Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 18, 1910, Zweiter Theil, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    vie Zenker-then !
sieht nur Laien, sondern auch
Fuss behauptet-, dass Nervositiit die
MIeit unserer Tage und eine un
Msidliche Begleiterscheinung der
diaem modernen Existenzveri
Mr sei. Indessen auch Aerzste
d Menschen und Suaaestionen zu:
Cis-lieh Gerade wie wir Laien lassen
He sich einredem daß wir geboren sind.
um als Neurastheniter zu sterben
Tshntsschlich hat jede der Erfindun
n. deren Summe während der lerten ;
.ahrzehnte unsere Existenz ru einer;
schnelllebiaen machte, ihr täglich mehrs
m den Kanten und Ecken genommenJ
an denen unser Nervensystem sich sto
ßen konnte. Wir greifen heute aus
»dem Bett zum Telephon und erledigen»
dutchRede und Gegenrede einGeichäftU
währen-d die Väter sich erst ankleiden
und über die Straße laufen mußten.
Ueber den Draht tönnen wir stets fest
stellen, oh und wann wir einen Be
hannten zu hause treffen. Unsere El
tern quälten ihre Nerven beim drei
oder viermaligen Versuch, den Freund
zu finden. Wir seyen uns in das be
hanliehe Polster einegErpreßzuges und
fahren tagelang, ohne Sorge um Ge
legenheit zurn Essen, Schlasen und
Trinken. Wie verzehrten sich unsere
Väter in Ungeduld beim Warten aus
Iosipserdz wie örgerten sie sich, wenn
ej in den Dorsschenten nichts zu essen
nah. und Verzweiflung zerriß wohl ge
radezu ihre Nerven, wenn er den An
schluß verpaßtern weil sogar der Sitz
oben heim Schlossau schon vergeben
war. während am Neiseziel Geschöer
oder Verwandte warteten. Ein Druck
mit dem Finger beleuchtet unseren Ar
beitctiseh elektrisch. Vor sünsundsiew
zia Iehren mußte man, während ein
Brief entstand, dreimal die Lampe
ruhen. und es dürfte zum Verriickts
oder Nervöswerden aewesen sein. wenn
mitten in der Arbeit die mühsam ge
schnitte Gänseseder brach. Das war
eine Zeit. die in der That Nerven rui
niren konnte. Die heutige schont sie
und gönnt ihnen wohlthuende Ruhe.
Gewiß tragen Ersindungen der
Wt Kummer und Sorge schneller
als einst an den Menschen heran. Aber
dsfiit kann das Uebel an der Wut-del
schneller beseitigt werden. Wenn var
hundert Jahren ein Königsberaer in
Berlin hörte, daß zu Hause sein Ge
schäft zu Grunde gehe oder seine Frau
im Sterben liege, dann lebte er fecht
Wochen in nervenverzehrender llnaei
wißheit, denn so viel Zeit veraing, bis
er nach Ostvreußen geschrieben und
Antwort erhalten hatte. Gerade die
unsere Nerven am meisten angreifenve
Ungewißheit hat der Telegravb aus
unserer modernen Existenz in vieler
hinsicht gänzlich ausgeschaltet
Ursache. mehr als unsere Väter an
Nervositiit zu leiden, haben wir ganz
gewiß nicht. Entstanden dürfte der
Glaube an das imaginiireLeiden durch
eine wirkliche Zeitlrantheit sein. Wir
überschätzen in einem Zeit-alter, das
ganz richtig das der Individualität ge
nannt wird. den Werth des Einzelwei
sens, des Menschen und des Menschen
lebens und darum in erst-er Linie die
Bedeutung der eigenen Person· Wir
ariideln til-er das seelische Empfinden
und körperliche Befinden der- Einzel
wesens und namentlich der eigenen
werthen Person, bis wir die wun
derlichsten Gebrechen und Tugen
den entdeckt haben. Unsere Väter
lebten mehr dem Kollektivgedanten
und arbeiteten mehr für das Gemein
wohl. Gerade den Deutschen brachte
das große Jahrhundert, welches für fiel
unter dem Joche der Fremdherrschaft
begann, die Ueberzeugung, daß nichts,
gar nichts das Individuum und sein
Wohl oder Leben neben dem Heil der
staatlichen Gemeinschaft gilt. Noch die
Kett der Väter, die das Reich fchufen
ann man eine eiserne nennen, weil
ihr eherner Tritt nie sich scheute, Men
schenleben zu zerstampfen oder gleich
miithig Menschen fallen zu sehen am
Wege. der zum Wohl der Gemeinschaft
führte. Wenige Zeit verlor man über
Mitleid mit dem Geschick des einzelnen
oder iiber Bewunderung der Großthat
des Imdividuums. Vollbrachte und
leistete der Mann etwas, so war das
seine Pflicht und Schuldigleit gegen
das Gemeinwohl, gegen den Staat.
Beiden gab es taum. Große Ge
nerale lamen von glänzenden Siegen
heim und verschwanden als Dominan
dirende von Armeelorps aus dem
Blick der Oeffentlichteit. Erst heute
werden die Goeben und Alvensleben zu
holden, denen man die verdienten
Densensler fest. Unsere Zeit dagegen
Wlt auch den Geringsten zum hel
des. cin Diplvmat, General, Schau
spiel-r, Dichter vder Thoaterdireltor
M nur seinen achtzigftenGeburti
tss zu feiern, um zu lesen, das-, er einen
It sit-sen Vegliicker der Menschheit
Und wie jammern wir in Ueber
Mhnnq dei Wert-bei von Menschen
leben über Todte! Die Uebetzeugung.
daß wir nur leben, um als Menschen
eine Spezies entwickeln zu helfen ist
tetlom gegangen. Wenn heute in
Deutschland grüne Gymnasiaftem sdie
M nichts stät die Menschheit leisteten,
inne Uebel-er greifen, wird ihr Tod
siegt Meilen von Druckbuchctaben so
wundersam rührend besungen, daß
stets ein weiteres Dutzend jugendlicher
Sporen die Reife ins Hinüber antritt.
Ae gute alte Zeit kannte auch derar
tssse Unglücktfällr. aber la te dann der
ibeelebnven Jugend: ichts, Zur
M verliert sdte Welt an dem Weich
-l»isg. der Feigheit fein Leben aus den
III-II lcklendeetl Meissnerer we
M mn den einen ern Wege Ge
setl fest Ist aller Augen das
H-—
» Ziel MI, die gestimmt- qud stakr
und hoffnungsireudig zu machen.
O. von Gottberg.
Das III-c etim Its-rissen Onk
sssfli z«
Ein geschichtlich dentwiirdiger unga
rischer Grundbesis, der sieh in der Ber
gangenheit in den Händen der mäch
tigsten ungarischen Dynastensamilie
befand, wurde dieser Tage von einer
Handelsgesellschaft angelaust, die ihn
nun in kleine Stücke zerlegen und nach
und nach verlaufen will, so daß bald
nur mehr die Erinnerung an ihn vor
handen sein wird. Der Besin, in des
sen Mittelpunkt sich die im Jahre 1790
abgebrannte und seither gänzlich zer
störte Feste Trencsen befand, bildete
früher ein kleines Königreich siir sich,
und ihre Herren waren mehr als ein
mal im Stande, sich selbst gegen die
Herrscher des Landes zu behaupten.
Der oberungarische Dynast Mathäus
Csat verweigerte von hier aus dem
ersten ungarischen König aus dem
Hause Anjou, Karl Robert, die An
erkennung. und der Gegenlönig des
ersten habsburg aus dein ungarischen
Königsthron, Johann Zapoloa. wurde
hier ausgezogen. Eine Zeitlang war
die Trenrsener Besitzung auch der je-.
weiligen Königin von Ungarn alsPri- :
vatbesiy zugewiesen, so u. a. der Ge: E
mahlin des römischen Kaisers Sigio- »
mund. Der Besitz dieser herrschast
machte noch zu Beginn des 17. Jahr
hunderts— den Widersacher Rudolfs ll.,
Grasen Stephan Jst-shaer zum
reichsien und möchtigsten Herrn Un
garns. Der Besih gehörte den Gra
sen Jlleshath bis der letzte Träger
dieses Namens ihn im Jahre 1836
veräußerte Er hatte, da er teine un
mittelbaren Erben besaß, verschwen
derisch wie ein großer Kavalier gelebt
und dann kurz vor seinem Ende die
ganze herrschast sammt der Ruine
des Trencsener Schlosses und dem
Dubniher Stammschloß an den da
maltgen rerchsten Getoniann vener
reichs, Baron Sina. vertaust. Er
selbst zog aus ein tleines Gut aus der
Jnsel Schutt in der Donau zurück,
wo die Wiege seiner Familie stand,
und erwartete dort seinen Tod, der
1888 eintrat. Die Trencsener Herr
schast gehörte zuletzt der Entelin des
Barons Sinn, die in Paris lebt und
erst mit dem Herzog de Castries, dann
nach dessen Tode mit dem Grasen
d’harcourt vermählt war und die jeyt
den ganzen Besitz um 23 Millionen
Kronen der ungarischen Handels-Al
tien-Gesellschast vertaust hat. Das
Gut sammt dem ehrwürdigen Dud
nitzer Schloß, in welchem auch Kaiser
Franz nach dem Einzug Napoleons
in Wien eine Nacht verbrachte. war seit
Jahrzehnten unbeniiht und schlecht be
wirthschastet. Aus dem Schloß ist
der werthvolle Hauf-rath, die schöne
Wassensammlung, die kostbare Bi
bliothet längst entfernt; nur einige
Bildnisse und die werthvollen alten
Möbelstiicke, die das Schloß zu einem
Museum machen, in welchem man
werthvolle Ausschliisse über das Leben
der reichen ungarischen Magnaten im
17. Jahrhundert gewinnen kann« sind
noch vorhanden· Nun wird wohl auch
der legte Rest der alten Pracht unter
den hammer gelangen und der alte
herrschastsbesitz, dessen Eigenthümer
einst Königen trotzten, wird an kleine
Bauern stückweise vertaust oder zur
Errichtung von Branntweinhrenne
reien, holzsiigen und Fabrilen ausge
nith werden.
hausten-n tu—lllfriea.
Da die primitiven Hütten knei
stens nach wenigen Jahren schon
wieder baufällig sind, io b!eibt der
Schwarze fortwährend beim Bauen
—- iuft wie bei ung. Den interessan
teften Theil des Hausbaues bildet je
doch die Verstellung der bienenförmi
gen Hütten der oftafritanischen Wa
ganda und der siidafrikanifchen Haf
fern. Der Aufbau dieser Kegel oder
bienenfiirmigen Hütten ist überaus
bemerkenstrertb und geht in der Weise
vor sich, daß an einem lleinen Kranz
von Rutben oder Rohr radien.- oder
trichteerrmig zur Mitte verlaufende
concentrische Ringe gebildet werden,
bis ein Trichter entsteht. Diesen filikt
man zunächst durch einen in der Mitte
aufgestellten Baumstamm« der den
Umfang des zukünftigen hauses be
zeichnet, um dann einen Kreis von’
starken Rutben im Abstand von etwa
einem halten Meter in die Erde zu
pflanzen. Der Trichter wird dann
durch Stüien in die geeignete höl
geboben und mit dem Gertenlreise
verflochten, so daß schliesslich ein
großes bienentorbartiget Gefiell ent
ftebt, das dann von unten nach oben
mit Gras eingesteckt wird. Zuleit
wird gleichfalls durch Gerten und
Rohr die Jbiirwölbung hergestellt
Mir alle diefe Zwecke wird mit Vor
liebe daö überall wucherndg drei bis
fiinf Meter bobe Schilfrobr abge
schnitten, von den Blättern gereinigt,
mit Sand polirt und an der Sonne
get-leicht Während meistens einige
häufer fiir die Frauen, Dienerschuft
und die Küche existiren, entbekeen doch
alle diese Oel-anfangen der fin Kul
turmenschen notlfxrerrdigen Bequem
liebteitm
Jede weitere Crllärung lehne ich
ask fast mancher. Mit Recht: denn
er tm sittlich keine mehr geben«
Wie Kaiser Menelik regierte.
Von der Negierungiart Menelils,
des Kaisers von Abessiniem dem eine
unheilbare Krankheit das Zepter ent
« wunden hat, hat der Englander Gede
land Mosseti einmal eine anschauliche
Schilderung entworfen Der »Kiinig
der Könige« erledigte soweit es ihm
möglich war, alle Regierungogeichöste
höchst eigenhändig, flimmerte sich um
idas Wohl und Wehe seiner Untertha
Jnen und war nicht nur ein sreigebiger
und gnädiger, sondern auch ein stren
ger und strasender Fürst. War er
smit einem seiner Häuptlinge nicht zu
ffriedem dann ließ er ihn in seinen
Palast loinmen, theilte ihm sein Miß
Hallen mit und beträstigte es durch
ein paar tüchtige cchlage mit seinen
starken händem woraus der Häupt
xling init seinem fühlbaren Denlzetiel
gebessert abzog.
Ueber das, ivae in seiner Haupt
stadt vorgeht und was seine Untertha
nen thun, ließ er sich nicht durch Poli
zisten und Spione unterrichten. Sein
wachsanies Auge mußte alles selbst
sehen, und dazu hatte er ein probates
Mittel in einem ausgezeichneten Fern
rohr, das ihm ein europiiischer Besu
cher geschenkt hatte. Mit seinem
Krimstecher bewaffnet, begab er sich
häufig aus einen hohen Thurm, den
er zu diesem Behuse hatte bauen las
sen und von dem aus er einen sreien
Blick über die Hauptstraßen und
Platze hatte. Hier verbrachte er
manche Stunden, und da die Unter
thanen nicht wußten. wann der Kaiser
aus seinem Ausguct weilte, so hatten
sie immer Angst vor seinem weittra
genden Späherblick und nahmen sich
wohl in acht, nichts zu thun, was ihn
erziirnen lönntr. Auch seine Palast-·
beaniten und Diener waren nie sicher
vor einer plöhlichen Jnspettion des
Perrichere. "
Seine Residenz, die sich aus«- einem
Komdlex von engen Straßen und
zahllosen kleinen strohbedeetten Häu
sern zusammenschließt, die eine Stadt
siir sich in der Hauptstadt bildet und
eine Bevölkerung von drei- bis vier
tausend Menschen umfaßt, durch
streiste er bei Tag und Nacht, iiberail
eintretend, urn alles sich tiimrneestd.
Da machte er in dem großen Küchen
gebiiude Halt, wo viele hundert
Frauen das arn Hase des Negus eine
so wichtige Rolle spielende Eisen be
reiteten, guctte in Töpfe und Schilf
seln: dann wieder besuchte er fein
Schatzhaus, in dem die Kostbarleiten
def- ganzen Reiches aufgestapelt lie
gen; er sprach mit den Sattlern und
Schmieden, die in ihren Wohnungen
arbeiteten, rnit den Frauen, die das
honigwasser bereiten, schaute den
Kindern zu, die singend herumspiel
ten. Eine besondere Ausmerlsamkeit
schenkte Menelik seinen großen Gär:
ten, in denen weite Gelände mit
Fruchtbäumen, zum großen Theil aus
Europa eingesiihrten Osbstarten be
pflanzt waren. Alle Einzelheiten des
Gartenbauee beschäftigten ihn und
Stunden lonnte er bei den Versuchen
verbringen, die er zur Bewiisserung
und Düngung des Bodens vornehmen
ließ. Kam irgend eine Neuheit aus
den Ländern der oon ihm so verehrten
Zioilisation an, dann mußte er sie
eigenhändig untersuchen. War es
eine Kanone, dann wollte er selbst la
den und ieuern, rasch lernte er es,
seine Taschenuhr auseinander zu neh
men und die einzelnen Theile des
Wertes in ihrem Zusammenhang zu
verstehen.
Lange Zeit war eine Lokomotioe
das höchste Ziel seiner Wunsche Er
ließ einen Schienenweg bauen, aber
das Unternehmen wollte nicht recht
vorwärts gehen. Da faßte einer sei
ner Höflinge den Entschluß, eine
Straßentokornotive kommen zu las
sen, um des Herrschers Wunsch zu er
füllen. Jrn Mai 1904 war sie ange
langt, und Menelik zog sogleich mit
seinem ganzen riesigen Hossiaat aus«
um dem neuen Wunder entgegenzu
pilgern Vor Sonnenausgang erhob
er sich in unruhiger Erwartung; um
ihn hatten sich seine Würdenträger
ausgestellt, seine Leibwachen und
nächsten Diener, die die Ehrennamen
führen: «Mund des Neguo«, »Nun
des Nenn-" usw. Aus einem Klapp
sessel saß Menelik mitten unter ihnen.
Er trug seinen großen grauen Filz
;hut, der siir seinen besonderen Ge
brauch in Europa sabrizirt wird und
mit dem sich alle seine höflinge eben
salli schmücken, denn auch in Abessis
nien gibt der König die Mode an.
Durch sein Fernrohr sah er von Zeit
zu Zeit begierig nach einer Schlucht,
aus der der Zug mit der Lokomotive
duftauchen mußte. Und endlich klang
ein verworrener Lärm an die Ohren
der Lauschenden, ein wüstes Singen
wie von tausend Menschen, ein schwe
rei Stamvsen. und Staubwolken sto
gen in der Schlucht aus. Allmählich
enthüllte sich im ersten Sonnenschein
die Spitze des Zuges. Da kamen zu
erst, von einer Schaar Sklaven ge
tragen, zwei riesengrosse kostbare Ele
santensessel, die die englische Regie
rung auf Indien dem Ewig der
Könige« zum Geschenk sandte. Dann
karn, von einend Gewimmel von Men
schen gezogen, die Lokomotioe long
fam heran, die durch die unwegsamen
Landstrecken mit ungeheuren Mühen
bis hierher gebracht worden war. Als
Menelit das ersehnte Wunder der
Kultur sah, zog ein Schatten der Ent
täuschung über sein Gesicht und er
murmelte: »Ich hätte geglaubt, sie
würde größer sein.« Als die Loto
motive in Gang gesth werden sollte,
lam sie nicht von der Stelle. Aber
in seinem Glauben an die Mächte der
Zivilifation ließ sich Menelit nicht
irre machen; er blieb weiter der Leit
ftern seiner unermüdlichen Thiitigteit.
dankten
Aus der Geschichte des haratiri,
des bekannten japanischen Bauchaus
schueidens, weifz eine französische Zeit
schrift allerlei Jnterefsantes zu erzäh
len: Zur Feudalzeit war diese eigen
thiimliche Art des Selbftmordes, die
jetzt nur noch vereinzelt im Gebrauch,
aber gesetzlich nicht abgeschafft ift, in
Japan allgemein. Wenn ein Mit
glied der Ariftotratie zum Tode ver
urtheilt war, wurde es nicht einfach
enthauptet oder erdroffelt wie das ge
meine Volt; es wurde ihm vielmehr
gestattet, sich sesbst den Bauch aufzu
schneiden. Diee Vergünstigung des
Kriegerstandes und des Adals stamm
te aus uralten Zeiten; unter der drit
ten Dhnaftie der Shogun t1356——
1568) war sie Gegenstand besonderer
Gesetzegvorschriftew die den Söhnen
der Kriegertafte zugleich mit der Waf
fentunde und der Religion eingeprägt
wurden. Der Ursprung der hat-amt
sitte liegt wahrscheinlich darin, daß
der llnterleib nach alter japanischer
Anschauung als Sitz der Gefühle an
gesehen wurde und man durch Oeff
nung des Leibes die Reinheit seiner
Gesinnung beweisen sollte. Das ha
ratiri, das man aus eigenem Ent
schluß oder aus Beschluß der Ver
wandtschaft aussiihrt, iibten die vor
nehmen Japaner ost, um sich aus einer
Ehrensache herauszuziehen sich im
Kriege vor Gefangenschaft zu bewah
ren oder einer sicher ersolgendenStrafe
zuvorzutommen. Nachdem sich der
Selbstmordtandidat mit einem Messer
oder mit einem Säbel durch einen
Querschnitt von links nach rechts den
Bauch geöffnet, durchstach er sich ge
wöhnlich die Kehle; war er dazu nicht
mehr imstande, so besorgten diesen
zweiten Theil des Haratiri die Ver
wandten oder anderr Zeuqen des
Selbftmordes. Der Selbftmörder war
durch seine That vor der Naclswelt ge
rechtfertigt, und der Familie verblieb
sein Einkommen Die Ausführung des
haratirL das als Strafe erfolgte, war
miteinem bestimmten Ceremoniell ver:
bunden. Häufig wurde in diesem Falle
das Vermögen des Selbstmörders lon
fiörirt Der Alt tonnte im Tempel, in
Gärten, unter freiem Himmel oder im
Haufe stattfinden; im letzteren Falle
war das Gemach weist drapirt tweiß
ist die Irauerfarbe der Japaner) undJ
nur schwach erleumtet, da die eeresnw «
nie in der Regel Nachts stattfand. Das
Gesicht aeaen Norden gewendet, tniete
der Verurtleilte in der Mitte des Zim
mers aus einem erhöhten Platz nieder,
von einigen Freunden und den resea
nirtenZeiiaen der Handlung umgeben.
Man lag ihm dann das Urtheil vor
nnd überreichte ihm auf weißem Ta
burett einen langen Dolch in weißer
Scheide: mit diesem Dolch siilsrte er
den Schnitt unter der Natelgezend
aus« woran ihm von einem Freunde,
dem Kaisliatu, der Kopf mit einem
einzigen Schlaae vom Rumpf getrennt
mu:de. Berüdmt wurde das haratiri
der 47 Helden von Aho. Diese 47
Krieger hatten aeschworen, ihren
Herrn, den Fürsten Aho, der zum Ha
rstiri verurtheilt worden war, weil er
einen hoben Beamten deg Reiches
schwer deschimpst hatte, blutia zu rä
chen: sie tödteten den Beamten, schnit
ten ilnn den Kopf ab, trugen das
haupt aus das Grab ihres Fürsten
und machten dort, in Gegenwart einer
ungeheuren Vollsmenge, die ihnen voll
Bewunderung zusah« taltbliiti Dara
tiri. Leute ist das Bauchauschneiden
in Japan nicht mehr üblich; die Un
terthanen des Mitado vertiken zwar
nach wie vor Selbst-nord, wenn es
ihnen schlecht acht oder wenn ihnen
Gefahr droht, aber sie wenden dabei
weniaer seltsame Methoden an; man
tann sent also auch aus diesem Gebiete
von einem Fortschritt sprechen.
l.
——-.-—
Die Its-dene- etuer festerem-.
Prinzessin Anna zu Loewenstein
Wertheim, eine Tochter des vierten
Earls von Merborough, die vor ihrer
heirath Lady Anne Saville war, bat
soeben eine Erfindung unter dem Na
men u·Ka1-rna" patentiten lassen. Der
Zweck der Erfindung ist, die Schiffs
betten in unweigerlich horizontaler
Lage zu erhalten, ganz gleich. wie sehe
das Schiff rollt oder stampft· Das
Gleichgewicht wird durch ein ähn
liches System hergestellt, wie das,
durch das die Marinelompaise balans
zirt werden. Es ist jedoch durch die
Zubilsenabme von Magneten und
Elektrizität verbessert worden. Der
Voktheil der Erfindung besteht in er
ster· Linie darin, die Seelrantheit zu
beseitigen. Ferner behauptet die Cr
sinderin, dass die Uebertragung des
selben Prinzipi aus die schweren Ge
schühe der Schlachtschisse ihren Werth
und ihre Tretisicherheit beträchtlich ek
höben würde: sowie daß seine Anwen
dung aus die Operationstische aus ho
Ispitalschiffen von großem Werth sein
würde Eine Anzahl Schiffsbetten
wurden auf einem Dampfer der Lon
don—«Brighton and South Coaft
Nailwav Compann tiirzlich aufgestellt
und es wurden mehrere Fahrten bei
schwerem Seegang zwischen Ren-haben
und Dieppe gemacht. Es heißt, daß
Sie Betten sich sehr gut bewährt ha
n.
Otsfpoer tue sechozehieeen Jahr
dreister-h
Der englische Schriftsteller John
Stow, gestorben 1605, giebt in seinem
im Jahre 1598 erschienenen Wert
iiber Sport folgendes zum besten.
«Sobald der große Sumpf, der sich
bis Moorfield an der nördlichen
Mauer der City erstreckt, gefroren ist,
so gehen junge Leute in großer Ge
sellschaft hinaus, um sich dort zu bes
lustigen. Sie nehmen einen Anlauf,
drehen den Körper zur Seite, sprei
zen die Beine auseinander und schlei
fen so ein gutes Stück Weges fort.
Andere nehmen einen Eiöbloa von der
Größe eines Mühlsteines und be
nühen ihn alo Sig; einige spannen
sich vorn an, indem sie sich die Hände
reichen. und ziehen so den Block schnell
oorwärto. Einige fallen zwar nieder,
indem sie mit dem Fuße aus-gleiten,
andere aber, die mit dem Eise ver
trauter sind, befestigen sich an den
Schuhen Knochen und halten mit Ei
sen beschlagene Stöae in der Hand,
welche sie von Zeit zu Zeit in das Eis
stoßen. Diese Leute bewegen sich mit
der Gefchwindigleit eines Vogels, der
in der Luft fliegt. Zuweilen stellen
sich zwei Leute auf eine bestimmte
Entfernung einander gegenüber und
rennen mit eingelegten Stöcken einer
gegen den anderen los, als galte es,
Lanzen zu brechen; dadurch fällt dann
einer oder beide aufs Eis hin, wobei
ihr Körper freilich nicht von Stößen
verschont bleibt; durch die heftige Be
wegung gleiten sie auch nach ihrem
Falle noch ein Stück Weges weiter.
So üben sich die jungen Leute durch
Angriff und gewandtes Ausweichen
im nachgeahmteir Fechten, damit sie
um so tapferer den Anprall auszu
halten vermögen. wenn es einmal zum
Ernste kommen sollte.«
Der- hauee warte-.
Eine Geschichte, die wie ein April
fcherz tlingt, erzählt das .Petit Jour
nal«: Ein Bauer Namens Redon hatte
am verflossenen Sonnabend auf dem
Markt in Laoal fiir 180 Franken
Stroh und Heu verkauft und dieGold
miinzen, wie es die Bauern zu thun
pflegen, in einen Zipfel feines Taschen
tuches gebunden. Mit dem Tit-txt its
der Tafche ging er dann aufs Feld,
um zu arbeiten. Plöhlickr entdeckte er
in einer Ackerfurche einen fchlafenden
oder halberfrorenen holen. den er
durch einen Schlag auf den Kopf vol
lends betäuhte. Er fchickte sieh an, dem
Thier mit dem Iafchentuch die hin
terbeine festzubinden und mit der
leicht errungenen Beute im Triumph
nach Haufe zurückzukehren, als der
Hafe plötzlich aus der Betäubung er
wachte, ihm mit einem gewaltigen
Sake aus der Hand fchliipfte und
mit dem Tafchentuch und den Gold
stücken am Bein das Weite fuchte.
Das Bäuerlein wartet noch auf ihn.
----——-.
Lerestheiu
Mutter tnach der Rücktehr von eis
ner Reise zu ihren sechs Kinderrm
»Nun, Kinder, Jhr waret also aeftern
mit Papa auf der Meiner-; was hat er
Euch denn auf dem Heimwege alles
erzählt?
Elfe: »Gar nichts, Matna! Er
fragte uns nur, warum wir alle mit
ihm heimgingen, Zwölf Betten
hätten wir doch gar nicht!« j
Deswegen-«
»Ihr Geschäft hat sich doch so ae
hoben. daß Sie lere Italiens-erhält
nisse laum noch selbst ordnen lönnen.
An Ihrer Stelle hätte ich mir längst
einen Kalsirer genommen; glauben
Sie mir: ein guter Kalftrer macht sich
selbst bezgl-»F
,.Eben deswegen nehme ich leinen!«
Instit
»Wissen Sie, rro ich meine Frau
tennen lernte?"
,,Nein!«
»Auf dem Residenzplatz während
eines Platzregens. Da habe ich ihr
natürlich meinen Schirm angeboten«
»Komm also, sozusagen, »dem Re
gen in die Traute«!«
In der Inmittssslttndr.
Unterossizen »Krabulchle, was ver
steht man unter einem MiensgerichtW
Relrut: »Erbsen und Specks«
Ort-.
Frau: »Mir lann leine Selnieiderinl
ein Kleid machen, das sitt« «
Mann: »Da qeh’ doch in’s Zucht
haus, da sitt Alles!«
Schmerz-ste- Vernunft
»Ihr Freund Müller hat wohl lein
Verhältniss mehr mit der Tochter des
Zahnorzteö?«
«Nein, das tonnte er auf die Dauer
nicht aushalten, dreimal hat ian der(
Vater in der Wohnung ertappt, und
jedesmal mußte er sich einen Zahn zie
hen lassen!«
Smukkzh lass aus«
s v- 1 I i .
»Sie wollen doch nicht ernstlich be
haupten, daß Sie nur ungern die
Zelle mit ver Freiheit vertauschen
würden?'«
»Buch! Jch siße hier wegen Viel
tveiberef und draußen warten zwei
Frauen auf mich.«
Ein sembenseitditt
Vertreter einer Grammopdongesells
schuf-i Un einern Freunde): »Wir ha
ben fest eine neue Platte. mit der ina
chen wir ein Bombengeschäft·«
Freund: »Und was ist das für
eine?«
Vertreter: »Da ift eine tprnplete
Gardinenpredigt drauf."
Sein Ideal.
»Frih, was wilt du denn einmal
werden'su -
»Schutzrnann.«
»Warum denn?"
»Weil ich die anderen Leute maja
aen kann. wen-IS wo was zu sehen
giebt.«
Die lleine Portion.
·Wirth: »Nun, Herr Kanzleirxtlz
wie fanden Sie das Schnitzel «
Gast: »Mit Hilfe meines Baums-e
rttnasgleses!«
Gut Isrirt
« Herr (zornia, iu einem iehr schweig
samen Vertöuser ker Pshonographew
Branche): »Sie wollen Vertöuser sein
und Sie verstehen nicht einmal fiir
Ihre Waare zu sprechen?!«
Vertäuser tiekr ruhig)- »Bitte,
mein Herr, meine Phonoqraphen spre
chen ja fiir sich selbsts«
Wahre steue.
Mutter (die ihrem Jüngsten eine
Straipredigt gehalten, weil er beim
Nachbar Aepfel aestohlen hat und ihn
nach einer Viertelstunde heftig weinen
hört): »Du siehst also Dein Unrecht
ein?«
Der kleine Fritz: »Ja, Mann-, ich
habe jetzt furchtbare Leibschmerzen!«
Das Lercschstsninchem
Gast: »Warum bin ich denn gestern
Abend an die Luft gesetzt worden-? Ich
war doch nicht betrunten und ganz
ruhig?!«
Wirth: »Das schon, aber wissen
Sie, ich habe einen neuen Hausknecht
aemiethet und da wollte ich roch qern
wissen, ob er sein Geschäft versteht!'·
Ein Praktiker.
Patient lin der Reionvaleozenzst
»Herr Doktor, Ihnen ichulde ich mein
ganzes Leben, das werde ich nie ver
gessen.«
Dotior: »llebertreiben Sie nicht«
lieber Herr, Sie ichulden mir 813 siir
meine Besuche, das ist alles.«
Raditalmittet
Arzt: »Sie miissen sich mehr im
Freien bewegen, herr Wamperll Das
Stubenhoeten bekommt Ihnen nichtl«
Patient: »Sol! fchehen!« lZn sei
ner Tochter): »Ge, von morgen ab
nimmst Du Deine Gesangstunden wie
der aus!"
sit fis-hins
Gniidigc »Was war denn das eben
tiir ein schreckliche-; Gepolter aus der
Treppe?«
Köchin: »F war weiter niicht, gnii’
Frau: ich hab« bloß ’n heirathsantraq
abschlägig beschieden!«
—-·---·. .-..
Unnstsise furcht.
Eine Schildwache tmit gespanntecn
hab-M »dem Wer hat«
Eine alte Bauerdtrau lmit einem
schweren Korb): «Jshr braucht Euch
nicht zu fürchten, ich thu Euch nichti!«
-2—:-, s
Bakon Adolf: »Nein. wie der AM
iok aber an Glück hat« nun kennt ek
schon diese beiden eleganten Weiber.«
Baron Dufteles (spöttilch): »Was
e Kunst! ChanfonettenL Drum so nett
Claacen!«