Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 30, 1910, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats— Anzeiger und 71 set-old
Jahrgang :.« Grand Island Nebr. 30 September I 9.I0 Zweiter (Thcil.) Nummer 6
Weißt du noch?
Weißt du noch den Briiaensteg
Und die vielen Holderbiiitbenks
Und ans Gchislhaug, du, den Wem
Wo die rothen Rosen glühten?
Dur-nd en Sonntag aingen wir.
Mußte kootil ein Sonntag sein:
Lerchen stiegen in die Lust,
Und der Wiesen frischer Dust
Lud zum Wandern ein.
Manchmal ists init wie ein Traum . .
Gib mir deine liebe Hand.
Ach, oet Heebstmind rauscht so hohl,
Sage, siindest du ihn wohl,
Unsern Wea ins Feinderlanw
AlstedvonLielsen
— —.-—
Heit Dir im Siegerkranz.
Humoresie von A. v. H e n d e ci
Ckonr.
Regiernnqsraths Riese war ein
Prachtstiick.
Die Frau Regierungsrath Landen
hatte sie aus«- dem elieriichen Hause in
die Ehe aebracht und wirthschastete
mit ihr sei-Lin iibet zivanzia Jahre
zur gegenseitigen Zufriedenheit
Riese war ais zieimlich nngeschiiffe
net Diamant vom aLnde nach der
Stadt gekommen, wo sie sich nicht
nur in Hanswitthschast und Korb
tunst zur äußersten Vollkommenheit
entwickelte, sondern aim) kieistia bil
dete. Von alten schönen Künsten
hatte ek· ihr aber die Miisit am mei
sien angewan. und man konnte wahr
heitsqeteen berichten, daß ihre musi
lalische Bildung genau mit den mqu
lalischen Fortschritten Elsbethg, der
einzigen Tochter des hauses, vor
wärts aeaan en war. Und so hatte
sich im Lan e der Zeiten aus ihre-.
Mnsitbeaeifterung eine Angewobnheit
entwickelt, die zuerst von der Herr
schaft gar nicht einmal bemertt war.
dann aber still lächelnd geduldet
wurde, da sie weiter tein Aergerniszs
erregte.
Sobald niinsliche Besuch erwartet
oder eine Gesellschaft gegeben wurde,
öffnete Nie-te den Flügel im Salon
und stellte die Noten auf, die ihr für
die Giiite ani geeignetsten erschienen«
Eigentlich blitte Fräulein Elschen
nach ihrer Ansicht dann jedesmal dass
betreffende Stück spielen müssen, aber
eine schüchterne daraufhin zielende
Bemerkung war so kurz ausgelacht
worden, das; sie diese hochfliegenden
Pläne ein iiir allemal aufgab.
Sie degnijgte sich. daß ibre musi:
taltsche Begrüßung stumm nnd da
durch weniger wirtungsvoll auf dem
Flügel rrangte. Für große Festlich
teiten legte sie regeläfzig den Einzugs
der Gäste auf die Wartburg hin, abers
sisnsi mgdlte sie möglichst den Ver-«
sonen anhepaszt Kanten studirte Her
ten ins Heini-, lia meistens ein Stu-»
dentenlied anf, bei Ofsiiiersfamilien
ein Militärinarfch und Niete war nn-!
endlich stolz daraus, dass, sie fiir einenl
eingeladenen Schriftsteller die Ouver ;
tiire zu Dichter und Bauer« heraus »
gefunden hatte. ’
Allmähtich war bei den näher-J
Freunden ron Regierungsrathg etwa-Si
don dieser tiigenschaft Rietes betcnnts
geworden und jeder fah zuerst lächelnds
nach den: Stlavier, wenn er das aast s
liche Haus betrat. An- diesem Grundes
bekam das brave Mädchen fiir alles
auch einmal ernstlich Schelte, als f
die Paritur »Die lustigen Wittwe« fiirs
eine junge Wittwe aufstellte, der man!
nicht allzu tiefen Schmerz iiber den
Tod ihre-S Gatten nachfagte·
Der Hausherr teth fand niesen
Einfall köstlich nnd lachte mit keiner»
Familie herzlich darüber, aber durch ’
aehen lassen konnte er die Anziialichs
teit nicht. Wer weiß, was Rieke sonst
noch ausheatr. »
Trotz der eindriictlichen Strasdre ;
diat aina die Gescholtene heute schoni
wieder Mit sritchein Muth an ihr
Werk. Man erwartete des Abendsi
ein paar Gäste und darunter zums
ersten Male den jnnaen YJtilitärpsarJ
rer. Riese besuchte sleisiia seine Pres;
diaten lind schivärrnte beis; siir ihnj
Sie kochte daher mit noch aröszererJ
Liebe und Sorgfalt, als sonst und
suchte jetzt emsig unter Fräulein El- »
beth’s Noten nach einer passenden Be
grüßung sur den Hochverehrten
Sie wußte genau, was sich siir ihn
rDasitr. Jrgendein Lob- oder Dank
charal mußte es sein, aber den aab es
leider nicht unter den Noten So lief
die Alte ihr lilgbethchen auch hatte, in
diesem Moment zürnte sie ihr ernstlich
Was nutzte all der lockere Walzer- unt
Odenwalan damit konnte man kei
nen Herrn Winter enipsanaenk Das
mußte anders werden. Im Nothsall
kaufte sie selbst ein Choralduch für da
uiithste Mal. heute konnte sie leider
nichts mehr besorgen, und legte schlich-«
lich nach vielem Hin und Herdenten
»Seit dir im Sienertrnntz auf. Die
Nationalhyrnne war wenigstens etwas
tttedieaenes und zugleich Feierlichez
Zufrieden mit ihrer Wahl, ginq
Nietc dann in die Küche und freute
sich auf den Abend und den verehrten
Gast.
Der verehrte ant, der jun-Je Mi
litiirprediger Ernst Kaiser, freute fiel
nun mindestens ebenso heftig wie
Riete auf den Abend bei Regierungs
raths. Die Freude galt aber weni
aer seiner alten Verehrerin und de«
ren aensifi nrofkartiaen stochleiftungen
als der bubfchen Tochter des Hauses-,
de: blonden Elsbeth Die that es
ihm schon lange an mit ihren leuchten
den« braunen Augen und dem bald
fchelrnischen, bald ernsten Wesen Er
wagte nur noch nicht zu sprechen, da
er sich nicht tlar werden konnte, ob die
vielumtrorbene. verwöhnte Elsbeth
wohl rine einfache Pfarrfrau werden
wollte. Sie war ja immer freundlich
und liebenswürdig zu ihm, aber das
irar sie schließlich zu allen, daraus
durfte er fiir sich teine Hoffnung
schöpfen.
Vielleicht würde ihm der heutige
· bend in ihrem elterlichen Haufe eine
Aufklärung bringen. Vielleicht fand
sieh dort eine Gelegenheit, um init der
Geliebten zu sprechen
Etwas zitternd und zagend, aber
doch freudig bewegt, gina der Pfarrer
am Abend zu Landen-L Der Empfang
war ein fehr herrlicher und es fchien
ilun als habe Eli-! beth seinen Hände
druet durch einen leisen Gegendruet
warm erwidert. Zu feinem Entzücken
fast er auch bei Tifch neben ihr. aber
sie theilte sich mit ihrer Unterhaltuna
so aleishrniiszig zwischen den beiden
Nachbarn, daß feine hoch in«o Kraut
geschossenen Hoffnungen wieder etwas
gedrückt die Köpfe senkten. .
Nach Tisch stand man oenn Kaiser
in zwanglosen Gruppen. Ernst Kai
ser lehnte einsam am Ende des Flü
aels und schaute tiefsinnta in seine
Molintasse, als die heimlich Geliebte
zu ihm trat. »
Haben Sie schon gesehen, Herr;
Pfarrer, was siir Musik man bei uns
treibt?« sraatc sie lächelnd und wollte
fortfahren, als eine Freundin an si«
herantrat
»Ach, bitte. Elgbeth lomm einen
Moment«, bat sie, »meine Mutter
mochte Disti aern etwas sraqen.«
»Ich kehre aleich zurück. studiren
Sie nur inzwischen fleißia die No
ten-«
Elshetli lachte lustig und gina mit
der Freundin nach der andern Seite
des Zimmers..
Etwas erstaunt und sraaend sah
der Zurückgebliebene ihr nach. Was
sollte diese Ausfoirderuna bedeuten?
Stetste dahinter iraend ein verboten
ner Sinn, wollte sie ihm eine Aus
mnnteruna zu Theil werden lassen?
cfr trat neugierig zu den ansae
schlaaenen Roten und las Eil-er
lilschis
»Den ais im Siegerlranz.
Herrscher dcsz Vaterlands-,
Heil Kaiser dir!«
Verwirrt griff er sich nach der
Ztrm er verstand wirllich nicht« was
das heißen sollte. Aus einmal durch
zudte ihn ein Blitz des Verständnis
fes· Hatte Elsbeth nicht kürzlich mit
ihm über die Nationalhnmne aespro
stren? Hatte sie ihm nicht gesaat, daf,
fEir sie etwas Beqeisterndes nnd Muth
erweckendes darinliiges Bei ihrem site
sanae könnte man nur zum Ziege
schreiten.
lssin gliidlicheg Lächeln trat in das
Gesicht des jungen Pfarrers. Wie
fein die Geliebte ihm Muth machen
wollte. Seine Vermalheit nnd Un
sicherheit wohl merkend, konnte sie
ihm in mädchenhaster Zuriicthaltnng
nicht anders entgegentoinmen als so.
Hieß dieses nicht soviel wie: »False
Muth, sbrich und du wirst siegen, mein
Koiset.« Es lag auch noch solctf zarte
Beziehung aus seinen Namen darin.
Der glückliche Pfarrer zog seine
Schlüsse und Folgerungen recht ioie
ein Verliebter sie zieht, aoer er ivar
seht muthig und unverzagt. Noch heute
wollte er sprechen.
Wirklich ergab sich eine günstige
Gelegenheit dazu. Es wurde musi
zirt und die ganze Gesellschaft lausch
te dem vor-getragenen Liede, nur d
Tochter vom Hause war in das Sisei
sezimmer getreten, um eine baue-lich
Anordnung zu ertheilen. Schnell ent
schlossen, eilte Kaiser ihr nach, ergrisi
ihre beiden Hände und ehe die Ueber
raschte noch einen Ton reden konnte
ertliirte er ihr in warmen, herzliche
Worten seine Liebe.
Sie blieb zuerst ganz stumm. aber
als er dann nochmals innig staate:
,,(Fläbetb, wollen Sie meine geliebte.
tleine Frau werden?« nidte sie nur
leise beiibend mit dem Kopfe.
Er schloß sie bestig in seine Arme.
,,Daiik, Dank«, sagte er zärtlich.
»und Dank dafür, daß Du mir durch
den Hinweis auf die Noten Muth
machtest meine Werbung auszuspre
ck,en."
Sie hob erstaunt den Kopf »Mir-ab
den Hinweis aus die Noten habe id
Dir Muth geniaiht?« fragte sie ver
ständnißloH.
»Nun ja. hättest Du mir nicht das
Studium der von Dir aufgestellten
Roten empfohlen. würde ich heute
nrch nicht gewagt haben, zu spreche
Lllber das »Hei! dir im Siegerlranz«
sollte doch heißen: »Halt-e Muth,
dann wirst du siegen.«
Elgbeth machte sich aus den um
schlingenden Arme loH und lachte
lustig aus.
»Da mußt Du Dich bei unserer
alten Rieke bedanken, an den Noten
ist sie schuld; sie bewillkommnet näm
lich jeden neuen Gast mit einem ihr
vassend erscheinenden Musikstück Da
sie nun in unserem heidnischen Haus
hakt keinen Choral fiir Dich finde
konnte, nahm sie die Rationalhnmne,
die bei ihr gleich nach einem geistlichen
Liede kommt. Das wollte ich Dir ge
rade erzählen, alg mich Mieze Alters
rufen kam.« s
Der gliiclliche Bräutigam hat sichs
iser alten Miete auch sehr dankbar erst
triiesen, und diese ist nicht wenig stokzs
darauf, daß sie durch ihr musikalH
iches Feiuaesuhl ihrem Liebling Ekel-J
beth zum Glück verhelfen hat. l
Und regelmäßig. wenn die jungenl
Pfarrers-, in’H Elternhaus tommen,;
liegt auf dem geossneten Flügel:
,,Heil dir im Siegerkraiiz.« ;
----.« ;
Deutsche- Geschäftsleben :
Der deutsche Geschäftsmann gehts
bei der Erledigung seiner täglichen
Routinearbeiten energisch und syste
matisch zu Werte und macht sich das
oei eine technische Ausviivuug Fuj
Nutze, wie sie weder der Amerilaner
noch der Engläuder besist Er sieht.
unt sechs Uhr auf, nimmt sein tat-l
ges Frühstück zu sich. das gewöhnlich
nur aus Kaffee und Semmeln besteht,
und begibt sich sv schnell er kann, an
die Arbeit. Selten kommt er nach 8
Uhr in sein Bureau oder in seine Fa
brik. Das zweite Frühstück, ein beleg
tec-« Brötchen, trägt er gewöhnlich in
der Tasche mit sich und verzehrt eH
zwischen 10 und ll Ube, wo er fid:
auch aufhalten mag. Um 1 Uhr gebt
er beim, wenn er verheiratbet ist, und
nimmt dann das Hauptmabl des Ta
aeH zu sich. Dabei überstiirzt er sich
keineswegs und findet sogar nach dein
Essen noch Zeit siir ein Schläfchen.
Nach der Mittagsruhe trinkt er eine
Tasse Aasfee und steckt sich seine Zi
aarre .iu. Vor It llbr ist er wieder an
seinem Pulte. llnd dann beiinnt wie
der die Arbeit, die dauert. bis alle-J
erledigt ist. Manchmal wird es si ede:
l« Uhr. Das macht ihm wenig au:-.
Das Abendbrot veriebrt er erst, wenn
seine ganzeArbeit gethan ist. llnd bald
danach gebt esJ zu Bett.
Tie lange Mittagspause mag den-.
Amerilaner ausfallen, aber sie ermijg
licht es dem deutschen Geschäftsmann,
vier biiJ fiinf Stunden vor dein Diu
der und dann noch mal siius bis sieben
Stunden bei der Arbeit zu bleiben, 70
dasi durchschnittlich neun bis zwölf
Stunden täglich dein Geschäfte gewid
met sind. Dies ist bei melir alg drei
irkertel ier deutschen Gescliöftgwclt der
Fall. Aber auch die Angestellten sol
aen dem guten Beispiel. Vielleicht
geben nicht alle iuittaaa nach Haufe.
aber auch sie haben dan anderthalb bis
zwei Stunden Ullittaaszpause. Und
man verlanat von ibnen. daß sie im
Geschäfte bleiben, big die Tagesarbeit
erledigt ist.
Izlrbeiter straften aewobnlich nicht
so lanae. Ec- ist eine deutsche Staats
lehre, das; die Arbeitskraft das Haupt
vermögen des Volkes ist und aus die
sem Grunde schiitzt der Staat die Ae
keitsleute durch stritt diirchaesiihrte
Gesetze, die dazu bestimmt sind, ihre
Arbeits-kraft zu erhalten und sie vor
Mißbrauch jeder Art zu schützen.
Selbst wenn der Fabrikarbeiter wil
lens wäre, über die gewöhnliche Zeit
hinaus zu arbeiten, so sorgt dennoch
die irachsame Polizei dafür, daß die
Fabrik zur ae esetzlich vorgeschriebenen
Zeit geschlossen wird u ed alle Arbeiter
leiniaeheu So schreibt auch das Ge
set; ror wie viel Licht in einer Fabrik
Vorhanden sein innsr uid wie viel Ku
bilsuß Lust aus jeden Arbeiter kom
men müssen. Ganz aenau sind auch
die Bestiininunaen slir Ventilation
und Kanalisakion voraesehrieben. Die
Durchführnnq dieser Vorschriften ist
nun durchaus nicht den Fabrikinspet
toten iiberlassen, sondern die reauliire
Polizei muß sie erzwingen. Die Jn
spektion wird in Deutschland auch
nicht jährlich oder halbjährlich, son
dern täglich vorgenommen. Auf dieses
Weise ist jede Fabrik oder Werkstätte;
sortwährend unter polizeilicher Ueber
toaebung und die geringsten Verfeh
slungen gegen die gesetzlichen Vor I
schritten werden sofort angezeigt DE
l
i
weiteren muß jeder Arbeitegeber all
wöchentlich eine gewisse Summe siir
jeden seiner Angestellten in eine staat
liche Rasse zahlen, die als Zuschuß stir
bt: Alters- und Jnoiliditätg-Pensi0n
bestimmt ist.
- Dasijr dars aber auch der deutsche
Weschiistsmann erwarten, daß ihm
alle seine Angestellten mit Treue die
nen. Er kann keinen Angestellten
ohne weiteres entlassen. Die gering
sten Zwistigleiten zwischen Arbeiter
und Arbeits-geber werden in den Ge
t«-)erl«egeeichten geschlichtet. Dort er
halten beide Parteien Gehör nnd eine
gerechte Entscheidung da der Staat
leide in gleichem Maske schützt
Tein Ameriianer mag diese Staat-I
sitt-sorge unerträglich erscheinen, aber
sie schützt den deutschen Arbeiter, to: e
e« selbst wohl weiß, vor llnterdriit
its-ra, und bewahrt in den meisten
Fallen den Arbeits-geber vor den
schlimmen Folgen eines vermeidbaren
Streits.
Man darf auch nicht vergessen, das;
betre, Arbeits-geber und Arbeiter, ihre
EtJtilitLirzeit abgedient haben und bei
den Soldaten Disziplin Gelernt haben,
Gehorsam und die Fähigleii. den ei
aenen Willen dem Gesetze nnterzuord
nen
Diese militärische Dressur und ihrt
liinsluß aus die deutsche Denkungsart
hst auch gewiß die tuoische Stärke und
Schwäche der deutschen Handelgenh
trsiciluna zur Folge.
Der große Fabrikant oder der große
Kaufmann empfing zuerst seine techni
sche Ausbildung, dann seine militiiri
sehe Ausbildung. Er stieg zu seinem
Rana als General in der Armee der
Kaufleute durch langsame Beförde-:
runa empor. Er plant feine Arbeit
mit derselben Sorgfalt und Genauig
.,leit, mit denen er ein Schlachtproblern
Acker-betten würde. Gestiitzt auf sei
nen Plan. aibt er seine Befehle aus.
Er weiß. daß man seinen Ordreg pai
rieren wird, buchstäblich und genau.
Die Folge ist, war sein Plan gut, daß
auch die Resultate entsprechend sein
werden· War aber sein Plan fehlen
hast, --- und möaen seine llnterciebe—
ten auch zehnmal die Fehler acselieni
haben, s— seine Befehle werden den«-s
noch asigaefiihrt und die Folaen müs
sen natiirlich verhängnißvoll sein.
Aber man kann saaeu, daß die inei
sten der deutschen Handelgaeneräle in
ihren Kriegsplänen so aliictlich und
vorsichtig waren, wie Moltke, als er
sein Sadoroa und Sedan plante.
Darum haben die deutschen Industrien
arößere und proniptere Erfolae aufzu
weisen, als die iraend einer anderen
Nation. Darum bat sich der deutsche
iiberseeische Handel itnerioartet stark
entwickelt und darum ist Deutschland
eran und dran, die Handelsnorlierr
schaft der Welt an sich zu reißen
Aber die Deutschen haben auch ofi
arschsiftliche Mißerfolae zu uerzeich
nen· Und dann ist in den meisten
Fällen die Unselbständiakeit der An
aestellten daran schuld, die blind jeden
Befehl, den sie erhalten, besolaeii.
ileber Oraanisieren und ein zu Pein
liches System sind die Hauvtsehler im
deutschen liteseliiiitslelsen Durch bei
des wird der «iiel«.ti-.ie und aeschulte
Angestellte von ciaenniiielitiaeiii Han
deln abaksitireekt selbst nienn solclte
aeboteii iriiire Terselle Grund liiskt
oftmals-; die tshefg der Firma weit
mehr Sorafalt aiis iinn·-ichtiae tsiiiiels
heiten im liteschsiste als auf nieitsirh
tiae Geschäftspolitik verwenden
Selbst in kleinen Geschäften wir-d
das Eintaufen durch einen schier un
glaublichen Zopf erschwert. Dein au
teu System zu Liebe, müssen stunden
iknd Vertöiiser iinniitia leiden. Und
ioenn einmal so ein System einaefiihrt
worden ist« dann kann niemand und
nichts daran riitteln. Das aanie
deutsche Geschiistsstistein ist aus niili-:
törischen Grundsätzen ausaebaut. Und
im deutschen Handel herrscht immer
Kriegsrecht
--« k--zI--- sk« « J
Usck DUV Iult tun-tut mu« meinle
daß es den deutschen Geschäftsleuten
an Anpassungsfähigkeit fehlt. Ihr
famoses System ailt nur für das-» deut
fche Geschäft. Sie sind nicht so thö
riebt, wie ihre englischen und ameri
kanischen Rivalen, daß sie auf dieselbe
Weise daheim nnd im Ausland Ge
schäfte machen wollen. Der Deutsche,
rer die Weltinärtte erobern will,
schmiegt sich völlig den Geschäftsge
lsriiiichen der fremden Länder an. N
zwingt nicht die Kunden, wie es die
tsnglönder seit Jahrzehnten in China
nnd Jndicn qethan, feine, des Vertau
fers Sprache, zu sprechen. Der deut
fche Vertäufer sprichi stets die Sprache
des Landes, in dem er Geschäfte ma
chen will, chinesisch in China, spaniseh
in Süd:Amerita, arabisch in Arabien.
Das ist der Hauptgrund seiner lieber
leaenheit über den ameritanischen und
engliscken Konkurrenten
«Deutschland ist nicht mehr del-J
Land der Denter und Dichter, - es
ist das Land des Handels und derj
Schlachtschiffe.« Wie recht hatte ders
betannte Schriftsteller-, der diese Berl
hanptung aufstellte. Das Land des
Handels Die Zeiten der Goethe,
Schiller und Nietzsche sind vorbei.
Aber die Ballins, deren Schiffe die
Welt umfahren leben, die Krupps,
die den Nationen Waffen geben, die
Borsigg, deren Loloinotiven im Mor
genlande tlavpern, und die Siernens,
deren elektrifelxe Anlagen nach allen
Ländern der Erde gehen.
Jahrtausende alte Krankheits
Bilder-.
Jn der Wiener Gesellschaft der
Aerzte hat Dr. Kronseld zwei merk
würdige Kunstgegenstände aus dem
Altertum vorgesiihrt und besprochen
die zwar beide eine Beziehung zur Ge
schichte der Medizin haben, aber in
ihrer Bedeutung sehr verschieden sind.
Der eine lsefindet sich in einer Londo
ner Sammlung und besteht in einer
kleinen Bronzefigur von etwa I Zoll
höhe. Sie stellt einen jungen bartlos
sen Mann dar, der augenscheinlich ein
Kranter ist. Die nicht bedeckten stör
peetheile, namentlich der Hals und dies
Arme, zeugen von einer hochgradigens
Abmagerung Die kleine Smtuettel
wurde in Soissons ausgegraben und l
ist wahrscheinlich eine griechische Ar- T
beit aus der ersten Hälfte des driiten
Jahrhunderts vor unserer Zeitrechs
ming. Der Arzt erkennt darin mit
Sicherheit das Bild eines Schwind
siichtiaen, ohne Zweifel das iilteste inJ
oteser urt. furtjer freuten tut tnan «
darin die Nachbildung eines MazedoO
niers zu erblicken gemeint, der nach
indischer Sitte ein Fastgeliibdc abge
legt hatte, Tielleiasn nachdem re mit
tAlexander dem Großen nackt Judien
fgetommesi toar. Jetzt aber ist man
von dies-; Auslegung abgetuuuneu
und hält die kleine Statue fiir das
Votivbitd eines Kranken, das in ir
gend einem Heiligthum aufgestellt
wurde. «
Der zroeite Gegenstand ist noch be-«»
deutsamer, denn er bringt auf einer«
noch älteren griechischen Vase, die auf
das fünfte oorchristliche Jahrhundert
zurückgefiihrt wird, dieDarstellung der
Berufsthätigleit eines Arztes. Das
Kunstwerk befindet sich in Paris und
hat eine Höhe von 4 Zoll. Das Bild
zeigt sieben Personen. Der Arzt, der
nach dem spärlichen Barttvuchs noch
sehr jung sein muß und dessen schwar
zes Haar mit einem rothen Band um
tniipst ist, sitzt vor dem stehenden
Kranken, indem er mit seiner Linken
dessen rechten Vorderarin gefaßt hält,
während seine rechte Hand sich in einer
Stellung befindet, als ob er einenVers
band lösen wollte. An dieser Stelle ist
die Vase leider beschädigt, aber es las
ieu sich unter einem Vergrößerungs
glas auch noch Reste des Verband
zeugs erkennen. Der Kranke ist fast
nackt und blickt, auf einen Stab ge
ftiißt, sorgenvoll auf den Arzt herab.
Um sein linkes Haudgeleuk schlittgt fieh
ein rotes Bändchen, zweifellos ein
Atnulett. Au der Wand sind drei ke
kselförmige störper zu sehen, die nichts
anderes sein können als Schröpftöpfe
und andeuten, daß die sionsultation
im Sprechzimmcr des Arztes vor sich
geht. Vor dem Arzt steht außerdem
ein metallenes Betten auf einem aus
Löwenfiifzen get-ildetenDreifuf3. Dann
folgt das Bild eines zweiten Kranken,
der den linken Oberarm iu einer toeii
fzen Binde trägt und außerdem mit ei
nein ähnlichen Amulett ausgestattet
ist. Ein dritter Kranker stützt sich ste
hend auf einen Stock und hält in der
rechten Hand eine Blume. Ein vierter
hat einen Teil der Brust mit einer
weißen Bandage umschlungen, ist
gleichfalls aut einen Stab gestutzt und
spricht mit einem zwergenhasten Skla
ven, der ein Hasensell über der linken
Schulter trägt. Der fünfte und letzte
Kranke steht hinter dem Arzt und hat
einen Verband um das linle Bein.
Dr. Kronseld hält diese ganze Dar
stellung sür eine der wichtigsten ans
der ganzen Geschichte der Medizin, dn
sie namentlich mit Rücksicht auf ihr
hohes Alter nur wenige Nebenbuhler
hat. Aelter ist nur das berühmte Va
senbild aus dein sechsten oder siebenten
Jahrhundert, too der Wagenlenler
Sthenelog seinen vertvundeten Herrn
Tinniedess verbindet. Außerdem gibt
eH noch eine etwa gleichaltrige Darstel
lung aus einer Trinkschale im Berliner
Musenm, wo Achilles den Arm des
durch einen Pseilschuß verletzten Pa
irollus verbindet. Was jene süns
Kranken aus der Pariser Vase betrifft,
so halt sieKronfeld sämmtlich fürGicht
leidende Diese Krankheit wurde näm
lich imAlterthum lediglich mit Aderlaß
behandelt, außerdem durch Berbände.
Auch hielt man die rothes-aer die soss
wohl die Kranken in ihren Anruletten
wie der Arzt in seiner Haarbinde zur
Schau trägt, alg ein Mittel zur Be
kämpfung der GichL
C-—— -—.-...
Werth der Lüderißbuchter
Diamantselder.
Tr. Paul Rohrbach, der sich gegen-, s
wartig auf einer Studienreise durch
Siidwestafrila befindet, schreibt aus
Liideritzbucht: Ueber den Umfang und
oen Diamantengehalt der sogenannten
Liidrritzbuchter - Felder zwischen dem
26. Grad südlicher Breite und dem
Oranjefluß lassen sich bestimmte und
ins Einzelne gehende Angaben noch
nirlxt machen. Man lann nur soviel
sagen, daß der Wert der gesamten vor
handenen Steine und die voraussicht
liche Dauer des- Abbaueg die Anfangs
gehegten Erwartungen sehr bedeutend
übertreffen wird. Dagegen ist es mög
lich, fiir bestimmte Cinzelgebiete ge
nauere Vermutungen aufzustellen. So
befindet sich z. B. in unmittelbarer
Nähe von Litderitzbucht ein Feldlom
plex von etwa 5000 Heltaren Inhalt,
der einer einzelnen Gesellschaft gehört
und jetzt seit zwei Jahren im Betrieb
ist. Die während dieser Zeit erzielten
Resultate und die gleichzeitig ange
stellten Untersuchungen der noch nicht
in Angrisf genommenen Stellen mit
diamanthaltigeni Sand führen zu dem
Ergebnis, daß sich der Betrieb hier
noch etwa ein Jahrzehnt in der bishe
rigen billigen und verhältnismäßig
einfachen Art wird fortfiihren lassen;
daß man danach ein weiteres Jahr
zehnt mit durchgreifenderen Methoden
und größeren Kosten wird arbeiten
müssen, daß aber der Reinertrag durch
Steigerung der Produktion wird auf
derselben Höhe gehalten werden tön
ncn, und daß schließlich noch einige
ärmere Schlußjahre fiir den Betrieb
zu erwarten find.
Die ganze Menge der auf diesem
Feldergebiet lagernden Diamanten
darf aus etwa vier Millionen Karat
beziffert werden, was einen Wert,
das Karat zu 25 Mart gerechnet, von
rund 100 Millionen Mart ergeben
würde· Dabei wird vorausgesetzt,
dafr leine besonderen Ueberraschungen,
d. h unvermutete Anreicherungen ein
zelner Stellen, eintreten. Auch nach
dieser Richtung hin sind aber diejeni
gen Punkte, wo erfahrungsgemäß ein
besonders günstiges Mischungsverhält
nig zwischen den Diamanten und dem
übrigen Geschiede, dem sogenannten
Gravel, vermutet werden kann, bereits
olserflächlich untersucht. Auf hundert
oder zweihundert Millionen Mark
schätzte man vor 1«·1,- Jahren das ganze
Diamantengebiet, und die Leute, die
das taten, nannte man damals schon
Optimistenl Nun sind die übrigen
Felder allerdings noch nicht so genau
bearbeitet worden« wie der betreffende
Konxplex· Es läßt sich aber mit Be
stimmtheit sagen, daß allein schon die
iibrigen ang der Zeit vor der Diaman
tensperre stammenden privaten Gesell
schasten zusammen genommen ein
leehisfticheg gegenüber dieser einen Ge
sellschaft besitzen und daß die Deutsche
Tianianten Gesellschaft jede einzelne
der sriiheren Gründungen an Reich
tnm nnd Ausdehnung ihres Besitzes
weit überragt Wahrscheinlich sind
ihre Felder mehr wert, als die aller
anderen zusammen genommen. Die
Deutsche Diamanten Gesellschaft ist
eine Gründung jener vielgenannten
Deutschen Stolonial - Gesellschaft für
Siidwest Afrila, um deren Rechte es
sich bei den Reichstagsdebatten zu Ende
April und Anfang Mai dieses Jahres,
als SüdwesLAfrita aus der Tages
ordnung stand, gehandelt hat. Nach-:
dem durch den Abschluß des Vertrages
zwischen dem Fistug und der Kolo
nie-l - Gesellschaft endlich seste Ver
hältnisse eingetreten sind, wird sich
and-, die Gesamtprodnttion der süd
tvesmfritaniscben Dianmnten ruhiger
und stabiler gestalten. Für das Jahr
1910 kann man einen Mindetwert der
zu ertvartenden Produktion von 20
Millionen Mart annehmen, wovon in
Folge des neuen Vertrages mit der
Kolonial - Gesellschaft der südtvesti
asritanische Landesfistus etwas über
50 Prozent erhalten wird.
W
Auch ein Vorzug.
Der Bürgermeister eines Badenrteg
zählt stolz die Vorzüge Eder Stadt ans.
»Ist vielleicht auch irgend eine Be
riibsmttxeit ihier geb«oren?« fragte ein
BeldkslusL
»Nein, tdas noch nicht«, ertoloert der
Bürgermeister-. »Aber es kommen sso
viel-e zur Kur »den daß doch ab urtd
zu mal einer tjtier stirbt.«