Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 08, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    q-» L-» »W- --—M—W»
Das moderne Eifchen
Ein Wintetmärchen von Sophie
von Khuenbttn
»Was tichekt sie denn fo?« fragte
der uratte Tannenbaum feine Rach
dnrin. die zerzqufte Fichte, die auch
schon über die Feste Jugend hinaus
war. «Weiß nicht« sagte die ärger
lich. »Ist wohl wieder irgend einen
nötritchen Einfall!"
Die Beiden standen dicht beisam
men, hoch oden an der Bergiehne,
mit dem Ausblick auf die schneebedeckte
Wiese-change und das Wirthsgehöit
darunter. Hinter ihnen wuchsen in
üppiger Wiidheit die ftiimminen.
wetterharien Genossen« Fichten, Tan
nen, Föhren und Löwen« mit ihren
Kindern und Kindestindekn und dein
ganzen niederen hoffte-at von Wach
hotdetftauden Bogetdorn nnd Fir
tengettriipp.
Und in diesem Walde, der so weit
nnd groß wor, wohnte das Elfchen,
von dem sie sprachen, eine übermit
thige« kleine Seele, die sich alles er
laubte und den alten Bäumen man
chen Streich spielte.
Sie hatte sich von allen Elfentanten
energisch losgefagt. mit allen Mono
lcheintraditionen gebrochen und lebte
ihr eigene-, freies Leben. Kurz. ti:
war ein hochmodernes Elfchen gewor
den, trug ftatt langer blonder Locken
eine schicke, hohe Frisur und statt ver
obligaten, gelvenftischen Nebeltleidchen
allerlei aparte Totletten in holder
Abwechslung- Sie wollte nicht, wie
ihre Schwestern, nur in Bilderbiichern
der Kinder eine Rolle spielen, nein, sie
wollte ein ganz besonderes tslfchea
fein und große, ernsthafte Leute necken«
und quälen . . .
Also nahm das Elfchen zu Zeilen
auch menschliche Gelüste und Ge
wohnheiten an und freute sich immer
unbändig, wenn ihm irgend ein neue:,
lustiger Gedanke tam, der ein klein-g
Abenteuer versprach. Dann tichertc
es so laut wie eben fest. alr- die bei
den alten Bäume es gehört hatten . · .
«lltrrrutsch — ging eo in tausen
dem Tempo die lchneeige Lehne hin
unter auf dem Nodelschlitten. Der
junge Mann lenkte und das junge
Mdel hinter ihm in flottem Win
terdresz lachte. daß es wie silberne
Glocken llang. Als iie unten wareii,l
durselten sie übereinander im weichen!
Schnee, ltanden jauchzend auf, beutel »
ten die weihen Sternchen von ihreni
Sportioppen und Lappen und sahen
einander voll frifcher Lebensluft in die
rosigen Gesichter
»Das war feint« riefen sie beide
wie in einem Athem und dann wie
derholten sie das tolle, fröhliche
Spiel immer wieder von neuem und
immer wieder gabo eine entzückende
Bariante im Kugeln und Kollern und
immer heißer ward ihnen und immer
schöner fchien eo ihnen hier draußen
in der herrlichftillen, reinen Bergluft,
ganz hingegeben dem stählenden
Sport, der Natur, der erwachenden
Liebe.
»Ich weih nicht," sagte der junge
Mann, «mir ift, alo hätte ich Sie
schon wo gesehen, aber ich kann mich
nicht besinnen, wo es wart«
Das Mädchen lächelte geheimnißs
voll. «Vielleicht auf einem Ball «
ich bin bald dort, bald da, ich tanze
fo gern, als ich todte, —— ich fahre
auch im Tritt-Tritt wenn Sie wol
len, haben Sie einsi-w
.Leider nein,« sagte er lleinlaut.
«Schade,« sagte sie enttäufcht, »ich
werde alfo einen alten Grasen heira
then miissen. der eins besitzt, denn ich
finde es himmlisch, lo durch die Welt
zu rasen!
Er erlchral ehrlich. »Einen alten
Grafeni« fragte er in tläglichem
Ton, »das ist ja schrecklich —«
»O, das ist nicht fo schrecklich, wenn
er viel Geld hat,« sagte sie lachend,
»iibrigens wenn Sie Neigung daflir
haben, könnten Sie ja dann Chaufi
feur werden . . .«
.Sie lind ein wundervoll modernes
Mädelt« tagte der junge Mann
enthuiiaftisch, «ich follte zwar dem
nächfi meinen Doktor machen, aber
wenn Sie befehlen ——«
»O, das hat sa noch ein bißchen
Zeit,' scherzte sie, «vorläusig bin ich
ja noch nicht Gräsin . . .'«
»Aber Sie sehen so aus, so sein
und schick ——-" .Ja,« sagte das Mäd
chen nnd sah ihn mit ihren Funtel-.
augen totett an, »ich bin auch aus ur
altern Geschlecht, aber ich verschweige
das vor den Leuten, weil es mich ge.
nirt, wenn sie davon solch ein Wesen
machen und außerdem hat man heute
nur Feinde, wenn man ein bißchen
mehr ist als tausend andere, aber
meine Famiite ist ganz besonderer
Art · . .
.Sie sind ein entzückendeiz Ge
schöps!« sagte der junge Mensch und
sah sie bewundernd an, wie sie so vor
ihm stand in ihrer weichen Schlantheit
nnd Gelentigteit, anmuthig, Gesund
beit und Grazie ausströmend. Auch
er war ein hübscher Kerl, sehnig und
blähend, und die breite, wohlig
warme Wintersonne hüllte sie beide in
goldenen Glanz und spielte um sie «
herum aus dem dicken Schneepels des
Berges, löste alle lristaclenen Töne
und liesz sie sunleln, knistern, inein
anderslieszen in, leuchtender Schönheit
Bis in die Herzen der beiden Rvdler
stieg die wärmende Wintersonne binab
und weckte dort alle schlummernden
Gefühle lebendiger Jugend. Und als
sie noch einmal —- rrtutsch -— über
die sanwse, spiegelnde Bahn hinun
tersausien, da siel das— Müdel dem
jungen Mann unversehens in die
Arme, und er küßte es mit wilder
Fröhlichleit aus den rothen Mund . ..
I Es war Thauwetier eingetreten, die
Berge der Waldheimoth bleiben ein
Isam und die Rodler schlürsten in
FGaloschen über den feuchten Asphalt
der Großstadt. Walter Timm hatte
ieg besonders beschwerlich, den ganzen
iTug bewegte er sich in den Hauptsira:
J szen und suchte, die er nicht sand. Zwei
HPaar Galoschen hatte er schon durch
«gelatscht, mit seinem Regenscbirtn
balte er in der hast den Hut einer
IaIten Gräsin gespieszt und sich über
dies einen pyramidalen Schnnpsen ge
holt.
Alles das, weil er wie ein VerriäcL
»ter von einem Ende der sashionablen
«Gegend zum anderen rannte. Kaum
Jzum Essen nahm er sich Zeit und
seine Bücher hielten Winterschlas. Er
mußte sie doch endlich finden, seine
reizende Rrrrutsch-Genossin, aber er
fand sie nicht.
Sie hatte ihm gesagt, daß sie häu
fig in Wien sei, er werde sie fchan
sehen, werde sie im Theater, auf der
Straße treffen . . . sie wolle von ihm
ertannt sein, errathen, er solle nur
seine Augen gut ausmachen, nach ihr
aussviihen. Und wenn sie einander
wieder sähen, dann würde sie lachen
wie beim Nodeln und ihn ausbrechen
und dann würde sie mit ihm einen
herrlichen Abend verbringen, wenn er
wolle —--"
Ob er wollte! Und nun rannte er
die drite Woche durch alle Straßen
Theater, Cafes, Varietes vergeb
lich. Oft lächelten sengende Augen
ihn an, llang ein iibermiithiges La
chen an sein Ohr, aber es waren nicht
ihre Augen« nicht ihr Lachen. Ein
mal glaubte er sie gesehen zu hol-en,
im Töff-Töff, an der Seite eines
Herrn. Wenn sie den alten Grafen
schon gesunden hätte . . . weshalb
hatte sie ihm ihren Namen nicht nen
nen wollen? Und doch reizte ihn ge
rade diefes Geheimniß, das sie um
gab. wie nichts zuvor und er irrte
weiter und suchte und seine Blicke
brannten wie Scheinwerser aus jedes
Weib, das ihm begegnete.
Als wieder Schnee fiel, fuhr er
mit dem ersten Frühzug nach Mütz
zuschlag und von dort mit Schlitten»
bergeinwiirts. Vielleicht tam auch sie
wieder . . . . er zitterte nach diesems
Augenblic. Und stundenlang, tageii
lang jagte·und raste er mit Slis und’
Nodel über die blendendweisze Win
terdecke. Aber sie kam nicht. Er
fragte, beschrieb, suchte alle Dörfer
ab —— umsonst: Niemand lannte sie,
leiner erinnerte sich.
Da faßte Walter Iimm eine hef
tige besinnungslose Traurigkeit, wie
nur die Jugend sie fühlt, der jeder
Schmerz noch neu ist. Er beschloß,
zu sterben. Oben, aus der Berglehne«
von wo aus sie damals jauchzend zur
Tiefe glitten, wollte er sich erhängen.
Aber als er oben war und eben den
Strick von seinem Nodelschlitten lösen
wollte, da sauste ihm —-- rrrrutsch s
eine miichtige Schneemasse aus dem
Gezweig der alten Fichte über den
Kopf und Hals. Das kühle, priclelnde
Naß erniichterte ihn und als er es aus
den Augen gewischt hatte, sah er plötz
lich ilar die schimmernde schöne Welt
vor sich liegen und das verheißurrgs«
volle Leben, das ihm so vieles noch
schenken konnte. »Narr! Der ich
bin ---« sagte er sich, bestieg feinen
Schlitten und rodelte geheilten Sin
nes zu Thal . . ..
o i- i
Oben aber sprang das Elfchen
iibermiithig durch die Wipfel der
Bäume, daß sie sich ächzend bogen,
wars immerzu Schneeslocten nach dem
Enteilenden und lachte, daß es tlang
wie silbernes Schellengetlingel . . .
»Wer kommt nun dran?« fragte
der Tannengreis die Nachbarin Fichte
und gab ihr einen neetenden Stoß in
die Seite. »Lasz doch," lnarrte die
Verdrossene, »wer wird es fein alle
und keiner, das ist ja nicht anders bei
den Elfen von heute!« l
Ot- Octsststte vos schilt-s
stete.
Eise Schiller sein wundervolle
Lied von der Glocke schrieb, besuchte
er mit feiner Braut Charlotte von
Lengeseld und. ihrer Schwester, Frau
von Wotzogen oft die Glockengiefkerei
in Nudotsstadh um dort die Technik
des Glockengusses genau tennen zu
lernen. Zur Erinnerung an die Stun
den, die der Dichter in dem schlichten
hause zugebracht ·hat, ist an ihm einel
Tafel angebracht die folgende Verse
trägt:
«Steh’ Wanderer still, denn hier
entstand,
Deß keine zweite möglich werde,
Schaut von Schiller-i Meisterin-IT
Ote größte Glockenform der Erde.
lLukrroriftiiclje Slizze von Alwin
N ö in e r. j
Jeder-nah wenn der alte pfiffiges
Gabriel mit dem heute bitterernften
Vollmonds-gesteht geräuschlos in das
Krankenzimmer trat um irgend et
was Unnöthiges zu holen oder et-·»
was Ueberfliissiges hereinzubalanciren
schienen seine von Natur abstehenden
Ohren sich noch leainpkhafter nach
außen zu wölben, nach der Seite hin
über, wo der alte Baron Jobst von
Linimerforst, den die alten boshaften
Nachbarn wortspieleriich Immer-barst
getauft hatten, dem Notar sein Testa
ment in die Feder diltirte. i
Der alte lebenglustige Junggeselle
lag auf dem letzten Lager. Das Herz
wollte nicht mehr recht mitthun.
Schon seit zwei Jahren schlug er sich
mit dem Leiden herum, an dem die
Jobste von Limmerforst sich meist zu
grunde gerichtet hatten. Auf die
Jagd war er schon lange nicht mehr
)gkg(1ngkn. weil ihm das Klettern
schwer und schwerer geworden war.
sAber seinen geliebten Weinteller hatte
ser noch langsam, Marte fiir Marte
icufs Korn genommen und bis auf
lein paar elende Kriitzer zur Strecke
jgebrachh Nach dieser Richtung hin
also that es ihm wahrlich nicht wei
Zter leid, dasi nun Halali geblasen
werden sollt-. Höchstens die drei
schönen runden Anker Kirsche-rissen
die nun schon fiinf Jahre lagerten
und zweifellos immer töstlicher ges
"worden waren, erregten eine leise
Wehmutt; in seiner Brust. Aber er
»was-te doch schon, daß sie in Ken
nerhande lamen, daß der wasserhetle,
seuerstarte Schwnriwäloer ,,Airtch
»geischt« mit sachverständiaer Hingabe
iund andächtiger Danttarleit ges
schliirft werden würde. Denn er hatte
sie dem alten Gabriel zugedacht.
Aber er wollte nicht. daß der alte
schlaue Fuchs es vor der Zeit erss
führe. Sein humor war noch immers
obenauf, wie lahm und müde dass
Herz auch den Iatt dazu schlug, und
sliisternd wandte er sich an den enssigi
schreit-enden Justizrath: »Da tonlth
mein alter Nußtnaaer, der Gabriel,s
schon wieder! Ein neugieriaer FilouH
»Das reine Eichhörnchen! Wollen ihm;
ooch mai eins aufbinden, bester Herrl
Jirstizrath! Schreiben Sie also nicht«
»was ich Ihnen ietzt dittiret Aber thuni
ISie, bitte, so! Und dann sehen Sie’
sihn sich mal heimlich von der Seite an,
iioie sein Gesicht lang wird!"
Der Justizrath lächelte erbeitert.
Er hatte schon manch ein Testament
ausgenommen in seiner vieliährigen
Praxis; aber so viel unbetiimmerter
humor wie bei diesem von Schiner
zen gepeinigten alten Waldliiufer und
Weinbeißer war ihm bielang nir
gendwo begegnet in diesen meist triits
seligen, von verbissener Anast um
witterten Geschöpfen. Diese Jobste
von Limmerforst waren wirklich ein
tapferes Geschlecht! Schade, daß der
Lehte von ihnen nun die Reihe auf
ewig schließen würdet
»Was meinen Weinteller anbe
langt. mein lieber Herr Justizrath«,
sagte der Baron jetzt, als Gabriel
mit seiner Karaffee frischen Wassers
ganz in die Nähe getommen war,
»so bestimme ich. daß der Rest von
Flaschenweinen an das Krankenhaus-—
in Heilbronn fallen soll. An Fasten
ist meines Wissens-H nichts mehr vor
handen außer drei Antern Kirivti
wasser. An diesem Teufelozeua habi
ich mir den Tod geholt·
Wir wollen damit ein Exempel sta
tuiren. Am Tage meines Begräbnis
ses soll man die drei Fäßchen auf die
tleine Brücke am Schloßteich unten
rollen, die Spunde aufschlagen isna
das abscheuliche Getränt bis zum
letzten Tropfen ins Wasser laufen las
sent Haben Sie alles?"
,»J.1wohl, Herr Baron!« erklärte-·
Helnthoid. der Jktftizrath, mit einem
bestätigenden Kopfnickem während
Gabriel, ichlotternd vor brennendem
Kummer-, dein Aue-Sang zu haftete.
So war ihm wahrhaftig noch nicht-J
aus die Jterven gefallen atedieie un i
sinniae Bestimmung. Der arme Lin f
ron schien seine siins Sinne wohl
nicht ganz mehr heieinander zu ha
ben, sonst hätte er eine fo tolle Ver
geudung des herrlichen Stoffes nun
und nimmermehr verflixten tönnenl
Als er hinaus war, lachte Jobjt
Jmmerdorst lustig aus, und Heini
hold stimmte ein.
«hahen Sie beobachtet. wie er sich
gekrümmt hat vor Einsehen der alte
Horcher?« fragte er dann, seine
Schmerzen verheißend. »Ganz lies
sinnig ist er abgezogenl ..... Aber
nun schreiben Sie, ihm zum künstl
gen Trost: »die noch vorhandenen
drei Anker Kirfchrvasser erhält mein
alter Diener Gabriel Meisterin soll
aber houshiilterisch damit uingehn
und jahriibee nicht mehr als eins da
ron entteeten« Jst das in Ord
nungi Gut, dann kommen wir
an vie Vertheilung meiner kleinen
Sammlungenl«
Im Stiibchen draußen, wo der
l
Kutscken der Förster und die Gärt
nerhurschen versammelt traten und
auf Nachrictkten von drinnen warte
ten, schlug die Kunde von dem un
riihmlichen Ende das der geschätzte
,,Kirfchgeifcht« nehmen sollte, wie eine
Bombe ein
Gabriel war wie vernichtet in den
alten Lehnstuhl gesunken, der hier
als fein Ehrenplay galt:
»Eine Sünde ift’s und ein Un
sng!« murmelte er. »Und wenn er
tvirtlich bei Sinnen wör, hätte er
den schrecklichen Gednnten nimtner
betomtnen! Da lönnt ich einen Eid
darauf ablegen!«
,,Reinweg kindisch ist er gewor
den!« bestätigte der Forstmann »Viel
leicht läßt er auch die Jagdftntzen noch
alle verbrennen, die er mir immer
versprochen hat! Es wär eine Affen
schande!«
»Und darum mein ich«, fuhr Gas
briel wieder fort und warf einen
priifenden Blick auf den Kutscher nnd
die ihm unterstellten Gärtnerrurssbem
»wenn wir untereinander einig wö
ren und göben uns das Wort,
reinen Mund zu halten . . .'«
»Das tönnten wir schon!« entgeg
nete etwas ungeduldig der Kutscher,
der ganz von weitem eine gute Jdee
witterte, die ihm nur noch dicht ver
schleiert war. Denn er war nicht
gerade von sehr »äellem« Herkommen.
»Dann schlagt einl« verlangte Ga
briel. Und beinah feierlich schlossen
die fiinf Mannen einen Bund mit
Noch in der gleichen Nacht herrschte
im Keller des allzeit trintfkoh gewe
senen Jobft ein ebenso eifrtgecs wie
tzeintliches Wittlxschaften und Trei
ven.
Ein-Z nach dem anderen der drei
Fäßchen mußte sich den Hahn in dir
ztkiictssende Fülle stoßen lasset-. ,,Leife.
m- Gottes willen leise!« mahnte der
lsmve Gabriel, dem das Wasser im
Munde zusammenlief bei dem lieb
tichen Geräusch. tst tonnte seiner
hier unten nur flüchtige Gastrollen
geden, weit et droben Nachtwachc
hatte.
Gegen Mitternacht war alles- m
Ordnung. Die drei Anker zeigten
nicht die geringste Veränderung.
Spunde, Pfropfen, Sehnt-Medic alles
rrar scheinbar unversehrt am alten
Platze. Nur der köstliche Jnksalt war
aegen aenau so klares-, sprudelndes
Berawsasser vertauscht!
Jn Kannen und Krügen, Flaschen
und Töpsen zogen sie mit ihrem
Raube zufrieden schmunzeknd von
dannen. Alle ein wenia koanlend
und-mit einer unbandigen Lust, zu
jauchzen. Die ziellerlust hatte es ih
nen anqetban, wenigstens erwähnten
sie den ,,Kirschgeifcht« nach vieier Rich
tuna hin nicht. Gabriel hatte Noth,
sie unbemerkt aus dem Herrenhmse
zu bringen. Aber ec- aelanaI ihn
schließlich Der Streich war wunder
voll sie-glückt- Der dumme isntentiim
pel bekam im Leben kein Kirschwasserr
zu trinken! Dant seiner Fürsorge wari
dieser unglücklicken Jdee des guten,
aber schon bedauerlich verwirrte-i Ba
ron-Z ein Schnippchen, ein geradezu
genialeg Schnippchen geschlagen!
Er war doch wirklich ein aeriebe
ner Kerl! llnd wenn Jovst Immer
dorst hundertmal gesaak hatte: »Ga
briel ,du bist ein lfsekk"
Drei Tage drauf Ivar Jobst
von Linkmersorst leim zu seinen Vä
tern gegangen Schon am nächsten
Tage war die Test.iinent5erössnitna,
zu der sich die Verwandten mit erhe
bender Plinktlichkeit eingefunden hat
ten. Und eS aab in dein alten
Schloßsaal lauter iuiriedene Gelich
ter, obwole niemand vergaf« dasz der
entschlummerte Herr noch im Hause
ruhte. Ein leises Schmunzeln mischte
sich überall in den Ernst. Auch der
alte Foritmesnn nickte zufrieden Sie
hatten alle eine Leibrente erhalten«
die ihm lange aenug gedient hatten.
dem fröhlichen Herrn! Und die Ge:
wehte waren ihm wirklich als An
denken ver1n.«.cht. Nur als die Be
stimmung iiber die drei vollen Anker
Kirschssast vertesen wurde, bekam im
Saale jemand tolles Herzklonsem und
seine totaierbraunen Armen wurden
ängstlich groß ..... Was war das-?
Hatte er wirklich richtig gehört? lind
warum lächelte der Justizrath ihn so
heimlich an?
»Die noch vorhandenen drei Anker
Kirschwasser erhält mein alter Die
ner Gabriel Meisterle, soll alter haus
hölterisch damit umgehen und jahr
iiber nicht mehr als- ein davon ent
leeren!« hatte der Passus gekanteL
Und ein diskretes Lächeln zoar iiber
die Gesichter gehuicht, während sich
alle Blicke im Saal auf ihn rich
teten ..
Sie werden noch länger reichen, die
Anker drunten! O Gott. was war er
dumm gewesen in seiner Voreiligkeitl
Das Blut sauste ihm in den Ohren,
und vor seinen alten Augen tanzten
rothe und blaue Funken. Und dann
war es ihm, als käme aus« weiter,
weiter Ferne her eine Stimme durch
den Saal geslattert, eine autmiithig
lachende, wohlvertraute Stimme, die
ihren letzten Seufzer doch verhaucht
hatte. Die Stimme aber sprach wie
so oft: »Gabriel du bist ein Esel!"
— Und er hatte diesmal teine in
nere Widerrede mehr, sondern nickt
feufzend mit feinem runden Voll-1
mondsgefrcht dazu-. . l
-.
Uees als Traversars-.
Wenn der Todtensonntag uns mit
den Stimmungen der Tom-er auch
jdie schwarze Trauertracht wieder vor
Augen führt so erinnern mir uns
daran, daß die eigentliche Trauer
farbe auch bei uns lange Zeit das
Weiß gewesen ist« wie es auch-noch
heute bei manchen Völkern getragen
wird. Ursprunglich bezeichnete die
weiße Tracht die feierliche und heis
lige Stimmung, wie sie in den My
sterien des Glaubens nnd in den Ge
heimnissen des Todes uns entgegen
tritt. Das Gewand des Priesters und
des Tranernden war weis-.- Auch
heute noch wählt man mit Vorliebe
weißbliihende Pflanzen als Trauer
blumen. Jm Volke-glauben writin
ven weiße Blätter am Hausbanm
weiße Schmetterlinge nnd iiberbanpt
weiße Thiere den nahenden Tod Jn
den deutschen Balle-trachten bat sich
auch heute noch die weiße Farbe er
halten, so z. B. noch im Grnubiindem
nnd hie und da in anderen Annw
nen der Schweiz. Wichtig für das
Festhalten des Voltgglaubeng an der
weißen Trauersarbe ist die Bedeu
tung, die sie fiir die Tranmbedeutung
bestsi. Jedem steht der Tod bevor,
der von weißen Mäuien träumt. von
weißen Rüben, ineisibliihenden Pflan
czerr, weißen Haaren, von weißer Wä
sche, die am Trockenseil kfeinqenv iui
Winde flattert u. s. m. Die schwarze
Farbe hat in der Trautsidentung
iilserhaupt keine-Beziehung auf den
Tod, sondern an ihrer Stelle gilt
überall die blaue. Ajianninsnche Ers
innerungcu an die ursprüngliche Be
deutung des Weiß und seine Be
ziehung zum Tod hol-en sich ja auch
noch iikerall in unserer Kuttur und
Dichtung erhalten.
cui-meet cylvtai Schlimms.
Von einem Wunder ntenschliclser
Willenszälsigteit, von einem einarmi
gen blinden Pianistem der sich dont
der soraenvollen Hilfe der Königin
von Rumiinien auo llngliiet und Ar
inutk, zu viel bewunderter Künstler
ichcist emporschivingen tonnie, erzäh
len die »AnL«-ivers« interessante Einzel
beiten. Es handelt sich um den Pia
nisten Wladimir Dolangli. der in Bu
torest geboren wurde und als- ist-jähri
ger Knabe durch eine Errioiion einen
Arn-. und das Augenlicht verlor und
als hilfloseg Waisentind von der
Stätte der Fiotastrophe davongetragen
wurde. Seine Verwandten schielten
ihn in ein Blindeninstitut, ivo der Un
glückliche die Geschichte eines ungari
schen Musiters t,örte, der mit einer
Hand meisterhast Klavier spielte Von
diesem Tage an begann Wladiinir mit
eiserner Energie Musik zu studiren;
von frühester Kindheit an war er, feine
Sehnsucht gewesen. Musiier zu iver
den, und ein starkes Talent sliitzte sei
nen Willen. Er tibte täglich 12, ja 14
Stunden, und seine Zäbiqteit blieb
nicht erfolgtoLx nach 2 Jahren bereit-.
war er ein hervorragender Klavierspie
ler, der mit einer Hand eine Unzahl
von Werten augtvendig spielte. Cur
men Sylvia interessirte sich iiir dag
Schicksal des begobten Knaben, sie
sorgte siir seine Ausbildung und setzte
ihm eine Monatsrente von 7;')—, ranten
aug. Heute verdient der einorntige
Blinde au- einener Kraft das Hirn
bertsache.
Die Bemühen-seen die deutsche
Sprache zu reinigen
und siir alle Fremdwörter einen ge
eigneten Ersatz zu sinsdeu, sind nicht,
wie man gewöhnlich anzunetpnen
pflegt, erst neueren Urspruiigo. Schon
im Jahre 1645 hieß es in der Vorrede
zum »Adriatischen Roseniuno«, einem
gefühlvolleu Rom-an Nitterholds von
Blauem Wann der geneuisite Leser
eines oder das andere Wort. welches
wir rächt deutsch haben aäbcn wollen,
nicht so bald verftähen könnt-r, so wol
len wir ihm lzur Nachrijcht folgende
Mörter mit ihren neuen Namen an
härsezzen als: Pallas Kluginne.
Mars Heldreich, Vulcauug
Gluthsang, Venus Liebinne, Juno
Himmelinne, Flora Bluminne,
Echo :-=- Widerruf. Psabst--s:Groß-erzs
vater, Teppiche, s- Prunltiicher, Pistol
-—:- Neitpusser, Minute ZeitblicL
Maske : Mummqesichtr. Spazieren
aähen -«.- Lustwandelm Kabinet -:
Beizimmer, Täuster Taseleuchter,
Monarch :- (5rzlöiiin, politisch
weltselia. Komplimenten Braut
räden, Pomeranze Goldcxpsel, Al
tat Is- Gottestisch
Wie sagt doch Ben Vllibail Es ist
Alles schon dagewesen. Auch die Ver
suche, die deutsche Sprache von den
Fremdwörtern zu befreien, find nichts
Neues. .
--- s-—--.--»- -
Er leimt seine Frau
Sie: »Ich habe wieder mein Reißen
im Kopf.«
Er: »Sag’ schon reife-M
Eine iveichhetzise Seele.
Baron lzum Diener): »Wer M
Schneider nicht ernstlich böse, daß es
kein Geld lielaniism
Diener: »O nein, dem hab« ich Jhte
Lage so plaufibel gemacht, daß er se
weint hat!«
Kritik ·
Frau Meyer war zu einem Kans
mermusil- -,Abend fiir welchen sie eilt
Billet geschenkt bekommen hatte.
»Na — wie war s", fragt ihr Gaste
bei ihrer Rückkehr
»Ach,« erwidert sie, ,,es war nicht
viel los s-— ziemlich ärmlich —- vier
Musikanten waren man blos dal«
Ungenau ausgedrückt «
Hausfram »Wie, Sie tornmen al
lein, lieber Freunds«
Gast: »Ja, meine ganze Familie iss
leider schwer ettiiltet. Nur ich nicht«
Hausfrau: »O, das thut mir abei
lvirllich außerordentlich leid.«
Gott-isten
Herr Professor Tipselhuber speist in
einem Restaurant und läßt sich am
Schluß vom Kellner die Nota bringen.
Wie er sie prüft, sagt er:
»Sie, Kellner, in der Rechnung ist
ein Fehler!«'
»Wo denn?«
»Hier! Da steht Kotelette mit einem
t geschrieben«
»Pardon, Herr Professor! Jch
werde die Rechnung sofort ändern.«
Bald erscheint der Kellner wieder
mit seiner Nota und der Professor
liest nun: ein Thee 60 Pfg.
Ein Zwiegespräch
Au »Komm heute Abend zu uns«
altes Haus-N
B.: »Gut, ich werde mich einstel
len. «
«.)l.: »Meine Tochter studirt gegeuå
wärtia Musik . .
B.: »Ach, zu dumm! Da fällt mit
ein« daß ich sitr heute Abend schon
vergeben bin. Du mußt also schon
verzeihen, wenn ich nicht tocnme.«
A.: »Das ist aber sehr schade! Du
hast mich unterbrochen —— ich wollte
sagen: Meine Tochter studirt Musik its
Deutschland und da ist es bei uns et
was einsam·«
B.: »Du, vielleicht tann ich doch
noch absaaen und Euch heute be
suchcn.« «
«
Galnknlmmor.
Patient: »Ich möchte mir eines
Zahn ziehen lassen.« -
Zahnarzt: »Aber mit dem größten
Vergnüan !«
Patient: »O bitte, bitte, das Ver-.
quiigen ist ganz aus meiner Seite.«
Streng
K- II I Ter U '
»Dort dik, n lmtn du- Atcchhcm mich
zu fiiiiu1!«
»: U mmst natinlim Mu- nnvöi·t?«'
» Im jedesnml !« «
Reisesriimcnmq. «
»O I-. «« -,,,-,,,-x
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»Was? Eis Imsrhcn in den Teller mif
duSchiitzr(1l11«
,Dös macht nu, snun Erlnirzl iit eh
schön Nummng
stimmte-. !
IX
· Ase-»J- I -- - "Is W 'Is«"
Ll.: »Nicht webt-, das Fruilchun in der
«Momcnzrttmm« Iit nicht non du. «
V.: »Stimmt! woher weißt du das?«
A.: »Weil es so brill:.in qcskmiclms
iftl"