Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 04, 1910, Zweiter Theil, Image 13

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Zin Nebel:
Skizze vonRobertKohlrausch
«Wo ist Amtesa
»Anm? Die ist fort, —- schon seit
einer Stunde.«
»Wer-in dennt«
»hinaus, in den Wald, ins Moor.«
»Aber, Mutter. bei diesem Neuem
»Ach sa, der Nebel! Es ist hier so
dunkel, das ich aar nicht ordentlich le
sen tann. Sei so gut, Karl. und schied
mir die Chaiselongue ein wenig naher
ans Fenster. Das Buch ist gerade so
interessant.«
Er gehorchte. Fiir feine kräftige,
unterse te, schwellende Gestalt war ed
teine iihe, das Lager seiner Mutter
mit ihrem Zarten Körper zum Fenster
hiitiiler zu sa;ielzen. Sie liesz ihr
Buchwon dem sie bisher ndch nicht ans
gesehen hatte, siir ein paar Augenblicke
sinken und schaute ihrem Sohne in sein
hübsches« gebräitntes, von dichtem
braunem Kraushaar gekröntes Gesicht.
Als das Fenster erreicht war, klopfte
sie seine Hand zärtlich mit der ihren
und sagte: »Ich dante Dir, Karl. Du
bist ja doch mein Bester.« Dann nahm
sie ihr Buch wieder aus.
»Und Du bift mein gutes, altes
Mutting Aber höre, bei dem Nebel
hattest Du Anna wirklich nicht erlau
ben dürfen, hinauszugehen«
»Ach, laß sie doch! Du willst sa
selbst immer. daß sie an die Luft
kommt. Und gerade heute —'«
»Was ist denn gerade heute?«
»Karl, Karl, Du fragst einem die
Seele aus dem Leibe. Aber wenn Du
es durchaus wissen mußte: heute ist der
sechsundzwanziaste und morgen ist der
siebenundzwanzigfte Oktober, also
seiert morgen ein gewisser Herr Asses
for Karl Siegner seinen Geburtsta .
Darum ist Anna hinausgegangen: sie
wollte sehen, ob sie nicht nach ein paar
Herdstblumen oder buntes- Laud finden
könnte, um den Geburtstagstifch mei
nes großen Kindes zu schmücken. So,
nun weißt Du’s, aber nun laß mich
auch lesen; ich muß erst wissen, ob sie
sich triegen.«
Er öffnete die Lippen noch einmal zu
einer Erwidernng, doch bezwang er sich
und schwieg. Kopfschiittelnd ging er
hinaus, um die steile Treppe zum Gie
belstiibchen emporzusteigen, mit dessen
bescheidenen Raum er sich begniigte,
während er die aröheren unteren Zim
mer des Barterhauseit feiner Mutter
und ihrer Gesellschafterin Anna Grif
fien überlassen hatte. Die stets ange
griffenen Nerven der Mut-er hatten ihr
in der les-ten Zeit so viel zu schaffen ge
macht, daß der Arzt sie trrstz der herbst
lich kurzen Tage noch aus der Stadt
aufs Land hinausgeschictt hatte, um
völlige Ruhe und viel frische Luft zu
haben. Die Ruhe hatte sie nun freilich
gesunden, der Luft ging sie aber auch
lhier thunlichst aus dem Wege und lag
fast immer auf ihrer Chaise ongue, die
te von Haus mitgebracht hatte, um
ich in die erdichteten Schicksale irgend
eines Romanlielsespaares zu vertiefen.
Jhr Sehn genon die Ferienzeit, die er
sich durch das tiirzlich bestandeneAssess
soreneramen erkauft hatte, in um so
volleren ügen. Die Jagd war eröff
net, und o streifte er tagtäglich in der
Gegend umher, lief; die Büchse lustig
tnallen und erfreute sich an allem, was
der himmel and, selbst an Regen und
Sturm, ir-. dessen Drängen er seine ge
sunde Jugendtraft nur doppelt fühlte.
Auch heute war er draußen gewesen
und trug noch die turzhosige Jäaers
tracht, die ihm so gut stand, aber der
immer dichter werdende Nebel hatte
bald allesGethier schützend vor ihm ver
borgen. Ohne Zweck war er ein piar
gen. Ohne Zweck war er ein paar
Stunden umhergestreift, hatte in einem
Nachbardorse zu Mittag gegessen und
war jetzt eben zurückgetommen Es
tvar tamn drei Uhr und noch voller
Tan, aber der Nebel erstickte das Licht
und schus in den Zimmern des Bauern
hauses mit ihren tleinen Fenstern eine
sriihe Dämmerung. Unruhig schritt
Karl in seinem Gelasz unter dem Dache
auf und nieder; zuweilen blieb er plötz
lich ftehen und horchte nach unten, ob
nicht das Oeffnen der Hausthiir ihm
Annas Riietteht anzeigte,doch ftets ver
gebli . Sie ift mir nicht begegnet,
alfo it sie vermuthlich nach der anderen
Seite gegangen,« überlegte er, und ein
unangenehm fröftelndes Gefühl iibers
lief ihn bei diefem Gedanken. Die an
dere Seite —— das war das Moor, das
war die Unsicherheit, die Gefahr!
Nach taum einer halben Stunde
stieg-er die Treppe wieder inab und
trat von neuern bei feiner 9 utter ein.
Er wußte und fah, daß Anna noch
nicht zurück war, aber trohdem fragte
er:
»Wie ist's mit Anna?«
»Ach, sie ift noch nicht da, sie tann ja
noch gar nicht wieder da fein.«
»Du hättest sie nicht hinauslassen
sollen, Mutter, und wenn zehnmal
morgen mein Geburtstag ift. n dies .
fem Nebel, sie, mit ihren tuer ichtigens
Augent« »
»Ach ja, ihre Augen sind wirklich T
chlecht, ich merte es oft beim Vorlesj
en «
»Dazu follteft Du sie gar nicht mehr
auffordern."
»Dein nicht? Ja, ich kann doch nicht
selbst den ganzen Tag lesen. Wenn ich
ie dazu nicht mehr gebrauchen foll, da
könnte ich sie lieber gleich ganz wieder
fortfchicken.«
Er mußte lachen in aller Unruhe.
»Und wenn ie Dir auch teine eiie
mehr oorlä e, utting,fo wiirden Ich,
genau ae htt, noch tausend Dinge
iibrig bleiben, in denen Dir Anna ganz
und nat unentbehrlich und nnerseszlirh
ist. Aber ich will gehen.« i
»Wohinf« . i
»Sie suchen.«
»Du willst noch einmal hinaus iu
den Nebelf«
«Jn, ihr Ausbleiben beunruhigt
mich; aus Wiedersehen, Muttee.«
«Karl, Meil« —
Er hörte sie nicht mehr, die Tisiir
war schon zwischen ihnen. Einen Au
genblick stand er noch und überlegte,
wie er sich nusriisten sollte siir seinlln
ternehnien, was er thun sollte, wenn
Anna wikllich —- der Gedanke trieb
ihn zu neuer Eile. Rasch ginz er in
die siilche der Bäuerin und lieh sich
von ihr eine große handlaterne mit
einem frischen Lichte darin fiir den
Fall, daß die sriiheDunlelheit ihn noli
draußen sinden sollte. Dann fiihlte er
nach der kleinen Pfeife, die er an einer
Schnitt um den Hals trug und mit der
er seinen noch sehr jungen, ungeschickss
ten Hund an seine Pflicht zu mnhnen»
pflegte; heute sollte sie ihm nun dienen,
um ein uzeiihin tönende-z Siannl mit
ihr in die unsichtbare Ferne hinein ge
ben zu binnen. Vor der Hiitte des
Hundes blieb er stehen. ,,Soll ick Dich
mitnehmen, Hektor? Nein, Du bist noch
zu sung und zu dumm, ich lunn Dich
heute nicht gebrauchen-« Winselnd zerr
te der Hund nn seiner Kette, doch sein
»Herr schritt allein hinein in den Nebel.
Das Haus tvar das letzte des Dor-l
fes, schon ganz einsam gelegen. Ein»
kleiner Wald von gemischtem Bestand: ’
Buchen, Tannen und Eichen. Gi- war
nicht dicht, die Bäume standen in ziem
licher Entfernung von einander, aber
iippig mucherndes Unterhclz schob sick
überall in die Liiden und lief; nur
schmale, feuchte, jetzt mit abgefallenem
Laub hochbederkte Pfade dazwischen
frei. Auf einem dieser Pfade schritt
der Asseslor bald dahin. Jm weichen
Boden des Weges, der vom Hause zum
Walde führte. hatte er die Spur von
Annas Fuß noch zu erkennen gemeint
aber hier im Laube war all sein Spö
hen umsonst. Desto aufmerksamer
musterte er den engen, immer weitfelni
den Gesichtskreis, den ihm der Nebel
frei ließ; es trat, als ginge vori dem
Suchenden selbst die malte Helle aus,
die ihn fiir einen Augenblick die näch
sten Gegenstände erkennen ließ· nnd als
triige er dieses Licht mit sich fort, so
bald er weiter schritt. Am tlnterholz
haftet noch ziemlich dichtes Lauh, aus
dein die reifen Beeren des Gesträuchs
liervorblicttenx da waren dir rothen,
l«änaenden, feinen Trauben rszr Berlse
ritzen, da waren die schwarzen keck auf
recht getragenen Fruchtbiifclsel des-« Li
guster, dessen Laub nicht vergilbte,son
dern in tiefem, dunklem Braun mit der
Farbe der Beeren ivetteiserte, da waren
durch ihreSchwere niedergezogene Tol
den von runden, blanken, halbdurch:
sichtigenffriichtem die wie rothe Perlen
schimmerten. Jede Beete aber schien
sich verdoppelt zu haben durch einen
daranhängenden Wassertrofsen. Die
Lust war so mit Feuchtigkeit erfiillt,
daß ein seltsames Tönen durch den
herhstlirhenWald aing, obwohl nur der
ruhige Nebel ohne Reaen iiber der Erde
lag; aber von den höheren Bäumen,
die sich tm grauen Gewoae verloren.
fielen langsam, unablässig, die ichtxei
ren eslsropsen mit einem dumpfen und
häßlichen Ton auf die nassen. milden
Blätter des Gesträiichs. Karl Siegner
hatte sich selten intimer N.1turbetrach
tungen hingegeben; mit dem frischen
Instinkt eineg jungen, gesunden Men
schen hatte er sich der Sonne gefreut,
hatte die reine Luft geathmet, ohne die
Welt um sich her von innen heraus zu
beleben. Heute mit einemmal begann
er anders zu empfinden. Es war ih:n
plötzlich, als sei dieser arau verschleier
te Wald nichts Todte-z und Fee-indes
mehr, als fühle er mit ihm ticfinnere
Sorge und verlörpere in einem tranri
gen Bilde den Zustand seiner Seele.
War es nicht« irenn er auf den diistereu
Klang der fallenden Tropfen horchte,
als weinte die Natur rings um ihn
dher?
,,Ein sentimentaler Asssssor!« lsr
fagte es laut und lachte dazu, doch der
Ton der eigenen Stimme klang un
heimlich und fremd in dem schweren,
feuchten Dunst, er vermochte die unge
heitere Traurigkeit dieser absterbenden
Natur in ihrem grauen LeicheIIheInd
nicht zu verscheuchen. Die Traurigkeit
rings umher und das heisze Bangen im
innetften Herzen! Das trieb ihn vor
wärts, das lief; ihn unablässig hinein
spähen in das fchleierunthanaene Dit
ticht, das lief-, ihn von Zeit zu Zeit den
Namen der Gesuchten immer wieder
hineinrufen in diese unsichtbare Wett,
die mit einem schrecklichen ttteheimnifz
angefüllt zu fein schien. Der Name
verklang, nnd leine Antwort tani. Die
Minuten vergingen und reihten sieh zu
Viertelstunden aneinander, während
Siegner aus wohlvertrauten Pfaden
lreuz und quer den Wald durchstreiste,
um zuletzt schwerathmend stehen zu
bleiten. Er lonnte sich der Erkenntnis-,
nicht verschließen, daß Anna feine
Stimme gehört haben müßt-, nsenn sie
den Wald nicht verlafsen hätte, daf;
nur ein anderer Ort noch zu durchsu
chen blieb: das Moor!
Unruhe und Sorge in ihm wuchsen
mit dieser Erkenntniß zu erstickender
Angst empor. Selbst wenn sich das
Mädchen im Walde verirrt hätte, was
konnte ihm dort geschehen? Aber da
draußen in der unwegsamen Wildniß,
wo nur der Eingeborene und der Jäger
die schmalen, sichern Pfade zu finden
wirkte, wo der Boden unter den Fii en
zu rhwanlen Begann, wo er sich plöt
lickj austltun konnte und seinvaer in
un erfinlen lassen in die schwarze, Pül
le, gierigeIluth, die in derTiefe lauer
.....-.-.. .»—. «.—--—.--—. - --.....- - - --«
te, —- rascher, teuchend vor Erregung
strebte Sienner aus dem Walde hinaus 9
ans die freie Fläche, die er oft so stöh
lich durchstreift hatte und die ihn heute
;rnit soljem Entsetzen ersiilfir. Mit
seinem Entsetzen nna einer Angst, die.
iihrn selbst nicht erstandlich waren.
Was retentete ihm Anna Grissien,
warum packte ihr Schicksal ihn so ge- -
waltsam an? Zum ersten Male im Les !
ben stellte er sich diese ernsthaste Frage;,g
bisher war nur ein stilles, steunbigez
Wohlgefallen in ihm gewesen. wenn er ?
Anna qesehen oder ihren Namen gehört i
hatte: wle den Sonnenschein des Him- «
mels hatte er ihre Nähe skaglos genos
sen. Jetzt in der arauen Diinnnernag ,
des versinsterten Tages kam ihm Plötz- ;
lich ein unertrartetes Erkennen; ja, er !
liebte dieser- Mkidchenl Mehr ais sich ;
selbst, mehr als die Mutter mehr als;
das Leben. tks irae wie ein hellesv
Licht, das inmitten des Nebel-i vor ihm 7
ausaing, wie eine Flamme Deren schö- ;
ne, wärmende Muth ihm zum erstens
Male zum Bewußtsein tam. Wie aber, ;
wenn er verlor, chne besessen ja haben, !
wenn dies geliebte Geschöpf zugrunde
ging. ohne daß er es ihm sagen rannte,
was er fühlte? Vor ihm, rechts nnd
lintj von ihm, war die Gefahr; selbst
aus dem sicheren Wege. den er versolg 7
te, siihlte er schon das leise, verrätheri I
sche Schwanken der Booens, und ansI
dem Nebel tauchte mitunter plötzlich«
ganz nahe bei ihm eine schwarze Was- ;
serlache aus, aleich einem dunklen, dro I
her-den Llnae der Ilnterwrlt. All die «
Geschichten, die er getht hrtte nons
einsam Verirrten,bie hier in das Moor
hinausaeaangen waren, um niemals
zuriickzutoknmem siefen ihm ein« nnd
solrlse Erinnerunan nmschniirten mit i
immer wachsender Anast seine Kehle,
dass er den Namen berVermiskten taum
mehr zurufen vermochte. Zugleich
aber gab ihm die Angst eine Aus-dauer
und Schnelligkeit iitser feine sonstigen
Kräfte hinaus. Jn rafendcr Eile ver
folgte er feinen Weg, auf den er die
Blicke feft geheftet hielt, um die schmale
»Spi« nicht zu verlieren, und im Var
: wärtsftiirmen rief er den geliebten Na
»inen immer aufs neue. Auch ten gel
lenden Ton der Pfeife lief-. er dazwis
fchen erklingen, doch stumm und grau
fam wogte das graue Meer in der Luft
um ihn her.
Jeht war er an eine Steilc gelangt,
wo der eigentliche Weg auiltijrtg und
wo er nur noch iorwiirts kommen
konnte, wenn er von einem kttraglkik
fchel zum anderen das dunkle Wasser
daurifchen iiterfprang A·.«er et« wußte-.
auch, daß drüben nochswieder fefkeiers
Bkden war, und daß Anna fein-n ein
mal mit ihm iiler diefe Stelle hin
ausgewandert war. Alfo vorwärts
und weiter; fpringend, gleitend, mit
den Augen nach feftenPunkten suchend,
die faft im Nebel verschwanden Oder
war es wirklich fchon die Dätitiiieritng,
die lmnÆr wollte nicht daran glaubet
und mußte sichs doch eingeftelyen nach
kurzer Zeit. Friiher als fonit kam das «
Grau des Abends, hinter dem die
fchwarze Nacht lauernd der-anschickt,
die lange, lichtlcfe, kalte Herbst
nacht!
Er mußte die Gefuchte finden um
jeden Preis. Wenn er jetzt ihren Rai
men rief, klang es wie ein rauher
Verzweiflungsfchrei, nnd gleich einem
Wahnsinnigen ftiirinte er über den wie
der fefter gewordenen, doch überall
fchwankenden Boden des Mooreg da
hin, während er die Laterne iiber fei
nem Kopfe hin und her schwang, de
ren Licht er angezündet und die er an
feinem Stocke tefefkigt hatte. Ein
tanzendeg Irrlicht schien über die weite
Fläche dahinzugleitem nuftauchend aus
der dichten Masse des Nekeks und wie
der verfchwindend in ihr. »Anna! An
na!« klang es dumpf dnrch das Grau,
wo die kleine Flamme erfchien, und
mit dem Lichte zugleich erstarb der
angftvolle Tou. i
Nun legte sich ein schtii1r,;er, breite T
rer Wasserlaus in den Wer-» nnd Siea i
ner sing an, rechtshin an ihm entlang s
zn laufen, weil er wußte. datk eg dort
eine Stelle galt. wo er ihn iibersprin
gen konnte. tsr richtete die Augen
nach oben in die iffnsternisk und slehth
laut um Rettung Der Geliebte-It ,,t.«as;l
sie mich sinken, Gott, gib sie mir wie-i
der!« Dann stiirmte er abermals vor I
wärtg und rief von neuem den einen?
Namen, von dem er seit diesem Tage
wußte, dasr er siir ihn die Welt bedeu
tete. Und seht -—- er war nicht weit
mehr von der schmaleren Stelle dec
Wassers, die er suchte- - jetzt endlich«
meinte er zum ersten Male einen
schwachen Ton zu hören, der ihm Ant
wokt gab. Noch einmal ries er, und
wieder tam eine Stimme ans dem Ne I
bel. Annas Stimme! Sie war eg,
sie war gesunden, sie war gerettet, —i
so gut wie aerettet. Am Wasser ent-,
lang tausend, dein Ton entgegen derj
Tvon dorther aetcmmen war, lachte erj
laut aus vor Freude. Hier bin ich, i
Anna, wo das Licht ist. Ich tomme, ich E
tonime!'« Sie aab wiederum Antwort,
»die Stimmen näherten sieh einander
und wuchsen an Krast Jetzt hatte er
den Ort erreicht, dem er zustrebte, und
plötzlichst erblickte er Annas Gestalt
aus Nebel und Dämmergrau wie ein
Schatten ernortauchend, am anderen«
User des assers. »Ich tonune hin
über, ich hole Dich,« ries er, und
schickte sieh an, hinüber zu springen.
Er gab Ehr das »Du«, mit dein er in
den ang vollen Gedanken dieser Stun
den zu hr gesprochen hatte, nnd sie
schien es nicht zu bemerken. Doch wehr
te ste ah, dass er ihr hals und sie holte.
»Nein, nein, ich lann ganz gut hinüber
kommen. Jch bin vorhin auch hier her
übergesprungen, ielf konnte nur die
Stelle nicht wieder inden. Dann war
l
t
ich dort hinten, —- ich hatte niich ver
irrt, dort war es schrecklich«
»So tomm nnd spring’, ich fange
dich ausl«
Er hatte die Laterne ans die Erde
gesetzt nnd stellte sich ans Ufer mit
aus ebreiteten Armen. Anna ging cit
wenig zurück, um einen Anlan zu neh
men. dann sloa sie zn ihn! her durch die
Lust; sie hatte einen Strauß von
Herbstblnmen in der Hand gehalten»
den verlor sie im Sprnna» und ein
bliihender Regen sant nieder in das
dunkle Wasser, wie ein versöhnende-H
Opfer fiir die sinsteren Gewalten dort
unten.
iearl sing die Gerettete anf, und un
ter der Beriilxrung ihres Körpers kam
all’ die Ylnqst und all’ die Wonne sei
nesJ ·ros7.en Gefühl-J iiberwäitiaend
iiber ihn Er preszte sie an sich. Und
sie widerstrebte ihm nickt: mit leuch
tenden Blicken sah sie »in ihm empor,
nnd nur ganz leise sliisterte sie: »Was
thust Du? KirL — was thust Du?«
»Ich habeDich lieb. nichts weiter. Jst
dass etwas Böses? Oh, wie ich Dich sie
sucht habe, --—— ietzt aber habe ich Dich
aefiindenl Und ich gebe Tile nicht mie
der her, niemals mehr, Anna, ver
stehst Du?«
»Ja. ich verstehe Dich-«
Er fragte niclft mehr, ob auch sie
ihn liebte. lfr wuszte es ans dem
Blicke ihrer Angen. aus dein Klang Eh
rer Worte. Den Arm um sie legend,
iiilthe er sie sanft hinnea ang Dem
Were-l, in dessen Dämmeraran er das
Lichtieg Lebens aesnnden hatte, hin
trea zur neuen Mutter, die den Her
gnug-bund seanete.
-——..
Die amerikanische Unsstelkuug
in Berlin.
Zu Berlin findet bekanntlich im
nächsten Jahre im Juni eine Amerika
nische Augftellung statt, fiir die fich
hierzulande jetzt schon das lebhafteste
Interesse kundgiebt. Was den Cha
rakter der Ausftellung betrifft, so hat
sich darüber kiirzlich Herr Albert
Willneo Generaldirektor der Berliner
Vlusstelltrngshallen anr Zoologischen
Garten, der in Sachen der Ansstel
lung nach Amerika gekommen ist, in
Vier York in einem Jnterview wie
folgt vernehmen lassen:
»Wie so oieleg Schöne und Große,
fo vieles Bahnbrechendeg auf dem Ge
biete des modernen Wirtbschaftszles
trug, ist auch die niiehstjährige Ame
rikanische Augftellung in Berlin der
Initiative Ameritag zu verdanken·
Sie wird, mit amerikanischem Unter
nehmungsgeift begonnen und mit
deutscher Grundlichkeit durchgeführt,
ein voller Erfolg werden und ein be
deutsamer Gewinn fiir die beiden be
theiligten Nationen.
»Alle deutschen Vertreter des Hart
dels und der Industrie, die mit den
hiesigen Verhältnissen vertraut sind,
haben die hiesige Anregung, eine ame
rikanifche Augstellung iu Berlin zu
veranstalten, mit Freude aufgegrisfen.
Der Erfindungsgeift dieser großen
Nation, ihre Fähigkeit, die Wege, die
Handel und Wandel sich suchen, vor
auszuahnen, hatte das Richtige getrof
fen.
»Daß alte Vorurtheile sich dagegen
auflehnen würden, war klar. Es ist
ein durch lange Erfahrung bewiesener
Sah, dafz lebhafter Verkehr wechsel
seitig befruchkend auf Handel und Jn
dustrie zweier Nationen wirkt. Den
noch kommen ataviftisch angehauchte
Elemente, die die alberne Frage stel
len: ,,6ui bono?« Hier: Wird das
auch uirht nur den Deutschen zeigen,
wie man es machen soll? Dort: Wird
dadurch auch nicht nur Amerikas Ex
port hierher gefördert werden? Kom
merzieurath Goldberger hat in seinem
berühmten Buche über das ,,Land der
unbegrenzten Möglichkeiten« die Ant
wort darauf gegeben. Sie wurde bei
dem jüngsten Bankett der hiesigen
Handelskammer, dem beizuwohnen ich
die Freude hatte, von allen Rednern
beantwortet Und die Antwort ift,
daß, je mehr zwei Völker sich kennen
lernen, je mehr Handel und Verkehr
sie mit einander und mit ihren gegen
feitigen Leistungen und Erzeugnissen
vertraut macht, desto mehr der Aus
tausch unter ihnen ausbliiht, die Jn
duftrie beider wächst und ihre Fähig
keit, die Quellen ihrer Länder voll
auszunutzen, ihre Vitalität erstarkt.
»Die Augstellung in Berlin, deren
Beginn init dem der großen Reisezeit
zusammensällt und die die erste Sou
derausstellung einer fremden Nation
in der Stadt, die in Wahrheit stets
mehr dac- geistige und lonnnerzielle
Herz Europas wird, bedeutet ein wei- s
teres Bindeglied in der Freundschas»tg
tette, die die beiden Völker aneinan
der fesselt. Anieritas Initiative bahnt
mit ihr eine neue Periode wirthschafti
lichen Verständnisses an. Sie wird
Millionen von Besuchetn in ganz an
derer, überzeugenderer Weise ein Bild
von der Groszziigigteih die amerika
nische Einrichtungen und die Ent
Ivickelung der Vereinigten Staaten
charakterisirt, geben, als es alle Be
schreibungen der Wenigen, die hier
waren, thun tönnen. Die Ausnahme,
die die Bevölkerung der Reichshaupt
stadt und Deutschlands überhaupt der
Ansstellung bereiten werden wird,
dessen bin ich gewiß, an wahrer Herz
lichkeit und an eingehendem Jnteresse
nichts zu wünschen übrig lassen.
-.- M-—»sp..-——«—-«-—«— . ,- ......-.--- MS
,,Nur einige Worte noch iiber die
praktische Seite des Unternehmens.
Es versteht sich von selbst, daß es nicht
möglich ist, jetzt schon ein genaues
Bild der Ansstellung, wie sie werden
soll, zu geben. Das hängt noch von
den verschiedensten Umständen ab.
Nur so viel sei schon jetzt gesagt, daß
sie über die großen Industrien Ame
ritag, wie Maschinen, Holz, Musikin
strumente, Schreibmaschinen und Bu
reaubedarssartikel und eine Unzahl
anderer eine umsassende Uebersicht ge
währen wird. Das groß-artig ent
wickelte amerikanische Versicherungs
wesen wird mit großer Sorgfalt be
handelt werden. Für dir Nahrungs
mittel - Industrie, siir alle die vielen
Gegenstände oie hier in Amerika, wie
sonst in keinem Kulturlande der Welt,
das Leben der Frau verschönern, ihr
die übersliissige Arbeit abnehmen, sind
besondere Abtheilungen vorgesehen.
Nicht rein wirthschastlich soll die Aug
,stellung werden. Sie soll auch. an
das Interesse der Allgemeinheit ap
pellirend, die Kultur dcg Landes, die
Lebensverhiiltnisse in den einzelnen
Staaten, die Entwickelung solcher Ge
meinwesen wie der Stadt New York
in anschaulicher und lebhafter Weise
wiedergeben. So werden Beispiele
amerikanischer Kompositionen, von
hiesigen Orchestern nnd hiesigen Sän
gern vorgetragen, den Berlinern die
Kenntniß der amerikanischen Musik
vermitteln.
Mach unseren bisherigen Erfolgen
und nach dem raschen Fortgang, den
die Vorarbeiten nehmen, zu urtheilen,
wird die Ansstellung ein riesiger Er
folg. Ein Erfolg, dessen Vortheil zu
gleichen Theilen dein ameritanischen
und dein deutschen Volke zu Gute
kommen wird.«
—--· --.-—
Der Halleyfche Kontet
Mit großem Eifer forschten seit ei
niger Zeit die Astronomen nach dem
Hallehschen Kometen, der zuletzt im
Jahre 1835 beobachtet wurde und
nach der Berechnung ini Mai des
Jahres 1910 wieder in die Nähe der
Sonne gelangen soll. Inzwischen
hatte er seinen Laus im Weltenraum
bis iiber die Bahn des Neptun hin
aus an die Grenzen unseres Sonnen
systema ausgeführt In diesen wei
lett Ferneu mußte er fiir uns völlig
unsichtbar bleiben. Um die Mitte des-«
Monats September 1909 betrug aber
feine Entfernung von der Erde nur
noch eine halbe Milliarde Kilometer,
und da war er schon faßbar gewu
den. Selbst mit dem schärfsten Fern
rohr hätte man ihn noch nicht zu er
kennen vermögen, aber die Photogra
phie war bereits imstande, ihn zu er
mitteln. Und in der That entdeckte
am 12. September Professor Wolf in
Heidelberg den mit Spannung Er
warteten; er erschien auf der Platte
als ein Sternchen sechzehnter Größe.
Von dieser Stelle im Weltenraum,
die zwischen den Bahnen des Jupiter
und Mars liegt, eilt er mit einer Ge
schwindigkeit von etwa drei Millio
nen Kilometer im Tage der Erde ent
gegen. Wann er seine größte Son
nennähe erreichen wird, ist noch nicht
genau ermittelt; von der einen Seite
wird dafür der 17. Mai, von der an
deren der 8. April angegeben; in die
größte Erdnähe wird er etwa gegen
den 10. Mai gelangen und dann sech
zehn Millionen Kilometer von uns
entfernt fein. Durch weitere Beob
achtungen werden genauere Daten in
der nächsten Zeit ermittelt werden.
Jn seiner größten Sonnenniihe wird
der Halleysche stomet in den Sonnen
strahlen verschwinden und erst dann
fiir das bloße Auge sichtbar werden,
wenn er diese passirt hat· Etwa im
April oder Mai des nächsten Jahres
wird er am Abendhimmel sich zeigen.
Jm Jahre 1885 bot der Koncet eine
stattliche Erscheinung, denn sein Kopf
glich einem Stern dritter Größe,
während der Schweif, mit bloßem
Auge gesehen, eine Länge von 20
Grad aufwies. Ob er nun auf seiner
letzten, mehrere Milliarden Kilometer
; langen Weltreise an Stoff und Glanz
’verloren hat oder unverändert geblie
ben ist« darüber wird uns bald der
Augenschein belehren.
ROH
Gncgenhmnon
Patient: »Ich möchte mir einen
Zahn ziehen lassen.«
Zahnarzt: »Aber mit dem größten
Vergnügen!«
Patient: »O bitte, bitte, das Ber
gnügen ist ganz aus meiner Seite.«
Ausgescsscir.
Die Freundin: »Ach Gott —- die
Männer! Keinem ist zu trauen. Auch
Dein Mann ist vorgestern mit einer
eleganten, schönen jungen Dame im
Theater gesehen worden.«
Die junge Frau: Stimint. Jch
war nämlich mit ihm im Theater.«
A.: »Kennst Du den Unterschied
zwischen dem Tod und einem Schnei
der?«
B.: ,,Nein!«
A.: »Na, da will ich Dir’ö sagen:
»Der Tod macht alles gleich; der»
Schneider versprichW zwar, thut’si
aber nicht!« i
Die unzaksc Gama
« . , --,-«- cJ
v« »
Frau lalg ihr Mann ans dem Spa
ziergang gähiitiL »Wer Karl, halt’
roch deinen Regenschirm vor den
Mund!«
Der Optimist.
»Nun, Herr Tippler, wann werden
Sie denn eigentlich die don rnir bezo
gene Schreibmaschine bezahlen?«
Herr Tipplert »Ich? Bezahlen? Sie
tagten doch, die Maschine ist so gut,
die macht sich schon selbst bezahlt!«
Gemütli.
»Weeßte, wat sor’ne Arbeet mir so
Possen thät?«
»Nu?«
»Aus’m Ozeandampser die Statio
nen angrufen!«
Vorschlag in Glitt-.
Der Lehrer hat dem jüngsten Jahr
gang gliictlich die ersten Buchstaben
auf der Wandtafel vorgesührt. Jetzt
soll eg auch ans Lesen gehen. Jn der
Fibel prangt auf der ersten Seite in
fetteni Druck das «i«. »
»Na, Seppel,« meint er gemiithlich
zu seinem Liebling, einem echten Ge
birgssbnbem »was mag das wohl für
ein Buchstabe sein?«
Seppel: »Ich weiß nicht Du!«
Lehrer: »Ja, Seppel, ich weiß auch
nicht, wag machen wir nun?«
Seppel: »Na, da ig’ das beste, wir
macht-as Buch wieder zu.«
Aus der Schule-.
Lehrer: »Wir sprechen heute von
den irdischen Giitern: Krause, was
iriirde Deiner illteinung nach das
höchste irdische Gut sein?«
strauset »Ein Landgut auf dem
Cl)imborasso!«
» Ec- tlinnt ·tt-lmlich.
F r it h e r.
War sein Weibchen mal verstimmt
Oder ernstlich gar ergrimmt
Lachte er ihr in’s Gesicht:
»Schätzchen, alterir’ Dich nicht!«
J e tz t.
Schöne Zeit, lrie liegst Du weit!
Heute giebt’s ost Zank und Streit,
Wo der Hatistyrann spricht:
»Höre-A l t e, r ii l) r’ Dich nicht!to
Der Herr der Schönh-am
»Raucht Dein Mann?«
»anutranen ist’5 ihm schon, wens
ich nicht zu Haus bin.«
Mciisrliciikcriirtiiiß.
Erste Knndim »Was kosten diese
Taschen?«
Verliiuserim »Wir haben sie von
fiinf Mark an big zu hundert.«
Zweite Kundin irecht protzig aus
schauend): »Was kosten diese Ta
schen?««
Verkänfcrim »Wir haben sie von
hundert Mark an bis herab zu fünf«
gnädige Frau.«
Stimmr.
Er: »Deine Schwester seiert auch
Morgen mit Dir zugleich ihren Ge
burtgtagZ«
Sie: »»"5·reilicb, wir sind doch zu
sammen aus die Welt gekommen!«
Er: »Ja, ja! —— Ein Unglück
kommt selten allein!«
Verbltimt.
Pros«;ssor: »Ich schreibe augenblick
lich einen Artikel über die Frauen
trachten des achtzehnten Jahrhun
bettet«
Fran: »Du solltest Dich lieber für
die Frauentrachten des neunzehnten
Jahrhunderts interessiren!«
Poe-hast«
A
,,Tænien Sie fich, vorigen Sonntag
hab’ ich einen Hasen angefchossen!«
»Und den wollen Sie wohl diesen
Sonntag zu Ende schießenW