Du?"
Jch barg mein Gesicht nn ibtet
Brust; nein ich ivar nicht mehr die
selbe. Die ganze iibergroske Glückse
ligkeit meines Herzens drängte sich
mir auf die Lippen, nnd doch sch oieg
jch; wie konnte ich ihr von einem
Glücke tagen, das sie soeben verloren
Jeh nieste stumm und schlang meinen
Arm noch fester um sie. Dann siihlte
ich einen Kuß ans meiner Stirn, sie
machte sicks srei von meinen Armen
und im nächsten Moment stund sie aus
dein kleinen Ballen-«
«Charlotie!« ries ich leite. ihr noch
eilend; aber sie hörte nicht. llnd in
dem matten Sternenlichte der Früh
lings-nacht sah ich ihr Gesicht unver
wandt nach den fernen Bergen gerich
ie«, me Hunde hatte ie eng gefaltei
iiber der Brust; der ind nahm ihr
den Schleier vom Kopfe, sie merkte es
nicht« aber er trug einen Gruß in die
weite Ferne.
»Robert! Robert!« hörte ich sie leise
sa en. ch wagte nicht« sie zu stören
un so tanden wir lange lange
Da scholl plötzlich lautes Sprechen
rvm Fioreidor herüber; angstvoll trat
ich ins Zimmer zurück und lauschte.
» Es sasiteJ emand aus den Driicter der
Thiir und öffnete sie ein wenig
Meine Braut ist hier bei Char
lotte«'. hörte ich Gerhardt’s Stimme:
wie selbstverständlich das klang, ale
sei ich schon seit lange «seine Braut!
Jch legte meine Hände an dir
Schlafen; ob es denn wirklich kein
Traum war's
Dann öffnete sich die Thür, heller
Lichtschein fiel herein und vor mir
stand Ferra. Die Tbiir blieb offen
und Gerhardt trat rasch zu mir und
sagte den Arm um mich legend
.,Ferra kommt, um Dich als Schwe
ster zu begrüßen, MaodaleneX
Ich fah sie an, und ein tiefes Mit
leid erfaßte mich, denn der Mund der
sich mühsam zum Lächeln zwang, war
bleich wie der Tod und die Hände, die
sich mir entgegenstreckten zitterten —
Sie sprach auch nicht. als ich einen
Moment meine Hande in die ihrer
legte, aber ihr schöner Kopf bog sich
genau so hochmiithia iu den Natter
ziiriiek, wie er es stets gethan mir ge
genüber.
Herrn gedenit Wendhusen ein-:
Zeit lang zu verlasseir««. sprach Ger
hardt so ruhig fort. alH sei von nichts
weiter und nur in der freundschaftlich
sten Weise zwischen ihnen verhandelt
morden; »schon längst war es ihr hei
szer Wunsch Jtalien zu sehen, ui ;
sobald Martin völlig außer Gefahr ist
will sie die Reise aiitretenA s
»Ich denke, in den nächsten Tagen« ,
kam es jetzt tonlos von ihren Lippen;
aber Du entschuldigst uiich Gerhxirdh
wenn ich mich zurückziehe. ich habe
Kopfweh, und —
Er reichte ihr die Hand, aber sie
wandte sich rasch ab; im nächsten
Augenblick schlosi sich die Thiir hinter
ihr und Dunkelheit herrschte wieder
im Gemach.
»O, Gerhardt!« rief ich »wir leid
thut sie mir!"
i
i
i
i
»Sie ift sehr betlagensivertts, Mag .
dalenr. denn sie wird nirgend-s Rnhei
finden, auch da draußen nicht in der;
Welt, wohin fie sich Io sehnt. Aber ich;
:hoffe, dereinst kommt sie wieder zu
jriich dann —- ivenn sie ej-) gelernt, die
ZLiebe zu verliehen, die sie jetzt noch
;verfchmiiht. Wo ist aber Lottchen'-!«
! »hier!« antwortete eine weicheStim-«
me neben uns; »ich will die Lampe an
ziinden, um die-kleine Braut zu fehen,
Gerhardt.«
Und als die Strahlen auf ihr fiißes
Gesicht fielen. da lag ein Lächeln um
den feinen Mund.
»O nein, nein, Bruder«, fliiiterte
sie, als er fie hastig km sich zog, nnd
ihr liebevoll in die vom Weinen ges
rötheten Augen sah, »nein, nein, iet
bin nicht neidisch. Gott iegue Euch
Euer Glück!«
Und als die Nacht herabfant. da
schwieg der Sturm da draußen, wol
lenlos blickte der Himmel hernieder-,
Stern auf Stern flammte auf und
tiefer Friede lag über Wendhufen
Tante Edith faß ini alten Kloster in
der Wohnstube auf ihrem Sopha: sie
tonnte ietzt ruhig fortgehen vom Bette
der Kranken, die Krifis war überstan
den; nun fchlief fie den tiefen. ieften
Schlaf der Genesung
Tante Edith hielt mein Abschiedsss
billet in der Hand und ihre Augen
ruhten leuchtend auf Gerhardt nnd
Imir die wir zusammen dor ihr sian
iden.
»O, Tantchen, liebes. einziges
iTctntchena . rief ich und kniete vor ihr
Enteder ,.tannft Du es Dir denn nur
vorsteüem daß ich Gerhaedts Braut
aeworden bin? Wunderst Du Dich
denn gar nicht?"
..Behiite Du Jungfer Unverstand!
Ich habe es schon lange gemerkt. daß
er bis iiber die Ohren in mein kleines
Zigeunerinadchen verliebt war.«·
Aber Gerhardt antwortete nicht, er
war zum Kamin getreten und nart
eben ein Papier in die Flammen; ich
ertannte die eigenthiimliche Form des
Briefes den Gottlteb vor Kurzem in
Joachim s Zimmer gefunden
s ..,«So saate er, »nun soll auch nichts
ymehr daran erinnern dqß es Leute
gab, die da meinten ich dürfte in al
"ler Welt keinen Anspruch machen aui
eigenes Glück. «
. »Wir werden bald wieder allein
sein Minia« sprach Tante Edith
leise und«’streichelte den weißen Liebs
lina, der aus die Lehne des Sop s
gesprungen war. »Do. schau sie ir
ans das treulofe Mädchen, wie sie
strahlt vor Glück! Alle Zärtlichkeitem
die uns Beiden sonst zu Gute lamen.
verschwendet fie nun an ihn. Aber
aelt, Minia. wir wußten es schon lan
ge. »daß wir sie nicht behalten wür
ten-"
»Dn liebste Tante", sliisterte ich
gerührt nnd tiißte die wetten Hände
der alten Dame, »wir soll ich Dir
doch jemals Deine Liebe und Güte
vergelten ?«
»halt, ieine Jhriinen mehr heut?
Lenlr«. ries Gerhardt. »Mit Du schon
an Georg gedacht-"'
Jch sprang jauchzend empor: Georg.
Gern-as Nun hatte er einen Beschützer
ein Vaterhans, eine Heimath! Jch solt
te nicht mehr weinen? Aber was half
es, die Ihriinen tamen mit aller
Macht.
»O, laß mich doch« Geehardt, est
srnd ja Freudenthränen.'«
M. K a p i t e l.
Vier Jahre sind versteichen ieit ies
nem Abend. Jahre des ungeteilt-teilen
gliicttichsten Lebens. Die Sonne scheint
endlich voll nnd aanz, eine wirlliebe
Segenssonne nnd ihre ctrahten leuch
ten zurück ans dein ernsten aiitiaei
Antlitz meines Mannes und aus siifien,
tachenden Kinderanaen » unsere Lin
deel O wenn meine Mutter es erlebt
hätte, wie gliitttich ich aeworden bin!'
Jkn alten Aebtisiinnenhanse tvobs
Iien wir, es ist die tranteste Heimatl;
ans Erden. Meine Aelteste, das tleine,
blonde Geschöpfchen mit den duntlen
Augen trippelte schon selbstständig den
Kokridor entlang imd pocht mit den
rosiaen Fingerchen an Tante Cdithg
Tbiir; und allemal wird sie inbetnt
empfangen. Jeden Nachmittag aber
schicke ich sie iniiber in die Billa z«
Großmatna, oder die immer noch unge
beugte Frauenaestalt lomknt telbst die
-breite Treppe hinaus und gebt direkt
in das Kinderzimmer, msich ihre
Enkelin zu holen; und die 1ikleine hängt
an der kruten Großniarna mit alt' der
jziirtlickisten Liebe eines Kinderberzexs
’ Der Junge in der Wieqe, der die
blauen Anaen von Gerhardt bat und
den Trohtops seiner Mutter e
tann sehr schreien. wenn ihm nicht
gleich der Willen gethan wird it
nnn aber der ganz besondere Lieb
ling der alten Dame; sie tann sich
nicht satt liisfen an dem runden, dum
men Gesichtchen und sitzt stundenlan
an der Wiege. —
Jeb habe eine sehr liebevolle Schwie
germutter, und der Augenblick, als ich
an ihrem. Bette kniete und sie mich als
Gerhardt’s Braut willkommen hieß ist
einer der bedeutungsvotltten meine-:
Lebens geworden.
Nie sprach sie von meiner Mutter.
und so weh es mir that. ich wagt
nicht zu fragen. Als ich aber mi«
Erbardt in ihrer Benleitung nncu
meiner Vaterstadt reiste um die Anc
steuer zu besorgen und sie anr nicht
mußte was re Alles der armen tleinen
Braut mit den leeren Händen schenken
sollte. und ich ihr mit Dantesthriiners
um den Hals fiel da sagte sie scheu
und hastig:
»Komm. Lena, bring’ mich nach
dem Kirchhofe n ihrem Grabe.« - -
Und dort sa sie lange« und bittere
Thriinen sind auf den eupheubewacdi
senen Hügel gefallen. Und als wir
endlich den Kirchhof verließen, da
nnhm sie meine hand:
»Ich dante Gott, Lena. daß ich ar
Dir aut machen kann, mag ich an ids
gesehit —."
Eine großere Genugthuung tonnte
ich mir nicht wünschen«
Dir Vibliothet ist Gerhardt’s Ar
beitszimmer geworden, fein Vater
hatte sie ichon als solches benuttx und
daneben das große Gemach mit dein
Balton. der in den Klostergarten siebt,
ift mein Zimmer. Dort steht mein
Niihtiichchen am Fenster. es aiebt für
mich teine fchönere Aussicht auf der
Welt: der Garten ist der Aufenthalt
meiner Kinder, sie sind darin aeborgen
wie in Abraham«2 Schock und tiein
Therese spielt so gern aus dem alten
Grabstein.
Dort schimmert er durch die Zwei
ge. mein liebster Platz; hatte mich
Gerbardt doch am Abend unseres Hoch
zeitstaaes auf den Balton geführt und
Iniir liisternd in dein bläulichen
kMondlichte erzählt, daß ihm dort zum
ersten Male die tleine Eoutine unter
dem rothen Malventranz so ginz de
sonders reizend erschienen fei, undi
daß er so oft- — so oft hinter deus
Jalousien gestanden habe. um dortx
hinunter zu sehen, ivo ich ahnungsloss
gesessen. ·
Gottlieb hatte uns zur Kirche ae I
sahren« und niemalss habe ich ihn
stolzer augsehend gesunden, als an je«
nein Tage, wo er die vier Fiictsse vomt
Bock der Brautlutithe leatte. Er war
auch der Erste, der mich »gniidiae?
Frau« anredete noch eher als unsere
alte Christiane welche die weite Reise!
nicht gescheut hatte um zu meinenj
’Ehrentaae bei mir zu sein Treuher
Hig saate der alte Manu, als er im
Namen der Dienerschast ein Hoch ans
brachte:
Gniidiae Frau, so ein Bischen habe
ich auch dazu arholsen, Sie wissen«i.«- H
schon — als Sie dazumal sort woll
ten —.« t
Jetzt söhrt er mich inst täglich sva i
zieren, mich und die Kinder; er ist iai
ganz besonders mein Kutscher aewor .
den · nach Gerhardts Bestimmung
und wenn ihm einmal der Kopf aner
steht so tnrannisirt er mich, und ganxi
ehrerbietig sagt ek:
»Das giebt einen Regen. wir wol J
len doch lieber zu hause bleiben, giiii-1
diae Fran, die Kinder möchten sich er i
tälten.«
Und dann nicle ich und sehe deui
Himmel an und selbst wenn mens
Auge keine Wolken entdeett saae ich
»Ihr habt Recht, Gottlieb wir blei- i
ksen heute zu Hause im Klosteriar1
en
Nur ein dunller Schatten raatxhiu
ein in diesen Somnieralanz Ferra
Sie hat das Unaliiet gehabt ihr
Söhnchen zu verlieren, uud dadurcht
schwand ihr letzter Halt. Sie ist eint
armes, belliiaeiisioerthes. ruheloseeil
Geschöps ceit einigen Jahren wieder
verheirathet mit dem alten Herrn vonl
S.. den sie einst Charfotte deitinimt
hatte. lelst sie abwechselnd in Paris-.
Baden:Badeii oder Italien. Sie kann
te sich nicht darein finden. mit dem
zu existiren, was Gerhardt ihr groß:
miithig anioie-:-, nachdem sie geglaubt
hatte, einmal Herrin auf Wendhnien
zu werden. Und so nahm sie die Hand
des deiahrten Mannes
Sie aing sehr dald fort oon Wend
lusen als Gerhnrdt mich seiner Mut
ter zusiihrte hatte sie die Van schon
verlassen. Sie war im Groll geschie
den von ihm nnd zürnt ihm noch heu
te. er nahm ia eine arme rau und
iollte doch gar teine haben. Lr ex Letzter
erzählte mir Tante Miit-, da rra
Alles versucht hatte um Wendhufen
fiir ihren Sohn zu erhalten, da galt s
ja freilich, um jeden Preis eine Hei
rath Gerhardts u hintertreibrn
Vor Kurzem erzielt ich aber einen
Brief von ihr, sie nannte mich ihre
kleine Mandalene und bat um eine
ziemlich hohe Summe. weil sie in
angenblietlicher Verleaenheit sei. Ger
ardt hat mir das Geld für sie einge
höndiat
..Sieh’«, sagte er. »so iöngt dac
llngliia an, sie hat Heimlichteiten vor
ihrem Gatten. Schreihe ihr. Lena,
und stelle ihr vor. daß nur da ein
HGliiet erwächst wo Vertrauen wohnt. "
J Ader sie hat mir nicht geantwortet.
Gehe Gott« daß noch einmal ein can
nenstrahl auch aus dieses dnntle Fleck
chen sätti!
llnd liharlotte iraate der Leier.
c, ich werde doch Charlotte nicht
vergessen! Sie ist ja eigentlich die
Heldin dieser Auszeichnungen, mein
liebe, schöne Charlotte. — Vor drei
Tagen bin ich mit meinem Mann it
Föllerode gewesen, an einem Präch
tigen Sommertage. Wir lamen als
die Letzten dort an, Mama nnd Tante
lfdith waren mit der Braut voraugae
fahren, Isliarlntte wollte ja in Fälle
rode getraut sein. - Ich lonnte mid
aar nicht trennen von den Kindern, ec
war oag erne Mal, daß ich von den«
lleinen Buben in der Wiene fort sein
sollte nnd dann galt es mich. eine
Hochzeit-»Ohne machen!
»Du mnszt ein weißes Kleid nnzie
hen", saate mein Mann nnd pfliickte
mir eigenhändig dunlelrothe Mulden
im Klostergarten, mn sie ins Haar zn
steilen·
Wie war er entziirlt von feiner llei
nen Frau im spigenbesesztrn Miilllleis
de; noch heute eben so, wie an unse
rem Hochzeitstage da die siriichtiaen
Kanten mich zum reiten Male schmück
lett.
Jn Fölterode fanden wir an annze
Hans mit Eichennnirlnnden belriinzt
nnd ais wie das Zimmer betraten,
begann die Trnnnna. Nur wir Mit
alteder der Familie standen nm dar
Branltsaar Vor dem mit Tannengriin
Qeiierten Altar: eH war eine so ernste
Feier, viel ernster noch als sonst, wo
sich zwei fiir das Leben binden
Gerhardt hielt meine hand fest is
der feinen, ich sah wie ihm die Anaen
feucht wurden; im Hintergrunde leuch
tete Gottlieb’s weißes Greisenbaupt.
Die Fenster des großen Gemachei
standen aedssnet nnd frischer Wal
dekathem zoq ein« Die schöne. blafse
Braut weinte, aber als der Peediqer
fragte, nb sie ihm zne Seite stehet
wollte in Lust nnd Schmerz. in Leid
nnd Frei-fis bis der Tod sie von ein
ander scheide? nnd ihr Mund das
»Ja« »Wind-in da schlang sich der
Arm des stattlirhen Mannes in mäch
tiger Bewegung nm die briintliche Ge
stalt, und so nmsaßt lnieten sie vor
dem Geistlichen nieder nnd segnend
legten sich die Hände des nlten Man
nes ans ihre Häupter: Charlotte von
Demphoff war Bertcks Weib arti-or
den nach langem inneren Kampfe.
Nein, es war teiiie fröhliche Hoch
zeit; fie durfte es auch n’ t fein. Aber
ergreifender und weilt-do er war ·ge:
iriß nimmer eine Feier, als iene
fikilichte Jochzeit in dein ioeltferneii
Jagerliau e. Stand doch in der let-lan
ten Mädchengefteilt niit dein·dernut«hig
gesenkten blonden Haupte die verlor
rette Liebe da. die mächti e, Alles
überwindende Liebe --—. ie Masse
tiefer Bewertung wich nicht von ihrem
schönen Gesicht nnd Robert'g Augen
kolgten ilir mit Bangiiileit, alk- lönne
ie ihm jetzt noch entrissen werden; und
wandte sie sich ilim zu. dann lag ein
Ausdruck der Dankbarteit auf feinen
eZügen, der mir die Thronen in die
Llugen trieb.
Rosige Dämmerung feiitte sich tier
iiieder, da fchiikten ioir uns-J iUt
Heimfaliit an. Ein inniger Fluß
Eisirlotte’s. ein Händedruck von Ilio
bert, nnd Gerliardt hob inieli in utifei
ten Wagen. ,
Die lriiöne junge Frau ifand cui
den Stufen iiiiter den hohen iiiaiein
deren Gipfel sich noch im Sonnen
lichte badeten; Adfchied nehmend
ichlcing sie die Arme nin den Hals
der Mutter, dann beugte sie sich zu
Tonte Edith herab; noch einmal
wintten aus dein ·!t3snienfeniter zwei
alte Frauengeiichter tieriiber nnd die
Pferde zoiien an.
«,,Adieu Climlottek Adieu Robert!'«
tiefen Gerliardt und ich, und Gott
lied folgte deni andern Wagen.
So lange ich sie felien konnte,
wandle iai den Kopf zurück: sie stan
den eng uinfchlungen auf der Treppe
und fchauteii uns nach, Nach ein
Eletzter Giqu ein Mitten, und das
Ieiniaine Forftliciug verfant hinter
Hiiiis iii den weiten griinen Backe-most
dern.« Gerhardt hielt meine Hand, und
fiiiweigend fuhren wir in den diiftigeii
Ali-end hinein. Das Adendroih ver
gluhte, im Often ftieg der Mond ein
isor und Schweigen ergoß sich iider die
Welt mit feinem silbernen Schein;
und endlich tauchte aus dunklem Laube
das hohe. fritzgieblige Dach hervor,
unter dein ineiue Kinder fchliiinnieeten
zuggeiidhufem ineine Heinintli inein
:— u . «
lind nun tdill ich ichlietzen
Im Nebenziminer höre ich Jante
Edith’H sauste Stimme; tåe erzählt
meiner Schwiegermutter von einem
Billet Nobert’6, das sie eben erhal
ten.
»Sie sind so glücklich Thereie«,
sagte sie.
Es iit eine Freude, die beiden alten
Damen zusammen zu sehen. zärtlicher
tiinnen Schwestern nicht vertehren mit
einander
habe ich nun von Allem gesprochen?
Ach nein; Georg, mein schlanter, hüb
tcher Bruder, Gerhcrrdt’s F«ieblina, den
selbst die eigenen Kinder nicht ask-.- dem
Herzen zu drängen vermochten, jetzt
ist er zu den Ferien hier.
Da kommt er eben iiber den Roten
rtatz im Klostergarten; er ist mir über
den Kopf gewachsen und ein fieiiziqen
tatentvotter Schüler geworden. Wenn
er das Eramen gemacht habe-! wird,
geht er nach Fislterode als Borste-few
anaenblicklich aber trägt er seine
Nichte: er iit aanz stolz geworden als
Onkel. Wie nnge chiett hält er das
kleine Thierchen auf dein Arme. aber
sie tacht und zanst ihm in den dunklen
Haaren. Sie hat nun einen Ersatz fiir
Tante Lottchech die sie so sehr ver
uiißtr.
Doch da springt mir noch ein Gast
irtuinrrend aus den Schreibtisch und
mahnt mich- ihrer nicht zu vergessen
.—---·Minta, die liebste Spielgeiöhktin
meiner Meinen, gehört sie nicht auch
zu Kloster Wendhuieii«t
kEndeJ
Schwieeige Ausgaben.
Die Ueberlieserung großer Gedanlen
oon einem Zeitaltet zum anderen nnd
von einem Volk zum anderen ist wohl
die Hauptausgabe der Menschheit
Wie schwierig aber solch ein Begin
nen in Wirklichkeit ist. läßt sich erken
nen, wenn man sich mit einigen von
den vielen Hunderten ganzen oder
teilweisen Uebersetzungen der Bibel
beschäftigt die das Wort Gottes
unte: den primitiven Völkern in al
len Gebieten der Erde verbreiten.
Einige solcher wunderlichen Schwie
einleiten. die sich beim Uebertragen der
diblischen Worte in den Speachschatz
und in die Anschauungen der Natur
völker ergeben, siihrt der Anthropolo
gieptosessot an der ameritanischen
Mark- Universität Alexander F· Cham
beelain in einem Aussatz von Harpers
Magazine an.
Bei der Uebersetzung des Neuen Te
ßaments in die Sprache der hottentots
denken Südaskika, in das Name-, be
reitet dee Name Jesus das größte
Kopfserbrechen Jn Roma bezeichnet
»Ist-Mel) die ssEndung stets etwas
BeidkicheeL so daß also der Hottentotte
bei dem Namen Jesus oder Christus
stets an eine Frau denlen müßte. Die
Wen-gnug mußte also die Bezeich
End nnd Christus anwenden
- dsEndnng ins Namen das
Mühe Geschlecht bezeichnet Auch
m M see Bibel mußten in
. We Ums-sonnt werden und
z. II I denn die tentottentinder
, II M M dal- u.
i- es- MW est-s ec
reitet dieThatsache. dass. viele primitioel
Sprachen siir Männer und Frauen;
aanz verschiedene Sprachformen hast
ben. «
Als der berühmte Missionar P. De·
Smet in der ersten Hälfte des 19.J
Jahrhunderts das Paternoster in derl
Sprache der Kotenaandinner inc
fiidöstlichen Britisch-Columbin wieder
gab, übersetzte er wörtlich: »Unser Va
ter im Himmel« mit ,,Katitonatla
»naeta". Dabei hatte er aber nur aus
»die Männer Rücksicht genommen, und.
Hdie Frauen weigerten sich durchauH
feine derartige Bitte gen Himmel zu»
richten. Die Frau redet nämlich ihs.
ren Vater mit «Kasonatla« an, so daß
also für die beiden Geschlechter auch
zwei verschiedene Formen des Vater
unser-s gewählt werden mußten. Die
Sprachen vieler afritanischer Nequ
siänrrne tennen eine große Menge von
Worten, die siir die Frrrnen »Tabu«
sind, weil sie mit dem Namen eines ih
Inen verwandten Mannes Aehnlichteit
Inder Jdentität haben. So entsteht
fein besonderer «Weiberdialett«, aus
den die Missionare bei ihren Ueber
«senungen Rücksicht nehmen müssen.
Im Kele, einer Sprache von Stil-ersti
lta, wurde das Gleichniß von dem ver
lirrten Schaf, iiber das sich der hirt
Jmehr sreut, wenn er es wiedergefunden
hat, wie iiber die «99« nicht verirrten,
Im den Mädchen bei den Bibeliibnnsi
sgen nicht mitgesagt. Sie we· erten
sich entschieden, die Worte mitzn agen.
Iund es stellte sich schließlich kraus das
I
die Wiens für w im Oele sehr
Tuch seit einem M tlinat, das
Ue em«1abu«tft. Ei war
te ein andere- eetesh und nun
ersreuten sich auch die Frauen an dem
schönen GleichniH. Jm Kele sind zum
Beispiel noch folgende Worte den
Frauen verboten: die Ausdrücke siir
Oel, Fleisch« Blatt Mann Wasser
Feuer, Ohr, Augen, Fisch usw. Da
her müssen bisweilen direkte »Frauen !
auågaben« der Bibel hergestellt werden
denn manchmal sind wie z B in der
alten Karaiben cprache der Antillen
qeaen 20 Prozent des qanzen Wort
scbatzez siir Männer und Frauen ver
sckieden
Bei den Jroleseandianern erregte.
die Uebersetzung »Ehre Vater und
Mutter« Anstoß. Denn bei ihnen er
scheint es gegen alle sprachliche und ges
sellschastliche ante Sitte, den Vater vor
der Mutter zu nennen. Sie empfan
den das «El)re Mutter und Vater«»
als den torrelten Ausdruck. —
Außer-ordentliche Schwierigkeiten
bereitet die Uebersetzung der vielen Bi
l-«,elstellen die sich mit dem Leben und
Treiben der Hirten beschäftigen, in die
Sprachen von Völkern, die niemals
eine Hirtentultur gekannt haben Jn
den verschiedenen Dialetten der Alam
tian- Jndianer von Massachusetts exi
stiert kein Wort siir WSchak Der be
riilnnte Missionar John Elidt seste
daher das englische Wort in den Plu
ral der Algmkiansprache und schrieb
« ,,«Sheepsog (Schase) und ««Lamtog
(Liirnnrer) Jn den Dialekt der Ojidi
was Jndianer wurde das SYs über
iiesi an m Thier, desse- ea nicht
dauerhaft ist«, und Lamm als Dir-eini
tidnrn von Schaf. n anderen Spra
chen hats man sich, ndern man »das
Las-a Somi« als »den geduldiqu
milden, guten Gott« übertrag. Die
Bibeliiberietznnq der GHtimoH foqt
fiir ,,Lmnm Gottes« »der tleine See
hnnd Gottes« und trifft dnmit qnt den
Sinn des Ausdrucks-, da fiir die Eritis
inoiinder ein lleiner Seehnnd diefelbel
Freude nnd Wonne bedeutet, wie beii
Uns ein Lämmchen. Die Hirten ons»
dem Felde, denen die Geburt des Herrn«l
vertiindigt wird, ließen sich oder in dies
lsöiimosproche nicht iilsersetzerh dn ein
solcher Begriff den Esticnos völlig
fremd wor. Jn den Kotongodialett
von Weitnfrila wurde dno « ort
»Hirte« mit »i lungo mbizi«, das h ißt,
der, der Thiere hütet«, übersetzt Aber
richtig war diese Wiederqobe nicht«
denn «mbizi« bedeutet «wilde Thiere«."
Jn derselben Bibel-Uebersetzung wird
das Wort «Jnngfrau« mit »ndurnho'«
widergegeben, was aber das aerade Ge
gentheil bedeutet, denn fiir Jnanrän
iichteit fehlt in Kalongo jede Bezeich
nung. Sei-en sich schon bei der Ueber
trogung folcher Worte dem Ueberfener
nniiberwindbnre Schwierigteiten ent
gegen, so ist es noch schlimmer bei Be
griffen wie Gott, heiliger Geist, Drei
.einigteit ner
Vie Wetterpropheten unter den
Thieren
spielen in den Bauernregeln eine wich
tige Rolle. Gewisse törperliche Emp
findungen, wie plöhlich onftretende
rhennrotisehe Schmerzen, gelten fchon
det Menschen als Verboten eines Wet
terurnschlogesz in weit höherem Maße
traut enon jedoch den mit leicht erreg
horen Sinnen ausgestatteten Thieren
die Wissen In, Witterungiumlchlsge
in i renr ersten Stadium wahrzuneh
nien Direkt prophetisehe Gabe aber
mißt der Voltesnlanbe den Vögeln bei,
wenn er ans dem längeren Verbleiben
der Zugvögel ans einen milden Wins
ter oder ans der sriihzeitigen Wande
rnng der wilden Gänse nach Süden
aus einen harten Winter schließt.
"«."teisteng gesteht man jedoch den Tie
ren nur die Fähigkeit zu einen nntnit
telbnr bevorstehenden Wetterwechsel zu
erkennen nnd zu verkünden Es gibt
gutes Wetter, wenn die Katze sich
putzt, schlechtes, wenn der Hund Gras
sriszt, das Hahn trat-L der Esel sich
schüttelt, weil er die Niisie siirchtet, der
Hase in den Wald lönst, damit ihm
der Regen nicht an die Ohren tonnne,
der Regenwnrin nach oben steigt, der
Maulwurf, ihm solgend, die tfrde aus-v
stößt« die Schwalbe tief stiegt nnd der
Psau unablässig schreit. Sturm ist
zu erwarten, wenn die Dohlen sich ver
sammeln und unruhig um den Ihnen
kreisen. Kriecht die Kröte aus den
Weg, so wird das Wetter gut; doch
Jihree Schwester ist dar- »Unken« ange
boten· Der Hahn ist der rechte Wet
ltervogeh doch sagt sein Krähen nicht
viel mehr als die modernen Wetter
prognosenc »Veränderlich, mit wech
selnder Bewölkung"; denn »wenn der
Hahn krölst auf dem Mist, so ändert
sich das Wetter, oder«s bleibt, wie ei
ist«. Besser is« schon, wenn man ihn
als Wetterfahne ans den Mechthurm
setzt; da schaut er anp, ob s nicht bald
Regen gibt; er ist ein Donor · Vogel
und Donat kommt von Westen herge
zogen. Großen Ruhm hat sich der
Laubseosch als Wetterpeophet erwor-;
ben; aber er muß schon im Wetter-(
polasi sisern wenn seine Fähigkeiten
S
tich etoeisen sollen. Auch unter den
Jnsetten gibt’g Weltetptopbeten.
Wenn die Fliegen stechen. tonnnt ein
Gewitter Bienen lehren schnell in
ihren Stock zurück, bevor das Unwet
ter eintritt. Wenn die Maitäset am
Abend lnsiia stiegen, so wird das Wet
ter schön. Die Ameisen tragen die
Puppen lange vor dem-Regen in den
Ban. Es gibt nrch Dutzende von Tbåe
ren, denen der Volksglaube die Fähig
teit der Wettetvokaussage zneklennL
und wollten wir sie alle bestaan, so
würden toik gewiß oftmals aus Mei
nnngsvekschiedenheiten stoßen; denn
selbst der aelelnteste Gelehrte tennt sich
mit dem Wetter nie ganz aus.
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Fök stets »Ja NillionenveixL iest
haIII S n wieder qeiehkttk
Sonntagsiäe »Aber ein-n
schönen Schte en hII ich ihm wenigst-II
emsejaqtl i«