Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 04, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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    Das Spielhaus
Aus dem Schtrxedilchen von P. van
d e n T o f ch.
Jch war gerade zwanzig Jahre ge
worden, als eines Tages von Tante
henriette ein Brief eintraf. Ein Brief
von einer der Ianten war etwas so
Merkwürdiges daß ich sowohl wie
meine beiden jüngeren Brüder vor
Neugier iast vergehen wollten, als die
Mutter das kurze Schreiben durchlas:
« .Sende uns Deine Editb'«, schrieb
die Taute, »Autori« klagt fortwährend
und meint, daß es init ihr bald zu
Ende geht. Und ich werde auch wohl
bald abberuten werden« Ich weiß,
daß es Dir schwer fällt, Dich von dem
Mädchen zu trennen. Sie braucht
aber nur den Herbst zu bleiben. Geld
zur Reise folgt hierbei.«
Ja, das Reisegeld war ja da. Es
stimmte genau, aber auch keinen Pfen
nig mehr.
Ich kann nicht behaupten, das-, ich
sehr erbaut war. Denn eine Vergniis
gnugsreife war dies sicherlich nicht.
Die Tanten waren eigentlich Groß
tanten väterlicherfeits, Die älteste,
Fräulein Emilie, war aber vor eini
gen Jahren gestorben. Wenn nichts
besonderes eintraf, so wiirden ihre Er
sparnisse eines Tages auf uns über
stehen, und dies war wohl eigentlich
der Grund, weshalb ich reiste.
Eines Abends um 7 Uhr. eine
Woche später, verließ ich auf einer
entlegen-n Landst.itivn den Zug. Eine
wohlgenährte alte Wirthfchaiterin
nahm mich in Empfang und ich folg:
te ihr im ströinenden Regen durch ei
nige dnntle, nsintlige Straßen, uni
schen deren holvrigen Steinen das
Wasser in Bächen rann.
Ich balanzirte mich vorsichtig vors
wär-ts, von Stein tu Stein hävfind.
während ist«- mich neugierig nach ei
nern lebenden Wesen nmsab
»Wir atnnen an morschen Bretter
zaunen entlan,1« deren lfinfsrniialeit
hier und da durch ein niedriaeg Häng
chen mit kleinen Fensterscheiben un
irrt-rochen wurde. Schließlich tainen
tvir an einen langen schwarzen Zaum
in dessen Mitte ein großes, finsteres,
aus- ziezrel aedautes Haus zum Vor-—
lckein inni. Wie ich später erfuhr,
lag e-:« am äußersten Ende des Stadt
cheno und wurde zum Unterschied von
den denatbarten holzbauten das
.Zieaelhaus« genannt.
Die Tarni-n empfingen mich auf
dem Flur. Schwar»iaetleidet, zufam
nienaeschrumpft und tlein mit glän
send kreiszen Mützen und lchwarzsei
denen Schätze-. Alles sah aus« als
sei es erst eben aeroaschen und credit
grli. Denselben exatten Eindruck
machte die Wohnung. Die Möbel
standen wohlqerichtet an den Wiinien,
die Gurt-irren hingen in dichten, ste
sen Falten vor den Fenstern und er
innerten an Leichentiicher. Alle Decken
und Polster waren verhangen, und
das alte Piano ioar aewissenhast ver
schlossen, damit sich kein Staub auf
die Tasten trate. lieberall roch es nach
getrockneten Rosenbliittern nnd duni
vier Zimmerlust
·D-Js fängt aut ant« dichte ich-. ais
die Wirthfchasterin eine arosze Terrine
mit dampfender Biersuppe aus den
Tisch stellte. Bierluppe toar nun ein
mal mein Schrecken.
Keine der Tanten sprach, wkhrend
wir aben. und ich wußte nicht, womit
ich anfanan sollte.
Die Lampe sandte einen matten
Schein in den großen Saal, und eine
hohe Standuhr in Schwarz und gol
denem Gehäuse tickte so laut, daß ich
ihr Echo irn Kopie fviirtr. Ach starrte
sie an, bis meine Augen schmerztem
und je mehr ich sie ansah, desto ine.,-.
schien sie einemSarae zu gleichen. Das
runde, neige Zitserolntt sal) wie ein
bleiches Gesicht aus, und die weiße,
Gardine am Fenster war das Leichen
tuch. Die mageren, schwang-kleide
ten Tanten waren die Leidtragenden,
und ich selbst ·-—- was war ich nur?
Vielleicht die Todte-« Ja, fürwahr,
mir war, als sei ich zu meiner eigenen
Beerdigung hier.
Es fehlte nicht viel, so hätte ich vor
Schreck geschrieen, als rie llhr zu
schlagen begann. Erst kam ein sur
render Laut. Dann acht langsame,
unansgenehm tlare und durchdringen
de Schläge, die in allen dunklen Ecken
des großen Raume-z widerhallten, und
schließlich ein schioaches, tlagendes
Sausen, das irgendwo am andern
Ende des hauies zu verhallen schien
Iante Aurora hatte meine Gedan
ken scheinbar errathen. Sie nirtte
nachdenklich mit dem kleinen vertrock:
neten Kopf und sagte mit ihrer ein
iönigen, tla enden Stimme:
»Ach. gro er Gott, wie die Zeit ver
rinnt. Die alte tlhr dort geht schon
in ihr zweites Jahrhundert, und zehn
Jahre sind bereits verflossen, als sie
Einilieni wegen ltillltand.«
Als Antwort aui meinen tragenden
Blick fügte sie ertliirend hinzu:
.Seitdem beiorge ich alle Sonn
tagrnorgen das Aufziehen Es wird
nicht mehr lange dauern, dann
locnrnk die Reihe an mich· Emilie
zog sie vor mir auf, an einem Freitag
Abend um neun Uhr blieb sie aber
stehen. Sie itand eine Woche still,
und am nächsten Freitag Abend um
neun starb Emiliel Ja ja, is ja!
Lange wird es nicht mehr dauern,
dann folg-.- ich ihrt«
Mein Zins-net machte auf mich den
selben unangenehmen Eindr ck, wie
das ganze norige Haut Satt der
beiden dünnen Stearinlichte hätte ich
vor dem dunklen Spiegel lieber eine
Lampe ge abt. Wenn ich mich spie
gelte, tout ich im Gesicht ganz lang
und grilnlich schillernd, und das
ganze Zimmer roch dumpf und nach
Kam vhen Das Bett stand in einem
Ali-even, var dem schwere, griine Vor
lxiinge hingen. E
»Seht-se gut, liebes Kind!« sagte
Iante Henriettr. »Du ängftigft dich
doch nicht, weil du hier gana allein
iiegft? Die Tdiir dort ift ader ver
schlossen. Sie ift feit zehn Jahren
nicht geöffnet worden. Dort bat näm
lich Entilir gewohnt. Sie war am
liebsten allein, und deshalb og sie sich
nach dieier Seite des hau ei- zurück
So, iedt fchlafe gut. Um sieben Uhr
wirft du morgen früh geweckt.«
»Wenn Tante Emilie mich in Ruhe
läßt, werde ich schon schlafen«, dachte
Sobrld ich allein war, schob ich
einen schweren Tifch vor die verschlos
iene Thiir. setzte einen Stuhl auf den
Tisch und versuchte dann -— aber
ohne Erfolg » die Ihiir nach dem
Flur zu oerriegeln. Leider ging fie
nach außen nnd ließ sich deshalb nicht
verbarritadiren. Um nicht übernim
pelt zu werden, band ich das eine
Ende einer ftarten Schnur an dasi
Schloß und befeftigte das andere ani
dem maisiven Handgriff eines großen
Klei-derfchranles.
Schließlich wagte ich es, mich zu
entkleiden. Kam Tante Einilie ietzt,
io würde ich vorbereitet fein·
Der Sicherheit wegen untersuchte
ich den Kleiderichrant und blickte un
ter das Bett. Erft dann legte ich mich
nieder. Plötzlich fuhr ich vor Ent
fetzen auf und zündete das Licht
ichnell wieder an. Mir war einne
fallen, daß sich an beiden Seiten des
Altovens Garderoken befinden muß-i
ten. Richtig, da waren ia die Tape-l
tenthiiren. Und erleichtert atlnnete
ifch ani, als ich die Garberoben leer
and.
Es dauerte lange, bis ich einschlief.
Mit vorn Schreck geschärstent Gehör
lag ich da und horchte aus die Stille,
horchte auf die schwachen, unbestimm
ten Laute« die in dem alten Hausel
lörbar wurden. wo das Holz morsch
und die Steine verwittert waren.
Laute. von denen Keiner sagen kann,
wie sie entstehen und woher sie lom:
men.
Nach und nach forderte aber die
Natur ilir Recht. Jch schlief ties und
et.
Anf einmal fuhr ich ani. Ein
unbestimmter Laut, ein unangeneh
nie-i GesiibL als befinde sich Jemand
in der Nähe. hatte mich aus dem
Schlafe geweckt.
War es ein Traum oder hatte wirt
lich Jemand die Hand unter dac· Kis
sen gesteckt und meinen Kovi ganz
leiie etwas in die Höhe gehoben?
Ich tämpste gegen den»Schlas, vie
Gedanten singen an sich zu ordnen,
nnd ein erwachendes Bewußtsein,
daß ich von et·nas geweckt wurde,
was tein Traun-. war, bewirtte, daß
ich unbeweglich still liegen blieb und
horchte. Die Stille wirtte einschlä
sernd, die schweren Augenlider ichlos
sen sich rson neuem, nnd ich schlief
ein. Das letzte, wag mir erinnerlich
ist« war ein Litsthauch oder etwas
wie ein tiihler Zug. der iiber mein
Gesicht glitt. Ich schüttelte strich, zog
die Decte iiber den Raps und wachte
erst aus, als die Wirthschasterin mich
arn Morgen dadurch weilte, daß sie
vor der Thiir meinen Namen ries.
Drei Wochen verrannen wie ein
einziger armer Tag.
Nach und nach sing ich an, mich an
Iante Henriettee Latinen, Tante Au
toras Klagen, die schwarze Uhr nnd
die stillen, dunklen Ränme zu ge
wöhnen- Stnnde verran aus Stunde,
Tag aui Tag. Nur die Sonntage
brachten etwas Abwechslung. Dann
wurden alle Iischdeclen lleberziige
nnd Kissen gekehrt, Tante Henriette
las die Sonntaagpredigt lweil wir
des Regens wegen nicht zur Kirche ge
hen tonnten),«nnd aus-er einem aut
desedten Frühstüastisch gab es zu
Mittag drei Gerichte.
Das einzige, woran ich nstcti nicht
aewöhncn konnte, war Tante limi
!ie. Jclk hätte daraus wetten mögen,
daß ec- Tante lsrnilie mar, die
Nachts meinen Schlaf störte. Mehr
mais war ich nrit dem bestimmten»
Gefühl ausgeiahrem daß jemand
mich wecktr. Lange Minuten lag ich
dann wach da. während ich ängstlich
auf jeden Laut horchte, der meinen
Verdacht bestätian lonnte. Einmal
schrie ich laut auf, als ein talter
Lustzug itoszweise über mein Gesicht
strich.
Eines Abends -- ich erinnere mich
dessen noch io deutlich· daß ich den
Windhauch wiedererlennen iviirde,
der durch die Kronen der entblätter
ten Bäume strich —- Fing ich in den
großen Obstgarten hinaus-. Ich hatte
Kopfschrnerzen
Es hatte den ganzen Tag gereg.
net, dir Steige waren naß, und die
halb vermoderten Blätter blieben an
den Schuhen tleben.- Hier und da
lam der Mond zwischen den Wolken
hervor und wars ein sputartiaeg
Licht iiber die lnorrigen, blattlosen
alten Obstbiiume, beleuchtete die
holprigen Steine aus dem Hosplatz
und erhellte die grün-schimmernden
Fensterscheiben in dem sinsteren alten
Hause.
Einen Augenblick glaubte ich das
runzlige Antlih einer alten Matrone
in weisser Mühe hinter einer der
Scheiben zu sehen. .Vielletcht war
es eine der Tauten, die mir nach
schaute. Gleich daraus siel es mir
aber ein. daß das Fenster in Tante
Emilieö Wohnung gehörte, die ja
immer verschlossen gehalten wurde
Ali ich wieder das Haus betrat,
fragte ich die alte Wirthschasterin,
ob eine der Tanten in dem Zimmerl
gewesen sei, und erzählte ihr, was
ich hinter dem Fenster gesehen hatte.
»Um Gottes willen«, rief sie aus.
»wenn Fräulein Aurora es erfährt,
stirbt sie vor Schreck! Das ist sicher
nienkand anders, als das selige
Fräulein Ernilie gewesen. Und
ebenso sicher ist es, daß es hier im
Hause bald wieder eineEi Leiche gibt.«
Meine Annahme, diß es wohl der
Mond :r.1r, der aus die Fensterschei
be schien, wurde nicht beachtet.
Diesen Abend thiirmte ich vor
Fräulein Emilies Thiir alle losen
Möbel ous und nahm fiir die anderen
eine etwas dickere Schnur als sonst.
Gegen Mitternacht schlief ich schließ
lich ein, wurde over gleich daraus
durch ein fürchterliches Getöse geweckt,
das durch das ganze große Haus
schallte. Entsetzt und mit llappern
den Zähnen richtete ich mich im Bett
aus und horchte. Jetzt hörte ich nur
noch in einiger Entfernung einen sur
renden. tlingenden Laut, der nach
und nach dahinstarb.
Einige endlose Selunden vergin
gen. während ich aufgerichtet im
Bett saß und unauggeseyt in der
größten Spannung lauschte. Dann
vernahm ich leise tastende Schritte.
eine Hand, die nach dein Schloß
suchte und mit aller Gewalt an der
Thiir riittelte.
«.licmmen Sie schnell, Fräulein
Edith,· wie sieht es hier bei Jhnen
aus-. Alle Möbel haben Sie ja gegen
Fräulein Ernilies Thiir gerückt. Aber
tomnien Sie setzt. Die Uhr ist stehen
geblieben, beide Geevichte sind zu Bo
den gefallen, und Fräulein Aurora
hat sich io erschrocken, Ins-, ich sofort
den Arzt holen muß.«
Jch wars einen schnellen Blick aus
die grosze schwarze Uhr, als ich halb
angelleidet durch den Saal eilte. Die
Zeiger waren aus halb eins stehen
geblieben und mir wollte es in der
unsicheren Beleuchtung scheinen, als
grinste dac« weiße Zifferblntt mich
höhnide an.
Vier Tage mater itard zanke
Aurora liunkt halb ein«-. Fräulein
chriette befolgte meinen Rath und
zog die Uhr nicht wieder ius. Gleich
nach der Beerdigung sultr sie mit mir
nach Hause und blieb bei uan dies
Neuiaitr. Dann kehrte sie in ihr altes
diisteres Heim iuriiet· Dort starb auch
sie bald daraus. Die Wirthschaitetin
behauptete .1her,dasi es in dem alten
Gehättse während ihres Todeskampfes
so wehmützia aeticlt habe. Die Uhr
gehörte ja nun einmal iur Familie.
Dar- diistere Haus und das kleine
Vermögen cielen, wie wir erwartet
hatten uns zu. Wir behielten einiges
Hausgeräth Dag- andere kam unter
den Hammer-. Was aus der Uhr ge
worden i,st habe ich nie erfahren Von
uns vollte sie teiner haben
speeusstos at- Les-ret.
Wie der ,,Moniteur de la Flotte«
mittheilt, hat seit einiger Zeit in der
englischen Krieggmarine die Neigung
um sich gegriffen, Cordit zu essen, wie
andere Seeleute den weit harmloseren
Tobak kauen. tkordit ist das neue
englische Sprengpulvee, dag in seiner
zerstörenden Wirkung dem Melinit
gleichkommt, und so wird man eg he
greislich finden, daß die englischen
ElJtilitärbehörden der neuen Ge
schmackeclrichtung der Marinesoldaten
wenig Sympathien entgegenbringen,
ihr vielmehr mit den schärfsten Straf
androhungen zu begegnen suchen.
Es ist teine leichte Aufgabe, den Sor—
ditgenusi in der englischen Marine
einzuschriinten oder auszurotten, denn
wer einmal die Wirkung des tsordit
an sich erfahren hat, sucht sich seiner
aus alle mögliche Weise wieder zu he
mächtigen. Durch den Hitprozentigen
Nitroglyzeringehalt ist der Geschmack
dieses Sprengstosseg ein eigenartig
süßer, aber das ist nicht, wag die Sol
daten zu begeisterten Liebhabern des s
selben gemacht hat, seine Wirkung aus
das Nervensystem ist vielmehr eine
solche wie die von Opiutn und Mor
lphiunk Jn kleineren Dosen genoin
;men, wirlt Cordit leicht anregend, in
istärteren dagegen wie Haschisch nnd
»erregt etstatische Vorstellungen nnd
Bilder, die nach einer Weile von ei
nein Zustand tvillenloser Gleichgültig
teit abgelöst werden. Angesicht- die
set Wirkung läßt sich der Kampf der
englischen Marinehehördeit gesien die
gefährliche Liebhaberei ihrer Mann
schasten wohl verstehen, ganz abge
sehen davon, daß die Fiillung der
Geschosse nicht dazu da ist« unt Von
iden Soldaten gegessen zu werden.
Auskunft
Meinen Sommernrlaub verbrachte
ich bei einein Schulsreunde, einem
Rittergutsbesitzer. Als ich eines Ta
ges allein iiber die Wiesen spazieren
ging, sah ich einen alten, biederen
Landmann mit dem Mähen von Gras
beschiistigt. Jch wollte ein Gespräch
mit ihm anknüpfen, und sagte: »Ihr
mäht wohl das Gras sitr den gnädi
gen denn?«
»Nee,« brummte der Alte und ließ
sich in der Arbeit nicht stören.
»Dann ntäht Jhr wohl das Gras
siir Euch selbst?«
»Nee!«
»Nun, siir wen mäht Jhr denn das
Gras?«
«Fiir die Kühe!"
Der Kineriiatograph.
Novellette von Franikois de
Nion.
Jn der hellerleuchteten Halle des
Hotels saßen John Shermont, seine
junge Frau Marie und deren Freun
din Klara Larade behaglich am Ther
tisch. «
»Ich lasse Dich jetzt ein Weilchen
allein mit Deiner Freundin blau
dern«, sagte John, »ich will inzwi
schen die Eintrittslarten für den Ki
nematographen besorgeu.«
Er drehte sich um, ging schnellen
Schrittes über den Hof und ver
schwand, ohne sich noch einmal um
zusehen.
»Dein Gatte ist ein reizender
Menschl« rief Frau Larade.
»Und wenn Du erst wiißtest, wie
gut er ist.«
»Wie ist denn eigentlich Eure Hei
rath zustande gekommen? Jch konnte
mich laum von dem Erstaunen erho
len, als ich Deinen Brief mit der
Nachricht belam.«
»Ich habe mich selber tauin erholt,
aber ich will mich auch gar nicht da-»
von erholen.« «
»Also der Blitz zündete aus beiden
Seiten?«
»Ich will eH Dir erzählen: Ach, es
war ja so wunderbar und so wunder
hiibscht Du weißt, wie verzweifelt
Matna und ich waren» weil wir gar
keine Nachrichten von Paul betauien.«
»Ihr wißt immer noch nichts von
Deinem Buan .
»Wir glauben jetzt, daß er vor acht
Monaten Transvaal verlassen hat.«
»Wieso?«
»Ja, das .c)aiidelsl1aitg. in dem er
angestellt ist, hat endlich erfahren,
daf; die Kanonen, die er den Bitten
bringen sollte, gut abgeliefert worden
sind. Sie haben eiu stabeltelearanun
bekommen. Da Paul einen falschen
Namen angenommen hatte, nin seine
Schleichtoaaren desto sicherer iiber De
lagoa einzuschtnnggeln, so ist seine
Spur verloren gegangen nnd seine
Briese haben sich verirrt oder find
aufgehalten worden« «
»Und weiterf«
»Wenn er seine Kanonen abliefern
tonnte, so hatte er den nördlichen
Theil erreicht, der damals- nach in
den Händen der Rennblil war; er
konnte es nicht wagen, iiber das Kap
zurückzukehren die tsngländer hätten
ihn abgesangen; er mußte also mit
den Karawanen die französischen Nie
derlassungen in der Nähe des Tschads
fees zu erreichen suchen. So hat es
nn- neulich Herr Gerson, der Direk
tor der Stahltoerte, genau erklärt.
Nun verste en wir anch, daß er nicht
schreiben konnte. Ach, wie haben
Mama nnd ich nng gestern; toir hat
ten ihn schon ioor geglaubt, nno nun
sind wir beinahe sicher, daß er lebt;
toer weiß, ob cr nicht nächstens an
loinntt.«
»Er toiirde doch jedenfalls tetegra
phiren!«
»Ach, die Depesche toiirde ich ihm
schenken«
»Aber Du wolltest mir ja von
Deiner Heirath erzählen?«
»Das ist so getotnntenr iin Sinn
mer waren wir doch in Bonlognr.
wesen, nm etwas Seelust zu genie«
wir waren so traurig, so unglücklich
über Paul-H Schweigen; ein Abgrund
schiert ihn oerschlnngen zu haben; wir
fragten uns jeden Augenblick, ob er
wohl noch lebe . . . . plötzlich tauchte
in unserm Hotel ein junger Engländer
Faus, Herr Sherinont.'«
»Ah, ah!«
»Wir brachten in Erfahrung, daß
er ein bei kiiandsontain verwundetcr
Offizier sei, nnd sofort kain uns der
Gedanke, daß er Paul gesehen haben
könnte, das; er uns- vielleicht etkvag
Von ihn-. berichten würde. Es war
vereiickt, aber - turi, eines Tages
konnte ich nicht mehr an mich halten,
ich redeie ilin an, ich sraate ihn .
Es war ein nninderootler Morgen
an: Strande, die Sonne so klar, at
tec« so schön . .
»Und Du so hiibfch!«
»Ich weis-, nicht, ob ich hiiissch aus
sah, ais-et er muß eg wohl gesunden
haben cenn . .
»Da-.- tfnde war Eure Verlobung«
»Ja. Natürlich wußte er nichts
von Paul. Wir haben im engsten
Kreise die Hochzeit gefeiert, nur die
vier Zeugen und einige Verwandte;
darum konnte ich Dich auch nicht
einluden. Aber Du kannst glauben,
daß Maina genügende tieknndiguns
gen eingezogen nat. Er bat ein net
tes Vermögen, eine schöne Zukunft
vor sich.«
»Und er ist reizend-P
»Ach wie glücklich wäre ich, wenn
unser lieber Paul das sehen könnte!«
Da toinnit Herr Shetmont zu
rück
s- se is·
Nach den: Zwischenakt nahm Herr
Shersnont das Programm zur Hand:
»Jetzt tommen die Szenen aus
dem Kriege in TransvaaU
»Ach, das ist herrlich, Da können
Sie un-. alles erklären.«
»Ein Photograph, ich glaube ein
Aineritaner, ist dem Heere lange Zeit
gefolgt, der Mann bewieg einen ani
ßerordentlichen Muth und mußte
kaltes Blut haben; «er machte seine
Ausnahmen mitten nn Feuer, als ob
er in seinem Atelier arbeitete. Er
muß höchst interessante Bilder ha
ben. Wenn dies heute die seinigen
sind, das wäre wirklich spasshast...«
Plötzlich wurde der Saal verdun
le1i, nur die kleinen abgehlendeten
Orchesterlampen lenchteten spärlich.
Jn der Mitte der schwarzen Lein
wand erschien ein rnnder, glänzender
Fleck, und die Maschine des Mine
matographen fing an zn dröhnen.
Nnn ertönten die fröhlichen Klänge
einer Msilitärmusit. Das rnnde Loch
telebte sich.
i Ein Markt in Vrhheid: Am Erk
baden bieten alte Frauen Naschwerk
feil; Käuser treten heran, bücken sich,
handeln. Man sieht die ängstliche
Unruhe des Gefliigels hinter den
Stäben der Käfigr. Ein groß-er di
cler Neger taust zwei Enten, er hält
.die Thiere an den Ständern, die
«Fliigel hängen schlaff herab: er
tommt auf die Zuschauer zu, leben-.
dig, wirtlich plötzlich ist er der-i
schivunden, wie weggeblasen Eins
Hause Menschen — Basonette blitzen
Auf, das Orchester spielt einen
Marsch, und nun drängen sich engli
sche Soldaten zwischen die in Vers
wirkuna gerathenen Verläuserx sie
stechen in den Knäuel, in die weichen
Federn der Hühner, nnd schwingen
die ausgespießten Thiere in der Lust.
»Mein Gott«, flüstert Marie, »ist
das möalich, lonnnt so etwas vor?«
Etwas wie Zorn, wie llnmuth
über dieses eigensinnige Voll, das
nicht sterben will, übersliegt dag Ant
litz des Gatten:
»Nun sa, Liebste, dag- ist der
Krieg.«
linknhiaes Hin-— nnd Heriooaen
aus dem weißen eFleck. An ben gro
sseInHiiten erkennt man die Buren;
ste schießen im Zurückaehen ans einenj
unsichtbaren Feind. Die Hochländerl
aus dem vorhergehenden Bilde er-’
scheinen im Rahmen, von eirem Os-;
steter Fu Pferde geführt, der sich unt-s
dreht, um nach seinem Steinbiiaels
zu sehen. J
»Aber das hist Du ja selhsst»j
Jo:«,n!« «
»Ja, gewis-« Herr Shermont, dar
sind Sie!«
Der Hauptmann lacht nnd streicht!
sich den blonden Bart: ;
»Der perteuselte Mensch! Er hats
mich im Fluge erhascht!«
Er neigt sich zu seiner Frau nnd;
sieht, raß sie zittert: ;
»Was ist Dir, Marie?« s
»Ach, Dich da in sehen! Ich dachte
eiJ löme cin Gespenst Ich siirchte
mich!«
,,Wollen wir aehent«
»Nein, nein. Ach Gott, wenn Paul
auch noch täine!«
Sie schweigt Tag- weiske Rund
dreht sich und eo erscheint das Jn
nere eines Forts oder einer Ver
schanzuna Aus den Lisetten sieht
man die dünnen Kanonenrohre in
den Sclsießscharten, und im Hinter
arunde eine ofsene Gallerie, die von
einer eisernen Thiir abaeschlossen
wird. Echildioachen aehen mit der
Waffe im Dlrm vornher.
Plötzlich öffnet sich die Thiir und
ein Hausen lknaläuder und Buren
stürzen heraus. Sie werden größer,
in dem sie nach vorn ins helle Licht
kommen Dann sieht uran. wie die
Soldaten zurücktreten und die Ge
sanaenen mit gebundenen Händen
ihnen an der Mauer aegeniiberstehen
Aug der Boge. in der das Ehe
paar Ehermont und Frau Lake-de
sitzen, ertönt ein Schrei, aber die
Blaginilrumente iibertonen ihn.
»Da- ist ja Paul: »i.1, das ist
Paul, ich ertenue ihn nennt-, der
zweite dort recht9!«
Shermont erbleicht, dreht sich halb
um und ernreist die Quid seiner
Frau....
Aber da erscheint er selbst aus
Der Leinwand-, er lebt, er wurmart
dirt. Er zieht den Säbel und erhebt
ihn zu einein Befehl Die Soldaten
legen die Gelvebre an. Marie ist ent
setzt anfaesvrunaen, sie erhebt die
Arme nach dein nnerbittlieben Bilde
und ruft:
»Halt, um Gottes millen, halt!
Jolm das ist ja mein Bruder!«
Das Bild ist verschwunden wie
eine Kreidezeichnnna unter einein
feuchten Echtes-innre Dac- Orchester
spielt einen Trauermarsch. Frau Stier
knont ist olmmächiia in den Armen ils
rer Begleiter zusamiuenaebrochen
—--.-O
Ein grausames Gesetz.
Im Jahre 1770 traf das enaliiche
Parlament als Schutzmittel fiir die
Männer die folgende gesetzliche Bestim
muna: »Alle Frauenzimmer okmeRLick
ficht auf Rana oder Alter, Jung
stauen-s oder Wittwenstand, die einen
Mann durch Parfiimerien, Schminte,
tosmetische Wasser. künstliche Zähne
falsche Haare, spanischeWolle, Schniir
leihet-, ansaestopste Hüften und hohe
Absätze zur Ehe verlocken sollen die-—
selbe Strafe erleiden, die fijr Hererei
oder ähnliche Verbrechen festgesetzt ist,
tväbrend gleichzeitia rie Ehe fiir un
ailtia zu erklären ist.« Das war
ein recht qrausaineg Gesetz. Demzu
taae wäre eine Revolution allerFrauen
zu erwarten, wenn eine solcke Verord
nung erlassen würde.
. Post-ask
»Als ich sah, das; es so spät war,
bin ich aber beim wieder Blitz.«
Freund: »Im Zickisach
Die them-re Gattin.
»Wann bat denn Deine Frau das
letzte M.rl»aus«N133a geschrieben?«
»Da mußt’ ich 'niai irn Kassabuch
nachsehen.«
———-——-—
Erkannt
" · l
Leuinann »O. mit dieser kleinen
Hand würden Sie mich glücklich ma
eben!«
Dame: »Und wieviel müßte drin
sein?«
M- Iknuk fic.
Herr: »Geh-I Sie mir ein Paar
Handschuhe für meine Frau.«
Verkäuferim »Welche Nummer,
bitte?«
Herr: »O, das ist gleich; sie touschs
sie ja doch um.«
Einige-sangen
». . .. Gnädige Frau, jetzt tann ich
es Ihnen sagen: Als Sie vor zehn
Jahren gelseiratlset haben, war ich
wahnsinnig in Sie verliebt«
»Ach, das ist ja reizend! Ich bin
schon seit iiber zwei Jabren wieder
Wittwe.«
Verstimmuimen.
Gniidige iziim Drehorgelspieler):
»Mann, hören Sie auf! Ihr Instru
ment ist ja total verstimmt: ich werde
Ihnen lieber etwas Warmes zum Es
sen binausschiclen.«
»Danle; sonst ist morgen mein Ma
gen auch total versti!ntnt·«
Verechsiend
»Herr Doktor, ich bin eigentlich
nicht lranl, aber...«
»Also was führt Sie hierher. inei
ne Gnädigste!«
»Seht-n Sie, in etwa einer Viertel
stunde wird ein junger Mann herkom
men und Sie bitten, ihm ein Mittel
gegen Appetitlosiakeit zu verschreiben."
»Schön, dag soll er bekommen»
«Nein, deshalb bin ich doch eben da-,
Herr Doktor. Sie sollen ihm keins ge
ben, denn -—- er ist bei mir in Pen
sion.«
Seufzer-.
Lebemann ider Schulden halber
celseirathet hat und damit schlecht
anaelornmen ist): »Nun versteh’ ich,
daß sich jede Schuld aus Erden rächt!«
lltrselsltldig.
Hanstoirtb: »Hören Sie, das paßt
mir aber nicht mehr, das-. jeden Tag
Ihr Schuster kommt und das ganze
Haus zusanrmenfchimpsb weil Sie
ibn nicht bezahlen!«
Miether (resianirt): »Was kann ich
da thun?! Ich lind ilfn doch schon so
oft ’naus,1.eworfen —- und immer
kommt er wieder!«
Komm-cum
»Der Vallon ist also auf einem
Dache hängen aeblieben; da mußten
Eie wohl die Feuerwebr herbeirufen?«
Lustschisfer: »Nein, dergleichen be
sorat bei uns der Verein zur Hebung
der Lustscbifffal:rt.«
Er kennt sin- tun-.
Dienstmädchen: Kommen Sie
schnell, qnädiaer Herr, die qnädige
Frau ist ohnmächtig geworden Sie
schlägt mit den Armen immer fq
groer Kreise.«
Herr: »Aha, dann meint sie eines
Hutt«
Zu dannen
,,Pittolo: »Herr Mensri. Sie fol
len hinaus-stammen ein Herr stet drau
ßcn.«
»Ach was, soq ihm, er soll nur her-.
eintomn·en!«
Vikknlo snnch einer Weile-: »Her!
Meyer-L Sie sollen sofort hinaus-tem
men, sonft - -- sonst —- — kratzt sie
ihnen die Auaen ans.«
Ju Gemach
- ,-k.1.·:s·r.«- » .- ----.
Xanthippe: »Das wird ja immer
schöner-! Jeden Taa willst hu schon
ausgehen! Vorgestekn bisi du erst ge
stern «l«,eimgekommen, gestern erst heu
te, heute wirft du wahrscheipsich er
morgen kommen und morgen er
iibermotgen!«