Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 26, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    N Wenn Hshwibkbrikc von .
l kmik sankme .
No. 490. Wisse Se, wenn ich mich
so gehn wollt lasse, wie mich es manch
mal um niei Herz eruin is, dann hatt
es schon dohte Mensche gewwe, bilghs
rner hat jeden Dag soviel Kahs sich iu
orgetn und mähd zu wer'n, daß mer
seicht alle Lust ani Lewe verliere tann.
Iohrtscheniittiie sin ich nit so un ich
kann mich irniner ganz gut kontrohle
un dain sin ich froh; wenn das Tem
per init e Lehdie dorch gehn Euch das
is arig schlimm. Jch kenne e annere
Lehdte, wo aus den nämliche Riesen
das ganze Jahr mit ihren Mann in
Feit lewe duht. Sie hat den beste
Mann von die Welt un ich wär froh.
wenn meiner so wär, awiver sie duht
immer iin ewig , adlts mit ihn sinne
Ich den die Bie ls nit lang zurück
bei e Pahrtie geiniet. Wie es zu den
Eise gange is, hat sie ihr Husband en
tuhk zurecht gerückt, sor sich hinzu
eIe. »Ich will nit hier sitze, ich will
an die annere Seit«, hat se gesxgt
Well, ilsr Mann is dann mit se an die
annere Seit gange. Se hen noch teine
siins Minnits daaeiesse, N hat se
driwwer tonwlehnt, daß se grad an
den Fenster siye deht un se könnt den
Drädst nit stende. Wei. Dierie, hat
er gesagt, du hascht doch grad an die
Seit site wolle. »Da kann mer sehn,
was du so wenig Kohnsivderehichen
svr rnich hast. Wenn vn e wenia Zen
ses hättest, dann hättest du meine Et
tenschen draus gekahkt, das-, hier das
Fenster is.« Besor daß das tkise ge
start hat, hat se gegliche e wenig Brot
sie n. Ihr Mann lpt se mit die
grö te Müh vorn annere End vom
Teddel das Brot hergeholt un da hat
se ressiuhst es zu ärkzevtr. »Ich will
kein Brot«, hat se gesagt, »ich den
mein Meind getichehnscht Der alte
Fahl txt sich das alles gefalle lasse.
Dann sagt se aus einmal: «Du mußt
ja on arig aute Törnis rnit die Missus
Stengker sein, du duhst ia gar kein
Auge von se wende.'« Wei sor Herv
wens Sehks, hat er gesagt, ich weiß
Ia gar nit emal wo se sitze duht. »Das
s es ja ecksiiektlie, hat se ihn da lzuge
wischpert, wenn du die Piebels den
Weg triete duhst, daß du se nit ernal
anguckst, dann kannst du nit easveekte,
daß du so bald wir-der inweitet werst.«
Nach e lleine Weil lien ich gehört wie
se gesagt hat« er sollt sie noch e ganz
kleines Stielelche Nodst gewwe, answer
nur nit viel. Er hat sie auch e Stück
gewwe un dann hat se geitart: »Hascht
du kein kleiners sinne könne?« Wei,
Dierie, hat er gesagt, du hjicht doch
gesagt, du wollst e aani kleines Stück
den. »Das is gut genug, Hat se gesagt,
ich »den dich awwer doch nit geiragt,
daß du mich das ollertleinste getowe
sollst!« Idch lann sehne s.1ge. ich hen
gefühlt, als ob ich austschuxnve un den
sässige Ding eine hinner die Ohre haue
sollt.
«Well, Dierie«, hat er dann gebot
»ich hen nur gedenkt, die Piebels dehie
mehbie nohtisse, dass, du soviel Miet
esse duhst un se dehte drin-wer tahke.«
«Was duhn ich iirn die Piebels gew
tve'i« bat se ihn angeschaut-L »was
duhn die Piedels sor niich kehre? nat
tings«i« Er hat sie dann noch e Pies
Kehl aewive un d; is se widver ans
aefohre: .Saneioiti«, hat se gesagt.
»Nicht du trehsigi Was gidst Du mich
denn noch einal Kehl? Was solledenn
die Seit denkes« Well. Mister Edithvr,
da hen ich genug gehabt, ich hen nnch
easiuhst un sin von den Tehhel sort.
Awwer zu den Philier hen ich gesagt:
»So sollst du eine hen. die deht dich
schon sickse«, un wisse Se, was er ge
ennsert hat? Er list gest-MS »»WMU
ich so e Frau hätt, dann deht eins von
zwei Dinger shöppenet Ich deht mich in
die erschte drei Däg uishänsgr. so w s
met aus deitsch Sirt-seit kammitie rufe
dubt, oddek ich hätt in ieß den no
Teim e Diewohrs.« Phi!ipp, hen ich
gesagt, wenn du das etschte dudn
dehtst, dann märschi du en Fahl, bi
iahg so e Wummen is nit so viel
werth, daß sich en diesentee Mann an
ihren Eiauni ussbönge dubtx wenn
du nwwek das letzte dich-i dehtsi, dann
wärst du techt un niemand könnt dich
bieknnc
Awwet da kann mer roiddek emai
sehn, wie isiq es is den Stein« von
seine Siokie zu verliere. Ich hen Ihn
ia ebbes anni annerschter veezähls
wolle, awwet ich denke es macht auch
nickg aus, wenn ich Jshne emal feile
Eckspietienz geschkiwwe hen und ich·
dubn wische. wenn Jemand oon Jhne
Ihre Niedetfch schon die nämliche
Eckiviekienz gemacht bot, das; er zik
mich schreiwe dicht. Ich den Jlme letzte
Woch aeschriwwe, daß ich mit die
Wedesweilersch en Kknch aelmbt heni
un wisse Se. was mer seitdem gedoh
ben? Met sin noch kein einziges ma»
mehr daaewese in Fäth mer hen nie
mand meist von se gesehn.
Ich sin so dazu aejahsi, ais emaE
bian lause un en kieine Tabk mit diei
Wedeeweikekn zu bawwe, das; ich ayek
Minnit im Begriff stehn. hinzulause,
nwwet ich den mein Meind Tit-scie
macht, daß ich nit gehn wollt un wenn
ich einal ebbeg in mein Kovp ben, dann
disk-n ich es auch. Es is oss Knoka
auch hatt on den Pfilipvx der weiß
one nit was et mit seine Zeit ansaan
isoli. Er smt den non-e Dag in sei
IRnhrn un ieit in Bücher un das iLi
seh-Les so ecksita otdinehtes, daß iels
? mich keiner wukkie dtiwwer. Ich hof
’ se daß der Ktach mit den Wedesweiler.
; kein Effekt an sein Btehn hat. Mit ·
beste Riegakds
s Yours
s Lizziehansstenget
Hauptmann (auf der Festung zum
Kanonier): »Ja, was foll dennwasi
fein, Enzinger, du fchießt ja in einenif
fort?« «
Aanonien »Weißt, Hauptma’, .
fchieß holt fiir mei Lewe gern.«
sei-rohen.
»Muma«, fragt der lleine Paul, »
»warum thust Du die Catez in dir's
Büchlei« · -
»Da bleiben sie frischri ekkiiikt di
Einma.
Ins der steten alten Zett.
l
t
l
i
»Aber«, meint der lleine Paul, »die l
Büchfe geht fo schwer auf.« I
!
Nicht abzuweisen. »
herr: »Wenn Sie ietzt nicht machen« ;
daß Sie fortkommen und mich inl
Ruhe lassen, dann rufe ich den Poli-«
ziften.« « ’
Händlert »Die Mithe können Sie
lich sparen. Bei dein war ich vorhin
lchom aber er wollte auch nichts tau- !
ien.« li
Im Zeichen des set-kehrt
Tourist: »Sie schreiben auf die TU
fel »Ur-ei Minuten bis zum Kreuzer
hof, und ich hab’ eine halbe Stunde
gebrauchti«
b Wirth: »Das gilt fiir die Autonwi
ile.«
Kennzeichen.
»Ich werde alt; ich merke es daran,
daß mir die Herren in den iiberfiills
ten Trambahnwagen nicht mehr ih
ren Platz anbieten.'«
. »Und ich werde noch älter; ich niera
s te es daran, daß sie mir ihn wieder
:nbieten!«
- Eine andere Sache.
! Frau tihren von der Reife zurück
3 lehrenden Gatten am Bonnhof in
,(.7.nipfang nehmend): »Schäni' Dich,
Fridolin, fo eine talte Begriißunq . . ..
fieh’ ’mal, wie der Dicke dort herzhaft
. feine Frau abbuffelt!«
»Ja . · . der fährt aber erft ab!«
Zweifelhaftee stati
»D-ii, dein Fräulein Sophie hat ihr
Bräxtiaam obgefchrieben.«
« i.«
»Du, das wäre ein Mädel fiir dich!«
«Glauhft du« daß sie mich ninuntk
» wiß, jetzt in ihrer — Verzweif
lungi«
Des kleine Philosoph
Vater: »Ich war heute bei deinem
Lehrer, Karl, er ift recht unzufrieden
mit diri«
Karl: »Die Menschen sind heutzu
tage nie zufrieden!«
Vor dem Nilpferd
Mi
Kuttchem »Sag’, Papa wie beißt das Thiers«
Papa: »hip-po-po-ta-mus, mein Sah-M
« Kutschen: »Ach fo!·— Aber, weißt du« Papa, eine Bodehose sollte
der Popvtamut doch wenigstens anha ben!«
Its Its-suchet sur-Cis
Es war nicht leicht, selbst einen
Kollegen der so radikal oppositionel
len Zeitung Hoch in Tolio zu bewe
gen, den Besuch mit mir zu wagen.
Sozialismus »und Anarchismus sind
in Japan gleichbedeutend mit den Be
griffen gemeingesährlich oder reif
sür’ö Jrrenhaus, und da man
nach einem Besuch bei einem der
artigen Menschen wochenlange polizei
liche Ueberwachung und derlei Scherze
zu ristiren hat, so zieht man es vor«
ihn nicht zu machen. Aber schließlich
hatte ich den Kollegen so weit, nnd wir
fuhren hinaus in einen der Vororte
dieser unendlichenRiesenstadt mit ihren
gleichartigen Straßen und kleinen
Häusern. Der Anarchist, der da woly
nen sollte, war umgezogen. »Aber
Sie werden das Haus, wo er jeßt
wohnt, leicht finden," erklärte ein
Mann, ,,es stehen zwei Polizisten da
bor.« Mit diesem untriiglichen Wahr
zeichen fanden wir es auch. Rasch die
Schuhe ausgezogen, mit denen man ja
tcinen Raum des echt japanischen Hau
ses betreten darf, und in den Vorraum
zesckliipst, ehe die Herren Polizisten
fid- von ihrem Staunen über das Er
scheinen des Europäers erholt haben.
Ein Brustbild von Karl Mart-, ein
anteiitanischer Druck, grüßte aus gol
denem Rahmen zuerst den Besucher,
den alsbald der Anarchist empfing. Er
soll ein Löwe sein und sieht aus wie
ein Opferlamm. Ein leidendes, aber
nicht unschiines Gesicht mit schwarzem
Zchnurrbiirtchen und einer Reihe per
lekrueißer Zähne, die man sieht, wenn
der Mann sein hüufiges japanisches
Freundlichteits- und Verlegenheits
Lächeln aufsetzt; seine geschmeidige
Hände, überhaupt eine fast zierlich zu
nennende Erscheinung. Bei einer Tasse
Tbee blaudert er eifrig und interessirt
mit seinen Besuchern. Er wohnt in
dein Hause mit noch zwei Anarchisten,
einem jungen Mann. der jetzt eben eine
Gefüngnißstrase verbüßt hat, und eiz
cick ZJUUL Mc Vol km Pllllc Lllgcll clII
mich 5(«)tägiger Untersuchungshaft u
400 Yen Geldstrafe verurtheilt wurze
Natürlich wird sie die 200 Dollars
nicht bezahlen können und dafür hun
dert Tage ins Gefängniß wandern
müssen. Hat doch der Mann felbst vor
Kurzem eine Geldstrafe nur dadurch
bezahlen können, daß er fast alle Bü
cher seiner Bibliothel verkaufte. Das
ging leicht, denn die hochwohlweise Po
lizei sucht ja nur nach Büchern in ja
panischer Sprache; was englische ge
schrieben und gedruckt ist, kümmert sie
nicht.
Vor Einbrechern ist Herr Kotoku
sicher-, von nicht weniger als vier Po
lizisten wird das Haus stündlich und
Tag und Nacht bewacht. Einer wid
met sich speziell dem Hause, lauscht auf
das Getrippel der Ratten und durch
dringt mit seinen Nöntgenaugen die
Wände, um verbotene Lettüre zu ent
deaen. Die drei andern sind staatlich
bezahlte Leibgardisten für Jhre Ho
heiren die Anarchisten. Geht einer von
der. dreien einmal spazieren oder gehen
sie vielleicht zusammen aus, so pflanzt
sich so ein Hüter der öffentlichen Ord
nung neben sie und begleitet sie bis zur
Heimtehr. Jch sagte zu Herrn Kototu,
es müsse ihm doch eigentlich Spaß
machen, den japanischen Staat so viel
Geld zu kosten. »Gewiß,« meinte er
huniorvoll, »aber die Polizei treibt es
durch Geldstrafen schon wieder von
mir ein!« Er unterhält sich mit den
Polizisten, er erzählt ihnen auch
manchmal von der schlechten Organi
sation der heutigen Gesellschaft und
von seinen Zielen. Das gewöhnliche
Voll, das ihn kenne, habe, meint er,
viel mehr Sympathie für ihn als die
Regierung, die ihn nicht kenne. Manch
mal entwischt er auch in der Abent
dämmerung, übernachtet in einer ganz
obsturen Herberge und bringt dann
onz im Morgengrauen etn Manu
flxipt in irgend eine lleine Druckerei.
die es ahnungslos, ohne den Autor zu
kennen, druckt. Aber wenn das her
austommt —- und es kommt bei den
vielen Haussuchungen immer «heraus
——— dann wira vie Oruaerei oenrasn
So hatte Herr Kotvtu bald·alle kleinen
Betriebe »abgetlavpert«, und es wird
ihm immer schwerer, einen Drucker zu
finden. Immerhin gelingt es ihm
noch, und da er sehr fleißig ist, hagelt
es auch viel Geldstrafen. Er war. als
er gegen den russisch-javanischen Krieg
agitirt hatte, zu fünf Monaten Ge
fängniß verurtheilt worden und erholte
sitt davon auf einer halbjährigen Reife
nach Amerika, zu der feine Freunde
das Geld zusammengebracht hatten.
So spricht er etwas englisch und über
setzt nun viel.
An zweitausend Freunde hat der
Anarchiømus in Japan. Sie stammen
zum großenTheil noch aus der Sozia
listenzeit des Herrn Kototu und lesen
setzt mit gleicher Begeisterung soziali
siifche und anarchistischeZeitungen, die
alle paar Monate erscheinen, um so
fort susvendirt zu werden. Jeden
falls sind einige unter den Lesern, die
Rototu mit Geld unterstützen. Früher
fchrieb er noch Ueberseyungen und Ar
titel für Zeitungen und brachte sie gut
an, da er ja seine Laufbahn als Re
datteur der angesehenen raditalen Yo
rvdzu Choho begonnen und wegen sei
nes Kampfes fiir die Voltsfreiheit
gut bekannt war. Aber jetzt wird das
schwerer, und die Habgier der Polizei
st unermeßlich. Da haverts oft mit
dem Geld, und da helfen die Freunde
aus. So besonders, seit auch die
jüngste Zeitung Siyu-Shiso (Freier
Gedanke) verboten wurde. Jch habe
iste mir übersetzen lassen, um zu sehen,
was für Gedanlen die Polizei mit
vierhundert Yen besteuert. Es sind die
selben, die mir Herr Kotolu im Ge
spräch mittheilte, ein unbestim«mtes,
harmlofes Gebräu aus allen möglichen
ein gut geführter und stets bereitet
geistiger Zettellasten sozusagen:
Selbstregelung von Produktion und
Konsumptiom staatliche Kindererzie
hung lallerdings ist der Staat ein
recht nebelhaftes Gebilde) undFreiheit
und Gleichheit.
Als wir das Haus verließen, stand
,scbon der Polizist da. Er hatte sich
jetzt nach zwei Stunden völlig gefaßt.
Vielleicht hatte er, als ich drinnen vor
dem Abschied das harmlose Gesicht des
japanischen Anarchisten auf die Platte
haben wollte, das Knipsen des Appa
rates auch für lleine Bombenversucht
gehalten. Jch habe ihn nämlich durch
die Spalten der Tshijr ängstlich horchen
sehen. Aber jetzt verlangte er ruhig
und höflich, wie alle Polizisten hier
sind, meine Karte. Den Kutscher hatte
er schon vorher nach meinem Namen,
Stand und Heriunft gefragt. Als wir
abfuhren, studirte der Schutzgardisi
noch eifrig. Heute wird wohl meine
Karte schon in den Alten einer hohen
Polizei sein. und ich werde als anat
chiftenverdächtig ein wenig lontrollirt
werde. Wenn ich verhaftet werde,
wird man sogar gefährliche Leltiire
bei mir finden: die »freien Gedanken«
des Herrn Kotolu.
Künstliche Ernährung.
Vorlämpferinnen für das Wahl
recht der Frau in England wählen
ein dralonifches Mittel um sich
Geltung zu verschaffen —— sie hun
gern freiwillig, sie verweigern die
Nahrunasaufnahme und werden mit
telst des Magenschlauches genährt.
Auf die juristische und politische
Seite diefes Ereignisses will ich mich
nicht einlassen. Jch will nur als Arzt
über die Nothwendigteit, die Methoden
und vie Erfolge der lünftlichen Er
nährung erwachsener Menschen spre
chen.
Fiir den Arzt liegt die Sache klar:
Wer hungert, sei es nun freiwillig, in
solge einer körperlichen oder — neh
men wir den häusigsten Fall — einer
geistigen Störung, muß künstlich
ernährt werden. Man kann auch bei
Geisteskrankem die die Nahrung vers
weigern, bei Verivorrenen und Me
lancholikern häufig ohne künstliche Er
nährung auskornrnen Jn einer An
zahl von Fällen bleibt aber schließlich
nichts anderes übri , als die Bornah
me der künstlichen rnährung mittelst
des Magenschlauches, der sogenannten
Sondenfiitterung. Man dars hierbei
nicht gar zu lange warten, nicht sich
etwa aus spontan eintretendesHungeri
gesithl verlassen, da bei absoluter Nah
rungsverweigerung nicht nur der
Kräfteversall rasch wahrnehmbar und
unmittelbar lebensgefährlich wird,
sondern auch, wie die Erfahrung ge
zeigt hat, an der Magendarmschleim
haut gewisse Veränderungen relativ
rasch sich einstellen, welche bewirken,
daß Speisen und Getränke dann
überhaupt nicht mehr vertragen und
absorbirt werden. Solche Erfahrun
gen tonnte man zum Beispiel bei
Nordpolexpeditionem bei der Bergung
von Verschiitteten u. s. w. machen.
Man dars etwa drei bis vier Tage
zuwarten, da nach länger dauerndem
absoluten Hunger-zustande der Magen
nur mehr mit Erbrechen aus die Rah
rungsausnaiknne reagirt.
Die Sondensütterung mußte in
früheren Zeiten eine recht eingreisende,
häufig sogar qualvolle und nicht un
gesährliche Prozedur genannt werden.
Man wußte keinen anderen Weg, als
den Magenschlauch durch den Mund
einzuführen, wobei man bei wider
strebenden Kranken mittelst verschiede
ner Instrumente die zusammengepresz
ten Kiefer vorerst össnen mußte. Na
lehungen des Zahnfleisches und der
Zähne, mitunter sogar zu Frakturen
und Verrentungen des Unterkiefer-«
heute verwendet man ausschließlich
den Nasenschlauch. wodurch der Ein
griff siir den Kranken relativ harm
los, jedenfalls durchaus ungefährlich
sich gestaltet. Ein biegsamer Kaut
schutschlauch wird eingeölt und durch
ein Nasenloch langsam eingeschoben;
der Schlauch gleitet längs der hinte
ren Rachenwand an dem Kehltops
vorbei in die Speiseröhre. Rejlekto
tisch wird durch den Fremdlörver ein
Schlingatt ausgelöst, so daß der an
fänglich leichte Widerstand, den der
Schlauch beim Vorwärtsschieben sin
det, plötzlich schwindet und der
Schlauch gewissermaßen automatisch
geschoben wird. Meist gestaltet sich die
ganze Prozedur ungemein einfach;
aber auch bei heftig widerstreitenden
Menschen genügt eine relativ geringe
Alsiftenz, je eine Person zum Fixi
ren der Arme und Beine, eine Person
zum Eingießen der Nährslüssigteit
in den Trichter. Den Kon des zu
Ernährenden sirirt der Arzt selbst
mit einem Arme. Das einzige ernste
iVortommnisk das bei Geisteslranten
sich ergeben kann, ist das Eint-ringen
des Schlauches in die Luströhrr. Die
Prozedur darf deshalb nie von Laien,
sondern nur von Aerzten vorgenom
men werden.
Die einzuflößende Flüssigkeit soll
lauwarm sein. Die Fütterung wird
zweckmäßig zweimal täglich vorge
nommen, wobei der Kranke für ge
wöhnlich jedesmal etwa ein Quart
Milch, drei Eier, etwas feinst ge
uch kam es dabei zu allerlei Ber
schabtes Fleisch, ein wenig Kochsalz
und nach Bedarf eines der gebräuchli
chen Nährstosse erhält. Wenn der
Kranke oder künstlich zu Ernährende
ausgehungert ist, darf anfangs nur
wenig Nahrung auf einmal gereicht
werden.
Der Psychiater kommt oft in die
Lage, künstliche Ernährung durchzu
führen. Die Erfolge sind sehr gün
stig; die Kranlen nehmen an Gewicht
zu und verlieren die mit dem Hunger
zustande an und für sich verbundenen
Erscheinungen. Es kommt vor, daß
»Geisteskranke jahre- und jahrzehnte
ilang täglich künstlich genährt werden
müssen und dabei körperlich gedeihen.
Die Vornahme der künstlichen Ernäh
rung ist eine absolute Nothwendigkeit,
da, wie schon eingangs bemerkt, die
vollständige Nahrungsverweigerung
an sich das Leben unmittelbar be
droht; andererseits wird nach der
Schilderung des jetzt allgemein ge
Iiibten Vorganges wohl jeder den Ein
druck gewinnen, daß der Eingriff ein
ganz humaner und unbedenklicher, mit
keinerlei besonderen Qualen oder Ge
fahren verbundener ist. Schreiber
dieses . kann aus eigener Erfahrung
sagen, daß er in vielen tausenden Fäl
len von Geisteskrnnken die künstliche
Ernährung vorgenommen hat, ohne
ohne auch nur ein einzigesmal einen
unliebsamen Zwischensall beobachtet
zu haben.
» Natur-gemäß hat der Psychiater am
häufigsten Gelegenheit, den Nasen
schlauch zu verwenden. Auch Gefan
zgenhausärzte müssen von diesemVer
ssahren Anwendung machen, wenn ge
sunde Häftlinge die Nahrungsaufnah
s me verweigern.
Das Schulen-sen tm Süden.
Ein höchst erfreuliches Bild von der
Entwicklung des Schulwesens im Sü
den enthält der Bericht des Bundes
Konnnifsärs für dasSchulwesen. »Die
Bewegung zur Verbesserung der Schu
len, die sich im ganzen Süden geltend
macht, ist eine der erftaunlichsten Er
scheinungen unserer Zeit,« sagt Dr.
Brown, »und bildet eines der wichtig
sten Kapitel in der ganzen Geschichte
des Landes. Selbst wenn die für die
dortigen Schulzwecke ausgewendeten
Summen klein erscheinen neben denen,
die der Norden herzugeben gewohnt
ist, so muß man sich doch über das
Erreichte wundern, bedenkt man, daß
der Süden alles dies innerhalb weni
ger Jahre geleistet hat, und noch dazu
unter Schwierigkeiten, von denen wir
hier keine Ahnung haben.« — Veran
schlagt man die großeArmuth und ab
solute Unwissenheit, die im Süden
herrscht, und bringt man den gerin
gen Theil der Bevölkerung in Anrech
nung, der die Sorge für den Rest zu
tragen hat, so sind die Fortschritte be
wundernswerth. Es wurden in den elf
Staaten des Südens im Jahre 1904
für Schulzweae 88,722,615 ausge
bracht; im Jahre 1907 aber schon
S11,626,948 oder eine Zunahme von
beinahe drei Millionen Dollars in
drei Jahren. Die StaatsEBewilligun
gen einschließlich der Einnahmen aus
Schul-Ländereien stiegen von PU
745,0s)0 aus 815,242,925 in dersel
ben Zeit, d. h. sie betrugen beinahe
425 Millionen mehr, und die Anzahl
der Hochschulen vermehrte sich in den
Idrei Jahren von 1051 auf 1375. —
Die Staaten sind anbetrachts ihrer
Mittel wahrlich liberal in ihren Ber
ztvilligungen für die Schulen gewesen,
aber noch wichtiger ist dasWachsthuin
der örtlichen Verwilligungen, die von
den Bürgern fiir den Unterhalt ihrer
Schulen bezahlt wurden. Dies zeigt,
daß der Süden auf deni richtigen
Wege ist, das schwerste Problem zu
lösen, nämlich das der Heranbildung
der NegersBevölkerung und daß die
Größe dieses Problems ihn nicht
mehr schreckt. (B. Fr. Pr.)
Jm papiernen Zeiten«-.
Während Deutschland unter den
pcpiersabrizierenden Staaten Europas
mit 8.5 Millionen Zentnern an der
Spitze steht, leistet die amerikanische
Papierindustrie mehr als das Dreifa
che dieses Betrages. Dementsprechend
ist aber auch die Papieroerwendung
hier eine weit oielseitigere als in Eu
ropa. Man benutzt mit Erfolg Pa
prerdächer; ein großes Haus in Chi
cago fabriziert Papiertleidung die
wegen ihrer Leichtigkeit, Sauberleit
nnd Bequemlichkeit in Krankenhausern
allgemein, aber auch in anderen Krei
sen Verwendung findet. Dann gibt es
dort Papierzigarren. Man läßt das
dazu bestimmte Papier etwa 10 Tage
in einem Wasser ausweichen, in wel
chem man Tabakreste gekocht hat; die
mit Nikotin gesättigte Papiermasse
geht durch Zylinder, die sie zu Blät
tern auswalzen, und wird dann zu
mächtigen Zigarren aufgerollt. Er
wähnung verdienen die inPhiladelphia
»aus Papier verfertigten Flaschen und
sSEcke Das neueste sind papierene
Hufeisen; nach Aussage des Ersinders
sind sie leicht, halten länger als die
stählernen und setzen den Fuß nicht der
Gefahr der Verwundung aus, da sie
sich ohne Nägel befestigen lassen. Zwei
deutsche Ingenieure haben anscheinend
soeben eine neueStofsart ersunden,eine
Art verstärktes Papier, eine seltsame
Komposition aus Papier, Leinen, ro
her Seide und Batist, die durch Stahl
draht zusammengehalien wird. Leicht,
siir Feuer und Wasser gleich unan
greisbar, würde dieser Stoll alle mög
lichen Berwendungsarten gestatten:
den Bau von Packdampfern und Pan
zern, Automobilen und Elektrischen,
Herstellung von Straßenpflaster usw.
per gebettet-tmme in
Form-dem
Ueber die Streitlage in Schweden
liegen folgende neueren Berichte vor:
Die von Notar Cedervorg im Auftrag
der Regierung geführten Vergleichs
verhandlungen zwischen dem Arbeiter
verband und der Landesorganisation
der streitenden Gewerkschaften haben
zwar anscheinend zu einer Annäherung
in Einzelpuntten geführt, aber über
greifbare Erfolge ist noch nichts be
kannt geworden. Das den Parteien
auferlegte Schweigegebot mag zu die
sem Aus-bleiben erfolgversprechendet
Nachrichten beitragen. Nebenher sind
in einzelnen Industrien Verständigun
gen, die nicht der Kontrolle des Ge
sammtverbands der Arbeitgeber un
terliegen, zustande gekommen. So im
Bäckergewerbe, wo sich der Streit
hauptsächlich um die Fortdauer des al
ten Tarifvertrages oder die Errichtung
eines neuen Tarifs auf volle fünf
Jahre drehte, und in der Elektrizitätss
industrie, wo die Arbeiter sich gegen die
von den Arbeitgebern gewünschten ver
fönlichen Arbeitsverträge auflehnten
und schließlich deren Fernhaltung auch
durchfochten. Jn den Straßenbahn
betrieben hat die Einführung der per
sönlichenArbeitsverträge zu einer Aus
merzung zahlreicher früherer Angestell
ter geführt, die nun in der Auswande
rung nach Amerika ihr Heil suchen.
Jn anderen Industrien finden Frie
densschliisse vereinzelt bei solchen Fir
men statt, die aus ihrem Arbeitgeber
verband aus-traten und durch diese Ab
triinnigkeit sich freie Hand schaffen.
Wegen der im Großstreit vorgekomme
ne Tarifvertragsbriiche werden hie und
da Schiedsgerichte zur Entscheidung
der Streitfälle eingesetzt. Bei den
Bäckern soll, falls das- Schiedsgericht
das Vorlieaen eines Tarifsbruchs ver
neink, alsbald fünf Prozent Lohnzu
lage aus den verlängertenTarif gezahlt
werden. Der Tarisvertragsbruch der
Buchdrueter beschäftigt mit seinen Fol
gen das Stockholnier Stadtgericht.
Jnsolge der Uebertragung des Ver
mdgens des schwedischen Buchdrucker
verbandes an den dänischen wollen die
Buchdruckereibesitzer den ihnen
haftpslichtigen Gehilfenverband zur
Konkursanmeldung zwingen. Die Gei
hilfeverbandsvertreter suchen den Ver-s
band von allen Verpflichtungen gegen
über den Buchdruekereibesitzern freizu
sprechen. Der 1. Oktober bedeutet,
worauf die »Sozia« Praxis« hinweist,
einen neuen kri ischen Punkt für den
Weiterverlaus des Streiks, weil an die
sem Tag die Miethen auf ein Viertel
jahr im voraus gezahlt werden müs
sen· Da wird es sich zeigen, wieweit
die Unterstützung durch die internatio
nalen Arbeiterorganisationen wirksam
ist. Am 20. September hatte der iiber
eine Million Mitglieder zählende in-·
ternationale Metallarbeiterbund in ei
ner außerordentlichen Beriretersitzung
zu Berlin beschlossen, dem im Kampfe
befindlichen Eisen- undMetallarbeiter
rerbande in Schweden sofort 500,000
Mark zur Verfügung zu stellen und
die Ausbringung weiterer Mittel durch
Ausruse an die angeschlossenen Landes
verbände zu veranlassen. Daß die
;schwedische Arbeiterschaft unter den
iArbeitskiimpsen und Lohnaussällen
anfänglich nicht schwer gelitten hat, be
treisen die Ziffern der schwedischen
.Krankenstatistik für August, die jetzt
Iverösfentlicht werden. Danach sind
I die Sterbefälle dieses Monats noch nie
so wenig zahlreich gewesen wie in die
sein Jahre. Arbeitsruhe, Alkoholent
shaltung, Aufenthalt in frischer Luft
I statt in Fabrikräumen und Kaffeeknei
Fpen erklären diesen günstigen Gesund
Eheitsstand in den ersten Streikwochen.
Ob aber die Ziffern des zweiten Mo
note-, des September-s, noch ebenso
. günstig lauten werden?
----— --
Die Hauptsach’.
Ein Vermittler ist mit dem Hei
z ratbskandidaten zusammen bei den
Ipräsnmttven Brauteltern eingeladen.
’Schönheit drückt die Braut in fve
s nicht gerade, aber das Essen ist vor
züglich. s— Als die beiden sich verab
l schiedet haben und die Treppe bekun
j tergebem eröffnet der Vermittler die
f Verhandlung mit den Worten: »Nu,
» Herr Meyer, was sagen Se zu die
Fischf?«
) Er weiß sich zu helfen.
l Der geiziae Schulzenbauen »Geld
« wollt sehr doch nicht für den Weg neh
men« Michel; aber friihftiickt ordentlich,
dahier ist Brot und Wurst!«
« Michel: »Ach, die scheene Magen
wurst! Die soll ich ansch.neide?«
Schulzenbauer: »Freilich sollst du
sie anschneiden!«
Michel: »Bauer, darf ich die Wurst
anschneiden, w o ich will?«
Schulzenbauer: »Natürlich darfst
du sie anschneiden, wo du wills.«
Michel: »Na, da dank ich scheenel
Da will ich sie derheeme an
schneide!«
Der berühmte norwegische Forscher
und Seefahrer Amundsen will aus sei
ner nächsten Reise nach dem Norden
Eisbären mitnehmen, die augenblicklich
von Hagenbeck dressirt werden. Zum
Mindesten einen großenVortheil haben
Eisbären vor anderen Be leitern. Sie
sind nicht im stande, ein agebuch zu
führen.